Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2005 - VI ZB 52/05

bei uns veröffentlicht am13.12.2005
vorgehend
Amtsgericht Riedlingen, 1 C 392/04, 22.03.2005
Landgericht Ravensburg, 6 S 15/05, 04.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 52/05
vom
13. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge,
Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 4. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 802,50 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat gegen das seine Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts vom 22. März 2005, das seinem Prozessbevollmächtigten am 24. März 2005 zugestellt worden ist, am Montag, dem 25. April 2005, Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 25. Mai 2005 wies der Vorsitzende der Berufungskammer den Kläger darauf hin, dass die Berufung nicht innerhalb der am 24. Mai 2005 endenden Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei. Mit einem am 6. Juni 2005 bei Gericht eingegangenen Schreiben berief sich der Klägervertreter darauf, dass er am 20. Mai 2005 einen Antrag auf Verlängerung der Beru- fungsbegründungsfrist um einen Monat gestellt habe. Er beantragte außerdem vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches trug er unter anwaltlicher Versicherung vor, dass er am 20. Mai 2005 den Antrag auf Fristverlängerung zusammen mit anderer Geschäftspost zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr in den Briefkasten eingeworfen habe. Der Verlängerungsantrag müsse bei der Post oder im Bereich des Gerichts abhanden gekommen sein. Einer Rückfrage bei Gericht, ob die Verlängerung bewilligt werde, habe es nicht bedurft, da darauf bei einem begründeten ersten Antrag ohne weiteres vertraut werden dürfe. Dem Schreiben war in der Anlage ein Fristverlängerungsantrag vom 20. Mai 2005 beigefügt, in dem der Klägervertreter wegen der derzeitigen Arbeitsüberlastung infolge einer Häufung von Gerichtsterminen und Fristsachen die Verlängerung der am 24. Mai 2005 ablaufenden Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt hat. Die Berufungsbegründungsschrift ging am 8. Juni 2005 beim Landgericht ein.
2
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 4. Juli 2005 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldhafter Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe, nachdem er an einem Freitagabend den Schriftsatz zur Post gebracht habe, gewusst, dass am Montag, dem 23. Mai 2005 eine Sachbearbeitung beim Rechtsmittelgericht faktisch ausgeschlossen sei. Damit sei der vorletzte Tag der Frist erreicht worden. Da gegen Fristende die Sorgfaltspflichten des Anwalts zunähmen, hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers spätestens am Morgen des 24. Mai 2005 beim Prozessgericht nachfragen müssen, ob sein Antrag vorliege und ob er bearbeitet werde. Den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hat das Berufungsgericht mit Verfügung vom 22. Juni 2005 als unzulässig verworfen.
3
Der Beschluss vom 4. Juli 2005 ist dem Klägervertreter am 7. Juli 2005 zugestellt worden. Der Kläger hat dagegen am 3. August 2005 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Monate mit Schriftsatz vom 16. September 2005, eingegangen am 21. September 2005, begründet.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß den §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. §§ 574 ff. ZPO). Sie ist auch begründet und führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO).
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Zugang zu den in den Gerichtsordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise, erschwert werden. Eine solche unzumutbare Erschwerung liegt vor, wenn Gerichte bei der Entscheidung über Verlängerungsanträge und über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Verhalten als schuldhaft ansehen, das nach der Rechtsprechung eines Obersten Bundesgerichts eindeutig nicht zu beanstanden ist. Nur wenn dem betroffenen Rechtsanwalt bekannt sein muss, dass bei dem angerufenen Gericht eine strengere Handhabung von Verfahrensvorschriften zu erwarten ist, kann eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein (BVerfGE 79, 372, 376; BVerfG, NJW 2000, 1634 und NJW 1998, 3703 m.w.N.).
6
2. Im vorliegenden Fall durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Entscheidung über seinen Berufungsbegründungsfristverlänge- rungsantrag auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlassen , wonach seinem Verlängerungsantrag hätte stattgegeben werden müssen. Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund vorgetragen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 18. September 2001 - VI ZB 26/01 - VersR 2001, 1579; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99 - VersR 2000, 1433 und vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - VersR 2002, 1576; v. Pentz, NJW 2003, 858, 865; Born, NJW 2005, 2042, 2047). Vorliegend handelte es sich um die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; nach dem Inhalt des Antrags war er nach üblicher Praxis ausreichend mit dem Hinweis auf die Arbeitsüberlastung durch eine Vielzahl von Terminen begründet worden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91 - NJW 1991, 2080, 2081 und vom 5. Juli 1989 - IVb ZB 53/89 - NJW-RR 1989, 1280). Durfte der Klägervertreter hiernach die Bewilligung eines erstmals gestellten und ausreichend begründeten Gesuchs auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erwarten, so ist ihm kein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich nicht innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist erkundigt hat, ob dem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde.
7
Auch im Übrigen traf den Prozessbevollmächtigten keine Erkundigungspflicht , da er auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten vertrauen durfte und deshalb damit rechnen konnte, dass sein Verlängerungsantrag rechtzeitig bei Gericht einging (vgl. Senatsbeschluss vom 30. September 2003 - VI ZB 60/02 - VersR 2004, 354). Über einen rechtzeitig bei Gericht eingegangen Fristverlängerungsantrag kann im Übrigen - was auch das Berufungs- gericht annimmt - auch noch nach Ablauf der Frist entschieden werden (BGHZ 83, 217, 219 ff.), so dass nicht entscheidend ist, ob der Antrag am letzten Tag der Frist tatsächlich bearbeitet worden wäre.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Riedlingen, Entscheidung vom 22.03.2005 - 1 C 392/04 -
LG Ravensburg, Entscheidung vom 04.07.2005 - 6 S 15/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 16/99
vom
21. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Februar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die Richter Prof. Dr. Henze,
Dr. Kurzwelly, Kraemer sowie die Richterin Münke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 23. August 1999 wird der Beschluß des 23. Zivilsenates des Kammergerichts vom 14. Juli 1999 aufgehoben. Den Klägern wird wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1998 (28 O 148/98 - LG Berlin) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Gegenstandswert: 270.900,-- DM.

