Oberlandesgericht Köln Beschluss, 01. Aug. 2016 - 5 W 18/16
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 10.3.2016 (9 OH 14/15) wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde gegen den Beschluss der Kammer, die der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes selbständiges Beweisverfahren versagt hat, durch das sie den Beweis für einen standardwidrigen ärztlichen Eingriff an der Wirbelsäule und einen dadurch bewirkten Gesundheitsschaden führen möchte, ist zulässig, im Ergebnis jedoch nicht begründet.
31.
4Prozesskostenhilfe kann nach ganz herrschender Meinung, insbesondere der weit überwiegenden Rechtsprechung (OLG Köln MDR 2010, 169; OLG Naumburg MDR 2010, 403; OLG Stuttgart MDR 2010, 169; OLG Saarbrücken, MDR 2003, 1436; OLG Oldenburg MDR 2002, 910; OLG Hamm FamRZ 2000, 1023 u.v.a.m.; Zöller-Geimer § 114 Rn. 2 und Rn. 42 m.w.N.), grundsätzlich auch für ein selbständiges Beweisverfahren bewilligt werden. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist stattzugeben, wenn dem Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens voraussichtlich stattzugeben ist (OLG Saarbrücken MDR 2003, 1436). Der Antragsteller muss dabei nicht darlegen, warum er nicht sofort Klage erhebt oder ob und wann er Klage erheben will (LG Stade MDR 2004, 469) und es ist auch nicht von Bedeutung, ob die später beabsichtigte Klage im Hauptverfahren aussichtsreich ist (OLG Stuttgart MDR 2010, 169).
52.
6Es ist auch nicht generell mutwillig, wenn ein Patient, der aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, die Prozesskosten ganz oder teilweise selbst aufzubringen, zunächst den Weg eines selbständigen Beweisverfahrens beschreitet. Mutwilligkeit liegt vor, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs.2 ZPO). Wie der BGH durch Beschluss vom 24.9.2013 (- VI ZB 12/13 – BGHZ 198, 237 ff.) im Rahmen einer Grundsatzentscheidung und in Fortentwicklung seiner Entscheidung vom 21.1.2003 (-VI ZB 51/02 – BGHZ 153, 302 ff) eindeutig entschieden hat, kommt im Arzthaftungsverfahren eine Klärung von haftungsrechtlich maßgeblichen Gründen durch einen Sachverständigen im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens immer in Betracht, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Dies gilt selbst dann, wenn für eine abschließende Klärung weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen. Es gilt auch dann, wenn der Antragsgegner deutlich macht, sich den Feststellungen eines Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren nicht beugen zu wollen, also von seiner Seite aus ein Rechtsstreit unvermeidlich sein wird. Es gilt schließlich sogar im Hinblick auf Beweisfragen, die – wie die Frage, ob ein Behandlungsfehler als grob einzustufen wäre – letztlich richterlicher Wertung unterliegen. Damit hat der BGH die zuvor in den Instanzgerichten stark umstrittene Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungsstreitigkeiten im Sinne einer denkbar weiten Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens geklärt (vgl. hierzu etwa Katzenmeier, LMK 2014, 66 ff.; Laumen, MedR 2015, 12 ff.). Dem zugrunde liegt die Erwägung, dass einer Klärung der haftungsrechtlich maßgeblichen Gründe im vorprozessualen Bereich grundsätzlich eine prozessvermeidende Zielrichtung und damit eine prozessökonomische Vorgehensweise zukommt: Der Antragsteller gewinnt durch die sachverständige Klärung der in aller Regel maßgeblichen tatsächlichen medizinischen Fragen Klarheit, ob er an seinen Ansprüchen festhalten oder sie nicht weiter verfolgen will, und der Antragsgegner hat eine qualitativ erheblich bessere Basis zu entscheiden, ob er sich auf einen Rechtsstreit einlassen und insbesondere ihm ungünstige sachverständige Auffassungen weiter bekämpfen will oder nicht (BGHZ 198, 237 ff; Rn 18-20). Ein Prozesskostenhilfegesuch hinsichtlich eines selbständigen Beweisverfahrens mit dem Merkmal der Mutwilligkeit generell zu verneinen wäre damit nichts anderes als das selbständige Beweisverfahren generell wegen fehlenden rechtlichen Interesses für unzulässig zu halten. Dem ist der Bundesgerichtshof mit den zitierten Entscheidungen entgegen getreten und dem ist die Rechtsprechung – soweit ersichtlich – allgemein gefolgt. Wenn das oberste deutsche Zivilgericht ein selbständiges Beweisverfahren für eine grundsätzlich auf Prozessvermeidung gerichtete sinnvolle Vorgehensweise ansieht, ist es nicht möglich, einer Partei, die sich dem anschließt, aus grundsätzlichen Erwägungen Mutwilligkeit zu unterstellen.
7Die Erfahrung zeigt auch, dass vorprozessuale Verfahren im Arzthaftungsbereich, die der Klärung tatsächlicher Fragen dienen, durchaus prozessvermeidend wirken können und dies in erheblichem Umfang auch tun. Dies gilt namentlich für die Verfahren vor den Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen, die in ganz erheblichem Maße Befriedungsfunktion entwickeln und Prozesse in großer Zahl vermeiden, wofür entsprechendes Zahlenmaterial (etwa in den im Internet veröffentlichten Jahresberichten der Gutachterkommissionen) zur Verfügung steht. Erkenntnisse, dass dies in dem – im Hinblick auf die Qualität und Neutralität der sachverständigen Beurteilung von Behandlungsfehler- und Kausalitätsfragen vergleichbaren - selbständigen Beweisverfahren generell anders zu bewerten sei, liegen dem Senat nicht vor und zeigt auch die Kammer nicht konkret auf. Es fehlt offensichtlich an Untersuchungen, welche Beweisverfahren zu einer endgültigen Befriedung führen, in welchen Fällen es gleichwohl zu einem anschließenden Rechtsstreit gekommen ist und in welchem Maße sich die Erkenntnisse des Beweisverfahrens als für den Rechtsstreit entweder wichtig und hilfreich oder - umgekehrt - unnütz erwiesen haben. Insofern ist den pauschalen Äußerungen der Kammer nicht zuzustimmen, wonach die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens aus wirtschaftlicher Sicht „regelmäßig“ nicht sinnvoll sei, dass „in aller Regel“ das im Beweisverfahren eingeholte Gutachten gar nicht oder nur in Teilen brauchbar sei, dass es „regelmäßig“ zu weiterer sachverständiger Beweiserhebung komme. Der Richter sieht allenfalls im Einzelfall, ob dies so ist, nämlich wenn es zum Rechtsstreit kommt. Er sieht „im Regelfall“ aber schon nicht, ob ein Beweisverfahren einen Rechtsstreit vermieden hat. Wenig überzeugend ist in diesem Zusammenhang auch die vermeintliche Erkenntnis, dass „kammerbekannt“ die Haftpflichtversicherer von Ärzten und Krankenhausträgern frühestens bereit seien, einen Vergleich nach einem im Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachten abzuschließen. Dem Senat liegen jedenfalls keinerlei belastbare Erkenntnisse vor, dass Haftpflichtversicherer generell auf (gerichtliche!) Gutachten im Rahmen von Beweisverfahren mit mangelnder Vergleichsbereitschaft reagieren würden.
