Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Juni 2016 - 7 C 11054/15

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2016:0622.7C11054.15.0A
bei uns veröffentlicht am22.06.2016

Der Antrag, die Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet von Koblenz vom 14. November 2014 für unwirksam zu erklären, soweit § 2 eine Ausnahme von dem Verbot der Prostitution nach § 1 für die Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an Otto-Schönhagen-Straße und B 9 in der Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr vorsieht, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Gültigkeit der Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet von Koblenz vom 14. November 2014.

2

Die Verordnung hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

3

§ 1
Verbot der Prostitution

4

Die Ausübung der Prostitution ist im gesamten Stadtgebiet von Koblenz verboten.

5

Das Verbot erstreckt sich auf alle öffentlichen Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können.

6

§ 2
Ausnahmen

7

Von dem Verbot des § 1 sind in der Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr folgende Bereiche ausgenommen:

8

- Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an Otto-Schönhagen-Straße und B9,

9

- August-Horch-Straße ab Eisenbahnunterführung bis Kreisel mit Anbindung an die Straße "Zur Bergpflege".

10

§ 4
Inkrafttreten

11

Diese Rechtsverordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

12

Gleichzeitig tritt die Rechtsverordnung der Bezirksregierung Koblenz über das Verbot der Prostitution im Stadtkreis Koblenz vom 14. März 1980 [...] außer Kraft.

13

Die Antragstellerin ist Eigentümerin mehrerer Vermietungsobjekte entlang der Andernacher Straße in dem Bereich, der nach § 2 der angegriffenen Sperrgebietsverordnung während des dort genannten Zeitraums vom Verbot der Prostitution ausgenommen ist (Erlaubniszone). Darüber hinaus ist sie auch Eigentümerin von vermieteten Immobilien entlang der Otto-Schönhagen-Straße, die jenseits des Kreisels in Verlängerung der Andernacher Straße außerhalb der oben genannten Erlaubniszone liegen. Entlang der Erlaubniszone in der Andernacher Straße befinden sich mehrere Gewerbetriebe und Einzelhandelsgeschäfte.

14

Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags, der gegen die Festlegung des zuvor genannten Ausnahmegebietes gerichtet ist, macht die Antragstellerin neben formellen Einwendungen in Bezug auf die Bekanntmachung bzw. die Zugänglichkeit der Verordnung im Wesentlichen geltend, dass die Rechtsverordnung nicht geeignet sei, den Zweck der Ermächtigungsnorm zu erreichen, namentlich den Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes. Die Sperrgebietsverordnung enthalte eine Ausnahme für die Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an die Otto-Schönhagen-Straße und B9. Genau dort befänden sich zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, die auch von Familien und Jugendlichen aufgesucht würden. Der Mangel der Eignung beruhe offenkundig darauf, dass die Antragsgegnerin die veränderte Sachlage seit dem Jahr 1980, dem Zeitpunkt des Erlasses der vorangegangenen Rechtsverordnung durch die Bezirksregierung Koblenz, nicht berücksichtigt habe. Die Aufrechterhaltung einer Erlaubniszone in einem Bereich, der sich in den vergangenen 35 Jahren nachhaltig baulich entwickelt habe und in hohem Maße zu einem Publikumsmagneten geworden sei, erwecke den Eindruck, als habe die Antragsgegnerin den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt. Es wäre Sache der Antragsgegnerin gewesen, eingehend zu prüfen, welche Bereiche des Stadtgebiets, die in wesentlich geringerem Maße von Publikum frequentiert würden, als alternative Standorte für eine Erlaubniszone in Betracht kämen. Die Antragsgegnerin habe in diesem Zusammenhang die Möglichkeit eines vollständigen Verbots der Straßenprostitution nicht hinreichend einbezogen. Sie habe den Schutzzweck der Ermächtigungsnorm nicht ausreichend berücksichtigt und stattdessen die Berufsausübungsinteressen der Prostituierten in den Vordergrund gestellt.

15

Darüber hinaus sei für die Eigentümer der entlang der Erlaubniszone liegenden Grundstücke ein Maß an Beeinträchtigungen entstanden, das schlechterdings nicht mehr hinnehmbar sei. Die Grundstücke würden mit leeren Kaffeebechern, Kondomen, Fäkalien, Taschentüchern, Feuchttüchern, etc. verschmutzt. Auch würden Kunden, die die Geschäfte besuchen wollten, sowohl beim Einfahren auf das Grundstück als auch beim Betreten des Geschäftslokals belästigt.

16

Die nunmehr getroffene zeitliche Beschränkung der Zulässigkeit der Prostitution von 22:00 bis 04:00 Uhr habe nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Zustände geführt. Vor Ort seien die gleichen Beeinträchtigungen anzutreffen. Im Übrigen parkten die zuvor am Straßenrand der Otto-Schönhagen-Straße abgestellten "Lustmobile" nunmehr auf den Privatgrundstücken. Die angegriffene Rechtsverordnung enthalte keinerlei Möglichkeiten, die privaten Grundstückseigentümer und Gewerbetreibenden vor den Begleiterscheinungen zu bewahren, die mit der Ausübung der Prostitution einhergingen.

17

Es fehlten effektive Kontrollen um die Begleiterscheinungen der in der Erlaubniszone zugelassenen Prostitution zu unterbinden. Der Verweis auf die rechtlichen Möglichkeiten für die Anlieger, selbst gegen die Beeinträchtigungen ihres Eigentums vorzugehen, ersetze nicht ein Handeln der Verwaltung.

18

Gerade aufgrund der auch außerhalb des Erlaubniszeitraums von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr verbleibenden Sichtbarkeit der Prostitution - vor allem durch die Verschmutzungen - in einem hochfrequentierten Bereich werde evident, dass der Schutzauftrag gegenüber der Jugend sowie dem öffentlichen Anstand nicht erfüllt werde. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Gewerbebetriebe mit erheblichem, insbesondere auch jugendlichem Publikumsverkehr sei das Verordnungsermessen der Antragsgegnerin jedenfalls soweit reduziert, dass die Ausweisung der gegenwärtigen Erlaubniszone in jedem Fall rechtswidrig sei.

19

Die Antragstellerin beantragt,

20

die Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet von Koblenz vom 14. November 2014 für unwirksam zu erklären, soweit § 2 eine Ausnahme von dem Verbot der Prostitution nach § 1 für die Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an Otto-Schönhagen-Straße und B 9 in der Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr vorsieht.

21

Die Antragsgegnerin beantragt,

22

den Antrag abzulehnen.

23

Sie trägt vor, die Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet Koblenz vom 14. November 2014 sei formell und materiell rechtmäßig. Die Verordnung sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Die Entscheidung, gemäß § 2 der Rechtsverordnung weiterhin eine Ausnahme vom Verbot der Prostitution im Bereich der Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an die Otto-Schönhagen-Straße und B9, jedoch nur in der Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr vorzusehen, sei nicht ermessensfehlerhaft.

24

So habe sie entgegen dem Einwand der Antragstellerin auch Alternativstandorte geprüft und die bauliche Entwicklung der vergangenen Jahre berücksichtigt. Sie sei bei ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für ein generelles Verbot der Straßenprostitution mangels Erforderlichkeit nicht erfüllt seien. Sie habe alle betroffenen Belange, die gegenseitigen Rechtspositionen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei ihrer Entscheidung einbezogen. Hierbei sei auch berücksichtigt worden, dass Prostituierte grundsätzlich einer legalen Beschäftigung nachgingen und die erzielten Einnahmen ihre wirtschaftliche Grundlage darstellten. Daher habe sie, die Antragsgegnerin, untersucht, ob es im Vergleich zu einem generellen Verbot mildere, gleich geeignete Mittel gäbe. Die Verlagerung des bereits bisher geltenden Ausnahmebereichs sei dabei mangels besser geeigneter Standorte abgelehnt worden. Da sie bei einem generellen Verbot eine Verlagerung der Straßenprostitution in schutzbedürftige Bereiche (Wohngebiet, Innenstadt) sowie das Abgleiten der Prostituierten in die Illegalität befürchtet habe, habe sie sich für eine zeitliche Beschränkung der Ausnahmen von dem Verbot der Prostitution entschieden. Dabei seien die Ansiedlung von Gewerbebetrieben, die auch von Familien mit Kindern aufgesucht würden, deren Öffnungszeiten sowie die Arbeitszeiten der Mitarbeiter und Auszubildenden in ausreichendem Maße berücksichtigt worden.

25

Die von der Antragstellerin beschriebenen negativen Begleiterscheinungen gingen in erheblichem Maße auf die ehemalige Duldung und Nutzung von Wohnwagen für die Ausübung der Prostitution im Bereich der Parkplätze an der Otto-Schön- hagen-Straße zurück. Die Straßenprostitution sei dort schon nach „alter" Rechtslage nicht erlaubt gewesen. Bereits im Vorfeld des Erlasses der hier angegriffenen Rechtsverordnung habe sie daher ihre Verwaltungspraxis geändert und die Ausübung der Prostitution in dem benannten Bereich nicht mehr geduldet. Die Änderung der Verwaltungspraxis sowie der Erlass der hier in Rede stehenden Rechtsverordnung würden zudem von regelmäßigen Kontrollen ihres Vollzugsdienstes begleitet. Durch die zeitliche Beschränkung der Ausübung der Prostitution in der Erlaubniszone sollten Belästigungen von Kunden und Beschäftigten der angrenzenden Gewerbebetriebe und Geschäfte weitestgehend ausgeschlossen sein. In Bezug auf auftretende Verunreinigungen habe die Überlegung bestanden, dass durch die zeitliche Begrenzung und die Änderung der Verwaltungspraxis hinsichtlich der Wohnwagen die Erlaubniszonen an Attraktivität für die Ausübung der Prostitution verlieren und dadurch weniger frequentiert würden (was auch so eingetreten sei) und aufgrund dessen auch weniger Verunreinigungen auftreten würden.

26

Die von der Antragstellerin geschilderten Zustände beträfen alle den Zeitraum vor Inkrafttreten der streitgegenständlichen Rechtsverordnung zum 1. Januar 2015. Es liege lediglich ein Schreiben der Antragstellerin vom 24. Februar 2015 vor, mit dem darauf hingewiesen werde, dass die zur Ausübung des Gewerbes benutzten Fahrzeuge nach Erlass der Rechtsverordnung zum Teil nunmehr auf Privatgrundstücken geparkt würden. Darüber hinaus sei mit E-Mail vom 24. Juli 2015 darauf aufmerksam gemacht worden, dass Prostituierte sich mit ihren Kunden auf ein Anliegergrundstück bzw. in die dort vorhandenen Selbstwaschboxen zurückzögen, um die Dienstleistung abzuwickeln, und nach Beendigung des Verkehrs die gebrauchten Kondome einfach aus dem Fenster geworfen würden. Diesbezüglich sei darauf hinzuweisen, dass ihr Vollzugsdienst die Einhaltung der Rechtsverordnung sowohl in zeitlicher als auch räumlicher Hinsicht bei regelmäßigen Kontrollen überwache. Soweit jedoch ein Fahrzeug außerhalb der Öffnungszeiten eines Betriebes lediglich auf dem Privatgrundstück geparkt und nicht für die Ausübung der Prostitution genutzt werde, stelle dies keinen Verstoß gegen die streitgegenständliche Rechtsverordnung dar. Dies gelte gleichermaßen für die Ausübung der Prostitution in Bereichen von Privatgrundstücken, die von der Straße aus nicht einsehbar seien. Insoweit habe sie die Antragstellerin auf die Ausübung des Hausrechts, im Zweifel unter Zuhilfenahme der Polizei, verwiesen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten betreffend die einschlägigen Normsetzungsvorgänge, betreffend die Kontrollen der Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution sowie betreffend die Erhebung von Sondernutzungsgebühren bei Ausübung der Prostitution Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

28

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet.

29

1. Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO statthaft und auch ansonsten zulässig.

30

Die von der Antragsgegnerin erlassene Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet von Koblenz ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Die Jahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, nachdem gegen die am 21. November 2014 bekannt gemachte Verordnung am 13. November 2015 Antrag auf Normenkontrolle gestellt wurde.

31

Die Antragstellerin ist überdies antragsbefugt. Sie kann gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend machen, durch die Bestimmungen der Sperrgebietsverordnung - konkret durch die dort in § 2 zugelassene Erlaubniszone - unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. HessVGH, Urteil vom 31. Oktober 2003 - 11 N 2952/00 -, juris, Rn. 28). Zwar genügt hierfür eine allein faktische Beeinträchtigung ebenso wenig wie die Betroffenheit in bloß wirtschaftlichen und ideellen Interessen. Als Anliegerin der Erlaubniszone wird die Antragstellerin jedoch in individualisierter und zugleich qualifizierter Weise in ihren geschützten Interessen nach Art. 14 Abs. 1 GG betroffen. Durch die Festlegung von Erlaubniszonen und die damit einhergehende Konzentration der Prostitutionsausübung besteht die nicht auszuschließende Möglichkeit von nachteiligen Auswirkungen für den Geschäftsbetrieb und die damit einhergehenden Grundstücksnutzungen. Dies ist von der Antragstellerin hinreichend substantiiert dargetan worden. Die Antragstellerin kann sich mithin auf einen grundrechtlich fundierten Anspruch auf Unterlassung der Schädigung ihrer geschäftlichen Belange berufen, den die Antragsgegnerin im Zuge der Ausübung ihres Normsetzungsermessens berücksichtigen musste. Der Antragsbefugnis steht nicht entgegen, dass die Straßenprostitution aufgrund einer dort schon bisher bestehenden Erlaubniszone auch vor Erlass der hier angegriffenen Verordnung ordnungsrechtlich erlaubt war. Denn die Antragstellerin macht gerade geltend, dass aufgrund der im Vergleich zu der Situation beim Erlass der Vorgängerverordnung im Jahr 1980 festzustellenden Gebietsveränderung eine Ermessensausübung unter Berücksichtigung dieser Veränderungen erforderlich gewesen wäre, jedoch nicht erfolgt sei.

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2. Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet. Die angegriffene Sperrgebietsverordnung ist weder formell (a.) noch materiell (b.) rechtswidrig.

33

a. Nach Art. 297 Abs. 1 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - EGStGB - kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution beschränkt bzw. verboten werden. Gestaffelt nach Einwohnerzahlen kann die Ausübung der Prostitution für das Gebiet einer Gemeinde ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. Bei Gemeinden bis 50.000 Einwohnern kann ein Verbot für das gesamte Gemeindegebiet erfolgen (Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB) und bei Gemeinden ab 20.000 Einwohnern, mithin ohne festgelegte Obergrenze, für Teile des Gebiets (Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB). Daneben besteht gemäß Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGStGB die Möglichkeit - unabhängig von der Zahl der Einwohner - die Straßenprostitution im ganzen Gemeindegebiet oder in Teilen des Gebiets zu verbieten. Nach Art. 297 Abs. 1 Satz 2 EGStGB kann das Verbot der Straßenprostitution nach Satz 1 Nr. 3 auch auf bestimmte Tageszeiten beschränkt werden. Art. 297 EGStGB ist ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) verfassungsgemäß und bildet daher weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung (vgl. OVG RP, Urteil vom 10. Oktober 2005 - 12 C 11236/05 -, AS 32, 394 [396] = juris, Rn. 16; BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 -, juris, Rn. 11 = BVerfGK 15, 377; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 6 C 28/13 - juris, Rn. 15; VGH BW, Urteil vom 23. März 2016 - 1 S 410/14 -, juris, Rn. 64).

34

Gemäß Art. 297 Abs. 2 EGStGB kann die Landesregierung die an sie adressierte Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung auf eine oberste Landesbehörde oder andere Behörden übertragen. Hiervon wurde in Rheinland-Pfalz mit der Landesverordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 27. November 1974, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. September 2010 (GVBl. S. 280) Gebrauch gemacht. Danach wird die Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB auf die Landkreise sowie die kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte übertragen, die diese Aufgabe als Auftragsangelegenheit wahrnehmen. Mithin war der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin für den Erlass der angegriffenen Verordnung zuständig.

35

Die Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet von Koblenz vom 14. November 2014 wurde auch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung - GemODVO - und des hierzu ergangenen Beschlusses des Stadtrats der Antragsgegnerin vom 28. Januar 2010 erfolgen die öffentlichen Bekanntmachungen der Antragsgegnerin in der Rhein-Zeitung - Regionalausgabe. Die angegriffene Sperrgebietsverordnung wurde am 21. November 2014 in der Rhein-Zeitung bekannt gemacht (vgl. Bl. 152 der Verwaltungsakte zur Normsetzung - VA -).

36

Die Wirksamkeit der Rechtsverordnung über das Verbot der Prostitution im Stadtgebiet von Koblenz vom 14. November 2014, die in einer den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips genügenden Weise öffentlich bekannt gemacht wurde, mithin in einer Weise, die es dem Bürger gestattet, sich von dem Inhalt des Gesetzes Kenntnis zu verschaffen (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 18. September 1989 - 8 B 32/89 -, juris, Rn. 2 m.w.N.), wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass die Verordnung im Bereich der Internetpräsens der Antragsgegnerin nicht unter der Kategorie „Ortsrecht“ hinterlegt ist. Da das Rechtsstaatsprinzip keine in allen Einzelheiten bestimmten Gebote oder Verbote von Verfassungsrang enthält, lässt sich über das dargelegte Erfordernis einer angemessenen Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Inhalt des Gesetzes hinaus nicht herleiten, dass Rechtsnormen nur in einer ganz bestimmten Form bekannt gemacht werden dürfen oder dass nur die Bekanntmachungsform zulässig sei, die am besten geeignet ist, den betroffenen Bürgern die Kenntnis des Rechts zu verschaffen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Erfolgt in diesem Sinne die Zugänglichkeit also über eine angemessene öffentliche Bekanntmachung, lassen sich aus dem Rechtsstaatsprinzip keine Anforderungen an ein bestmögliches Bereithalten bereits bekannt gemachter Rechtsnormen - beispielsweise durch einen elektronischen Zugriff - herleiten. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin im Übrigen die Rechtverordnung auf Anfrage zur Verfügung gestellt.

37

b. Die angegriffene Verordnung ist auch materiell rechtmäßig. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, die Straßenprostitution in Koblenz grundsätzlich zu untersagen und diese lediglich in den in § 2 der Verordnung genannten Erlaubniszonen in der Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr zuzulassen, hält sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 EGStGB und ist weder hinsichtlich des Zwecks der Ermächtigungsnorm noch in Bezug auf die erfolgte Berücksichtigung der zum Teil gegenläufigen Belange zu beanstanden.

38

aa. Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 6 C 28/13 -, juris, Rn. 12). Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen. Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung (vgl. OVG Nds, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 11 KN 4073/01 -, juris, Rn. 43; HessVGH, Urteil vom 31. Oktober 2003 - 11 N 2952/00 -, juris, Rn. 34, VGH BW, Urteil vom 23. März 2016 - 1 S 410/14 -, juris, Rn. 66, jeweils m.w.N.), es sei denn, dass nachträglich eintretende Umstände das ursprüngliche Urteil ihrer Rechtmäßigkeit revidieren (HessVGH, Urteil vom 31. Oktober 2003 - 11 N 2952/00 -, juris, Rn. 34).

39

bb. Nach diesen Maßgaben hält die angefochtene Verordnung der rechtlichen Überprüfung stand. Die Ausweisung einer Erlaubniszone nach § 2 der angefochtenen Verordnung im Bereich der Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an Otto-Schönhagen-Straße und B 9 in der Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr ist rechtmäßig.