Gründe:

I.

Gegen das ihnen am 7. Januar 1999 zugestellte erstinstanzliche Urteil haben die Kläger am 28. Januar 1999 Berufung eingelegt. Zugleich haben sie Akteneinsicht mit der Begründung beantragt, die Bevollmächtigten im Berufungsverfahren seien erst in diesem Verfahren beauftragt worden. Auf Antrag der Kläger ist die bis Montag, den 01. März 1999, laufende Berufungsbegründungsfrist um einen Monat und damit bis zum 1. April 1999 verlängert worden.
Mit dem Verlängerungsantrag haben die Kläger an den bis dahin nicht beschiedenen Antrag auf Akteneinsicht erinnert. Daraufhin wurde den Klägern zwar Akteneinsicht bewilligt, aber nicht tatsächlich gewährt. Auf Bitten des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, ihm die Gerichtsakten zur Einsicht für drei Tage in seinen Kanzleiräumen zu überlassen, wurde ihm mitgeteilt, die Akteneinsicht könne derzeit wegen Versendung der Akten nicht gewährt werden. Am 25. März 1999 wurden dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger die Akten für drei Tage zur Einsicht in seiner Kanzlei überlassen. Sie gelangten am 30. März 1999 an das Kammergericht zurück. Mit Schriftsatz vom 6. April 1999, bei Gericht eingegangen am selben Tage, haben die Kläger die Berufung begründet. Nach Hinweis des Gerichts auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu die Kopie eines Schriftsatzes vom 25. März 1999, in dem um weitere Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 6. April 1999 gebeten wird, sowie eine Kopie des Postausgangsbuches vorgelegt, auf dem dieser Schriftsatz am 25. März 1999 als Postausgang notiert ist. Auf die Mitteilung des Gerichts, daß ihrem Verlängerungsantrag nicht entsprochen werden könne, weil dieser bisher nicht zu den Gerichtsakten gelangt sei, haben die Kläger eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten und seiner Fachgehilfin vorgelegt, nach denen der in Kopie vorgelegte Schriftsatz vom 25. März 1999 am selben Tag in einen Postbriefkasten eingeworfen worden ist. Dieser in Kopie vorliegende Schriftsatz enthält im Anschriftenfeld statt der richtigen Postleitzahl 10781 die Postleitzahl 14057 und s tatt des neuen Senatsaktenzeichens (23 U 800/99) das Aktenzeichen des bis Mitte März 1999 für den Rechtsstreit zuständigen Senats (19 U 800/99).
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger.