8Ob im Einzelfall Konstellationen denkbar sind, bei denen Mutwilligkeit im Sinne von § 114 Abs.2 ZPO anzunehmen ist, obwohl die Voraussetzungen für den Erlass eines beantragten Beweisbeschlusses ansonsten vollständig gegeben sind, insbesondere im Falle des § 485 Abs.2 ZPO auch das stets zu fordernde rechtliche Interesse, bedarf keiner Entscheidung. Die angegriffene Entscheidung der Kammer ist ausschließlich auf die vermeintliche generelle Ungeeignetheit des Verfahrens gestützt. Es sind auch seitens des Senates keine fallbezogenen Gründe ersichtlich, die ausnahmsweise die Mutwilligkeit begründen würden.
93.
10Gleichwohl hat die Kammer im vorliegenden Fall Prozesskostenhilfe für die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens im Ergebnis zu Recht verneint. Dem Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens wäre nicht stattzugeben, weil die im beabsichtigten Einleitungsantrag zu bezeichnenden Beweistatsachen die notwendige Substanziierung vermissen lassen.
11Nach § 487 Nr. 2 ZPO hat der Antragsteller im Beweisverfahren die Tatsachen zu bezeichnen, über die Beweis erhoben werden soll, denn dies bestimmt den Umfang der Beweisergebnisse, die nach § 493 ZPO bei einem eventuellen Prozessverfahren verwertet werden sollen. Auch wenn schon wegen des Charakters des Beweisverfahrens im allgemeinen, erst recht aber im Bereich des Arzthaftungsrechtes, die Substanziierungsanforderungen niedrig anzusetzen sind, ist jedenfalls ein Minimum an Substanziierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern (BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15 -; zitiert nach juris KORE309322015). Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und nur so hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit (BGH aaO, Rn. 9 m.w.N.). Daher sind die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht hinreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH aaO, Rn. 10).
12So liegt der Fall hier. Der Antrag umfasst 15 Beweisfragen, teilweise mit Unterfragen. Keine dieser Fragen weist einen hinreichend konkreten Bezug zum Fall auf. Frage 1 geht in denkbar allgemeiner Form dahin, ob es nach der streitgegenständlichen Behandlung zu einer Gesundheitsschädigung gekommen sei, wobei Bezug genommen wird auf beigefügte Anlagen. Frage 2 bezieht sich in gänzlich allgemeiner Form auf „Anhaltspunkte“, ob bei der „medizinischen Behandlung bzw. stationären Pflege in nicht vertretbarer Weise vom fachärztlichen Standard abgewichen worden sei, insbesondere auch unter Würdigung der Anlagen 2 bis 5“. Frage 3 geht in noch allgemeinerer Form dahin, ob Anhaltspunkte für irgendwelche Befunderhebungsfehler gegeben seien, Frage 4 dahin, ob „bei der gebotenen Abklärung der Symptome“ eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen reaktionspflichtigen Befund anzunehmen sei. Frage 5 bezieht sich in allgemeiner Form darauf, ob ein grober Behandlungsfehler vorliege. Frage 6 verhält sich in allgemeiner Form dazu, wie sich ein „vorsichtiger Arzt bzw. Facharzt“ hätte verhalten sollen, Frage 7 fragt allgemein danach, ob „die Behandlung“ indiziert, Frage 8, ob „die Behandlung“ dringlich gewesen sei. Bei Frage 9 geht es allgemein darum, ob eine Standardmethode oder eine Außenseitermethode angewandt worden sei. Die Fragen 10 bis 13 verhalten sich allgemein zur Aufklärung und haben die für die (allgemeine) Behandlung gegebenen allgemeinen Risiken, die Misserfolgsrisiken, die Erfolgsaussichten, die Behandlungsalternativen zum Gegenstand und – quasi zusammenfassend – die Frage, ob die dokumentierte Aufklärung diese Kriterien erschöpfend und zutreffend wiedergebe. Die letzten Fragen befassen sich in allgemeiner Form mit Kausalitätserwägungen und fragen allgemein, ob ein Zusammenhang zwischen den Regeln ärztlicher Kunst gegeben sei, ob mit einer Besserung zu rechnen sei oder ob eine irreversible Schädigung vorliege.
13Mit Ausnahme der beiden ersten Fragen, die immerhin noch auf Anlagen Bezug nehmen, weisen sämtliche Fragen keinerlei individuellen Bezug zum vorliegenden Fall auf. Der Fragenkatalog ist schlicht ein Formular, das als Folie für jedweden Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens dient. Dass es sich tatsächlich um ein vorgefertigtes Formular handelt, das mit dem vorliegenden konkreten Fall nichts zu tun hat, beweist die Fülle der seitens der Antragstellerin vorgelegten und seitens ihrer Bevollmächtigten bei anderen Gerichten wegen anderer Patienten und anderer Sachverhalte eingereichten Anträge, die allesamt wortgleich sind und allesamt keine nähere Konkretisierung enthalten. Ein solcher Fragenkatalog ist kein zulässiger Beweisantrag. Es kann allenfalls als abstraktes Gliederungsschema und als Merkzettel für den Rechtsanwalt dienen, nicht aber als fallbezogener Antrag.
14Daran ändert nichts, dass die Antragstellerin in den Fragen 1 und 2 Bezug genommen hat auf beigefügte Anlagen. Bei diesen in Bezug genommenen Anlagen PKH2 bis PKH5 handelt es sich um einen Bericht der Antragstellerin selbst zum Behandlungsverlauf, um einen von der Antragstellerin ausgefüllten Schmerzfragebogen sowie um insgesamt 54 fotokopierte Seiten von Behandlungsunterlagen unterschiedlicher Behandler. Der Senat hat diese Unterlagen zur Kenntnis genommen. Aus ihnen ergibt sich nicht, was genau Gegenstand der Beweisaufnahme sein soll. Vielmehr kann der Verweis auf die Anlagen nur dahin verstanden werden, dass das angegangene Gericht oder jedenfalls der beauftragte Sachverständige aufgefordert ist, sich aus den Anlagen die erfragten Ansatzpunkte für ein Fehlverhalten der betroffenen Mediziner selbst herauszusuchen. Das gilt schon für den in laienhafter Weise und nicht auf einen bestimmten Behandlungsfehlervorwurf konzentrierten Bericht der Antragstellerin selbst. Aus ihm ist nur zu entnehmen, dass sich die Antragstellerin wegen eines Bandscheibenvorfalls einer Operation beim Antragsgegner unterzogen hat und dass sie nach der Operation weiter Schmerzen beklagte, ferner, dass es Monate später eine Korrekturoperation bei einem anderen Behandler gegeben habe. Was die Antragstellerin dem Antragsgegner konkret vorwerfen will, wird nicht hinreichend deutlich. Wenn der Senat die Ausführungen der Antragstellerin richtig versteht, vermutet die Antragstellerin einen „falschen Schnitt“, möglicherweise, dass der Antragsgegner in einem falschen Fach operiert habe, was der Antragsgegner nach eigenen Angaben der Antragstellerin allerdings bestreitet und wofür offensichtlich nach den Unterlagen der Nachbehandler auch keine tragfähigen Anhaltspunkte bestehen. Insgesamt bleibt es dabei, dass anhand eines solchen „Patientenberichtes“ in Verbindung mit einem allumfassenden, denkbar allgemein gehaltenen Fragenkatalog sich das Gericht oder der Sachverständige das eventuell in Betracht kommende Fehlverhalten selbst heraussuchen sollen. Dies gilt in besonderer Weise für die ungeordneten und in keiner Weise ausgewerteten Behandlungsunterlagen. Es handelt sich um einen Fall von Ausforschung, nämlich darum, dass im Wege der Beweisaufnahme die klärungsbedürftigen Punkte erst herauszufinden sind. Das aber ist im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens in gleicher Weise unzulässig wie im etwaigen späteren Zivilprozess.
