Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2016 - 4 StR 63/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:300316B4STR63.16.0
30.03.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 63/16
vom
30. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchter besonders schwerer Brandstiftung u.a.
zu 2.: Anstiftung zur Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:300316B4STR63.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 30. März 2016 gemäß § 46, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten F. , ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen zu gewähren (Schriftsatz des Rechtsanwalts Ko. vom 20. Januar 2016), wird als unzulässig verworfen. 2. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Oktober 2015, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die Revision des Angeklagten F. gegen das vorbezeichnete Urteil wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen , dass der Angeklagte der Anstiftung zur Brandstiftung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug und zur versuchten schweren Brandstiftung schuldig ist. Der Angeklagte F. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Brandstiftung in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung unter Einbeziehung einer anderweit verhängten Strafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten und wegen Betrugs zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten F. hat es wegen „tateinheitlich begangener Anstiftung zu einer in Tateinheit mit versuchter schwerer Brandstiftung begangenen Brandstiftung und zu einer Beihilfe zum Betrug“ zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Den Mitangeklagten Ra. hat das Schwurgericht wegen tateinheitlich begangener Anstiftung zur Brandstiftung und Beihilfe zum Betrug zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Mitangeklagten W. wegen tateinheitlich begangener Brandstiftung und Beihilfe zum Betrug zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten Ra. und W. hat der Senat mit gesondertem Beschluss vom heutigen Tage als unbegründet verworfen.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten A. hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Das ebenfalls auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten F. führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs.

A.


3
Die Revision des Angeklagten A. hat mit der Rüge Erfolg, ihm sei das letzte Wort nicht erteilt worden (§ 258 Abs. 2, 3 StPO).

I.


4
Dem liegt Folgendes zugrunde:
5
Nach Schluss der Beweisaufnahme gestaltete sich der weitere Verfahrensgang ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 20. Oktober 2015 wie folgt:
6
„Die Staatsanwaltschaft und sodann die Verteidiger erhielten zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. Die Hauptverhandlung wurde auf Anordnung des Vorsitzenden um 10:31 Uhr während des Schlussvortrages des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft unterbrochen und nach erneutem Aufruf der Sache um 10:52 Uhr fortgesetzt. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft setzte seinen Schlussvortrag fort. Er beantragte Folgendes:
7
betreffend A. für die Brandstiftung sechs Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe, für den Betrug unter Einbeziehung der Verurteilung des Amtsgerichts Essen vom 29.01.2014 drei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe.
8
betreffend F. : fünf Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe,
9
betreffend Ra. : fünf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe,
10
betreffend W. : fünf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe.
11
Ferner beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft Haftfortdauer betreffend alle Angeklagten. …
12
Sodann erhielten die Verteidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. Rechtsanwältin Dr. L. beantragte: Freispruch und für den Fall einer Verurteilung den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen. Verteidiger Rechtsanwalt E. beantragte: Freispruch. Der Angeklagte A. hatte das letzte Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung anzuführen habe. Er erklärte: Ich schließe mich den Ausführungen meiner Anwälte an.
13
Rechtsanwalt R. beantragte, den Angeklagten F. freizusprechen und den Haftbefehl des Amtsgerichts Bochum aufzuheben. Rechtsanwalt K. erklärte: Ich schließe mich den Ausführungen meines Kollegen Rechtsanwalt R. an. Der Angeklagte F. hatte das letzte Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung anzuführen habe. Er erklärte: Ich schließe mich den Ausführungen meiner Anwälte an.
14
(Rechtsanwalt) T. beantragte, den Angeklagten Ra. freizusprechen. Rechtsanwalt Dr. K. beantragte, den Angeklagten Ra. freizusprechen. Im Zuge seines Schlussvortrages las Rechtsanwalt Dr. K. einen Antrag vor, den er sodann in Schriftform überreichte und welcher als Anlage I zum Tagesprotokoll genommen wurde. Der Angeklagte Ra. hatte das letzte Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung anzuführen habe. Er erklärte: Derjenige, welcher eine Straftat begeht, soll seine Strafe erhalten. Ich bin unschuldig. …
15
Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft replizierte auf den heute von Rechtsanwalt Dr. K. gestellten Antrag.
16
Verteidiger Rechtsanwalt Dr. R. beantragte, den Angeklagten W. wegen Brandstiftung und wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe deutlich unter 5 Jahren zu verurteilen und den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen. Rechtsanwalt S. schloss sich den Ausführungen von Rechtsanwalt Dr. R. an und beantragte, den Haftbefehl aufzuheben , hilfsweise außer Vollzug zu setzen. Der Angeklagte W. hatte das letzte Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung anzuführen habe. Er erklärte: Ich bereue, was ich getan habe. Was hätte alles passieren können. Bitte geben Sie mir eine Chance, zurück zu meiner Familie zu gelangen.“
17
Anschließend wurde nach einer Unterbrechung das Urteil verkündet.