II.

Die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Kläger hat in der Sache Erfolg. 1. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger am 25. März 1999 einen Schriftsatz mit einem Verlängerungsantrag auf dem Postweg abgesandt hat. Die Kläger haben dies durch eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten und dessen Mitarbeiterin sowie durch Vorlage eines Auszuges aus dem Postausgangsbuch ihres Prozeßbevollmächtigten in Kopie glaubhaft gemacht. Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben spricht nicht, daß der Schriftsatz bis heute nicht zu den Gerichtsakten gelangt ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Schriftsatz entweder auf dem Postweg in Verlust geraten, von Bediensteten des Gerichts versehentlich in andere Akten eingeordnet worden oder auf andere Weise bei Gericht verlorengegangen ist. Dem steht nicht entgegen, daß der Schriftsatz eine unzutreffende Postleitzahl enthielt. Die weitergehenden Angaben in der Anschrift sind korrekt wiedergegeben. Unter diesen Umständen hat die unzutreffende Postleitzahl lediglich die vom Berufungsgericht zu Recht unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 15. April 1999 (IX ZB 57/98, Beschlußausfertigung S. 3 ff., 4/5) angesprochene Folge, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger nicht von einem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht am nächsten Werktag
ausgehen konnte; er mußte vielmehr mit einigen Tagen Verzögerung rechnen. Einer solchen Verzögerung kann hier jedoch keine Bedeutung beigemessen werden, weil der Prozeßbevollmächtigte den Schriftsatz nicht kurzfristig, sondern eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist abgesandt hat. 2. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger durfte auch darauf vertrauen, daß seinem Verlängerungsantrag vom 25. März 1999 stattgegeben würde. Der Rechtsmittelkläger trägt zwar generell das Risiko dafür, daß der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt ; demgemäß kann der Rechtsmittelführer im Wiedereinsetzungsverfahren grundsätzlich nicht mit Erfolg geltend machen, er habe mit der Fristverlängerung rechnen dürfen (st. Rspr., vgl. u.a. BGHZ 83, 217 ff., 222; BGH, Beschl. v. 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430). Etwas anderes gilt aber dann, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Bewilligung der Fristverlängerung gerechnet werden konnte (st. Rspr., vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; BGH, Beschl. v. 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430). Zwar ist das bisher nur für den Fall eines ersten Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entschieden worden (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 4. Juli 1996 - VII ZB 14/96, NJW 1996, 3155). Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, daß es erheblichen Bedenken begegnet, diesen Grundsatz ohne Einschränkung auf einen weiteren Verlängerungsantrag zu übertragen; das würde letztlich zu einer Verwässerung der Regelung über die Rechtsmittelbegründungsfrist führen. Im vorliegenden Fall ist den Klägern jedoch ausnahmsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn es liegen außergewöhnliche,
