Verkehrssicherungspflichtverletzung: Land muss für nicht griffigen Fahrbahnbelag haften

bei uns veröffentlicht am08.04.2016

Rechtsgebiete

Autoren

Rechtsanwalt

für Öffentliches Recht

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Das Land kann aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung für einen Fahrbahnbelag haften, wenn es aufgrund dieser Gefahrenquelle zu einem Motorradunfall kommt.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Motorradfahrerin entschieden, die bei regennasser Fahrbahn gestürzt war. An dem Motorrad entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 2.100 EUR. Diesen hat die Frau vom beklagten Land ersetzt verlangt. Sie beruft sich dabei auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung. Sie sei gestürzt, weil die Fahrbahnoberfläche im Bereich der Unfallstelle nicht griffig genug gewesen sei.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das OLG hat der Frau einen 75-prozentigen Schadenersatz in Höhe von ca. 1.600 EUR zugesprochen. Dabei hat es die ihr anzurechnende Betriebsgefahr des Motorrads mitberücksichtigt. Das beklagte Land habe, so die Richter, die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Im Bereich der Unfallstelle sei der Fahrbahnbelag mindestens seit dem Jahre 2008 nicht griffig genug gewesen. Deswegen sei nicht mehr gewährleistet gewesen, dass auch ordnungsgemäß fahrende Motorradfahrer den Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren könnten. Die fehlende Griffigkeit sei 2008 im Rahmen einer Straßenzustandserhebung festgestellt und dem Landesbetrieb Straßenbau spätestens im Jahre 2010 bekannt gewesen. Das Land sei gehalten gewesen, im Bereich der Unfallstelle durch eine Beschilderung auf die bei Nässe bestehende Schleuder- und Rutschgefahr hinzuweisen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Nässe auf maximal 30 km/h zu begrenzen. Diese Beschilderung sei vorwerfbar unterblieben. Bereits deswegen hafte das Land. Ob das Land darüber hinaus auch gehalten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu sanieren, könne im vorliegenden Fall dahinstehen.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2015, (Az.: 11 U 166/14).


Gründe:

Die Klägerin verlangt mit dem Vorwurf einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht infolge mangelnder Griffigkeit des Fahrbahnbelages von dem beklagten Land Schadensersatz wegen der Beschädigung ihres Motorrades I1 bei einem von ihr behaupteten Unfallgeschehen am...2012 um 9.40 Uhr auf der L... hinter der Ortsdurchfahrt M-L.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Land seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt habe. Aufgrund des von der Klägerin im selbstständigen Beweisverfahren LG Bielefeld, Aktenzeichen 180H 2/13, eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. S sei davon auszugehen, dass feste Grenzwerte, ab denen bauliche oder verkehrslenkende Maßnahmen zu ergreifen seien, nicht existierten. Die Straße sei auch bei Nässe mit Wahrscheinlichkeit unfallfrei befahrbar gewesen. Eine Unfallhäufung im Sturzbereich sei von der Klägerin nicht substanziiert dargelegt worden. Es sei auch nicht erkennbar, dass den Mitarbeitern des beklagten Landes bei den durchgeführten Kontrollen die mangelnde Griffigkeit des Straßenbelages habe auffallen müssen. Hingegen hätte die Klägerin angesichts des Straßenbelages und der Witterung besondere Vorsicht walten lassen müssen, zumal sie einen anderen Motorradfahrer vor sich habe schlingern sehen.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre Auffassung, dass das beklagte Land aufgrund der naheliegenden Möglichkeit einer Rechtsgutverletzung von Verkehrsteilnehmern gehalten gewesen wäre, das vorhandene und aufgrund der fehlenden Rauheit der Fahrbahn bei einer Straßenkontrolle erkennbare Unfallrisiko zu beseitigen.

Die Klägerin beantragt, das am 24.09.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an sie 2.120,60 Euro sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 272,87 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2012 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen V und I sowie durch wiederholte Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke zu den Senatsterminen vom 22.05.2015 und vom 13.11.2015, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze im Berufungsverfahren nebst eingereichten Anlagen verwiesen.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat weitgehend Erfolg.

Der Klägerin steht aufgrund ihres Motorradunfalls vom...2012 gegen 9.40 Uhr auf der L... kurz hinter der Ortsdurchfahrt M-L ein Schadensersatzanspruch gegen das beklagte Land gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Artikel 34 GG, 9, 9 a Straßen- und Wegegesetz NW zu.

