Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 1 StR 432/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, die der Verteidiger, Rechtsanwalt S. - dem das Urteil rechtswirksam zugestellt worden ist - innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO mit Verfahrensrügen und der Sachrüge begründet hat. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist hat der Angeklagte persönlich beim Rechtspfleger des Amtsgerichts München die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Anbringung weiterer Verfahrensrügen mit der Begründung beantragt, er wolle umfangreiche Rügen, die zwei Leitz-Ordner füllten, erheben.
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- 1. Eine Wiedereinsetzung zur Anbringung von Verfahrensrügen kommt nicht in Betracht, da die Revision des Angeklagten frist- und formgerecht mit Verfahrensrügen und der - auch vom Angeklagten selbst erhobenen - Sachrüge begründet worden ist (BGHSt 1, 44). Nur bei besonderen Verfahrenslagen, in denen dies zur Wahrung des Anspruchs des Angeklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint, kommen Ausnahmen von diesem Grundsatz in Betracht. Ein solcher Fall liegt bei dem von zwei Verteidigern vertretenen Angeklagten nicht vor. Der Angeklagte hat selbst vorgetragen, dass ihn die Rechtspfleger über die richtige Art der Revisionsbegründung belehrt und ihn darauf hingewiesen hätten, dass die Verfahrensrügen wohl nicht wirksam seien. Erst danach hätten sie es abgelehnt, die zahlreichen Rügen des Angeklagten zu protokollieren. Dies war sachgerecht, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollen die Revisionsgerichte vor einer Überlastung durch unsachgemäßes Vorbringen Rechtsunkundiger bewahrt werden. Auch soll vermieden werden, dass Revisionen rechtsunkundiger Angeklagter schon von vornherein an Formfehlern oder sonstigen Mängeln scheitern (BVerfGE 64, 135, 152).
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- 2. Die vom Verteidiger, Rechtsanwalt S. , erhobenen Verfahrensrügen sind teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Zu den zwei Befangenheitsrügen und dem Vorwurf, die Vorsitzende der Strafkammer habe vor der Vernehmung des Zeugen C. eigene Ermittlungen angestellt und die Verteidigung nicht über die Ergebnisse informiert und ihr als Organ der Rechtspflege Vernehmungsprotokolle und Aktenbestandteile vorenthalten, ist den Urteilsgründen folgendes zu entnehmen: „Von seiner Aussage und der Übergabe der Unterlagen ließ er sich letztlich auch durch Aktionen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Co. , der sein Erscheinen zu verhindern versuchte , nicht abhalten. Der Zeuge berichtete, dass Rechtsanwalt Co. ihn telefonisch kontaktiert habe und ihn aufgefordert habe , nicht nach Deutschland zu kommen oder sich zunächst mit Co. zu treffen. Daraufhin habe er sich bemüht, Kontakt mit der Zeugin D. zu bekommen. Dies sei ihm über den Zivilanwalt K. der Zeugin D. gelungen. Der daraufhin geladene Zeuge K. bestätigte diesen Kontakt. Er berichtete, dass C. gefragt habe, wo Frau D. sei. Auf die Mitteilung, dass sich Frau D. in der Justizvollzugsanstalt Aichach befinde, habe C. zum Ausdruck gebracht, dass er sich wegen der Anrufe des Rechtsanwalts Co. bedroht fühle. Rechtsanwalt Co. wirkte nach der Aussage des Zeugen K. auch auf ihn ein. Bei drei Telefonaten - am 23.05., 24.05. und 02.06.2006 - habe Co. sich als Rechtsanwalt des C. ausgegeben und größte Schwierigkeiten für die Zeugin D. angedroht, falls C. gegen den Angeklagten aussage. Es werde „zappenduster“, wenn C. erst einmal aussage. Auch gäbe es keine Unterlagen in der Türkei, die den Angeklagten belasten würden. Dieses Vorgehen des Verteidigers Co. steht aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen K. , C. und D. fest“.
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- Das befremdliche Verhalten des Verteidigers, Rechtsanwalt Co. , das auf eine unlautere Beeinflussung von Zeugen gerichtet war, machte die Vorgehensweise der Vorsitzenden unumgänglich.
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- 3. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.