vorgehend
Landgericht Dresden, 6 OH 178/12, 01.11.2012
Oberlandesgericht Dresden, 4 W 243/13, 18.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 12/13
vom
24. September 2013
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein rechtliches Interesse an einer vorprozessualen Klärung der haftungsrechtlich
maßgeblichen Gründe für einen Gesundheitsschaden durch einen Sachverständigen
kann im selbständigen Beweisverfahren auch dann gegeben sein, wenn zwar die
Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, jedoch für eine abschließende
Klärung weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen.
BGH, Beschluss vom 24. September 2013 - VI ZB 12/13 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. September 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden die Beschlüsse des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. März 2013 und der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 1. November 2012 aufgehoben. Es ist nach Maßgabe der Antragsschrift vom 6. Juli 2012 Beweis zu erheben. Die weiteren erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem Landgericht übertragen. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe:

1
Der Antragsteller begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung einer am 25. November 2009 im Klinikum der Antragsgegnerin gelegten PEG-Sonde und deren anschließender Belassung bis zum 15. Dezember 2009. Der Antragsteller hielt sich vom 20. November bis 15. Dezember 2009 in der Einrichtung der Antragsgegnerin zur stationären Behandlung nach einer Herzoperation und Rehabilitation auf. Nachdem er anfänglich mittels einer durch die Nase geführten Sonde ernährt und künstlich beatmet worden war, wurde ihm am 25. November 2009 eine PEG-Sonde gelegt. Nach stetiger Verschlechterung seines Zustandes wurde er am 16. Dezember 2009 in einer Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie notoperiert. Aus dem Operationsbericht ergibt sich, dass es infolge der PEG-Sonde zu einer Magenperforation gekommen war. Nach Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor der zuständigen Landesärztekammer beantragte der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Klärung folgender Fragen einzuholen,
2
1. ob die am 25.11.2009 von der Antragsgegnerin durch ihre Mitarbeiter vorgenommene Verlegung einer PEG-Sonde in den Körper des Antragstellers medizinisch indiziert war oder nicht, insbesondere ob Kontraindikationen beim Antragsteller vorlagen,
3
2. ob die zu 1. erwähnte Verlegung der PEG-Sonde objektiv fehlerhaft erfolgte ,
4
bejahendenfalls:
5
worin der oder die Fehler bestanden,
6
3. ob eine zu Ziffer 2 festgestellte etwaige Fehlerhaftigkeit der Sondenverlegung durch einen Behandlungsfehler der Antragsgegnerin verursacht worden ist,
7
hilfsweise für den Fall fehlender Aufklärbarkeit:
8
ob die Verlegung einer PEG-Sonde zur Ernährung dergestalt, dass - wie dies beim Antragsteller geschehen ist - große Mengen Sondennahrung frei in den Bauchraum gelangen, ohne das Walten eines oder mehrerer Behandlungsfehler überhaupt möglich oder denkbar ist,
9
4. ob das Verstreichen eines Zeitraums vom 25.11.2009 bis zum 25.12.2009, in dem die PEG-Sonde im Bauchraum des Antragstellers lag anstatt im Magen, ohne dass dies von der Antragsgegnerin festgestellt worden wäre, die Folge von Behandlungsfehlern ist, ob also eine unzureichende Verlaufsbeobachtung erfolgt ist,
10
bejahendenfalls,
11
wann der Sachverhalt hätte festgestellt werden müssen,
12
5. ob zu Ziffer 2 oder 4 festgestellte etwaige Behandlungsfehler in einer Art und Weise gegen ärztliche Behandlungsregeln verstoßen haben und mit Fehlern verbunden waren, die aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheinen und dem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfen.
13
Die Antragsgegnerin ist der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens entgegengetreten und hat angekündigt, unabhängig von dessen Ausgang einen Behandlungsfehlervorwurf in keinem Fall anerkennen zu wollen.
14
Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der sofortigen Beschwerde des Antragstellers hat es nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat sie zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

II.

