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I. Der im Jahre 1960 geborene Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 10.06.2005. Durch diese wurde die ihm am 01.11.2004 erteilte tschechische Fahrerlaubnis der Klassen AB mit der Wirkung der Aberkennung des Rechts, von dieser Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, entzogen (Ziff. 1.). Er wurde aufgefordert, seinen tschechischen Führerschein unverzüglich, spätestens bis 24.06.2005, dem Antragsgegner abzuliefern (Ziff. 2). Die sofortige Vollziehung der unter Ziff. 1 und 2 getroffenen Verfügungen wurde angeordnet (Ziff. 3). Für den Fall der nicht fristgerechten Ablieferung wurde ihm unmittelbarer Zwang durch Wegnahme des Führerscheins angedroht (Ziff. 4).
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Der Antragsteller war bereits wegen einer am 10.10.1985 begangenen vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,15 ‰) und anderer Delikte vom Amtsgericht B. am 19.03.1986 (rechtskräftig seit 04.04.1986) zu einer Bewährungsstrafe (1 Jahr und 3 Monate) verurteilt worden; ihm war die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von 18 Monaten entzogen worden. Nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis am 23.09.1987 aufgrund eines bedingt positiven Gutachtens hatte er am 09.06.1994 und am 25.09.1995 zwei Verkehrsordnungswidrigkeiten (Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) begangen, die mit Geldbußen geahndet worden waren. Eine Alkoholfahrt mit dem PKW am 31.10.1997 (BAK 1,0 ‰) hatte zu einer Geldbuße von 1.500 DM und einem einmonatigen Fahrverbot geführt. (Bußgeldbescheid bestandskräftig seit 23.01.1998). Durch weiteres Urteil des Amtsgerichts B. vom 26.03.1998 - rechtskräftig seit 10.08.1998 - war er wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, die am 11.11.1997 tateinheitlich begangen worden waren (Blutalkoholkonzentration von 1,58 ‰), zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden war, verurteilt worden; zugleich war ihm erneut die Fahrerlaubnis, jetzt mit einer Sperrfrist von drei Jahren, entzogen worden. Eine Alkoholfahrt mit einem Mofa am 28.05.1999 (BAK 1,07 ‰), hatte zu einem seit 07.08.1999 bestandskräftigen Bußgeldbescheid über 1.500 DM, verbunden mit einem dreimonatigen Fahrverbot, geführt. Durch drittes Urteil des Amtsgerichts B. vom 21.02.2000 - rechtskräftig seit 29.02.2000 - war er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, begangen am 09.10.1999 (Blutalkoholkonzentration von 1,42‰), zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden war. Zugleich hatte das Gericht eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von vier Jahren (bis 28.02.2004) ausgesprochen. Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Fahrt am 24.07.2002 mit einem Mofa, das erheblich höhere Geschwindigkeiten als 25 km/h erreichte) hatte das Amtsgericht B. den Kläger am 19.12.2002 zu einer Geldstrafe verurteilt. Die zugleich ausgesprochene isolierte Sperrfrist wurde durch das seit 27.02.2003 rechtskräftige Urteil des LG S. in der Berufung auf 1 Jahr ermäßigt. Nach Mitteilungen der Polizeidirektion ... soll der Antragsteller zwischen dem 07.05.2003 und Februar 2004 mehrfach mit fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen gefahren sein.
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Mit Schreiben vom 14.01.2005 teilte die Polizeidirektion ... dem Landratsamt mit, bei einer Kontrolle habe der Antragsteller einen tschechischen Führerschein, ausgestellt am 01.11.2004, vorgezeigt. Es bestehe der Verdacht der Umgehung inländischer Verwaltungsauflagen (Hinderungsgründe für eine Neuerteilung). Daraufhin forderte das Landratsamt den Antragsteller mit Schreiben vom 04.02.2005 auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu seiner Fahreignung beizubringen, da Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestünden. Es wies den Antragsteller darauf hin, dass ihm die Fahrerlaubnis entzogen werde, sofern er sich weigere, sich untersuchen zu lassen, oder das Gutachten nicht fristgerecht beibringe. Er stützte die Gutachtensaufforderung auf die rechtskräftige Entziehung der Fahrerlaubnis, nachfolgende Alkoholfahrten als Lenker eines Mofas und die strafgerichtlichen Verurteilungen des Antragstellers. Er leitete daraus folgende Fragestellungen an den Gutachter ab:
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1. Ist trotz der aktenkundigen Straftaten [Urteile des AG B. vom 19.03.1986, 26.03.1998 und 19.12.2002] zu erwarten, dass (der Antragsteller) die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der FE-Klassen A und B im Verkehr erfüllt?
