vorgehend
Amtsgericht Potsdam, 29 C 465/05, 01.08.2006
Landgericht Potsdam, 3 S 173/06, 04.04.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 82/07
vom
15. August 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Fc, 520 Abs. 2

a) Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum
verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag,
Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so beginnt der verlängerte Teil der Frist
erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages (Anschluss an BGH Beschluss
vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04 - NJW 2006, 700).

b) Hat das Berufungsgericht die Begründungsfrist hingegen bis zu einem konkret
bezeichneten Tag verlängert, kommt es auf den Beginn der verlängerten
Frist nicht an. Wenn das Berufungsgericht die beantragte Fristverlängerung
nur teilweise bewilligt hat, kommt eine darauf gestützte Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist nur ausnahmsweise
bei einem Verstoß gegen die Anforderungen an ein faires Verfahren
in Betracht (Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003
- V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785).
BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2007 durch die
Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und
den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 4. April 2007 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Beschwerdewert: 650 €.

Gründe:


I.

1
Das Amtsgericht hat die Klage auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auf einen Mietzins abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt. Dagegen legte der Kläger rechtzeitig Berufung ein. Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 beantragte der Kläger, "die am 04.10.2006 ablaufende Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 06. November 2006 zu verlängern". Das Landgericht verlängerte die Begründungsfrist mit Verfügung vom 5. Oktober 2006, die dem Kläger mit Telefax vom 6. Oktober 2006 übermittelt wurde, bis zum 3. November 2006 und führte ergänzend aus: "Eine weitere Fristverlängerung konnte nicht gewährt werden, da die Frist des § 520 II ZPO am 3.11.2006 endet (Zustellung des Urteils am 3.8.2006)."
2
Die Berufungsbegründung ging am 6. November 2006 (Montag) per Telefax beim Berufungsgericht ein. Nachdem der Kläger auf die verspätet eingegangene Berufungsbegründung hingewiesen worden war, beantragte er mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 20. November 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
3
Das Landgericht hat den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig , weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beginn einer vom Berufungsgericht verlängerten Frist nicht widerspricht.
6
a) Zwar hätte das Berufungsgericht die Begründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bis zum 4. November 2006 bzw., weil dies ein Samstag war, bis zum 6. November 2006 (Montag) verlängern dürfen, sodass die Berufungsbegründung dann rechtzeitig eingegangen wäre.
7
Denn weil das erstinstanzliche Urteil dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt worden war, wäre die Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO am 3. Oktober 2006 abgelaufen, wenn dieser Tag kein gesetzlicher Feiertag gewesen wäre. So aber lief sie nach § 222 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des nächsten Werktages am 4. Oktober 2006 ab. Wenn das Berufungsgericht die Begründungsfrist - wie grundsätzlich nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO möglich - um einen Monat verlängert hätte, hätte der verlängerte Teil der Frist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst mit Ablauf des dem Feiertag folgenden nächsten Werktages, hier also mit Ablauf des 4. Oktober 2006 begonnen (BGH Beschluss vom 14. Dezember 2005 - IX ZB 198/04 - NJW 2006, 700) und wäre deswegen erst am Montag, dem 6. November 2006 abgelaufen.
8
b) Darauf kommt es hier aber nicht an, weil das Berufungsgericht die Begründungsfrist nicht um eine bestimmte Zeitspanne, sondern bis zum Ablauf eines konkret bezeichneten Tages, nämlich des 3. November 2006 (Freitag), verlängert hat. Dann kommt es auf die Rechtsprechung zum Beginn der verlängerten Frist nicht an, weil das Ende der Frist konkret feststeht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts widerspricht deswegen dieser Rechtsprechung nicht. Weil die Berufungsbegründung nicht innerhalb dieser konkret bestimmten Frist bis zum Ablauf des 3. November 2006, sondern erst am 6. November 2006 eingegangen ist, war die Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt.
9
2. Auch soweit das Berufungsgericht dem Kläger die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat, vermag die Rechtsbeschwerde keine Zulassungsgründe im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO aufzuzeigen. Die angefochtene Entscheidung überspannt insbesondere nicht die Sorgfaltsanforderungen an die Verpflichtung eines Prozessbevollmächtigten zur Kontrolle laufender Rechtsmittelbegründungsfristen.
10