15
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
16
1. Das Oberlandesgericht hat übereinstimmend mit dem Landgericht die Durchführung einer Beweisaufnahme nach § 485 Abs. 2 ZPO abgelehnt, weil ein rechtliches Interesse an der beantragten Begutachtung nicht hinreichend dargelegt sei. Die vom Antragsteller formulierten Beweisfragen zielten weder auf die Feststellung seines Gesundheitszustandes (§ 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch auf die Ursache eines Personenschadens (§ 485 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO), sondern auf die Feststellung der Verantwortlichkeit für die während des Aufenthalts im Klinikum der Antragsgegnerin beim Antragsteller eingetretene Magenperforation und damit auf die Feststellung eines Behandlungsfehlers ab. Ob die Ursache durch einen Fehler der behandelnden Ärzte gesetzt wurde oder diese anders hätten handeln müssen, sei als Wertung zum Verschulden von der Ursächlichkeit zu trennen. Wertungen seien ebenso wenig zu klären wie Fragen zum richtigen Verhalten der Ärzte der Antragsgegnerin, denn der medizinische Sorgfaltsmaßstab sei nicht Gegenstand der Beweiserhebung nach § 485 Abs. 2 ZPO. Erst recht gelte dies für die zu Nr. 5 des Antragsschriftsatzes gestellte Frage, ob ein Behandlungsfehler als "grob" zu bezeichnen sei. Hierbei handle es sich nämlich im Kern um eine juristische Bewertung, die zwar an vom medizinischen Sachverständigen ermittelte Tatsachen anknüpfe, jedoch nicht dem Sachverständigen überlassen werden dürfe. Die formulierten Beweisfragen und die Begründung der Antragsschrift zielten auf eine umfassende Klärung , ob und auf welche Weise der Antragsteller fehlerhaft behandelt worden sei. Das seien Fragen, die mit Feststellungen zum Zustand einer Person und der Ursache eines Personenschadens allenfalls am Rande etwas zu tun hätten und weit über das hinaus zielten, was mit einem selbständigen Beweisverfahren geklärt werden könne.
17
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Sie ist im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
18
Die Rechtsbeschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen hat, weil in Arzthaftungssachen grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an einer vorprozessualen Beweissicherung hinsichtlich der Feststellung eines Behandlungsfehlers nicht bestehe. Ein rechtliches Interesse ist bereits dann nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, auch wenn möglicherweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302 ff.). Diese Voraussetzung liegt hier vor.
19
a) Allerdings hat das Berufungsgericht zutreffend ein rechtliches Interesse des Antragstellers nicht schon deshalb verneint, weil die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung auf die Antragsschrift bereits angekündigt hat, sie werde unabhängig vom Ergebnis der Begutachtung in einem Beweisverfahren ihre Einstandspflicht in keinem Fall anerkennen. Ungeachtet dessen bleibt das rechtliche Interesse bestehen, wenn die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Übrigen vorliegen. Dass die Behandlungsseite ihren Rechtsstandpunkt nicht ändert, ist ein Risiko, das der Antragsteller, ebenso wie die Kostenfolge des § 96 ZPO, trägt.
20
b) Dass die Feststellung der für dieMagenperforation und deren Folgen maßgeblichen Gründe ergeben kann, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist, hindert - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - jedoch nicht die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens. Sinn und Zweck der vorprozessualen Beweissicherung nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer raschen und kostensparenden Einigung zu bringen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302, 307 mwN). Die vorprozessuale Klärung der haftungsrechtlich maßgeblichen Gründe für den Gesundheitsschaden des Antragstellers kann durchaus prozessökonomisch sein. Offensichtlich strebt der Antragsteller die Klärung an, um dann zu entscheiden, ob er Ansprüche weiterverfolgt oder davon absieht. Mithin hat er die Streitvermeidung im Auge.
21