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2. Ist zu erwarten, dass (der Antragsteller) auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird und/oder liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges der FE-Klassen A und B in Frage stellen?
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Der Antragsteller legte den angeforderten Gutachtensauftrag am 18.02.2005 und das aufgrund der Untersuchung vom 12.04.2005 gefertigte medizinisch-psychologische Gutachten des Instituts für Beratung, Begutachtung, Kraftfahreignung über seinen Bevollmächtigten am 17.05.2005 vor. Zugleich ließ er mitteilen, das für ihn negative Endergebnis sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei die als einschneidend empfundene Haftzeit und der Umstand, dass der Antragsteller seit nahezu fünf Jahren nicht mehr alkoholauffällig geworden sei, nicht gewürdigt worden. Er beantragte die Einholung eines Obergutachtens. Dem widersprach der Antragsgegner unter dem 19.05.2005 und erklärte, durch das nachvollziehbare und schlüssige Gutachten hätten die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt werden können. Eines Obergutachtens bedürfe es nicht. Zur Äußerung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis erhielt der Antragsteller Frist bis zum 02.06.2005. Unter dem 10.06.2005 erließ der Antragsgegner die angegriffene Verfügung, die am 22.06.2005 an den Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt wurde.
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Seinen Widerspruch vom 04.07.2005 begründete der Antragsteller zunächst damit, nach § 11 Abs. 2 Satz 4 IntVO dürfe der Führerschein nicht einbehalten werden. Der Antragsgegner verwies darauf, dass wegen des inländischen Wohnsitzes des Antragstellers nicht die IntVO sondern die Fahrerlaubnisverordnung einschlägig sei. Weiter trug der Antragsteller vor, die Verfügung könne sich auf keine Rechtsgrundlage stützen, da nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29.04.2004 (Kapper, NZV 2004, 372) § 28 Abs. 4 FeV unberücksichtigt bleiben müsse.
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Am 07.10.2005 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 10.06.2005 und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragen lassen. Er hat sich auch hier auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29.04.2004 (C-476/01 - Kapper -, Slg.2004, I-5205) und die daraus zu ziehenden Folgerungen berufen.
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II. Der Antrag ist sachdienlich als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entziehung der tschechischen Fahrerlaubnis des Antragstellers und gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins sowie auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs auszulegen. Gegenüber der mit Sofortvollzug versehenen Entziehung der Fahrerlaubnis ist ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statthaft (§ 80 Abs. 5 Satz 1 2. Var. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Als gesetzliche Folge des Sofortvollzugs hat der Antragsteller gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern. Diese Folge ist an den Sofortvollzug der Fahrerlaubnis gebunden und teilt deren rechtliches Schicksal. Bezüglich der gleichfalls verfügten Androhung der Wegnahme des Führerscheins kommt einem Widerspruch kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, sodass hier ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung die richtige Form des Rechtsschutzes ist (§ 80 Abs. 5 Satz 1 1. Var. i.V.m. Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 12 LVwVG).
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Der Antrag dürfte zulässig sein. Soweit er sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziff. 1 der Verfügung) richtet, dürfte dem Antragsteller hierfür insbesondere auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zustehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt allerdings einem Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Rechtsschutzsuchende seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos erscheint (BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 -, BVerwGE 78, 85, 91; Beschluss vom 22.09.1995 - 4 NB 18.95 -, DVBl. 1996, 107; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2004 - 10 S 1346/04 -). Sofern auf den Antragsteller die unter anderem auf die Unterbindung eines „Führerscheintourismus“ ausgerichteten Regelungen des § 28 Abs. 4 FeV anzuwenden sind, könnte es dem Antragsteller zwar schon von Gesetzes wegen an einer Berechtigung fehlen, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, da eine behördliche Erteilungsentscheidung nach § 28 Abs. 5 FeV über das Recht zum Gebrauch der tschechischen Fahrerlaubnis nicht vorliegt (so VGH Baden-Württemberg, a.a.O. für den Sonderfall einer Verpflichtungsklage hinsichtlich des zukünftigen Erwerbs einer ausländischen Fahrerlaubnis; offen gelassen von VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -, zitiert nach juris; VG München, Beschluss vom 13.01.2005 - M 6b S 04.5543 -, zitiert nach juris; s. auch VG München, Vorlagebeschluss vom 04.05.2005 - M 6a K 04.1 -, zitiert nach juris). Die Verfügung des Antragsgegners vom 10.06.2005 stellt in ihrer Ziff. 1 aber nicht lediglich eine deklaratorische Feststellung der aufgrund Gesetzesrechts fehlenden Berechtigung des Antragstellers zum Gebrauch der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland dar, sondern entfaltet eine eigenständige Regelungswirkung im Hinblick auf die Folge dieser behördlichen Maßnahme nach § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FeV, die in Ziff. 2 der streitgegenständlichen Verfügung auferlegte Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins, deren Grundlage die behördliche Entziehungsmaßnahme darstellt. Der Antragsgegner dürfte, nachdem er Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antragsteller im Besitz einer tschechischen EU-Fahrerlaubnis ist und die Ermittlungen zur Ausräumung der Eignungszweifel gescheitert waren, sich nicht lediglich darauf beschränken können, dem Kraftfahrt-Bundesamt Mitteilung von der fehlenden Berechtigung des Antragstellers zu machen. Um den Erfordernissen des Art. 8 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 91/439/EWG, die nach der Entziehung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis deren Rückleitung an den anderen Mitgliedstaat vorsehen, Rechnung zu tragen, dürfte der Antragsgegner vielmehr gehalten gewesen sein, seine Ermittlungen durch eine förmliche Entziehungsentscheidung, der nach § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV im Falle einer ausländischen Fahrerlaubnis die Rechtsfolge des Erlöschens des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland zukommt, abzuschließen, um zugleich die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins aussprechen zu können. Dem Antragsteller dürfte deshalb für die begehrte Wiederherstellung des Suspensiveffektes im Hinblick auf diese Rechtswirkung der Entziehungsverfügung ein Rechtsschutzbedürfnis zustehen.