II.


18
1. Die Rüge ist – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – zulässig erhoben.
19
Der Beschwerdeführer hat gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO die der Urteilsverkündung unmittelbar vorausgegangenen Verfahrenshandlungen in seiner Revisionsbegründung im Einzelnen geschildert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. August 1989 – 3 StR 158/89, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 letztes Wort 1, und vom 12. Juli 1994 – 4 StR 306/94, StV 1995, 176). Einer Darlegung des Inhalts dessen, was der Vertreter der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger im Einzelnen ausgeführt haben, bedarf es zur Prüfung des behaupteten Verfahrensverstoßes nicht. Das Gleiche gilt für den Inhalt des von Rechtsanwalt Dr. K. gestellten Antrags und die Erwiderung des Vertreters der Staatsanwaltschaft.
20
Es bedurfte auch keiner Beanstandung nach § 238 Abs. 2 StPO, da der Beschwerdeführer die Verletzung einer zwingenden Verfahrensvorschrift rügt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 238 Rn. 22 mwN).
21
2. Die Verfahrensbeschwerde ist begründet, weil der gerügte Verstoß gegen § 258 Abs. 2 Halbsatz 2, Abs. 3 StPO vorliegt.
22
Aus dem geschilderten und durch die Sitzungsniederschriftbewiesenen Verfahrensablauf ergibt sich, dass der Angeklagte A. nicht als letzter Verfahrensbeteiligter vor dem Beginn der Beratung gesprochen und somit nicht das letzte Wort hatte. Die Verpflichtung zur – ggf. erneuten – Erteilung des letzten Wortes gilt zwar der Natur der Sache nach nicht im Verhältnis zu den Mitangeklagten , wohl aber, wenn die Verteidiger der Mitangeklagten Ausführungen gemacht haben (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2003 – 2 StR 443/02, BGHSt 48, 181, 182; KK-StPO/Ott, 7. Aufl., § 258 Rn. 19); eine vorhergehende Prozesshandlung des Gerichts ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2014 – 3 StR 185/14, StV 2015, 474). Sinn der Regelung des Äußerungsrechts in § 258 StPO ist die Wahrung des rechtlichen Gehörs. Wird dem Verteidiger und dem Angeklagten nach dem Schlussvortrag des Staatsanwalts das Recht zum Schlussvortrag eingeräumt und hatte der Angeklagte vor der Urteilsberatung als letzter Verfahrensbeteiligter Gelegenheit zur Äußerung (vgl. BGH, Urteile vom 20. März 1959 – 4 StR 416/58, BGHSt 13, 53, 59 f., und vom 13. Mai 1993 – 4 StR 169/93, NStZ 1993, 551), so ist das rechtliche Gehör umfassend gewährt worden, weil der Angeklagte unmittelbar vor der Beratung zu dem gesamten entscheidungserheblichen Prozessstoff Stellung nehmen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2001 – 4 StR 414/00, NJW 2001, 2109; MüKoStPO/Cierniak/Niehaus, § 258 Rn. 14, 18).
23
Nach der hier gewählten Verfahrensgestaltung hatte der Angeklagte A. , nachdem er das „letzte Wort“ hatte, keine Gelegenheit mehr, zu dem jeweiligen Sachvortrag der Verteidiger der anderen Angeklagten Stellung zu nehmen, obwohl diesen die Mitwirkung an demselben strafbaren Geschehen vorgeworfen worden war. Das genügt nicht.
24
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Verurteilung des Angeklagten A. auf dem aufgezeigten Verfahrensverstoß beruht.

B.


25
Die Revision des Angeklagten F. führt lediglich zu einer Änderung des gegen ihn ergangenen Schuldspruchs.

I.


26
Der Antrag des Angeklagten F. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen (Schriftsatz des Rechtsanwalts Ko. vom 20. Januar 2016) ist unzulässig. Hierzu hat der Generalbundesanwalt Folgendes ausgeführt: „Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vori- gen Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Angeklagten von seinen Verteidigern mit der Sachrüge und mit mehreren Verfahrensrügen fristgerecht begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGHSt 1, 44; BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1, 3, 7). Auch die Rüge fehlerhafter Gerichtsbesetzung ist nicht verspätet, sondern lediglich nicht in der durch § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form erhoben worden. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederholung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens. Könnte ein Angeklagter, dem durch Revisionsgegenerklärung oder die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft gesetzt. Da den Angeklagten selbst an dem Mangel regelmäßig keine Schuld trifft, wäre ihm auf einen entsprechenden Antrag hin stets Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1). Dies würde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang stehen, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen (BGHSt 1, 44, 46). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; BGH, Beschluss vom 15. März 2001 - 3 StR 57/01; Beschluss vom 25. September 2007 - 1 StR 432/07; Meyer-Goßner, StPO 58. Auflage § 44 Rn. 7 f.; anders für die unvollständige Übermittlung eines Faxes BGH, Beschluss vom 25. Januar 2002 - 2 StR 511/01). Eine solche Ausnahmesituation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.
Das Wiedereinsetzungsgesuch ist ohnehin gegenstandslos, da bereits mit Revisionsbegründungsschrift von Rechtsanwalt K. vom 18. Dezember 2015 für den Angeklagten form- und fristgerecht die Besetzungs- rüge erhoben wurde …“.
27
Dem tritt der Senat bei. Die Rüge (§ 338 Nr. 1 StPO) bliebe darüber hinaus aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zu der von Rechtsanwalt K. ausgeführten Besetzungsrüge ohne Erfolg.