a) Zwar weist die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hin, dass ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat stattgegeben wird, wenn die Voraussetzungen des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO hinreichend vorgetragen sind (BVerfG NJW 1989, 1147; Senatsbeschluss vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97 - NJW-RR 1998, 787, 788; BGH Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785, vom 7. Juni 1999 - II ZB 25/98 - NJW 1999, 3051, 3052, vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - NJW 1999, 430 und vom 17. Dezember 1997 - IV ZR 93/97 - NJW-RR 1998, 1140).
11
Dieser Vertrauensschutz gilt aber nur so lange, bis das Gericht über den Verlängerungsantrag entschieden hat. Hat das Berufungsgericht - wie hier - bereits über den Verlängerungsantrag entschieden und ihm nur teilweise stattgegeben , kann die Partei nicht mehr auf eine antragsgemäße Verlängerung vertrauen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag eindeutig ist, aus ihr zweifelsfrei deutlich wird, dass dem weitergehenden Antrag nur teilweise stattgegeben wurde, und noch ausreichend Zeit für die Berufungsbegründung verbleibt. Die Grundrechte des Be- rufungsklägers auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren können allenfalls dann verletzt sein, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag so unbestimmt ist, dass sie geeignet ist, den Berufungsführer in die Irre zu leiten, und die Verlängerung der Frist dadurch ihren Sinn verliert (vgl. insoweit BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 44/03 - NJW-RR 2004, 785).
12
Solches war hier allerdings nicht der Fall, weil der Vorsitzende den Kläger ausdrücklich auf den Tag des Fristablaufs und zusätzlich darauf hingewiesen hatte, dass dem weitergehenden Antrag nicht stattgegeben werde. Die Verfügung des Gerichts vom 5. Oktober 2006 ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch so rechtzeitig zugegangen, dass er sich auf den darin mitgeteilten Fristablauf am 3. November 2006 hinreichend einstellen konnte.
13
b) Danach ist die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf ein dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.
14
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist deswegen - im Gegensatz zur Berufungsfrist - nicht nur durch die Eintragung der Hauptfrist, sondern zusätzlich durch eine ausreichende Vorfrist sicherzustellen (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 2006 - XII ZB 99/06 - NJW 2007, 1455, 1456 m.w.N.).
15
Zwar muss der Rechtsanwalt die auf eine Vorfrist vorgelegte Sache nicht stets sofort bearbeiten, weil er grundsätzlich frei darin ist, ob er die Begründungsfrist vollständig ausnutzen möchte (BGH Beschlüsse vom 5. Oktober 1999 - VI ZB 22/99 - NJW 2000, 365, 366 und vom 9. März 1999 - VI ZB 3/99 - NJW 1999, 2048, 2049). Der Rechtsanwalt kann die Handakte deswegen auch zur Wiedervorlage am Tag des Fristablaufs zurückgeben, wenn er sich nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt hat, dass die Rechtsmittelbegründung noch rechtzeitig innerhalb der Frist bei Gericht eingereicht werden kann (BGH Beschluss vom 27. Mai 1997 - VI ZB 10/97 - NJW 1997, 2825, 2826). Die mit der Vorfristanordnung bezweckte Sicherung, dem Anwalt den für die Bearbeitung der Rechtsmittelbegründung erforderlichen Zeitraum zu gewährleisten, verlangt dann keine sofortige Bearbeitung der Sache, sondern gestattet es, sich die Sache für den letzten Tag der sorgfältig geprüften Begründungsfrist erneut vorlegen zu lassen.
16
bb) Allerdings erfordert der Zweck der Vorfrist dann eine erneute Prüfung der Begründungsfrist (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696), weil nur so sichergestellt werden kann, dass die Berufungsbegründung rechtzeitig erstellt und dem Gericht übermittelt wird. Das gilt hier schon deswegen, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hatte und deswegen zunächst lediglich eine vorläufige Frist eingetragen werden konnte, die sich aus dem Verlängerungsantrag ergab. In solchen Fällen ist der endgültige Fristablauf nach Gewährung der Verlängerung stets erneut zu überprüfen und neu in den Fristenkalender einzutragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Handakte nicht zu einer hypothetischen, sondern zu einer wirklichen Frist vorgelegt und diese eingehalten wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Fristverlängerung erst am Tag des Ablaufs der regulären Begründungsfrist oder schon einige Zeit zuvor beantragt wird. In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist festgestellt und eingetragen wird (Senatsbeschluss vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663). Diese Pflicht zur Überprüfung der tat- sächlich gewährten Verlängerung der Begründungsfrist hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers schuldhaft nicht erfüllt, was dem Kläger zuzurechnen ist.
17
c) Dieses Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist für die Versäumung der Frist ursächlich geworden, so dass es auf ein gerichtliches Mitverschulden bei der Bewilligung der Fristverlängerung nicht entscheidend ankommt (BGH Beschluss vom 6. Mai 1999 - VII ZR 396/98 - VersR 2000, 515).
Sprick Wagenitz Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 01.08.2006 - 29 C 465/05 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.04.2007 - 3 S 173/06 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2007 - XII ZB 82/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2007 - XII ZB 82/07