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Dass dem Antragsteller auch hinsichtlich der ihm in Ziff. 2 auferlegten Verpflichtung zur Ablieferung der tschechischen Fahrerlaubnis ein Rechtsschutzbedürfnis zustehen dürfte, bedarf keiner näheren Ausführungen.
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Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ist im angefochtenen Bescheid gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in hinreichender Weise schriftlich begründet. Sind für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Wesentlichen die gleichen Gründe maßgebend, wie das bei der Entziehung der Fahrerlaubnis der Fall ist, durch die die von einem ungeeigneten Kraftfahrzeugführer ausgehenden Gefahren abgewendet werden sollen, so genügt es, wenn aus der Begründung ersichtlich ist, dass die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen und die damit verbundenen Gefahren auch das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung begründen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.08.1976, NJW 1977, 165; Beschluss vom 31.01.1984, NVwZ 1985, 58; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 757 m.w.N.). Dies ergibt sich hinreichend aus der Verfügung des Landratsamtes. Auch ist aus der Begründung des Landratsamtes ersichtlich, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Nachteile, die der Sofortvollzug für den Antragsteller zur Folge hat, gegenüber dem Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmer, das das öffentliche Interesse am Sofortvollzug begründet, zurückzutreten haben. Diese Ausführungen genügen dem Begründungserfordernis.
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Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bei für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakten zu treffende gerichtliche Entscheidung erfordert eine Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes. Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird vor allem durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, aber auch durch die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits bestimmt. Bei der Abwägung auf Grund summarischer Erfolgsprüfung gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass das Suspensivinteresse umso[!Duden1] größeres Gewicht hat, je mehr der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat, und dass umgekehrt das Vollzugsinteresse umso mehr[!Duden2] Gewicht hat, je weniger Aussicht auf Erfolg der Rechtsbehelf hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.11.1992, DÖV 1993, 432; s.a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.3.1997, VBlBW 1997, 390). Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache höchstens als offen anzusehen. Bei der erforderlichen Interessenabwägung überwiegt aber das besondere Interesse an dem Sofortvollzug der Verfügung auch im Blick auf die Folgen das Verschonungsinteresse des Antragstellers.
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Auf der Grundlage der Anwendung innerstaatlichen Rechts dürften allerdings keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehungsverfügung bestehen.
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Nach § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV muss die Verwaltungsbehörde einem Kraftfahrer die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 5 S. 2 FeV erlischt mit der Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Erteilung der Fahrerlaubnis die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5b, Abs. 2 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde auch bei erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, wie auch dann entsprechend vorgehen, wenn der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem der genannten Verstöße oder Straftaten beruhte. Bei ordnungsgemäßer Anordnung und Erstellung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist die Fahrerlaubnisbehörde berechtigt, ihre Entscheidung auf das Ergebnis des Gutachtens zu stützen.
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Nach diesen Maßstäben dürfte von einer fehlenden Eignung des Antragstellers auszugehen sein, denn das vorliegende Gutachten vom 26.04.2005 dürfte normgerecht angeordnet und erstellt worden sein wie auch die mangelnde Eignung des Antragstellers in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlegen.
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Die Gutachtensanordnung dürfte zu Recht erfolgt sein. Sie dürfte den Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV genügen (vgl. dazu z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.10.2004, a.a.O.). Sie ist in sich verständlich. Die der Anordnung zugrunde liegenden Tatsachen sind mit Verweis auf die strafgerichtlichen Verurteilungen des Antragstellers und eine weitere Alkoholfahrt ausreichend dargelegt, sodass der Antragsteller ihr entnehmen kann, ob hinreichender Anlass für die Anordnung der Maßnahme bestand.