15Daran ändert wiederum auch nichts, dass im Arzthaftungsprozess an die Substanziierungspflicht des Patienten nur maßvolle Anforderungen zu stellen sind, wie allgemein anerkannt ist (grundlegend BGH, Urteil vom 19.5.1981, VersR 1981, 752, std. Rspr., etwa Urt. vom 8.7.2008, VersR 2008, 1265 ff.) und es auch ständiger Rechtsprechung des Senates entspricht. Erforderlich ist danach aber jedenfalls eine Schilderung des Behandlungsablaufs, der Angabe dass die Behandlung misslungen sei, der Angabe, worin das Misslingen bestehe, und die Mitteilung der Verdachtsgründe, die eine vorwerfbare Fehlbehandlung wenigstens plausibel erscheinen lassen (BGH aaO; Senat, Urt. v. 27.5.2002, OLGR 2003, 8). Für das Beweisverfahren, wo es nicht darum geht, einen ungefähren Eindruck vom Geschehenen zu erhalten, sondern darum, Beweisergebnisse zu erzielen, die grundsätzlich in einem Zivilprozess verwertbar sind, bedeutet das, dass sich die Beweisfrage auf einen konkreten Behandlungsschritt bzw. eine konkrete Maßnahme beziehen muss, die Frage nach Kausalzusammenhängen auf einen konkrete Maßnahme und einen daraus resultierenden konkreten Schaden. Dass es sich dabei um Vermutungen des Antragstellers handelt, liegt in der Natur der Sache und hindert dieses notwendige Minimum an Konkretisierung und Substanziierung nicht. Es geht auch nicht darum, dem Antragsteller medizinische Fachkenntnisse abzuverlangen, die er nicht haben und sich auch nicht vorab beschaffen muss. Aber die Verbindung zwischen (Beweis-)Frage und der Anknüpfungstatsache muss der Antragsteller herstellen, nicht das Gericht und erst recht nicht der Sachverständige.
16Auch die Begründung zum Antragsentwurf im Schriftsatz vom 23.12.2015 führt zu keinem anderen Ergebnis. Dabei lässt der Senat offen, inwieweit eine Beweisfrage unter (zumindest konkludenter) Bezugnahme auf eine entsprechende Begründung im selben Schriftsatz, die der weiteren Konkretisierung der Beweisfrage dient, grundsätzlich zu akzeptieren ist. Denn eine weitere Konkretisierung einer bereits aus sich heraus wenigstens einigermaßen konkreten Beweisfrage stellt die außerordentlich knapp und dürftig gehaltene Schilderung des dem Antrag zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes eindeutig nicht dar. Von dem Antragsschriftsatz, der insgesamt dreizehneinhalb Seiten umfasst, findet sich lediglich auf Seite 2 Mitte der Hinweis, dass es „im Kern“ darum gehe, dass der Antragsgegner ein Belegarzt sei, dass er einen OP-Termin auf den 19.11.2011 festgesetzt habe, dass an diesem Tag die Antragsgegnerin von ihm nicht lege artis operiert worden sei, die OP-Dauer 3 Stunden betragen habe, dass bei L4/5 habe operiert werden müssen, dies grob fehlerhaft nicht geschehen sei, und dass er vor dem Schnitt eine Röntgenbildlokalisierung, ggf. andere Befundungen, habe einholen müssen. Das alles erschöpft sich in drei kurzen Sätzen; die Tatsachen, die Gegenstand der Beweisaufnahme sein sollen, finden sich in einem einzigen Satz. Aus dieser „Konkretisierung“ ist nicht einmal ansatzweise ersichtlich, worum es bei der Operation überhaupt ging bzw. gehen sollte. Alle übrigen Ausführungen im Schriftsatz sind - soweit es nicht die Formulierung der abstrakten Beweisfragen betrifft – reine abstrakte Rechtsausführungen, nämlich eine Ansammlung von medizin-rechtlichen Zitaten aus Gerichtsurteilen, Kommentaren und medizin-rechtlichen Handbüchern, die ein buntes Spektrum medizin-rechtlicher Fragen abdecken, aber nichts mit dem konkreten Fall zu tun haben. Für die nachfolgenden Schriftsätze gilt dies zu 100%. Sie enthalten ausschließlich abstrakte rechtliche Ausführungen mittlerer Art und Güte, aber keinen noch so bescheidenen Bezug zum konkreten Fall.
174.
18Soweit die Antragstellerin im Rahmen der Beschwerdeschrift vom 13.4.2016 vorsorglich Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines streitigen Verfahrens beantragt hat, ist dem durch die Kammer zu Recht nicht entsprochen worden. Da nicht einmal ein konkretes Klagebegehren den Schriftsätzen der Antragstellerin zu entnehmen ist, fehlt es – über die obigen Bedenken hinaus, die hier entsprechend gelten – schon deshalb an jeglicher Überprüfungsmöglichkeit der Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Klage.
195.
20Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Dies gilt, soweit Fragen hinreichender Konkretisierung der Beweisfragen betroffen sind, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15 -, aaO.
21Streitwert: 35.000.- €.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 01. Aug. 2016 - 5 W 18/16
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Der Antragsteller begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung einer am 25. November 2009 im Klinikum der Antragsgegnerin gelegten PEG-Sonde und deren anschließender Belassung bis zum 15. Dezember 2009. Der Antragsteller hielt sich vom 20. November bis 15. Dezember 2009 in der Einrichtung der Antragsgegnerin zur stationären Behandlung nach einer Herzoperation und Rehabilitation auf. Nachdem er anfänglich mittels einer durch die Nase geführten Sonde ernährt und künstlich beatmet worden war, wurde ihm am 25. November 2009 eine PEG-Sonde gelegt. Nach stetiger Verschlechterung seines Zustandes wurde er am 16. Dezember 2009 in einer Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie notoperiert. Aus dem Operationsbericht ergibt sich, dass es infolge der PEG-Sonde zu einer Magenperforation gekommen war. Nach Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor der zuständigen Landesärztekammer beantragte der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Klärung folgender Fragen einzuholen,
- 2
- 1. ob die am 25.11.2009 von der Antragsgegnerin durch ihre Mitarbeiter vorgenommene Verlegung einer PEG-Sonde in den Körper des Antragstellers medizinisch indiziert war oder nicht, insbesondere ob Kontraindikationen beim Antragsteller vorlagen,
- 3
- 2. ob die zu 1. erwähnte Verlegung der PEG-Sonde objektiv fehlerhaft erfolgte ,
- 4
- bejahendenfalls:
- 5
- worin der oder die Fehler bestanden,
- 6
- 3. ob eine zu Ziffer 2 festgestellte etwaige Fehlerhaftigkeit der Sondenverlegung durch einen Behandlungsfehler der Antragsgegnerin verursacht worden ist,
- 7
- hilfsweise für den Fall fehlender Aufklärbarkeit:
- 8
- ob die Verlegung einer PEG-Sonde zur Ernährung dergestalt, dass - wie dies beim Antragsteller geschehen ist - große Mengen Sondennahrung frei in den Bauchraum gelangen, ohne das Walten eines oder mehrerer Behandlungsfehler überhaupt möglich oder denkbar ist,
- 9
- 4. ob das Verstreichen eines Zeitraums vom 25.11.2009 bis zum 25.12.2009, in dem die PEG-Sonde im Bauchraum des Antragstellers lag anstatt im Magen, ohne dass dies von der Antragsgegnerin festgestellt worden wäre, die Folge von Behandlungsfehlern ist, ob also eine unzureichende Verlaufsbeobachtung erfolgt ist,
- 10
- bejahendenfalls,
- 11
- wann der Sachverhalt hätte festgestellt werden müssen,
- 12
- 5. ob zu Ziffer 2 oder 4 festgestellte etwaige Behandlungsfehler in einer Art und Weise gegen ärztliche Behandlungsregeln verstoßen haben und mit Fehlern verbunden waren, die aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheinen und dem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfen.