II.


28
1. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten F. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit dieser (tateinheitlich) wegen Anstiftung zur versuchten schweren Brandstiftung verurteilt worden ist.
29
a) Nach den Feststellungen betrieben der Angeklagte A. undseine Ehefrau seit September 2013 einen Imbiss in Wi. . Die Ehefrau des Angeklagten hatte eine sogenannte „Geschäftsinhaltsversicherung“ betreffend die Ausstattung des Imbiss-Betriebes und das Inventar, eine Glasversicherung und eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen; dies war dem Angeklagten bekannt. Der Imbiss wurde im Erdgeschoss eines dreieinhalbgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses betrieben; in den drei über dem Imbiss befindlichen , vermieteten Wohnungen hielten sich zur Tatzeit insgesamt elf Personen auf. Spätestens Anfang Dezember 2013 entschloss sich A. in Absprache mit seiner Ehefrau dazu, einen Versicherungsfall vorzutäuschen. Er wollte sich und ihr durch eine vorsätzliche Inbrandsetzung Leistungen aus den für den Imbiss abgeschlossenen Versicherungen verschaffen. Da er den Brand nicht eigenhändig legen wollte, sprach er den Angeklagten F. an, ob dieser jemanden kenne, der für ein entsprechendes Entgelt die geplante Brandlegung ausführen könne. Das Landgericht konnte nicht feststellen, ob sich F. eine Gegenleistung versprechen ließ, oder ob er aus Gefälligkeit gegenüber seinem guten Bekannten und Freund A. tätig wurde. Er wandte sich, um dessen Bitte nachzukommen, wenig später an den Mitangeklagten Ra. . Da auch dieser den Brand nicht eigenhändig legen wollte, sprach er, Ra. , den Mitangeklagten W. an. Dieser führte gegen ein Entgelt von 2.000 Euro die von A. gewünschte Brandlegung in den frühen Morgenstunden des 14. Dezember 2013 aus. Er schlug eine Schaufensterscheibe des Imbisses ein; sodann goss er durch das entstandene Loch Petroleum oder Dieselkraftstoff in das Ladeninnere und entzündete die Flüssigkeit. Wie vonW. beabsichtigt, gerieten das innenliegende Fensterbrett, ein Fensterrahmen sowie der mit Laminat belegte Boden in Brand. Zu Brandzehrungen und Rußaufschlägen kam es auch am Inventar, an den Wänden und an der gesamten Decke. Da die rasch herbeigerufene Feuerwehr den Brand alsbald löschen konnte, griff das Feuer nicht – wie ansonsten zu erwarten – auf das gesamte Gebäude und das unmittelbar benachbarte Gebäude über. Insbesondere angesichts der „massiven Ausbreitung von Pyrolyse- und Verbrennungsgasen“ binnen spätestens 20 Minuten bestand eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit der über dem Grill wohnenden Personen. Diese konnten sich allerdings, rasch gewarnt, rechtzeitig in Sicherheit bringen. Die räumlichen Verhältnisse einschließlich der Wohnverhältnisse waren A. und F. bekannt. Der mögliche Brandverlauf einschließlich der dabei herbeigeführten Gefährdung der Bewohner des Hauses entsprach ihren Vorstellungen; das Schwurgericht konnte sich hingegen nicht davon überzeugen, dass auch Ra. und W. von der Existenz der Wohnungen über dem Grill Kenntnis hatten.
30
Auf die von A. beabsichtigte Schadensmeldung seiner Ehefrau zahlte die Versicherung pauschal eine Entschädigung von 10.000 Euro.
31
b) Nach den Ausführungen des Landgerichts in der rechtlichen Würdigung (UA 97 f.) ist der eingangs zitierte Schuldspruch neben der Beihilfe zum Betrug des A. nach § 263 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB dahin zu verstehen, dass der Angeklagte F. die Mitangeklagten Ra. und (mittelbar ) W. „zu dem von W. verwirklichten Straftatbestand des § 306 StGB und zu dem von W. – allerdings nur in objektiver Hinsicht – verwirklichten Straftatbestand der §§ 306a Abs. 1, 22 StGB“ angestiftet hat. Dies trifft auf eine Anstiftung zur versuchten schweren Brandstiftung des W. nicht zu; das Landgericht führt selbst aus, dass insoweit keine vorsätzliche Haupttat vorliegt (§ 26 StGB).
32
c) Das strafbare Verhalten des F. stellt sich daher als Beihilfe(§ 27 StGB) zum Betrug (§ 263 Abs. 1 und 3 Satz 2 Nr. 5 StGB) und zur versuchten schweren Brandstiftung (§§ 306a, 22, 23 Abs. 1 StGB) des A. in Tateinheit mit Anstiftung zur Brandstiftung des W. dar (§§ 26, 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Der Umstand, dass A. den Qualifikationstatbestand des § 306b Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 StGB verwirklicht hat, kann dem Angeklagten F. nicht zugerechnet werden (§ 28 Abs. 2 StGB; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2011 – 4 StR 659/10, NJW 2011, 2148, 2149).
33
2. In diesem Sinne hat der Senat den Schuldspruch gegen den Angeklagten F. abgeändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, da nicht ersichtlich ist, wie sich F. gegen den geänderten Schuldspruch anders als geschehen hätte verteidigen können.
34
Bei der gegen ihn erkannten Strafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe hat es zu verbleiben. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei einen minder schweren Fall ausgeschlossen und die gegen ihn erkannte Strafe dem nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB gemilderten Strafrahmen des § 306a Abs. 1 StGB entnommen. Dieser reicht in der Obergrenze bis elf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe. Nunmehr steht wegen der – auch vom Landgericht erkannten – Anstiftung zur Brandstiftung des W. ein Strafrahmen von einem Jahr bis zehn Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung (§§ 26, 306 Abs. 1 StGB); der Senat schließt aus, dass das Landgericht aufgrund des geänderten Schuldspruchs auf eine geringere Strafe erkannt hätte.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

