Arbeitsgericht Dortmund Urteil, 08. Sept. 2015 - 7 Ca 1224/15
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Weisung der Beklagten vom 23. Februar 2015 unwirksam ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnungen vom 26.03.2015 und 22.04.2015 aus der Personalakte zu entfernen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die ausstehende Vergütung für die Monate April bis August 2015 in Höhe von 20.825,00 € brutto abzüglich eines auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Anspruchs für den Leistungszeitraum vom 21.04.2015 bis zum 31.08.2015 in Höhe von 6.133,76 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Widerklage wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 7 % und die Beklagte zu 93 %.
6. Der Streitwert wird auf 30.382,40 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung, die Entfernung zweier Abmahnungen, gegenseitige Zahlungsansprüche sowie über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger erneut bei der Sozialversicherung anzumelden. Der 1962 geborene Kläger ist seit dem 1.4.2001 bei der Beklagten zuletzt als Immobilienkaufmann in E im Bereich Corporate & Public im Team 1234 beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt beträgt 4.165,00 €. In dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 2.2.2001 (Bl. 13 ff. d.A.) wurde folgendes vereinbart:
3„§ 1
4Art und Ort der Beschäftigung
5- 1.6
Der Arbeitnehmer wird im Aufgabenbereich Service Center Nord in N als Immobilienkaufmann vollzeit beschäftigt.
- 2.7
Die E1 ist berechtigt, dem Arbeitnehmer auch eine andere, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, gegebenenfalls auch unter Veränderung des Arbeitsortes/ Einsatzgebietes oder des Aufgabenbereiches zu übertragen. Der Arbeitnehmer ist zuvor zu hören.
- 3.8
Die Beteiligung des Betriebsrates bleibt hiervon unberührt.“
In dem zuletzt gültigen Änderungsvertrag vom 25.11.2010 zum Arbeitsvertrag trafen die Parteien folgende Regelung, nachdem zuvor die Abteilung von der E1 auf die Beklagte übergegangen war:
10„§ 1
11Änderung des Arbeitsvertrages
12- 1.13
§ 1 Abs. 1 Ihres Arbeitsvertrages (Art und Ort der Beschäftigung) erhält folgende Fassung:
Der Arbeitnehmer wird in E als Immobilienkaufmann im Bereich Corporate an Public im Team 1234 vollbeschäftigt.
15(…)
16§ 2
17Schlussbestimmungen
18- 1.19
Alle übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bleiben unberührt.“
Zwischen den Parteien war ein Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Dortmund (Az.: 7 Ca 1917/13) anhängig. Die Beklagte wurde dort mit Urteil vom 17.12.2012 u.a. dazu verurteilt, den Kläger zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Immobilienkaufmann in der Abteilung DFMG für den Bereich Betriebskostenabrechnungen zu einem Bruttogehalt in Höhe von 4.165,00 € weiterzubeschäftigen. Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.
21Mit Schreiben vom 23.2.2015 (Bl. 52 ff. d.A.) erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass dieser unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages befristet für die Zeit vom 16.3.2015 bis zum 30.9.2015 im Projekt im Team 2345, Team Due Dilligence/ Archiv am Standort C eingesetzt wird. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur Versetzung des Klägers mit Schreiben vom 5.3.2015 (Bl. 58 d.A.). Mit Schreiben vom 12.3.2015 (Bl. 61 f. d.A.) teilte die Beklagte mit, dass sie bei dem Betriebsrat den Antrag auf vorläufige Versetzung gemäß § 100 BetrVG gestellt habe. Zu diesem Antrag nahm der Betriebsrat nicht unverzüglich Stellung.
22Der Kläger leistete der Weisung der Beklagten, die Arbeit ab dem 16.3.2015 in C zu verrichten, nicht Folge. Gleichwohl zahlte die Beklagte an den Kläger das gesamte Gehalt für den Monat März 2015. Mit Schreiben vom 16.3.2015 (Bl. 71 d.A.) und 22.4.2015 (Bl. 81 d.A.) mahnte die Beklagte den Kläger wegen des Vorwurfs des unerlaubten Fernbleibens von der Arbeit ab. Mit Schreiben vom 28.5.2015 kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos. Diesbezüglich führen die Parteien einen Kündigungsrechtsstreit. Die Beklagte zahlte ab April 2015 an den Kläger nach Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung kein Gehalt mehr.
23Bereits in der Vergangenheit wurde der Kläger durch eine E-Mail der Beklagten vom 6.1.2014 darüber informiert, dass er ab dem 1.11.2014 im „Archiv-Projekt“ am Standort C eingesetzt werden sollte. Entsprechendes wurde dem Kläger auch am 17.7.2014 mündlich mitgeteilt. Zu dieser Versetzungsankündigung nahm der Kläger mit E-Mail vom 8.10.2014 im Einzelnen Stellung und machte Einwendungen geltend. Ferner forderte er die Beklagte auf, die Versetzungsmaßnahme bis zum 17.10.2014 zurückzunehmen. Mit E-Mail vom 24.10.2014 teilte die Beklagte mit, dass die Versetzung vorläufig aufgeschoben werde.
