|
|
|
Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass ihm das Recht, von seiner von der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, aberkannt wurde.
|
|
|
Der im Jahre 1977 geborene Antragsteller ist kroatischer Staatsangehöriger und seit dem Jahr 1996 im Besitz einer Fahrerlaubnis der - damaligen - Klasse 3. Am 24.10.1998 machte er sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar, was u.a. ein dreimonatiges Fahrverbot zur Folge hatte. Am 25.10.1999 verursachte der Antragsteller mit einer Blutalkoholkonzentration von zumindest 1,08 ‰ einen Verkehrsunfall. Mit Strafbefehl vom 08.12.1999 entzog ihm das Amtsgericht Ulm daraufhin die Fahrerlaubnis und legte eine Sperrfrist von 7 Monaten für deren Neuerteilung fest. Im April 2000 beantragte der Antragsteller erstmals die Wiedererteilung seiner Fahrerlaubnis. In diesem Zusammenhang erklärte er sich auch bereit, eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu seiner Fahreignung durchführen zu lassen. Die damit beauftragte Begutachtungsstelle sandte die ihr überlassenen Akten der damals zuständigen Fahrerlaubnisbehörde jedoch kommentarlos zurück. Im Februar 2001 zog der Antragsteller gegenüber der Führerscheinstelle des Landratsamts Reutlingen seinen Fahrerlaubnisantrag zurück. Am 02.05.2001 beantragte der Antragsteller wiederum die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Dabei gab er in einem Formularfeld an, dass er unter Alkoholproblemen „leide / oder litt“. Auf eine entsprechende Anfrage der Fahrerlaubnisbehörde teilte die Polizeidirektion Reutlingen mit, dass der Antragsteller zwischen Juni 1995 und Februar 1997 „insgesamt sieben Mal wegen besonders schwerem Fall des Diebstahls, ein Mal wegen Ladendiebstahl und ein Mal wegen Raub auf Tankstelle“ kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten sei. Das Amtsgericht Reutlingen habe ihn wegen schwerer räuberischer Erpressung und Diebstahl in fünf Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt. Ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (Cannabis) sei gemäß § 154 StPO eingestellt worden. Wiederum erklärte sich der Antragsteller im Neuerteilungsverfahren bereit, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beizubringen. Im Januar 2002 sandte die Begutachtungsstelle die Fahrerlaubnisakte wieder zurück. Auf die Aufforderung des Landratsamts Reutlingen, das Gutachten - sofern erstellt - vorzulegen, reagierte der Antragsteller nicht. Mit Strafbefehl vom 14.05.2002 verurteilte das Amtsgericht Reutlingen den Antragsteller wegen Urkundenfälschung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis und verhängte u.a. ein Fahrverbot von 3 Monaten für Kraftfahrzeuge aller Art. Bei der zugrunde liegenden Tat hatte der Antragsteller ausweislich eines Atemalkoholtests eine Blutalkoholkonzentration von 0,66 ‰. Im September 2003 nahm ein vom Antragsteller bevollmächtigter Rechtsanwalt wegen der Frage der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis Akteneinsicht in die Behördenakten, meldete sich aber in der Folge nicht mehr.
|
|
|
Am 07.12.2005 geriet der Antragsteller am Grenzübergang Waldsassen als Fahrer eines PKW in eine Kontrolle und legte einen in Teplice / Tschechien ausgestellten Führerschein der Klasse B vor. Anlässlich einer Befragung gab er an, eine Zeit lang in Teplice wohnhaft gewesen zu sein und dort nach nur wenigen Fahrstunden für etwa 2.000 Euro den im November 2005 ausgestellten Führerschein erhalten zu haben.
|
|
|
Mit Schreiben vom 27.01.2006 forderte das Landratsamt Reutlingen den Antragsteller daraufhin auf, bis spätestens 20.03.2006 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu der Frage beizubringen, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde und/oder ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines KFZ der Klassen B, M und L in Frage stellten. Nachdem das Landratsamt Reutlingen geklärt hatte, dass der Antragsteller seit 30.06.1997 ununterbrochen mit Wohnsitz in Reutlingen gemeldet war, wandte es sich über das Kraftfahrt-Bundesamt an die zuständige tschechische Fahrerlaubnisbehörde mit der Bitte um Prüfung der Rücknahme der erteilten Fahrerlaubnis. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten legte der Antragsteller in der Folge nicht vor.
|
|
|
Mit Bescheid vom 27.03.2006 erkannte das Landratsamt Reutlingen dem Antragsteller das „Recht, von einer ausländischen (u.a. tschechischen) Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen“, ab und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zugleich forderte es den Antragsteller auf, den ausländischen Führerschein zur Eintragung eines entsprechenden Vermerks vorzulegen und drohte die zwangsweise Wegnahme durch den Polizeivollzugsdienst an. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, der Antragsteller habe wiederholt unter Alkoholeinwirkung ein Fahrzeug geführt. Die daraus folgenden Eignungsbedenken habe er nicht durch die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausräumen können. Die Nichtvorlage des Gutachtens lasse den Schluss zu, dass der Antragsteller Mängel verbergen wolle, die seine Nichteignung erweisen würden.
|
|
|
Der Antragsteller legte dagegen am 06.04.2006 Widerspruch ein.
|
|
|
Zugleich hat er beim Verwaltungsgericht Sigmaringen einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gestellt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 29.04.2004 in der Rechtssache C-47601 (
Kapper
) und die Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG geltend, die angefochtene Maßnahme verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Antragsbegründung verwiesen.
|
|
|
Der Antragsteller beantragt,
|
|
|
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 06.04.2006 gegen den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 27.03.2006 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
|
|
|
Der Antragsgegner beantragt,
|
|
|
|
|
Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, aufgrund des zeitlichen Abstands zum letzten Neuerteilungsantrag habe nunmehr erneut die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden müssen. Da wiederum kein Gutachten vorgelegt worden sei, habe die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung schließen können. Den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des EuGH sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die Fahrerlaubnisbehörde die tschechische Fahrerlaubnis als solche gerade anerkannt habe. Infolgedessen sei die ausstellende tschechische Behörde auch darüber informiert worden, dass der Antragsteller offenkundig unter Umgehung des Wohnortprinzips die tschechische Fahrerlaubnis erworben habe. Zu der in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Eignungsüberprüfung im Hinblick auf Alkohol oder Drogen habe der EuGH keine Aussagen getroffen.
|
|
|
Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts Reutlingen (ein Band) vor. Darauf, wie auch auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.
|
|
|
Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 , Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 27.03.2006 hat keinen Erfolg.
|
|
|
Die Anordnung des Sofortvollzuges erweist sich zunächst in formeller Hinsicht als rechtmäßig. Sie entspricht der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO. Die besondere Begründung für den Sofortvollzug wiederholt nicht lediglich den Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Begründung ist insbesondere auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie „formularmäßig" wirkt, denn im Bereich des Fahrerlaubnisentzugs besteht die Besonderheit, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich die Kammer angeschlossen hat, nicht vorstellbar ist, einen vermutlich ungeeigneten oder nicht befähigten Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde in Orientierung an diesem Grundsatz den Vorrang des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Belangen abstrakt begründet und darauf verzichtet, auf Einzelheiten des konkreten Falles einzugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.02.1978 - X 535/77 -, DÖV 1978, 450 ff.).
|
|
|
Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel und das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, so wird auch dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen.Lässt sich eine Aussage über die vermutliche Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mit dem Rechtsbehelf angegriffenen Verfügung aber in den Kategorien der Offensichtlichkeit oder der deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Eilverfahren nicht treffen, so ist eine reine, am Einzelfall orientierte Interessenabwägung durch das erkennende Gericht zu treffen (J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80, Rdnr. 77).
|
|
|
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers stellen sich derzeit als offen dar. Bei Abwägung aller in Betracht kommenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt derzeit das öffentliche Interesse am Vollzug der getroffenen Entscheidung.
|
|
|
Als Ermächtigungsgrundlage für die Regelung in Nr. 1 des Bescheids kommen die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 FeV in Betracht. Nach diesen Vorschriften muss die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrer die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV bewirkt die (Entziehungs-)Entscheidung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis das Erlöschen des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Zwar unterscheidet § 46 FeV beim Begriff der „Entziehung“ der Fahrerlaubnis nicht zwischen deutschen und ausländischen Fahrerlaubnissen, jedoch ergibt sich aus § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, dass die „Entziehung“ der Fahrerlaubnis bei einer ausländischen Fahrerlaubnis - im Unterschied zur Regelung des § 46 Abs. 5 Satz 1 FeV - nicht die Rechtsfolge des Erlöschens zeitigt, sondern allein die (auf das Bundesgebiet beschränkte) Folge hat, dass der Betroffene im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Kraftfahrzeuge führen darf. Mit dieser differenzierten Rechtsfolge ist der Tatsache Rechnung getragen, dass eine deutsche Fahrerlaubnisbehörde eine ausländische Fahrerlaubnis anzuerkennen hat und deren (europaweites) Erlöschen nicht anordnen darf.
|
|
|
Die fehlende Eignung des Antragstellers ergibt sich bei Anwendung nationalen Rechts entweder - wie vom Antragsgegner angenommen - aus der Nicht-Vorlage eines nach erfolgter Entziehung der Fahrerlaubnis und nach zwei durch den Antragsteller abgebrochenen medizinisch-psychologischen Begutachtungen zum nunmehrigen Nachweis der Fahreignung erforderlichen Gutachtens oder aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV.
|
|
|
Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung aus § 28 Abs. 1 FeV zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer EU-Fahrerlaubnis dann nicht, wenn dem Inhaber die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder dem die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Diesen Tatbestand erfüllt der Antragsteller auf Grund der 1999 erfolgten Entziehung. Darüber hinaus kamen auch die in der Folge im Rahmen der Neuerteilungsverfahren ggf. erstellten Gutachten jedenfalls zu keinem für den Antragsteller positiven Ergebnis. Danach erwiese sich bei Anwendung der Vorschrift des § 28 FeV der Bescheid als voraussichtlich rechtmäßig.
|
|
|
Allerdings bestehen Zweifel an der Konformität dieser Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht. Es ist fraglich, ob die Anwendung der nationalen Bestimmungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der RL 91/439/EWG vereinbar sind (vgl. hierzu ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 -, VBlBW 2006, 27; Beschluss vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -, VBlBW 2006, 110; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -; VG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2006 - 10 K 3261/05 -).
|
|
|
Wählte man aufgrund dieser Bedenken den Weg, lediglich von Eignungszweifeln aufgrund der Vorgeschichte auszugehen, wie hier offensichtlich vom Antragsgegner mit Hinweis auf § 11 Abs. 8 FeV getan, stellen sich jedoch die gleichen schwer wiegenden rechtlichen Probleme. Nach § 11 Abs. 8 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn sich dieser weigert, sich untersuchen zu lassen oder er das von ihm geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt (Satz 1), sofern er bei der Anordnung des Gutachtens darauf hingewiesen worden ist (Satz 2). Der Tatbestand ist offensichtlich erfüllt, nachdem der Antragsteller trotz der erfolgten Aufforderung kein medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt hat. Die Anwendung des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV setzt allerdings weiter voraus, dass die Anforderung des Gutachtens ihrerseits formell und materiell zu Recht erfolgt ist. Denn nur aus einer berechtigterweise verlangten Mitwirkungshandlung kann im Weigerungsfalle die schwerwiegende Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV abgeleitet werden (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.11.2002 - 19 B 814/01, NZV 2002, 427 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 11 FeV, Rdnr. 22 m.w.N.). Es stellt sich in Anbetracht der gemeinschaftsrechtlichen Problematik derzeit aber als offen dar, ob die Gutachtensanforderung zu Recht ergangen ist (vgl. dazu wiederum die bereits zitierte Rechtsprechung).
|
|
|
Da trotz des voraussichtlich erfüllten Tatbestands des § 11 Abs. 8 FeV in Verbindung mit § 46 FeV oder des § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV in beiden Fällen Zweifel an der Konformität der Regelungen mit höherrangigem Recht, nämlich sekundärem Recht der Europäischen Gemeinschaften bestehen, derzeit aber in Anbetracht des noch nicht entschiedenen Vorlageverfahrens beim EuGH offen ist, ob die Anwendung der nationalen Regelungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie des Rates vom 29.07.1991 über den Führerschein (RL 91/439/EWG) vereinbar ist (vgl. den entsprechenden Vorlagebeschluss des VG München v. 04.05.2005 - M 6a K 04.1 -, NJOZ 2005, 2824 ff.), ist von offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers auszugehen.
|
|
|
Der Antrag ist gleichwohl abzulehnen, weil die Kammer nach der danach erforderlichen Interessenabwägung kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festzustellen vermag.
|
|
|
Erweisen sich die Erfolgsaussichten als offen, so sind die Interessen der Beteiligten im Rahmen einer Folgenabwägung zu gewichten. Als Maßstab sind dabei die Erwägungen sinngemäß heranzuziehen, welche das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.06.2002 zur Frage von Gutachtensanforderungen bei einmaligem Haschischkonsum (BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378 ff.) angestellt hat (Bay. VGH, Beschluss vom 01.07.2005 - 11 C 05.940 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -), da dieser Maßstab die Sicherheitsinteressen einerseits und die Interessen an der Ausnutzung der noch nicht bestandskräftig entzogenen Fahrerlaubnis andererseits zu einem angemessenen Ausgleich bringt.
|
|
|
Unter Anwendung dieses Maßstabs des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse am Vollzug dann überwiegt und der Betroffene die Vollziehbarkeit der Entziehungsverfügung hinnehmen muss, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen.