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2007 - XII ZB 82/07 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2007 - XII ZB 82/07 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2007 - XII ZB 82/07 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2003 - V ZB 44/03

bei uns veröffentlicht am 23.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 44/03 vom 23. Oktober 2003 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Rich- terin Dr. Stres

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2004 - XII ZB 263/03

bei uns veröffentlicht am 11.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 263/03 vom 11. Februar 2004 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt un

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2006 - XII ZB 99/06

bei uns veröffentlicht am 06.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 99/06 vom 6. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz
12 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2007 - XII ZB 82/07.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2012 - II ZB 3/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 3/11 vom 24. Januar 2012 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D Bei der Beurteilung, ob ein Fehler für die Versäumung einer Frist ursächlich geworden ist, darf kei

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2009 - VII ZB 87/08

bei uns veröffentlicht am 10.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 87/08 vom 10. März 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 520 Abs. 2, 222 Abs. 2, 224 Abs. 3 Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2009 - VII ZB 67/08

bei uns veröffentlicht am 16.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 66/08 VII ZB 67/08 vom 16. April 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 C, 234 Abs. 1 A, 236 Abs. 2 D Hat eine Partei die Berufungsbegründungsfrist versäumt, weil

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2009 - VII ZB 66/08

bei uns veröffentlicht am 16.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 66/08 VII ZB 67/08 vom 16. April 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 C, 234 Abs. 1 A, 236 Abs. 2 D Hat eine Partei die Berufungsbegründungsfrist versäumt, weil

Referenzen

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 44/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Rich-
terin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 11. Juni 2003 aufgehoben.
Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 2.833,15

Gründe


I.


Mit am 11. März 2003 der Beklagten zugestelltem Urteil vom 7. März 2003 entschied das Amtsgericht K. zum Nachteil der Beklagten. Hierge-
gen legte die Beklagte am 10. April 2003 bei dem Landgericht B. Berufung ein. Am 9. Mai 2003 beantragte die Beklagte, die Berufungsbegründungs- frist über den 12. Mai 2003 hinaus bis zum 28. Mai 2003 zu verlängern. In Erwartung dieser Verlängerung erteilte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten seiner Angestellten die Weisung, die neue Frist und eine Wiedervorlage der Akten auf den 21. Mai 2003 zu notieren, was auch geschah. Die Kammer verlängerte die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 9. Mai 2003, jedoch nur bis zum 20. Mai 2003. Die Verfügung enthielt außer der Verlängerung nur den Hinweis, eine weitere Verlängerung sei nicht zu erwarten; der in dem verwendeten Verfügungsformular auch vorgesehene Hinweis auf eine teilweise Zurückweisung des Antrags war nicht angekreuzt. Diese Verfügung wurde am 13. Mai 2003 ausgeführt und erreichte den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 14. Mai 2003. Dessen Angestellten fiel nicht auf, daß die Frist nur bis zum 20. Mai 2003 verlängert worden war. Die Akten wurden deshalb wie notiert erst am 21. Mai 2003 vorgelegt.
Die Beklagte hat am 28. Mai 2003 die Berufungsbegründung eingereicht und darin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Sie hat vorgetragen, ihr Prozeßbevollmächtigter sei davon ausgegangen, daß die Frist antragsgemäß verlängert werde, zumal ihm die Geschäftsstelle der Kammer erklärt habe, mit der Fristverlängerung dürfte es keine Probleme geben.
Das Landgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