40

Für das Gebiet der Antragstellerin galt seit 1980 eine Sperrgebietsverordnung der ehemaligen Bezirksregierung Koblenz, veröffentlicht im Staatsanzeiger vom 31. März 1980, die ebenfalls ein grundsätzliches Verbot der Straßenprostitution anordnete und zwei Erlaubniszonen vorsah, die hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung mit denjenigen der hier angegriffenen Verordnung übereinstimmen. Eine zeitliche Beschränkung für die Ausübung der Prostitution in den Erlaubniszonen enthielt die Sperrgebietsverordnung von 1980 nicht. Außerhalb der festgelegten Erlaubniszonen wurde die Straßenprostitution in der Otto-Schönhagen-Straße, die die Verlängerung der Andernacher Straße jenseits des Kreisels zur B 9 bildet, geduldet. Dies führte zuletzt dazu, dass an den dort liegenden Parkbuchten eine Vielzahl von Wohnwagen und Wohnmobilien abgestellt wurden, in denen die Prostituierten zu jeder Tages- und Nachtzeit ihre Dienste anboten. Nachdem es zu Beschwerden der Anlieger wegen Belästigungen der Mitarbeiter und Kunden durch Prostituierte und potenzielle Freier sowie wegen der Nutzung der Privatgrundstücke zur Ausübung der Prostitution und zur anschließenden Abfallbeseitigung gekommen war, leitete die Antragsgegnerin eine Überprüfung der Situation ein.

41

Nach Verwerfung einer Steuerung durch eine Erhebung von Sondernutzungsgebühren bei der Ausübung der Prostitution oder durch die Bereitstellung und Ausweisung eines gesonderten (städtischen) Geländes wurden seitens der Antragsgegnerin Überlegungen zu einer Änderung der Sperrgebietsverordnung von 1980 angestellt.

42

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wurden dabei ausweislich der Verwaltungsakte zur Normsetzung von Beginn an auch die Belange der an der Erlaubniszone liegenden Anlieger und deren durch die Prostitution auftretenden Beeinträchtigungen in die Entscheidungsfindung einbezogen (vgl. nur Schreiben des Ordnungsamtes vom 19. Februar 2014, Bl. 1.4 ff. VA). Als mögliche Änderungen wurden seinerzeit ein generelles Verbot der Straßenprostitution einschließlich der Ausübung in Wohnwagen und Wohnmobilen, ersatzweise eine zeitliche Begrenzung - z.B. auf die Zeit von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr - innerhalb der vorhandenen Erlaubniszonen in Betracht gezogen (vgl. Schreiben des Ordnungsamtes vom 19. Februar 2014, Bl. 1.4 ff. VA).

43

In diesem Zusammenhang wurde - was von der Antragstellerin ebenfalls in Abrede gestellt wird - auch ausdrücklich berücksichtigt, dass sich der Gebietscharakter im Bereich der seit 1980 eingerichteten Erlaubniszonen in den letzten mehr als 30 Jahren „enorm verändert" habe und auch die „Ladenöffnungszeiten" einem Wandel unterlegen seien. Dies habe dazu geführt, dass die betroffenen Bereiche durch die Bevölkerung und damit auch durch Jugendliche viel stärker frequentiert würden und dadurch die Prostitution mehr in den Blick der Öffentlichkeit gerückt sei. Beim Schutz der Jugend sei auch zu berücksichtigen, dass in dem Erlaubnisbereich etliche Unternehmen angesiedelt seien, die auch Jugendliche ausbildeten. Die Beschwerden zeigten deutlich, dass die derzeitige Regelung nicht dazu geeignet sei, insbesondere Jugendliche aber auch Kinder, wenn sie mit ihren Eltern z.B. zum Einkaufen gingen, vor der unmittelbaren Konfrontation mit der Prostitutionsausübung und deren Begleiterscheinungen zu schützen (vgl. Schreiben des Ordnungsamtes vom 19. Februar 2014, S. 3 Bl. 3 VA).

44

Gestützt auf diese Erwägungen wurde im weiteren Normsetzungsverfahren einerseits darauf hingewirkt, die Verwaltungspraxis hinsichtlich der nur geduldeten Straßenprostitution in der Otto-Schönhagen-Straße zu ändern und damit die dort im Besonderen auch tagsüber durch die Wohnwagen und Wohnmobile in Erscheinung tretende Prostitutionsausübung zu unterbinden. Seit dem 1. August 2014 wird die Straßenprostitution außerhalb der festgelegten Erlaubniszonen seitens der Antragsgegnerin nicht mehr geduldet. Die besonders augenfälligen Wohnwagen und Wohnmobile sind dort seitdem nicht mehr anzutreffen. Des Weiteren wurden hinsichtlich der Frage eines vollständigen Verbots der Straßenprostitution auch die Belange der Prostituierten eingestellt sowie die Prüfung alternativer Standorte und der Verhältnismäßigkeit - konkret eine zeitliche Beschränkung als milderes Mittel gegenüber einem vollständigen Verbot - einbezogen (vgl. dazu Schreiben des Rechtsamts vom 13. Juni 2014, Bl. 30 f. VA).

45

Ausgehend davon wurde nach weiterer Erörterung und Abstimmung mit der Polizei, die die zeitliche Einschränkung begrüßte, in der abschließenden Beschlussvorlage an den Stadtvorstand vom 21. Oktober 2014 (Bl. 115 ff. VA) vorgeschlagen, unter Beibehaltung der bisherigen Erlaubniszonen die Ausübung der Prostitution auf den Zeitraum von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr zu begrenzen. Die Beschlussvorlage nimmt die Belange der Anlieger und die veränderte Gebietsstruktur ebenso auf wie die Prüfung von Alternativstandorten und die rechtliche Möglichkeit eines generellen Verbots, dem jedoch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch die Belange der Prostituierten und das mildere Mittel einer zeitlichen Begrenzung gegenüberzustellen seien.

46

Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die Beschlussvorlage nicht konkret benennt, welche Alternativstandorte geprüft wurden. Die Vertreterin der Antragsgegnerin konnte dies in der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisieren, dass mit Blick auf die erforderliche Größe des Gebiets und der Entfernung zu schutzbedürftigen Bereichen das Gewerbegebiet Nord, südlich der B 9, das Industriegebiet an der A 61 sowie der Autohof im dortigen Bereich geprüft worden seien. Dabei habe der Bereich im Gewerbegebiet Nord eine vergleichbare Struktur zu den bereits vorhandenen Erlaubniszonen aufgewiesen und die an der A 61 gelegenen Gebiete seien vor allem aus Gründen der Sicherheit für die Prostituierten verworfen worden, weil diese zu weit außerhalb gelegen seien. Unter Berücksichtigung, dass der Normerlass an keine gesonderte Begründungspflicht gebunden ist und auch keine besonderen Dokumentationspflichten bestehen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 3. November 1992 - 4 NB 28/92 -, juris), ist es insoweit unschädlich, dass die konkrete Alternativprüfung nicht in der Beschlussvorlage abgebildet ist. Vorliegend genügt es, dass die Antragsgegnerin überzeugend und nachvollziehbar darlegen konnte, das und welche Alternativstandorte geprüft wurden. Die Entscheidung, die möglichen Alternativstandorte den bereits bestehenden Erlaubniszonen nicht vorzuziehen, ist sachlich vertretbar und steht nicht in Widerspruch zu verfassungsrechtlichen Vorgaben, ist mithin nach dem zugrunde zu legenden Kontrollmaßstab rechtlich nicht zu beanstanden.

47

Die Ablehnung von Alternativstandorten, von denen einer eine vergleichbare Struktur wie die bereits vorhandenen Erlaubniszonen aufweise, führt entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht dazu, dass die Straßenprostitution im Stadtgebiet der Antragsgegnerin vollständig hätte untersagt werden müsste. Die Antragstellerin vermischt insoweit die Anforderungen an die Prüfung von Alternativstandorten einerseits mit der Frage nach der Einrichtung einer mit dem Zweck der Ermächtigungsnorm kompatiblen Erlaubniszone andererseits. Insoweit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin bei vergleichbaren Strukturen davon absieht, eine bereits eingerichtete Erlaubniszone zu verlegen, wenn an dem neuen Standort keine strukturellen Vorteile vorhanden sind. Dass aufgrund der Vergleichbarkeit unter Umständen auch im Gewerbegebiet Nord, südlich der B 9, eine Erlaubniszone unter denselben zeitlichen Beschränkungen im Einklang mit der Ermächtigungsnorm hätte eingerichtet werden können, macht die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht rechtswidrig.

48

Die Einrichtung einer Erlaubniszone im Bereich der Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an Otto-Schönhagen-Straße und B9 im Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 04:00 Uhr steht überdies in Einklang mit dem Zweck der Ermächtigungsnorm. Der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes ist nach nicht zu beanstandender Einschätzung der Antragsgegnerin auch durch die vorgenommene zeitliche Beschränkung zu erreichen.

49

Die Begrenzung auf den Zeitraum von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr hat zum einen zur Folge, dass insbesondere in Zeiten, in denen mit einer hohen Frequentierung des Gebietes auch von Jugendlichen und Familien zu rechnen ist, die Straßenprostitution untersagt ist. Die Antragsgegnerin hat sich insoweit zu Recht an den Öffnungszeiten der insoweit das Nutzungsverhalten der Kunden maßgeblich prägenden Einzelhandelsgeschäfte orientiert. Dass einzelne Betriebe oder auch das in der Andernacher Straße bereits vorhandene Fitnessstudio Öffnungszeiten haben, die in den Erlaubniskorridor hineinreichen, ist dabei dem Grunde nach unschädlich. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es nach der zeitlichen Beschränkung der Prostitutionsausübung zu Belästigungen von Kunden oder Mitarbeitern der anliegenden Gewerbe- und Einzelhandelsbetriebe gekommen wäre. Die aus den Verwaltungsakten insoweit ersichtlichen Belästigungen fallen in die Zeit vor Erlass der hier angegriffenen Verordnung. Unabhängig davon, dass hinsichtlich der Abwägungsentscheidung grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Normerlasses abzustellen ist, führt die von der Antragstellerin in Aussicht gestellt Nutzung eines ihrer Objekte für ein Fitnessstudio danach ebenfalls nicht ohne weiteres dazu, dass die Erlaubniszone in Widerspruch zum Zweck der Ermächtigungsnorm stünde. Ob etwas anderes gilt, wenn es mit Blick auf etwaige längere Öffnungszeiten des anzusiedelnden Fitnessstudios zu Belästigungen von Kunden oder Mitarbeitern kommt, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Vertreterin der Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung hierzu angemerkt, dass die Gebietsentwicklungen natürlich beobachtet würden.

50

In Bezug auf die Zweckeignung der zeitlichen Begrenzung ist zum anderen auch zu berücksichtigen, dass dadurch die Attraktivität des Standortes an sich abgenommen hat und insbesondere im Zusammenwirken mit dem Wegfall der Duldung im Bereich der Otto-Schönhagen-Straße eine deutlich geringere Nutzung des Gebiets zur Ausübung der Prostitution zu verzeichnen ist. Die insoweit angestellte Prognose der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden und hat sich - nach den Erkenntnissen durch die regelmäßigen Kontrollen des Vollzugsdienstes - letztlich auch bestätigt.

51

Bezeichnend ist es in diesem Zusammenhang, dass es seit dem Inkrafttreten der hier angegriffenen Verordnung zum 1. Januar 2015 lediglich noch zwei Beschwerden bei der Antragsgegnerin gegeben hat, die einmal (allein) das Abstellen von zwei „Lustmobilen“ auf einem privaten Anliegergrundstück und einmal die Ausübung der Prostitution im Fahrzeug eines Freiers auf einem Privatgrundstück mit anschließender Entsorgung des Abfalls betrafen. Zustände, wie sie vor dem Inkrafttreten bestanden haben und insbesondere hinsichtlich der illegalen Abfallbeseitigung auf privaten Grundstücken dokumentiert wurden (vgl. Bl. 16 ff. VA), lassen sich hingegen nicht mehr feststellen. Die Antragstellerin hat trotz entsprechender Hinweise der Antragsgegnerin auf die seit dem 1. Januar 2015 veränderte Situation keine konkreten Angaben zu Umfang und Qualität der auch danach für die Anlieger spürbaren Begleiterscheinungen gemacht. Der abstrakte Hinweis darauf, es sei besser geworden, die Beeinträchtigungen aber nicht vollständig weg, man finde permanent irgendwo Hinterlassenschaften, genügt nicht, um auch nach dem Inkrafttreten der zeitlichen Beschränkungen ein Maß der Beeinträchtigung annehmen zu können, das ausgehend vom Schutz der Eigentumsrechte der Anlieger eine Unverhältnismäßigkeit der eingerichteten Erlaubniszone begründen könnte. Auch insoweit hat sich die Einschätzung der Antragsgegnerin als zutreffend erwiesen, der zufolge die zeitliche Beschränkung zwar nicht unmittelbar auf die Problematik der illegalen Abfallentsorgung wirke, durch die zu erwartende geringere Nutzung der Erlaubniszone aber die Begleiterscheinungen auf ein zumutbares Maß zurückgedrängt werden könnten. Soweit die illegale Müllbeseitigung ehemals dazu führte, dass auch tagsüber die Kunden und Mitarbeiter, und damit auch der Kreis der nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB geschützten Personen, augenfällig mit der Prostitutionsausübung konfrontiert wurden, bestehen den vorstehenden Ausführungen folgend auch hierfür keine Anhaltspunkte mehr.

52

Nach alledem ist die Entscheidung des Verordnungsgebers, die Erlaubniszone im Bereich der Andernacher Straße zwischen Einmündung Eifelstraße und Kreisel mit Anbindung an Otto-Schönhagen-Straße und B9 beizubehalten und den Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes sowie den grundrechtlich geschützten Interessen der dort anliegenden Grundstückseigentümer einerseits und denjenigen der Prostituierten andererseits durch eine zeitliche Begrenzung auf den Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 04:00 Uhr Rechnung zu tragen, nicht zu beanstanden. Gleichzeitig war ein vollständiges Verbot der Straßenprostitution, das die Antragsgegnerin entgegen dem Einwand der Antragstellerin als Entscheidungsmöglichkeit einbezogen, indes mangels Erforderlichkeit abgelehnt hat, im Stadtgebiet der Antragsgegnerin nicht angezeigt.

53

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

54

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

55

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGOgenannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

56

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169) auf den Auffangwert, mithin auf 5.000,00 € festgesetzt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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Tenor Die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99) ist unwirksam.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zuge

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung, durch welche ihm die beklagte Stadt Frankfurt am Main untersagt hat, das Hinterhaus auf einem ihm gehörenden Ha

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Landesregierung kann zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes

1.
für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu fünfzigtausend Einwohnern,
2.
für Teile des Gebiets einer Gemeinde über zwanzigtausend Einwohner oder eines gemeindefreien Gebiets,
3.
unabhängig von der Zahl der Einwohner für öffentliche Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und für sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können, im ganzen Gebiet oder in Teilen des Gebiets einer Gemeinde oder eines gemeindefreien Gebiets
durch Rechtsverordnung verbieten, der Prostitution nachzugehen. Sie kann das Verbot nach Satz 1 Nr. 3 auch auf bestimmte Tageszeiten beschränken.

(2) Die Landesregierung kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf eine oberste Landesbehörde oder andere Behörden übertragen.

(3) Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind verboten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung, durch welche ihm die beklagte Stadt Frankfurt am Main untersagt hat, das Hinterhaus auf einem ihm gehörenden Hausgrundstück für einen bordellartigen Betrieb zur Verfügung zu stellen.

2

Der Kläger vermietete die Räume eines Hinterhauses auf einem ihm gehörenden Hausgrundstück in Frankfurt am Main zum Betrieb eines sogenannten Massagestudios, in dem Prostituierte sexuelle Dienstleistungen anboten. Am Grundstück selbst wurde nicht auf diese Nutzung hingewiesen. Für das Massagestudio wurde auf einer Werbetafel im Bereich der Frankfurter Hauptwache und im Internet geworben. Das Grundstück liegt in einem bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Mischgebiet, an das ein allgemeines Wohngebiet angrenzt. Etwa 200 Meter entfernt befinden sich zwei Kindertagesstätten, etwa 100 Meter entfernt befindet sich eine Realschule.

3

Für den Bereich des Grundstücks verbietet die Verordnung des Regierungspräsidiums Darmstadt zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands in Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1986 (Sperrgebietsverordnung) unter anderem, in Prostituiertenwohnheimen, Prostituiertenunterkünften und ähnlichen Einrichtungen (unter anderem in sogenannten Massagesalons und sonstigen überwiegend von Prostituierten genutzten Häusern) der Prostitution nachzugehen.

4

Gestützt auf einen Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung untersagte die Beklagte dem Kläger durch die angegriffene Verfügung, seine Liegenschaft zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung zu stellen.

5

Nach Zurückweisung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs hat der Kläger gegen die Verfügung Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat.

6

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof die Verfügung der Beklagten aufgehoben: Die Verfügung könne nicht auf einen Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung gestützt werden. Rechtsgrundlage für deren Erlass sei Art. 297 Abs. 1 EGStGB. Die weitgehende Legalisierung der Prostitution durch das Prostitutionsgesetz mache diese Verordnungsermächtigung zwar nicht obsolet; das Prostitutionsgesetz und der darin manifestierte Wandel der gesellschaftlichen Akzeptanz der Prostitution verböten es jedoch, bei der Anwendung der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB die Ausübung der Prostitution außerhalb ausgewiesener Toleranzzonen als Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einzustufen, ohne die aus ihrer Ausübung resultierenden schädlichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft, insbesondere auf dort lebende Jugendliche und Kinder konkret zu bewerten. Eine öffentlich nicht wahrnehmbare Ausübung der Prostitution könne deshalb nicht mehr durch den Vollzug einer Sperrgebietsverordnung unterbunden werden, die keine konkrete Belästigung der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution voraussetze. Die Sperrgebietsverordnung sei bundesrechtskonform dahin auszulegen, dass die dort beschriebene Ausübung der Prostitution außerhalb der Toleranzzonen nur noch dann verboten sei, wenn sie nach außen in Erscheinung trete und eine „milieubedingte Unruhe“ befürchten lasse. Beides sei hier offensichtlich nicht gegeben.

7

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte, die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen: Art. 297 EGStGB sei auch nach Erlass des Prostitutionsgesetzes eine geeignete Ermächtigungsgrundlage für eine Sperrgebietsverordnung, durch welche aufgrund einer typisierenden Betrachtung der Prostitution von ihr ausgehende abstrakte Gefahren der Belästigung der Wohnbevölkerung und der Jugend unterbunden werden sollten.

8

Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat Art. 297 Abs. 1 EGStGB zu Unrecht einschränkend ausgelegt. Entgegen seiner Auffassung ermächtigt diese Vorschrift nicht nur zum Erlass solcher Sperrgebietsverordnungen, welche die Prostitution nur unter der Voraussetzung verbieten, dass mit ihr im konkreten Fall Belästigungen der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution verbunden sind. Hiervon ausgehend gebietet Bundesrecht nicht, § 1 Abs. 2 Halbs. 2 der Verordnung des Regierungspräsidiums Darmstadt zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands in Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1986 (Sperrgebietsverordnung) einschränkend dahin auszulegen, dass die dort beschriebene Ausübung der Prostitution nur dann verboten ist, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt und Belästigungen der Anwohner als milieubedingte Begleiterscheinungen der Prostitution befürchten lässt. Bei zutreffender Auslegung des Art. 297 Abs. 1 EGStGB hätte der Verwaltungsgerichtshof vielmehr zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Ausübung der Prostitution auf dem Hausgrundstück des Klägers gegen § 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung verstößt, deshalb zugleich einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 HSOG darstellt und - weil auch die übrigen Voraussetzungen für ein ordnungsbehördliches Einschreiten vorliegen - nach dieser Vorschrift untersagt werden durfte. Weiterer tatsächlicher Feststellung bedarf es hierfür nicht. Der Senat kann deshalb in der Sache entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen.

10

Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann die Landesregierung oder nach Abs. 2 eine von ihr bestimmte Behörde zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands für Teile des Gebiets einer Gemeinde durch Rechtsverordnung verbieten, der Prostitution nachzugehen.

11

Schon der eindeutige Wortlaut steht einem Verständnis der Norm entgegen, nach dem der Verordnungsgeber das Verbot von der Voraussetzung abhängig machen muss, dass die Ausübung der Prostitution im konkreten Einzelfall eine Belästigung der Öffentlichkeit durch die Begleiterscheinungen der Prostitution hervorruft. Von einer solchen Einschränkung ist in der Vorschrift nicht die Rede.