|
|
|
Im Fall des Antragstellers bedeutet dies, dass auf Grund der Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht Ulm im Dezember 1999 wie auch insbesondere in Anbetracht des Umstands, dass der Antragsteller im Rahmen von Neuerteilungsverfahren in der Folge wiederholt medizinisch-psychologische Begutachtungen abgebrochen hat bzw. jedenfalls in keinem Fall ein positives Gutachten vorlegen konnte, derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller nicht mehr unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnehmen wird. Dabei kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Antragsteller noch im Mai 2002 mit Strafbefehl des Amtsgerichts Reutlingen u.a. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (zudem in alkoholisiertem Zustand) verurteilt worden ist. Unter dem Eindruck all dessen bemühte er sich offenkundig um die hier streitige tschechische Fahrerlaubnis. Substantiierte Einzelheiten über Inhalt und Ablauf einer in Tschechien ggf. vorgenommenen ärztlichen Untersuchung hat der Antragsteller ebenso wenig geschildert wie nähere Einzelheiten zu seiner vorgeblichen Wohnsitznahme in Tschechien. Bei der Grenzkontrolle hat er lediglich angegeben, dort „eine Zeit lang“ wohnhaft gewesen zu sein. Für den Erwerb der Fahrerlaubnis habe er nur wenige Fahrstunden absolvieren müssen. Sofern eine ärztliche Untersuchung stattgefunden haben sollte, ist derzeit davon auszugehen, dass es sich um eine Routine-Untersuchung handelte, die - ohne Kenntnis der alkoholbedingten körperlichen und psychischen Probleme des Antragstellers und ohne Kenntnis seiner Vorgeschichte - auf etwaige Alkoholprobleme nicht eingegangen ist. Wäre es anders gewesen, wäre darüber hinaus auch zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller ein derartiges positives Untersuchungsergebnis ohne Weiteres mitgeteilt hätte. Schließlich kann auch der Umstand einer beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr über mehrere Monate hinweg hier zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Angesichts der hohen Dunkelziffer von Verkehrsordnungswidrigkeiten und -straftaten ist die bloße beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr kein Indiz für die wiedererlangte Geeignetheit eines Verkehrsteilnehmers.
|
|
|
Der Interessenabwägung steht auch nicht entgegen, dass für den Fall, dass sich die Maßnahmen als gemeinschaftsrechtswidrig erweisen sollten, mit der vorliegenden Entscheidung die Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht einstweilen im Einzelfall gehemmt wird. Zwar ist die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts von übergeordneter Bedeutung. Die Mitgliedstaaten - und insbesondere auch deren Gerichte (vgl. dazu Streinz, EUV/EGV, 1. Aufl. 2003, Art. 10 EG Rn. 31 ff.) - haben nach Art. 10 EG alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag zu treffen und alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrages gefährden könnten. Daher ist bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die nationalen Gerichte darauf zu achten, dass die zu treffende Entscheidung dem Gemeinschaftsrecht nicht die praktische Wirksamkeit nimmt. Diese Gefahr besteht hier indes nicht. Insbesondere handelt es sich hier gerade nicht um den Fall eines Unionsbürgers - im Übrigen ist der Antragsteller kroatischer Staatsangehöriger -, der durch die Aberkennung des Rechts, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, daran gehindert wird, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen. Ausweislich des ersten Erwägungsgrundes zur RL 91/439/EWG soll aber gerade die Freizügigkeit von Personen erleichtert werden, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen wollen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben. Damit ist die Richtlinie und ihre wesentliche Bedeutung im vorliegenden Fall nur in einem Randbereich ihres Regelungsgehalts betroffen, sodass es hier nicht einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers bedarf, um die praktische Wirksamkeit der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen (VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -, vensa). Somit bleibt bei einer Gesamtabwägung aller Interessen die bedrohte Verkehrssicherheit Ausschlag gebend für die Ermessensentscheidung des Gerichts.
|
|
|
Sollte sich die Nr. 1 des angegriffenen Bescheids als rechtmäßig herausstellen, so erwiese sich auch die Nr. 2 (Vorlage des Führerscheins zum Zwecke der Eintragung) als voraussichtlich nicht rechtsverletzend. Sollte die Eintragung Rechte der Tschechischen Republik verletzen, so könnte der Antragsteller dies nicht als eigenes Recht geltend machen. Das Landratsamt hat zudem nicht die Abgabe des Führerscheins, sondern lediglich dessen Vorlage zur Eintragung der Aberkennungsentscheidung verfügt.
|
|
|
|
|
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 62 Abs. 2 GKG und erfolgt in Anwendung von Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).
|
|