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Die Fragestellung an den Gutachter dürfte gemäß § 13 Nr. 2b FeV und § 11 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 b FeV gerechtfertigt sein. Zum einen dürfte die Voraussetzung wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss vorliegen. Hierfür reichen die Trunkenheitsfahrten vom 11.11.1997, 28.05.1999 und vom 09.10.1999 ersichtlich aus. Zum anderen dürften die Urteile vom 26.03.1998, 21.02.2000 und 19.12.2002/27.02.2003 den Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV genügen, denn durch sie wurden - wiederholt - Straftaten geahndet, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr standen. Wegen einer solchen Straftat wurde dem Antragsteller auch die Fahrerlaubnis im Urteil vom 26.03.1998 entzogen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b FeV).
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Die vom Antragsgegner herangezogenen strafgerichtlichen Entscheidungen, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d, g und h StVZO bzw. § 28 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 StVG sämtlich in das Verkehrszentralregister einzutragen waren, dürften - mit Ausnahme des Urteils vom 19.03.1986 - keinem Verwertungsverbot unterliegen. Sie gehen zwar bis ins Jahr 1997 zurück. Gleichwohl dürften die Einträge - mit der genannten Ausnahme - sämtlich noch am 31.12.1998 (vgl. dazu § 65 Abs. 9 StVG) vorhanden gewesen sein. Nach § 13a Abs. 3 Satz 1 StVZO in der damals gültigen Fassung hinderten Eintragungen von strafgerichtlichen Entscheidungen mit Ausnahme solcher, in denen von Strafe abgesehen worden ist, die Tilgung aller anderen gerichtlichen Entscheidungen. Unter Beachtung der Tilgungsfristen von fünf Jahren nach § 13a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a. und c. StVZO und von zehn Jahren in § 13a Abs. 2 Nr. 3 StVZO führte dies dazu, dass die Entscheidung des AG Backnang vom 26.03.1998 (Tilgungsfrist 10 Jahre) am 31.12.1998 noch eingetragen war. Dagegen dürfte das Urteil des AG Backnang vom 19.03.1986 gemäß § 13a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 StVZO mit dem 04.04.1996 (nach Ablauf von 10 Jahren ab Rechtskraft) getilgt worden sein, denn aus § 13a Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz StVZO folgt, dass innerhalb dieser Frist erfolgende Eintragungen wegen Ordnungswidrigkeiten lediglich die Tilgung von Entscheidungen wegen anderer Ordnungswidrigkeiten, nicht aber wegen strafgerichtlicher Entscheidungen hindern.
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Eintragungen in das Verkehrszentralregister, die - wie hier - vor dem 01.01.1999 erfolgt und zu diesem Datum noch nicht getilgt sind, sind aber nach Maßgabe des § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG verwertbar. Danach dürfen die Entscheidungen nach § 52 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes - BZRG - in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung verwertet werden, längstens jedoch bis zu dem Tag, der einer zehnjährigen Tilgungsfrist entspricht. Die frühere Fassung von § 52 Abs. 2 BZRG sah vor, dass auch eine im Bundeszentralregister getilgte Eintragung in einem Verfahren berücksichtigt werden durfte, das die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, wenn die Verurteilung wegen dieser Tat ins Verkehrszentralregister einzutragen war. Diese Vorschrift enthielt keinerlei zeitliche Begrenzung. Die Regelung des § 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG dient der Gleichstellung der Verwertbarkeit der vor dem 01.01.1999 eingetragenen Altfälle mit den nach dem 31.12.1998 eingetragenen Neufällen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung des StVG, BT-Drucks. 14/4304 vom 12.10.2000; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.07.2003 - 10 S 2316/02 -). Für letztere gilt nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3 StVG eine zehnjährige Tilgungsfrist, wenn es sich um strafgerichtliche Entscheidungen handelt, in denen eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b StGB oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB angeordnet worden ist. Die zehnjährige Frist beginnt nach § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG aber erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung zu laufen. Diese Fristenregelung findet nach der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 9 Satz 1 HS. 2 auch auf die hier vor dem 01.01.1999 erfolgten Eintragungen Anwendung, da die Berechnung einer zehnjährigen Tilgungsfrist „entspricht“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.2005 - 3 C 21/04 -, DVBl. 2005, 1333-1337 und bei juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 24.05.2004 - 1 R 25/03 -, DAR 2004, 546f.; a.M. OVG Weimar, Urteil vom 21.02.2005 - 2 KO 610/03 -, jeweils zitiert nach juris). Die zehnjährige Tilgungsfrist für die vor dem 01.01.1999 eingetragene Straftat begann somit am 10.08.2003 (fünf Jahre nach Rechtskraft des Urteils vom 26.03.1998) und ist derzeit, ebenso wie die Tilgungsfrist nach den Urteilen des AG Backnang vom 21.02.2000 und vom 19.12.2002/27.02.2003 noch nicht abgelaufen.
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Verwertbar ist auch die Trunkenheitsfahrt vom 28.05.1999, obgleich sie lediglich zu einem Bußgeldbescheid vom 13.07.1999 über 1.500 DM und einem dreimonatigen Fahrverbot geführt hatte. Nach § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 3 Nr. 1-3 StVG ist die Tilgung dieses Eintrags erst mit der Tilgung der beiden genannten jüngeren Urteile zulässig, denn Eintragungen wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG - Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze - sind gemäß § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG von der absoluten Tilgungsfrist von fünf Jahren ausgenommen.
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Dass der Antragsgegner in seiner Gutachtensaufforderung wie auch in der angefochtenen Verfügung auch die Verurteilung des Antragstellers vom 19.03.1986 genannt hat, dürfte ungeachtet deren Tilgung unschädlich sein, denn die Rechtmäßigkeit der Gutachtensaufforderung dürfte davon nicht abhängen (vgl. dazu z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 03.05.1993 - 10 S 852/93 - und vom 22.01.1993 - 10 S 2958/92 -; enger OVG Münster, Beschluss vom 03.06.1975 - XIII B 903/73 -, DAR 1976, 221, 223). Die getilgte Tat schlägt sich in den vom Antragsgegner formulierten Fragen an den Gutachter nicht entscheidend nieder. Auch ohne sie hat der Antragsteller „wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen“ (§ 13 Nr. 2 Buchst. b. FeV - Verurteilungen vom 26.03.1998 und vom 21.02.2000, Bußgeldbescheid vom 13.07.1999) und liegen bei ihm „wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften“ wie auch „Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr“ vor (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV - Verurteilungen vom 26.03.1998, 21.02.2000 und 19.12.2002/27.02.2003, Bußgeldbescheid vom 13.07.1999). Aus dem Gutachten vom 26.04.2005 ergibt sich klar, dass es für die Bewertung der Befunde, insbesondere, soweit sie für den Antragsteller negativ sind, allein auf die Jahre ab 1997 ankommt, und das Geschehen in den 80er Jahren ohne Bedeutung ist. Sowohl für die Feststellung einer wiederholten alkoholisierten Verkehrsteilnahme als auch für den Grad der Alkoholisierung ist die Tat vom 09./10./1985 unerheblich, da der Alkoholisierungsgrad bei den Fahrten am 11.11.1997 (PKW) und am 09.10.1999 (Mofa) deutlich höher war. Auch das Kriterium einer „ersten aktenkundigen Trunkenheitsfahrt“ wird vom Geschehen am 10.10.1985 nicht erfüllt, denn zuvor war dem Antragsteller schon wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt am 04.11.1984 die Fahrerlaubnis entzogen worden. Sollte das Geschehen am 09./10.10.1985 vom Gutachter gleichwohl als „erste aktenkundige Trunkenheitsfahrt“ gewertet worden sein, so wäre dies für den Antragsteller günstig, denn bei der - zeitlich nachfolgenden - Trunkenheitsfahrt am 11.11.1997 lag die festgestellte BAK um mindestens 0,38 ‰ höher. Für die medizinische Alkoholanamnese war das Geschehen 1985 ohne Bedeutung. Im Rahmen der psychologischen Exploration wurde der Antragsteller zwar auch zu diesem Geschehen befragt, jedoch treten seine Angaben hierzu gegenüber seinen Äußerungen zum späteren Geschehen im Jahr 1997 und später nach Umfang und Inhalt deutlich zurück. Die Bewertung der Befunde hinsichtlich der Alkoholfragestellung, die für die negative Beantwortung der gestellten Fragen entscheidend war, stützt sich weder ausdrücklich noch immanent auf das Verhalten des Antragstellers vor 1997. Die entscheidende Änderung im Trinkverhalten, die der Antragsteller im Vergleich der Jahre 1997 bis 2000 mit der Zeit danach behauptet und deren persönlichkeitsbezogene Begründung die Gutachter vermissen, hat mit dem Geschehen in den 80er Jahren nichts zu tun.