von ihnen nicht zu vertretende Umstände vor, die den Prozeßbevollmächtigten der Kläger berechtigten, darauf zu vertrauen, daß seinem zweiten Verlängerungsantrag stattgegeben würde. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hatte bereits mit Einlegung der Berufung am 28. Januar 1999 Akteneinsicht beantragt. Diese ist ihm trotz mehrfacher Erinnerungen erst am 25. März 1999, also eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, gewährt worden. Dadurch wurde die Vorbereitung der Berufungsbegründung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erheblich behindert, weil er vor den Osterfeiertagen mit Arbeit überlastet war. Nur während der Feiertage konnte er das Verfahren in Ruhe bearbeiten und die Berufungsbegründungsschrift fertigstellen. Diesen Umständen mußte Rechnung getragen werden, um sicherzustellen, daß den Klägern ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt wird. Dabei fiel auch ins Gewicht, daß eine wesentliche Verzögerung des Rechtsstreits nicht eintrat. Denn der Klägervertreter hatte nur eine Verlängerung um einen Werktag erbeten, so daß die Frist nicht am Gründonnerstag, sondern am Dienstag nach Ostern abgelaufen wäre. Der Umstand, daß der Gegenseite gemäß § 225 Abs. 2 ZPO rechtliches Gehör einzuräumen war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Zum einen konnte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger darauf vertrauen, daß im Hinblick auf die Verzögerung der Akteneinsicht die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Beklagte zügig (gegebenenfalls fernmündlich) erfolgte. Zum anderen war nicht zu erwarten, daß die Beklagte gewichtige Gründe gegen die beantragte Fristverlängerung um einen Werktag vorbringen würde. Solche Gründe hat die Beklagte in ihren Stellungnahmen zu dem Wiedereinsetzungsgesuch und der sofortigen Beschwerde der Kläger auch nicht dargelegt.
3. Vor diesem Hintergrund stellt es auch kein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Kläger dar, daß er sich vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht danach erkundigt hat, ob sein zweiter Verlängerungsantrag bei Gericht eingegangen und positiv beschieden worden war. Kann nämlich der Rechtsmittelkläger mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, daß seinem Verlängerungsantrag stattgegeben wird, liefe eine solche Erkundigungspflicht auf die Verpflichtung hinaus, die Briefbeförderung zu überwachen, um die Fristwahrung sicherzustellen. Eine solche Sorgfaltspflicht obliegt dem Prozeßbevollmächtigten jedoch nicht (BVerfG, Beschl. v. 28. Februar 1989 - 1 BvR 649/88, NJW 1989, 1147; BGH, Beschl. v. 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; v. 12. März 1986 - VIII ZB 6/86, VersR 1986, 787/788). 4. Aufgrund der sofortigen Beschwerde war dem Wiedereinsetzungsgesuch der Kläger somit zu entsprechen.
Röhricht Henze Kurzwelly
Kraemer Münke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 60/02
vom
30. September 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Den Prozeßbevollmächtigten einer Partei trifft im Regelfall kein Verschulden an dem
verspäteten Zugang eines Schriftsatzes, wenn er veranlaßt, daß der Schriftsatz so
rechtzeitig in den Briefkasten eingeworfen wird, daß er nach den normalen Postlaufzeiten
fristgerecht bei dem Gericht hätte eingehen müssen. Wenn dem Prozeßbevollmächtigten
keine besonderen Umstände bekannt sind, die zu einer Verlängerung
der normalen Postlaufzeiten führen können, darf er darauf vertrauen, daß diese eingehalten
werden.
BGH, Beschluß vom 30. September 2003 - VI ZB 60/02 - AG Hannover
LG Hannover
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. September 2003 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Wellner, Diederichsen,
Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin werden die Beschlüsse der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 1. August 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 2.255,39

