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| Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig ( I.) und begründet (II.). |
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| Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig. |
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| Die vom Regierungspräsidium erlassene Sperrgebietsverordnung ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die Verordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht; der Normenkontrollantrag ging am 05.03.2014 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Die Antragstellerinnen sind auch antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die Bestimmungen der Sperrgebietsverordnung wie auch deren behördlichen Vollzug unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Ihnen drohen bei Nichtbefolgung des Verbots der Prostitutionsausübung im Gebäude ...-... ... Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren. Zudem haben sie aufgrund der Ausweitung des Sperrgebiets wirtschaftliche Einbußen zu gewärtigen, weil sie sich nach anderen Räumen umsehen müssen, die entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu finden sind. |
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| Der Antragsbefugnis der Antragstellerinnen steht nicht entgegen, dass sie (gegenwärtig) lediglich Mieterinnen und nicht Eigentümerinnen der Appartements im Gebäude ... ... sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können auch Personen, denen - etwa als Mieter oder Pächter - Nutzungsrechte übertragen worden sind, als Folge nachteiliger bauplanerischer Festsetzungen Rechtsbeeinträchtigungen erleiden und deshalb im Normenkontrollverfahren - selbständig und unabhängig vom Eigentümer - überprüfen lassen, ob die ihre Nutzung beeinträchtigenden Festsetzungen unter beachtlichen Rechtsfehlern leiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2015 - 4 CN 5.14 -, NVwZ 2015, 1457 m.w.N.). Es bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auf die Überprüfung anderer Rechtsnormen zu übertragen, soweit diese - wie Sperrgebietsverordnungen - eine Abwägung widerstreitender Interessen voraussetzen (vgl. ausf. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995 - 11 N 1432/94 -, NVwZ-RR 1996, 84). Erforderlich und ausreichend ist danach, dass der jeweilige Antragsteller durch die angegriffene Rechtsnorm in einem „abwägungsrelevanten“ Interesse betroffen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris, und Urt. v. 29.06.2015, a.a.O., jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Da die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... nach der bisherigen Sperrbezirksverordnung erlaubt war, hatte der Verordnungsgeber bei deren Ersetzung durch die angefochtene Sperrgebietsverordnung Veranlassung, sich mit den einem Verbot der Prostitutionsausübung speziell in diesem Gebäude entgegenstehenden Belangen konkret auseinanderzusetzen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; vgl. auch BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 -, BVerfGK 15, 377). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der von den Antragstellerinnen mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer geschlossenen Mietverträge bestehen nicht. |
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| Schließlich fehlt es den Antragstellerinnen auch nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie eine über den sie räumlich beschwerenden Teil - die Ausweisung des Grundstücks ... ... als Sperrgebiet - hinausgehende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrgebietsverordnung begehren. Der Prüfungsumfang eines Normenkontrollverfahrens wird zwar - trotz dessen doppelter Funktion als subjektives Rechtsschutzverfahren und objektives Prüfungsverfahren - durch die Reichweite des Rechtsschutzbedürfnisses des jeweiligen Antragstellers begrenzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, und Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899; HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NdsVBl. 2003, 154; OVG RP, Urt. v. 26.11.2002 - 6 C 10609 -, KStZ 2003, 56; vgl. auch Senat, Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220). Dadurch soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989, a.a.O.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn und - bei teilbaren Rechtsnomen - soweit der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist; die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, NVwZ-RR 2012, 939). Dies ist jedoch hier, anders als in den vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.07.1995 (a.a.O.) oder vom Senat mit Urteil vom 15.12.2008 (a.a.O.) entschiedenen Konstellationen, nicht der Fall. Im Gegensatz zu einem Grundstückseigentümer, dem es nur um die Nutzbarkeit des vorhandenen Betriebsgrundstücks zu Prostitutionszwecken geht, nicht aber darum, irgendwo im Stadtgebiet ein Bordell zu errichten oder Räumlichkeiten an Prostituierte zu vermieten, haben die Antragstellerinnen als Mieterinnen von Räumen zur Ausübung der Wohnungseinzelprostitution auch ein rechtlich beachtliches Interesse daran, dass im Normenkontrollverfahren die konkrete Aufnahmefähigkeit der in der Sperrgebietsverordnung ausgewiesenen Toleranzzonen sowie deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution überprüft werden. Die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution hängen nämlich maßgeblich davon ab, welche Bereiche des Stadtgebiets der Verordnungsgeber als Sperrgebiet ausweist und wo dementsprechend Flächen zur Anmietung oder zum Erwerb zur Verfügung stehen. Die Rechtsstellung der Antragstellerinnen würde sich daher nicht nur dann verbessern, wenn die Sperrgebietsverordnung hinsichtlich des Grundstücks ... ... für (teil-)unwirksam erklärt werden würde, sondern auch dann, wenn eine vollumfängliche Nichtigerklärung der Verordnung erfolgte. Denn dies hätte zur Folge, dass die bisherige Sperrbezirksverordnung wieder auflebte, welche die Ausübung der Wohnungsprostitution in einem erheblich größeren räumlichen Umfang zulässt. |
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| Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende (1.) Sperrgebietsverordnung hält sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 EGStGB (2.). |