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(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

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Strafgesetzbuch - StGB | § 306a Schwere Brandstiftung


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Strafprozeßordnung - StPO | § 238 Verhandlungsleitung


(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden. (2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person

Strafprozeßordnung - StPO | § 258 Schlussvorträge; Recht des letzten Wortes


(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. (2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. (3) Der A

Strafgesetzbuch - StGB | § 306b Besonders schwere Brandstiftung


(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

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(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.

(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 8 5 / 1 4
vom
24. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Juni
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. Dezember 2013 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand. Insoweit hat der zulässig gerügte Verstoß des Landgerichts gegen § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 und Abs. 3 StPO die Aufhebung des Urteils zur Folge. Der Rüge liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
In der Hauptverhandlung vom 16. Dezember 2013 schloss der Angeklagte mit dem Nebenkläger im Adhäsionsverfahren einen Vergleich über die Zah- lung von 15.000 €, wobei ein Teilbetrag von 5.000 € am18. Dezember 2013 fällig war. Nachdem die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger des Angeklagten an demselben Prozesstag ihre Schlussvorträge gehalten und ihre Anträge gestellt hatten, hatte der Angeklagte das letzte Wort. Am darauffolgenden Sitzungstag, dem 18. Dezember 2013, übergab der Angeklagte an den Nebenkläger 5.000 € in bar. Nach Beratung wurde sodann das angefoch- tene Urteil verkündet, ohne dass dem Angeklagten (erneut) das letzte Wort gewährt wurde.
4
Diese Verfahrensweise verstieß gegen § 258 Abs. 2 Halbsatz 2, Abs. 3 StPO.
5
Im Falle des Wiedereintritts in die Hauptverhandlung müssen die in § 258 StPO vorgeschriebenen Worterteilungen - mithin auch das letzte Wort des Angeklagten im Sinne des § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO - wiederholt werden. Ein Wiedereintritt in die Hauptverhandlung setzt keinen Gerichtsbeschluss oder eine sonstige ausdrückliche Anordnung voraus, sondern kann auch stillschweigend geschehen. Er liegt insbesondere bei allen Prozesshandlungen vor, die ihrer Natur nach in den Bereich der Beweisaufnahme gehören (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 258 Rn. 4 ff., 7). So verhielt es sich hier: Die sich aus den Urteilsgründen ergebende Feststellung des Landgerichts über die Barzahlung von 5.000 € war ein - selbständiges, nicht nur einen Annex zum Vergleichsschluss darstellendes - zur Beweisaufnahme im "materiellen Sinne" (vgl. LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 3) über die Wiedergutmachung des vom Angeklagten angerichteten Schadens gehörendes Prozessgeschehen. Es führte daher - auch ohne eine förmliche Anordnung der Fortsetzung der Beweisaufnahme - zum Wiedereintritt in die Hauptverhandlung und machte eine Wiederholung der in § 258 StPO vorgeschriebenen Worterteilungen einschließlich der Gewährung des letzten Wortes des Angeklagten erforderlich.
6
Dieser Rechtsfehler hat die Aufhebung des Strafausspruches zur Folge. Die Nichterteilung des letzten Wortes begründet nicht ausnahmslos die Revision , sondern nur dann, wenn und soweit das Urteil darauf beruht. Dies kann indes nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1968 - 4 StR 190/68, BGHSt 22, 278, 280 f.; LR/Stuckenberg, aaO, Rn. 60 ff., 69). Vorliegend kann der Senat im Hinblick auf die Beweislage zur Täterschaft des Angeklagten, der diese nach den Gesamtumständen eingeräumt hat, und die Tatsache, dass das nach dem letzten Wort des Angeklagten stattgefundene Prozessgeschehen ausschließlich für die Strafzumessung relevant war, ausschließen, dass der Schuldspruch auf dem Verfahrensverstoß beruht. Dies gilt indes nicht für den Strafausspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 1999 - 4 StR 117/99, NStZ 1999, 473). Dieser bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
Becker Hubert Schäfer Mayer Gericke