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Selbst wenn die Fragestellung wegen der Bezugnahme auf das Urteil vom 19.03.1986 fehlerhaft sein sollte, so dürfte dies nichts an der Verwertbarkeit des Gutachtens als einer neuen Tatsache ändern, aus der sich die mangelnde Eignung des Antragstellers ergibt. Denn wenn sich ein Betroffener einer angeordneten Begutachtung gestellt hat und der Fahrerlaubnisbehörde das Gutachten vorliegt, so ist dies eine neue Tatsache, die selbständige Bedeutung hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.1996 - 11 B 14/96 - zu § 15b Abs. 1 StVZO, Buchholz 442.16 § 15 b StVZO Nr. 26 und juris). Nach der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Verwertbarkeit des Gutachtens nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung nach § 15 b Abs. 2 StVZO ab. Diese Norm wurde wie der gesamte Teil A der StVZO zum 01.01.1999 durch die Fahrerlaubnis-Verordnung vom 18.08.1998 (BGBl. I, S. 2214) abgelöst. Die Ausdifferenzierung von § 15 b Abs. 2 StVZO durch §§ 9 Absätze 2 bis 4, 13 und 14 FeV gibt keinen Anlass, von der Bewertung eines vorliegenden Gutachtens als „neuer Tatsache“ abzuweichen (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. 2003, § 11 FeV Rdnr. 24 a.E., unklar OVG Bremen, Beschluss vom 06.03.2000 - 1 B 61/00 -, juris, in einem obiter dictum).
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Das Gutachten selbst und sein Ergebnis dürften nicht zu beanstanden sein. Das Gericht hat keine Veranlassung, im vorliegenden Verfahren die Richtigkeit der von den Gutachtern aufgrund der Aktenanalyse sowie der Untersuchung des Antragstellers getroffenen Feststellungen in Frage zu stellen. Die notwendigen Explorationen sind vollständig und zutreffend auf der Grundlage anerkannter Verfahren durchgeführt worden und gehen weder von offenkundig unzutreffenden Voraussetzungen aus, noch weist das Gutachten auch dem nicht Sachkundigen erkennbare, die Entscheidung beeinflussende Mängel und unlösbare Widersprüche auf. Ebenso wenig besteht Anlass, an der Sachkunde und Überparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln. Vielmehr sind die von den Gutachtern aus den Befunden gezogenen Folgerungen schlüssig und nachvollziehbar. Demnach sind einerseits die medizinischen Befunde wie auch die Aufarbeitung der Vorkommnisse, deretwegen der Antragsteller durch Bußgeldbehörde und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden musste, in rechtlicher Hinsicht geeignet, Bedenken der Behörde auszuräumen. Andererseits fehlt aber eine nachvollziehbare inhaltliche Auseinandersetzung des Antragstellers mit seinen persönlichen Faktoren für Entstehung und Aufrechterhaltung einer problematischen Alkoholbeziehung. Weil der Antragsteller insoweit nahezu ausschließlich auf äußere Lebensbedingungen und deren Änderungen - besonders im Vergleich von 1997-2000 zu 2001 ff. - verweist, sehen sich die Gutachter nicht in der Lage, eine stabile Verhaltensänderung des Antragstellers zu attestieren, was dazu führt, dass sie auch nicht annehmen können, dass die Fahreignung des Antragstellers wieder hergestellt sei. Dass der Antragsgegner dieser gut nachvollziehbaren Argumentation gefolgt und daraus auf eine - weiterhin - fehlende Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen hat, dürfte nicht zu beanstanden sein.
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Dass die Erfolgsaussichten des Rechtstreits in der Hauptsache gleichwohl als offen anzusehen sein könnten, folgt aus dem Umstand, dass die sich aus der Erteilung einer tschechischen Fahrerlaubnis ergebenden, im Europarecht wurzelnden Probleme im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden können.
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Der Antragsteller beruft sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29.04.2004 (C-476/01 - Kapper -, Slg.2004, I-5205). Das Urteil ist in einem Vorabentscheidungsverfahren ergangen, dem ein Strafverfahren zugrunde lag. Darin ging es um die Frage, ob sich ein Deutscher, dem die Fahrerlaubnis strafgerichtlich mit einer Sperrfrist entzogen worden war und der nach Ablauf der Sperrfrist eine niederländische Fahrerlaubnis erworben hatte, obwohl er in den Niederlanden keinen ordentlichen Wohnsitz hatte, in der Bundesrepublik Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar gemacht hatte. Der Ausspruch lautet, soweit hier erheblich:
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Artikel 1 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 91/439 ist so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht ablehnen darf, weil im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in diesem Staat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist.
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In der Begründung ist dazu ausgeführt, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine eng auszulegen sei. Deshalb könne sich ein Mitgliedstaat nicht auf sie berufen, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet worden sei, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden sei. Sei nämlich die zusätzlich zu der fraglichen Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates bereits abgelaufen, so verbiete es Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG diesem Mitgliedstaat, weiterhin die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins, der dem Betroffenen später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden sei, abzulehnen (EuGH, Urteil vom 29.04.2004, a.a.O. Rdnr. 72 u. 76).