Dem läuft nicht entgegen, dass sich mit den möglichen tatsächlichen Feststellungen der Arzthaftpflichtprozess unter Umständen nicht entscheiden lassen wird, weil damit noch nicht die rechtlichen Fragen des Verschuldens des Arztes und der Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden geklärt sind. Obwohl für die Haftung des Arztes eine Abweichung von dem gebotenen medizinischen Standard nicht genügt, wird in der Rechtspraxis bei Feststellung des Gesundheitsschadens und der hierfür maßgeblichen Gründe nicht selten erkennbar, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Deshalb kann die vorprozessuale Klärung des Gesundheitsschadens und seiner Gründe durchaus prozessökonomisch sein. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Frage, ob der Fehler von den behandelnden Ärzten schuldhaft begangen worden ist, aufgrund einer tatrichterlichen Bewertung zu beantworten ist. Die Beurteilung des ärztlichen Verschuldens ist wegen des im Zivilrecht maßgebenden objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs mit der Feststellung eines Behandlungsfehlers streng verbunden. Stellt sich eine Behandlungsentscheidung als Verstoß gegen den medizinischen Standard dar, fällt dem behandelnden Arzt regelmäßig auch ein objektiver Sorgfaltsverstoß zur Last.
22
Auch die in Nr. 5 des Antragsschriftsatzes formulierte Frage, ob aufgrund der vorausgehenden Fragen festgestellte etwaige Behandlungsfehler in einer Art und Weise gegen ärztliche Behandlungsregeln verstoßen haben und mit Fehlern verbunden waren, die aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheinen und ihrer Art nach einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dür- fen, ist im selbständigen Beweisverfahren nicht ausgeschlossen. Zwar handelt es sich bei der vom Tatrichter vorzunehmenden Bewertung einer medizinischen Behandlung als grob fehlerhaft um eine juristische Beurteilung. Jedoch bedarf diese einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage in den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01, VersR 2002, 1026, 1027). Sie muss in vollem Umfang durch die vom ärztlichen Sachverständigen mitgeteilten Fakten getragen werden und sich auf die medizinische Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen stützen können. Es ist dem Tatrichter nicht gestattet, ohne entsprechende Darlegungen oder gar entgegen den medizinischen Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen einen groben Behandlungsfehler auf Grund eigener Wertung zu bejahen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01, aaO, 1027 f., mwN). Werden die für den Gesundheitsschaden des Antragstellers maßgeblichen Gründe festgestellt, wird aufgrund der Beurteilung des Behandlungsgeschehens durch den medizinischen Sachverständigen nicht auszuschließen sein, dass auch erkannt wird, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Wäre in der Einrichtung der Antragsgegnerin ein Fehler begangen worden, der nach der Bewertung des ärztlichen Sachverständigen aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erschiene, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfte, käme, obwohl Fragen der Beweislastverteilung nicht im selbständigen Beweisverfahren zu klären sind, die Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden des Antragstellers und dem im Raum stehenden Fehler bei der Verlegung der PEG-Sonde in Betracht. Diese wirkt sich regelmäßig maßgeblich auf den Ausgang eines Prozesses aus und vermag dadurch die Entscheidung zur Klageerhebung zu beeinflussen.
23
3. Die Entscheidungen beider Vorinstanzen können danach keinen Bestand haben. Der Senat macht von der ihm durch § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO ein- geräumten Befugnis, in der Sache zu entscheiden, insoweit Gebrauch, als er die Anordnung trifft, dass die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen ist. Die weiteren erforderlichen Maßnahmen werden gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht als dem Gericht des ersten Rechtszugs übertragen. Galke Zoll Diederichsen Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 01.11.2012 - 6 OH 178/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.03.2013 - 4 W 243/13 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 485 Zulässigkeit