24Mit seiner am 18.3.2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Er ist der Ansicht, die Weisung der Beklagten widerspreche sowohl dem Inhalt des Arbeitsvertrages als auch dem Inhalt des rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts. Die Weisung sei überdies unbillig und stelle eine Diskriminierung und Maßregelung dar. Der Kläger ist der Ansicht, der in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages geregelte Versetzungsvorbehalt sei nicht Bestandteil des aktuellen Arbeitsvertrages mit Stand 25.11.2010 geworden, da für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei, dass durch den allgemeinen Vorbehalt in § 2 Abs. 1 des Änderungsvertrages vom 25.11.2010 auch der Versetzungsvorbehalt aufrecht erhalten bleiben sollte. Zudem sei der vertragliche Versetzungsvorbehalt unbeachtlich, intransparent und widersprüchlich. Der Kläger ist weiter der Ansicht, der in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages normierte Versetzungsvorbehalt erlaube auch keine nur vorübergehende Übertragung eines neuen Aufgabenbereichs. Die Weisung sei auch aus dem Grunde unwirksam, da der Kläger entgegen der Regelung in § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag nicht zuvor angehört worden sei. Die Weisung der Beklagten sei auch deshalb unwirksam, da der Betriebsrat der beabsichtigten Versetzung des Klägers nach C widersprochen hat. Schließlich sei die Versetzungsanordnung auch rechtswidrig, weil die Beklagte den Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs in C nicht beteiligt habe. Der Kläger ist der Ansicht, die beiden Abmahnungen vom 26.3. und 22.4.2015 seien rechtswidrig, da er nicht verpflichtet gewesen sei, die Arbeit in C ab dem 16.3.2015 aufzunehmen.
25Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen festzustellen, dass die Beklagte sich seit dem 16.3.2015 in Annahmeverzug befindet. Der Antrag wurde mit Schriftsatz vom 10.7.2015 zurückgenommen. Ferner hat er zunächst angekündigt zu beantragen festzustellen, dass der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der anteiligen Vergütung für März 2015 in Höhe von 1.113,66 € nicht zusteht. Diesen Antrag hat der Kläger ebenfalls zurückgenommen, nachdem die Beklagte Widerklage auf Zahlung des vorgenannten Betrages erhoben hat.
26Der Kläger beantragt zuletzt,
27- 28
1. festzustellen, dass die Weisung der Beklagten vom 23.2.2015 unwirksam, hilfsweise unverbindlich ist,
- 29
2. festzustellen, dass die Abmahnung der Beklagten vom 26.3.2015 unwirksam ist,
- 30
3. festzustellen, dass die weitere Abmahnung der Beklagten vom 22.4.2015 unwirksam ist,
- 31
4. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom 26.3.2015 und 22.4.2015 aus der Personalakte zu entfernen,
- 32
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die ausstehende Vergütung für die Monate April bis August 2015 in Höhe von 20.825,00 € brutto abzüglich eines auf die Bundeagentur für Arbeit übergegangenen Anspruchs für den Leistungszeitraum vom 21.4.2015 bis zum 31.8.2015 in Höhe von 6.133,76 € zu zahlen,
- 33
6. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger ab dem 16.4.2015 erneut bei der Sozialversicherung anzumelden.
Die Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Widerklagend beantragt sie,
37den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.113,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.4.2015 zu zahlen.
38Der Kläger beantragt,
39die Widerklage abzuweisen.
40Die Beklagte behauptet, am Standort E stehe ein Arbeitsplatz als Immobilienkaufmann in der Betriebskostenabrechnung nicht zur Verfügung. Des Weiteren sei das erforderliche Vertrauensverhältnis zu dem Kläger sowohl seitens der Teamleiterin als auch seitens der Teamkollegen unwiederbringlich zerstört. Daher sei die Versetzung des Klägers nach C erforderlich, um den Betriebsfrieden wiederherzustellen. Es entspreche billigem Ermessen, nur den Kläger anstelle aller weiteren in der Eer Abteilung beschäftigten Mitarbeiter zu versetzen. Die Beklagte ist der Ansicht, eine Versetzung des Klägers sei aufgrund des in § 106 GewO geregelten Direktionsrechts auch in dem Fall zulässig, sollte die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag unwirksam sein. Jedenfalls hätte der Kläger zumindest vorläufig der Weisung Folge leisten müssen, solange keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung darüber ergangen ist. Die Beklagte behauptet, der Kläger sei am 28.1.2015 anlässlich eines Termins in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Versetzung angehört worden. Sie behauptet weiter, dass ein differierender Betriebsrat am Standort in C nicht existiert. Zuständig sowohl für den abgehenden als auch für den aufnehmenden Betrieb sei der Übergangsbetriebsrat in G. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe hinsichtlich des geltend gemachten Annahmeverzugslohns grob fahrlässig und böswillig Zwischenverdienst nicht erzielt. Die Überzahlung von 1.113,66 € für den Monat März sei vom Kläger zurückzuzahlen, da dieser vertragswidrig die Arbeit in C ab dem 16.3.2015 nicht aufgenommen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie der Prozessakte verwiesen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
42I.
43Die Klage ist hinsichtlich der Anträge zu 2., 3. und 6. unzulässig. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Die zulässige Widerklage ist unbegründet.
441.
45Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die beiden Abmahnungen vom 26.3. und 22.4.2015 unwirksam sind, ist die Klage unzulässig. Bei der Abmahnung handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis, dessen Wirksamkeit im Rahmen einer Feststellungsklage einer Überprüfung unterzogen werden könnte (LAG Hamm, 2.8.2002, 10 TaBV 121/01). Wohl aber kann im Wege der Leistungsklage die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte verlangt werden. Hierzu verhält sich der Hilfsantrag. Die Feststellungsklage ist subsidiär.
46Sofern der Kläger begehrt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger ab dem 16.4.2015 erneut bei der Sozialversicherung anzumelden, ist ein solcher Antrag unzulässig. Der Antrag genügt zum einen nicht dem Bestimmtheitserfordernis gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Danach muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Nach dem Klageantrag bleibt offen, was unter „der Sozialversicherung“ konkret zu verstehen ist. Zudem wird die Beklagte als Arbeitgeberin im Rahmen der Meldung zur Sozialversicherung gemäß § 28a SGB IV in zeugenschaftlicher Funktion tätig. Eine Klage auf einen bestimmten Inhalt einer Zeugenaussage ist aber nicht zulässig.
472.
48Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Feststellung, dass die Weisung der Beklagten vom 23.2.2015 unwirksam ist. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Eine Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG, 27.10.2005, 6 AZR 123/05). Dies ist insbesondere der Fall, wenn über die Wirksamkeit einer direktionsrechtlichen Maßnahme, z.B. einer Versetzung, gestritten wird (BAG a.a.O.).