12

Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es geböte, den Schutz ordnungsrechtlicher Belange stets in der Weise auszugestalten, dass nur ein Verhalten rechtlich untersagt wird, von dem im konkreten Einzelfall erwiesen ist, dass es diese Belange tatsächlich beeinträchtigt. Für den Erlass einer Verordnung genügt die Prognose, dass das betroffene Verhalten (hier die Ausübung der Prostitution) in hinreichender Weise die abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzgüter begründet. Es bestehen deshalb keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber den Verordnungsgeber ermächtigt, die Prostitution unter der Voraussetzung zu verbieten, dass deren Ausübung abstrakte Gefahren für den öffentlichen Anstand oder den Schutz der Jugend begründet.

13

Demgemäß kann der Erlass einer Sperrgebietsverordnung zum Schutze des öffentlichen Anstands gerechtfertigt sein, wenn die Eigenart des betroffenen Gebietes durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet ist und wenn eine nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen Unbeteiligter und „milieubedingte Unruhe“, wie zum Beispiel das Werben von Freiern und anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, befürchten lässt (VGH Kassel, Urteil vom 31. Oktober 2003 - 11 N 2952/00 - NVwZ-RR 2004, 470 <471>; VGH Mannheim, Urteil vom 15. Dezember 2008 - 1 S 2256/07 - VBlBW 2009, 220). Für den Erlass der Verordnung genügt die Prognose, dass die Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen hervorruft. Ist ein Gebiet durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet, darf der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass die Ausübung der Prostitution die abstrakte Gefahr von derartigen Beeinträchtigungen des öffentlichen Anstands begründet.

14

Der Erlass des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz - ProstG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) führt nicht dazu, dass Art. 297 EGStGB in dieser Auslegung nunmehr gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Regelungen verstößt. Der Gesetzgeber hat sich mit dem Prostitutionsgesetz darauf beschränkt, zum einen die Rechtswirksamkeit des Anspruchs der Prostituierten auf das vereinbarte Entgelt (§ 1 ProstG), die fehlende Abtretbarkeit des Anspruchs und den weitgehenden Ausschluss von Einwendungen gegen diesen (§ 2 ProstG) und den Zugang zur Sozialversicherung trotz des nur eingeschränkten Weisungsrechts gegenüber abhängig beschäftigten Prostituierten (§ 3 ProstG) zu regeln sowie zum anderen die Strafbarkeit der Förderung der Prostitution und der Zuhälterei einzuschränken (Art. 2 ProstG). Dabei ging er ausweislich der Gesetzesbegründung davon aus, dass die Vereinbarung über ein Entgelt für sexuelle Leistungen und auch die Tätigkeit selbst nicht gegen die guten Sitten verstoßen (vgl. BT-Drs. 14/5958 S. 4, 6).

15

Die Legalisierung der Prostitutionsausübung im zivil- und sozialversicherungsrechtlichen Bereich und die Einschränkung der Strafbarkeit durch das Prostitutionsgesetz schließen es ebenso wenig wie der Wegfall des Vorwurfs der Sittenwidrigkeit der Prostitution aus, dass die Prostitutionsausübung in bestimmten Erscheinungsformen und damit einhergehenden sozialtypischen Begleiterscheinungen namentlich mit Blick auf sensible Gemeindegebiete gegen den öffentlichen Anstand verstoßen kann. Davon ausgehend stellt die Festsetzung von Sperrbezirken auf der Grundlage des Art. 297 EGStGB weder die zivilrechtliche Wirksamkeit des Entgeltanspruchs der Prostituierten noch den Zugang zur Sozialversicherung in Frage; sie ist auch nicht mit dem generellen Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Ausübung der Prostitution im Sperrbezirk verbunden, sondern dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905 <906 f.>). Die Legalität dieser gewerblichen Betätigung bedeutet hier ebenso wenig wie in anderen Fällen legaler Gewerbe, dass sie an jedem beliebigen Ort ausgeübt werden darf. Dem Gesetz- und Verordnungsgeber bleibt es überlassen, potentiell miteinander unverträgliche Nutzungen räumlich zu trennen.

16

§ 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung stimmt, soweit es auf die Norm hier entscheidungserheblich ankommt, mit diesen bundesrechtlichen Anforderungen an den Erlass einer Sperrgebietsverordnung überein.

17

Das Grundstück des Klägers liegt in einem Gebiet, das durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität gekennzeichnet ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs befinden sich dort Kindertagesstätten und eine Schule sowie Wohnanlagen.

18

Weil das hier in Rede stehende Gebiet diese Eigenart aufweist, durfte der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass die Ausübung der Prostitution dort die abstrakte Gefahr von Beeinträchtigungen des öffentlichen Anstands begründet. Für die lokale Steuerung der Prostitution, welcher die Sperrgebietsverordnung zulässigerweise dient, musste der Verordnungsgeber nicht für jedes einzelne Grundstück, das von dem Verbotsbereich erfasst werden soll, konkret feststellen, ob es in einer Weise genutzt wird, die dort die abzuwehrenden Gefahren und Belästigungen der Prostitutionsausübung erwarten lassen. Die Abgrenzung muss nicht grundstücksscharf getroffen werden, sondern kann größere durch ihre Eigenart geprägte Gebiete erfassen. Dies genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der bei der Abgrenzung der Verbotsbereiche zu berücksichtigen ist.

19

Ob § 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung bezogen auf den hier in Rede stehenden Bereich zugleich durch den Schutz der Jugend getragen wird, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da die Verordnung bereits von dem Schutz des öffentlichen Anstands getragen wird. Jedenfalls sind die Erwägungen, mit denen der Verwaltungsgerichtshof dies verneint hat, zumindest teilweise mit Bundesrecht nicht vereinbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat entscheidungstragend darauf abgestellt, es sei auszuschließen, dass die Schüler und Schülerinnen der nahegelegenen Schule bei Kenntnisnahme von der Werbung für das Massagestudio seelischen Schaden nähmen, weil Kinder und Jugendliche dieser Altersgruppe - zumal in einer Großstadt wie Frankfurt am Main - jederzeit durch allgemein zugängliche Quellen und geradezu zwangsläufig mit Prostitution konfrontiert würden und sich im Zuge ihres Reifeprozesses mit diesem mittlerweile gesellschaftlich als unvermeidlich akzeptierten Phänomen auch auseinandersetzen sollten. Diese Erwägungen verkennen den bundesrechtlich eingeräumten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Der Staat ist berechtigt, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse fernzuhalten, welche sich, zum Beispiel wegen der Kommerzialisierung sexueller Handlungen, auf ihre Einstellung zur Sexualität und damit auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit nachteilig auswirken können. Es obliegt dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob, wo und wann Jugendliche mit dem gesellschaftlichen Phänomen der Prostitution konfrontiert werden sollen (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905).

20

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist hinsichtlich des Verbotstatbestandes gewahrt. Gegenteiliges lässt sich nicht aus dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - (NVwZ 2009, 905) herleiten. Das Bundesverfassungsgericht hat dort zwar angemerkt, die Wohnungsprostitution werde häufig deutlich weniger wahrnehmbar sein als die Straßen- und die Bordellprostitution; bei Erlass der jeweiligen Sperrgebietsverordnung könne unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange auch einer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution beim Ausgleich aller Interessen angemessen Rechnung getragen werden.

21

§ 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung erfasst jedoch keine Wohnungsprostitution in dem Sinne, wie dieser Begriff üblicherweise verstanden wird und ersichtlich auch vom Bundesverfassungsgericht verwendet wird. Die Prostitution wird hier auch tatsächlich nicht in der Gestalt einer Wohnungsprostitution ausgeübt. Die Prostitution wird nicht in einer einzelnen Wohnung ausgeübt, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht. Vielmehr dient das Hinterhaus ausschließlich der Ausübung der Prostitution und ist damit eine ähnliche Einrichtung im Sinne des § 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung (Massagesalons und sonstige überwiegend von Prostituierten genutzte Häuser).