(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 96 Kosten erfolgloser Angriffs- oder Verteidigungsmittel


Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.

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(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 51/02
vom
21. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens
nach § 485 Abs. 2 ZPO kann bei Arzthaftungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen
Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden.
BGH, Beschluß vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02 - OLG Köln
LG Aachen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter
Pauge, Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Juli 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 30.000,- Euro

Gründe:

I.

Die Antragstellerin verlangt materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen einer Funktionseinschränkung an ihrer rechten Hand nach einer Behandlung durch den Antragsgegner. Sie behauptet, es seien bei einem operativen Eingriff vom Antragsgegner behandlungsfehlerhaft Nerven durchtrennt worden. Der Haftpflichtversicherer des Antragsgegners erklärte sich auf die entsprechende Anfrage der Antragstellerin grundsätzlich mit der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens einverstanden, erbat aber im selben Schreiben Kopien von ärztlichen Befundberichten der nachbehandelnden Ärzte
oder Krankenhäuser und kündigte an, nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen unter Auswertung einer Stellungnahme des Versicherungsnehmers umgehend wieder auf die Angelegenheit zurückzukommen. Die Antragstellerin hat am 11. April 2002 beim Landgericht A. die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob die Nervenverletzung durch einen Behandlungsfehler des Antragsgegners verursacht worden sei, beantragt. Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt, weil eine Zustimmung des Antragsgegners fehle und die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise in Arzthaftungsstreitigkeiten ein selbständiges Beweisverfahren in Frage komme, nicht vorlägen. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Anordnung des selbständigen Beweisverfahrens weiter.

II.