49Eine Versetzung liegt vor bei einem dauerhaften Wechsel auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers. Bei der Maßnahme vom 23.2.2015 handelt es sich um eine solche im Wege der Feststellungsklage überprüfbare Veränderung eines Rechtsverhältnisses. Die Zuordnung des Klägers zu der neuen Dienststelle in C berührt trotz der Befristung der Maßnahme die Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis. Es handelt sich nicht um eine nur unwesentliche Änderung der Arbeitsumstände des Klägers, da sie erkennbare Auswirkungen auf die vertraglichen Rechtsbeziehungen hat. Der Kläger hat insofern ein Feststellungsinteresse.
50Die Versetzung des Klägers nach C ab dem 16.3.2015 ist rechtswidrig, da sie gegen den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages verstößt. In § 1 Abs. 1 des Änderungsvertrages vom 25.11.2010 haben die Parteien vereinbart, dass der Kläger in E als Immobilienkaufmann im Bereich Corporate and Public im Team 1234 beschäftigt wird. Der Ort der Arbeitsleistung sowie der Inhalt der Arbeitsleistung wurden diesbezüglich festgelegt. Gemäß § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Dies gilt nach dem zweiten Halbsatz der Norm aber nur insoweit, als diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Je enger die Tätigkeit des Arbeitnehmers sowie die Einzelheiten seiner Beschäftigung, der Einsatzort, Umfang und Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag festgeschrieben sind, umso geringer ist der Spielraum des Arbeitgebers zur Ausübung des Weisungsrechts. Die Beklagte kann den Kläger daher nicht ohne weiteres an einen anderen Arbeitsort unter Berufung auf § 106 GewO versetzen, da insbesondere der Ort der Tätigkeit (E) im Arbeitsvertrag festgeschrieben wurde.
51Eine individualvertragliche Versetzung des Klägers nach C ist nicht möglich aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vom 2.2.2001. Unabhängig von der Frage, ob diese Regelung durch die Formulierung in § 2 Abs. 1 des Änderungsvertrages weiterhin Gültigkeit hat, ist der in § 1 Abs. 2 normierte Versetzungsvorbehalt unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 BGB.
52Über das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) bezüglich des Arbeitsvertrages vom 2.2.2001 besteht zwischen den Parteien kein Streit. Die Regelung in § 1 Abs. 2 unterliegt auch einer Inhaltskontrolle. Zwar sind Direktionsrechtsklauseln als deklaratorische Klauseln gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB inhaltskontrollfrei, wenn sie lediglich den Inhalt des allgemeinen Weisungsrechts nach § 106 GewO wiedergeben. Bei der streitgegenständlichen Regelung handelt es sich aber nicht bloß um eine deklaratorische Klausel. Denn während gemäß § 106 Satz 1 GewO die Ausübung des Weisungsrechts nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) erfolgen kann, ist dies in § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag nicht gewährleistet. Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden.
53Eine vorformulierte Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch die einseitige Gestaltung eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB wird der Kläger durch den Vorbehalt des Arbeitsvertrags in § 1 Abs. 2 unangemessen benachteiligt. Hier hat sich die Beklagte eine Änderung der vertraglichen Tätigkeit als solche vorbehalten.
54Durch die in § 1 Abs. 2 verwendete Klausel wird nicht sichergestellt, dass die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. Es ist dort nicht formuliert, dass die Übertragung einer anderen Tätigkeit nur unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers möglich ist. Die gewählte Formulierung ist zu weitgehend, weil mit ihr auch die Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit gemeint sein kann. Die Klausel erstreckt sich nicht nur auf gleichwertige Tätigkeiten (vgl. BAG 11.4.2006, NZA 2006, 1149). Eine solche Regelung ist ohne nachvollziehbare, transparente Änderungsgründe und einer Vergütungsgarantie unwirksam, da der Arbeitnehmer ein gewichtiges Interesse an der Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit hat (BAG 9.5.2006, NZA 2007, 145).
55Für den Bereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen gilt das aus § 306 Abs. 2 BGB abgeleitete Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (BAG 20.5.2008, 9 AZR 382/07). Daher ist der Versetzungsvorbehalt in § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag insgesamt unwirksam. Eine Aufspaltung in einen wirksamen und unwirksamen Teil der Klausel (blue pencil- Test) kommt außerdem nicht in Frage, da die Klausel an sich nicht gewährleistet, dass die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden, gleich ob es um den Ort oder den Inhalt der Arbeitsleistung geht.
563.
57Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Entfernung der beiden Abmahnungen vom 26.3.2015 und 22.4.2015 aus der Personalakte entsprechend §§ 242, 1004 BGB. Danach kann der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen, sofern diese rechtswidrig ist. Die beiden Abmahnungen sind rechtswidrig, weil sich der Kläger nicht arbeitsvertragswidrig verhalten hat, als er die Arbeit am 16.3.2015 in C nicht aufnahm. Dieses Verhalten wird ihm durch die beiden streitgegenständlichen Abmahnungen jedoch gerade vorgeworfen. Die arbeitgeberseitige Anweisung, die Arbeit am Standort C aufzunehmen, verstößt gegen den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages. Insofern wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2. verwiesen. Der Kläger war auch nicht gehalten, der Anweisung der Beklagten vorläufig Folge zu leisten. Sofern die Beklagte die Auffassung vertritt, eine unbillige, da rechtswidrige Versetzungsmaßnahme sei nicht nichtig, sondern nur unverbindlich und vom Arbeitnehmer zunächst zu befolgen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB) und sich hierzu auf die Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 22.2.2012, 5 AZR 249/11) stützt, ist anzumerken, dass ein Arbeitnehmer nicht (vorläufig) an eine Weisung gebunden sein kann, wenn diese unverbindlich ist. Eine solche Weisung ist unverbindlich, wie der Wortlaut des § 315 Abs. 3 BGB zeigt. Deren Befolgung bedeutete eine Sanktionierung einer im Ergebnis rechtmäßigen Verweigerung einer unbilligen Weisung (vgl. BAG 20.12.1984, NZA 1986, 21; 10.10.2002 NZA 2003, 483). Dem Kläger kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er eine Arbeitsanweisung, die sich bei gerichtlicher Überprüfung als rechtsunwirksam darstellt, nicht befolgt. Maßgeblich dafür, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine Arbeitsvertragsverletzung darstellt, ist die objektive Rechtslage (LAG Köln, 28.08.2014, 6 Sa 423/14). Hinzu kommt, dass das Weisungsrecht der Beklagten durch die Regelung in § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag hinsichtlich einer örtlichen Versetzung eingeschränkt ist. Die Regelung ist überdies unwirksam, wie festgestellt.