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Tenor

Die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99) ist unwirksam.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99).
Die Antragstellerinnen gehen in dem im Zentrum der Stadt Friedrichshafen gelegenen Gebäude ... ... (sog. ...) der Wohnungsprostitution nach. Die Antragstellerin zu 1 erwirbt derzeit die von ihr genutzte Wohnung (Appartement ...) im Wege des Mietkaufs, die übrigen Antragstellerinnen sind Mieterinnen der Appartements ..., ... und ... Teilweise erfolgt eine zeitweilige Untervermietung an andere Prostituierte, welche in diesem Zeitraum ebenfalls in den jeweiligen Wohnungen wohnen und dort ihrem Gewerbe nachgehen.
Das Gebäude ... ... wurde 1962 als Wohn- und Geschäftshaus genehmigt. Die - durch Sperrbezirksfestlegung die Prostitution in den eingemeindeten Ortsteilen von Friedrichshafen untersagende - Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution in der Stadt Friedrichshafen vom 18.06.1984 (GBl. S. 511), geändert durch Verordnung vom 03.10.1986 (GBl. S. 381), hatte bisher das Gebäude nicht betroffen. Derzeit befinden sich im Erdgeschoss ein Mobilfunk- und ein Schuhgeschäft, im dritten Obergeschoss ein Friseursalon und im elften und zwölften Obergeschoss ein Gaststättenbetrieb. Im ersten bis zehnten Obergeschoss sind insgesamt 48 Wohnungen, von denen nach Kenntnis der Stadt Friedrichshafen im Frühjahr 2014 sechs zu Prostitutionszwecken genutzt wurden. Baurechtliche Genehmigungen für die Wohnungsprostitution wurden nicht erteilt und auch nicht beantragt. Es wurden auch keine förmlichen Duldungen ausgesprochen. Nach Mitteilung des Bauordnungsamts der Stadt Friedrichshafen vom 06.05.2014 liegt das Grundstück im Kerngebiet, so dass die Ausübung der Prostitution bauplanungsrechtlich grundsätzlich zulässig sei.
Mit Schreiben vom 13.08.2009 beantragte die Stadt Friedrichshafen beim Regierungspräsidium Tübingen den Erlass einer neuen Sperrgebietsverordnung, nach der die Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebieten gestattet und die Straßenprostitution vollständig verboten werden sollte.
Am 11.04.2013 erließ das Regierungspräsidium Tübingen die Verordnung über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen. Diese Verordnung lautet wie folgt:
§ 1
Jede Art der Prostitution ist im gesamten Gebiet der Stadt Friedrichshafen grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind abschließend in §§ 2 und 3 dieser Verordnung geregelt.
§ 2
(1) Die nachfolgend in Absatz 2 bezeichneten Gebiete („Toleranzzonen“) sind vom Verbot in § 1 Satz 1 dieser Verordnung ausgenommen. Jedoch bleibt die Prostitution auch in diesen Gebieten auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen, Anlagen und sonstigen Orten, die von dort eingesehen werden können, verboten.
(2) Die Toleranzzonen umfassen jeweils ein umschlossenes Gebiet, das begrenzt wird durch die im Folgenden bezeichneten Flurstücksgrenzen und -teile, Straßen- und Wegseiten sowie Gleisanlagen, die selbst nicht zur Toleranzzone gehören:
- Toleranzzone 1 - Gewerbegebiet Industriegebiet (Tz 1)
10 
Im Norden:
durch den Verlauf der südlichen Straßenseite der Bundesstraße 31 neu, die südliche Grenze der Flurstücke Nr. 26/2, 17/1, 708/08
bis zum Colsmanknoten,
Im Osten:
durch der Verlauf der westlichen Straßenseite der Colsmanstraße,
Im Süden:
durch den Verlauf der nördlichen Straßenseite der Maybachstraße,
Im Westen:
durch die östliche Grenze der Flurstücke Nr. 642/4, die westliche Grenze des Flurstücks 645 bis zur östlichen Straßenseite des Industriewegs,
durch die östliche Grenze der Flurstücke Nr. 707/4, 707/3, 601/3 und 46.
11 
- Toleranzzone 2 - Gewerbegebiet Bunkhofen (Tz 2)
12 
Im Norden:
durch die südliche Grenze der Flurstücke Nr. 1055, 1045,
und Nordosten:
1085/1, Flurstück Nr. 1059 (nördliche Teilfläche), 1060 (nördliche Teilfläche), die westliche Grenze des Flurstücks Nr. 1074/7,
Flurstück Nr. 1588/2 (nordöstliche Teilfläche), die südwestliche Grenze des Flurstücks Nr. 1077,
Im Osten:
durch die westliche Grenze der Flurstücke Nr. 1078 und 1080,
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Flurstücke Nr. 1591, 1602/2, 122/5 und 122,
Im Westen:
durch die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 1586/8 (Teilfläche Teuringer Straße).
13 
- Toleranzzone 3 - Gewerbegebiet ZF Werk 1 (Tz 3)
14 
Im Norden:
durch den Verlauf der südlichen Straßenseiten der Löwentaler Straße und der Ehlersstraße,
Im Osten:
durch die westliche Grenze der Gleisanlagen des Industrie-gleises,
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Ravensburg,
Im Westen:
durch die östliche und nördliche Grenze des Flurstücks Nr. 1054/5, durch den westlichen Grundstücksteil des
Flurstücks Nr. 1057 (Güterbahnhof).
15 
- Toleranzzone 4a - Gewerbegebiet Gewerbepark Flughafen (Tz 4a)
16 
Im Norden:
durch das nördliche Teilgrundstück des Flurstücks Nr. 15/32, die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 14/11, über Flurstück Nr. 15/28 zur
westlichen Grenze des Flurstücks Nr. 126/20 und durch die südliche Grenze des Flurstücks Nr. 126/20 (Gelände des Flughafens Friedrichshafen),
Im Osten:
durch die südwestliche Grenze des Flurstücks Nr. 126/20 (Gelände des Flughafens Friedrichshafen),
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Ravensburg, das nördliche Teilstück von Flurstück Nr. 130/4,
die nordöstliche Grundstücksgrenze der Flurstücke Nr. 130/31 und 160/16, das südwestliche Teilstück Flurstück Nr. 14/9,
Im Westen:
durch die nordöstliche Grundstücksgrenze der Flurstücke Nr. 126/4, 115/6, 115/7, 115/8, 115/9, 115, 115/5, 115/3, 115/2, 126/5,
die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 15/19.
17 
- Toleranzzone 4b - Gewerbegebiet Adelheid-/Dietostraße (Tz 4b)
18 
Im Norden:
durch die südliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Ravensburg,
Im Osten:
durch die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 111,
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Ravensburger Straße, die westliche Grenze des Flurstücks Nr. 151/1, die nördliche Grenze der Flurstücke
Nr. 159/33, 159/28, 158/4, die östliche Straßenseite der Gutastraße und die südliche Straßenseite der Dietostraße,
Im Westen:
durch die westliche Straßenseite der Dietostraße.
19 
- Toleranzzone 5 - Gewerbegebiet Marktkauf-Bauhof (Tz 5)
20 
Im Norden:
durch die südliche Straßenseite der Rheinstraße,
Im Osten:
durch die westliche Seite der Kreisstraße 7726,
Im Süden:
durch den Einfahrtsbereich der Gutenbergstraße und die südliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 77/4,
Im Westen:
durch die östliche Grenze der äußeren Aidlinger Straße, die südöstliche und östliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 93/2.
21 
- Toleranzzone 6 - Gewerbegebiet Parkplatz (Tz 6)
22 
Im Norden:
durch die nördliche Grenze der Rheinstraße und die südliche Grenze von Flurstück Nr. 126/10,
Im Osten und Südosten:
durch den westlichen Uferbereich des Allmannsweiler Baches und die nordwestliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 97/1,
Im Westen:
durch die östliche Straßenseite der Kreisstraße 7726.
23 
- Toleranzzone 7 - Gewerbegebiet Entmagnetisierungsanlage (Tz 7)
24 
Im Norden und Nordosten:
durch die südöstliche Straßenseite der Kreisstraße 7726,
Im Osten
durch das östliche Grundstücksteil des Flurstücks Nr. 126/16
und Südosten:
entlang der Nordwest-Seite des Zeppelin-Hangars zur Nordostgrenze des Flurstücks Nr. 126/9 und durch die nordwestliche
Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 126/20 (Gelände des Flughafens Friedrichshafen),
Im Südwesten:
durch den südöstlichen Uferbereich des Allmannsweiler Baches.
25 
- Toleranzzone 8 - Gewerbegebiet Kitzenwiese (Tz 8)
26 
Im Nordosten:
durch die südliche und südwestliche Grundstücksgrenze von Flurstück Nr. 116 (Verlauf Bundesstraße 31),
Im Osten:
durch die östliche Straßenseite der Straße Am Klärwerk,
Im Südwesten:
durch die südlichen Grundstücksteile des Flurstücks Nr.100/1, die nördliche Grundstücksgrenze der Flurstücke Nr. 110/6, 109, 109/2,
110/11 und 110/8, die südlichen Grundstücksteile der Flurstücke Nr. 113/2 und 113,
Im Westen:
durch die östliche Grenze der Gleisanlagen.
27 
- Toleranzzone 9 - Gewerbegebiet Seewiesen (Tz 9)
28 
Im Nordosten:
durch die südwestliche Straßenseite der Lindauer Straße,
im Südosten:
durch die nordwestliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 2108/10,
im Südwesten:
durch die südöstliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Lindau,
im Nordwesten:
durch die südöstliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 1258/7.
29 
(3) Die Toleranzzonen Tz 1 bis Tz 9 sind in den beiden Übersichtsplänen des Stadtplanungsamtes Friedrichshafen vom 26. Juni 2012 im Maßstab 1 : 10000 und 1 : 5000, sowie sechs Teilplänen des Stadtplanungsamtes Friedrichshafen für Tz 1 bis Tz 7 vom 26. Juni 2012 und zwei Teilplänen des Stadtplanungsamtes Friedrichshafen für Tz 8 und Tz 9 vom 22. Mai 2012, je im Maßstab 1 : 2500 als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen. Die Übersichtspläne und Teilpläne sind Gegenstand dieser Verordnung, deren Grenzverlaufsdarstellung ist maßgeblich.
30 
(4) Die Übersichtspläne und Teilpläne werden beginnend ab dem Tag nach der Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt auf die Dauer von drei Wochen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten bei der Stadtverwaltung Friedrichshafen, Amt für Bürgerservice, Sicherheit und Umwelt, Rathaus, Adenauerplatz 1, 88045 Friedrichshafen, und beim Regierungspräsidium Tübingen, Referat 32, Konrad-Adenauer-Straße 30, 72072 Tübingen, öffentlich ausgelegt.
31 
(5) Die Verordnung, Übersichtspläne und Teilpläne werden nach Ablauf der Auslegungsfrist bei den in Absatz 4 genannten Stellen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten niedergelegt.
§ 3
32 
Ausgenommen vom Verbot des § 1 bleiben aus Bestandsgründen die bei Inkrafttreten dieser Verordnung baurechtlich genehmigte Wohnungsprostitution sowie die baurechtlich genehmigten bordellartigen Betriebe und Bordelle.
§ 4
33 
(1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, handelt nach § 120 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 120 Abs. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von mindestens fünf Euro bis höchstens eintausend Euro geahndet werden.
34 
(2) Wer dem Verbot des § 1 beharrlich zuwiderhandelt, wird nach § 184e des Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
§ 5
35 
Diese Verordnung tritt am Tag nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 2 Abs. 4) in Kraft. …
36 
Die Sperrgebietsverordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht und trat am 25.06.2013 in Kraft. Gleichzeitig trat die bisherige Sperrbezirksverordnung außer Kraft.
37 
Mit Schreiben der Stadt Friedrichshafen vom 22.01.2014 wurden die Antragstellerinnen über die in der Sperrgebietsverordnung getroffenen Regelungen unterrichtet und aufgefordert, die außerhalb einer ausgewiesenen Toleranzzone ausgeübte Prostitution in ihrer jeweiligen Wohnung unverzüglich einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde die Einleitung von Ordnungswidrigkeiten- beziehungsweise Strafverfahren angedroht.
38 
Am 05.03.2014 haben die Antragstellerinnen einen Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortragen:
39 
In dem Anwesen ... ... werde seit über 30 Jahren der Wohnungsprostitution nachgegangen, was von der Stadt Friedrichshafen bisher geduldet worden sei. Bei Durchsetzung der Sperrgebietsverordnung drohe ihnen Arbeitslosigkeit, weil sie ihren bisher genutzten Standort aufgeben müssten und eine Anmietung oder ein Erwerb neuer Flächen in den ausgewiesenen Toleranzzonen nicht möglich sei. Sie seien daher antragsbefugt.
40 
Die Sperrgebietsverordnung sei materiell rechtswidrig, da sie sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB halte.
41 
Der Erlass der Sperrgebietsverordnung sei weder zum Schutz der Jugend noch des öffentlichen Anstandes notwendig. Die Prostitution in der Stadt Friedrichshafen sei weitestgehend auf das Innenstadtgebiet beschränkt und dort eher unauffällig. Ein Straßenstrich existiere nicht. Mit Ausnahme eines größeren Bordellbetriebs nahe der B 31 erfolge die Außenwerbung zurückhaltend und lasse teilweise nicht erkennen, dass in den einzelnen Etablissements der Prostitution nachgegangen werde. Die Außengebiete der Gemeinde, welche sich durch eine starke Wohnbebauung auszeichneten, wiesen keine Bordellbetriebe auf. Während vor einigen Jahren noch Werbung für Prostitution auf Pkws und Anhängern zu verzeichnen gewesen sei, werde das Stadtbild schon seit einiger Zeit nicht mehr hiervon beeinträchtigt.
42 
Die Sperrgebietsverordnung führe zu einem faktischen Verbot der Ausübung der Prostitution im gesamten Stadtgebiet oder bewirke zumindest eine verbotene Kasernierung, weil sämtliche ausgewiesenen Toleranzzonen - mit Ausnahme zweier Straßenzüge, in denen vielleicht Flächen für eine Anmietung zur Verfügung stehen könnten - durch alteingesessene Industrie- und Gewerbebetriebe genutzt würden. Toleranzzone 1 umfasse die Werksgelände der Unternehmen ... und ... sowie das ... ... Das gesamte Gebiet stehe damit nicht zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung. Das Gebiet der Toleranzzone 2 zeichne sich durch Filialen der Firmen ... ... und ..., das Autohaus ... ... ... ... und eine Niederlassung der ... ... ... aus. Auch hier stünden längerfristig keine Flächen zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung. Bei der Toleranzzone 3 handle es sich wieder um ein Werksgelände der ... ... Toleranzzone 4a weise unter anderem die Firma ... und den sogenannten Competence Park aus. Das gesamte Gebiet sei auf die Ansiedlung neuer Wirtschaftsunternehmen aus dem technischen Bereich ausgerichtet. Hier komme allenfalls in Betracht, dass im noch nicht ausgebauten nördlichen Teil der Otto-Lilienthal-Straße Flächen zur Ausübung der Prostitution genutzt werden könnten. Toleranzzone 4b, welche sich weitestgehend auf die Adelheidstraße beschränke, weise die einzigen ernsthaft für die Prostitution nutzbaren Flächen aus. Zwar werde auch hier der überwiegende Teil der Toleranzzone durch eine Filiale der Firma ... ... und die alteingesessene Firma ... ... ... belegt, das im Umfeld bestehende Kleingewerbe lasse jedoch gegebenenfalls die Anmietung von Flächen zu. Mit Toleranzzone 5 werde erneut ein Werksgelände der ... ... ausgewiesen. Die restliche Fläche werde von der Firma ..., der Firma ... ... ..., der Firma ... ... ... und dem Autohaus ... besetzt. Sämtliche Flächen stünden, jedenfalls in den nächsten Jahren, nicht zum Erwerb oder der Anmietung zur Verfügung. Bei Toleranzzone 6 handle es sich um das Werksgelände der Firmen ... ... und ... ... ... ... ..., also erneut um Flächen, die längerfristig nicht einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden könnten. Toleranzzone 7 weise das Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... aus. Mit Toleranzzone 8 stehe eventuell eine weitere Möglichkeit für die Neuansiedlung von Prostitution offen. Es handle sich hierbei um die in der Lokalpresse einschlägig bekannte Anton-Sommer-Straße. Diese sei überwiegend durch Diskothekenbetrieb gekennzeichnet, wobei sich innerhalb dieses Bereichs auch Autohäuser befänden. Auch Toleranzzone 9 sei vollkommen ungeeignet. Es handle sich hierbei um Verkaufsflächen der Firma ... ..., das Gelände der ... ... und der ... ... Der überwiegende Teil der Toleranzzonen werde längerfristig von der ortsansässigen Industrie genutzt. In Betracht komme allenfalls die Nutzung weniger Häuser in der Adelheidstraße und gegebenenfalls der Anton-Sommer-Straße, wobei die Ausweisung dieser Gebiete als Toleranzzonen in anderer Hinsicht fragwürdig erscheine.
43 
Das Regierungspräsidium Tübingen habe beim Erlass der Sperrgebietsverordnung sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Einerseits sei bei der Ausweisung der Toleranzzone nicht beachtet worden, dass der Erlass der Sperrgebietsverordnung grundsätzlich zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes zu erfolgen habe. Andererseits sei nicht berücksichtigt worden, dass beispielsweise die Ausübung der (nicht störenden) Wohnungsprostitution auch außerhalb von Gewerbegebieten zulässig sein könne. In der Stadt Friedrichshafen bestehe aufgrund ihrer Lage und der Eigenschaft als Messestadt eine erhebliche Nachfrage nach Prostitution. Bei Ausweisung der Toleranzzonen hätte deshalb der erhebliche Bedarf an Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution berücksichtigt werden müssen. Die ausgewiesenen Toleranzzonen seien nicht geeignet, die aus anderen Teilen der Stadt verdrängte Prostitution zumindest teilweise aufzunehmen. Es bestehe daher die Gefahr, dass es zu einer erheblichen Abwanderung der Prostitution in die umgebenden kleineren Gemeinden oder einem Abrutschen in die Illegalität kommen werde. Des Weiteren hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Prostitution auch in Misch- oder Kerngebieten zulässig sein könne. Damit hätten auch Toleranzzonen ausgewiesen werden können beziehungsweise müssen, die im Kerngebiet der Stadt Friedrichshafen oder in überwiegend gewerblich genutzten Teilen eines örtlichen Mischgebiets lägen. Insgesamt wären zahlreiche weitere Gebiete als Toleranzzonen in Betracht gekommen, bei denen gegebenenfalls die Prostitution nur unter Auflagen, beispielsweise dem Verbot von Außenwerbung, hätte genehmigt werden können. Die tatsächlich ausgewiesenen Toleranzzonen orientierten sich lediglich an den Gewerbe- und Industriegebieten der Stadt, ohne deren Eignung näher zu prüfen. Die Toleranzzone 1 etwa befinde sich in unmittelbarer Nähe des Karl-Maybach-Gymnasiums und sei lediglich durch eine Unterführung von diesem getrennt. Bei Toleranzzone 8 handle es sich um die Anton-Sommer-Straße, welche sich durch starken Diskothekenbetrieb auszeichne, dessen zumeist sehr junge Besucher für ihr hohes Gewaltpotential bekannt seien. Die Ausweisung dieser Toleranzzone stehe in krassem Gegensatz zum Zweck der Ermächtigungsgrundlage, die Jugend zu schützen. Zudem grenze die Toleranzzone 8 direkt an die Berufsschule der Stadt Friedrichshafen. Toleranzzone 3 wiederum grenze direkt an das Hallenbad der Stadt Friedrichshafen, welches insbesondere von Kindern aus dem sozial schwachen Milieu der Stadt aufgesucht werde. In der Toleranzzone 4b (Adelheidstraße) befinde sich eines der Wohnheime der Bernd-Blindow-Schule, in welcher unter anderem junge Physiotherapeuten ausgebildet würden. Ein zweites Wohnheim der Bernd-Blindow-Schule befinde sich in der Allmannsweiler Straße bei Toleranzzone 6. Der Ausweisung dieser Toleranzzonen könne unter Berücksichtigung des Normzwecks keine ordnungsgemäße Ermessensbildung zugrunde gelegen haben.
44 
Die Antragstellerinnen beantragen,
45 
die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99) für unwirksam zu erklären.
46 
Der Antragsgegner beantragt,
47 
den Antrag abzulehnen.
48 
Er trägt vor, es habe im Gebäude ... ... mehrere Vorfälle gegeben, die nach Einschätzung der Polizei im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung stünden (Sachbeschädigungen mittels Buttersäure im Aufzug bzw. im Treppenhaus am 27.12.1996 und am 25.11.1998; Erpressung einer Prostituierten durch Brandandrohung am 11.06.1999; versuchte schwere Brandstiftung mittels Brandbeschleuniger am 12.05.2000). Am 10.07.2010 habe es einen Polizeieinsatz gegeben, weil die Antragstellerin zu 1 Probleme mit einem Kunden gehabt habe. Die Bewohner des Hauses fühlten sich durch die auch vor dem Haus wahrnehmbare Ausübung der Prostitution im ersten Obergeschoss erheblich belästigt, wie aus einem anonymen Schreiben an das Bürgermeisteramt Friedrichshafen vom 01.08.2010 hervorgehe. Eine Wohnungseigentümerin habe sich im November 2010 und nochmals im April 2013 bei der Stadt Friedrichshafen darüber beschwert, dass es durch die Prostitutionsausübung in dem Gebäude und die Freier, die in dem Gebäude umherliefen, zu erheblichen Beeinträchtigungen komme. Die Freier würden teilweise an den falschen Türen klingeln, unbeteiligte Hausbewohner ansprechen, im Hauseingang urinieren und die Nachtruhe stören. Sie könne ihre Wohnung daher kaum vermieten. Mit Vorkommnisbericht vom 14.05.2013 sei das Bürgermeisteramt Friedrichshafen darüber informiert worden, dass mehrere Prostituierte im Bereich ... zur Mittagszeit männliche Passanten angesprochen hätten, um sie als Kunden zu gewinnen. Die polizeiliche Überprüfung habe ergeben, dass es sich um mindestens drei Prostituierte gehandelt habe, die im Appartement ... der Prostitution nachgingen. Diesen Prostituierten sei daraufhin die Ausübung der Straßenprostitution untersagt worden.
49 
Die Sperrgebietsverordnung sei zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes ergangen. Befördert durch die geografische Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie deren Funktion als Messestandort sei eine „Marktsättigung“ hinsichtlich der Prostitutionsausübung nicht festzustellen. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. Hinzu kämen die bei Ansiedlungswilligen geäußerte Attraktion der Flughafenanbindung und der Umstand, dass im Bereich des Bodensees neben Friedrichshafen nur in Konstanz die Prostitutionsausübung nicht bereits generell verboten sei. In Anbetracht der Größe der Stadt Friedrichshafen und der bisher bekannten hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze (ca. 60 bis 85) bestehe die Gefahr, dass eine unreglementierte weitere Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahle und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontiere. Hierbei sei zulässigerweise auch auf Erfahrungssätze zurückgegriffen worden, wonach im Bereich der Prostitutionsausübung, insbesondere im Bereich der Bordellprostitution, mit negativen Begleiterscheinungen einschließlich einer milieubedingten Unruhe zu rechnen sei, etwa dem mehr oder minder aufdringlichen Werben von Freiern und damit einhergehend anstößigem Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen sowie dem An- und Abfahrverkehr der Freier. Insoweit seien auch die von der Polizeidirektion Friedrichshafen mitgeteilten Feststellungen von gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich und die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen von Gewicht. Die nachvollziehbaren Expansionsbestrebungen von Betrieben, in denen der Prostitution einschließlich der Wohnungsprostitution nachgegangen werde, rechtfertigten diese Einschätzung auch für eine weiter zu erwartende Entwicklung. Dies gelte gerade auch für den Bereich des ... .
50 
Es sei nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber einer Gefährdung der Schutzgüter der Jugend und des öffentlichen Anstandes grundsätzlich durch Trennung der Prostitutionsausübung und der Bereiche allgemein zulässigen Wohnens in der vorgenommenen Weise begegnet sei. Das Regierungspräsidium habe bei der Ausweisung der Toleranzzonen im Grundsatz die Wertungen der Stadt Friedrichshafen, die durch Ausführungen der Polizeidirektion Friedrichshafen und des Kreisjugendamtes unterstützt worden seien, herangezogen und im Ergebnis geteilt. Toleranzzonen seien nach Abschluss des Verfahrens nur dort ausgewiesen worden, wo nicht wegen der städtischen Eigenart und Lage der Gebiete mit einer Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB durch Überfrachtung von Angeboten der Prostitutionsausübung mit entsprechender Öffentlichkeitswirkung habe gerechnet werden können. Andere Flächen als in den Gebieten gewerblicher Nutzung seien danach nicht in Betracht gekommen. Den Gefahren für die öffentlichen Belange des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes in den auch zum Wohnen genutzten Bereichen durch die zu erwartende weitere Expansion von Prostitutionsangeboten könne mit den Mitteln des Bau- oder Ordnungsrechts allein nicht ausreichend begegnet werden. Daher seien auch keine grundsätzlich zulässigen Toleranzzonen in gewerblich und durch Wohnen gemischt-genutzten Gebieten wie dem der Antragstellerinnen oder in Gebieten nahe von Wohnnutzungen berücksichtigt worden.
51 