1. Das Oberlandesgericht hat übereinstimmend mit dem Landgericht das Vorliegen einer Zustimmung des Antragsgegners zur Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO verneint. Es hat die Anordnung eines Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO abgelehnt, weil ein rechtliches Interesse an der beabsichtigten Feststellung nicht hinreichend dargelegt sei. Die vorprozessuale Beweissicherung komme in Arzthaftungssachen unabhängig von der Zustimmung des Antragsgegners nur bei drohendem Beweismittelverlust in Betracht. Im vorliegenden Fall habe aber die Antragstellerin selbst vorgetragen, daß bereits irreparable Dauerschäden eingetreten seien. Im übrigen komme die streitschlichtende Funktion, wie sie dem Gesetzgeber bei
der Fassung des § 485 Abs. 2 ZPO vorgeschwebt habe, in Arzthaftungsstreitigkeiten jedenfalls dann nicht zum Tragen, wenn nicht nur ein Behandlungsfehler streitig sei, sondern auch, ob und inwieweit dieser für die eingetretenen Gesundheitsschäden kausal geworden sei. Ein Beweissicherungsverfahren führe, wenn es - wie im vorliegenden Fall - erst mehrere Jahre nach einer als fehlerhaft angesehenen ärztlichen Behandlung und nach weitgehender Manifestation der gesundheitlichen Schäden durchgeführt werde, in der Regel nur zu weiteren Verzögerungen bei der abschließenden Klärung der Haftungsfragen. 2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Sie ist im übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde , daß das Beschwerdegericht in dem Schreiben des Haftpflichtversicherers des Antragsgegners vom 2. Oktober 2001 keine bindende Zustimmung zum konkreten Beweisverfahren gesehen hat. Anders als bei der Auslegung einer privatrechtlichen Willenserklärung ist, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, der Senat bei der Überprüfung einer verfahrensrechtlichen Erklärung, um die es sich bei der Zustimmung im Sinne des § 485 Abs. 1 ZPO handelt, zwar nicht eingeschränkt (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95 - NJW-RR 1996, 1210 f. und vom 30. Januar 1979 - VI ZR 45/78 - VersR 1979, 373 f.; BGH, Urteil vom 27. März 1996 - XII ZR 83/95 - NJW-RR 1996, 833 ff.; Zöller/Gummer ZPO, 23. Aufl., § 546 Rdn. 11). Das Beschwerdegericht hat aber im vorliegenden Fall aus dem Inhalt des Schreibens des Haftpflichtversicherers des Antragsgegners vom 2. Oktober 2001 den naheliegenden Schluß gezogen, daß die Zustimmung zu einer Beweissicherung nicht von vornherein versagt werden sollte, aber auch noch nicht bindend erteilt worden ist. Der Haftpflichtversicherer wollte zunächst in die eigene Sachprüfung ein-
treten. Das Beschwerdegericht mußte deshalb dem Antrag nicht schon nach § 485 Abs. 1 ZPO stattgeben.
b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, daß das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen hat, weil nach seiner Auffassung in Arzthaftungssachen grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an einer vorprozessualen Beweissicherung nicht bestehe. Die Frage ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. aa) Die ablehnende Meinung, die auch vom Beschwerdegericht vertreten wird, hält das selbständige Beweisverfahren in Arzthaftungssachen für nicht geeignet, einen Rechtsstreit zu vermeiden, wenn nicht nur das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern auch die Kausalität der fehlerhaften Behandlung für die eingetretenen Gesundheitsschäden und das Ausmaß der Schäden streitig seien. Es fehle dem Gericht die Möglichkeit, den Sachverhalt den besonderen Erfordernissen des Arzthaftungsprozesses entsprechend unter weitgehender Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes aufzuklären. Einer sachgerechten Beweiserhebung müsse eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung durch das Gericht vorhergehen. Da der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren die Beweisfragen vorgebe und der Gegner nur das Recht zur Stellung des Gegenantrages habe (vgl. BGH, Beschluß vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99 - NJW 2000, 960, 961), könne von Seiten des Gerichts nicht auf eine Präzisierung der Beweisfragen hingewirkt werden (vgl. OLG Köln, VersR 1998, 1420 f. = MDR 1998, 224 f.; OLG Nürnberg, MDR 1997, 501; Rehborn, MDR 1998, 16 ff.; Schinnenburg in MedR 2000, 185, 187 f. für die zahnärztliche Haftung

).