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 57/01
vom
15. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. März 2001 gemäß
§§ 44, 46 Abs. 1, 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung von Verfahrensrügen wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 14. September 2000 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe und mit dem Führen derselben zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
1. Wie der Generalbundesanwalt näher dargelegt hat, ist das Wiedereinsetzungsgesuch unzulässig, da infolge der rechtzeitig erhobenen Sachrüge die Revisionsbegründungsfrist nicht versäumt worden war und eine von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahmesituation zur Gewährung von Wiedereinsetzung zur Ergänzung der bisherigen Revisionsbegründung nicht gegeben
ist (st. Rspr., vgl. BGHSt 1, 44; BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 3, 7). Im übrigen weist der Senat daraufhin, daß die sachlichrechtlichen Ausführungen in dem nachgereichten Schriftsatz vom 13. Dezember 2000 unbeschadet des Fristablaufs vom Senat berücksichtigt werden konnten und mußten und daß die beiden - verspäteten - Verfahrensrügen den Bestand des Urteils aus den nachfolgend genannten Gründen ohnehin nicht hätten gefährden können.
2. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

a) Die Strafkammer hat einen bedingten Tötungsvorsatz, der sich bei den festgestellten Tatumständen und den vorausgegangenen Drohungen des Angeklagten regelrecht aufgedrängt hatte, ohne Rechtsfehler bejaht. Daß sie im Schuld- und Strafausspruch nicht berücksichtigt hat, daß sich dieser bedingte Tötungsvorsatz auf alle vier im Eingangsbereich befindlichen Gäste bezogen hatte, weil der Angeklagte auf diese Gruppe und nicht auf einen einzelnen von ihnen gezielt und dabei seine Waffe leer geschossen hatte, weshalb er wegen versuchten Totschlags in vier tateinheitlich begangenen Fällen hätte verurteilt werden müssen (vgl. BGH, Beschl. vom 6. September 2000 - 3 StR 226/00), beschwert ihn nicht.