Aufgrund des Ergebnisses der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin am...2012 auf der L... bei regennasser Straße mit ihrem Motorrad gestürzt ist und das in ihrem Eigentum stehende Motorrad dadurch beschädigt wurde. Den Unfallhergang hat nicht nur die Klägerin plausibel bei ihrer Anhörung durch den Senat geschildert, sondern er wurde auch durch den Zeugen I glaubhaft bestätigt. Allein der Umstand, dass der Zeuge selbst Schadensersatzansprüche wegen eines von ihm nahezu zeitgleich erlittenen Sturzes gegen das beklagte Land geltend macht und er eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt, macht seine Aussage nicht unglaubhaft. Vielmehr ist sie nicht nur mit der Geschehensschilderung der Klägerin, sondern auch mit den Feststellungen der Polizei ausweislich der beigezogenen Akten, Aktenzeichen 404000-027229-12/2 der Kreispolizeibehörde M vereinbar, da die zur Unfallstelle gerufenen Polizeibeamten eine rutschige nasse Fahrbahn, Kratzspuren und Farbabrieb auf der Fahrbahn sowie eine Rutschspur in den Straßengraben festgehalten haben. Der Umstand, dass die Klägerin stürzte, ergibt sich zudem aus der Aussage der Zeugin V, wenngleich diese aufgrund ihrer Sitzposition hinter der Klägerin ansonsten keine näheren Angaben zum Unfallhergang und Unfallort machen konnte.

Das beklagte Land hat die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil der Fahrbahnbelag im Bereich der Unfallstelle eine unzureichende Griffigkeit aufwies.

Aus den o. g. Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes NW ergibt sich für das beklagte Land die Verpflichtung, die von ihm unterhaltenen Verkehrsflächen von abhilfebedürftigen Gefahrenstellen frei zu halten. Es muss dabei nicht für alle erdenklichen, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintrittes Vorsorge treffen. Eine absolute Gefahrlosigkeit kann nicht gefordert werden. Grundsätzlich muss sich auch der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige muss jedoch in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Maßgebend ist die Sicherheitserwartung des Verkehrs, die sich wesentlich an dem äußeren Erscheinungsbild der Verkehrsfläche, ihrer Verkehrsbedeutung und dem Maß der Ablenkung der Verkehrsteilnehmer orientiert.

Den danach zu stellenden Anforderungen hat das beklagte Land nicht genügt. Die Verhandlung vor dem Senat hat ergeben, dass der Fahrbahnbelag an der Unfallstelle mindestens seit dem Jahre 2008 eine mangelhafte Griffigkeit aufwies, aufgrund derer nicht mehr gewährleistet war, dass Motorradfahrer trotz Einhaltung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt den streitgegenständlichen Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren konnten. Im Senatstermin vom 13.11.2015 hat das beklagte Land einräumen müssen, dass bereits im Rahmen einer Straßenzustandserhebung im Jahre 2008 eine Griffigkeit ermittelt wurde, die mit einem Seitenkraftbeiwert unterhalb des sogenannten Schwellenwerts des von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen erstellten Merkblatts zur Bewertung der Straßengriffigkeit bei Nässe lag und zu einer Bewertung mit mangelhaft führte. Den Umstand, dass das beklagte Land bis zur letzten mündlichen Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit die ihm vorliegenden Ergebnisse der Straßenzustandserhebung nicht bekanntgab, auf Auflage des Senats hin zunächst nur einen unvollständigen, die maßgeblichen Zahlen nicht enthaltenen Auszug aus der Tabelle vorgelegt hat und das Bestreiten unzureichender Griffigkeit der Straße aufrechterhielt, braucht der Senat nicht weiter zu kommentieren.

Die im Jahre 2008 erhobenen Werte korrespondieren mit den Ergebnissen der Messungen, die der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. S bei Anfertigung seines Gutachtens vom 18.12.2013 im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens Landgericht Bielefeld, Aktenzeichen18 OH 2/13, durchführen ließ. Auch bei der von ihm veranlassten Untersuchung ergaben sich Seitenkraftbeiwerte, die bei zahlreichen Einzelpunkten im hier betroffenen Straßenbereich nicht nur unterhalb des Warnwertes der Tabelle 2 des M BGriff, sondern sogar unterhalb des Schwellenwertes lagen, weshalb der Sachverständige überzeugend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Fahrbahn eine für die Verkehrssicherheit kritische Griffigkeit aufwies, die ein erhöhtes Unfallrisiko zur Folge haben konnte.

Die im Jahre 2008 erhobenen und spätestens im Jahre 2010 dem für das Land handelnden Landesbetrieb Straßenbau NRW vorliegenden Werte hätten zumindest insofern Veranlassung zu Abhilfemaßnahmen geben müssen, als das Land gehalten gewesen war, im Bereich der späteren Unfallstelle das Verkehrszeichen 114 gemäß der Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO mit Zusatzschild 1052-36 bei Nässe in Verbindung mit einer jedenfalls bei Nässe geltenden Tempobegrenzung auf maximal 30 km/h gemäß Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO aufzustellen, was das beklagte Land vorwerfbar unterlassen hat. Ob es darüber hinaus noch geboten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu sanieren, kann dahinstehen.

Ohne Erfolg macht demgegenüber das beklagte Land geltend, dass nach dem seinerzeit einschlägigen Regelwerk des M BGriff aus dem Jahre 2003 gemäß dem Maßnahmenkatalog in Tabelle 4 in Verbindung mit den empfohlenen Konsequenzen bzw. Maßnahmen gemäß Tabelle 3 lediglich eine abschnittsbezogene ingenieurmäßige Überprüfung vorgesehen gewesen sei, ob Unfallhäufungsstellen bei Nässe vorhanden seien oder eine erhöhte Unfallgefahr aufgrund der Streckencharakteristik bestehe, und soweit dies nicht der Fall sei, lediglich die Beobachtungszeiträume zu verkürzen seien. Nur im Fall der Feststellung einer Unfallhäufung oder einer erhöhten Unfallgefahr aufgrund der Streckencharakteristik seien verkehrsrechtliche Maßnahmen wie eine Geschwindigkeitsbegrenzung und/oder die Aufstellung des Gefahrzeichen 114 und bauliche Maßnahmen wie griffigkeitsverbessernde Maßnahmen, eine Verbesserung des Wasserabflusses von der Fahrbahnoberfläche und/oder eine Verbesserung der Sichtverhältnisse geboten. Wenngleich der Wortlaut des Merkblattes sämtliche Maßnahmen an die Feststellung einer Unfallhäufung im fraglichen Bereich oder sonstiger die Unfallgefahr erhöhenden Charakteristika knüpft, welche im vorliegenden Fall nicht feststellbar sind, musste sich den Mitarbeitern der zuständigen Behörden gleichwohl aufdrängen, dass eine derartige Handhabung weder mit Sinn und Zweck der dem Land obliegenden Verkehrssicherungspflichten noch mit der staatlichen Verpflichtung zu Schutz von Leib und Leben gemäß Artikel 2 Abs. 2 S. 1 GG und zum Schutze des Eigentums gemäß Artikel 14 GG vereinbar ist. Da gerade für Motorradfahrer ein Sturz auf regennasser Fahrbahn aufgrund mangelhafter Griffigkeit des Straßenbelages mit erheblichen Gefahren für Leib, Leben und Eigentum verbunden ist, lag vielmehr auf der Hand, dass eine Handhabung, an einer bekannten Gefahrenstelle Schutzmaßnahmen erst dann zu ergreifen, wenn bereits ein oder gar mehrere Unfälle geschehen und dadurch Sach- und Körperschäden verursacht worden sind, nicht angehen kann. Hinzu kommt, dass es nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. S bei den Diskussionen anlässlich der Erstellung und der Überarbeitung des M B Griff um ein - grundsätzlich nachvollziehbares - Interesse der Träger der Straßenbaulast ging, nicht stets bei der Feststellung unzureichender Griffigkeit einer Straße bauliche Maßnahmen durchführen zu müssen, da eine derartige Pflicht bei einer unabsehbaren Vielzahl von Fällen die finanziellen Möglichkeiten öffentlichen Träger übersteigen könnte. Hingegen gab es weder Bestrebungen noch ist hierfür irgendein anerkennenswerter Grund ersichtlich, dass ein für die Verkehrssicherung verantwortlicher Straßenbaulastträger nicht die Verkehrsteilnehmer vor einer möglichen Gefahrenstelle durch eine geeignete und wenig kostenaufwändige Beschilderung warnen und so Unfällen vorbeugen sollte.

Indem die zuständigen Bediensteten des beklagten Landes diese Überlegungen nicht angestellt haben, handelten sie auch schuldhaft. Dass ihr Handeln mit dem seinerzeit geltenden Wortlaut des M BGriff vereinbar war, entlastet sie nicht. Obwohl das M BGriff seinerzeit ersichtlich in dem Bestreben erstellt wurde, die technischen Regeln und die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichtigen nach dem seinerzeitigen Erkenntnisstand zu erfassen, entbindet dies die Sicherungspflichtigen nicht von der Überprüfung, ob die in dem Merkblatt vorgeschlagenen und daher nicht wie eine Rechtsnorm verbindlichen Vorgehensweisen bei der Feststellung von Sicherheitsdefiziten im Einzelfall geeignet sind, die Verkehrsteilnehmer effektiv zu schützen. Wenn dies, wie im vorliegenden Fall, ersichtlich nicht der Fall ist, bedarf es einer Abweichung von bzw. Ergänzung der im Merkblatt vorgeschlagenen Konsequenzen und der Durchführung zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen über die im Merkblatt angeführten Maßnahmen hinaus.

Das beklagte Land entlastet weiterhin nicht, dass im Jahre 2011 eine Nachbetrachtung zu der Erhebung im Jahre 2008 und - was zugunsten des beklagten Landes unterstellt werden kann - regelmäßige Streckenkontrollen durchgeführt wurden. Da die Gefahr bereits aufgrund der Erhebung aus dem Jahre 2008 bekannt war, bedurfte es keiner weiteren Kontrollen, nur einer Warnung der Verkehrsteilnehmer vor der bereits zu erkennenden Gefahr. Im Übrigen fehlt jeder Anlass für die Annahme, dass die mit den Streckenkontrollen betrauten Mitarbeiter des beklagten Landes damit beauftragt und nach ihren persönlichen Fähigkeiten und der sächlichen Ausstattung in der Lage gewesen wären, die Griffigkeit der Fahrbahn in einem von ihnen kontrollierten Streckenabschnitt hinreichend zuverlässig zu beurteilen.

Die Pflichtverletzung seitens des beklagten Landes ist für den Sturz der Klägerin und die Beschädigung ihres Eigentums kausal geworden.

Der Umstand, dass sie auf einem Streckenabschnitt mit unzureichender Griffigkeit und nicht etwa auf einem kurzen Teilstück, an dem die Griffigkeit ausreichend war, gestürzt ist, ist bereits aufgrund der Regeln des Anscheinsbeweises zu vermuten, da mit dem Sturz der Klägerin auf nasser Fahrbahn in unmittelbarer Nähe der Gefahrenstelle gerade der Schaden eingetreten ist, den das beklagte Land durch die Erfüllung seiner Verkehrssicherungspflicht hätte verhindern müssen.

Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin im Falle einer ordnungsgemäßen Beschilderung der Gefahrenstelle sachgerecht verhalten hätte und durch eine Reduzierung des Tempos und besondere Aufmerksamkeit in der Lage gewesen wäre, den Sturz zu vermeiden. Auch insofern greift der Beweis des ersten Anscheins zugunsten der Klägerin ein. Hinzu kommt, dass bereits der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. S in seinem Gutachten vom 18.12.2013 festgestellt hat, dass die Unfallstelle wahrscheinlich - also bei entsprechend hoher Aufmerksamkeit und Vorsicht, welche durch eine entsprechende Beschilderung voraussichtlich ausgelöst worden wäre - unfallfrei hätte befahren werden können.

Die Klägerin muss sich zwar kein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB anrechnen lassen, jedoch die Betriebsgefahr des von ihr gefahrenen Motorrades gemäß §§ 7, 17 StVG, 254 Abs. 1 BGB.

Für ein Mitverschulden etwa wegen Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit, unangemessener Beschleunigung oder einer sonstigen Unaufmerksamkeit in Anbetracht der unzureichend griffigen Fahrbahn fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung geschildert, dass sie sich bei der Ortsdurchfahrt in M-L an die dort vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h gehalten und nach Verlassen der geschlossenen Ortschaft nicht beschleunigt habe. Allein aufgrund der Umstände, dass die vor ihr liegende Fahrbahn nass war und deren Oberfläche in geringerem Maße als an anderen Stellen strukturiert erscheinen musste, konnte von ihr nicht erwartet werden, dass sie daraus die Gefahr einer den Schwellenwert unterschreitenden Griffigkeit der Fahrbahn schon bei Annäherung hätte erkennen und ihre Fahrweise insbesondere durch Herabsetzung der Geschwindigkeit hätte begegnen müssen. Nicht feststellbar ist weiterhin, dass die Klägerin so rechtzeitig durch das Schlingern oder einen Sturz eines anderen vorausfahrenden Motorradfahrers auf die Gefahrstelle hätte aufmerksam werden müssen, dass sie bei angemessener Reaktion noch in der Lage hätte sein müssen, ihren eigenen Sturz zu verhindern.

Indessen hat sich mit dem Unfall auch die Betriebsgefahr ihres Motorrades verwirklicht, die angesichts der relativen Instabilität des Motorrades auf lediglich zwei Rädern bei nasser Fahrbahn nicht gering war. Trotz des nicht unbeträchtlichen fahrlässigen Verschuldens auf Seiten des beklagten Landes erschien es daher geboten, die Betriebsgefahr gegenüber dem schuldhaften Verhalten nicht vollständig zurücktreten zu lassen, sondern mit 25% in Ansatz zu bringen.

Der Klägerin ist aufgrund des Unfalls ein Fahrzeugschaden in Höhe von 2.120,60 Euro netto entstanden. Dieser Betrag ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Kostenschätzung der Firma N vom 24.07.2012. Soweit das beklagte Land die Richtigkeit der Kostenschätzung bestritten hat, ist sein Bestreiten nicht ausreichend substanziiert und daher unbeachtlich, weil es nicht dargelegt hat, aus welchen Gründen die Schätzung unrichtig sein sollte. Nach den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern in der Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 02.07.2014 kann nicht zweifelhaft sein, dass das Motorrad bei dem Unfall erheblich beschädigt wurde, weshalb die Kostenschätzung der Firma N nach der Erfahrung des Senats in anderen Verkehrsunfallsachen plausibel erscheint.

Die Klägerin kann 75% des Schadensbetrages ersetzt verlangen, mithin den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 1.590,45 Euro.

Des Weiteren steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu, denn die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war im Rahmen angemessener Rechtsverfolgung geboten. Allerdings kann sie die Gebühren nur nach dem Gegenstandswert von 1.590,45 Euro verlangen, hinsichtlich dessen die Rechtsverfolgung berechtigt war. Nach den bis zum 31.07.2013 gültigen Gebührensätzen ergibt sich bei einer 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG ein Gebührenanspruch des Rechtsanwalts in Höhe von 172,90 Euro zuzüglich einer Pauschale für Post und Telekommunikation in Höhe von 20,00 Euro sowie 19% Mehrwertsteuer, insgesamt daher 229,55 Euro.

Die zugesprochenen Zinsansprüche der Klägerin ergeben sich gemäß §§ 280, 286 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen.

Das Land Nordrhein-Westfalen kann aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung für einen Fahrbahnbelag haften, der eine unzureichende Griffigkeit aufweist, wenn es aufgrund dieser Gefahrenquelle zu einem Motorradunfall kommt.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.09.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 1.590,45 Euro sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 229,55 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2012 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼ und das beklagte Land ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Show what you know!
Artikel schreiben

Gesetze

Gesetze

16 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge


(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 41 Vorschriftzeichen


(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. (2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeich

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 40 Gefahrzeichen


(1) Gefahrzeichen mahnen zu erhöhter Aufmerksamkeit, insbesondere zur Verringerung der Geschwindigkeit im Hinblick auf eine Gefahrsituation (§ 3 Absatz 1). (2) Außerhalb geschlossener Ortschaften stehen sie im Allgemeinen 150 bis 250 m vor den Ge

Urteile

Urteil einreichen

1 Urteile zitieren order werden zitiert von diesem Artikel

1 Urteile werden in dem Artikel zitiert

Oberlandesgericht Hamm Urteil, 18. Dez. 2015 - 11 U 166/14

bei uns veröffentlicht am 18.12.2015

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.09.2014 verkündete               Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold               unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert. Das b

Anwälte der Kanzlei die zu passenden Rechtsgebieten beraten

Anwälte der Kanzlei die zu Verwaltungsrecht beraten

Rechtsanwalt

für Öffentliches Recht


Öffentliches Wirtschaftsrecht - Bau- und Planungsrecht – Umweltrecht – Abgabenrecht – Verfassungsrecht – Europarecht – Menschenrechtsbeschwerde - Staatshaftungsrecht
EnglischDeutsch

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Verwaltungsrecht

Rechtsprechung zum Nichtraucherschutzgesetz

07.03.2008

Rechtsberatung zum Verwaltungsrecht - BSP Rechtsanwälte Berlin Mitte
Verwaltungsrecht

VG Weimar: Corona-Schutzmaßnahmen in Schulen rechtmäßig

12.05.2021

Das Verwaltungsgericht Weimar (8 E 416/21) erachtet die Entscheidung des AG Weimar (9 F 148/21), die über die Aufhebung jeglicher Corona-Schutzmaßnahmen in Weimarer Schulen befunden hat, als „offensichtlich rechtswidrig“. Eine solche Befugnis über die Anordnungen von Behörden zu entscheiden, stehe nicht dem Familiengericht zu, sondern fällt in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte.  So hat mittlerweile das Oberlandesgericht Jena (OLG Jena) den umstrittenen Beschluss wieder aufgehoben. Dirk Streifler - Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
Verwaltungsrecht

VG Düsseldorf: Rückforderung der Corona-Soforthilfen durch Land NRW war rechtswidrig

25.08.2022

Die Schlussbescheide des Landes NRW mit denen, die Bezirksregierung versucht hat geleistete Corona-Soforthilfen von Empfängern zurückzuerlangen, sind rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf am 16.08.2022 und gab den Klägern in drei Pilotverfahren Recht.  Dass dies kein Einzelfall ist zeigen auch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln sowie des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen. Das VG Köln hat noch am selben Tag, mit sechs Urteilen entschieden, dass die Rückforderung von im Frühjahr ausgezahlten Coronahilfen durch das Land Nordrhein-Westfalen nicht rechtmäßig war. Nur eine Woche später hat auch das VG Gelsenkirchen den Klägern - einen sososälbstständigen Veranstaltungstechniker sowie einer Rechtsanwaltsozietät - Recht gegeben. Auch sie konnten sich erfolgreich gegen die Rückforderungen erhaltener Coronahilfen wehren. Das können Sie auch! Kontaktieren Sie Streifler&Kollegen noch heute! Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin  

FIFA WM 2014 und das Public Viewing in Deutschland

15.04.2014

Mit Verabschiedung der FIFA Regularien das Public Viewing betreffend nimmt Rechtsunsicherheit auf Seiten der Veranstalter fortwährend zu. Wir beraten Sie im Vorfeld über eine sachgerechte Vorgehensweise.
Verwaltungsrecht

Bleiberechtsregelungen für langjährige geduldete Ausländer

20.10.2009

Rechtsberatung zum Asylrecht u. Bleiberecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Verwaltungsrecht

Referenzen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.09.2014 verkündete

              Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold

              unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 1.590,45 Euro sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 229,55 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2012 zu zahlen.

              Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

              Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼ und das

              beklagte Land ¾.

              Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Gefahrzeichen mahnen zu erhöhter Aufmerksamkeit, insbesondere zur Verringerung der Geschwindigkeit im Hinblick auf eine Gefahrsituation (§ 3 Absatz 1).

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften stehen sie im Allgemeinen 150 bis 250 m vor den Gefahrstellen. Ist die Entfernung erheblich geringer, kann sie auf einem Zusatzzeichen angegeben sein, wie

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften stehen sie im Allgemeinen kurz vor der Gefahrstelle.

(4) Ein Zusatzzeichen wie

kann die Länge der Gefahrstrecke angeben.

(5) Steht ein Gefahrzeichen vor einer Einmündung, weist auf einem Zusatzzeichen ein schwarzer Pfeil in die Richtung der Gefahrstelle, falls diese in der anderen Straße liegt.

(6) Allgemeine Gefahrzeichen ergeben sich aus der Anlage 1 Abschnitt 1.

(7) Besondere Gefahrzeichen vor Übergängen von Schienenbahnen mit Vorrang ergeben sich aus der Anlage 1 Abschnitt 2.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.