bb) Dagegen führen die Befürworter eines selbständigen Beweisverfahrens auch bei Arzthaftungsansprüchen an, daß der Wortlaut des § 485 Abs. 2
ZPO eine grundsätzliche Ausklammerung der Arzthaftungssachen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift nicht zulasse. Das rechtliche Interesse als Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 485 Abs. 2 ZPO sei generell weit auszulegen (so MünchKomm/Schreiber, ZPO, 2. Aufl., § 485 Rdn. 13; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 485 Rdn. 7; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 485 Rdn. 13; Zöller/Herget, aaO, § 485 Rdn. 7a m.w.N.). Auch wenn sich das Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen häufig als unzureichend oder gar unerheblich erweise, sei das Risiko, daß das Gutachten auf einer ungesicherten tatsächlichen Grundlage erstattet werde, vom Antragsteller zu tragen und über die Kostenfolge des § 96 ZPO zu regeln. Dem Patienten stehe zwar auch das außergerichtliche Schlichtungsverfahren vor den Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern zur Verfügung. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, daß dieses den Vorrang habe und das selbständige Beweisverfahren verdränge (vgl. OLG Koblenz, MDR 2002, 352 f.; OLG Saarbrücken, VersR 2000, 891 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2000, 3438 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1999, 887 f.; OLG Düsseldorf, MDR 1998, 1241 f.; OLG Stuttgart, NJW 1999, 874 f.; OLG Schleswig, OLGR 2001, 279 f; Mohr in MedR 1996, 454 f.; Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rdn. 232; Stegers, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, Bd. 3, 2001, 11 ff.; befürwortend für Indikationsbewertungen bei zahnprothetischen Leistungen Rinke/Balser in MedR 1999, 398 ff.). cc) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Wortlaut des § 485 Abs. 2 ZPO läßt eine Ausnahme für Ansprüche aus dem Arzthaftungsrecht nicht zu. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts sind nicht gegeben. Weder die Entstehungsgeschichte des § 485 Abs. 2 ZPO noch sein Sinn und Zweck oder der Gesamtzusammenhang mit der Regelung in § 485 Abs. 1 ZPO sprechen gegen eine generelle Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens bei Arzthaftungsansprüchen.
In der Begründung des Entwurfs für das Rechtspflegevereinfachungsgesetz (BT-Drucks. 11/3621 vom 1. Dezember 1988, S. 23) heißt es: "Insbesondere, wenn der Streit der Parteien nur von der Entscheidung tatsächlicher Fragen abhängt, wird die vor- oder außergerichtliche Beweisaufnahme als zweckmäßig angesehen. U.a. für Bauprozesse (Punktesachen), Kraftfahrzeug- und Arzthaftungsprozesse wird angenommen , daß die gesonderte Begutachtung durch einen Sachverständigen häufig zu einer die Parteien zufriedenstellenden Klärung und damit eher zum Vergleich als in einen Prozeß führen würde. (...). Der Entwurf (...) schlägt vor, das bisherige Beweissicherungsverfahren zu erweitern und auf den Sicherungszweck für das schriftliche Sachverständigengutachten ganz, im Übrigen bei Zustimmung des Gegners zu verzichten. Das Verfahren der §§ 485 ff. ZPO wird als selbständiges Beweisverfahren bezeichnet." Schon diese Erwägung des Gesetzgebers legt eine Zulässigkeit des Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO nahe. Im übrigen sind dessen Ziele bei Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Sachaufklärung und zur vorprozessualen Einigung zwischen den Parteien grundsätzlich auch in Arzthaftungssachen zu erreichen. Sinn und Zweck der vorprozessualen Beweissicherung nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es nämlich, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer raschen und kostensparenden Einigung zu bringen (vgl. Zöller/Herget, aaO, vor § 485 Rdnr. 2; Reichold in Thomas/Putzo, aaO, Vorbem. vor § 485 Rdnr. 2; Musielak/Huber, aaO, § 485 Rdnr. 2). Der Senat verkennt nicht, daß sich das selbständige Beweisverfahren bei der Verletzung einer Person, um die es regelmäßig in Arzthaftungsverfahren geht, darauf beschränkt, den Zustand
dieser Person, die hierfür maßgeblichen Gründe und die Wege zur Beseitigung des Schadens festzustellen (§ 485 Abs. 2 ZPO). Deshalb ist es zwar richtig, daß sich mit den möglichen tatsächlichen Feststellungen ein Arzthaftpflichtprozeß häufig nicht entscheiden lassen wird, weil damit noch nicht die rechtlichen Fragen des Verschuldens des Arztes und der Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden geklärt sind. In der Rechtspraxis wird sich jedoch bei Feststellung des Gesundheitsschadens und der hierfür maßgeblichen Gründe nicht selten erkennen lassen, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Deshalb kann die vorprozessuale Klärung eines Gesundheitsschadens und seiner Gründe durchaus prozeßökonomisch sein. Hiergegen spricht auch nicht zwingend, daß dem Gutachten unter Umständen ein geringer Beweiswert zukommen kann, weil der Antragsteller ohne Hilfe durch das Gericht die Beweisfragen vorgibt oder wesentliche Unterlagen fehlen, zumal der Antragsteller in der Regel anwaltlich vertreten sein wird. Im übrigen hat das Gericht auch in einem solchen Verfahren eigene Möglichkeiten den Sachverhalt weiter aufzuklären und zu versuchen, die Parteien zu einer vergleichsweisen Einigung zu führen oder den Patienten zu veranlassen, von der Weiterverfolgung der Ansprüche abzusehen. Es kann hierzu den Sachverständigen zur Anhörung laden, zur Ergänzung des Gutachtens auffordern, ein weiteres Gutachten einholen oder die Parteien zur Erörterung laden (§§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3, § 412 Abs. 1 ZPO; § 492 Abs. 3 ZPO). Insofern stellt sich die Rechtslage nicht anders dar als beim Verfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO. Auch dort ist das Gericht an die Formulierung der Beweisfragen durch den Antragsteller gebunden (vgl. Musielak/Huber, aaO, Rdn. 7; Zöller/Herget, aaO, § 485 Rdn. 4). 3. Kann hiernach ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO auch bei Arzthaf-
tungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden, wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob im vorliegenden Fall die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung der Begutachtung nach § 485 Abs. 2 ZPO gegeben sind.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 51/02
vom
21. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens
nach § 485 Abs. 2 ZPO kann bei Arzthaftungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen
Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden.
BGH, Beschluß vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02 - OLG Köln
LG Aachen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter
Pauge, Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Juli 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 30.000,- Euro