Gründe:


I.

Die Klägerin hat gegen ein ihre Klage abweisendes Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Februar 2002, das ihr am 25. März 2002 zugestellt worden ist, am 25. April 2002 Berufung eingelegt. Auf ihren Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. Juni 2002 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2002, der den Eingangsstempel des Landgerichts vom 26. Juni 2002 trägt, hat die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die eingelegte Berufung begründet. Auf die entsprechende Mitteilung des Landgerichts über den verspäteten Eingang der Berufungsbegründungsschrift, welche der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 3. Juli 2002 zugestellt worden ist, hat diese mit Schriftsatz vom 4. Juli 2002 vorsorglich Wiedereinsetzung in den vo-
rigen Stand beantragt. Sie hat hierzu vorgetragen, daß die Berufungsbegründung ausweislich des Postausgangsbuchs und der zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihrer Fachangestellten am 24. Juni 2002 persönlich in der örtlichen Poststelle abgegeben worden sei. In der eidesstattlichen Versicherung heißt es weiter, dies sei ca. 17.10 Uhr erfolgt. Die Leerungszeiten der Postfiliale seien täglich um 8.00 Uhr und um 17.30 Uhr, wobei die Postbedienstete zugesichert habe, daß alle abgegebenen Schreiben auch am 24. Juni 2002 die Postfiliale verließen. Die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu weiter vorgetragen, daß grundsätzlich davon auszugehen sei, daß ein Brief von der örtlichen Postfiliale nach Hannover an einem Tag den Empfänger erreiche. Darüber hinaus hat sie dargelegt, daß ihre Angestellte am Nachmittag des 25. Juni 2002 mit der zuständigen Abteilung des Landgerichts telefoniert und sich von einem Mitarbeiter den Eingang der Berufungsbegründungsschrift vorsorglich habe bestätigen lassen. Das Landgericht hat mit Beschlüssen vom 1. August 2002 die Berufung der Klägerin gegen das am 7. Februar 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover als unzulässig verworfen und ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat es nicht als hinreichend glaubhaft erachtet, daß die Klägerin ohne Verschulden an der Wahrung der verlängerten Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen sei. Da die Berufungsbegründungsschrift erst am Tag vor Fristablauf zur Post abgegeben worden sei, habe sich die Klägerin bzw. ihre Prozeßbevollmächtigte nicht darauf verlassen können , daß diese bereits am Folgetag in Hannover ausgeliefert werde. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin hätten Zweifel an dem rechtzeitigen Zugang bestanden , denn die Angestellte ihrer Prozeßbevollmächtigten wolle am 25. Juni 2002 telefonisch bei der Geschäftsstelle nach dem Eingang der Berufungsbe-
gründung nachgefragt haben. Indes sei der Klägerin eine entsprechende Glaubhaftmachung durch die eidesstattliche Versicherung der Angestellten ihrer Prozeßbevollmächtigten nicht gelungen. Abgesehen davon, daß nicht nachvollziehbar sei, daß sich die Angestellte habe verbinden lassen, obwohl die Telefonnummer der Geschäftsstelle ausweislich der Akten dort bekannt gewesen sei, könne diese auch den Namen des Mitarbeiters nicht angeben. Eine Notiz über dieses wichtige Telefonat sei offenbar nicht gefertigt worden. Es verblieben schon deswegen Zweifel, ob ein Telefonat mit dem behaupteten Inhalt am 25. Juni 2002 überhaupt stattgefunden habe, zumal sich die Akten an diesem Tage noch auf der Geschäftsstelle befunden hätten und der zuständige Geschäftsstellenbeamte erklärt habe, daß er sich ziemlich genau erinnere, daß er keine Auskunft über den Eingang der Berufungsbegründungsschrift gegeben habe. Es bleibe daher die Möglichkeit offen, daß die Fristversäumung verschuldet gewesen sei, weshalb Wiedereinsetzung nicht gewährt werden könne. Gegen die ihr am 12. August 2002 zugestellten Beschlüsse des Landgerichts vom 1. August 2002 hat die Klägerin am 11. September 2002 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Monate mit Schriftsatz vom 12. November 2002, eingegangen am selben Tage, begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig (vgl. §§ 574 ff ZPO). Sie ist auch begründet und führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO). 1. Den Prozeßbevollmächtigten einer Partei trifft im Regelfall kein Verschulden an dem verspäteten Zugang eines Schriftsatzes, wenn er veranlaßt, daß der Schriftsatz so rechtzeitig in den Briefkasten eingeworfen wird, daß er nach den normalen Postlaufzeiten fristgerecht bei dem Gericht hätte eingehen müssen. Wenn dem Prozeßbevollmächtigten keine besonderen Umstände bekannt sind, die zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeiten führen können , darf er darauf vertrauen, daß diese eingehalten werden (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluß vom 5. Juli 2001 - VII ZB 2/00 - BRAK-Mitt. 2001, 215 m. Anm. Borgmann; Beschluß vom 9. Februar 1998 - II ZB 15/97 - NJW 1998, 1870). Da keine besonderen Umstände ersichtlich sind, die im vorliegenden Fall zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeit hätten führen können, hätte das Berufungsgericht Feststellungen dazu treffen müssen, ob die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin darauf vertrauen durfte, daß der Brief nach den normalen Postlaufzeiten am Folgetag fristgerecht beim Berufungsgericht eingeht. 2. In diesem Falle käme es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob die Klägerin glaubhaft gemacht hat, daß der Angestellten ihrer Prozeßbevollmächtigten auf entsprechende telefonische Nachfrage am 25. Juni 2002 seitens des Berufungsgerichts mitgeteilt worden ist, die Berufungsbegründungsschrift sei eingegangen. Der Prozeßbevollmächtigte, der auf die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten vertrauen darf, ist nämlich nicht
verpflichtet, sich nach dem Eingang des Schriftsatzes telefonisch zu erkundi- gen (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Juli 2001 - VII ZB 2/00 - aaO; Beschluß vom 8. April 1992 - XII ZB 34/92 - NJW-RR 1992, 1020, 1021).
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll