Insolvenzrecht: Zur Wiederaufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits

published on 09/10/2014 12:30
Insolvenzrecht: Zur Wiederaufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Der Gläubiger kann den wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbrochenen Rechtsstreit erst aufnehmen, wenn die Forderung im Verfahren angemeldet und geprüft wurde.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 03.07.2014 (Az.: IX ZR 261/12) folgendes entschieden:


Tatbestand:

Die 39 Kläger sind Wohnungseigentümer in der Wohnanlage L.straße...in M.. Sie hatten jeweils die I. GmbH & Co. KG als Bauträgerin mit der schlüsselfertigen Erstellung der Wohneinheiten beauftragt und an diese die im Dezember 2005 im Zusammenhang mit einem Abnahmetermin angeforderte, vertragsgemäß nach vollständiger Fertigstellung fällige letzte Kaufpreisrate in Höhe von 3,5 v.H. des Gesamtkaufpreises gezahlt. Die Bauträgerin wurde im Dezember 2006 mit anderen Gesellschaften zur I. KG verschmolzen.

Die Kläger haben diese Gesellschaft im Jahr 2009 auf Erstattung der letzten Kaufpreisraten sowie auf Auskunft über gezogene Nutzungen aus den gezahlten Beträgen und Herausgabe dieser Nutzungen verklagt. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen vorgetragen, die letzte Kaufpreisrate sei zu Unrecht angefordert worden, weil die Wohnanlage im Dezember 2005 nicht wirksam abgenommen worden und noch nicht fertiggestellt gewesen sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Während des Verfahrens über die Berufung der beklagten Gesellschaft ist am 1. Juni 2011 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Kläger haben das nach § 240 ZPO unterbrochene Verfahren gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen und den Antrag auf Erstattung der letzten Kaufpreisraten umgestellt auf Feststellung der Erstattungsforderungen zur Insolvenztabelle. Die weiteren Anträge haben sie nicht weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und den Tenor des angefochtenen Urteils im Sinne der begehrten Feststellung neu gefasst. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der beklagte Insolvenzverwalter die Abweisung der Klage.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die auf die Erstattungsansprüche beschränkte Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter sei zulässig. Grundsätzlich setze die Aufnahme des Verfahrens durch die Kläger eine vorherige und in der Sache erfolglose Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle voraus. Die mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. August 2011 unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil erfolgte Forderungsanmeldung habe den formalen Anforderungen genügt. Der Insolvenzverwalter sei nicht gehindert gewesen, die Forderungen zu prüfen. Das Rechtsschutzinteresse der Kläger an der begehrten Feststellung folge daraus, dass der Beklagte der materiell-rechtlichen Begründetheit der Forderungen im Berufungsverfahren widersprochen habe. Der Antrag der Kläger sei auch in der Sache begründet. Eine wirksame vollständige Abnahme der Leistungen der Bauträgerin liege nicht vor. Die Wohnanlage sei auch nicht mangelfrei fertiggestellt gewesen. Die Ansprüche der Kläger seien nicht verjährt.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

Zur Aufhebung des Urteils führt allerdings nicht bereits der Umstand, dass das Berufungsgericht sein Urteil in abgekürzter Form nach § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgefasst hat. Nach dieser Bestimmung bedarf es im erstinstanzli-chen Verfahren keines Tatbestands gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO und im Berufungsverfahren keiner Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. Im Streitfall lag diese Voraussetzung nicht vor, weil entgegen der Annahme des Berufungsgerichts die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten und deshalb die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft war. In solchen Fällen ist ein Berufungsurteil regelmäßig aufzuheben, weil die Entscheidung entgegen den Bestimmungen des Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Von einer Aufhebung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn das Ziel, die Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt nachzuprüfen, im Einzelfall erreicht werden kann, weil sich der Sach- und Streitstand aus den Entscheidungsgründen in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage noch ausreichenden Umfang ergibt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Das Berufungsgericht nimmt zu Beginn der Begründung seiner Entscheidung auf die tatsächlichen Ausführungen des Landgerichts Bezug. Es gibt die Entscheidungsformel des Landgerichts zusammenfassend wieder und teilt mit, dass der Beklagte mit der Berufung die Abweisung der Klage verfolgt. Aus der weiteren Begründung der Entscheidung wird in einem für die revisionsrechtliche Nachprüfung ausreichenden Maß erkennbar, welchen Sachverhalt das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat.

Das Berufungsgericht hätte jedoch keine Sachentscheidung treffen dürfen, weil die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits durch die Kläger nicht wirksam war.