Das Berufungsgericht meint, die Berufungsbegründungsfrist sei nicht ohne Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten versäumt worden. Dieser habe nicht mit einer Bewilligung der Fristverlängerung rechnen dürfen. Denn er habe weder erhebliche Gründe vorgetragen noch eine Zusage der Vorsitzenden der Kammer eingeholt. Daß er sich bei der Geschäftsstelle der Kammer erkundigt habe, sei unerheblich.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Sie hat auch Erfolg, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 20 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt. Die Voraussetzungen für die beantragte Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist liegen vor. Eine Verwerfung der Berufung als unzulässig scheidet deshalb aus.
1. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 69, 381, 385; 88, 118, 123 ff; BVerfG FamRZ 2002, 533). Die Gerichte dürfen daher bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften
die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlaßt haben muß, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannen (BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG NJW 1996, 2857; 2000, 1636; BVerfG FamRZ 2002, 533, 534). Das Landgericht hat die Anforderungen in diesem Sinne überspannt.
2. Die Beklagte hat die Berufungsbegründungsfrist versäumt, weil ihrem Prozeßbevollmächtigten nicht auffiel, daß die Frist nicht bis zum 28., sondern nur bis zum 20. Mai 2003 bewilligt worden war. Das ist unter den hier gegebenen besonderen Umständen weder ihr noch ihrem Prozeßbevollmächtigten oder seiner Angestellten vorzuwerfen. Das Versagen der Fristkontrollmaßnahmen des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten beruht entscheidend darauf, daß das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung über die Fristverlängerung den Erfordernissen eines fairen Verfahrens nicht entsprochen hat.

a) Die Beklagte durfte sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darauf verlassen, daß die Fristverlängerung beim - wie hier - ersten Mal antragsgemäß bewilligt werde (BGH, Beschl. v. 5. Juli 1989, IVb ZB 53/89, BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 3; Beschl. v. 2. November 1989, III ZB 49/89, BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 4; Beschl. v. 23. Juni 1994, VII ZB 5/94 NJW 1994, 2957; Beschl. v. 24. Oktober 1996, VII ZB 25/96, NJW 1997, 400; Beschl. v. 11. November 1998, VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430; Beschl. v. 21. September 2000, III ZB 36/00, BGHR ZPO § 233 Mandatsniederlegung 4; Beschl. v. 28. November 2002, III ZB 45/03, BGH-Report 2003, 459; Senatsbeschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861, 862). Das gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann, wenn sich die Partei nicht um die Zusicherung einer Fristverlängerung durch den Vorsitzenden der Kammer oder des Senats bemüht. Mit der Möglichkeit, daß das Beru-
fungsgericht ihrem Antrag auf Fristverlängerung zwar entsprechen, aber eine deutlich kürzere Frist bestimmen würde, brauchte die Beklagte nicht zu rechnen. Sie hatte nur eine maßvolle Verlängerung der Berufungsgründungsfrist um 16 Tage beantragt. Die Kammer hatte keinen Termin bestimmt. Ein anderer sachlicher Grund, diese Frist zu verkürzen, war nicht ersichtlich. Diesem Vertrauen der Beklagten mußte das Berufungsgericht von Verfassungs wegen auch dann Rechnung tragen, wenn es der ihm zugrunde liegenden Rechtsprechung nicht folgen wollte (BVerfG, FamRZ 2002, 533, 534).