b) Soweit die Verteidigung beanstandet, daß die Strafkammer nicht die Voraussetzungen des § 213 StGB bejaht hat, übersieht sie, daß dies für den Angeklagten nachteilig gewesen wäre, da der Strafrahmen des § 213 StGB mit Freiheitsstrafe von einem bis zehn Jahren höher als der zweifach gemilderte Strafrahmen nach §§ 21, 23, 49 Abs. 1, 212 StGB ist. Im übrigen weist weder
die Strafrahmenwahl noch die engere Strafzumessung einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
3. Die verspäteten Verfahrensrügen hätten der Revision nicht zum Erfolg verhelfen können. Ob der Beweisantrag zum Beweis der Tatsache, daß sich der Angeklagte die Waffe zum Eigenschutz besorgt hatte, als bedeutungslos hätte abgelehnt werden dürfen, kann dabei offen bleiben, da die Strafzumessung auf einem etwaigen Fehler nicht beruhen würde. Die Strafkammer hat die Strafe dem zweifach gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB entnommen und dabei lediglich ergänzend berücksichtigt, daß tateinheitlich zwei Tatbestände des Waffengesetzes verwirklicht worden sind. Dabei hat sie jedoch rechtsfehlerhaft zu Gunsten des Angeklagten die Voraussetzungen einer - ohnehin rechtlich zweifelhaften - erheblichen Minderung der Schuld nach § 21 StGB auf Grund der erheblichen Alkoholisierung und Erregung des Angeklagten auch für die Tatbestände des bereits seit Monaten begangenen Tatbestandes der Ausübung der tatsächlichen Gewalt und für das ebenfalls schon vor Trinkbeginn erfolgte Führen der halbautomatischen Selbstladekurzwaffe angenommen. Durch diesen Fehler zu Gunsten des Angeklagten wäre eine etwaig unterbliebene Berücksichtigung des Selbstschutzes bei der Gewichtung der Waffenverstöße mehr als ausgeglichen.
Der Antrag auf Einnahme eines Ortsaugenscheins "zur Klärung der Sichtverhältnisse" stellt keinen Beweisantrag dar, da es an der Angabe einer konkreten unter Beweis gestellten Tatsache fehlt.
Der Schriftsatz des Verteidigers vom 26. Februar 2001, hier eingegangen am 15. März 2001, hat bei der Beratung vorgelegen.
Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 432/07
vom
25. September 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 beschlossen
:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung weiterer
Verfahrensrügen wird zurückgewiesen (§ 46 StPO).
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 10. Januar 2007 wird als unbegründet
verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, die der Verteidiger, Rechtsanwalt S. - dem das Urteil rechtswirksam zugestellt worden ist - innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO mit Verfahrensrügen und der Sachrüge begründet hat. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist hat der Angeklagte persönlich beim Rechtspfleger des Amtsgerichts München die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Anbringung weiterer Verfahrensrügen mit der Begründung beantragt, er wolle umfangreiche Rügen, die zwei Leitz-Ordner füllten, erheben.
2
1. Eine Wiedereinsetzung zur Anbringung von Verfahrensrügen kommt nicht in Betracht, da die Revision des Angeklagten frist- und formgerecht mit Verfahrensrügen und der - auch vom Angeklagten selbst erhobenen - Sachrüge begründet worden ist (BGHSt 1, 44). Nur bei besonderen Verfahrenslagen, in denen dies zur Wahrung des Anspruchs des Angeklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint, kommen Ausnahmen von diesem Grundsatz in Betracht. Ein solcher Fall liegt bei dem von zwei Verteidigern vertretenen Angeklagten nicht vor. Der Angeklagte hat selbst vorgetragen, dass ihn die Rechtspfleger über die richtige Art der Revisionsbegründung belehrt und ihn darauf hingewiesen hätten, dass die Verfahrensrügen wohl nicht wirksam seien. Erst danach hätten sie es abgelehnt, die zahlreichen Rügen des Angeklagten zu protokollieren. Dies war sachgerecht, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollen die Revisionsgerichte vor einer Überlastung durch unsachgemäßes Vorbringen Rechtsunkundiger bewahrt werden. Auch soll vermieden werden, dass Revisionen rechtsunkundiger Angeklagter schon von vornherein an Formfehlern oder sonstigen Mängeln scheitern (BVerfGE 64, 135, 152).
3
2. Die vom Verteidiger, Rechtsanwalt S. , erhobenen Verfahrensrügen sind teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Zu den zwei Befangenheitsrügen und dem Vorwurf, die Vorsitzende der Strafkammer habe vor der Vernehmung des Zeugen C. eigene Ermittlungen angestellt und die Verteidigung nicht über die Ergebnisse informiert und ihr als Organ der Rechtspflege Vernehmungsprotokolle und Aktenbestandteile vorenthalten, ist den Urteilsgründen folgendes zu entnehmen: „Von seiner Aussage und der Übergabe der Unterlagen ließ er sich letztlich auch durch Aktionen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Co. , der sein Erscheinen zu verhindern versuchte , nicht abhalten. Der Zeuge berichtete, dass Rechtsanwalt Co. ihn telefonisch kontaktiert habe und ihn aufgefordert habe , nicht nach Deutschland zu kommen oder sich zunächst mit Co. zu treffen. Daraufhin habe er sich bemüht, Kontakt mit der Zeugin D. zu bekommen. Dies sei ihm über den Zivilanwalt K. der Zeugin D. gelungen. Der daraufhin geladene Zeuge K. bestätigte diesen Kontakt. Er berichtete, dass C. gefragt habe, wo Frau D. sei. Auf die Mitteilung, dass sich Frau D. in der Justizvollzugsanstalt Aichach befinde, habe C. zum Ausdruck gebracht, dass er sich wegen der Anrufe des Rechtsanwalts Co. bedroht fühle. Rechtsanwalt Co. wirkte nach der Aussage des Zeugen K. auch auf ihn ein. Bei drei Telefonaten - am 23.05., 24.05. und 02.06.2006 - habe Co. sich als Rechtsanwalt des C. ausgegeben und größte Schwierigkeiten für die Zeugin D. angedroht, falls C. gegen den Angeklagten aussage. Es werde „zappenduster“, wenn C. erst einmal aussage. Auch gäbe es keine Unterlagen in der Türkei, die den Angeklagten belasten würden. Dieses Vorgehen des Verteidigers Co. steht aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen K. , C. und D. fest“.
4
Das befremdliche Verhalten des Verteidigers, Rechtsanwalt Co. , das auf eine unlautere Beeinflussung von Zeugen gerichtet war, machte die Vorgehensweise der Vorsitzenden unumgänglich.
5
3. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 511/01
vom
25. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
bzgl. Angekl. 1: wegen Vergewaltigung
bzgl. Angekl. 2: wegen Beihilfe zur Vergewaltigung
bzgl. Angekl. 3: wegen Vergewaltigung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. Januar 2002
gemäß §§ 44, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Angeklagte M. wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. August 2001 im Hinblick auf die im Schriftsatz vom 22. Oktober 2001 enthaltenen Verfahrensrügen in den vorigen Stand wiedereingesetzt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt dieser Angeklagte.
Mit der Revisionseinlegung hatte der Verteidiger des Angeklagten die allgemeine Sachrüge erhoben. Der per Telefax übermittelte Schriftsatz des Verteidigers vom 22. Oktober 2001 zur weiteren Revisionsbegründung mit Verfahrensrügen war mit Ausnahme der letzten Seite, die neben einigen Ausführungen zur Sachrüge die Unterschrift des Verteidigers enthielt, am letzten Tag der Frist um 23.57 Uhr bei Gericht eingegangen, der vollständige Schriftsatz ging fünf Minuten später um 0.02 Uhr ein. Dies begründet ausnahmsweise die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der Verfahrensrügen , da es allein darum geht, einen in der fehlenden Unterschrift liegenden Formfehler bei einer bereits innerhalb der Frist eingegangenen Revisionsbegründung zu beseitigen (vgl. auch BGHSt 31, 161).
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. August 2001 werden als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Jähnke Otten Rothfuß Fischer Elf