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| 1. Die Sperrgebietsverordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium ist nach § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 03.03.1976 (GBl. S. 290) für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung auf Grund von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EGStGB sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Tübingen ergibt sich aus §§ 11, 12 Abs. 4, § 13 Satz 1 LVG. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde vom Verordnungsgeber beachtet (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Die Sperrgebietsverordnung ist auch ordnungsgemäß verkündet worden (vgl. §§ 2 und 3 VerkG). Die Verordnung selbst wurde im Gesetzblatt vom 03.06.2013 bekanntgemacht. Die Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen, auf denen die Toleranzzonen, wie in § 2 Abs. 3 der Verordnung vorgesehen, als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen sind, wurden vom 04.06.2013 bis 25.06.2013 beim Regierungspräsidium Tübingen und bei der Stadt Friedrichshafen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt. |
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| 2. Die Sperrgebietsverordnung ist jedoch materiell rechtswidrig. Sie stützt sich zwar mit Art. 297 Abs. 1 EGStGB auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (a)), ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt (b)) und - mit Ausnahme von zwei als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen - grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen (c)). Der Verordnungsgeber hat indes den Ermächtigungsrahmen unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Ausdehnung des Sperrgebiets nicht eingehalten und gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen (d)). Zudem weist die Verordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf (e)). |
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| a) Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution für das Gebiet von Gemeinden, gestaffelt nach Einwohnerzahl, ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf die Prostitution nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht für das gesamte Gemeindegebiet, sondern nur für Teile dieses Gebiets verboten werden, und auch dies nur insoweit, als es zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands erforderlich ist. Innerhalb des Normzweckes besteht daneben die Möglichkeit eines Verbotes der Straßenprostitution für das gesamte Gebiet nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGStGB. Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind nach § 297 Abs. 3 EGStGB verboten. Diese Vorschriften sind ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar und bilden daher weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28.13 -, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 105). |
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| b) Die Sperrgebietsverordnung ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt. Der allgemeine Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstellt, verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen; erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 m.w.N.). Dieses Erfordernis wird durch das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene besondere Bestimmtheitsgebot für Straf- und Bußgeldtatbestände ergänzt. Der Normgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. nur BVerfG , Beschl. v. 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 -, NVwZ 2012, 504 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Ausweisung der Toleranzzonen in der Verordnung gerecht. Denn ihre räumliche Ausdehnung lässt sich anhand der Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen in Verbindung mit der zusätzlichen Beschreibung in § 2 Abs. 2 der Verordnung klar ersehen. |
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| c) Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung; die Verordnung muss sich folglich gegen Gefahren richten, die aus Verhaltensweisen oder Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können. Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472, und Urt. v. 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, NVwZ-RR 2004, 470; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). |
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| Hiernach begegnet die Sperrgebietsverordnung keinen rechtlichen Bedenken, was das Erfordernis des Bezugs auf die gesetzliche Zweckbestimmung betrifft (aa)). Die Verordnung ist - mit Ausnahme der als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ - grundsätzlich auch zur Zweckerreichung geeignet (bb)). |
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| aa) Das Regierungspräsidium hat die angefochtene Sperrgebietsverordnung auf Anregung der Stadt Friedrichshafen erlassen. Diese hat auf eine derartige Verordnung im Wesentlichen deshalb gedrängt, weil die bisherige, auf eine Verhinderung der Prostitutionsausübung in den eingemeindeten Ortsteilen ausgerichtete Sperrbezirksverordnung nicht mehr der aktuellen städtebaulichen Entwicklung entspreche. Derzeit würden Wohngebiete nicht von der Sperrbezirksverordnung erfasst, obwohl dort die Prostitution planungsrechtlich verboten sei. Es bestehe daher nicht nur eine abstrakte Jugendgefährdung, weil immer damit zu rechnen sei, dass sich in Wohngebäuden auch Jugendliche aufhielten und der Prostitution erkennbar ausgesetzt würden. Darüber hinaus drohe wegen der besonderen geografischen Lage Friedrichshafens und der sich dort laufend entwickelnden großen Messe eine Überfrachtung der Stadt mit entsprechender Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Betrieben, die jugendgefährdend und dem öffentlichen Anstand zuwiderlaufend in die Öffentlichkeit ausstrahlen und mit allen negativen Begleiterscheinungen zu einer milieubedingten Unruhe führen würden. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, sei es notwendig, die Prostitutionsausübung durch ein grundsätzliches Verbot, verbunden mit der Ausweisung von Toleranzzonen zu kanalisieren. |
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| Diese Darlegungen der Stadt Friedrichshafen, die in Übereinstimmung mit der Auffassung der Polizeidirektion Friedrichshafen stehen, die ebenfalls den Erlass der Sperrgebietsverordnung befürwortet hat, hat das Regierungspräsidium als Verordnungsgeber als eigene Erwägungen übernommen. Sie stimmen unter Berücksichtigung der insoweit nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit mit dem Normzweck überein und lassen insbesondere den erforderlichen Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung, den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands, erkennen. |
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| Das Regierungspräsidium hat sich maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass wegen der geografischen Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz und der Funktion der Stadt als Messestandort eine „Marktsättigung“ im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung nicht festzustellen sei. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und, wie wiederholte Anfragen auf Betriebsgründungen und -erweiterungen und auf Ausübung von Straßenprostitution belegten, auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. In Anbetracht der Größe der Stadt und der hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze hat das Regierungspräsidium die Gefahr gesehen, dass bei einer unreglementierten weiteren Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen diese aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahlen und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontieren würden. Damit bezieht es sich beanstandungsfrei auf Erfahrungssätze, wonach insbesondere die Bordellprostitution mit negativen Begleiterscheinungen - auch einer „milieubedingten Unruhe“ - verbunden ist. Hierzu zählen insbesondere das mehr oder minder aufdringliche Werben von Freiern und damit einhergehend anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, die Kontaktaufnahme, die sich auch in dieser Situation oft vor den Gebäuden auf den Straßen abspielt, sowie das Anfahren und Abfahren der Freier (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). |
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| Das Regierungspräsidium hat dabei nicht verkannt, dass sich die so umschriebene abstrakte Gefahr nicht auf jegliche Erscheinungsform der Prostitution bezieht, sondern nur auf eine solche, die keinen Wert auf Zurückhaltung legt (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Dementsprechend hat es gerade nicht ganz allgemein die Existenz beziehungsweise Neuansiedlung von Bordellen im Visier. Es bezweckt vielmehr, mit der Sperrgebietsverordnung einer starken Vermehrung solcher Einrichtungen und einer damit einhergehenden Entwicklung zu begegnen; denn dies würde seiner Einschätzung nach zu einer Prostitution führen, die nach außen in Erscheinung tritt und deswegen die befürchteten negativen Auswirkungen für die Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nach sich zieht. Dass gerade diese prognostische Einschätzung dem Erlass der Sperrgebietsverordnung zugrunde lag, wird dadurch belegt, dass das Regierungspräsidium die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen in seine Bewertung ausdrücklich einbezogen hat (vgl. Verordnungsbegründung S. 2). Dass es, wie seine Bezugnahme auf die Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich verdeutlicht, darüber hinaus als Nebenzweck auch die Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt hat, ist unschädlich (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O. m.w.N.). |
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| bb) Die in §§ 1 und 2 der Verordnung vorgesehene Gestattung der Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen ist grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Allerdings ist die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar. |
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| (1) Gegen die Eignung der Verordnung zur Zweckerreichung spricht nicht schon, dass durch deren § 3 bereits bestehenden Betrieben Bestandsschutz gewährt wird. Zwar weisen die betroffenen Betriebe teilweise eine konkrete Ausgestaltung auf, die mit deutlichen Hinweisen auf den Betriebszweck verbunden ist (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ), so dass die Prostitution nach außen in Erscheinung tritt. Eine Unvereinbarkeit mit dem Verordnungszweck lässt sich gleichwohl nicht feststellen. Die Verordnung zielt nämlich - wie dargelegt - nicht auf die völlige Verdrängung der Prostitution aus Friedrichshafen, sondern auf die Verhinderung der Gefahr einer Veränderung der Auswirkungen der Prostitution. Ein Bestandsschutz ist dann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum Schutz des Eigentums und der Berufsfreiheit der Betroffenen geboten (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). |
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| (2) Der Normzweck des Art. 297 EGStGB ist jedoch dann nicht mehr gewahrt, wenn der Verordnungsgeber einen Bereich als Sperrgebiet ausweist, in dem der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes aus tatsächlichen Gründen obsolet geworden (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.) oder bei einer konkret gebietsbezogenen Betrachtung eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen ist (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Sieht eine Sperrgebietsverordnung Toleranzzonen vor, so hat der Verordnungsgeber die nach seiner Konzeption hierfür in Betracht kommenden Gebiete insbesondere nach der dort jeweils gegebenen tatsächlichen und baurechtlichen Situation auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei der Einschätzung der negativen Auswirkungen von Prostitution in einem Gebiet darf der Verordnungsgeber in der Regel auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnisse abstellen. Unter besonderen Voraussetzungen ist er jedoch gehalten, auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die im Baurecht zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung - auch der „milieubedingten Unruhe“ - zur Verfügung stehen. Eine vorsorgliche baurechtliche Prüfung hypothetischer Vorhaben ist dabei nicht geboten. Das Baurecht ist jedoch in den Blick zu nehmen, wenn sich baurechtliche Handlungsmöglichkeiten aufdrängen oder ein Vorhaben bereits baurechtlich geprüft worden ist (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). |
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| Die Ausweisung des Hafenviertels der Stadt Friedrichshafen - mit dem Grundstück ... ... - als Sperrgebiet und die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen sind hiernach nicht zu beanstanden. |
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| Das Hafenviertel der Stadt Friedrichshafen wird durch die bisher nur im Gebäude ... ... vorhandene Wohnungsprostitution weder in einer Weise geprägt, dass für einen weiteren Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands kein Raum mehr wäre, noch lässt sich feststellen, dass in diesem Bereich eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen wäre. Im Gegenteil war die bislang faktisch geduldete Wohnungsprostitution trotz ihrer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit (vgl. dazu HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.) in der Vergangenheit mit prostitutionstypischen Begleiterscheinungen verbunden, wie aus den vom Antragsgegner vorgelegten Anliegerbeschwerden und Polizeiberichten hervorgeht. Unter anderem hatten Prostituierte im Mai 2013 im Bereich ... männliche Passanten angesprochen, um sie als Kunden zu gewinnen, und Bewohner des Gebäudes ... ... wiederholt Belästigungen und anstößiges Verhalten durch die Prostitutionsausübung und die im Gebäude herumlaufenden Freier beanstandet. Die Schutzbedürftigkeit des Hafenviertels vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution steht mithin außer Frage. Dabei ist unschädlich, dass sich der Erlass der Verordnung insoweit auch als eine Reaktion auf Anliegerbeschwerden darstellt (vgl. HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Abhilfemöglichkeiten waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht ersichtlich. Insbesondere musste das Regierungspräsidium kein Verbot von Außenwerbung erwägen, nachdem die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... bislang ohne Hinweis auf den Nutzungszweck erfolgt war (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ). |
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| Auch gegen die Nichtausweisung der Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen ist nichts zu erinnern. Die Gewerbegebiete „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ weisen bislang keine Prostitutionsbetriebe auf. Dass dort bei einer prostitutiven Nutzung eine belästigende Außenwirkung, die mit der Verordnung abgewehrt werden soll, zu befürchten ist, hat das Regierungspräsidium rechtsfehlerfrei mit der - im Vergleich zu den übrigen Toleranzzonen - besonderen Schutzbedürftigkeit und Sensibilität der Gebiete begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.). Ob es in diesen Gebieten die Belange des Jugendschutzes und des Schutzes des öffentlichen Anstands mit Blick auf die ihm durch den Gesetzgeber gezogenen räumlichen Grenzen und dessen Entscheidung für eine grundsätzliche Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern auch hätte zurückstellen können (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich. |
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| Im Gewerbegebiet „Rohrbach“ befinden sich eine Einrichtung für behinderte Menschen und eine Ballettschule; zudem grenzt das Gebiet ohne künstliche oder natürliche Trennlinie unmittelbar an Wohnbebauung und einen Kinderspielplatz an, weshalb bei einer prostitutiven Nutzung eine Ausstrahlung des Prostitutionsmilieus zu befürchten wäre. Für das Gewerbegebiet „Allmannsweiler“ gilt Entsprechendes. Dort sind die Bernd-Blindow-Schule Friedrichshafen und eine Fachhochschule gelegen; auch dieses Gebiet grenzt unabgeschirmt unmittelbar an Wohnbebauung an. Im Gewerbegebiet „Aistegstraße“ wiederum befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung zwar bereits drei bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle; zudem waren zwei weitere Betriebe mit Prostitutionsausübung in unmittelbarer Nähe südlich des Gebiets gelegen. Gleichwohl lässt sich auch insoweit nicht feststellen, dass der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands bis zur Bekanntmachung der Verordnung obsolet geworden wäre. Das Gewerbegebiet „Aistegstraße“ stellt trotz der vorhandenen Bordellprostitution kein reines Vergnügungsviertel dar. Im Gegenteil befindet sich dort neben weiteren, nicht mit der Prostitutionsausübung verbundenen gewerblichen Nutzungen das Ausbildungszentrum der ... ... ..., das von - zu einem großen Teil minderjährigen - Auszubildenden und Schülerpraktikanten in hoher Zahl besucht wird. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen im Schreiben vom 23.02.2012 die drei vorhandenen Prostitutionsbetriebe ihre Vor-Ort-Werbemaßnahmen in den vergangenen Jahren erheblich intensiviert haben. Angesichts dessen ist die Einschätzung des Regierungspräsidiums, dass mit weiteren Ansiedlungen des Prostitutionsgewerbes in diesem Gebiet eine verstärkte Gefährdung der Belange des Jugendschutzes verbunden wäre, die nunmehr ein verordnungsrechtliches Verbot der Prostitutionsausübung erforderlich macht, nicht zu beanstanden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung in den Gewerbegebieten „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ mussten sich dem Regierungspräsidium nicht aufdrängen. |
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| (3) An der Geeignetheit der Verordnung, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, fehlt es auch, wenn infolge der Neuausweisung einer bisherigen faktischen Toleranzzone als Sperrgebiet bislang von der Prostitutionsausübung nicht betroffene und in nicht geringerem Maße schutzbedürftige Gemeindeteile in Mitleidenschaft gezogen und der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes in diesen Teilen erstmals beeinträchtigt wird. Der Erlass einer Sperrgebietsverordnung darf nämlich nicht in Umkehrung des Normzweckes zu relevanten Beeinträchtigungen von Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes bei Teilen der Wohnbevölkerung führen, die bisher von solchen Beeinträchtigungen nicht berührt waren (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). Dieser Maßgabe ist nicht bereits dadurch Rechnung getragen, dass - wie hier - mit den ausgewiesenen Toleranzzonen die Verlagerung der Prostitutionsszene in Teile des Gemeindegebiets vorgesehen wird, die überwiegend gewerblich-industriell geprägt sind. Der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Gewerbegebiete unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands von vornherein als schutzbedürftige Gebiete ausfallen (HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Hiervon ist das Regierungspräsidium auch nicht ausgegangen, wie die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen zeigt. |
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| Gemessen daran bestehen gegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Industriegebiet“ (Tz 1), „ZF-Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), und „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) als Toleranzzonen keine rechtlichen Bedenken. Sämtliche Gebiete sind von den seitens der Antragstellerinnen angeführten schutzbedürftigen Einrichtungen in einer Weise abgeschirmt, dass eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstands nahezu ausgeschlossen werden kann. Soweit es das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ betrifft, ist eine Abschirmung vom südlich gelegenen Karl-Maybach-Gymnasium durch die an dieser Stelle mehrspurige Bundesstraße (B 31) und den Maybachplatz gewährleistet. Das Gewerbegebiet „ZF-Werk 1“ wird vom rückwärtigen Bereich des Städtischen Hallenbades durch die Löwentaler Straße abgegrenzt und weist hierzu einen ausreichenden Abstand auf; hinzu kommt, dass das Hallenbad nicht von der Löwentaler Straße, sondern von der Ehlersstraße aus erschlossen ist. Die Gebäude und Wohnheime der Bernd-Blindow-Schulen in der Allmansweilerstraße ..., … und … sind vom Gewerbegebiet „Parkplatz“ etwa 400 m beziehungsweise 500 m entfernt und werden gegenüber dem Gewerbegebiet „Entmagnetisierungsanlage“ durch den Allmannsweiler Bach natürlich abgeschirmt. Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit oder Sensibilität der Gewerbegebiete „Bunkhofen“ (Tz 2), „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a), „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) und „Seewiesen“ (Tz 9) sind nicht ersichtlich. |
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| Als nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar erweist sich hingegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen. Im Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ befindet sich in der Adelheidstraße 37 ebenfalls ein Wohnheim der Bernd-Blindow-Schulen; zudem grenzt das Gebiet im südwestlichen Bereich unmittelbar an ein Mischgebiet an, das nicht unerheblich durch Wohnbebauung geprägt ist. Prostitutionsbetriebe waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht vorhanden. Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von derjenigen in den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“, die im Normgebungsprozess als mögliche Toleranzzonen ausgeschieden wurden (s. oben II. 2. c) bb) (2)). Das Gewerbegebiet „Kitzenwiese“ wiederum weist zwar einen ausreichenden Abstand zu den westlich gelegenen Schulen (Claude-Dornier-Schule; Hugo-Eckener-Schule) auf und wird von diesen zusätzlich durch die Steinbeisstraße abgeschirmt. Allerdings befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung im Gebiet mehrere Diskothekenbetriebe in der Anton-Sommer-Straße ... („... ...“, „... ...“) und ... („... ...“, „...“), während Prostitutionsbetriebe im Gebiet bislang nicht vorhanden waren. Nach den Angaben des Vertreters der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung wurde seinerzeit jedenfalls die Diskothek „...“ von jugendlichem Publikum besucht. Zum deshalb erstmals gebotenen Schutz dieses Publikums vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution hat sich das Regierungspräsidium weder im Normgebungsprozess noch im gerichtlichen Verfahren verhalten. |
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| In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Verordnungsgeber wegen der grundsätzlichen gesetzgeberischen Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern unter Umständen gezwungen sein kann, auch solche Teile des Gemeindegebiets von der Sperre auszunehmen, in denen zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes ein Verbot der Prostitution an sich ebenfalls wünschenswert wäre (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass er Erwägungen zur Schutzbedürftigkeit der von ihm ausgewiesenen Toleranzzonen anstellt, anhand derer sich seine Entscheidung, in einzelnen Gebieten dem Jugendschutz und dem Schutz des öffentlichen Anstands im Gegensatz zu anderen Gebieten nicht den Vorrang einzuräumen, nachvollziehen lässt. Denn andernfalls kann seine Einschätzung zur Geeignetheit der Verordnung, diesen Zwecken zu dienen, nicht vollumfänglich auf ihre sachliche Vertretbarkeit und Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden. |
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| Solche Erwägungen fehlen - wie dargelegt - hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kitzenwiese“ vollends. Zum Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ hat der Antragsgegner zwar im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben, dass die Toleranzzone hinreichend groß sei und dort baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig seien, die nicht Vergnügungsstätten seien. Allerdings kann auch anhand dieser Darlegungen nicht nachvollzogen werden, weshalb die Toleranzzone im Gegensatz zu den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ im Normgebungsprozess nicht ausgeschieden oder räumlich enger gefasst wurde. Dem Umstand, dass im Gewerbegebiet „Adelheid-/Die-tostraße“ nur gewerbliche Betriebe zulässig sind, die nicht Vergnügungsstätten sind, kommt insoweit keine Unterscheidungskraft zu. Denn nach dem gegenwärtigen Stand von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur ist davon auszugehen, dass Bordelle und bordellartige Betriebe den in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen „Gewerbebetrieben aller Art“ und nicht den nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen „Vergnügungsstätten“ zuzuordnen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 m.w.N.). Dies war dem Regierungspräsidium im Normgebungsprozess auch bekannt, nachdem die Stadt Friedrichshafen mit Schreiben vom 04.07.2012 die nach ihrem Dafürhalten bestehende Notwendigkeit, auch das Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ als Toleranzzone auszuweisen, gerade mit der „neuen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.03.2012“ begründet hatte. Der Hinweis auf die Ausdehnung des Gewerbegebiets hilft ebenfalls nicht weiter, da die Größe eines Gebiets keinen Rückschluss auf dessen Schutzbedürftigkeit zulässt. Das Vorliegen einer an Inhalt, Zweck und Ausmaß des Art. 297 EGStGB ausgerichteten Erwägung lässt sich mithin auch insoweit nicht feststellen. |
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| Danach fehlt es an einem sachlichen Grund dafür, dass das Regierungspräsidium die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) trotz ihrer Schutzbedürftigkeit als Toleranzzonen ausgewiesen hat, so dass sich die Sperrgebietsverordnung insoweit als ungeeignet erweist, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Dies hat zur Folge, dass diese Gebiete bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht berücksichtigt werden können. |
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| d) Die Sperrgebietsverordnung muss weiterhin den in Art. 297 Abs. 1 EGStGB enthaltenen Anforderungen an die räumliche Ausdehnung des Sperrgebiets genügen und darf insbesondere nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen. |
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| aa) In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf, um ein unerwünschtes Abgleiten der Prostitution, die vom Gesetzgeber in Gemeinden dieser Größenordnung als unvermeidlich angesehen wird, in die Illegalität zu vermeiden, die Ausübung der Bordell- und Wohnungsprostitution nur für Teile des Gemeindegebietes verboten werden. Hieraus folgt, dass eine Sperrgebietsregelung unzulässig ist, die dazu führt, dass faktisch für das gesamte Gebiet einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern die Ausübung der Prostitution verboten ist. Andererseits ist die Verordnungsermächtigung ersichtlich so weit gefasst, dass der Verordnungsgeber in die Lage versetzt werden soll, die für erforderlich gehaltenen Sperrgebietsregelungen den örtlichen Gegebenheiten und der Struktur des jeweiligen Gemeindegebietes anzupassen. Sofern der Normzweck nicht anders erreicht werden kann, darf auch der weitaus überwiegende Teil des Gemeindegebiets zum Sperrbezirk erklärt werden. Eine bestimmte Mindestgröße des Gebiets beziehungsweise ein bestimmter prozentualer Mindestanteil am gesamten Gemeindegebiet, in dem Prostitution zugelassen werden muss, lässt sich der Ermächtigungsnorm nicht entnehmen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Diesen Maßstäben wird die angegriffene Verordnung gerecht. Auch bei Nichtberücksichtigung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ stehen mit den ausgewiesenen Toleranzzonen für die Prostitutionsausübung noch immer Gebiete von einiger Bedeutung und ausreichender Größe zur Verfügung. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass ein erheblicher Teil der vorhandenen Bordelle - konkret geht es um die Prostitutionsbetriebe in der ... ... („... ...), der ... ... („... ... / ... ...“), der ... ... („... ...“, „... ...“), ... („...“), ... („... ...“) und ... („... ... / ...“), der ... ... ... („... ...“) und der ... ... („... ...“) - wegen des Bestandsschutzes nicht umgesiedelt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). |
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| bb) Der Verordnungsgeber muss bei der Ausweisung von Prostitutionssperrgebieten ferner darauf achten, dass die Toleranzzonen nicht überwiegend Gebiete aufweisen, die aus Rechtsgründen für Bordelle und bordellartige Betriebe unbebaubar beziehungsweise nicht nutzbar sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Auch dieser Anforderung wird die angegriffene Verordnung prinzipiell gerecht. Die Toleranzzonen sind sämtlich als Gewerbegebiete ausgewiesen oder werden - sofern keine bauplanungsrechtliche Ausweisung erfolgt ist - tatsächlich entsprechend genutzt. In diesen Gebieten ist die Ansiedlung von Bordellen und die Ausübung von Wohnungsprostitution grundsätzlich zulässig (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies wird auch von den Antragstellerinnen nicht in Abrede gestellt. Sofern sie bezweifeln, dass die jeweiligen Eigentümer bereit sein werden, bisher gewerblich genutzte Grundstücke an Prostituierte zu veräußern oder zu vermieten, kommt diesem Vortrag im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Verordnungsgeber kann auf die Eigentumsverhältnisse außerhalb des Sperrgebietes nur sehr eingeschränkt Rücksicht und Einfluss nehmen, so dass ihm eine Garantenstellung gegenüber möglichen Vermietern und Betreibern von Prostituiertenwohnungen und bordellähnlichen Betrieben nicht zukommt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). |
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| Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der überwiegende Teil der in einer Toleranzzone befindlichen Flächen im Eigentum oder der Verfügbarkeit der öffentlichen Hand befindet. In diesem Fall muss vom Verordnungsgeber die tatsächliche Verfügbarkeit für den beabsichtigten Zweck nachgeprüft werden, weil ansonsten die beabsichtigte Regelung ins Leere geht beziehungsweise genau das Gegenteil bewirkt und verdeckt weiteres Sperrgebiet geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urt. v. 24.06.1998 - 24 N 97.655 u.a. -, BayVBl. 1998, 723; vgl. auch HessVGH, Urt. v. 08.12.1992 - 11 N 2041/91 -, NVwZ-RR 1993, 294). Hiervon könnte allenfalls das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ betroffen sein, von dessen Flächen sich nach Auskunft der Stadt Friedrichshafen vom 08.05.2014 seinerzeit noch etwa 35.000 m² in ihrem Eigentum befanden. Eine Prüfung, ob die Stadt zur Überlassung der betroffenen Grundstücke an potentielle Prostitutionsbetriebe generell bereit wäre (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.), hat das Regierungspräsidium nicht vorgenommen. Ob eine solche Prüfung hier im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung erforderlich gewesen wäre oder angesichts des Gewerbeflächenangebots in der Toleranzzone von insgesamt mehr als 80.000 m² (vgl. Flächennutzungsplan 2015 der Verwaltungsgemeinschaft Friedrichshafen-Immenstaad von Juli 2006, S. 83) entbehrlich war, bedarf indes keiner Entscheidung. |
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| Denn gegen die Ausweisung des Gewerbegebiets „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) als Toleranzzone bestehen aus anderen Gründen durchgreifende Bedenken. Der zugehörige - allerdings nicht vollständig gebietskongruente - Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vom 24.10.2005 sieht unter Nummer A.5 der textlichen Festsetzungen eine Mindestgröße für Gewerbegrundstücke im GE 1 von 1.500 m² und im übrigen Gewerbegebiet von 5.000 m² vor. Dieser Gesichtspunkt und die Tatsache, dass die in diesem Gebiet angesiedelten beziehungsweise sich ansiedelnden Unternehmen an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung für Bordelle offensichtlich gar nicht interessiert sind oder sein werden - der Vertreter der Stadt Friedrichshafen hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das mit der Vermarktung des „Competence Park“ Friedrichshafen betraute Unternehmen lediglich Büroflächen vermietet -, ist in den Abwägungsvorgang des Regierungspräsidiums nicht eingeflossen. Betrachtet man das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“, so fällt auf, dass sich die Sperrgebietsverordnung nicht in die bauplanungsrechtliche Situation einfügt, sondern dass erst geeignete Flächen - insbesondere für die von den Antragstellerinnen betriebene Wohnungseinzelprostitution - ausgewiesen werden müssten, damit von einer ausgewiesenen Toleranzzone gesprochen werden kann. Bisherige Toleranzzonen können zwar aus übergeordneter stadtplanerischer Sicht bei einer strukturellen Umwandlung eines Stadtgebiets geschlossen werden und genießen damit auch keinen bauplanungsrechtlichen Bestandsschutz. Bei der Abwägung hinsichtlich der Neuausweisung einer Toleranzzone muss jedoch beachtet werden, inwieweit die Toleranzzone auch rein tatsächlich aus planerischer Sicht geeignet ist (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Steht von vornherein fest, dass sich die Prostituierten dort nicht niederlassen können, ist die Ausweisung einer derartigen Toleranzzone sachlich nicht vertretbar. Das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ ist deshalb, soweit sich der Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ hierfür Geltung bemisst, bei der weiteren Prüfung, ob die Verordnung mit dem Kasernierungsverbot zu vereinbaren ist, nicht zu berücksichtigen. |
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| cc) Die Verordnung darf weiterhin nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen. Danach sind Beschränkungen verboten, die dazu führen, dass die Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks beschränkt wird. Bei der Prüfung, ob die in einer Sperrgebietsverordnung zugelassenen Toleranzzonen gegen dieses Verbot verstoßen, ist von einer konkreten Betrachtung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auszugehen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber die ausgewiesenen Toleranzzonen nur auf ihre ausreichende flächenmäßige Aufnahmefähigkeit zur Bewältigung des vorhandenen Prostitutionsbedarfs sowie darauf untersuchen kann, ob in ihnen zum überwiegenden Teil die Errichtung von Bordellen planungsrechtlich zulässig ist. Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn entweder die Ausweisung der Toleranzzonen in einer Weise erfolgt, dass die Ausübung der Prostitution auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks beschränkt wird, oder wenn zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen ist (vgl. vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). |
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| Ausgehend hiervon verstößt die Sperrgebietsverordnung gegen das Kasernierungsverbot, weil im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge zu rechnen war. |
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| Nach dem unbestrittenen, ohne Weiteres nachvollziehbaren Sachvortrag der Antragstellerinnen standen beziehungsweise stehen die Flächen in den Gewerbegebieten „Industriegebiet“ (Tz 1), „Bunkhofen“ (Tz 2), „ZF Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) und „Seewiesen“ (Tz 9) aufgrund der dort angesiedelten Gewerbebetriebe für die Ausübung der Prostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ umfasst das ..., die Werksgelände der ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... sowie die Gelände der ... ... ... und des Autohauses ... ... ... Im - sich ohnehin nur auf eine Straße (Siemensstraße) beschränkenden - Gewerbegebiet „Bunkhofen“ sind Filialen der ... ... und der ... ... ..., das Autohaus ... ... ... ..., eine Niederlassung der ... ... ..., die ... ... ... ... ... ... sowie die Gewerbebetriebe ... ... ..., ...-... ... ... ... ..., ... ... und ... ... ... angesiedelt. Die Gewerbegebiete „ZF Werk 1“ und „Entmagnetisierungsanlage“ werden vollumfänglich von Werksgeländen der ... ... ... beziehungsweise der ... ... ... ... ... ... ... eingenommen. Im - wiederum nur eine Straße (Allmannsweiler Straße) ausmachenden - Gewerbegebiet „Parkplatz“ sind Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... ... und der ... ... ... ... ... ... sowie eine Filiale der ... ... ... ... ... ... ... beherbergt. Das - ebenfalls nur eine Straße (Lindauer Straße) betreffende - Gewerbegebiet „Seewiesen“ schließlich umfasst Verkaufsflächen des ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... ... ... ... sowie die Betriebsgelände der ... ... ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... ... ... Die Toleranzzonen 1, 2, 3, 6, 7 und 9 werden mithin durchwegs von - vorwiegend größeren - ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die auf absehbare Zeit an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs offensichtlich nicht interessiert sind. Eine differenzierte Betrachtungsweise beziehungsweise ein Abwägungsvorgang, der diesen tatsächlichen Einschränkungen Rechnung trüge, lässt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Soweit der Vertreter der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, dass die Firma ... ihren Geschäftssitz in Friedrichshafen zwischenzeitlich aufgegeben und es für das betroffene Gebäude auch eine Anfrage eines Bordellbetreibers gegeben habe, handelt es sich um einen im Zeitpunkt der Bekanntmachung nicht vorhersehbaren Einzelfall, der keine andere Bewertung rechtfertigt, zumal der Bordellbetreiber letztlich nicht zum Zuge kam. |
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| Die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) sowie - größtenteils - „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) sind bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht zu berücksichtigen, da - wie dargelegt - die Sperrgebietsverordnung sich insoweit bereits als ungeeignet erweist, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, beziehungsweise das Regierungspräsidium die durch den Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vorgegebene bauplanungsrechtliche Situation bei seiner Abwägung nicht in Rechnung gestellt hat. Soweit der Bebauungsplan die Toleranzzone Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ nicht erfasst, ist das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB ohne Rücksicht darauf, ob sich dort Gebäude befinden, die für die Prostitutionsausübung in Betracht kommen, schon deshalb verletzt, weil die betroffenen Prostituierten auf einen Straßenzug (nördlicher Teil der Barbarossastraße) abgedrängt werden. |