b) Die Beklagte mußte auch nicht damit rechnen, daß das Berufungsgericht die Berufungsbegründungsfrist um einen Zeitraum verlängerte, in dem die geltend gemachten ergänzenden Erkundigungen erkennbar nicht würden eingeholt werden können. Die Verlängerung der Berufungsfrist um nur etwas mehr als eine Woche konnte dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht ausreichen , weil er Ermittlungen dazu anzustellen hatte, welche Abwasseranschlußmaßnahme Gegenstand des Abwasserbeitragsbescheids war, von dem die Beklagte den Kläger freistellen sollte, und ob diese endgültig abgeschlossen war. Das hatte er in seinem Antrag nur kurz umrissen. Mehr war aber auch nicht nötig, weil das Amtsgericht die Beklagte aus eben diesem Grund verurteilt hatte.

c) Ihre Entscheidung hat die Kammer der Beklagten in einer Weise bekannt gemacht, die diese irreleitete. In der Verfügung war nämlich der in dem dafür verwendeten Formular vorgesehene Textblock, mit dem auf die teilweise Zurückweisung des Antrags hingewiesen wird, nicht angekreuzt und darum in die Reinschrift auch nicht aufgenommen worden. So erweckte das Schreiben den Eindruck einer antragsgemäßen Fristverlängerung. Dieser Eindruck wurde
dadurch verstärkt, daß das Schreiben die Ankündigung enthielt, mit weiteren Fristverlängerungen sei nicht zu rechnen. Veranlassung, einen solchen Hinweis aufzunehmen, besteht gewöhnlich nur, wenn die beantragte Verlängerung antragsgemäß bewilligt wird. Bei einer teilweisen Zurückweisung ihres gestellten Antrags käme eine Partei nicht auf den Gedanken, sie könne mit einem weiteren Antrag eine weitergehende Fristverlängerung erreichen. Schließlich sprach auch der Zeitpunkt der Unterrichtung für eine antragsgemäße Verlängerung. Bei Eingang der Verfügung war der Beklagten die Beschaffung der zusätzlichen Unterlagen, um deretwillen sie Fristverlängerung beantragt hatte, praktisch nicht mehr möglich. Das ließ aus ihrer Sicht eine antragsgemäße Fristverlängerung erwarten.

d) Nichts anderes ergibt sich aus dem von dem Berufungsgericht hervorgehobenen Umstand, daß das Vertrauen in die Bewilligung einer Fristverlängerung nur schützenswert ist, wenn auch erhebliche Gründe für die Fristverlängerung vorgetragen werden (BGH, Beschl. v. 16. Juni 1992, X ZB 6/92 VersR 1993, 379). Auf diese Frage kommt es hier nicht an, weil das Berufungsgericht selbst die Gründe als ausreichend angesehen und die Frist zur Begründung der Berufung verlängert hat. Hier geht es allein um die zu verneinende Frage, ob die Beklagte damit rechnen mußte, daß die Frist kürzer als beantragt bewilligt werde.
3. Ist dem Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten stattzugeben, darf ihre Berufung auch nicht als unzulässig verworfen werden.
Tropf Krüger Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 99/06
vom
6. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2006 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. April 2006 aufgehoben. 2. Dem Antragsteller wird wegen der Versäumung der Berufungsfrist gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Detmold vom 21. September 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Beschwerdewert: 6.415 €.

Gründe:


I.