- 13
- Die Antragsgegnerin ist der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens entgegengetreten und hat angekündigt, unabhängig von dessen Ausgang einen Behandlungsfehlervorwurf in keinem Fall anerkennen zu wollen.
- 14
- Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der sofortigen Beschwerde des Antragstellers hat es nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat sie zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
II.
- 15
- Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
- 16
- 1. Das Oberlandesgericht hat übereinstimmend mit dem Landgericht die Durchführung einer Beweisaufnahme nach § 485 Abs. 2 ZPO abgelehnt, weil ein rechtliches Interesse an der beantragten Begutachtung nicht hinreichend dargelegt sei. Die vom Antragsteller formulierten Beweisfragen zielten weder auf die Feststellung seines Gesundheitszustandes (§ 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch auf die Ursache eines Personenschadens (§ 485 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO), sondern auf die Feststellung der Verantwortlichkeit für die während des Aufenthalts im Klinikum der Antragsgegnerin beim Antragsteller eingetretene Magenperforation und damit auf die Feststellung eines Behandlungsfehlers ab. Ob die Ursache durch einen Fehler der behandelnden Ärzte gesetzt wurde oder diese anders hätten handeln müssen, sei als Wertung zum Verschulden von der Ursächlichkeit zu trennen. Wertungen seien ebenso wenig zu klären wie Fragen zum richtigen Verhalten der Ärzte der Antragsgegnerin, denn der medizinische Sorgfaltsmaßstab sei nicht Gegenstand der Beweiserhebung nach § 485 Abs. 2 ZPO. Erst recht gelte dies für die zu Nr. 5 des Antragsschriftsatzes gestellte Frage, ob ein Behandlungsfehler als "grob" zu bezeichnen sei. Hierbei handle es sich nämlich im Kern um eine juristische Bewertung, die zwar an vom medizinischen Sachverständigen ermittelte Tatsachen anknüpfe, jedoch nicht dem Sachverständigen überlassen werden dürfe. Die formulierten Beweisfragen und die Begründung der Antragsschrift zielten auf eine umfassende Klärung , ob und auf welche Weise der Antragsteller fehlerhaft behandelt worden sei. Das seien Fragen, die mit Feststellungen zum Zustand einer Person und der Ursache eines Personenschadens allenfalls am Rande etwas zu tun hätten und weit über das hinaus zielten, was mit einem selbständigen Beweisverfahren geklärt werden könne.
- 17
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Sie ist im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
- 18
- Die Rechtsbeschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen hat, weil in Arzthaftungssachen grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an einer vorprozessualen Beweissicherung hinsichtlich der Feststellung eines Behandlungsfehlers nicht bestehe. Ein rechtliches Interesse ist bereits dann nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, auch wenn möglicherweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302 ff.). Diese Voraussetzung liegt hier vor.
- 19
- a) Allerdings hat das Berufungsgericht zutreffend ein rechtliches Interesse des Antragstellers nicht schon deshalb verneint, weil die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung auf die Antragsschrift bereits angekündigt hat, sie werde unabhängig vom Ergebnis der Begutachtung in einem Beweisverfahren ihre Einstandspflicht in keinem Fall anerkennen. Ungeachtet dessen bleibt das rechtliche Interesse bestehen, wenn die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Übrigen vorliegen. Dass die Behandlungsseite ihren Rechtsstandpunkt nicht ändert, ist ein Risiko, das der Antragsteller, ebenso wie die Kostenfolge des § 96 ZPO, trägt.
- 20
- b) Dass die Feststellung der für dieMagenperforation und deren Folgen maßgeblichen Gründe ergeben kann, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist, hindert - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - jedoch nicht die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens. Sinn und Zweck der vorprozessualen Beweissicherung nach § 485 Abs. 2 ZPO ist es, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer raschen und kostensparenden Einigung zu bringen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302, 307 mwN). Die vorprozessuale Klärung der haftungsrechtlich maßgeblichen Gründe für den Gesundheitsschaden des Antragstellers kann durchaus prozessökonomisch sein. Offensichtlich strebt der Antragsteller die Klärung an, um dann zu entscheiden, ob er Ansprüche weiterverfolgt oder davon absieht. Mithin hat er die Streitvermeidung im Auge.
- 21
- Dem läuft nicht entgegen, dass sich mit den möglichen tatsächlichen Feststellungen der Arzthaftpflichtprozess unter Umständen nicht entscheiden lassen wird, weil damit noch nicht die rechtlichen Fragen des Verschuldens des Arztes und der Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden geklärt sind. Obwohl für die Haftung des Arztes eine Abweichung von dem gebotenen medizinischen Standard nicht genügt, wird in der Rechtspraxis bei Feststellung des Gesundheitsschadens und der hierfür maßgeblichen Gründe nicht selten erkennbar, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Deshalb kann die vorprozessuale Klärung des Gesundheitsschadens und seiner Gründe durchaus prozessökonomisch sein. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Frage, ob der Fehler von den behandelnden Ärzten schuldhaft begangen worden ist, aufgrund einer tatrichterlichen Bewertung zu beantworten ist. Die Beurteilung des ärztlichen Verschuldens ist wegen des im Zivilrecht maßgebenden objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs mit der Feststellung eines Behandlungsfehlers streng verbunden. Stellt sich eine Behandlungsentscheidung als Verstoß gegen den medizinischen Standard dar, fällt dem behandelnden Arzt regelmäßig auch ein objektiver Sorgfaltsverstoß zur Last.
- 22
- Auch die in Nr. 5 des Antragsschriftsatzes formulierte Frage, ob aufgrund der vorausgehenden Fragen festgestellte etwaige Behandlungsfehler in einer Art und Weise gegen ärztliche Behandlungsregeln verstoßen haben und mit Fehlern verbunden waren, die aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheinen und ihrer Art nach einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dür- fen, ist im selbständigen Beweisverfahren nicht ausgeschlossen. Zwar handelt es sich bei der vom Tatrichter vorzunehmenden Bewertung einer medizinischen Behandlung als grob fehlerhaft um eine juristische Beurteilung. Jedoch bedarf diese einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage in den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01, VersR 2002, 1026, 1027). Sie muss in vollem Umfang durch die vom ärztlichen Sachverständigen mitgeteilten Fakten getragen werden und sich auf die medizinische Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen stützen können. Es ist dem Tatrichter nicht gestattet, ohne entsprechende Darlegungen oder gar entgegen den medizinischen Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen einen groben Behandlungsfehler auf Grund eigener Wertung zu bejahen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01, aaO, 1027 f., mwN). Werden die für den Gesundheitsschaden des Antragstellers maßgeblichen Gründe festgestellt, wird aufgrund der Beurteilung des Behandlungsgeschehens durch den medizinischen Sachverständigen nicht auszuschließen sein, dass auch erkannt wird, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Wäre in der Einrichtung der Antragsgegnerin ein Fehler begangen worden, der nach der Bewertung des ärztlichen Sachverständigen aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erschiene, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfte, käme, obwohl Fragen der Beweislastverteilung nicht im selbständigen Beweisverfahren zu klären sind, die Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden des Antragstellers und dem im Raum stehenden Fehler bei der Verlegung der PEG-Sonde in Betracht. Diese wirkt sich regelmäßig maßgeblich auf den Ausgang eines Prozesses aus und vermag dadurch die Entscheidung zur Klageerhebung zu beeinflussen.