584.
59Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Vergütung für die Monate April bis August 2015 in Höhe von 20.825,00 € brutto abzüglich eines auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Anspruchs für den Leistungszeitraum vom 21.4.2015 bis zum 31.8.2015 in Höhe von 6.133,76 € gemäß §§ 611 Abs.1, 615 S.1 BGB i.V.m. den Bestimmungen des Arbeitsvertrages. Danach kann der Arbeitnehmer für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät.
60Hierzu bedarf es grundsätzlich eines tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung durch den Kläger gemäß § 294 BGB. Eines solchen tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung bedurfte es vorliegend jedoch ausnahmsweise nicht. Entsprechend § 296 BGB war dies entbehrlich. Die Beklagte hat dem Kläger für die Erbringung der Arbeitsleistung einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm Arbeit zuzuweisen. Diese Mitwirkungshandlung ist eine kontinuierliche, mit dem Kalender synchronlaufende Daueraufgabe und lässt die Feststellungsfunktion des Angebots entfallen (BAG 11.1.2006, NZA 2006, 314). Gemäß dem Inhalt des Arbeitsvertrages schuldet die Beklagte die Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes in E. Nachdem dem Kläger ab dem 16.3.2015 ein solcher nicht zur Verfügung gestellt wurde, geriet die Beklagte in Annahmeverzug. Mangels entgegenstehender Angaben ist ferner davon auszugehen, dass der Kläger zur Leistung im Stande war, die Beklagte die Annahme der Leistung jedoch nicht annahm.
61Der Kläger war insbesondere leistungswillig entsprechend § 297 BGB. Hiernach kommt der Arbeitgeber nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die geschuldete Leistung zu erbringen. Sofern die Beklagte die Auffassung vertritt, der Kläger hätte der Weisung, die Arbeit in C aufzunehmen, zunächst folgen müssen, ist dem wie vorgenannt festgestellt, nicht zu folgen. Für die Höhe des Vergütungsanspruchs gilt das Lohnausfallprinzip. Danach ist der Arbeitnehmer so zu vergüten, als ob er gearbeitet hätte. Die Fälligkeit des Annahmeverzugslohns bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, in dem der Lohn bei ordnungsgemäßer Abwicklung fällig geworden wäre. Für den geltend gemachten Zeitraum von April bis August 2015 ergibt sich ein Gesamtbruttobetrag in Höhe von 20.825,00 €. Der Kläger muss sich auf den Annahmeverzugslohn den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Hiernach ist auf den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung die Summe des erhaltenen Arbeitslosengeldes für den Leistungszeitraum vom 21.4.2015 bis zum 31.8.2015 in Höhe von 6.133,76 € anzurechnen. Angerechnet wird auch, was der Arbeitnehmer böswillig zu erwerben unterlässt. Der Arbeitnehmer handelt böswillig, wenn er in Kenntnis der objektiven Umstände, d.h. Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit und Nachteilsfolge für den Arbeitgeber, vorsätzlich untätig bleibt oder die Arbeitsaufnahme verhindert (BAG 18.6.1965, AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 2). Hierfür sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Der Kläger hat Erwerb nicht böswillig unterlassen, indem er der Versetzung nach C nicht Folge geleistet hat. Ein Arbeitnehmer verhält sich grundsätzlich nicht böswillig, der einer rechtswidrigen Versetzung nicht Folge leistet (BAG 7.11.2002, AP BGB § 615 Nr. 98).
625.
63Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 1.113,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.4.2015. Ein solcher Anspruch besteht nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist zur Herausgabe verpflichtet, wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die Beklagte zahlte an den Kläger das Gehalt für den kompletten Monat März 2015, obgleich der Kläger nicht, wie von der Beklagten angewiesen, die Arbeit ab dem 16.3.2015 in C aufnahm. Die Zahlung erfolgte jedoch nicht ohne Rechtsgrund. Auf Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages ist die Beklagte zur Beschäftigung des Klägers in E und zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der schuldrechtliche (Arbeits-)Vertrag zwischen den Parteien stellt den Rechtsgrund für die Zahlung dar. Indem die Beklagte die Arbeitsleistung des Klägers ab dem 16.3.2015 in E nicht mehr in Anspruch genommen hat, entfällt der Vergütungsanspruch des Klägers nicht. Denn das Betriebs- und Annahmeverzugsrisiko trägt die Beklagte. Mangels fehlenden Rechtsgrundes für die Zahlung der Vergütung für den Monat März 2015 kommt ein Rückzahlungsanspruch nicht in Betracht. Weitere in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen bestehen nicht.
64II.
65Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen, da beide Parteien teilweise obsiegten bzw. unterlagen. Bei einem Streitwert, der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt und der Höhe nach einem Bruttomonatsgehalt für den Klageantrag zu 1., jeweils einem Bruttomonatsgehalt für die Anträge zu 2. und 3., sowie den Nennbeträgen des Klageantrags zu 5. sowie der Widerklage (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG), sowie einem halben Bruttomonatsgehalt für den Klageantrag zu 6. entspricht, hat der Kläger 7 %, die Beklagte 93 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Hilfsantrag zu 4. wirkt nicht streitwerterhöhend (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
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(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.