Die Toleranzzonen seien im Hinblick auf den Schutzzweck auch geeignet. Bei ihrer Auswahl und Festlegung sei zugrunde gelegt worden, dass über bereits bestehende Betriebe hinaus eine Gefahr der Überfrachtung von Prostitutionsangeboten entgegengesteuert und eine Kanalisierung der Angebote in Gebiete erfolgen könne, die die Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstandes nicht befürchten ließen. Die Toleranzzone 1 sei durch die mehrspurige Hauptverkehrsstraße ausreichend von dem Schulgebäude getrennt und auch sonst ausreichend abgegrenzt. Die Toleranzzone 8 sei von der Berufsschule räumlich ausreichend abgesetzt, zudem durch den Bahndamm und die Steinbeißstraße getrennt. Die bestehenden Nutzungen stünden einer Geeignetheit nicht grundsätzlich entgegen. Die Toleranzzone 3 weise mit der äußersten westlichen Abgrenzung ebenfalls noch einen ausreichenden Abstand zu dem durch die Löwentaler Straße getrennten rückwärtigen Bereich des Hallenbades, das von der Ehlersstraße aus erschlossen sei, auf und sei auch im Übrigen ausreichend abgegrenzt. Die Toleranzzone 4b sei durch die Unterbringung eines Wohnheims in Bezug auf die Schutzgüter schon aufgrund der Ausdehnung ebenfalls nicht bereits ungeeignet. Zudem seien hier baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig, die nicht Vergnügungsstätten seien. Die Toleranzzonen 6 und 7 schließlich lägen in ausreichend abgesetztem Abstand zu den Einrichtungen der dort genannten Schule.
52 
Ursprünglich als Toleranzzonen in Betracht gezogene Gewerbegebiete seien im Verlauf des Verfahrens wegen Ungeeignetheit ausgeschieden. Dies betreffe die Gewerbegebiete Rohrbach, Allmannsweiler und Aistegstraße. Bei dem Gewerbegebiet Rohrbach sei ausschlaggebend gewesen, dass dieses bisher noch keine einschlägigen Betriebe mit Prostitutionsausübung aufweise und aufgrund seiner Lage mit der angrenzenden Wohnbebauung, dem angrenzenden Spielplatz und der im Gebiet vorhandenen Einrichtung für behinderte Menschen, einer Ballettschule und einem Einkaufsmarkt mit regelmäßigem Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen und erheblichem Publikumsverkehr zu rechnen sei. Das Gewerbegebiet Allmannsweiler weise ebenfalls bislang noch keine Prostitutionsbetriebe auf und grenze direkt an Wohnbebauung an. Zudem seien dort schulische Einrichtungen vorhanden. In dem Gewerbegebiet Aistegstraße befänden sich bereits vier baurechtlich genehmigte bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle und zwei weitere baurechtlich genehmigte Betriebe mit Prostitutionsausübung im südlich angrenzenden Stadtgebiet. Aufgrund der bisher schon vorhandenen Prostitutionsausübung stünde die Ausweisung des Gewerbegebietes Aistegstraße als Toleranzzone der Zielsetzung der Verordnung entgegen, die weitere Expansion der Prostitution im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Belange des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes zu begrenzen.
53 
Die Sperrgebietsverordnung verstoße auch nicht gegen das Kasernierungsverbot. Durch die ausgewiesenen Toleranzzonen finde keine grundsätzliche Zuweisung auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks statt. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Häuser oder Straßenzüge zu rechnen sei. Das Bürgermeisteramt Friedrichshafen habe auf entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass eine Kasernierung durch die Herausnahme von ursprünglich geplanten Toleranzzonen nicht zu befürchten sei. Zudem habe es mitgeteilt, dass derzeit innerhalb der Toleranzzonen unbebaute beziehungsweise bebaute Flächen in der Größenordnung von mindestens etwa 3,5 ha freie Fläche in der Toleranzzone 4a, etwa 1,9 ha bebaute Flächen in der Toleranzzone 5 sowie etwa 2144 m² bebaute Flächen in der Toleranzzone 8 prinzipiell verfügbar seien. Die Antragstellerinnen verwiesen zudem auf eine weitere Verfügbarkeit in den Toleranzzonen 4b oder 8. Auf die Eigentumsverhältnisse innerhalb der Toleranzzonen müsse der Verordnungsgeber nur in gewissen Grenzen Rücksicht nehmen, eine Garantenstellung komme ihm insoweit nicht zu. Vor dem Hintergrund, dass nur die Betriebe, die nicht unter den Bestandsschutz fielen, und die Betriebe, die weiter expandieren wollten, auf die Toleranzzonen verwiesen würden, sei deren Ausweisung bezogen auf die Größe der Stadt Friedrichshafen auch hinsichtlich der prinzipiellen Verfügbarkeit ausreichend. Eine Reduzierung auf nur wenige Häuserblocks oder Straßen liege damit auch faktisch nicht vor.
54 
Mit Beschluss vom 06.06.2014 (- 1 S 440/14 -) hat der Senat auf Antrag der Antragstellerinnen die Sperrgebietsverordnung für das Grundstück ...-... ... vorläufig außer Vollzug gesetzt.
55 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
56 
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig ( I.) und begründet (II.).
I.
57 
Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig.
58 
Die vom Regierungspräsidium erlassene Sperrgebietsverordnung ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die Verordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht; der Normenkontrollantrag ging am 05.03.2014 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Die Antragstellerinnen sind auch antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die Bestimmungen der Sperrgebietsverordnung wie auch deren behördlichen Vollzug unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Ihnen drohen bei Nichtbefolgung des Verbots der Prostitutionsausübung im Gebäude ...-... ... Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren. Zudem haben sie aufgrund der Ausweitung des Sperrgebiets wirtschaftliche Einbußen zu gewärtigen, weil sie sich nach anderen Räumen umsehen müssen, die entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu finden sind.
59 
Der Antragsbefugnis der Antragstellerinnen steht nicht entgegen, dass sie (gegenwärtig) lediglich Mieterinnen und nicht Eigentümerinnen der Appartements im Gebäude ... ... sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können auch Personen, denen - etwa als Mieter oder Pächter - Nutzungsrechte übertragen worden sind, als Folge nachteiliger bauplanerischer Festsetzungen Rechtsbeeinträchtigungen erleiden und deshalb im Normenkontrollverfahren - selbständig und unabhängig vom Eigentümer - überprüfen lassen, ob die ihre Nutzung beeinträchtigenden Festsetzungen unter beachtlichen Rechtsfehlern leiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2015 - 4 CN 5.14 -, NVwZ 2015, 1457 m.w.N.). Es bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auf die Überprüfung anderer Rechtsnormen zu übertragen, soweit diese - wie Sperrgebietsverordnungen - eine Abwägung widerstreitender Interessen voraussetzen (vgl. ausf. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995 - 11 N 1432/94 -, NVwZ-RR 1996, 84). Erforderlich und ausreichend ist danach, dass der jeweilige Antragsteller durch die angegriffene Rechtsnorm in einem „abwägungsrelevanten“ Interesse betroffen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris, und Urt. v. 29.06.2015, a.a.O., jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Da die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... nach der bisherigen Sperrbezirksverordnung erlaubt war, hatte der Verordnungsgeber bei deren Ersetzung durch die angefochtene Sperrgebietsverordnung Veranlassung, sich mit den einem Verbot der Prostitutionsausübung speziell in diesem Gebäude entgegenstehenden Belangen konkret auseinanderzusetzen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; vgl. auch BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 -, BVerfGK 15, 377). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der von den Antragstellerinnen mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer geschlossenen Mietverträge bestehen nicht.
60 
Schließlich fehlt es den Antragstellerinnen auch nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie eine über den sie räumlich beschwerenden Teil - die Ausweisung des Grundstücks ... ... als Sperrgebiet - hinausgehende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrgebietsverordnung begehren. Der Prüfungsumfang eines Normenkontrollverfahrens wird zwar - trotz dessen doppelter Funktion als subjektives Rechtsschutzverfahren und objektives Prüfungsverfahren - durch die Reichweite des Rechtsschutzbedürfnisses des jeweiligen Antragstellers begrenzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, und Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899; HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NdsVBl. 2003, 154; OVG RP, Urt. v. 26.11.2002 - 6 C 10609 -, KStZ 2003, 56; vgl. auch Senat, Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220). Dadurch soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989, a.a.O.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn und - bei teilbaren Rechtsnomen - soweit der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist; die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, NVwZ-RR 2012, 939). Dies ist jedoch hier, anders als in den vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.07.1995 (a.a.O.) oder vom Senat mit Urteil vom 15.12.2008 (a.a.O.) entschiedenen Konstellationen, nicht der Fall. Im Gegensatz zu einem Grundstückseigentümer, dem es nur um die Nutzbarkeit des vorhandenen Betriebsgrundstücks zu Prostitutionszwecken geht, nicht aber darum, irgendwo im Stadtgebiet ein Bordell zu errichten oder Räumlichkeiten an Prostituierte zu vermieten, haben die Antragstellerinnen als Mieterinnen von Räumen zur Ausübung der Wohnungseinzelprostitution auch ein rechtlich beachtliches Interesse daran, dass im Normenkontrollverfahren die konkrete Aufnahmefähigkeit der in der Sperrgebietsverordnung ausgewiesenen Toleranzzonen sowie deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution überprüft werden. Die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution hängen nämlich maßgeblich davon ab, welche Bereiche des Stadtgebiets der Verordnungsgeber als Sperrgebiet ausweist und wo dementsprechend Flächen zur Anmietung oder zum Erwerb zur Verfügung stehen. Die Rechtsstellung der Antragstellerinnen würde sich daher nicht nur dann verbessern, wenn die Sperrgebietsverordnung hinsichtlich des Grundstücks ... ... für (teil-)unwirksam erklärt werden würde, sondern auch dann, wenn eine vollumfängliche Nichtigerklärung der Verordnung erfolgte. Denn dies hätte zur Folge, dass die bisherige Sperrbezirksverordnung wieder auflebte, welche die Ausübung der Wohnungsprostitution in einem erheblich größeren räumlichen Umfang zulässt.
II.
61 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende (1.) Sperrgebietsverordnung hält sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 EGStGB (2.).
62 
1. Die Sperrgebietsverordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium ist nach § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 03.03.1976 (GBl. S. 290) für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung auf Grund von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EGStGB sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Tübingen ergibt sich aus §§ 11, 12 Abs. 4, § 13 Satz 1 LVG. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde vom Verordnungsgeber beachtet (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Die Sperrgebietsverordnung ist auch ordnungsgemäß verkündet worden (vgl. §§ 2 und 3 VerkG). Die Verordnung selbst wurde im Gesetzblatt vom 03.06.2013 bekanntgemacht. Die Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen, auf denen die Toleranzzonen, wie in § 2 Abs. 3 der Verordnung vorgesehen, als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen sind, wurden vom 04.06.2013 bis 25.06.2013 beim Regierungspräsidium Tübingen und bei der Stadt Friedrichshafen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt.
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2. Die Sperrgebietsverordnung ist jedoch materiell rechtswidrig. Sie stützt sich zwar mit Art. 297 Abs. 1 EGStGB auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (a)), ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt (b)) und - mit Ausnahme von zwei als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen - grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen (c)). Der Verordnungsgeber hat indes den Ermächtigungsrahmen unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Ausdehnung des Sperrgebiets nicht eingehalten und gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen (d)). Zudem weist die Verordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf (e)).
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a) Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution für das Gebiet von Gemeinden, gestaffelt nach Einwohnerzahl, ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf die Prostitution nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht für das gesamte Gemeindegebiet, sondern nur für Teile dieses Gebiets verboten werden, und auch dies nur insoweit, als es zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands erforderlich ist. Innerhalb des Normzweckes besteht daneben die Möglichkeit eines Verbotes der Straßenprostitution für das gesamte Gebiet nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGStGB. Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind nach § 297 Abs. 3 EGStGB verboten. Diese Vorschriften sind ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar und bilden daher weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28.13 -, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 105).
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b) Die Sperrgebietsverordnung ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt. Der allgemeine Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstellt, verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen; erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 m.w.N.). Dieses Erfordernis wird durch das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene besondere Bestimmtheitsgebot für Straf- und Bußgeldtatbestände ergänzt. Der Normgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. nur BVerfG , Beschl. v. 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 -, NVwZ 2012, 504 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Ausweisung der Toleranzzonen in der Verordnung gerecht. Denn ihre räumliche Ausdehnung lässt sich anhand der Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen in Verbindung mit der zusätzlichen Beschreibung in § 2 Abs. 2 der Verordnung klar ersehen.
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c) Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung; die Verordnung muss sich folglich gegen Gefahren richten, die aus Verhaltensweisen oder Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können. Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472, und Urt. v. 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, NVwZ-RR 2004, 470; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
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Hiernach begegnet die Sperrgebietsverordnung keinen rechtlichen Bedenken, was das Erfordernis des Bezugs auf die gesetzliche Zweckbestimmung betrifft (aa)). Die Verordnung ist - mit Ausnahme der als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ - grundsätzlich auch zur Zweckerreichung geeignet (bb)).
68 
aa) Das Regierungspräsidium hat die angefochtene Sperrgebietsverordnung auf Anregung der Stadt Friedrichshafen erlassen. Diese hat auf eine derartige Verordnung im Wesentlichen deshalb gedrängt, weil die bisherige, auf eine Verhinderung der Prostitutionsausübung in den eingemeindeten Ortsteilen ausgerichtete Sperrbezirksverordnung nicht mehr der aktuellen städtebaulichen Entwicklung entspreche. Derzeit würden Wohngebiete nicht von der Sperrbezirksverordnung erfasst, obwohl dort die Prostitution planungsrechtlich verboten sei. Es bestehe daher nicht nur eine abstrakte Jugendgefährdung, weil immer damit zu rechnen sei, dass sich in Wohngebäuden auch Jugendliche aufhielten und der Prostitution erkennbar ausgesetzt würden. Darüber hinaus drohe wegen der besonderen geografischen Lage Friedrichshafens und der sich dort laufend entwickelnden großen Messe eine Überfrachtung der Stadt mit entsprechender Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Betrieben, die jugendgefährdend und dem öffentlichen Anstand zuwiderlaufend in die Öffentlichkeit ausstrahlen und mit allen negativen Begleiterscheinungen zu einer milieubedingten Unruhe führen würden. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, sei es notwendig, die Prostitutionsausübung durch ein grundsätzliches Verbot, verbunden mit der Ausweisung von Toleranzzonen zu kanalisieren.
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Diese Darlegungen der Stadt Friedrichshafen, die in Übereinstimmung mit der Auffassung der Polizeidirektion Friedrichshafen stehen, die ebenfalls den Erlass der Sperrgebietsverordnung befürwortet hat, hat das Regierungspräsidium als Verordnungsgeber als eigene Erwägungen übernommen. Sie stimmen unter Berücksichtigung der insoweit nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit mit dem Normzweck überein und lassen insbesondere den erforderlichen Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung, den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands, erkennen.
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Das Regierungspräsidium hat sich maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass wegen der geografischen Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz und der Funktion der Stadt als Messestandort eine „Marktsättigung“ im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung nicht festzustellen sei. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und, wie wiederholte Anfragen auf Betriebsgründungen und -erweiterungen und auf Ausübung von Straßenprostitution belegten, auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. In Anbetracht der Größe der Stadt und der hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze hat das Regierungspräsidium die Gefahr gesehen, dass bei einer unreglementierten weiteren Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen diese aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahlen und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontieren würden. Damit bezieht es sich beanstandungsfrei auf Erfahrungssätze, wonach insbesondere die Bordellprostitution mit negativen Begleiterscheinungen - auch einer „milieubedingten Unruhe“ - verbunden ist. Hierzu zählen insbesondere das mehr oder minder aufdringliche Werben von Freiern und damit einhergehend anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, die Kontaktaufnahme, die sich auch in dieser Situation oft vor den Gebäuden auf den Straßen abspielt, sowie das Anfahren und Abfahren der Freier (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.).
71 
Das Regierungspräsidium hat dabei nicht verkannt, dass sich die so umschriebene abstrakte Gefahr nicht auf jegliche Erscheinungsform der Prostitution bezieht, sondern nur auf eine solche, die keinen Wert auf Zurückhaltung legt (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Dementsprechend hat es gerade nicht ganz allgemein die Existenz beziehungsweise Neuansiedlung von Bordellen im Visier. Es bezweckt vielmehr, mit der Sperrgebietsverordnung einer starken Vermehrung solcher Einrichtungen und einer damit einhergehenden Entwicklung zu begegnen; denn dies würde seiner Einschätzung nach zu einer Prostitution führen, die nach außen in Erscheinung tritt und deswegen die befürchteten negativen Auswirkungen für die Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nach sich zieht. Dass gerade diese prognostische Einschätzung dem Erlass der Sperrgebietsverordnung zugrunde lag, wird dadurch belegt, dass das Regierungspräsidium die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen in seine Bewertung ausdrücklich einbezogen hat (vgl. Verordnungsbegründung S. 2). Dass es, wie seine Bezugnahme auf die Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich verdeutlicht, darüber hinaus als Nebenzweck auch die Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt hat, ist unschädlich (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O. m.w.N.).
72 
bb) Die in §§ 1 und 2 der Verordnung vorgesehene Gestattung der Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen ist grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Allerdings ist die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar.
73 
(1) Gegen die Eignung der Verordnung zur Zweckerreichung spricht nicht schon, dass durch deren § 3 bereits bestehenden Betrieben Bestandsschutz gewährt wird. Zwar weisen die betroffenen Betriebe teilweise eine konkrete Ausgestaltung auf, die mit deutlichen Hinweisen auf den Betriebszweck verbunden ist (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ), so dass die Prostitution nach außen in Erscheinung tritt. Eine Unvereinbarkeit mit dem Verordnungszweck lässt sich gleichwohl nicht feststellen. Die Verordnung zielt nämlich - wie dargelegt - nicht auf die völlige Verdrängung der Prostitution aus Friedrichshafen, sondern auf die Verhinderung der Gefahr einer Veränderung der Auswirkungen der Prostitution. Ein Bestandsschutz ist dann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum Schutz des Eigentums und der Berufsfreiheit der Betroffenen geboten (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
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(2) Der Normzweck des Art. 297 EGStGB ist jedoch dann nicht mehr gewahrt, wenn der Verordnungsgeber einen Bereich als Sperrgebiet ausweist, in dem der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes aus tatsächlichen Gründen obsolet geworden (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.) oder bei einer konkret gebietsbezogenen Betrachtung eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen ist (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Sieht eine Sperrgebietsverordnung Toleranzzonen vor, so hat der Verordnungsgeber die nach seiner Konzeption hierfür in Betracht kommenden Gebiete insbesondere nach der dort jeweils gegebenen tatsächlichen und baurechtlichen Situation auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei der Einschätzung der negativen Auswirkungen von Prostitution in einem Gebiet darf der Verordnungsgeber in der Regel auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnisse abstellen. Unter besonderen Voraussetzungen ist er jedoch gehalten, auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die im Baurecht zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung - auch der „milieubedingten Unruhe“ - zur Verfügung stehen. Eine vorsorgliche baurechtliche Prüfung hypothetischer Vorhaben ist dabei nicht geboten. Das Baurecht ist jedoch in den Blick zu nehmen, wenn sich baurechtliche Handlungsmöglichkeiten aufdrängen oder ein Vorhaben bereits baurechtlich geprüft worden ist (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
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Die Ausweisung des Hafenviertels der Stadt Friedrichshafen - mit dem Grundstück ... ... - als Sperrgebiet und die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen sind hiernach nicht zu beanstanden.
76 
Das Hafenviertel der Stadt Friedrichshafen wird durch die bisher nur im Gebäude ... ... vorhandene Wohnungsprostitution weder in einer Weise geprägt, dass für einen weiteren Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands kein Raum mehr wäre, noch lässt sich feststellen, dass in diesem Bereich eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen wäre. Im Gegenteil war die bislang faktisch geduldete Wohnungsprostitution trotz ihrer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit (vgl. dazu HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.) in der Vergangenheit mit prostitutionstypischen Begleiterscheinungen verbunden, wie aus den vom Antragsgegner vorgelegten Anliegerbeschwerden und Polizeiberichten hervorgeht. Unter anderem hatten Prostituierte im Mai 2013 im Bereich ... männliche Passanten angesprochen, um sie als Kunden zu gewinnen, und Bewohner des Gebäudes ... ... wiederholt Belästigungen und anstößiges Verhalten durch die Prostitutionsausübung und die im Gebäude herumlaufenden Freier beanstandet. Die Schutzbedürftigkeit des Hafenviertels vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution steht mithin außer Frage. Dabei ist unschädlich, dass sich der Erlass der Verordnung insoweit auch als eine Reaktion auf Anliegerbeschwerden darstellt (vgl. HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Abhilfemöglichkeiten waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht ersichtlich. Insbesondere musste das Regierungspräsidium kein Verbot von Außenwerbung erwägen, nachdem die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... bislang ohne Hinweis auf den Nutzungszweck erfolgt war (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ).