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter in den Fällen des § 306a

1.
einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt,
2.
in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken oder
3.
das Löschen des Brandes verhindert oder erschwert.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 659/10
vom
10. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur versuchten besonders schweren Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 10. Mai 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 12. Juli 2010
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Anstiftung zur - tateinheitlich begangenen - versuchten besonders schweren Brandstiftung und Brandstiftung schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte in angemieteten Räumlichkeiten im Erdgeschoß des Tatanwesens, in welchem sich im Erdgeschoß verschiedene Geschäftslokale und im Obergeschoß fünf genutzte Wohnungen befanden, ein Sonnenstudio. Da die Einkünfte des Angeklagten nicht ausreichten , um seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, fasste er den Entschluss, das Inventar des Sonnenstudios durch Dritte in Brand setzen zu lassen, um gegenüber der Inventarversicherung vermeintliche Versicherungsansprüche betrügerisch geltend zu machen. Mit der Brandlegung beauftragte der Angeklagte ihm bekannte Personen, die nicht ermittelt werden konnten. Der Angeklagte hielt es für möglich und nahm billigend in Kauf, dass sich das Feuer auch auf das bewohnte Obergeschoß ausweiten konnte. Nicht ausschließbar vertraute er aber darauf, dass Menschen dadurch weder verletzt noch getötet werden.
3
Am 24. Januar 2009 zwischen 2.30 und 4.20 Uhr gelangten die vom Angeklagten beauftragten Täter mit einem vom Angeklagten überlassenen Schlüssel in das Sonnenstudio. Sie entzündeten im Eingangsbereich in der Nähe der dortigen Empfangstheke befindliche Gegenstände, wofür sie etwas Benzin aus einem mitgebrachten 5-Liter-Kanister verwendeten, den sie mit geöffnetem Verschluss im Sonnenstudio zurückließen. Das Feuer, das Gebäudeteile nicht erfasste, führte dazu, dass die Einrichtungen des Sonnenstudios, vor allem die Trennwände im Bereich der Empfangstheke und in ihrer Nähe in größerem Umfang verrußt bzw. verkohlt und - ebenso wie die Akustikdecke - durch die Hitzeeinwirkung zerstört wurden. Beim Eintreffen der um 6.55 Uhr alarmierten Feuerwehr war das Feuer bis auf noch vorhandene Glutnester erloschen. In Folge des Brandes, durch den niemand verletzt wurde, war das vom Angeklag- ten angemietete Geschäftslokal bis zu dessen Instandsetzung nicht mehr nutzbar. Hätte sich aus der Brandlegung ein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwartender Vollbrand des Sonnenstudios entwickelt, wäre mit einem Übergreifen des Feuers auf das Obergeschoß und einer Gefährdung der Bewohner zu rechnen gewesen.

II.