- 23
- 3. Die Entscheidungen beider Vorinstanzen können danach keinen Bestand haben. Der Senat macht von der ihm durch § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO ein- geräumten Befugnis, in der Sache zu entscheiden, insoweit Gebrauch, als er die Anordnung trifft, dass die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen ist. Die weiteren erforderlichen Maßnahmen werden gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht als dem Gericht des ersten Rechtszugs übertragen. Galke Zoll Diederichsen Pauge Stöhr
LG Dresden, Entscheidung vom 01.11.2012 - 6 OH 178/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.03.2013 - 4 W 243/13 -
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.
(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass
- 1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache, - 2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels, - 3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.
Der Antrag muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Gegners; - 2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll; - 3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel; - 4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.
(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.
(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragstellerin begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung von elf im Zeitraum vom 15. September 2009 bis 7. März 2013 durchgeführten Operationen ihres rechten Knies. Zu jeder dieser elf Operationen stellt sie die folgenden Fragen: 1. a) War die Operation indiziert? Wenn ja, welche Indikation lag der Operation zugrunde? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
b) Gab es andere Möglichkeiten der Therapie, konnte die Operation vermieden werden? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
c) Über welche Behandlungsmöglichkeiten ist aufzuklären? Ist über diese Behandlungsmöglichkeit aufgeklärt worden; wenn ja, wie? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
d) Über welche Risiken ist aufzuklären? Ist über diese Risiken aufgeklärt worden; wenn ja, wie? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
e) Welche Diagnostik ist erforderlich, um die Indikation/Diagnose abzuklären ? Welche Diagnostik ist durchgeführt/unterlassen worden? Sind Röntgenaufnahmen erforderlich; sind diese ausreichend? Ist die durchgeführte Diagnostik ausreichend, insbesondere hinsichtlich der gewählten Technik und der Qualität der Aufnahmen? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
f) Welche Diagnostik ist erforderlich, um die Operation vorzubereiten/ durchführen zu können? Welche Diagnostik ist durchgeführt/unterlassen worden? Sind Röntgenaufnahmen erforderlich; sind diese ausreichend? Ist die durchgeführte Diagnostik ausreichend, insbesondere hinsichtlich der gewählten Technik und der Qualität der Aufnahmen? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
g) War abzusehen, dass sich durch die Operation die Schmerzen nicht verbessern oder gar verschlimmern? Hätten der Patientin die Schmerzhaftigkeit der Operation und ihre Folgen verdeutlich werden müssen?
h) Ist die Operation fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
i) Hätte die Operation verschoben werden sollen, insbesondere wegen erhöhter Entzündungsparameter unklarer Ursache?
j) War die Nachsorge der Operation fachgerecht und ordnungsgemäß dokumentiert ? War die Wundheilung gesichert? Mussten Rehabilitationsmaßnahmen veranlasst werden; sind diese rechtzeitig veranlasst worden?
k) War der mit der Operation verbundene Krankenhausaufenthalt notwendig oder zu lange? War die Entlassung aus dem Krankenhaus verfrüht? 2. Waren die Entzündungsparameter erhöht, wenn ja, wie oft bzw. wann und wie lässt sich die Erhöhung der Entzündungsparameter im Einzelnen erklären ?
a) Gibt es dafür Beweise? Wenn ja, welche?
b) Hätte der Ursache nachgegangen werden müssen? Wie wäre das möglich gewesen?
c) Welche Befunde hätten weiter erhoben werden müssen? Hätte insbesondere eine bakteriologische Untersuchung erfolgen müssen?
d) Welche Aufklärung und Dokumentation wäre erforderlich gewesen? Hätte die Patientin auf die unklare Ursache und die damit einhergehenden Risiken für die Operation und/oder Wundheilung hingewiesen werden müssen?
e) War eine (symptomatische) Therapie angezeigt? Ist eine solche fachgerecht durchgeführt worden - war insbesondere die perioperative AntibiotikaProphylaxe angezeigt und regelgerecht? Welche Aufklärung hinsichtlich Alternativen und Risiken hätte erfolgen müssen - ist diese erfolgt und dokumentiert ? 3. Zur radiologischen Beurteilung:
a) Ist die Diagnose "symptomatische Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk" aus radiologischer Sicht richtig gestellt worden?
b) Rechtfertigen die erhobenen radiologischen Befunde die Diagnose einer "symptomatischen Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk"?
c) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Abklärung der Diagnose "symptomatische Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk" erforderlich gewesen ?
d) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Vorbereitung der vorstehenden Operationen erforderlich gewesen?
e) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Nachbereitung der vorstehenden Operationen erforderlich gewesen?
f) Erklären die radiologischen Befunde die Schmerzen der Patientin? 4. Zur Allergie der Patientin:
a) Sind Allergien gegen Prothesen üblich? Wenn nein: Hätte frühzeitiger eine Allergie auf die Prothese in Betracht gezogen werden müssen?
b) Ist vorab auf Allergien zu testen? Wenn ja, ist ein solcher Test fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
c) Erklären sich die Fragen zu Nr. 2 (Entzündungsparameter) insbesondere aus allergologischer Sicht?
d) Ist gegen eindeutig bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und ein Fehler begangen worden , der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf, als die Erhöhung der Entzün- dungsparameter ignoriert und nicht dem Verdacht hinsichtlich einer etwaigen Allergie gegen die Prothese nachgegangen worden ist? 5. Zur Rehabilitation der Patientin:
a) Sind nach den einzelnen Operationen die notwendigen Rehabilitationstherapien verordnet worden? Sind diese fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
b) Sind die Rehabilitationsmaßnahmen verfrüht begonnen worden?
c) War die Dauer der Rehabilitation und/oder der Aufenthalt in den Rehabilitationseinrichtungen zu kurz oder zu lang?
d) Ist die Patientin heute noch rehabilitationsfähig? Wenn ja, welche Rehabilitationsleistungen sollten durchgeführt werden? 6. Zur Psyche der Patientin:
a) Können die Schmerzen im Knie eine andere Ursache gehabt haben, zum Beispiel eine psychosomatische? Wenn ja, ist dies vorab abgeklärt worden ?
b) Ist die Patientin durch die zahlreichen Operationen und ihre Folgen psychisch beeinträchtigt oder erkrankt?
c) Wenn ja, wie erheblich ist die Beeinträchtigung oder Erkrankung, wie wirkt diese sich auf den Alltag und die Erwerbsfähigkeit aus?
d) Bedarf die Patientin einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlung aufgrund der Operationen bzw. ihrer Folgen?
- 2
- Das Landgericht hat den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.
II.