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Auch gegen die Nichtausweisung der Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen ist nichts zu erinnern. Die Gewerbegebiete „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ weisen bislang keine Prostitutionsbetriebe auf. Dass dort bei einer prostitutiven Nutzung eine belästigende Außenwirkung, die mit der Verordnung abgewehrt werden soll, zu befürchten ist, hat das Regierungspräsidium rechtsfehlerfrei mit der - im Vergleich zu den übrigen Toleranzzonen - besonderen Schutzbedürftigkeit und Sensibilität der Gebiete begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.). Ob es in diesen Gebieten die Belange des Jugendschutzes und des Schutzes des öffentlichen Anstands mit Blick auf die ihm durch den Gesetzgeber gezogenen räumlichen Grenzen und dessen Entscheidung für eine grundsätzliche Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern auch hätte zurückstellen können (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
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Im Gewerbegebiet „Rohrbach“ befinden sich eine Einrichtung für behinderte Menschen und eine Ballettschule; zudem grenzt das Gebiet ohne künstliche oder natürliche Trennlinie unmittelbar an Wohnbebauung und einen Kinderspielplatz an, weshalb bei einer prostitutiven Nutzung eine Ausstrahlung des Prostitutionsmilieus zu befürchten wäre. Für das Gewerbegebiet „Allmannsweiler“ gilt Entsprechendes. Dort sind die Bernd-Blindow-Schule Friedrichshafen und eine Fachhochschule gelegen; auch dieses Gebiet grenzt unabgeschirmt unmittelbar an Wohnbebauung an. Im Gewerbegebiet „Aistegstraße“ wiederum befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung zwar bereits drei bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle; zudem waren zwei weitere Betriebe mit Prostitutionsausübung in unmittelbarer Nähe südlich des Gebiets gelegen. Gleichwohl lässt sich auch insoweit nicht feststellen, dass der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands bis zur Bekanntmachung der Verordnung obsolet geworden wäre. Das Gewerbegebiet „Aistegstraße“ stellt trotz der vorhandenen Bordellprostitution kein reines Vergnügungsviertel dar. Im Gegenteil befindet sich dort neben weiteren, nicht mit der Prostitutionsausübung verbundenen gewerblichen Nutzungen das Ausbildungszentrum der ... ... ..., das von - zu einem großen Teil minderjährigen - Auszubildenden und Schülerpraktikanten in hoher Zahl besucht wird. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen im Schreiben vom 23.02.2012 die drei vorhandenen Prostitutionsbetriebe ihre Vor-Ort-Werbemaßnahmen in den vergangenen Jahren erheblich intensiviert haben. Angesichts dessen ist die Einschätzung des Regierungspräsidiums, dass mit weiteren Ansiedlungen des Prostitutionsgewerbes in diesem Gebiet eine verstärkte Gefährdung der Belange des Jugendschutzes verbunden wäre, die nunmehr ein verordnungsrechtliches Verbot der Prostitutionsausübung erforderlich macht, nicht zu beanstanden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung in den Gewerbegebieten „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ mussten sich dem Regierungspräsidium nicht aufdrängen.
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(3) An der Geeignetheit der Verordnung, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, fehlt es auch, wenn infolge der Neuausweisung einer bisherigen faktischen Toleranzzone als Sperrgebiet bislang von der Prostitutionsausübung nicht betroffene und in nicht geringerem Maße schutzbedürftige Gemeindeteile in Mitleidenschaft gezogen und der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes in diesen Teilen erstmals beeinträchtigt wird. Der Erlass einer Sperrgebietsverordnung darf nämlich nicht in Umkehrung des Normzweckes zu relevanten Beeinträchtigungen von Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes bei Teilen der Wohnbevölkerung führen, die bisher von solchen Beeinträchtigungen nicht berührt waren (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). Dieser Maßgabe ist nicht bereits dadurch Rechnung getragen, dass - wie hier - mit den ausgewiesenen Toleranzzonen die Verlagerung der Prostitutionsszene in Teile des Gemeindegebiets vorgesehen wird, die überwiegend gewerblich-industriell geprägt sind. Der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Gewerbegebiete unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands von vornherein als schutzbedürftige Gebiete ausfallen (HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Hiervon ist das Regierungspräsidium auch nicht ausgegangen, wie die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen zeigt.
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Gemessen daran bestehen gegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Industriegebiet“ (Tz 1), „ZF-Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), und „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) als Toleranzzonen keine rechtlichen Bedenken. Sämtliche Gebiete sind von den seitens der Antragstellerinnen angeführten schutzbedürftigen Einrichtungen in einer Weise abgeschirmt, dass eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstands nahezu ausgeschlossen werden kann. Soweit es das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ betrifft, ist eine Abschirmung vom südlich gelegenen Karl-Maybach-Gymnasium durch die an dieser Stelle mehrspurige Bundesstraße (B 31) und den Maybachplatz gewährleistet. Das Gewerbegebiet „ZF-Werk 1“ wird vom rückwärtigen Bereich des Städtischen Hallenbades durch die Löwentaler Straße abgegrenzt und weist hierzu einen ausreichenden Abstand auf; hinzu kommt, dass das Hallenbad nicht von der Löwentaler Straße, sondern von der Ehlersstraße aus erschlossen ist. Die Gebäude und Wohnheime der Bernd-Blindow-Schulen in der Allmansweilerstraße ..., … und … sind vom Gewerbegebiet „Parkplatz“ etwa 400 m beziehungsweise 500 m entfernt und werden gegenüber dem Gewerbegebiet „Entmagnetisierungsanlage“ durch den Allmannsweiler Bach natürlich abgeschirmt. Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit oder Sensibilität der Gewerbegebiete „Bunkhofen“ (Tz 2), „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a), „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) und „Seewiesen“ (Tz 9) sind nicht ersichtlich.
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Als nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar erweist sich hingegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen. Im Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ befindet sich in der Adelheidstraße 37 ebenfalls ein Wohnheim der Bernd-Blindow-Schulen; zudem grenzt das Gebiet im südwestlichen Bereich unmittelbar an ein Mischgebiet an, das nicht unerheblich durch Wohnbebauung geprägt ist. Prostitutionsbetriebe waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht vorhanden. Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von derjenigen in den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“, die im Normgebungsprozess als mögliche Toleranzzonen ausgeschieden wurden (s. oben II. 2. c) bb) (2)). Das Gewerbegebiet „Kitzenwiese“ wiederum weist zwar einen ausreichenden Abstand zu den westlich gelegenen Schulen (Claude-Dornier-Schule; Hugo-Eckener-Schule) auf und wird von diesen zusätzlich durch die Steinbeisstraße abgeschirmt. Allerdings befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung im Gebiet mehrere Diskothekenbetriebe in der Anton-Sommer-Straße ... („... ...“, „... ...“) und ... („... ...“, „...“), während Prostitutionsbetriebe im Gebiet bislang nicht vorhanden waren. Nach den Angaben des Vertreters der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung wurde seinerzeit jedenfalls die Diskothek „...“ von jugendlichem Publikum besucht. Zum deshalb erstmals gebotenen Schutz dieses Publikums vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution hat sich das Regierungspräsidium weder im Normgebungsprozess noch im gerichtlichen Verfahren verhalten.
82 
In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Verordnungsgeber wegen der grundsätzlichen gesetzgeberischen Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern unter Umständen gezwungen sein kann, auch solche Teile des Gemeindegebiets von der Sperre auszunehmen, in denen zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes ein Verbot der Prostitution an sich ebenfalls wünschenswert wäre (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass er Erwägungen zur Schutzbedürftigkeit der von ihm ausgewiesenen Toleranzzonen anstellt, anhand derer sich seine Entscheidung, in einzelnen Gebieten dem Jugendschutz und dem Schutz des öffentlichen Anstands im Gegensatz zu anderen Gebieten nicht den Vorrang einzuräumen, nachvollziehen lässt. Denn andernfalls kann seine Einschätzung zur Geeignetheit der Verordnung, diesen Zwecken zu dienen, nicht vollumfänglich auf ihre sachliche Vertretbarkeit und Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden.
83 
Solche Erwägungen fehlen - wie dargelegt - hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kitzenwiese“ vollends. Zum Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ hat der Antragsgegner zwar im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben, dass die Toleranzzone hinreichend groß sei und dort baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig seien, die nicht Vergnügungsstätten seien. Allerdings kann auch anhand dieser Darlegungen nicht nachvollzogen werden, weshalb die Toleranzzone im Gegensatz zu den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ im Normgebungsprozess nicht ausgeschieden oder räumlich enger gefasst wurde. Dem Umstand, dass im Gewerbegebiet „Adelheid-/Die-tostraße“ nur gewerbliche Betriebe zulässig sind, die nicht Vergnügungsstätten sind, kommt insoweit keine Unterscheidungskraft zu. Denn nach dem gegenwärtigen Stand von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur ist davon auszugehen, dass Bordelle und bordellartige Betriebe den in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen „Gewerbebetrieben aller Art“ und nicht den nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen „Vergnügungsstätten“ zuzuordnen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 m.w.N.). Dies war dem Regierungspräsidium im Normgebungsprozess auch bekannt, nachdem die Stadt Friedrichshafen mit Schreiben vom 04.07.2012 die nach ihrem Dafürhalten bestehende Notwendigkeit, auch das Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ als Toleranzzone auszuweisen, gerade mit der „neuen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.03.2012“ begründet hatte. Der Hinweis auf die Ausdehnung des Gewerbegebiets hilft ebenfalls nicht weiter, da die Größe eines Gebiets keinen Rückschluss auf dessen Schutzbedürftigkeit zulässt. Das Vorliegen einer an Inhalt, Zweck und Ausmaß des Art. 297 EGStGB ausgerichteten Erwägung lässt sich mithin auch insoweit nicht feststellen.
84 
Danach fehlt es an einem sachlichen Grund dafür, dass das Regierungspräsidium die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) trotz ihrer Schutzbedürftigkeit als Toleranzzonen ausgewiesen hat, so dass sich die Sperrgebietsverordnung insoweit als ungeeignet erweist, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Dies hat zur Folge, dass diese Gebiete bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht berücksichtigt werden können.
85 
d) Die Sperrgebietsverordnung muss weiterhin den in Art. 297 Abs. 1 EGStGB enthaltenen Anforderungen an die räumliche Ausdehnung des Sperrgebiets genügen und darf insbesondere nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen.
86 
aa) In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf, um ein unerwünschtes Abgleiten der Prostitution, die vom Gesetzgeber in Gemeinden dieser Größenordnung als unvermeidlich angesehen wird, in die Illegalität zu vermeiden, die Ausübung der Bordell- und Wohnungsprostitution nur für Teile des Gemeindegebietes verboten werden. Hieraus folgt, dass eine Sperrgebietsregelung unzulässig ist, die dazu führt, dass faktisch für das gesamte Gebiet einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern die Ausübung der Prostitution verboten ist. Andererseits ist die Verordnungsermächtigung ersichtlich so weit gefasst, dass der Verordnungsgeber in die Lage versetzt werden soll, die für erforderlich gehaltenen Sperrgebietsregelungen den örtlichen Gegebenheiten und der Struktur des jeweiligen Gemeindegebietes anzupassen. Sofern der Normzweck nicht anders erreicht werden kann, darf auch der weitaus überwiegende Teil des Gemeindegebiets zum Sperrbezirk erklärt werden. Eine bestimmte Mindestgröße des Gebiets beziehungsweise ein bestimmter prozentualer Mindestanteil am gesamten Gemeindegebiet, in dem Prostitution zugelassen werden muss, lässt sich der Ermächtigungsnorm nicht entnehmen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Diesen Maßstäben wird die angegriffene Verordnung gerecht. Auch bei Nichtberücksichtigung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ stehen mit den ausgewiesenen Toleranzzonen für die Prostitutionsausübung noch immer Gebiete von einiger Bedeutung und ausreichender Größe zur Verfügung. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass ein erheblicher Teil der vorhandenen Bordelle - konkret geht es um die Prostitutionsbetriebe in der ... ... („... ...), der ... ... („... ... / ... ...“), der ... ... („... ...“, „... ...“), ... („...“), ... („... ...“) und ... („... ... / ...“), der ... ... ... („... ...“) und der ... ... („... ...“) - wegen des Bestandsschutzes nicht umgesiedelt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
87 
bb) Der Verordnungsgeber muss bei der Ausweisung von Prostitutionssperrgebieten ferner darauf achten, dass die Toleranzzonen nicht überwiegend Gebiete aufweisen, die aus Rechtsgründen für Bordelle und bordellartige Betriebe unbebaubar beziehungsweise nicht nutzbar sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Auch dieser Anforderung wird die angegriffene Verordnung prinzipiell gerecht. Die Toleranzzonen sind sämtlich als Gewerbegebiete ausgewiesen oder werden - sofern keine bauplanungsrechtliche Ausweisung erfolgt ist - tatsächlich entsprechend genutzt. In diesen Gebieten ist die Ansiedlung von Bordellen und die Ausübung von Wohnungsprostitution grundsätzlich zulässig (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies wird auch von den Antragstellerinnen nicht in Abrede gestellt. Sofern sie bezweifeln, dass die jeweiligen Eigentümer bereit sein werden, bisher gewerblich genutzte Grundstücke an Prostituierte zu veräußern oder zu vermieten, kommt diesem Vortrag im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Verordnungsgeber kann auf die Eigentumsverhältnisse außerhalb des Sperrgebietes nur sehr eingeschränkt Rücksicht und Einfluss nehmen, so dass ihm eine Garantenstellung gegenüber möglichen Vermietern und Betreibern von Prostituiertenwohnungen und bordellähnlichen Betrieben nicht zukommt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
88 
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der überwiegende Teil der in einer Toleranzzone befindlichen Flächen im Eigentum oder der Verfügbarkeit der öffentlichen Hand befindet. In diesem Fall muss vom Verordnungsgeber die tatsächliche Verfügbarkeit für den beabsichtigten Zweck nachgeprüft werden, weil ansonsten die beabsichtigte Regelung ins Leere geht beziehungsweise genau das Gegenteil bewirkt und verdeckt weiteres Sperrgebiet geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urt. v. 24.06.1998 - 24 N 97.655 u.a. -, BayVBl. 1998, 723; vgl. auch HessVGH, Urt. v. 08.12.1992 - 11 N 2041/91 -, NVwZ-RR 1993, 294). Hiervon könnte allenfalls das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ betroffen sein, von dessen Flächen sich nach Auskunft der Stadt Friedrichshafen vom 08.05.2014 seinerzeit noch etwa 35.000 m² in ihrem Eigentum befanden. Eine Prüfung, ob die Stadt zur Überlassung der betroffenen Grundstücke an potentielle Prostitutionsbetriebe generell bereit wäre (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.), hat das Regierungspräsidium nicht vorgenommen. Ob eine solche Prüfung hier im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung erforderlich gewesen wäre oder angesichts des Gewerbeflächenangebots in der Toleranzzone von insgesamt mehr als 80.000 m² (vgl. Flächennutzungsplan 2015 der Verwaltungsgemeinschaft Friedrichshafen-Immenstaad von Juli 2006, S. 83) entbehrlich war, bedarf indes keiner Entscheidung.
89 
Denn gegen die Ausweisung des Gewerbegebiets „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) als Toleranzzone bestehen aus anderen Gründen durchgreifende Bedenken. Der zugehörige - allerdings nicht vollständig gebietskongruente - Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vom 24.10.2005 sieht unter Nummer A.5 der textlichen Festsetzungen eine Mindestgröße für Gewerbegrundstücke im GE 1 von 1.500 m² und im übrigen Gewerbegebiet von 5.000 m² vor. Dieser Gesichtspunkt und die Tatsache, dass die in diesem Gebiet angesiedelten beziehungsweise sich ansiedelnden Unternehmen an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung für Bordelle offensichtlich gar nicht interessiert sind oder sein werden - der Vertreter der Stadt Friedrichshafen hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das mit der Vermarktung des „Competence Park“ Friedrichshafen betraute Unternehmen lediglich Büroflächen vermietet -, ist in den Abwägungsvorgang des Regierungspräsidiums nicht eingeflossen. Betrachtet man das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“, so fällt auf, dass sich die Sperrgebietsverordnung nicht in die bauplanungsrechtliche Situation einfügt, sondern dass erst geeignete Flächen - insbesondere für die von den Antragstellerinnen betriebene Wohnungseinzelprostitution - ausgewiesen werden müssten, damit von einer ausgewiesenen Toleranzzone gesprochen werden kann. Bisherige Toleranzzonen können zwar aus übergeordneter stadtplanerischer Sicht bei einer strukturellen Umwandlung eines Stadtgebiets geschlossen werden und genießen damit auch keinen bauplanungsrechtlichen Bestandsschutz. Bei der Abwägung hinsichtlich der Neuausweisung einer Toleranzzone muss jedoch beachtet werden, inwieweit die Toleranzzone auch rein tatsächlich aus planerischer Sicht geeignet ist (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Steht von vornherein fest, dass sich die Prostituierten dort nicht niederlassen können, ist die Ausweisung einer derartigen Toleranzzone sachlich nicht vertretbar. Das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ ist deshalb, soweit sich der Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ hierfür Geltung bemisst, bei der weiteren Prüfung, ob die Verordnung mit dem Kasernierungsverbot zu vereinbaren ist, nicht zu berücksichtigen.
90 
cc) Die Verordnung darf weiterhin nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen. Danach sind Beschränkungen verboten, die dazu führen, dass die Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks beschränkt wird. Bei der Prüfung, ob die in einer Sperrgebietsverordnung zugelassenen Toleranzzonen gegen dieses Verbot verstoßen, ist von einer konkreten Betrachtung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auszugehen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber die ausgewiesenen Toleranzzonen nur auf ihre ausreichende flächenmäßige Aufnahmefähigkeit zur Bewältigung des vorhandenen Prostitutionsbedarfs sowie darauf untersuchen kann, ob in ihnen zum überwiegenden Teil die Errichtung von Bordellen planungsrechtlich zulässig ist. Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn entweder die Ausweisung der Toleranzzonen in einer Weise erfolgt, dass die Ausübung der Prostitution auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks beschränkt wird, oder wenn zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen ist (vgl. vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
91 
Ausgehend hiervon verstößt die Sperrgebietsverordnung gegen das Kasernierungsverbot, weil im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge zu rechnen war.
92 
Nach dem unbestrittenen, ohne Weiteres nachvollziehbaren Sachvortrag der Antragstellerinnen standen beziehungsweise stehen die Flächen in den Gewerbegebieten „Industriegebiet“ (Tz 1), „Bunkhofen“ (Tz 2), „ZF Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) und „Seewiesen“ (Tz 9) aufgrund der dort angesiedelten Gewerbebetriebe für die Ausübung der Prostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ umfasst das ..., die Werksgelände der ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... sowie die Gelände der ... ... ... und des Autohauses ... ... ... Im - sich ohnehin nur auf eine Straße (Siemensstraße) beschränkenden - Gewerbegebiet „Bunkhofen“ sind Filialen der ... ... und der ... ... ..., das Autohaus ... ... ... ..., eine Niederlassung der ... ... ..., die ... ... ... ... ... ... sowie die Gewerbebetriebe ... ... ..., ...-... ... ... ... ..., ... ... und ... ... ... angesiedelt. Die Gewerbegebiete „ZF Werk 1“ und „Entmagnetisierungsanlage“ werden vollumfänglich von Werksgeländen der ... ... ... beziehungsweise der ... ... ... ... ... ... ... eingenommen. Im - wiederum nur eine Straße (Allmannsweiler Straße) ausmachenden - Gewerbegebiet „Parkplatz“ sind Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... ... und der ... ... ... ... ... ... sowie eine Filiale der ... ... ... ... ... ... ... beherbergt. Das - ebenfalls nur eine Straße (Lindauer Straße) betreffende - Gewerbegebiet „Seewiesen“ schließlich umfasst Verkaufsflächen des ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... ... ... ... sowie die Betriebsgelände der ... ... ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... ... ... Die Toleranzzonen 1, 2, 3, 6, 7 und 9 werden mithin durchwegs von - vorwiegend größeren - ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die auf absehbare Zeit an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs offensichtlich nicht interessiert sind. Eine differenzierte Betrachtungsweise beziehungsweise ein Abwägungsvorgang, der diesen tatsächlichen Einschränkungen Rechnung trüge, lässt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Soweit der Vertreter der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, dass die Firma ... ihren Geschäftssitz in Friedrichshafen zwischenzeitlich aufgegeben und es für das betroffene Gebäude auch eine Anfrage eines Bordellbetreibers gegeben habe, handelt es sich um einen im Zeitpunkt der Bekanntmachung nicht vorhersehbaren Einzelfall, der keine andere Bewertung rechtfertigt, zumal der Bordellbetreiber letztlich nicht zum Zuge kam.
93 
Die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) sowie - größtenteils - „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) sind bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht zu berücksichtigen, da - wie dargelegt - die Sperrgebietsverordnung sich insoweit bereits als ungeeignet erweist, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, beziehungsweise das Regierungspräsidium die durch den Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vorgegebene bauplanungsrechtliche Situation bei seiner Abwägung nicht in Rechnung gestellt hat. Soweit der Bebauungsplan die Toleranzzone Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ nicht erfasst, ist das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB ohne Rücksicht darauf, ob sich dort Gebäude befinden, die für die Prostitutionsausübung in Betracht kommen, schon deshalb verletzt, weil die betroffenen Prostituierten auf einen Straßenzug (nördlicher Teil der Barbarossastraße) abgedrängt werden.
94 
Schließlich ist auch das Gewerbegebiet „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) nicht geeignet, die aus anderen Bereichen verdrängte Prostitution aufzunehmen. Nach dem zutreffenden Sachvortrag der Antragstellerinnen werden auch die dortigen Flächen überwiegend von ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die an der im Raum stehenden Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs erkennbar nicht interessiert sind. Konkret handelt es sich um ein Werksgelände der ... ... ... und das Betriebsgelände der Firma ... westlich der Gutenbergstraße sowie die Betriebsgelände der ... ... ..., der ... ... ..., der ... ...-... ..., der ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... östlich der Gutenbergstraße. Soweit sich im nordöstlichen Bereich der Toleranzzone auch Flächen befinden, die im Eigentum der Stadt Friedrichshafen stehen - nach deren Auskunft vom 08.05.2014 geht es um etwa 19.000 m² -, handelt es sich um die Städtischen Baubetriebe, in denen der Bauhof, die Stadtgärtnerei und die Friedhofsverwaltung untergebracht sind. Auch diese Flächen stehen mithin aufgrund ihrer Bindung für andere Zwecke für die Ansiedlung von Bordellen oder die Ausübung von Wohnungsprostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Jedenfalls hätte es vor der Einschätzung, dass die Flächen zur Aufnahme von Prostitutionsbetrieben geeignet seien, dahingehender Ermittlungen des Regierungspräsidiums bedurft. Im Übrigen würde sich auch insoweit die Möglichkeit zu einer Ausübung des Gewerbes mit Art. 297 Abs. 3 EGStGB unvereinbar auf einen Straßenzug (Rheinstraße) beschränken.