1
Der Antragsteller hat gegen das ihm am 26. September 2005 zugestellte Urteil des Amtsgerichts mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2005, eingegangen beim Berufungsgericht am (Donnerstag) 27. Oktober 2005, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Am 7. März 2006 wies der Vorsitzende des Berufungssenats den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers telefonisch auf den verspäteten Eingang der Berufungsschrift hin. Daraufhin beantragte der Antragsteller mit am 20. März 2006 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.
2
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch sonst zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
4
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nach ständiger Rechtsprechung außer in Fällen der Divergenz auch dann geboten, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Das ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte, insbesondere die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) oder auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ) verletzt hat (BGHZ 151, 221, 226).
5
Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör gebieten es daher, den Zugang zu den Gerichten und den weiteren Instanzen nicht in unzumutbarer, sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu erschweren. Deswegen dürfen gerade bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts nicht überspannt werden (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 m.w.N.). Das hat das Berufungsgericht hier verkannt.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Dem Antragsteller ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren, weil er diese Frist weder aus eigenem noch aus einem ihm zurechenbaren Verschulden seines Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) versäumt hat.
7
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich ein zurechenbares Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nicht schon daraus, dass dieser wegen fehlender Vorlage der Sache zur notierten Vorfrist am 19. Oktober 2005 an der Zuverlässigkeit seiner Büroangestellten hätte zweifeln müssen.
8
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Eintragung einer Vorfrist für die Berufungsfrist - im Gegensatz zur Berufungsbegründungsfrist (vgl. insoweit Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 1997 - XII ZB 61/97 - NJW-RR 1997, 1289 und vom 20. April 1994 - XII ZB 47/94 - FamRZ 1994, 1519, 1520; BGH Urteil vom 19. November 1976 - IV ZR 36/76 - VersR 1977, 332; Beschlüsse vom 21. Februar 1974 - VII ZB 4/74 - VersR 1974, 756 und vom 30. November 1951 - I ZB 14/51 - NJW 1952, 183) - grundsätzlich nicht erforderlich (BGH Beschluss vom 24. Mai 1973 - III ZB 5/73 - VersR 1973, 840). Wenn der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gleichwohl auch hinsichtlich der Berufungsfrist mit einer doppelten Fristenkontrolle eine über das gebotene Maß hinausgehende organisatorische Sicherung angeordnet hat, kann dies jedenfalls nicht zu einer Verschärfung der ihn treffenden Sorgfaltspflichten führen (BGH Urteil vom 19. Dezember 1991 - VII ZR 155/91 - NJW 1992, 1047).
9
bb) Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Büroangestellten musste der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aber auch deswegen nicht haben, weil sich - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - aus dem Sach- und Streitstand keineswegs ergibt, dass die Akten dem Prozessbevollmächtigten nicht zur Vorfrist am 19. Oktober 2005 vorgelegt wurden. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags hatte der Beklagte nämlich ausdrücklich vorgetragen , dass die Akte seinem Prozessbevollmächtigten zu den Fristterminen zur Bearbeitung vorgelegt worden sei. Diese Formulierung ist nur so zu verstehen, dass die Büroangestellte die Akten sowohl zur Vorfrist als auch zur Hauptfrist vorgelegt hatte.
10
Wenn dem Berufungsgericht - trotz dieses eindeutigen Wortlauts - gleichwohl Zweifel an der Zuverlässigkeit der Büroangestellten verblieben waren , hätte es den Antragsteller jedenfalls darauf hinweisen müssen. Denn ein Gericht, das ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte, verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör dieser Prozesspartei (BVerfG NJW 1994, 1274). Für die Versagung der Wiedereinsetzung ist diese Verletzung des rechtlichen Gehörs - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - auch erheblich geworden. Denn der Antragsteller hätte - was im Verfahren der Rechtsbeschwerde zu unterstellen ist - nach dem Inhalt seiner Rechtsbeschwerdebegründung ausdrück- lich vorgetragen, dass die Akte seinem Prozessbevollmächtigten auch zur Vorfrist vorgelegt worden war und er diese zur Hauptfrist zurückgegeben hatte. Für Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Büroangestellten bestand dann aber kein Anlass.
11
b) Soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung alternativ auf Zweifel an der Glaubhaftigkeit des dargestellten Geschehensablaufs stützt, beruht auch dies auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers (Art. 103 Abs. 1 GG).
12