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| Schließlich ist auch das Gewerbegebiet „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) nicht geeignet, die aus anderen Bereichen verdrängte Prostitution aufzunehmen. Nach dem zutreffenden Sachvortrag der Antragstellerinnen werden auch die dortigen Flächen überwiegend von ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die an der im Raum stehenden Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs erkennbar nicht interessiert sind. Konkret handelt es sich um ein Werksgelände der ... ... ... und das Betriebsgelände der Firma ... westlich der Gutenbergstraße sowie die Betriebsgelände der ... ... ..., der ... ... ..., der ... ...-... ..., der ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... östlich der Gutenbergstraße. Soweit sich im nordöstlichen Bereich der Toleranzzone auch Flächen befinden, die im Eigentum der Stadt Friedrichshafen stehen - nach deren Auskunft vom 08.05.2014 geht es um etwa 19.000 m² -, handelt es sich um die Städtischen Baubetriebe, in denen der Bauhof, die Stadtgärtnerei und die Friedhofsverwaltung untergebracht sind. Auch diese Flächen stehen mithin aufgrund ihrer Bindung für andere Zwecke für die Ansiedlung von Bordellen oder die Ausübung von Wohnungsprostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Jedenfalls hätte es vor der Einschätzung, dass die Flächen zur Aufnahme von Prostitutionsbetrieben geeignet seien, dahingehender Ermittlungen des Regierungspräsidiums bedurft. Im Übrigen würde sich auch insoweit die Möglichkeit zu einer Ausübung des Gewerbes mit Art. 297 Abs. 3 EGStGB unvereinbar auf einen Straßenzug (Rheinstraße) beschränken. |
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| e) Die Sperrgebietsverordnung darf schließlich nicht gegen sonstige Rechte der von ihr betroffenen Personen verstoßen. In Betracht kommt hier eine Verletzung der Grundrechte, insbesondere der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Prostituierten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten und als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziels, den Landesregierungen - oder den von diesen ermächtigten Behörden - mit der Möglichkeit der Einrichtung von Sperrgebieten ein Instrument an die Hand zu geben, etwaigen mit der Prostitutionsausübung einhergehenden Missständen im konkreten Fall begegnen zu können, und insbesondere angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes den Prostituierten und anderen Personen, die im Zusammenhang mit der Prostitution ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zumutbar ist, mit einer Sperrgebietsverordnung konfrontiert zu werden. Ihre Belange, insbesondere wenn ein Sperrgebiet festgelegt werden soll, in dem bisher mangels Sperrgebietsverordnung der Prostitution nachgegangen worden ist, sind jedoch beim Erlass von Sperrgebietsverordnungen sowie bei deren gerichtlicher Kontrolle zu berücksichtigen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; OVG RP, Urt. v. 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262). Die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Ausweisung von Toleranzzonen ist daher darauf zu überprüfen, ob sie sich unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange als verhältnismäßig erweist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). |
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| Gemessen daran weist die angegriffene Sperrgebietsverordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf. Die Wohnungsprostitution ist, auch wenn Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution für diesen Bereich nicht von vornherein als ausgeschlossen betrachtet werden können, typischerweise weniger auffällig als die Straßen- und Bordellprostitution (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Auch bei der von den Antragstellerinnen bislang im Gebäude ... ... betriebenen Wohnungseinzelprostitution (vgl. zu diesem Begriff: BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.) blieben in Anbetracht der fehlenden Außenwerbung und der beschränkten Zahl der dort tätigen Prostituierten die störenden Begleiterscheinungen deutlich hinter denjenigen der sonstigen Bordell- und bordellartigen Betriebe zurück. Dieser geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution hätte das Regierungspräsidium beim Ausgleich der betroffenen Belange Rechnung tragen müssen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Dabei hätte sich ihm insbesondere die Frage aufdrängen müssen, ob die undifferenzierte Ausweisung von grundsätzlich keine Wohnnutzung vorsehenden Gewerbegebieten als Toleranzzonen dem Interesse der Antragstellerinnen an einer Fortführung der Prostitution in einer einzelnen Wohnung, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht, gerecht wird oder ob für die Wohnungsprostitution anders als für die Bordellprostitution auch Nicht-Gewerbegebiete, etwa Kern- oder Mischgebiete mit vorhandener Wohnnutzung, als Toleranzzonen in Betracht zu ziehen sind. Ebenso wäre zu erwägen gewesen, ob den Schwierigkeiten, die mit der Anmietung anderer für die Wohnungsprostitution geeigneter Räume verbunden sind und die die betroffenen Prostituierten unter Umständen zur zeitweiligen Einstellung ihrer bislang in erlaubter Weise ausgeübten Berufstätigkeit zwingen können, durch Aufnahme einer Übergangsregelung für diesen Personenkreis Rechnung zu tragen ist (vgl. zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit von Übergangsregelungen aus Zumutbarkeitsgründen sowie allgemein zum Gestaltungsspielraum des Normgebers bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse: BVerfG, Beschl. v. 04.05.2012 - 1 BvR 367/12 -, BVerfGE 131, 47 m.w.N.). Dahingehende Erwägungen hat das Regierungspräsidium zu keinem Zeitpunkt angestellt, sondern stattdessen die jeweiligen Vorschläge der Stadt Friedrichshafen ohne eigene Prüfung übernommen. Hierin ist ein Abwägungsdefizit zu erblicken, das dadurch gekennzeichnet ist, dass in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301; Urt. v. 17.07.1980 - 5 C 86.79 -, juris; Beschl. v. 23.10.2013 - 6 B 16.13 -, ZUM-RD 2014, 528). |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
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| Beschluss vom 23. März 2016 |
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| Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird nach § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt. |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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