95 
e) Die Sperrgebietsverordnung darf schließlich nicht gegen sonstige Rechte der von ihr betroffenen Personen verstoßen. In Betracht kommt hier eine Verletzung der Grundrechte, insbesondere der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Prostituierten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten und als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziels, den Landesregierungen - oder den von diesen ermächtigten Behörden - mit der Möglichkeit der Einrichtung von Sperrgebieten ein Instrument an die Hand zu geben, etwaigen mit der Prostitutionsausübung einhergehenden Missständen im konkreten Fall begegnen zu können, und insbesondere angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes den Prostituierten und anderen Personen, die im Zusammenhang mit der Prostitution ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zumutbar ist, mit einer Sperrgebietsverordnung konfrontiert zu werden. Ihre Belange, insbesondere wenn ein Sperrgebiet festgelegt werden soll, in dem bisher mangels Sperrgebietsverordnung der Prostitution nachgegangen worden ist, sind jedoch beim Erlass von Sperrgebietsverordnungen sowie bei deren gerichtlicher Kontrolle zu berücksichtigen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; OVG RP, Urt. v. 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262). Die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Ausweisung von Toleranzzonen ist daher darauf zu überprüfen, ob sie sich unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange als verhältnismäßig erweist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.).
96 
Gemessen daran weist die angegriffene Sperrgebietsverordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf. Die Wohnungsprostitution ist, auch wenn Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution für diesen Bereich nicht von vornherein als ausgeschlossen betrachtet werden können, typischerweise weniger auffällig als die Straßen- und Bordellprostitution (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Auch bei der von den Antragstellerinnen bislang im Gebäude ... ... betriebenen Wohnungseinzelprostitution (vgl. zu diesem Begriff: BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.) blieben in Anbetracht der fehlenden Außenwerbung und der beschränkten Zahl der dort tätigen Prostituierten die störenden Begleiterscheinungen deutlich hinter denjenigen der sonstigen Bordell- und bordellartigen Betriebe zurück. Dieser geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution hätte das Regierungspräsidium beim Ausgleich der betroffenen Belange Rechnung tragen müssen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Dabei hätte sich ihm insbesondere die Frage aufdrängen müssen, ob die undifferenzierte Ausweisung von grundsätzlich keine Wohnnutzung vorsehenden Gewerbegebieten als Toleranzzonen dem Interesse der Antragstellerinnen an einer Fortführung der Prostitution in einer einzelnen Wohnung, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht, gerecht wird oder ob für die Wohnungsprostitution anders als für die Bordellprostitution auch Nicht-Gewerbegebiete, etwa Kern- oder Mischgebiete mit vorhandener Wohnnutzung, als Toleranzzonen in Betracht zu ziehen sind. Ebenso wäre zu erwägen gewesen, ob den Schwierigkeiten, die mit der Anmietung anderer für die Wohnungsprostitution geeigneter Räume verbunden sind und die die betroffenen Prostituierten unter Umständen zur zeitweiligen Einstellung ihrer bislang in erlaubter Weise ausgeübten Berufstätigkeit zwingen können, durch Aufnahme einer Übergangsregelung für diesen Personenkreis Rechnung zu tragen ist (vgl. zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit von Übergangsregelungen aus Zumutbarkeitsgründen sowie allgemein zum Gestaltungsspielraum des Normgebers bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse: BVerfG, Beschl. v. 04.05.2012 - 1 BvR 367/12 -, BVerfGE 131, 47 m.w.N.). Dahingehende Erwägungen hat das Regierungspräsidium zu keinem Zeitpunkt angestellt, sondern stattdessen die jeweiligen Vorschläge der Stadt Friedrichshafen ohne eigene Prüfung übernommen. Hierin ist ein Abwägungsdefizit zu erblicken, das dadurch gekennzeichnet ist, dass in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301; Urt. v. 17.07.1980 - 5 C 86.79 -, juris; Beschl. v. 23.10.2013 - 6 B 16.13 -, ZUM-RD 2014, 528).
III.
97 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
99 
Beschluss vom 23. März 2016
100 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird nach § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig ( I.) und begründet (II.).
I.
57 
Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig.
58 
Die vom Regierungspräsidium erlassene Sperrgebietsverordnung ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die Verordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht; der Normenkontrollantrag ging am 05.03.2014 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Die Antragstellerinnen sind auch antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die Bestimmungen der Sperrgebietsverordnung wie auch deren behördlichen Vollzug unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Ihnen drohen bei Nichtbefolgung des Verbots der Prostitutionsausübung im Gebäude ...-... ... Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren. Zudem haben sie aufgrund der Ausweitung des Sperrgebiets wirtschaftliche Einbußen zu gewärtigen, weil sie sich nach anderen Räumen umsehen müssen, die entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu finden sind.
59 
Der Antragsbefugnis der Antragstellerinnen steht nicht entgegen, dass sie (gegenwärtig) lediglich Mieterinnen und nicht Eigentümerinnen der Appartements im Gebäude ... ... sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können auch Personen, denen - etwa als Mieter oder Pächter - Nutzungsrechte übertragen worden sind, als Folge nachteiliger bauplanerischer Festsetzungen Rechtsbeeinträchtigungen erleiden und deshalb im Normenkontrollverfahren - selbständig und unabhängig vom Eigentümer - überprüfen lassen, ob die ihre Nutzung beeinträchtigenden Festsetzungen unter beachtlichen Rechtsfehlern leiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2015 - 4 CN 5.14 -, NVwZ 2015, 1457 m.w.N.). Es bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auf die Überprüfung anderer Rechtsnormen zu übertragen, soweit diese - wie Sperrgebietsverordnungen - eine Abwägung widerstreitender Interessen voraussetzen (vgl. ausf. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995 - 11 N 1432/94 -, NVwZ-RR 1996, 84). Erforderlich und ausreichend ist danach, dass der jeweilige Antragsteller durch die angegriffene Rechtsnorm in einem „abwägungsrelevanten“ Interesse betroffen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris, und Urt. v. 29.06.2015, a.a.O., jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Da die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... nach der bisherigen Sperrbezirksverordnung erlaubt war, hatte der Verordnungsgeber bei deren Ersetzung durch die angefochtene Sperrgebietsverordnung Veranlassung, sich mit den einem Verbot der Prostitutionsausübung speziell in diesem Gebäude entgegenstehenden Belangen konkret auseinanderzusetzen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; vgl. auch BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 -, BVerfGK 15, 377). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der von den Antragstellerinnen mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer geschlossenen Mietverträge bestehen nicht.
60 
Schließlich fehlt es den Antragstellerinnen auch nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie eine über den sie räumlich beschwerenden Teil - die Ausweisung des Grundstücks ... ... als Sperrgebiet - hinausgehende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrgebietsverordnung begehren. Der Prüfungsumfang eines Normenkontrollverfahrens wird zwar - trotz dessen doppelter Funktion als subjektives Rechtsschutzverfahren und objektives Prüfungsverfahren - durch die Reichweite des Rechtsschutzbedürfnisses des jeweiligen Antragstellers begrenzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, und Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899; HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NdsVBl. 2003, 154; OVG RP, Urt. v. 26.11.2002 - 6 C 10609 -, KStZ 2003, 56; vgl. auch Senat, Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220). Dadurch soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989, a.a.O.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn und - bei teilbaren Rechtsnomen - soweit der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist; die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, NVwZ-RR 2012, 939). Dies ist jedoch hier, anders als in den vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.07.1995 (a.a.O.) oder vom Senat mit Urteil vom 15.12.2008 (a.a.O.) entschiedenen Konstellationen, nicht der Fall. Im Gegensatz zu einem Grundstückseigentümer, dem es nur um die Nutzbarkeit des vorhandenen Betriebsgrundstücks zu Prostitutionszwecken geht, nicht aber darum, irgendwo im Stadtgebiet ein Bordell zu errichten oder Räumlichkeiten an Prostituierte zu vermieten, haben die Antragstellerinnen als Mieterinnen von Räumen zur Ausübung der Wohnungseinzelprostitution auch ein rechtlich beachtliches Interesse daran, dass im Normenkontrollverfahren die konkrete Aufnahmefähigkeit der in der Sperrgebietsverordnung ausgewiesenen Toleranzzonen sowie deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution überprüft werden. Die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution hängen nämlich maßgeblich davon ab, welche Bereiche des Stadtgebiets der Verordnungsgeber als Sperrgebiet ausweist und wo dementsprechend Flächen zur Anmietung oder zum Erwerb zur Verfügung stehen. Die Rechtsstellung der Antragstellerinnen würde sich daher nicht nur dann verbessern, wenn die Sperrgebietsverordnung hinsichtlich des Grundstücks ... ... für (teil-)unwirksam erklärt werden würde, sondern auch dann, wenn eine vollumfängliche Nichtigerklärung der Verordnung erfolgte. Denn dies hätte zur Folge, dass die bisherige Sperrbezirksverordnung wieder auflebte, welche die Ausübung der Wohnungsprostitution in einem erheblich größeren räumlichen Umfang zulässt.
II.
61 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende (1.) Sperrgebietsverordnung hält sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 EGStGB (2.).
62 
1. Die Sperrgebietsverordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium ist nach § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 03.03.1976 (GBl. S. 290) für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung auf Grund von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EGStGB sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Tübingen ergibt sich aus §§ 11, 12 Abs. 4, § 13 Satz 1 LVG. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde vom Verordnungsgeber beachtet (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Die Sperrgebietsverordnung ist auch ordnungsgemäß verkündet worden (vgl. §§ 2 und 3 VerkG). Die Verordnung selbst wurde im Gesetzblatt vom 03.06.2013 bekanntgemacht. Die Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen, auf denen die Toleranzzonen, wie in § 2 Abs. 3 der Verordnung vorgesehen, als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen sind, wurden vom 04.06.2013 bis 25.06.2013 beim Regierungspräsidium Tübingen und bei der Stadt Friedrichshafen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt.
63 
2. Die Sperrgebietsverordnung ist jedoch materiell rechtswidrig. Sie stützt sich zwar mit Art. 297 Abs. 1 EGStGB auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (a)), ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt (b)) und - mit Ausnahme von zwei als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen - grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen (c)). Der Verordnungsgeber hat indes den Ermächtigungsrahmen unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Ausdehnung des Sperrgebiets nicht eingehalten und gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen (d)). Zudem weist die Verordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf (e)).
64 
a) Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution für das Gebiet von Gemeinden, gestaffelt nach Einwohnerzahl, ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf die Prostitution nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht für das gesamte Gemeindegebiet, sondern nur für Teile dieses Gebiets verboten werden, und auch dies nur insoweit, als es zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands erforderlich ist. Innerhalb des Normzweckes besteht daneben die Möglichkeit eines Verbotes der Straßenprostitution für das gesamte Gebiet nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGStGB. Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind nach § 297 Abs. 3 EGStGB verboten. Diese Vorschriften sind ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar und bilden daher weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28.13 -, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 105).
65 
b) Die Sperrgebietsverordnung ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt. Der allgemeine Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstellt, verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen; erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 m.w.N.). Dieses Erfordernis wird durch das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene besondere Bestimmtheitsgebot für Straf- und Bußgeldtatbestände ergänzt. Der Normgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. nur BVerfG , Beschl. v. 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 -, NVwZ 2012, 504 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Ausweisung der Toleranzzonen in der Verordnung gerecht. Denn ihre räumliche Ausdehnung lässt sich anhand der Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen in Verbindung mit der zusätzlichen Beschreibung in § 2 Abs. 2 der Verordnung klar ersehen.
66 
c) Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung; die Verordnung muss sich folglich gegen Gefahren richten, die aus Verhaltensweisen oder Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können. Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472, und Urt. v. 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, NVwZ-RR 2004, 470; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
67 
Hiernach begegnet die Sperrgebietsverordnung keinen rechtlichen Bedenken, was das Erfordernis des Bezugs auf die gesetzliche Zweckbestimmung betrifft (aa)). Die Verordnung ist - mit Ausnahme der als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ - grundsätzlich auch zur Zweckerreichung geeignet (bb)).
68 
aa) Das Regierungspräsidium hat die angefochtene Sperrgebietsverordnung auf Anregung der Stadt Friedrichshafen erlassen. Diese hat auf eine derartige Verordnung im Wesentlichen deshalb gedrängt, weil die bisherige, auf eine Verhinderung der Prostitutionsausübung in den eingemeindeten Ortsteilen ausgerichtete Sperrbezirksverordnung nicht mehr der aktuellen städtebaulichen Entwicklung entspreche. Derzeit würden Wohngebiete nicht von der Sperrbezirksverordnung erfasst, obwohl dort die Prostitution planungsrechtlich verboten sei. Es bestehe daher nicht nur eine abstrakte Jugendgefährdung, weil immer damit zu rechnen sei, dass sich in Wohngebäuden auch Jugendliche aufhielten und der Prostitution erkennbar ausgesetzt würden. Darüber hinaus drohe wegen der besonderen geografischen Lage Friedrichshafens und der sich dort laufend entwickelnden großen Messe eine Überfrachtung der Stadt mit entsprechender Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Betrieben, die jugendgefährdend und dem öffentlichen Anstand zuwiderlaufend in die Öffentlichkeit ausstrahlen und mit allen negativen Begleiterscheinungen zu einer milieubedingten Unruhe führen würden. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, sei es notwendig, die Prostitutionsausübung durch ein grundsätzliches Verbot, verbunden mit der Ausweisung von Toleranzzonen zu kanalisieren.
69 
Diese Darlegungen der Stadt Friedrichshafen, die in Übereinstimmung mit der Auffassung der Polizeidirektion Friedrichshafen stehen, die ebenfalls den Erlass der Sperrgebietsverordnung befürwortet hat, hat das Regierungspräsidium als Verordnungsgeber als eigene Erwägungen übernommen. Sie stimmen unter Berücksichtigung der insoweit nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit mit dem Normzweck überein und lassen insbesondere den erforderlichen Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung, den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands, erkennen.
70 
Das Regierungspräsidium hat sich maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass wegen der geografischen Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz und der Funktion der Stadt als Messestandort eine „Marktsättigung“ im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung nicht festzustellen sei. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und, wie wiederholte Anfragen auf Betriebsgründungen und -erweiterungen und auf Ausübung von Straßenprostitution belegten, auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. In Anbetracht der Größe der Stadt und der hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze hat das Regierungspräsidium die Gefahr gesehen, dass bei einer unreglementierten weiteren Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen diese aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahlen und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontieren würden. Damit bezieht es sich beanstandungsfrei auf Erfahrungssätze, wonach insbesondere die Bordellprostitution mit negativen Begleiterscheinungen - auch einer „milieubedingten Unruhe“ - verbunden ist. Hierzu zählen insbesondere das mehr oder minder aufdringliche Werben von Freiern und damit einhergehend anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, die Kontaktaufnahme, die sich auch in dieser Situation oft vor den Gebäuden auf den Straßen abspielt, sowie das Anfahren und Abfahren der Freier (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.).
71 
Das Regierungspräsidium hat dabei nicht verkannt, dass sich die so umschriebene abstrakte Gefahr nicht auf jegliche Erscheinungsform der Prostitution bezieht, sondern nur auf eine solche, die keinen Wert auf Zurückhaltung legt (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Dementsprechend hat es gerade nicht ganz allgemein die Existenz beziehungsweise Neuansiedlung von Bordellen im Visier. Es bezweckt vielmehr, mit der Sperrgebietsverordnung einer starken Vermehrung solcher Einrichtungen und einer damit einhergehenden Entwicklung zu begegnen; denn dies würde seiner Einschätzung nach zu einer Prostitution führen, die nach außen in Erscheinung tritt und deswegen die befürchteten negativen Auswirkungen für die Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nach sich zieht. Dass gerade diese prognostische Einschätzung dem Erlass der Sperrgebietsverordnung zugrunde lag, wird dadurch belegt, dass das Regierungspräsidium die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen in seine Bewertung ausdrücklich einbezogen hat (vgl. Verordnungsbegründung S. 2). Dass es, wie seine Bezugnahme auf die Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich verdeutlicht, darüber hinaus als Nebenzweck auch die Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt hat, ist unschädlich (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O. m.w.N.).
72 
bb) Die in §§ 1 und 2 der Verordnung vorgesehene Gestattung der Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen ist grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Allerdings ist die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar.
73 
(1) Gegen die Eignung der Verordnung zur Zweckerreichung spricht nicht schon, dass durch deren § 3 bereits bestehenden Betrieben Bestandsschutz gewährt wird. Zwar weisen die betroffenen Betriebe teilweise eine konkrete Ausgestaltung auf, die mit deutlichen Hinweisen auf den Betriebszweck verbunden ist (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ), so dass die Prostitution nach außen in Erscheinung tritt. Eine Unvereinbarkeit mit dem Verordnungszweck lässt sich gleichwohl nicht feststellen. Die Verordnung zielt nämlich - wie dargelegt - nicht auf die völlige Verdrängung der Prostitution aus Friedrichshafen, sondern auf die Verhinderung der Gefahr einer Veränderung der Auswirkungen der Prostitution. Ein Bestandsschutz ist dann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum Schutz des Eigentums und der Berufsfreiheit der Betroffenen geboten (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
74 
(2) Der Normzweck des Art. 297 EGStGB ist jedoch dann nicht mehr gewahrt, wenn der Verordnungsgeber einen Bereich als Sperrgebiet ausweist, in dem der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes aus tatsächlichen Gründen obsolet geworden (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.) oder bei einer konkret gebietsbezogenen Betrachtung eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen ist (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Sieht eine Sperrgebietsverordnung Toleranzzonen vor, so hat der Verordnungsgeber die nach seiner Konzeption hierfür in Betracht kommenden Gebiete insbesondere nach der dort jeweils gegebenen tatsächlichen und baurechtlichen Situation auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei der Einschätzung der negativen Auswirkungen von Prostitution in einem Gebiet darf der Verordnungsgeber in der Regel auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnisse abstellen. Unter besonderen Voraussetzungen ist er jedoch gehalten, auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die im Baurecht zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung - auch der „milieubedingten Unruhe“ - zur Verfügung stehen. Eine vorsorgliche baurechtliche Prüfung hypothetischer Vorhaben ist dabei nicht geboten. Das Baurecht ist jedoch in den Blick zu nehmen, wenn sich baurechtliche Handlungsmöglichkeiten aufdrängen oder ein Vorhaben bereits baurechtlich geprüft worden ist (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
75 
Die Ausweisung des Hafenviertels der Stadt Friedrichshafen - mit dem Grundstück ... ... - als Sperrgebiet und die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen sind hiernach nicht zu beanstanden.
76 
Das Hafenviertel der Stadt Friedrichshafen wird durch die bisher nur im Gebäude ... ... vorhandene Wohnungsprostitution weder in einer Weise geprägt, dass für einen weiteren Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands kein Raum mehr wäre, noch lässt sich feststellen, dass in diesem Bereich eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen wäre. Im Gegenteil war die bislang faktisch geduldete Wohnungsprostitution trotz ihrer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit (vgl. dazu HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.) in der Vergangenheit mit prostitutionstypischen Begleiterscheinungen verbunden, wie aus den vom Antragsgegner vorgelegten Anliegerbeschwerden und Polizeiberichten hervorgeht. Unter anderem hatten Prostituierte im Mai 2013 im Bereich ... männliche Passanten angesprochen, um sie als Kunden zu gewinnen, und Bewohner des Gebäudes ... ... wiederholt Belästigungen und anstößiges Verhalten durch die Prostitutionsausübung und die im Gebäude herumlaufenden Freier beanstandet. Die Schutzbedürftigkeit des Hafenviertels vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution steht mithin außer Frage. Dabei ist unschädlich, dass sich der Erlass der Verordnung insoweit auch als eine Reaktion auf Anliegerbeschwerden darstellt (vgl. HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Abhilfemöglichkeiten waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht ersichtlich. Insbesondere musste das Regierungspräsidium kein Verbot von Außenwerbung erwägen, nachdem die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... bislang ohne Hinweis auf den Nutzungszweck erfolgt war (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ).
77 