Die Aufnahme eines durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochenen Rechtsstreits richtet sich gemäß § 240 Satz 1 ZPO nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften. Ein Passivprozess, mit dem die Insolvenzmasse in Anspruch genommen wird, kann vom Gläubiger nur unter den besonderen, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 InsO ohne weiteres aufgenommen werden. Im Übrigen können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Trotz des bereits anhängigen Rechtsstreits muss der Insolvenzgläubiger deshalb seine Forderung zunächst nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle anmelden. Die Forderung muss sodann in einem Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht oder im schriftlichen Verfahren geprüft werden. Wenn der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger der Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren widerspricht, kann der Gläubiger den anhängigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung der Forderung zur Tabelle aufnehmen. Liegt, wie im Streitfall, für die Forderung bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel vor, obliegt die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits dem Bestreitenden. Bleibt dieser untätig, ist aber auch der Gläubiger zur Aufnahme befugt.

Die Durchführung des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens dient dem Interesse der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Durch das Verfahren der Anmeldung und Prüfung soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der Forderung zu beteiligen, zumal die gerichtliche Feststellung gegenüber allen Insolvenzgläubigern wirkt. Aus diesem Grund ist das Erfordernis des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens auch nicht abdingbar. Es handelt sich vielmehr um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Falle einer neu erhobenen Feststellungsklage als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits.

Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Kläger, wie das Berufungsgericht annimmt, ihre Forderungen bereits mit dem Schreiben vom 11. August 2011 wirksam zur Insolvenztabelle angemeldet hatten. Jedenfalls waren die Forderungen bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geprüft. Nach dem von den Klägern nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten hatte dieser die Aufnahme der Forderungen in die Insolvenztabelle auf der Grundlage der Forderungsanmeldung vom 11. August 2011 zunächst abgelehnt, weil die Anmeldung nicht den formalen Anforderungen des § 174 InsO entsprochen habe. Mangels Aufnahme in die Tabelle waren die Forderungen nicht Gegenstand des Prüftermins, der im schriftlichen Verfahren am 10. November 2011 stattfand. Der Bevollmächtigte der Kläger meldete die Forderungen daraufhin unter dem 10. Februar 2012 mit ausführlicherer Begründung erneut an. Diese Anmeldung behandelte der Beklagte als nachträgliche Forderungsanmeldung. Ein Termin zur Prüfung dieser Forderungen oder eine Prüfung im schriftlichen Verfahren nach § 177 Abs. 1 InsO wurde jedoch vom Insolvenzgericht bis zur Berufungsverhandlung nicht angeordnet.

Die Prüfung der Forderungen nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil die angemeldeten Forderungen prüffähig waren und der Insolvenzverwalter durch sein Verhalten im Rechtsstreit zum Ausdruck brachte, die Forderungen bestreiten zu wollen. Der Zweck, den übrigen Insolvenzgläubigern eine Beteiligung zu ermöglichen, kann nur durch eine förmliche Durchführung des Prüfungsverfahrens vor dem Insolvenzgericht erreicht werden.

Weil es mangels Durchführung des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens an einer rechtswirksamen Aufnahme des nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits durch die Kläger fehlt, waren das angefochtene Urteil und das zugrunde liegende Verfahren ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch zu machen, besteht kein Anlass.

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 261/12
Verkündet am:
3. Juli 2014
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Gläubiger kann den wegen einer Insolvenzforderung geführten und durch die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbrochenen
Rechtsstreit erst aufnehmen, wenn die Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet
und geprüft worden und bestritten geblieben ist.
BGH, Urteil vom 3. Juli 2014 - IX ZR 261/12 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die 39 Kläger sind Wohnungseigentümer in der Wohnanlage L. straße … in M. . Sie hatten jeweils die I. GmbH & Co. KG als Bauträgerin mit der schlüsselfertigen Erstellung der Wohneinheiten beauftragt und an diese die im Dezember 2005 im Zusammenhang mit einem Abnahmetermin angeforderte, vertragsgemäß nach vollständiger Fertigstellung fällige letzte Kaufpreisrate in Höhe von 3,5 v.H. des Gesamtkaufpreises gezahlt. Die Bauträgerin wurde im Dezember 2006 mit anderen Gesellschaften zur I. KG (nachfolgend auch: Schuldnerin) verschmolzen.