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Ob allerdings das Urteil des Europäischen Gerichtshofs diese Folgerung auch für den hier gegebenen Sachverhalt trägt, bei dem es nicht im eigentlichen Sinne um die vom Europäischen Gerichtshof entschiedene Frage geht, ob die von einem Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat von vornherein „ungültig“ ist, sondern darum, unter welchen Voraussetzungen diese von dem für den Betroffenen aufgrund von dessen ständigem Wohnsitz zuständigen Mitgliedstaat, der sie als „gültig“ ansieht, entzogen werden darf bzw. muss, ist in der Rechtsprechung umstritten und kann im vorliegenden Eilverfahren nicht hinreichend geklärt werden (vgl. einerseits OVG Koblenz, Beschluss vom 15.08.2005 - 7 B 11021/05.OVG -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 06.09.2005 - 11 K 1167/05 -; VG Neustadt, Beschluss vom 04.07.2005 - 3 L 1031/05.NW -; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 04.11.2004 - Ss 16/04 (42/04); andererseits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2004 - 10 S 1346/04 - und Beschlüsse vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 - sowie vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 06.07.2005 - 4 K 755/05; VG München, Beschluss vom 13.01.2005 - M 6b S 04.5543 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -; AG Kassel, Urteil vom 19.07.2005, NZV 2005, 601; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.10.2005 - 12 ME 288/05 -; OVG Münster, Beschluss vom 04.11.2005 - 16 B 736/05 -; differenzierend BayVGH, Beschluss vom 06.10.2005 - 11 CS 05.1505 -; s. auch VG München, Vorlagebeschluss vom 04.05.2005 - M 6a K 04.1 -).
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Dagegen spricht im vorliegenden Fall insbesondere noch, dass es sich bei dem vom Antragsteller vorgelegten Gutachten um eine „neue Tatsache“ handeln dürfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.1996, a.a.O.), die erst nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis bekannt geworden ist. Die in der angeführten Entscheidung enthaltene Begründung dafür, dass es auf die Rechtswidrigkeit der Anordnung eines solchen Gutachtens nicht ankomme, führt in der Konsequenz dazu, dass auch eine möglicherweise rechtswidrige Rückbeziehung auf vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis liegende Gründe für diese Anordnung keine Folgen hinsichtlich der Verwertbarkeit dieses Gutachtens haben kann.
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Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind deshalb allenfalls als offen anzusehen. Die danach erforderliche Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers. Dieser hat infolge seiner Alkoholisierung am 11.11.1997 einen kontrollierenden Polizeibeamten bewusst an Leib und Leben gefährdet und noch während der Bewährungszeit in alkoholisiertem Zustand zumindest zweimal am motorisierten Straßenverkehr teilgenommen und damit sich und andere gefährdet (28.05.1999: BAK 1,07 ‰ und 09.10.1999: BAK 1,42 ‰). Solange die sich daraus ergebenden Eignungsbedenken nicht ausgeräumt sind, stellt der Antragsteller gerade auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Mindeststandards im Straßenverkehr ein erhebliches Risiko für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer dar. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 91/439/EWG hängt die Ausstellung des Führerscheins auch von der Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III ab. Dem Antragsteller ist die Fahrerlaubnis für die Klassen A und B erteilt worden, so dass er hinsichtlich der im Anhang III der Richtlinie 91/439/EWG genannten Gruppen (Nr. 1) der Gruppe 1 zuzurechnen ist. Auch die Richtlinie wertet den Alkoholgenuss als eine große Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs und fordert deshalb bei der Erteilung oder Erneuerung der Fahrerlaubnis auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit (Anhang III Nr. 14). Nach Nr. 14.1 des Anhangs darf Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig sind oder das Führen eines Fahrzeugs und Alkoholgenuss nicht trennen können, eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig waren, kann nach einem nachgewiesenen Zeitraum der Abstinenz vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden. Auch wenn jedenfalls den vorliegenden Unterlagen keine Nachweise für das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit des Antragstellers im Sinne der Internationalen Klassifikation ICD-10 (F10.25) zu entnehmen sind, so ist zumindest für die Jahre 1997-1999 von einem - zur Fahrungeeignetheit führenden - Alkoholmissbrauch auszugehen, der der Abklärung hinsichtlich des Vorliegens einer Alkoholabhängigkeit bzw. des Vermögens, zwischen Verkehrsteilnahme und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen, bedarf. Die Wiedererlangung der Fahreignung setzt eine in der Person des Antragstellers begründete nachhaltige Änderung des Alkoholtrinkverhaltens voraus. Diese Änderung des Trinkverhalten setzt beim Betroffenen u.a. die Bildung eines angemessenen Problembewusstseins voraus, zudem muss die Änderung nach genügend langer Erprobung und Erfahrungsbildung (mindestens sechs Monate) bereits in das Gesamtverhalten integriert worden sein, und der Änderungsprozess muss nachvollziehbar aufgezeigt werden (vgl. Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, 6. Aufl., 2000, Nr. 3.11.1). Wegen der vom Betreffenden ursprünglich ausgehenden Gefahren für die Verkehrssicherheit kommt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nur in Betracht, wenn durch eine entsprechende sachverständige Prüfung belegt ist, dass der Betreffende hinsichtlich des Alkoholkonsums einen nachhaltigen Änderungsprozess durchlaufen hat.