- 3
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, zwar könne die Behauptung, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliege, Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein. Dazu müsse der Antragsteller aber unter Bezeichnung gewisser Anhaltspunkte die Behauptung eines Behandlungsfehlers aufstellen. Eine Ausforschung sei unzulässig.
- 4
- Nach diesen Grundsätzen seien die allgemein gehaltenen Fragen - wie beispielsweise, ob Allergien gegen Prothesen üblich seien - unzulässig. Insoweit behaupte die Antragstellerin schon keinen Behandlungsfehler. Ferner sei es nicht Aufgabe des selbständigen Beweisverfahrens, die weiteren Folgen für die Lebensführung eines Antragstellers festzustellen. Dem Senat sei es aber angesichts der Vielzahl der unzulässigen Fragen verwehrt, die Beweisfragen inhaltlich zu verändern und so umzuformulieren, dass sie sich im Rahmen des Zulässigen bewegten.
- 5
- Unzulässig seien aber nicht nur einzelne Beweisfragen, sondern der Antrag insgesamt. Denn soweit die Antragstellerin überhaupt einen Behandlungsfehler behaupte, seien Anhaltspunkte dafür nicht dargetan. Der - lediglich konkret erscheinende - Vortrag zu allen Operationen sei nahezu identisch. Eine konkrete Darstellung, welche der Antragsgegnerinnen die Antragstellerin in welcher Weise behandelt habe, fehle. Die Beweisfragen zielten vielmehr in unzulässiger Weise auf die umfassende Klärung der Frage ab, ob möglicherweise die Voraussetzungen für eine Klage gegen eine oder mehrere der Antragsgegnerinnen vorliegen könnten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Informationsgewinnung und -filterung auf andere Weise nicht erreichbar sei. Die Ziele des selbständigen Beweisverfahrens, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer schnellen und kosten- sparenden Einigung zu bringen, seien durch eine ungefilterte Überprüfung der gesamten Krankengeschichte der Antragstellerin aufgrund von insgesamt 374 Beweisfragen durch Sachverständige sechs verschiedener Fachrichtungen schlechterdings nicht zu erreichen.
- 6
- 2. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, im Streitfall bestehe kein Anspruch auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, hält den Rügen der Rechtsbeschwerde stand.
- 7
- a) Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens im vorliegenden Fall gemäß § 485 ZPO statthaft ist (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302, 306 f.; vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 6; vom 24. September 2013 - VI ZB 12/13, BGHZ 198, 237 Rn. 18). Denn das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der auf ein selbständiges Beweisverfahren gerichtete Antrag jedenfalls deshalb unzulässig ist, weil die Antragstellerin die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, nicht bezeichnet hat, § 487 Nr. 2 ZPO.
- 8
- aa) In einem selbständigen Beweisverfahren bestimmt der Antragsteller durch seinen Antrag auf Einleitung dieses Verfahrens den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Beweismittel in eigener Verantwortung (BGH, Beschluss vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99, NJW 2000, 960, 961). Die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, bestimmen den Umfang der Beweisergebnisse , die nach § 493 ZPO später vor dem Prozessgericht verwertet werden können.
- 9
- Auch wenn man berücksichtigt, dass sich aus dem besonderen Charakter des selbständigen Beweisverfahrens und dem mit ihm verfolgten Zweck, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast ergeben und deshalb die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen ausreichen soll, ist jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern. Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 10; BAG, EzA § 485 ZPO 2002 Nr. 1 Rn. 28). Daher sind die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
- 10
- bb) So liegt es indes hier. Der Senat hat bei der Durchsicht des von dem Beschwerdegericht in Bezug genommenen Schriftsatzes der Antragstellerin vom 27. Oktober 2014 bestätigt gefunden, dass die darin zu jeder der elf Operationen aufgestellten Behauptungen jeweils wortgleich, ohne Einzelfallbezug, formelhaft und zudem so formuliert sind, dass sie jedes mögliche Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Behandlung der Antragstellerin erfassen sollen.
- 11
- (1) Es trifft entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu, dass die inhaltlichen Wiederholungen (lediglich) durch die Vielzahl der Operationen bedingt sind. Denn aus dem eigenen Vortrag der Antragstellerin ergibt sich, dass die verschiedenen Operationen aus unterschiedlichen Gründen erfolgt sind, ohne dass die formelhaften Behauptungen der Antragstellerin dies berücksichtigen würden.
- 12
- So behauptet sie wortgleich zu allen Operationen - auch zu den Operationen vom 20. Oktober 2011, 14. Juni 2012, 13. Dezember 2012, 24. Januar 2013 und 7. März 2013 - diese seien nicht indiziert gewesen und hätten bei der Antragstellerin eine Allergie ausgelöst. Eine solche Allergie habe bereits vor der Operation in Betracht gezogen werden müssen, denn nur so habe über die verwendeten Materialien entschieden werden können. Über 13 % der deutschen Bevölkerung hätten eine Nickel-Allergie. Vor dem Hintergrund dieser Häufigkeit habe der Test in jedem Falle durchgeführt werden müssen.
- 13
- Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu dem von der Rechtsbeschwerde wiedergegebenen Vortrag der Antragstellerin, eine Allergie sei bei ihr im Laufe der Krankengeschichte festgestellt worden, was zu Revisionsoperationen geführt habe. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen ergibt sich zudem, dass vor der Operation am 20. Oktober 2011 bei der Antragstellerin eine fulminante Nickelallergie diagnostiziert worden war und aus diesem Grund die Knieendoprothese gegen eine nickelfreie Bioprothese ausgewechselt wurde. Bei den Operationen vom 14. Juni 2012 und 7. März 2013 wurde jeweils eine hypoallergen beschichtete Prothese verwendet; am 24. Januar 2013 wurde eine Prothese gar nicht eingebracht.
- 14
- (2) Die Bezugnahme auf die dem Antrag beigefügten umfangreichen Krankenunterlagen reicht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde für die geforderte Substantiierung nicht aus. Anlagen können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vorbringens oder dem urkundlichen Beweis von Behauptungen dienen. Ersetzen können Anlagen schriftsätzliches Vorbringen nicht (BGH, Beschluss vom 27. September 2001 - V ZB 29/01, BGH-Report 2002, 257 Rn. 6; BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Rn. 25). Das Beschwerdegericht war insbesondere nicht gehalten, die in sieben Anlage- bänden enthaltenen Behandlungsunterlagen daraufhin durchzusehen, ob sich ihnen ausreichende Beweistatsachen entnehmen lassen.
- 15
- (3) Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen , dass das geforderte minimale Maß an Substantiierung hinsichtlich der gemäß § 487 Nr. 2 ZPO anzugebenden Beweistatsachen vorliegend nicht erreicht ist. Die Antragstellerin hat noch nicht einmal den Versuch unternommen, die ihr bekannte Krankengeschichte unter Zuhilfenahme der Krankenunterlagen konkret darzustellen und auf dieser Grundlage bestimmte Beweistatsachen zu bezeichnen. Die formelhaften Behauptungen der Antragstellerin sind daher zur Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes insgesamt nicht geeignet. Die nach der Zählung des Beschwerdegerichts 374, nach der Zählung der Antragstellerin 121 Beweisfragen bezeichnen keine Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO, sondern zielen, wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat, auf eine umfassende Überprüfung der Krankengeschichte der Antragstellerin, durch die der maßgebliche Sachverhalt erst ermittelt werden soll.