2
Die Kläger haben diese Gesellschaft im Jahr 2009 auf Erstattung der letzten Kaufpreisraten sowie auf Auskunft über gezogene Nutzungen aus den gezahlten Beträgen und Herausgabe dieser Nutzungen verklagt. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen vorgetragen, die letzte Kaufpreisrate sei zu Unrecht angefordert worden, weil die Wohnanlage im Dezember 2005 nicht wirksam abgenommen worden und noch nicht fertiggestellt gewesen sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Während des Verfahrens über die Berufung der beklagten Gesellschaft ist am 1. Juni 2011 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Kläger haben das nach § 240 ZPO unterbrochene Verfahren gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen und den Antrag auf Erstattung der letzten Kaufpreisraten umgestellt auf Feststellung der Erstattungsforderungen zur Insolvenztabelle. Die weiteren Anträge haben sie nicht weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und den Tenor des angefochtenen Urteils im Sinne der begehrten Feststellung neu gefasst. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der beklagte Insolvenzverwalter die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


3
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die auf die Erstattungsansprüche beschränkte Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter sei zulässig. Grundsätzlich setze die Aufnahme des Verfahrens durch die Kläger eine vorherige und in der Sache erfolglose Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle voraus. Die mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. August 2011 unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil erfolgte Forderungsanmeldung habe den formalen Anforderungen genügt. Der Insolvenzverwalter sei nicht gehindert gewesen, die Forderungen zu prüfen. Das Rechtsschutzinteresse der Kläger an der begehrten Feststellung folge daraus, dass der Beklagte der materiell-rechtlichen Begründetheit der Forderungen im Berufungsverfahren widersprochen habe. Der Antrag der Kläger sei auch in der Sache begründet. Eine wirksame vollständige Abnahme der Leistungen der Bauträgerin liege nicht vor. Die Wohnanlage sei auch nicht mangelfrei fertiggestellt gewesen. Die Ansprüche der Kläger seien nicht verjährt.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
6
1. Zur Aufhebung des Urteils führt allerdings nicht bereits der Umstand, dass das Berufungsgericht sein Urteil in abgekürzter Form nach § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgefasst hat. Nach dieser Bestimmung bedarf es im erstinstanzlichen Verfahren keines Tatbestands gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO und im Berufungsverfahren keiner Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellun- gen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. Im Streitfall lag diese Voraussetzung nicht vor, weil entgegen der Annahme des Berufungsgerichts die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten und deshalb die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft war. In solchen Fällen ist ein Berufungsurteil regelmäßig aufzuheben, weil die Entscheidung entgegen den Bestimmungen des Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6, § 562 Abs. 1 ZPO).
7
Von einer Aufhebung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn das Ziel, die Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt nachzuprüfen , im Einzelfall erreicht werden kann, weil sich der Sach- und Streitstand aus den Entscheidungsgründen in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage noch ausreichenden Umfang ergibt (BGH, Beschluss vom 25. Mai 2004 - X ZR 258/01, NJW-RR 2004, 1576 mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Das Berufungsgericht nimmt zu Beginn der Begründung seiner Entscheidung auf die tatsächlichen Ausführungen des Landgerichts Bezug. Es gibt die Entscheidungsformel des Landgerichts zusammenfassend wieder und teilt mit, dass der Beklagte mit der Berufung die Abweisung der Klage verfolgt. Aus der weiteren Begründung der Entscheidung wird in einem für die revisionsrechtliche Nachprüfung ausreichenden Maß erkennbar, welchen Sachverhalt das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat.
8
2. Das Berufungsgericht hätte jedoch keine Sachentscheidung treffen dürfen, weil die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits durch die Kläger nicht wirksam war.
9
a) Die Aufnahme eines durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochenen Rechtsstreits richtet sich gemäß § 240 Satz 1 ZPO nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften. Ein Passivprozess, mit dem die Insolvenzmasse in Anspruch genommen wird, kann vom Gläubiger nur unter den besonderen, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 InsO ohne weiteres aufgenommen werden. Im Übrigen können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO). Trotz des bereits anhängigen Rechtsstreits muss der Insolvenzgläubiger deshalb seine Forderung zunächst nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle anmelden. Die Forderung muss sodann in einem Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht oder im schriftlichen Verfahren geprüft werden (§ 29 Abs. 1 Nr. 2, § 176 f InsO). Wenn der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger der Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren widerspricht, kann der Gläubiger den anhängigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung der Forderung zur Tabelle aufnehmen (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO). Liegt, wie im Streitfall, für die Forderung bereits ein (vorläufig) vollstreckbarer Schuldtitel vor, obliegt die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits dem Bestreitenden (§ 179 Abs. 2 InsO). Bleibt dieser untätig, ist aber auch der Gläubiger zur Aufnahme befugt (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 7 mwN).
10
Die Durchführung des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens dient dem Interesse der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Durch das Verfahren der Anmeldung und Prüfung soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der Forderung zu beteiligen , zumal die gerichtliche Feststellung gegenüber allen Insolvenzgläubigern wirkt (§ 183 Abs. 1 InsO). Aus diesem Grund ist das Erfordernis des insol- venzrechtlichen Feststellungsverfahrens auch nicht abdingbar. Es handelt sich vielmehr um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Falle einer neu erhobenen Feststellungsklage (BGH, Urteil vom 27. September 2001 - IX ZR 71/00, WM 2001, 2180 f; vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, WM 2003, 2429, 2431; vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 12; vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 16 f) als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits (BGH, Urteil vom 26. Juni 1953 - V ZR 71/52, LM Nr. 1 zu § 146 KO; vom 8. November 1961 - VIII ZR 149/60, NJW 1962, 153, 154; vom 21. Februar 2000 - II ZR 231/98, WM 2000, 891, 892; BAGE 120, 27 Rn. 22, 29 f).
11
b) Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Kläger, wie das Berufungsgericht annimmt, ihre Forderungen bereits mit dem Schreiben vom 11. August 2011 wirksam zur Insolvenztabelle angemeldet hatten. Jedenfalls waren die Forderungen bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geprüft. Nach dem von den Klägern nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten hatte dieser die Aufnahme der Forderungen in die Insolvenztabelle auf der Grundlage der Forderungsanmeldung vom 11. August 2011 zunächst abgelehnt, weil die Anmeldung nicht den formalen Anforderungen des § 174 InsO entsprochen habe. Mangels Aufnahme in die Tabelle waren die Forderungen nicht Gegenstand des Prüftermins, der im schriftlichen Verfahren am 10. November 2011 stattfand. Der Bevollmächtigte der Kläger meldete die Forderungen daraufhin unter dem 10. Februar 2012 mit ausführlicherer Begründung erneut an. Diese Anmeldung behandelte der Beklagte als nachträgliche Forderungsanmeldung. Ein Termin zur Prüfung dieser Forderungen oder eine Prüfung im schriftlichen Verfahren nach § 177 Abs. 1 InsO wurde jedoch vom Insolvenzgericht bis zur Berufungsverhandlung nicht angeordnet.