(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Der Arbeitgeber oder ein anderer Meldepflichtiger hat der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten
- 1.
bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung, - 2.
bei Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung, - 3.
bei Eintritt eines Insolvenzereignisses, - 4.
(weggefallen) - 5.
bei Änderungen in der Beitragspflicht, - 6.
bei Wechsel der Einzugsstelle, - 7.
bei Anträgen auf Altersrenten oder Auskunftsersuchen des Familiengerichts in Versorgungsausgleichsverfahren, - 8.
bei Unterbrechung der Entgeltzahlung, - 9.
bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses, - 10.
auf Anforderung der Einzugsstelle nach § 26 Absatz 4 Satz 2, - 11.
bei Antrag des geringfügig Beschäftigten nach § 6 Absatz 1b des Sechsten Buches auf Befreiung von der Versicherungspflicht, - 12.
bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, - 13.
bei Beginn der Berufsausbildung, - 14.
bei Ende der Berufsausbildung, - 15.
bei Wechsel im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2024 von einem Beschäftigungsbetrieb im Beitrittsgebiet zu einem Beschäftigungsbetrieb im übrigen Bundesgebiet oder umgekehrt, - 16.
bei Beginn der Altersteilzeitarbeit, - 17.
bei Ende der Altersteilzeitarbeit, - 18.
bei Änderung des Arbeitsentgelts, wenn die Geringfügigkeitsgrenze über- oder unterschritten wird, - 19.
bei nach § 23b Absatz 2 bis 3 gezahltem Arbeitsentgelt oder - 20.
bei Wechsel im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2024 von einem Wertguthaben, das im Beitrittsgebiet und einem Wertguthaben, das im übrigen Bundesgebiet erzielt wurde,
(1a) (weggefallen)
(2) Der Arbeitgeber hat jeden am 31. Dezember des Vorjahres Beschäftigten nach Absatz 1 zu melden (Jahresmeldung).
(2a) Der Arbeitgeber hat für jeden in einem Kalenderjahr Beschäftigten, der in der Unfallversicherung versichert ist, zum 16. Februar des Folgejahres eine besondere Jahresmeldung zur Unfallversicherung zu erstatten. Diese Meldung enthält über die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3, 6 und 9 hinaus folgende Angaben:
- 1.
die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches; - 2.
die Betriebsnummer des zuständigen Unfallversicherungsträgers; - 3.
das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro und seine Zuordnung zur jeweilig anzuwendenden Gefahrtarifstelle.
(3) Die Meldungen enthalten für jeden Versicherten insbesondere
- 1.
seine Versicherungsnummer, soweit bekannt, - 2.
seinen Familien- und Vornamen, - 3.
sein Geburtsdatum, - 4.
seine Staatsangehörigkeit, - 5.
Angaben über seine Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit, - 6.
die Betriebsnummer seines Beschäftigungsbetriebes, - 7.
die Beitragsgruppen, - 7a.
(weggefallen) - 8.
die zuständige Einzugsstelle und - 9.
den Arbeitgeber.
- 1.
bei der Anmeldung - a)
die Anschrift, - b)
der Beginn der Beschäftigung, - c)
sonstige für die Vergabe der Versicherungsnummer erforderliche Angaben, - d)
nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 die Angabe, ob zum Arbeitgeber eine Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling besteht, - e)
nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 die Angabe, ob es sich um eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt, - f)
die Angabe der Staatsangehörigkeit,
- 2.
bei allen Entgeltmeldungen - a)
eine Namens-, Anschriften- oder Staatsangehörigkeitsänderung, soweit diese Änderung nicht schon anderweitig gemeldet ist, - b)
das in der Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro, in den Fällen, in denen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in der Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung vorliegt, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt in der Krankenversicherung, - c)
in Fällen, in denen die beitragspflichtige Einnahme in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 20 Absatz 2a oder § 134 bemessen wird, das Arbeitsentgelt, das ohne Anwendung dieser Regelung zu berücksichtigen wäre, - d)
der Zeitraum, in dem das angegebene Arbeitsentgelt erzielt wurde, - e)
Wertguthaben, die auf die Zeit nach Eintritt der Erwerbsminderung entfallen, - f)
für geringfügig Beschäftigte zusätzlich die Steuernummer des Arbeitgebers, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Beschäftigten und die Art der Besteuerung. - g)
(weggefallen) - h)
(weggefallen)
- 3.
(weggefallen) - 4.
bei der Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 19 - a)
das Arbeitsentgelt in Euro, für das Beiträge gezahlt worden sind, - b)
im Falle des § 23b Absatz 2 der Kalendermonat und das Jahr der nicht zweckentsprechenden Verwendung des Arbeitsentgelts, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers jedoch der Kalendermonat und das Jahr der Beitragszahlung.
(3a) Der Arbeitgeber oder eine Zahlstelle nach § 202 Absatz 2 des Fünften Buches hat in den Fällen, in denen für eine Meldung keine Versicherungsnummer des Beschäftigten oder Versorgungsempfängers vorliegt, im Verfahren nach Absatz 1 eine Meldung zur Abfrage der Versicherungsnummer an die Datenstelle der Rentenversicherung zu übermitteln; die weiteren Meldepflichten bleiben davon unberührt. Die Datenstelle der Rentenversicherung übermittelt dem Arbeitgeber oder der Zahlstelle unverzüglich durch Datenübertragung die Versicherungsnummer oder den Hinweis, dass die Vergabe der Versicherungsnummer mit der Anmeldung erfolgt.
(3b) Der Arbeitgeber hat auf elektronische Anforderung der Einzugsstelle mit der nächsten Entgeltabrechnung die notwendigen Angaben zur Einrichtung eines Arbeitgeberkontos elektronisch zu übermitteln. Das Nähere über die Angaben, die Datensätze und das Verfahren regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.