- 16
- b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe seine aus § 139 Abs. 1 ZPO folgende Hinweispflicht verletzt, bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil die Rechtsbeschwerde keine Beweistatsachen angibt, die die Antragstellerin nach dem von ihr vermissten Hinweis bezeichnet hätte (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, NJW-RR 1988, 208, 209; vom 9. Dezember 1987 - VIII ZR 374/86, NJW-RR 1988, 477, 478; vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94, NJW-RR 1996, 949, 950; vom 6. Mai 1999 - IX ZR 430/97, NJW 1999, 2113, 2114; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 575 Rn. 6, § 551 Rn. 11).
Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 25.02.2015 - 1 OH 5/14 Ri -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2015 - 1 W 11/15 -
Der Antrag muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Gegners; - 2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll; - 3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel; - 4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragstellerin begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung von elf im Zeitraum vom 15. September 2009 bis 7. März 2013 durchgeführten Operationen ihres rechten Knies. Zu jeder dieser elf Operationen stellt sie die folgenden Fragen: 1. a) War die Operation indiziert? Wenn ja, welche Indikation lag der Operation zugrunde? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
b) Gab es andere Möglichkeiten der Therapie, konnte die Operation vermieden werden? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
c) Über welche Behandlungsmöglichkeiten ist aufzuklären? Ist über diese Behandlungsmöglichkeit aufgeklärt worden; wenn ja, wie? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
d) Über welche Risiken ist aufzuklären? Ist über diese Risiken aufgeklärt worden; wenn ja, wie? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
e) Welche Diagnostik ist erforderlich, um die Indikation/Diagnose abzuklären ? Welche Diagnostik ist durchgeführt/unterlassen worden? Sind Röntgenaufnahmen erforderlich; sind diese ausreichend? Ist die durchgeführte Diagnostik ausreichend, insbesondere hinsichtlich der gewählten Technik und der Qualität der Aufnahmen? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
f) Welche Diagnostik ist erforderlich, um die Operation vorzubereiten/ durchführen zu können? Welche Diagnostik ist durchgeführt/unterlassen worden? Sind Röntgenaufnahmen erforderlich; sind diese ausreichend? Ist die durchgeführte Diagnostik ausreichend, insbesondere hinsichtlich der gewählten Technik und der Qualität der Aufnahmen? Ist das ordnungsgemäß dokumentiert?
g) War abzusehen, dass sich durch die Operation die Schmerzen nicht verbessern oder gar verschlimmern? Hätten der Patientin die Schmerzhaftigkeit der Operation und ihre Folgen verdeutlich werden müssen?
h) Ist die Operation fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
i) Hätte die Operation verschoben werden sollen, insbesondere wegen erhöhter Entzündungsparameter unklarer Ursache?
j) War die Nachsorge der Operation fachgerecht und ordnungsgemäß dokumentiert ? War die Wundheilung gesichert? Mussten Rehabilitationsmaßnahmen veranlasst werden; sind diese rechtzeitig veranlasst worden?
k) War der mit der Operation verbundene Krankenhausaufenthalt notwendig oder zu lange? War die Entlassung aus dem Krankenhaus verfrüht? 2. Waren die Entzündungsparameter erhöht, wenn ja, wie oft bzw. wann und wie lässt sich die Erhöhung der Entzündungsparameter im Einzelnen erklären ?
a) Gibt es dafür Beweise? Wenn ja, welche?
b) Hätte der Ursache nachgegangen werden müssen? Wie wäre das möglich gewesen?
c) Welche Befunde hätten weiter erhoben werden müssen? Hätte insbesondere eine bakteriologische Untersuchung erfolgen müssen?
d) Welche Aufklärung und Dokumentation wäre erforderlich gewesen? Hätte die Patientin auf die unklare Ursache und die damit einhergehenden Risiken für die Operation und/oder Wundheilung hingewiesen werden müssen?
e) War eine (symptomatische) Therapie angezeigt? Ist eine solche fachgerecht durchgeführt worden - war insbesondere die perioperative AntibiotikaProphylaxe angezeigt und regelgerecht? Welche Aufklärung hinsichtlich Alternativen und Risiken hätte erfolgen müssen - ist diese erfolgt und dokumentiert ? 3. Zur radiologischen Beurteilung:
a) Ist die Diagnose "symptomatische Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk" aus radiologischer Sicht richtig gestellt worden?
b) Rechtfertigen die erhobenen radiologischen Befunde die Diagnose einer "symptomatischen Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk"?
c) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Abklärung der Diagnose "symptomatische Varusgonarthrose am rechten Kniegelenk" erforderlich gewesen ?
d) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Vorbereitung der vorstehenden Operationen erforderlich gewesen?
e) Wäre eine weitere radiologische Diagnostik zur Nachbereitung der vorstehenden Operationen erforderlich gewesen?
f) Erklären die radiologischen Befunde die Schmerzen der Patientin? 4. Zur Allergie der Patientin:
a) Sind Allergien gegen Prothesen üblich? Wenn nein: Hätte frühzeitiger eine Allergie auf die Prothese in Betracht gezogen werden müssen?
b) Ist vorab auf Allergien zu testen? Wenn ja, ist ein solcher Test fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
c) Erklären sich die Fragen zu Nr. 2 (Entzündungsparameter) insbesondere aus allergologischer Sicht?
d) Ist gegen eindeutig bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und ein Fehler begangen worden , der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf, als die Erhöhung der Entzün- dungsparameter ignoriert und nicht dem Verdacht hinsichtlich einer etwaigen Allergie gegen die Prothese nachgegangen worden ist? 5. Zur Rehabilitation der Patientin:
a) Sind nach den einzelnen Operationen die notwendigen Rehabilitationstherapien verordnet worden? Sind diese fachgerecht durchgeführt und dokumentiert worden?
b) Sind die Rehabilitationsmaßnahmen verfrüht begonnen worden?
c) War die Dauer der Rehabilitation und/oder der Aufenthalt in den Rehabilitationseinrichtungen zu kurz oder zu lang?
d) Ist die Patientin heute noch rehabilitationsfähig? Wenn ja, welche Rehabilitationsleistungen sollten durchgeführt werden? 6. Zur Psyche der Patientin:
a) Können die Schmerzen im Knie eine andere Ursache gehabt haben, zum Beispiel eine psychosomatische? Wenn ja, ist dies vorab abgeklärt worden ?
b) Ist die Patientin durch die zahlreichen Operationen und ihre Folgen psychisch beeinträchtigt oder erkrankt?
c) Wenn ja, wie erheblich ist die Beeinträchtigung oder Erkrankung, wie wirkt diese sich auf den Alltag und die Erwerbsfähigkeit aus?
d) Bedarf die Patientin einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlung aufgrund der Operationen bzw. ihrer Folgen?
- 2
- Das Landgericht hat den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.
II.
- 3
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, zwar könne die Behauptung, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliege, Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein. Dazu müsse der Antragsteller aber unter Bezeichnung gewisser Anhaltspunkte die Behauptung eines Behandlungsfehlers aufstellen. Eine Ausforschung sei unzulässig.
- 4
- Nach diesen Grundsätzen seien die allgemein gehaltenen Fragen - wie beispielsweise, ob Allergien gegen Prothesen üblich seien - unzulässig. Insoweit behaupte die Antragstellerin schon keinen Behandlungsfehler. Ferner sei es nicht Aufgabe des selbständigen Beweisverfahrens, die weiteren Folgen für die Lebensführung eines Antragstellers festzustellen. Dem Senat sei es aber angesichts der Vielzahl der unzulässigen Fragen verwehrt, die Beweisfragen inhaltlich zu verändern und so umzuformulieren, dass sie sich im Rahmen des Zulässigen bewegten.