12
Die Prüfung der Forderungen nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil die angemeldeten Forderungen prüffähig waren und der Insolvenzverwalter durch sein Verhalten im Rechtsstreit zum Ausdruck brachte, die Forderungen bestreiten zu wollen. Der Zweck, den übrigen Insolvenzgläubigern eine Beteiligung zu ermöglichen, kann nur durch eine förmliche Durchführung des Prüfungsverfahrens vor dem Insolvenzgericht erreicht werden.
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3. Weil es mangels Durchführung des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens an einer rechtswirksamen Aufnahme des nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits durch die Kläger fehlt, waren das angefochtene Urteil und das zugrunde liegende Verfahren ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 und 2 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch zu machen, besteht kein Anlass.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 30.07.2010 - 8 O 24508/09 -
OLG München, Entscheidung vom 09.10.2012 - 9 U 4030/10 -

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:

1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse,
2.
die abgesonderte Befriedigung oder
3.
eine Masseverbindlichkeit.

(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

(1) Im Prüfungstermin sind auch die Forderungen zu prüfen, die nach dem Ablauf der Anmeldefrist angemeldet worden sind. Widerspricht jedoch der Insolvenzverwalter oder ein Insolvenzgläubiger dieser Prüfung oder wird eine Forderung erst nach dem Prüfungstermin angemeldet, so hat das Insolvenzgericht auf Kosten des Säumigen entweder einen besonderen Prüfungstermin zu bestimmen oder die Prüfung im schriftlichen Verfahren anzuordnen. Für nachträgliche Änderungen der Anmeldung gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(2) Hat das Gericht nachrangige Gläubiger nach § 174 Abs. 3 zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert und läuft die für diese Anmeldung gesetzte Frist später als eine Woche vor dem Prüfungstermin ab, so ist auf Kosten der Insolvenzmasse entweder ein besonderer Prüfungstermin zu bestimmen oder die Prüfung im schriftlichen Verfahren anzuordnen.

(3) Der besondere Prüfungstermin ist öffentlich bekanntzumachen. Zu dem Termin sind die Insolvenzgläubiger, die eine Forderung angemeldet haben, der Verwalter und der Schuldner besonders zu laden. § 74 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.