(4) Arbeitgeber haben den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung nach Satz 2 zu melden, sofern sie Personen in folgenden Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigen:
- 1.
im Baugewerbe, - 2.
im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, - 3.
im Personenbeförderungsgewerbe, - 4.
im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, - 5.
im Schaustellergewerbe, - 6.
bei Unternehmen der Forstwirtschaft, - 7.
im Gebäudereinigungsgewerbe, - 8.
bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen, - 9.
in der Fleischwirtschaft, - 10.
im Prostitutionsgewerbe, - 11.
im Wach- und Sicherheitsgewerbe.
- 1.
den Familien- und die Vornamen, - 2.
die Versicherungsnummer, soweit bekannt, ansonsten die zur Vergabe einer Versicherungsnummer notwendigen Angaben (Tag und Ort der Geburt, Anschrift), - 3.
die Betriebsnummer des Arbeitgebers und - 4.
den Tag der Beschäftigungsaufnahme.
(4a) Der Meldepflichtige erstattet die Meldungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 an die zuständige Einzugsstelle. In der Meldung sind insbesondere anzugeben:
- 1.
die Versicherungsnummer des Beschäftigten, - 2.
die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes, - 3.
das monatliche laufende und einmalig gezahlte Arbeitsentgelt, von dem Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung für das der Ermittlung nach § 26 Absatz 4 zugrunde liegende Kalenderjahr berechnet wurden.
(5) Der Meldepflichtige hat der zu meldenden Person den Inhalt der Meldung in Textform mitzuteilen; dies gilt nicht, wenn die Meldung ausschließlich auf Grund einer Veränderung der Daten für die gesetzliche Unfallversicherung erfolgt.
(6) Soweit der Arbeitgeber eines Hausgewerbetreibenden Arbeitgeberpflichten erfüllt, gilt der Hausgewerbetreibende als Beschäftigter.
(6a) Beschäftigt ein Arbeitgeber, der
- 1.
im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke oder - 2.
mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 10b des Einkommensteuergesetzes
(7) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle für einen im privaten Haushalt Beschäftigten anstelle einer Meldung nach Absatz 1 unverzüglich eine vereinfachte Meldung (Haushaltsscheck) mit den Angaben nach Absatz 8 Satz 1 zu erstatten, wenn das Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3 aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Der Arbeitgeber kann die Meldung nach Satz 1 auch durch Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mit maschinell erstellten Ausfüllhilfen übermitteln. Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle gesondert ein Lastschriftmandat zum Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu erteilen. Die Absätze 2 bis 5 gelten nicht.
(8) Der Haushaltsscheck enthält
- 1.
den Familiennamen, Vornamen, die Anschrift und die Betriebsnummer des Arbeitgebers, - 2.
den Familiennamen, Vornamen, die Anschrift und die Versicherungsnummer des Beschäftigten; kann die Versicherungsnummer nicht angegeben werden, ist das Geburtsdatum des Beschäftigten einzutragen, - 3.
die Angabe, ob der Beschäftigte im Zeitraum der Beschäftigung bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt ist, und - 4.
- a)
bei einer Meldung bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung den Zeitraum der Beschäftigung, das Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3 für diesen Zeitraum sowie am Ende der Beschäftigung den Zeitpunkt der Beendigung, - b)
bei einer Meldung zu Beginn der Beschäftigung deren Beginn und das monatliche Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3, die Steuernummer des Arbeitgebers, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Beschäftigten und die Art der Besteuerung, - c)
bei einer Meldung wegen Änderung des Arbeitsentgelts nach § 14 Absatz 3 den neuen Betrag und den Zeitpunkt der Änderung, - d)
bei einer Meldung am Ende der Beschäftigung den Zeitpunkt der Beendigung, - e)
bei Erklärung des Verzichts auf Versicherungsfreiheit nach § 230 Absatz 8 Satz 2 des Sechsten Buches den Zeitpunkt des Verzichts, - f)
bei Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Absatz 1b des Sechsten Buches den Tag des Zugangs des Antrags beim Arbeitgeber.
(9) Soweit nicht anders geregelt, gelten für versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreite geringfügig Beschäftigte die Absätze 1 bis 6 entsprechend. Eine Jahresmeldung nach Absatz 2 ist für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 nicht zu erstatten.
(9a) Für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 hat der Arbeitgeber bei der Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zusätzlich anzugeben, wie diese für die Dauer der Beschäftigung krankenversichert sind. Die Evaluierung der Regelung erfolgt im Rahmen eines Berichts der Bundesregierung über die Wirkung der Maßnahme bis Ende des Jahres 2026.
(10) Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches von der Versicherungspflicht befreit und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, die Meldungen nach den Absätzen 1, 2 und 9 zusätzlich an die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu erstatten; dies gilt nicht für Meldungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 10. Die Datenübermittlung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels systemgeprüfter maschinell erstellter Ausfüllhilfen zu erfolgen. Zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 3 enthalten die Meldungen die Mitgliedsnummer des Beschäftigten bei der Versorgungseinrichtung. Die Absätze 5 bis 6a gelten entsprechend.
(11) Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches von der Versicherungspflicht befreit und Mitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, der Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen monatliche Meldungen zur Beitragserhebung zu erstatten. Absatz 10 Satz 2 gilt entsprechend. Diese Meldungen enthalten für den Beschäftigten
- 1.
die Mitgliedsnummer bei der Versorgungseinrichtung oder, wenn die Mitgliedsnummer nicht bekannt ist, die Personalnummer beim Arbeitgeber, den Familien- und Vornamen, das Geschlecht und das Geburtsdatum, - 2.
den Zeitraum, für den das Arbeitsentgelt gezahlt wird, - 3.
das beitragspflichtige ungekürzte laufende Arbeitsentgelt für den Zahlungszeitraum, - 4.
das beitragspflichtige ungekürzte einmalig gezahlte Arbeitsentgelt im Monat der Abrechnung, - 5.
die Anzahl der Sozialversicherungstage im Zahlungszeitraum, - 6.
den Beitrag, der bei Firmenzahlern für das Arbeitsentgelt nach Nummer 3 und 4 anfällt, - 7.
die Betriebsnummer der Versorgungseinrichtung, - 8.
die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes, - 9.
den Arbeitgeber, - 10.
den Ort des Beschäftigungsbetriebes, - 11.
den Monat der Abrechnung.