Gründe:

I.

Die Antragstellerin verlangt materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen einer Funktionseinschränkung an ihrer rechten Hand nach einer Behandlung durch den Antragsgegner. Sie behauptet, es seien bei einem operativen Eingriff vom Antragsgegner behandlungsfehlerhaft Nerven durchtrennt worden. Der Haftpflichtversicherer des Antragsgegners erklärte sich auf die entsprechende Anfrage der Antragstellerin grundsätzlich mit der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens einverstanden, erbat aber im selben Schreiben Kopien von ärztlichen Befundberichten der nachbehandelnden Ärzte
oder Krankenhäuser und kündigte an, nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen unter Auswertung einer Stellungnahme des Versicherungsnehmers umgehend wieder auf die Angelegenheit zurückzukommen. Die Antragstellerin hat am 11. April 2002 beim Landgericht A. die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob die Nervenverletzung durch einen Behandlungsfehler des Antragsgegners verursacht worden sei, beantragt. Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt, weil eine Zustimmung des Antragsgegners fehle und die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise in Arzthaftungsstreitigkeiten ein selbständiges Beweisverfahren in Frage komme, nicht vorlägen. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Anordnung des selbständigen Beweisverfahrens weiter.

II.

1. Das Oberlandesgericht hat übereinstimmend mit dem Landgericht das Vorliegen einer Zustimmung des Antragsgegners zur Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO verneint. Es hat die Anordnung eines Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO abgelehnt, weil ein rechtliches Interesse an der beabsichtigten Feststellung nicht hinreichend dargelegt sei. Die vorprozessuale Beweissicherung komme in Arzthaftungssachen unabhängig von der Zustimmung des Antragsgegners nur bei drohendem Beweismittelverlust in Betracht. Im vorliegenden Fall habe aber die Antragstellerin selbst vorgetragen, daß bereits irreparable Dauerschäden eingetreten seien. Im übrigen komme die streitschlichtende Funktion, wie sie dem Gesetzgeber bei
der Fassung des § 485 Abs. 2 ZPO vorgeschwebt habe, in Arzthaftungsstreitigkeiten jedenfalls dann nicht zum Tragen, wenn nicht nur ein Behandlungsfehler streitig sei, sondern auch, ob und inwieweit dieser für die eingetretenen Gesundheitsschäden kausal geworden sei. Ein Beweissicherungsverfahren führe, wenn es - wie im vorliegenden Fall - erst mehrere Jahre nach einer als fehlerhaft angesehenen ärztlichen Behandlung und nach weitgehender Manifestation der gesundheitlichen Schäden durchgeführt werde, in der Regel nur zu weiteren Verzögerungen bei der abschließenden Klärung der Haftungsfragen. 2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Sie ist im übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde , daß das Beschwerdegericht in dem Schreiben des Haftpflichtversicherers des Antragsgegners vom 2. Oktober 2001 keine bindende Zustimmung zum konkreten Beweisverfahren gesehen hat. Anders als bei der Auslegung einer privatrechtlichen Willenserklärung ist, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, der Senat bei der Überprüfung einer verfahrensrechtlichen Erklärung, um die es sich bei der Zustimmung im Sinne des § 485 Abs. 1 ZPO handelt, zwar nicht eingeschränkt (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95 - NJW-RR 1996, 1210 f. und vom 30. Januar 1979 - VI ZR 45/78 - VersR 1979, 373 f.; BGH, Urteil vom 27. März 1996 - XII ZR 83/95 - NJW-RR 1996, 833 ff.; Zöller/Gummer ZPO, 23. Aufl., § 546 Rdn. 11). Das Beschwerdegericht hat aber im vorliegenden Fall aus dem Inhalt des Schreibens des Haftpflichtversicherers des Antragsgegners vom 2. Oktober 2001 den naheliegenden Schluß gezogen, daß die Zustimmung zu einer Beweissicherung nicht von vornherein versagt werden sollte, aber auch noch nicht bindend erteilt worden ist. Der Haftpflichtversicherer wollte zunächst in die eigene Sachprüfung ein-
treten. Das Beschwerdegericht mußte deshalb dem Antrag nicht schon nach § 485 Abs. 1 ZPO stattgeben.
b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, daß das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen hat, weil nach seiner Auffassung in Arzthaftungssachen grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an einer vorprozessualen Beweissicherung nicht bestehe. Die Frage ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. aa) Die ablehnende Meinung, die auch vom Beschwerdegericht vertreten wird, hält das selbständige Beweisverfahren in Arzthaftungssachen für nicht geeignet, einen Rechtsstreit zu vermeiden, wenn nicht nur das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern auch die Kausalität der fehlerhaften Behandlung für die eingetretenen Gesundheitsschäden und das Ausmaß der Schäden streitig seien. Es fehle dem Gericht die Möglichkeit, den Sachverhalt den besonderen Erfordernissen des Arzthaftungsprozesses entsprechend unter weitgehender Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes aufzuklären. Einer sachgerechten Beweiserhebung müsse eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung durch das Gericht vorhergehen. Da der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren die Beweisfragen vorgebe und der Gegner nur das Recht zur Stellung des Gegenantrages habe (vgl. BGH, Beschluß vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99 - NJW 2000, 960, 961), könne von Seiten des Gerichts nicht auf eine Präzisierung der Beweisfragen hingewirkt werden (vgl. OLG Köln, VersR 1998, 1420 f. = MDR 1998, 224 f.; OLG Nürnberg, MDR 1997, 501; Rehborn, MDR 1998, 16 ff.; Schinnenburg in MedR 2000, 185, 187 f. für die zahnärztliche Haftung

).