aa) Der Antragsteller hat als Ursache für die Versäumung der Berufungsfrist einen Fehler der Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten angeführt. Zugleich hat er dargelegt und glaubhaft gemacht, dass aufgrund einer Organisationsanweisung in der Sozietät seines Prozessbevollmächtigten bei Eingang erstinstanzlicher Urteile der Tag des Ablaufs der Berufungsfrist auf dem Urteil selbst notiert wird. Weiter hat er dargelegt und glaubhaft gemacht, dass zusätzlich als Vorfrist der siebte Kalendertag vor Fristablauf auf dem Urteil vermerkt wird, und dass deswegen hier für den Ablauf der Berufungsfrist der 26. Oktober 2005 und als Vorfrist der 19. Oktober 2005 vermerkt worden sind. Nach der Organisationsanweisung in der Sozietät seines Prozessbevollmächtigten werden Fristsachen, die nicht unverzüglich per Büroboten bedient werden, ausnahmslos per Telefax übermittelt. Im EDV-System werden sie erst dann als erledigt markiert, wenn nach Abschluss des Übertragungsvorgangs anhand des Fax-Protokolls festgestellt wurde, dass die Übertragung erfolgreich, fehlerfrei und an die richtige Telefaxnummer durchgeführt worden ist. Diese Anweisung des Prozessbevollmächtigten wird zudem stichprobenartig kontrolliert.
13
Entsprechend hat die Kanzleiangestellte des Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht, dass sie den von ihm unterzeichneten Berufungsschriftsatz auf das Telefaxgerät gelegt und die Nummer des Oberlandesgerichts angewählt hat. Die Berufungsschrift sei nur deswegen nicht rechtzeitig zugegangen, weil sie vergessen habe, die Starttaste des Telefax zu betätigen. Nach einer Unterbrechung des Arbeitsvorgangs sei sie irrtümlich davon ausgegangen, dass der von jemand anderem auf die Akte gelegte Schriftsatz versandt worden sei; nur deswegen habe sie die Berufungsfrist gestrichen.
14
bb) Zweifel an diesem an Eides statt versicherten Geschehensablauf hat das Berufungsgericht allein damit begründet, dass die Berufung nach dem Wortlaut der Berufungsschrift gegen das "am 30.09.2005 zugestellte Urteil des Amtsgerichts" eingelegt worden ist. Soweit das Berufungsgericht diesem unrichtigen Zustellungsdatum (30. September 2005 statt 26. September 2005) eine - für die Fristversäumung ursächliche - Fehlvorstellung des Prozessbevollmächtigten über den Ablauf der Berufungsfrist entnimmt, schöpft auch dies den sich aus den Akten ergebenden Sach- und Streitstand nicht hinreichend aus:
15
Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (Senatsbeschluss vom 31. August 2005 - XII ZR 63/03 - NJW-RR 2005, 1603). So liegt der Fall hier.
16
Der Antragsteller hat die Diskrepanz zwischen dem zutreffenden Zustelldatum (26. September 2005) und dem im Berufungsschriftsatz angegebenen Datum (30. September 2005) plausibel dadurch erklärt, dass das Urteil zweimal , nämlich am 26. und am 30. September 2005, zugestellt worden war. Weiter hat er vorgetragen, dass die für das Berufungsverfahren zutreffenden Fris- ten nach der Zustellung am 26. September 2005 auf dem Urteil vermerkt und im Fristenkalender eingetragen worden sind; dies hat er durch Vorlage der Deckblätter der beiden zugestellten Urteile mit entsprechenden Eingangsstempeln und Fristnotierungen belegt. Auf diesen Vortrag ist das Berufungsgericht nicht eingegangen, obwohl er für die Begründung des angefochtenen Beschlusses von zentraler Bedeutung ist. Dass im Berufungsschriftsatz - fehlerhaft - von einem am 30. September 2005 zugestellten Urteil die Rede ist, lässt sich nämlich allein wegen des zeitlichen Ablaufs eher mit einem Versehen (erst) beim Diktat dieses Schriftsatzes, als mit einer Fehlvorstellung über den Lauf der Berufungsfrist schon bei der erstmaligen Zustellung am 26. September 2005 erklären. Dafür spricht auch, dass nach dem Vortrag des Antragstellers die Fristvorlagen im Büro seines Prozessbevollmächtigten taggenau erfolgen, was eine Vorlage am 26. Oktober 2005 nicht erklären könnte, wenn die Bürokraft von einem Fristablauf am 30. Oktober 2005 ausgegangen wäre.
17
Auch insoweit ist die fehlende Berücksichtigung des Sachvortrags, die hier zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs führt, entscheidungserheblich. Denn bei hinreichender Würdigung der vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vorgetragenen Gründe hätten dem Prozessgericht Zweifel an der Glaubhaftigkeit des dargestellten Geschehensablaufs nicht verbleiben können.
18
3. Mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist entfällt zugleich die Verwerfung der Berufung des Antragstellers als unzulässig. Denn dieser Entscheidung ist mit der Wiedereinsetzung die Grundlage entzogen, ohne dass es insoweit eines ausdrücklichen Ausspruchs bedarf (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792 m.w.N.).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Detmold, Entscheidung vom 21.09.2005 - 16 F 517/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 10.04.2006 - 6 UF 198/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 263/03
vom
11. Februar 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Oktober 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 35.218