(12) Der Arbeitgeber hat auch für ausschließlich nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Siebten Buches versicherte Beschäftigte mit beitragspflichtigem Entgelt Meldungen nach den Absätzen 1 und 3 Satz 2 Nummer 2 abzugeben.
(13) (weggefallen)
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.
(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.
(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Tenor
-
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.
-
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.
- 2
-
Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.
-
Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:
-
„Sehr geehrte Damen und Herren,
leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.
Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.
…
Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.
(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)
Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.
Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.
Hochachtungsvoll
…“
- 4
-
Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.
- 5
-
Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
-
Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:
-
„Sehr geehrter Herr R,
aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.
Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“
- 7
-
Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.
-
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
-
1.
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;
2.
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.
- 9
-
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.
-
In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,
-
den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 11
-
Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
- 13
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Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
- 14
-
I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).
- 15
-
II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.
- 16
-
1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).
- 17
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2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.
- 18
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3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:
- 19
-
a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.
- 20
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b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.
- 21
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aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.
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bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.
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(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.
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(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).
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cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.
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(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.
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(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.
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(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.
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III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).
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IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.
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Müller-Glöge
Laux
Biebl
Reinders
Ilgenfritz-Donné
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.03.2014 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 2 Ca 1789/13 – teilweise abgeändert:
1. Es wird weiter festgestellt, dass die mit Schreiben vom 06.11.2013 erfolgte Versetzung des Klägers in die Kiesaufbereitungsanlage L in B unwirksam ist.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 19.12.2013, noch durch die Kündigung vom 20.12.2013, noch durch die Kündigung vom 06.01.2014 beendet worden ist.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 25 % und der Beklagten zu 75 % auferlegt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten insbesondere noch über die Unwirksamkeit einer Versetzung vom 06.11.2013 und einer nachfolgenden fristlosen Kündigung vom 20.12.2013 wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung am zugewiesenen neuen Arbeitsort.
3Der 59 Jahre alte Kläger ist seit 1977 bei der Beklagten, die zwei Kieswerke betreibt und regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, zuletzt als sog. Bandwächter gegen eine Bruttovergütung von 2.700,00 € tätig gewesen. Mit Schreiben vom 26.02.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen zum 30.09.2013. Unter dem 27.08.2013 bot die Beklagte dem Kläger ein auf die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristetes Prozessarbeitsverhältnis ab dem 01.10.2013 an. Der Kläger nahm dieses Angebot an und nahm seine Tätigkeit bei der Beklagten wieder auf.
4Mit Schreiben vom 06.11.2013 (Kopie Bl. 141 d. A.) versetzte die Beklagte den Kläger ab dem 18.11.2013 vom Werk B (Deutschland) in das Werk L (Belgien). Dort arbeitete der Kläger nach Genesung von einer Krankheit am 16.12.2013 einen Tag lang und lehnte am 17.12.2013 gegenüber seinem Vorgesetzten im Kieswerk B eine Weiterarbeit in Belgien ab. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Anwaltsschreiben vom 20.12.2013 (Kopie Bl. 130 d. A.) außerordentlich fristlos „aus den bekannten Gründen“.
5Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 12.03.2014 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26.02.2013, zugegangen am 28.02.2013, nicht aufgelöst wurde und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III zu erteilen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom 20.12.2013 sei wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung des Klägers gemäß § 626 Abs. 1 BGB wirksam. Seine Versetzung nach Belgien sei wirksam gewesen, weil der Arbeitsort L nur ca. 70 Km von seinem Wohnort entfernt sei. Selbst wenn der Kläger die Arbeitszuweisung „trotz anwaltlicher Beratung“ für ermessensfehlerhaft gehalten hätte, so habe er sie zunächst befolgen und sich um eine gerichtliche Klärung bemühen müssen. Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Begründung wird auf Bl. 202 ff. d. A. verwiesen.
6Mit seiner Berufung macht der Kläger unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, die Versetzung sei im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien willkürlich und schikanös gewesen. Er, der Kläger, sei auch gar nicht in der Lage gewesen, die zusätzlichen Fahrtkosten zu übernehmen, deren Erstattung die Beklagte abgelehnt habe.
7Der Kläger beantragt,
8- 9
1. festzustellen, dass seine Versetzung in die Kiesaufbereitungsanlage L in Belgien unwirksam ist;
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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 19.12.2013 nicht aufgelöst wird;
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3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungserklärung der Beklagten durch Schreiben vom 20.12.2013 nicht aufgelöst wurde oder wird;
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4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.01.2014 nicht beendet wurde.
Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie verteidigt das angefochtene Urteil aus Rechtsgründen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1u. 2 ArbGG) und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden ist(§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
22II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
23Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die noch streitbefangenen Kündigungen der Beklagten vom 19.12.2013, 20.12.2013 und 06.01.2014 nicht beendet worden. Für die außerordentlichen fristlosen Kündigungen vom 20.12.2013 und 06.01.2014 fehlt es an einem wichtigen Grund im Sinne des§ 626 Abs. 1 BGB, die ordentliche Kündigung vom 19.12.2013 ist ebenso wie die hilfsweise fristgemäße Kündigung vom 06.01.2014 sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 KSchG. Im Einzelnen gilt Folgendes:
241. Die der fristlosen Kündigung vom 20.12.2013 vorausgehende Versetzung des Klägers von seinem bisherigen Arbeitsort in B nach L in Belgien war rechtsunwirksam.