- 5
- Unzulässig seien aber nicht nur einzelne Beweisfragen, sondern der Antrag insgesamt. Denn soweit die Antragstellerin überhaupt einen Behandlungsfehler behaupte, seien Anhaltspunkte dafür nicht dargetan. Der - lediglich konkret erscheinende - Vortrag zu allen Operationen sei nahezu identisch. Eine konkrete Darstellung, welche der Antragsgegnerinnen die Antragstellerin in welcher Weise behandelt habe, fehle. Die Beweisfragen zielten vielmehr in unzulässiger Weise auf die umfassende Klärung der Frage ab, ob möglicherweise die Voraussetzungen für eine Klage gegen eine oder mehrere der Antragsgegnerinnen vorliegen könnten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Informationsgewinnung und -filterung auf andere Weise nicht erreichbar sei. Die Ziele des selbständigen Beweisverfahrens, die Gerichte von Prozessen zu entlasten und die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits zu einer schnellen und kosten- sparenden Einigung zu bringen, seien durch eine ungefilterte Überprüfung der gesamten Krankengeschichte der Antragstellerin aufgrund von insgesamt 374 Beweisfragen durch Sachverständige sechs verschiedener Fachrichtungen schlechterdings nicht zu erreichen.
- 6
- 2. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 Abs. 1, 2 und 3 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, im Streitfall bestehe kein Anspruch auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, hält den Rügen der Rechtsbeschwerde stand.
- 7
- a) Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens im vorliegenden Fall gemäß § 485 ZPO statthaft ist (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 21. Januar 2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302, 306 f.; vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 6; vom 24. September 2013 - VI ZB 12/13, BGHZ 198, 237 Rn. 18). Denn das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der auf ein selbständiges Beweisverfahren gerichtete Antrag jedenfalls deshalb unzulässig ist, weil die Antragstellerin die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, nicht bezeichnet hat, § 487 Nr. 2 ZPO.
- 8
- aa) In einem selbständigen Beweisverfahren bestimmt der Antragsteller durch seinen Antrag auf Einleitung dieses Verfahrens den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Beweismittel in eigener Verantwortung (BGH, Beschluss vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99, NJW 2000, 960, 961). Die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, bestimmen den Umfang der Beweisergebnisse , die nach § 493 ZPO später vor dem Prozessgericht verwertet werden können.
- 9
- Auch wenn man berücksichtigt, dass sich aus dem besonderen Charakter des selbständigen Beweisverfahrens und dem mit ihm verfolgten Zweck, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast ergeben und deshalb die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen ausreichen soll, ist jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern. Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn. 10; BAG, EzA § 485 ZPO 2002 Nr. 1 Rn. 28). Daher sind die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
- 10
- bb) So liegt es indes hier. Der Senat hat bei der Durchsicht des von dem Beschwerdegericht in Bezug genommenen Schriftsatzes der Antragstellerin vom 27. Oktober 2014 bestätigt gefunden, dass die darin zu jeder der elf Operationen aufgestellten Behauptungen jeweils wortgleich, ohne Einzelfallbezug, formelhaft und zudem so formuliert sind, dass sie jedes mögliche Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Behandlung der Antragstellerin erfassen sollen.
- 11
- (1) Es trifft entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu, dass die inhaltlichen Wiederholungen (lediglich) durch die Vielzahl der Operationen bedingt sind. Denn aus dem eigenen Vortrag der Antragstellerin ergibt sich, dass die verschiedenen Operationen aus unterschiedlichen Gründen erfolgt sind, ohne dass die formelhaften Behauptungen der Antragstellerin dies berücksichtigen würden.
- 12
- So behauptet sie wortgleich zu allen Operationen - auch zu den Operationen vom 20. Oktober 2011, 14. Juni 2012, 13. Dezember 2012, 24. Januar 2013 und 7. März 2013 - diese seien nicht indiziert gewesen und hätten bei der Antragstellerin eine Allergie ausgelöst. Eine solche Allergie habe bereits vor der Operation in Betracht gezogen werden müssen, denn nur so habe über die verwendeten Materialien entschieden werden können. Über 13 % der deutschen Bevölkerung hätten eine Nickel-Allergie. Vor dem Hintergrund dieser Häufigkeit habe der Test in jedem Falle durchgeführt werden müssen.
- 13
- Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu dem von der Rechtsbeschwerde wiedergegebenen Vortrag der Antragstellerin, eine Allergie sei bei ihr im Laufe der Krankengeschichte festgestellt worden, was zu Revisionsoperationen geführt habe. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen ergibt sich zudem, dass vor der Operation am 20. Oktober 2011 bei der Antragstellerin eine fulminante Nickelallergie diagnostiziert worden war und aus diesem Grund die Knieendoprothese gegen eine nickelfreie Bioprothese ausgewechselt wurde. Bei den Operationen vom 14. Juni 2012 und 7. März 2013 wurde jeweils eine hypoallergen beschichtete Prothese verwendet; am 24. Januar 2013 wurde eine Prothese gar nicht eingebracht.
- 14
- (2) Die Bezugnahme auf die dem Antrag beigefügten umfangreichen Krankenunterlagen reicht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde für die geforderte Substantiierung nicht aus. Anlagen können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vorbringens oder dem urkundlichen Beweis von Behauptungen dienen. Ersetzen können Anlagen schriftsätzliches Vorbringen nicht (BGH, Beschluss vom 27. September 2001 - V ZB 29/01, BGH-Report 2002, 257 Rn. 6; BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Rn. 25). Das Beschwerdegericht war insbesondere nicht gehalten, die in sieben Anlage- bänden enthaltenen Behandlungsunterlagen daraufhin durchzusehen, ob sich ihnen ausreichende Beweistatsachen entnehmen lassen.
- 15
- (3) Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen , dass das geforderte minimale Maß an Substantiierung hinsichtlich der gemäß § 487 Nr. 2 ZPO anzugebenden Beweistatsachen vorliegend nicht erreicht ist. Die Antragstellerin hat noch nicht einmal den Versuch unternommen, die ihr bekannte Krankengeschichte unter Zuhilfenahme der Krankenunterlagen konkret darzustellen und auf dieser Grundlage bestimmte Beweistatsachen zu bezeichnen. Die formelhaften Behauptungen der Antragstellerin sind daher zur Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes insgesamt nicht geeignet. Die nach der Zählung des Beschwerdegerichts 374, nach der Zählung der Antragstellerin 121 Beweisfragen bezeichnen keine Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO, sondern zielen, wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat, auf eine umfassende Überprüfung der Krankengeschichte der Antragstellerin, durch die der maßgebliche Sachverhalt erst ermittelt werden soll.
- 16
- b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht habe seine aus § 139 Abs. 1 ZPO folgende Hinweispflicht verletzt, bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil die Rechtsbeschwerde keine Beweistatsachen angibt, die die Antragstellerin nach dem von ihr vermissten Hinweis bezeichnet hätte (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, NJW-RR 1988, 208, 209; vom 9. Dezember 1987 - VIII ZR 374/86, NJW-RR 1988, 477, 478; vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94, NJW-RR 1996, 949, 950; vom 6. Mai 1999 - IX ZR 430/97, NJW 1999, 2113, 2114; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 575 Rn. 6, § 551 Rn. 11).
Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 25.02.2015 - 1 OH 5/14 Ri -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2015 - 1 W 11/15 -