4
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die unbekannt gebliebenen Täter haben entgegen der Auffassung der Strafkammer lediglich eine versuchte schwere Brandstiftung in Tateinheit mit Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306 Abs. 1 Nr. 1, § 52 StGB begangen. Nach § 28 Abs. 2 StGB hat sich der Angeklagte daher der Anstiftung zur tateinheitlichen versuchten besonders schweren Brandstiftung und Brandstiftung schuldig gemacht.
5
1. Die von den Haupttätern verübte schwere Brandstiftung ist nicht über das Versuchsstadium hinaus verwirklicht worden.
6
a) Da das Landgericht ein Übergreifen des Feuers auf Gebäudeteile in der Weise, dass deren Fortbrennen aus eigener Kraft möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1986 - 1 StR 270/86, BGHSt 34, 115, 117), nicht hat feststellen können, fehlt es an einem vollendeten Inbrandsetzen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts liegen die Voraussetzungen der Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines der Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht vor.
7
b) Schutzobjekt des durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) neu gefassten § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist jede Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient. Geschützt ist die Wohnstätte des Menschen als der örtliche Mittelpunkt menschlichen Lebens (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1975 - 4 StR 120/75, BGHSt 26, 121, 123). Aus dem auf das Wohnen bezogenen Schutzzweck des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB folgt, dass die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines Wohngebäudes bei einer Brandlegung in einem einheitlichen, teils gewerblich, teils als Wohnung genutzten Gebäude erst dann verwirklicht ist, wenn (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes, d.h. eine zum Wohnen bestimmte abgeschlossene Untereinheit , durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 18, 20; Beschlüsse vom 24. Oktober 2006 - 3 StR 339/06, NStZ-RR 2007, 78; vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270, 271; vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519; vom 14. Juli 2009 - 3 StR 276/09, NStZ 2010, 151, 152; vom 26. Januar 2010 - 3 StR 442/09, NStZ 2010, 452; vgl. auch Urteil vom 17. November 2010 - 2 StR 399/10, NJW 2011, 1091; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 306a Rn. 8a; anders noch BGH, Beschluss vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99, NStZ 2000, 197). Dass das Feuer auf zu Wohnzwecken genutzte Teile des Gebäudes hätte übergreifen können, ändert nichts am fehlenden Eintritt des in § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB tatbestandlich vorausgesetzten Erfolgs und vermag daher die Annahme einer vollendeten schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 StGB nicht zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 3 StR 442/09 aaO). Da die Inbrandsetzung des Inventars des Sonnenstudios lediglich zu einer Zerstörung des dem Betrieb des Sonnenstudios dienenden Geschäftslokals führte, ist die von den unbekannt gebliebenen Tätern verübte schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Versuchsstadium stecken geblieben.
8
c) Auf Anfrage des Senats hat der 2. Strafsenat seine entgegenstehende , dem Beschluss vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 - zu Grunde liegende Rechtsauffassung aufgegeben.
9
2. Die von den unbekannt gebliebenen Tätern begangene versuchte schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 22 StGB steht zu der ebenfalls verwirklichten vollendeten Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB im Verhältnis der Tateinheit.
10
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass bei einer dasselbe Gebäude betreffenden Brandlegung der Tatbestand der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch denjenigen der schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 2003 - 4 StR 246/03; vom 3. April 2002 - 3 StR 32/02; vom 6. Dezember 2000 - 1 StR 498/00, StV 2001, 232; vom 21. November 2000 - 1 StR 438/00, NStZ 2001, 196). Gleiches gilt für das Verhältnis von einfacher zur besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 StGB (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 1 StR 498/00, aaO). Handelt es sich bei dem Tatobjekt um ein fremdes Gebäude, wird der Unrechtsgehalt des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch einen Schuldspruch wegen schwerer oder besonders schwerer Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 2 StGB vollständig erfasst.
11
b) Anders ist das Konkurrenzverhältnis aber zu beurteilen, wenn eine versuchte schwere oder versuchte besonders schwere Brandstiftung nach §§ 22, 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB mit einer vollendeten einfachen Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB zusammentrifft. Diese Konstellation kann sich in Folge der Erweiterung der Brandstiftungsdelikte um die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens ergeben, wenn - wie hier - bei einer Zerstörung eines gewerblichen Zwecken dienenden Teils eines teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes zwar der Tatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB, nicht aber derjenige des § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB vollendet ist. In diesen Fällen wird durch eine Verurteilung nur wegen versuchter schwerer oder versuchter besonders schwerer Brandstiftung nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass bezogen auf den Tatbestand der einfachen Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB ein Brandstiftungserfolg eingetreten ist. Die Klarstellungsfunktion der Idealkonkurrenz (BGH, Urteil vom 24. September 1998 - 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 198) gebietet es daher, Tateinheit zwischen § 306 Abs. 1 Nr. 1 und §§ 22, 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB anzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - 4 StR 78/08, NStZ-RR 2008, 309 zu §§ 22, 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB und § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB; Beschlüsse vom 31. August 2004 - 1 StR 347/04, NStZ-RR 2004, 367 zu §§ 22, 306c StGB und § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB; vom 21. November 2000 - 1 StR 438/00, aaO zu §§ 22, 306b Abs. 1 StGB und § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
12
3. Da es sich bei der nach § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB erforderlichen Absicht um ein strafschärfendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99, NStZ 2000, 197, 198), hat sich der Angeklagte auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nach § 28 Abs. 2 StGB der Anstiftung zur - tateinheitlich begangenen - versuchten besonders schweren Brandstiftung und Brandstiftung schuldig gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der verhängten Freiheitsstrafe zur Folge. Die zugehörigen, rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen können dagegen bestehen bleiben. Ergänzende, zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter sind möglich.
14
Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer, nachdem die Zuständigkeit des Schwurgerichts nicht mehr gegeben ist.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.