25Einen schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien unstreitig nicht geschlossen. Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Arbeitspflicht im Arbeitsvertrag, so ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kraft seines Direktionsrechts einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß §§ 106 GewO, 315 Abs. 3 BGB (vgl. BAG 28.08.2013 – 10 AZR 537/12 –, juris). Im Streitfall kann dahinstehen, ob eine Versetzung des Arbeitnehmers ins Ausland von § 106 S. 1 GewO schon grundsätzlich nicht mehr gedeckt ist (so etwa ArbG Heilbronn, 11.07.2013– 8 Ca 7/13, juris). Unabhängig davon entspricht die Versetzung hier jedenfalls nicht mehr billigem Ermessen.
26Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gemäß den §§ 106S. 1 GewO, 315 BGB verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG, 28.08.2013 – 10 AZR 537/12, juris m. w. N.).
27Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann nicht zweifelhaft sein, dass dem Kläger eine Arbeit in dem rund 70 Km statt bisher 15 Km von seinem Wohnort entfernten neuen Arbeitsort in Belgien nicht zumutbar war. Selbst wenn es hinreichende betriebliche Gründe für einen Einsatz in L gegeben haben sollte, konnte die Beklagte ohne Übernahme der zusätzlichen Fahrtkosten bzw. Stellung eines Firmenfahrzeugs die Arbeit an dem zugewiesenen Ort nicht verlangen. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung näher dargelegt, dass er nicht in der Lage war, die erheblichen Mehrkosten für die Fahrten zum neuen Arbeitsort aufzubringen. Die Beklagte hat eine Übernahme dieser Kosten bzw. einen Kostenvorschuss trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Klägervertreter nach Erhalt der Versetzung abgelehnt. Da sie auch eine zumutbare andere Lösung für den Kläger nicht angeboten hat – die Wohnmöglichkeit in einem Baustellencontainer konnte jedenfalls keine Dauerlösung sein –, hielt sich die Versetzungsanordnung nicht im Rahmen billigen Ermessens.
282. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 20.12.2013 ist entgegen der Auffassung der Beklagten und ihr folgend des Arbeitsgerichts nicht durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Dem Kläger kann eine beharrliche Arbeitsverweigerung nicht vorgeworfen werden, weil er durch die Nichtbefolgung der objektiv unwirksamen Versetzungsanordnung nicht in kündigungserheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Dieser Bewertung steht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.02.2012 (5 AZR 249/11, juris) zur vorläufigen Verbindlichkeit unbilliger Direktionsrechtsausübung nicht entgegen. Unabhängig von der Frage, ob dieser Rechtsprechung in der Sache zu folgen ist (vgl. kritisch insbesondere Thüsing, jM 2014, 20 f.), ist festzustellen, dass die Entscheidung zu den Voraussetzungen des Annahmeverzugs ergangen ist. Für den Bereich des Kündigungsrechts bleibt es dabei, dass dem Arbeitnehmer kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er eine Arbeitsanweisung, die sich bei gerichtlicher Überprüfung als rechtsunwirksam darstellt, nicht befolgt. Maßgeblich dafür, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit eine erhebliche Arbeitsvertragsverletzung darstellt, ist die objektive Rechtslage. Erst dann, wenn sich die Arbeitsanweisung als objektiv rechtswirksam erwiesen hätte, käme es auf die Grundsätze der Vermeidbarkeit eines Rechtsirrtums an (vgl. BAG 29.08.2013– 2 AZR 273/12, juris m. w. N.). Da die Versetzung hier objektiv rechtsunwirksam war, lag eine beharrliche Arbeitsverweigerung des Klägers nicht vor.
293. Mit Rücksicht darauf fehlt es auch an einem wichtigen Grund für die weitere außerordentliche, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 06.01.2014, die offenbar nur vorsorglich wegen des Eintritts der Zustimmungsfiktion des Landschaftsverbands Rheinland im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Schwerbehinderung des Klägers erfolgte. Sie ist ebenfalls rechtsunwirksam, weil die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind.
304. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19.12.2013 zum 31.07.2014 (Kopie Bl. 75 d. A.) ist sozial ungerechtfertigt, weil sie nicht durch Gründe, die in der Person des Klägers liegen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 KSchG).
31Die auf erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützte Kündigung scheitert bereits daran, dass derzeit nicht von einer negativen Prognose weiterer erheblicher Fehlzeiten ausgegangen werden kann. Unstreitig fand am 30.08.2012 ein betriebliches Eingliederungsmanagement mit dem Ergebnis statt, dass der Kläger künftig von besonders belastenden Tätigkeiten befreit und seine tägliche Arbeitszeit reduziert werde. Der Kläger sollte auch bei gesundheitlichen Beschwerden kurzfristig den Arbeitsplatz verlassen können, ohne dass für die ausfallende Zeit das Entgelt fortzuzahlen sei. Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen hat sich die Arbeitsfähigkeit des Klägers signifikant verbessert. Die Ausfallzeiten sind auch nach dem Vortrag der Beklagten deutlich zurückgegangen und weisen jedenfalls eine rückläufige Tendenz auf.
32Selbst wenn man aber zugunsten der Beklagten bei einer Gesamtschau der Ausfallzeiten von einer negativen Gesundheitsprognose und durchaus schon erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Entgeltfortzahlungskosten ausgehen würde, so muss im Rahmen der stets erforderlichen Interessenabwägung derzeit noch ein überwiegendes Bestandsschutzinteresse des Klägers festgestellt werden. Dabei fallen zugunsten des Klägers eine außergewöhnlich lange Betriebszugehörigkeit von rund 37 Jahren und sein fortgeschrittenes Lebensalter ins Gewicht. Der Beklagen ist es gerade nach dem Ergebnis des BEM vom August 2012 zumutbar, die weitere Entwicklung abzuwarten und dem Kläger eine Chance zur Festigung seiner Gesundheit zu geben. Die Schwelle zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist noch nicht überschritten.
33III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger die allgemeine Feststellungsklage, die das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat, nicht weiterverfolgt hat.
34IV. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
35R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
36Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
37Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf§ 72 a) ArbGG verwiesen.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.
Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.