bb) Dagegen führen die Befürworter eines selbständigen Beweisverfahrens auch bei Arzthaftungsansprüchen an, daß der Wortlaut des § 485 Abs. 2
ZPO eine grundsätzliche Ausklammerung der Arzthaftungssachen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift nicht zulasse. Das rechtliche Interesse als Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 485 Abs. 2 ZPO sei generell weit auszulegen (so MünchKomm/Schreiber, ZPO, 2. Aufl., § 485 Rdn. 13; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 485 Rdn. 7; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 485 Rdn. 13; Zöller/Herget, aaO, § 485 Rdn. 7a m.w.N.). Auch wenn sich das Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen häufig als unzureichend oder gar unerheblich erweise, sei das Risiko, daß das Gutachten auf einer ungesicherten tatsächlichen Grundlage erstattet werde, vom Antragsteller zu tragen und über die Kostenfolge des § 96 ZPO zu regeln. Dem Patienten stehe zwar auch das außergerichtliche Schlichtungsverfahren vor den Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern zur Verfügung. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, daß dieses den Vorrang habe und das selbständige Beweisverfahren verdränge (vgl. OLG Koblenz, MDR 2002, 352 f.; OLG Saarbrücken, VersR 2000, 891 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2000, 3438 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1999, 887 f.; OLG Düsseldorf, MDR 1998, 1241 f.; OLG Stuttgart, NJW 1999, 874 f.; OLG Schleswig, OLGR 2001, 279 f; Mohr in MedR 1996, 454 f.; Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rdn. 232; Stegers, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, Bd. 3, 2001, 11 ff.; befürwortend für Indikationsbewertungen bei zahnprothetischen Leistungen Rinke/Balser in MedR 1999, 398 ff.). cc) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Wortlaut des § 485 Abs. 2 ZPO läßt eine Ausnahme für Ansprüche aus dem Arzthaftungsrecht nicht zu. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts sind nicht gegeben. Weder die Entstehungsgeschichte des § 485 Abs. 2 ZPO noch sein Sinn und Zweck oder der Gesamtzusammenhang mit der Regelung in § 485 Abs. 1 ZPO sprechen gegen eine generelle Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens bei Arzthaftungsansprüchen.
In der Begründung des Entwurfs für das Rechtspflegevereinfachungsgesetz (BT-Drucks. 11/3621 vom 1. Dezember 1988, S. 23) heißt es: "Insbesondere, wenn der Streit der Parteien nur von der Entscheidung tatsächlicher Fragen abhängt, wird die vor- oder außergerichtliche Beweisaufnahme als zweckmäßig angesehen. U.a. für Bauprozesse (Punktesachen), Kraftfahrzeug- und Arzthaftungsprozesse wird angenommen , daß die gesonderte Begutachtung durch einen Sachverständigen häufig zu einer die Parteien zufriedenstellenden Klärung und damit eher zum Vergleich als in einen Prozeß führen würde. (...). Der Entwurf (...) schlägt vor, das bisherige Beweissicherungsverfahren zu erweitern und auf den Sicherungszweck für das schriftliche Sachverständigengutachten ganz, im Übrigen bei Zustimmung des Gegners zu verzichten. Das Verfahren der §§ 485 ff. ZPO wird als selbständiges Beweisverfahren bezeichnet." Schon diese Erwägung des Gesetzgebers legt eine Zulässigkeit des Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO nahe. Im übrigen sind dessen Ziele bei Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Sachaufklärung und zur vorprozessualen Einigung zwischen den Parteien grundsätzlich auch in Arzthaftungssachen zu erreichen. Sinn und Zweck der vorprozessualen Beweissicherung nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es nämlich, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer raschen und kostensparenden Einigung zu bringen (vgl. Zöller/Herget, aaO, vor § 485 Rdnr. 2; Reichold in Thomas/Putzo, aaO, Vorbem. vor § 485 Rdnr. 2; Musielak/Huber, aaO, § 485 Rdnr. 2). Der Senat verkennt nicht, daß sich das selbständige Beweisverfahren bei der Verletzung einer Person, um die es regelmäßig in Arzthaftungsverfahren geht, darauf beschränkt, den Zustand
dieser Person, die hierfür maßgeblichen Gründe und die Wege zur Beseitigung des Schadens festzustellen (§ 485 Abs. 2 ZPO). Deshalb ist es zwar richtig, daß sich mit den möglichen tatsächlichen Feststellungen ein Arzthaftpflichtprozeß häufig nicht entscheiden lassen wird, weil damit noch nicht die rechtlichen Fragen des Verschuldens des Arztes und der Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden geklärt sind. In der Rechtspraxis wird sich jedoch bei Feststellung des Gesundheitsschadens und der hierfür maßgeblichen Gründe nicht selten erkennen lassen, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Deshalb kann die vorprozessuale Klärung eines Gesundheitsschadens und seiner Gründe durchaus prozeßökonomisch sein. Hiergegen spricht auch nicht zwingend, daß dem Gutachten unter Umständen ein geringer Beweiswert zukommen kann, weil der Antragsteller ohne Hilfe durch das Gericht die Beweisfragen vorgibt oder wesentliche Unterlagen fehlen, zumal der Antragsteller in der Regel anwaltlich vertreten sein wird. Im übrigen hat das Gericht auch in einem solchen Verfahren eigene Möglichkeiten den Sachverhalt weiter aufzuklären und zu versuchen, die Parteien zu einer vergleichsweisen Einigung zu führen oder den Patienten zu veranlassen, von der Weiterverfolgung der Ansprüche abzusehen. Es kann hierzu den Sachverständigen zur Anhörung laden, zur Ergänzung des Gutachtens auffordern, ein weiteres Gutachten einholen oder die Parteien zur Erörterung laden (§§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3, § 412 Abs. 1 ZPO; § 492 Abs. 3 ZPO). Insofern stellt sich die Rechtslage nicht anders dar als beim Verfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO. Auch dort ist das Gericht an die Formulierung der Beweisfragen durch den Antragsteller gebunden (vgl. Musielak/Huber, aaO, Rdn. 7; Zöller/Herget, aaO, § 485 Rdn. 4). 3. Kann hiernach ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO auch bei Arzthaf-
tungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden, wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob im vorliegenden Fall die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung der Begutachtung nach § 485 Abs. 2 ZPO gegeben sind.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.