Gründe:


I.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. 1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, auf die sich die Rechtsbeschwerde allein stützt, erfordert eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur in Fällen einer Divergenz oder dann, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722 S. 67, 104, 116; BGHZ 151, 221, 225 ff.). Letzteres ist vor allem der Fall, wenn Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf
ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ) verletzt sind. Dabei sollen Art und Weise eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers aber nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen. (BTDrucks. aaO S. 104; BGHZ 151, 42; BGHZ 151, aaO, 227). Regelmäßig ist eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde deswegen nur dann zulässig, wenn dargelegt ist, daß ein Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist, und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht (BGHZ 151, aaO 227). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör gebieten es daher, den Zugang zu den Gerichten und den weiteren Instanzen nicht in unzumutbarer, sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu erschweren. Deswegen dürfen gerade bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts und die Kausalität einer Pflichtverletzung nicht überspannt werden (BGHZ 151, aaO, 227 f. m.w.N. aus der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts

).

2. Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoßen.
a) Die Rechtsbeschwerde hat keinen erheblichen Unterschied des vorliegenden Sachverhalts zu den der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Prüfungspflicht bei fristgebundenen Prozeßhandlungen zugrundeliegenden Sachverhalten und somit keine rechtliche Divergenz aufgezeigt. Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn nach den Darlegungen
der Rechtsbeschwerde der angefochtenen Entscheidung ein Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz eines höherrangigen Gerichts, eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 75/02 - NJW 2002, 2957 und vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437). Das ist hier nicht der Fall. Nach der von der Rechtsbeschwerde zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakten, aber dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung , vorgelegt werden (BGH Beschlüsse vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552, vom 16. März 2000 - VII ZR 320/99 - HFR 2001, 297 und vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02 - NJW 2003, 437). Dieser Rechtsprechung ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - schon nicht zu entnehmen, daß eine eigenverantwortliche Prüfung der Rechtsmittelbegründungsfrist "nur dann" veranlaßt ist, wenn ihm die Handakte zur Vorbereitung der (später versäumten) Rechtsmittelbegründung vorgelegt wurde. Der Bundesgerichtshof hat die eigene Prüfungspflicht des Rechtsanwalts stets auf alle Fälle erstreckt, in denen ihm die Handakte im Zusammenhang mit nur einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt wurde (BGH Beschlüsse vom 16. März 2000 - VII ZR 320/99 - HFR 2001, 297, vom 25. November 1998 - XII ZB 204/96 - FamRZ 1999, 649, vom 25. März 1985 - II ZB 2/85 - VersR 1985, 552, vom 14. Oktober 1987 - VIII ZB 16/87 - VersR 1988, 414 und vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632). Darauf, ob die Vorlage der Handakten wegen der Berufungsbegründungsfrist oder aus Anlaß einer anderen fristgebundenen Prozeßhandlung erfolgt ist, kommt es mithin nicht an (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 1993 - XII ZB 120/93 - EzFamR ZPO § 234 Nr. 6).
Das gilt schon deswegen, weil der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung eigenverantwortlich stets auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen muss. Für die Berufungsbegründungsfrist ist ihm das seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes zum 1. Januar 2002 schon ab der Zustellung des Urteils möglich und zumutbar, weil der Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr vom Zeitpunkt der Berufungseinlegung abhängt, sondern nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Monate ab Zustellung des vollständig abgefaßten Urteils beträgt.
b) Entgegen § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO hat die Rechtsbeschwerde nicht dargelegt, inwieweit das Oberlandesgericht gegen diese Rechtsgrundsätze zur Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts bei der Vorlage von Handakten für eine fristgebundene Prozesshandlung verstoßen hat.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose