Strafrecht: Zum zeitlichen Verhältnis zwischen Vortat und Hehlerei
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Die gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat muss zum Zeitpunkt der Begehung der Hehlerei vollendet sein, was nicht der Fall ist, wenn die Vortat erst durch die Tathandlung der Hehlerei abgeschlossen wird.
Tatbestand
Nach den Feststellungen der Vorinstanz hatte der Vortäter ein fremdfinanziertes und sicherungsübereignetes Kraftfahrzeug an den Angeklagten ausgehändigt. Der Angeklagte veräußerte sodann das Kraftfahrzeug zu einem Bruchteil seines Wertes an seinen Abnehmer. Das Landgericht Erfurt hat den Angeklagten in dem vorliegenden Fall wegen gewerbsmäßiger Hehlerei verurteilt.
Entscheidungsgründe
Die Verurteilung des Angeklagten hält der rechtlichen Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht stand. Eine Strafbarkeit wegen Hehlerei wird in dieser Tatsituation zu verneinen sein. Die gegen das fremde Vermögen gerichtete Vortat muss zum Zeitpunkt der Tathandlung der Hehlerei abgeschlossen sein, was nicht der Fall ist, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des „Hehlers” begangen wird. Erst in dem Moment, indem der Vortäter dem Hehler das Kraftfahrzeug zur Weiterveräußerung übergeben hat, hat sich dieser wegen Unterschlagung nach § 246 StGB strafbar gemacht. Somit war die Vortat zum Zeitpunkt der Tathandlung der Hehlerei nicht vollendet und keine taugliche Vortat der Hehlerei.
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 24. Januar 2001 wird
a) das Verfahren im Fall II.16 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last,
b) das genannte Urteil dahin abgeändert, daß der Angeklagte im Fall II.11 der Urteilsgründe des Betrugs statt der Unterschlagung schuldig ist.
1. Die weitergehende Revision wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in acht Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen Unterschlagung, gewerbsmäßiger Hehlerei in fünf Fällen, Hehlerei und Beihilfe zum Diebstahl unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Seine hiergegen eingelegte, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision führt auf Antrag des Generalbundesanwalts zur Einstellung des Verfahrens im Fall II.16 und zur Schuldspruchänderung im Fall II.11 der Urteilsgründe; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Soweit im Fall II.16 der Urteilsgründe das Landgericht den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei verurteilt hat, tragen die Feststellungen diesen Schuldspruch nicht. Danach übergab der Halter B. eines fremdfinanzierten und sicherungsübereigneten PKW diesen an den Angeklagten, der das Fahrzeug absprachegemäß für einen Bruchteil des Wertes an seine Abnehmer veräußerte. Nach diesen Feststellungen lag zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Angeklagten die von § 259 Abs. 1 StGB vorausgesetzte rechtswidrige Besitzlage nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung muß die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein (BGHSt 13, 403, 405); daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird. In diesem Fall kommt vielmehr Beteiligung des Erwerbers an der Vortat - hier einer durch die Verfügung begangenen Unterschlagung - in Betracht. Die Feststellung, ob der Angeklagte sich als Mittäter oder als Gehilfe an der Tat des B. und gegebenenfalls auch an einem von diesem begangenen Betrug beteiligte, würde eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erfordern. Der Senat hat das Verfahren daher auf Antrag des Generalbundesanwalts insoweit eingestellt.
Im Fall II.11 der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht der Unterschlagung, sondern des in Mittäterschaft begangenen Betrugs schuldig gemacht. Nach den Feststellungen mietete die gesondert verfolgte S. gemäß vorheriger Absprache mit dem Angeklagten und zwei Mittätern bei einem Autohaus einen PKW an und übergab ihn an den Angeklagten und seine Mittäter, die ihn an die üblichen Abnehmer verkauften. Es war von vornherein vereinbart (UA S. 19), daß der PKW nur zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs angemietet und nicht zurückgegeben werden solle; es lag daher Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB vor. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert; § 265 StPO stand dem nicht entgegen.
Im übrigen weist das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf. Das gilt auch für die Strafzumessung. Soweit das Landgericht bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung mit den durch die Vorverurteilung vom 29. September 1999 verhängten Einzelstrafen nicht erörtert hat, daß die Feststellungen im Fall II.19 der Urteilsgründe von einem Tatzeitraum zwischen dem 2. Januar und dem 25. November 1999 ausgehen, beschwert dies den Angeklagten nicht, da die Annahme einer Zäsurwirkung der Vorverurteilung - bei einem Tatzeitpunkt nach dem 29. September 1999 - zum gesonderten Bestehenbleiben der insoweit verhängten Einzelstrafe von sieben Monaten geführt hätte.
Der Wegfall der Einzelstrafe von neun Monaten im Fall II.16 aufgrund der Einstellung durch den Senat nötigt nicht zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Angesichts der Vielzahl der abgeurteilten Taten und der rechtsfehlerfrei zugemessenen Einzelstrafensumme von 13 Jahren kann der Senat ausschließen, daß ein neuer Tatrichter auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkennen würde.
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(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.