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Diesen Beleg stellt weder das vorgelegte Gutachten dar, noch ergibt sich aus den Akten oder dem Vortrag des Antragstellers, ob in Tschechien die Fahreignung des Antragstellers im Hinblick auf die in seiner Person bestehenden Umstände geprüft worden ist. Danach spricht alles dafür, dass sich der Antragsteller zur Umgehung einer Fahreignungsprüfung durch die zuständigen deutschen Behörden an die - wegen des Fehlens eines ordentlichen Wohnsitzes - an sich für die Erteilung einer Fahrerlaubnis unzuständigen Behörden der Tschechischen Republik gewandt hat, diesen Behörden die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Fahrens unter erheblichem Alkoholeinfluss nicht mitgeteilt hat, ferner dass jenen dieses Verfahren mangels eines gemeinschaftsweiten Registers auch nicht bekannt waren und dass - unter Umständen wegen dieser Unkenntnis - schließlich bei einer möglicherweise erfolgten Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen die sich aus dessen Vorgeschichte ergebende Risikogesichtspunkte unberücksichtigt geblieben sind.
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Deshalb fällt die von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung angesichts des hohen Rangs der Rechtsgüter, die bei der Teilnahme eines Fahrungeeigneten am öffentlichen Straßenverkehr bedroht sind, zu Lasten des Antragstellers aus. Es bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller unverändert fahrungeeignet ist. Bei der Abwägung ist zum Nachteil des Antragstellers auch zu berücksichtigen, dass das Landratsamt den Antragsteller nicht unmittelbar auf die sich aus § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV ergebende Rechtslage verwiesen hat, wonach das Gebrauchmachen der in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis die Bekanntgabe eines begünstigenden Verwaltungsakts voraussetzt. Vielmehr hat das Landratsamt dem Antragsteller entsprechend der innerstaatlichen Rechtslage die Möglichkeit eingeräumt, durch ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten die Fahreignung zu belegen. Dass die Fahrerlaubnis für den Antragsteller im Hinblick auf dessen berufliche Tätigkeit und seine private Lebensgestaltung von hoher Bedeutung ist, muss dem gegenüber zurücktreten.
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Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen Ziff. 1 der Verfügung vom 10.06.2005 war deshalb abzulehnen.
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Auf der dargestellten Grundlage dürften auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 FeV für die in Ziff. 2 der Verfügung vom 10.06.2005 auferlegte Ablieferungspflicht ersichtlich gegeben sein. Diese Ablieferungspflicht entspricht den Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 91/439/EWG, wonach der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes eines Fahrerlaubnisinhabers zum Zwecke der Anwendung seiner innerstaatlichen Vorschriften über die Einschränkung, Aussetzung, den Entzug und die Aufhebung der Fahrerlaubnis den Führerschein erforderlichenfalls umtauschen kann, indem er diesen an die zuständige Stelle des Mitgliedstaates, der den Führerschein ausgestellt hat, zurückleitet. Danach dürfte die Ablieferung des Führerscheins zum Zwecke der Rücksendung an die tschechischen Behörden und nicht lediglich die Vorlage zur Eintragung einer Beschränkung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 3 FeV erforderlich sein. Denn dass die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis - nur - die Aberkennung des Rechts, von dieser ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, zur Folge hat, ändert nichts daran, dass es sich um eine Entziehungsentscheidung i.S.v. § 47 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 FeV handelt (§ 46 Abs. 1 und 5 FeV). Es muss im Interesse der Verkehrssicherheit gewährleistet sein, dass der Fahrerlaubnisinhaber nicht durch Vorlage des Führerscheins den Anschein erwecken kann, zur Teilnahme am Straßenverkehr berechtigt zu sein (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -; a.A. BayVGH, Beschluss vom 06.10.2005 - 11 CS 05.1505 -).
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Die Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs ist nach dem Ausgeführten ebenfalls nicht zu beanstanden.
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