Auch gegen die Nichtausweisung der Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen ist nichts zu erinnern. Die Gewerbegebiete „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ weisen bislang keine Prostitutionsbetriebe auf. Dass dort bei einer prostitutiven Nutzung eine belästigende Außenwirkung, die mit der Verordnung abgewehrt werden soll, zu befürchten ist, hat das Regierungspräsidium rechtsfehlerfrei mit der - im Vergleich zu den übrigen Toleranzzonen - besonderen Schutzbedürftigkeit und Sensibilität der Gebiete begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.). Ob es in diesen Gebieten die Belange des Jugendschutzes und des Schutzes des öffentlichen Anstands mit Blick auf die ihm durch den Gesetzgeber gezogenen räumlichen Grenzen und dessen Entscheidung für eine grundsätzliche Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern auch hätte zurückstellen können (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
78 
Im Gewerbegebiet „Rohrbach“ befinden sich eine Einrichtung für behinderte Menschen und eine Ballettschule; zudem grenzt das Gebiet ohne künstliche oder natürliche Trennlinie unmittelbar an Wohnbebauung und einen Kinderspielplatz an, weshalb bei einer prostitutiven Nutzung eine Ausstrahlung des Prostitutionsmilieus zu befürchten wäre. Für das Gewerbegebiet „Allmannsweiler“ gilt Entsprechendes. Dort sind die Bernd-Blindow-Schule Friedrichshafen und eine Fachhochschule gelegen; auch dieses Gebiet grenzt unabgeschirmt unmittelbar an Wohnbebauung an. Im Gewerbegebiet „Aistegstraße“ wiederum befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung zwar bereits drei bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle; zudem waren zwei weitere Betriebe mit Prostitutionsausübung in unmittelbarer Nähe südlich des Gebiets gelegen. Gleichwohl lässt sich auch insoweit nicht feststellen, dass der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands bis zur Bekanntmachung der Verordnung obsolet geworden wäre. Das Gewerbegebiet „Aistegstraße“ stellt trotz der vorhandenen Bordellprostitution kein reines Vergnügungsviertel dar. Im Gegenteil befindet sich dort neben weiteren, nicht mit der Prostitutionsausübung verbundenen gewerblichen Nutzungen das Ausbildungszentrum der ... ... ..., das von - zu einem großen Teil minderjährigen - Auszubildenden und Schülerpraktikanten in hoher Zahl besucht wird. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen im Schreiben vom 23.02.2012 die drei vorhandenen Prostitutionsbetriebe ihre Vor-Ort-Werbemaßnahmen in den vergangenen Jahren erheblich intensiviert haben. Angesichts dessen ist die Einschätzung des Regierungspräsidiums, dass mit weiteren Ansiedlungen des Prostitutionsgewerbes in diesem Gebiet eine verstärkte Gefährdung der Belange des Jugendschutzes verbunden wäre, die nunmehr ein verordnungsrechtliches Verbot der Prostitutionsausübung erforderlich macht, nicht zu beanstanden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung in den Gewerbegebieten „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ mussten sich dem Regierungspräsidium nicht aufdrängen.
79 
(3) An der Geeignetheit der Verordnung, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, fehlt es auch, wenn infolge der Neuausweisung einer bisherigen faktischen Toleranzzone als Sperrgebiet bislang von der Prostitutionsausübung nicht betroffene und in nicht geringerem Maße schutzbedürftige Gemeindeteile in Mitleidenschaft gezogen und der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes in diesen Teilen erstmals beeinträchtigt wird. Der Erlass einer Sperrgebietsverordnung darf nämlich nicht in Umkehrung des Normzweckes zu relevanten Beeinträchtigungen von Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes bei Teilen der Wohnbevölkerung führen, die bisher von solchen Beeinträchtigungen nicht berührt waren (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). Dieser Maßgabe ist nicht bereits dadurch Rechnung getragen, dass - wie hier - mit den ausgewiesenen Toleranzzonen die Verlagerung der Prostitutionsszene in Teile des Gemeindegebiets vorgesehen wird, die überwiegend gewerblich-industriell geprägt sind. Der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Gewerbegebiete unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands von vornherein als schutzbedürftige Gebiete ausfallen (HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Hiervon ist das Regierungspräsidium auch nicht ausgegangen, wie die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen zeigt.
80 
Gemessen daran bestehen gegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Industriegebiet“ (Tz 1), „ZF-Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), und „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) als Toleranzzonen keine rechtlichen Bedenken. Sämtliche Gebiete sind von den seitens der Antragstellerinnen angeführten schutzbedürftigen Einrichtungen in einer Weise abgeschirmt, dass eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstands nahezu ausgeschlossen werden kann. Soweit es das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ betrifft, ist eine Abschirmung vom südlich gelegenen Karl-Maybach-Gymnasium durch die an dieser Stelle mehrspurige Bundesstraße (B 31) und den Maybachplatz gewährleistet. Das Gewerbegebiet „ZF-Werk 1“ wird vom rückwärtigen Bereich des Städtischen Hallenbades durch die Löwentaler Straße abgegrenzt und weist hierzu einen ausreichenden Abstand auf; hinzu kommt, dass das Hallenbad nicht von der Löwentaler Straße, sondern von der Ehlersstraße aus erschlossen ist. Die Gebäude und Wohnheime der Bernd-Blindow-Schulen in der Allmansweilerstraße ..., … und … sind vom Gewerbegebiet „Parkplatz“ etwa 400 m beziehungsweise 500 m entfernt und werden gegenüber dem Gewerbegebiet „Entmagnetisierungsanlage“ durch den Allmannsweiler Bach natürlich abgeschirmt. Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit oder Sensibilität der Gewerbegebiete „Bunkhofen“ (Tz 2), „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a), „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) und „Seewiesen“ (Tz 9) sind nicht ersichtlich.
81 
Als nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar erweist sich hingegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen. Im Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ befindet sich in der Adelheidstraße 37 ebenfalls ein Wohnheim der Bernd-Blindow-Schulen; zudem grenzt das Gebiet im südwestlichen Bereich unmittelbar an ein Mischgebiet an, das nicht unerheblich durch Wohnbebauung geprägt ist. Prostitutionsbetriebe waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht vorhanden. Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von derjenigen in den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“, die im Normgebungsprozess als mögliche Toleranzzonen ausgeschieden wurden (s. oben II. 2. c) bb) (2)). Das Gewerbegebiet „Kitzenwiese“ wiederum weist zwar einen ausreichenden Abstand zu den westlich gelegenen Schulen (Claude-Dornier-Schule; Hugo-Eckener-Schule) auf und wird von diesen zusätzlich durch die Steinbeisstraße abgeschirmt. Allerdings befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung im Gebiet mehrere Diskothekenbetriebe in der Anton-Sommer-Straße ... („... ...“, „... ...“) und ... („... ...“, „...“), während Prostitutionsbetriebe im Gebiet bislang nicht vorhanden waren. Nach den Angaben des Vertreters der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung wurde seinerzeit jedenfalls die Diskothek „...“ von jugendlichem Publikum besucht. Zum deshalb erstmals gebotenen Schutz dieses Publikums vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution hat sich das Regierungspräsidium weder im Normgebungsprozess noch im gerichtlichen Verfahren verhalten.
82 
In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Verordnungsgeber wegen der grundsätzlichen gesetzgeberischen Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern unter Umständen gezwungen sein kann, auch solche Teile des Gemeindegebiets von der Sperre auszunehmen, in denen zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes ein Verbot der Prostitution an sich ebenfalls wünschenswert wäre (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass er Erwägungen zur Schutzbedürftigkeit der von ihm ausgewiesenen Toleranzzonen anstellt, anhand derer sich seine Entscheidung, in einzelnen Gebieten dem Jugendschutz und dem Schutz des öffentlichen Anstands im Gegensatz zu anderen Gebieten nicht den Vorrang einzuräumen, nachvollziehen lässt. Denn andernfalls kann seine Einschätzung zur Geeignetheit der Verordnung, diesen Zwecken zu dienen, nicht vollumfänglich auf ihre sachliche Vertretbarkeit und Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden.
83 
Solche Erwägungen fehlen - wie dargelegt - hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kitzenwiese“ vollends. Zum Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ hat der Antragsgegner zwar im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben, dass die Toleranzzone hinreichend groß sei und dort baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig seien, die nicht Vergnügungsstätten seien. Allerdings kann auch anhand dieser Darlegungen nicht nachvollzogen werden, weshalb die Toleranzzone im Gegensatz zu den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ im Normgebungsprozess nicht ausgeschieden oder räumlich enger gefasst wurde. Dem Umstand, dass im Gewerbegebiet „Adelheid-/Die-tostraße“ nur gewerbliche Betriebe zulässig sind, die nicht Vergnügungsstätten sind, kommt insoweit keine Unterscheidungskraft zu. Denn nach dem gegenwärtigen Stand von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur ist davon auszugehen, dass Bordelle und bordellartige Betriebe den in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen „Gewerbebetrieben aller Art“ und nicht den nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen „Vergnügungsstätten“ zuzuordnen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 m.w.N.). Dies war dem Regierungspräsidium im Normgebungsprozess auch bekannt, nachdem die Stadt Friedrichshafen mit Schreiben vom 04.07.2012 die nach ihrem Dafürhalten bestehende Notwendigkeit, auch das Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ als Toleranzzone auszuweisen, gerade mit der „neuen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.03.2012“ begründet hatte. Der Hinweis auf die Ausdehnung des Gewerbegebiets hilft ebenfalls nicht weiter, da die Größe eines Gebiets keinen Rückschluss auf dessen Schutzbedürftigkeit zulässt. Das Vorliegen einer an Inhalt, Zweck und Ausmaß des Art. 297 EGStGB ausgerichteten Erwägung lässt sich mithin auch insoweit nicht feststellen.
84 
Danach fehlt es an einem sachlichen Grund dafür, dass das Regierungspräsidium die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) trotz ihrer Schutzbedürftigkeit als Toleranzzonen ausgewiesen hat, so dass sich die Sperrgebietsverordnung insoweit als ungeeignet erweist, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Dies hat zur Folge, dass diese Gebiete bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht berücksichtigt werden können.
85 
d) Die Sperrgebietsverordnung muss weiterhin den in Art. 297 Abs. 1 EGStGB enthaltenen Anforderungen an die räumliche Ausdehnung des Sperrgebiets genügen und darf insbesondere nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen.
86 
aa) In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf, um ein unerwünschtes Abgleiten der Prostitution, die vom Gesetzgeber in Gemeinden dieser Größenordnung als unvermeidlich angesehen wird, in die Illegalität zu vermeiden, die Ausübung der Bordell- und Wohnungsprostitution nur für Teile des Gemeindegebietes verboten werden. Hieraus folgt, dass eine Sperrgebietsregelung unzulässig ist, die dazu führt, dass faktisch für das gesamte Gebiet einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern die Ausübung der Prostitution verboten ist. Andererseits ist die Verordnungsermächtigung ersichtlich so weit gefasst, dass der Verordnungsgeber in die Lage versetzt werden soll, die für erforderlich gehaltenen Sperrgebietsregelungen den örtlichen Gegebenheiten und der Struktur des jeweiligen Gemeindegebietes anzupassen. Sofern der Normzweck nicht anders erreicht werden kann, darf auch der weitaus überwiegende Teil des Gemeindegebiets zum Sperrbezirk erklärt werden. Eine bestimmte Mindestgröße des Gebiets beziehungsweise ein bestimmter prozentualer Mindestanteil am gesamten Gemeindegebiet, in dem Prostitution zugelassen werden muss, lässt sich der Ermächtigungsnorm nicht entnehmen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Diesen Maßstäben wird die angegriffene Verordnung gerecht. Auch bei Nichtberücksichtigung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ stehen mit den ausgewiesenen Toleranzzonen für die Prostitutionsausübung noch immer Gebiete von einiger Bedeutung und ausreichender Größe zur Verfügung. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass ein erheblicher Teil der vorhandenen Bordelle - konkret geht es um die Prostitutionsbetriebe in der ... ... („... ...), der ... ... („... ... / ... ...“), der ... ... („... ...“, „... ...“), ... („...“), ... („... ...“) und ... („... ... / ...“), der ... ... ... („... ...“) und der ... ... („... ...“) - wegen des Bestandsschutzes nicht umgesiedelt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
87 
bb) Der Verordnungsgeber muss bei der Ausweisung von Prostitutionssperrgebieten ferner darauf achten, dass die Toleranzzonen nicht überwiegend Gebiete aufweisen, die aus Rechtsgründen für Bordelle und bordellartige Betriebe unbebaubar beziehungsweise nicht nutzbar sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Auch dieser Anforderung wird die angegriffene Verordnung prinzipiell gerecht. Die Toleranzzonen sind sämtlich als Gewerbegebiete ausgewiesen oder werden - sofern keine bauplanungsrechtliche Ausweisung erfolgt ist - tatsächlich entsprechend genutzt. In diesen Gebieten ist die Ansiedlung von Bordellen und die Ausübung von Wohnungsprostitution grundsätzlich zulässig (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies wird auch von den Antragstellerinnen nicht in Abrede gestellt. Sofern sie bezweifeln, dass die jeweiligen Eigentümer bereit sein werden, bisher gewerblich genutzte Grundstücke an Prostituierte zu veräußern oder zu vermieten, kommt diesem Vortrag im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Verordnungsgeber kann auf die Eigentumsverhältnisse außerhalb des Sperrgebietes nur sehr eingeschränkt Rücksicht und Einfluss nehmen, so dass ihm eine Garantenstellung gegenüber möglichen Vermietern und Betreibern von Prostituiertenwohnungen und bordellähnlichen Betrieben nicht zukommt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
88 
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der überwiegende Teil der in einer Toleranzzone befindlichen Flächen im Eigentum oder der Verfügbarkeit der öffentlichen Hand befindet. In diesem Fall muss vom Verordnungsgeber die tatsächliche Verfügbarkeit für den beabsichtigten Zweck nachgeprüft werden, weil ansonsten die beabsichtigte Regelung ins Leere geht beziehungsweise genau das Gegenteil bewirkt und verdeckt weiteres Sperrgebiet geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urt. v. 24.06.1998 - 24 N 97.655 u.a. -, BayVBl. 1998, 723; vgl. auch HessVGH, Urt. v. 08.12.1992 - 11 N 2041/91 -, NVwZ-RR 1993, 294). Hiervon könnte allenfalls das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ betroffen sein, von dessen Flächen sich nach Auskunft der Stadt Friedrichshafen vom 08.05.2014 seinerzeit noch etwa 35.000 m² in ihrem Eigentum befanden. Eine Prüfung, ob die Stadt zur Überlassung der betroffenen Grundstücke an potentielle Prostitutionsbetriebe generell bereit wäre (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.), hat das Regierungspräsidium nicht vorgenommen. Ob eine solche Prüfung hier im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung erforderlich gewesen wäre oder angesichts des Gewerbeflächenangebots in der Toleranzzone von insgesamt mehr als 80.000 m² (vgl. Flächennutzungsplan 2015 der Verwaltungsgemeinschaft Friedrichshafen-Immenstaad von Juli 2006, S. 83) entbehrlich war, bedarf indes keiner Entscheidung.
89 
Denn gegen die Ausweisung des Gewerbegebiets „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) als Toleranzzone bestehen aus anderen Gründen durchgreifende Bedenken. Der zugehörige - allerdings nicht vollständig gebietskongruente - Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vom 24.10.2005 sieht unter Nummer A.5 der textlichen Festsetzungen eine Mindestgröße für Gewerbegrundstücke im GE 1 von 1.500 m² und im übrigen Gewerbegebiet von 5.000 m² vor. Dieser Gesichtspunkt und die Tatsache, dass die in diesem Gebiet angesiedelten beziehungsweise sich ansiedelnden Unternehmen an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung für Bordelle offensichtlich gar nicht interessiert sind oder sein werden - der Vertreter der Stadt Friedrichshafen hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das mit der Vermarktung des „Competence Park“ Friedrichshafen betraute Unternehmen lediglich Büroflächen vermietet -, ist in den Abwägungsvorgang des Regierungspräsidiums nicht eingeflossen. Betrachtet man das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“, so fällt auf, dass sich die Sperrgebietsverordnung nicht in die bauplanungsrechtliche Situation einfügt, sondern dass erst geeignete Flächen - insbesondere für die von den Antragstellerinnen betriebene Wohnungseinzelprostitution - ausgewiesen werden müssten, damit von einer ausgewiesenen Toleranzzone gesprochen werden kann. Bisherige Toleranzzonen können zwar aus übergeordneter stadtplanerischer Sicht bei einer strukturellen Umwandlung eines Stadtgebiets geschlossen werden und genießen damit auch keinen bauplanungsrechtlichen Bestandsschutz. Bei der Abwägung hinsichtlich der Neuausweisung einer Toleranzzone muss jedoch beachtet werden, inwieweit die Toleranzzone auch rein tatsächlich aus planerischer Sicht geeignet ist (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Steht von vornherein fest, dass sich die Prostituierten dort nicht niederlassen können, ist die Ausweisung einer derartigen Toleranzzone sachlich nicht vertretbar. Das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ ist deshalb, soweit sich der Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ hierfür Geltung bemisst, bei der weiteren Prüfung, ob die Verordnung mit dem Kasernierungsverbot zu vereinbaren ist, nicht zu berücksichtigen.
90 
cc) Die Verordnung darf weiterhin nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen. Danach sind Beschränkungen verboten, die dazu führen, dass die Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks beschränkt wird. Bei der Prüfung, ob die in einer Sperrgebietsverordnung zugelassenen Toleranzzonen gegen dieses Verbot verstoßen, ist von einer konkreten Betrachtung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auszugehen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber die ausgewiesenen Toleranzzonen nur auf ihre ausreichende flächenmäßige Aufnahmefähigkeit zur Bewältigung des vorhandenen Prostitutionsbedarfs sowie darauf untersuchen kann, ob in ihnen zum überwiegenden Teil die Errichtung von Bordellen planungsrechtlich zulässig ist. Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn entweder die Ausweisung der Toleranzzonen in einer Weise erfolgt, dass die Ausübung der Prostitution auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks beschränkt wird, oder wenn zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen ist (vgl. vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
91 
Ausgehend hiervon verstößt die Sperrgebietsverordnung gegen das Kasernierungsverbot, weil im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge zu rechnen war.
92 
Nach dem unbestrittenen, ohne Weiteres nachvollziehbaren Sachvortrag der Antragstellerinnen standen beziehungsweise stehen die Flächen in den Gewerbegebieten „Industriegebiet“ (Tz 1), „Bunkhofen“ (Tz 2), „ZF Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) und „Seewiesen“ (Tz 9) aufgrund der dort angesiedelten Gewerbebetriebe für die Ausübung der Prostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ umfasst das ..., die Werksgelände der ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... sowie die Gelände der ... ... ... und des Autohauses ... ... ... Im - sich ohnehin nur auf eine Straße (Siemensstraße) beschränkenden - Gewerbegebiet „Bunkhofen“ sind Filialen der ... ... und der ... ... ..., das Autohaus ... ... ... ..., eine Niederlassung der ... ... ..., die ... ... ... ... ... ... sowie die Gewerbebetriebe ... ... ..., ...-... ... ... ... ..., ... ... und ... ... ... angesiedelt. Die Gewerbegebiete „ZF Werk 1“ und „Entmagnetisierungsanlage“ werden vollumfänglich von Werksgeländen der ... ... ... beziehungsweise der ... ... ... ... ... ... ... eingenommen. Im - wiederum nur eine Straße (Allmannsweiler Straße) ausmachenden - Gewerbegebiet „Parkplatz“ sind Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... ... und der ... ... ... ... ... ... sowie eine Filiale der ... ... ... ... ... ... ... beherbergt. Das - ebenfalls nur eine Straße (Lindauer Straße) betreffende - Gewerbegebiet „Seewiesen“ schließlich umfasst Verkaufsflächen des ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... ... ... ... sowie die Betriebsgelände der ... ... ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... ... ... Die Toleranzzonen 1, 2, 3, 6, 7 und 9 werden mithin durchwegs von - vorwiegend größeren - ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die auf absehbare Zeit an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs offensichtlich nicht interessiert sind. Eine differenzierte Betrachtungsweise beziehungsweise ein Abwägungsvorgang, der diesen tatsächlichen Einschränkungen Rechnung trüge, lässt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Soweit der Vertreter der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, dass die Firma ... ihren Geschäftssitz in Friedrichshafen zwischenzeitlich aufgegeben und es für das betroffene Gebäude auch eine Anfrage eines Bordellbetreibers gegeben habe, handelt es sich um einen im Zeitpunkt der Bekanntmachung nicht vorhersehbaren Einzelfall, der keine andere Bewertung rechtfertigt, zumal der Bordellbetreiber letztlich nicht zum Zuge kam.
93 
Die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) sowie - größtenteils - „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) sind bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht zu berücksichtigen, da - wie dargelegt - die Sperrgebietsverordnung sich insoweit bereits als ungeeignet erweist, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, beziehungsweise das Regierungspräsidium die durch den Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vorgegebene bauplanungsrechtliche Situation bei seiner Abwägung nicht in Rechnung gestellt hat. Soweit der Bebauungsplan die Toleranzzone Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ nicht erfasst, ist das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB ohne Rücksicht darauf, ob sich dort Gebäude befinden, die für die Prostitutionsausübung in Betracht kommen, schon deshalb verletzt, weil die betroffenen Prostituierten auf einen Straßenzug (nördlicher Teil der Barbarossastraße) abgedrängt werden.
94 
Schließlich ist auch das Gewerbegebiet „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) nicht geeignet, die aus anderen Bereichen verdrängte Prostitution aufzunehmen. Nach dem zutreffenden Sachvortrag der Antragstellerinnen werden auch die dortigen Flächen überwiegend von ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die an der im Raum stehenden Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs erkennbar nicht interessiert sind. Konkret handelt es sich um ein Werksgelände der ... ... ... und das Betriebsgelände der Firma ... westlich der Gutenbergstraße sowie die Betriebsgelände der ... ... ..., der ... ... ..., der ... ...-... ..., der ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... östlich der Gutenbergstraße. Soweit sich im nordöstlichen Bereich der Toleranzzone auch Flächen befinden, die im Eigentum der Stadt Friedrichshafen stehen - nach deren Auskunft vom 08.05.2014 geht es um etwa 19.000 m² -, handelt es sich um die Städtischen Baubetriebe, in denen der Bauhof, die Stadtgärtnerei und die Friedhofsverwaltung untergebracht sind. Auch diese Flächen stehen mithin aufgrund ihrer Bindung für andere Zwecke für die Ansiedlung von Bordellen oder die Ausübung von Wohnungsprostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Jedenfalls hätte es vor der Einschätzung, dass die Flächen zur Aufnahme von Prostitutionsbetrieben geeignet seien, dahingehender Ermittlungen des Regierungspräsidiums bedurft. Im Übrigen würde sich auch insoweit die Möglichkeit zu einer Ausübung des Gewerbes mit Art. 297 Abs. 3 EGStGB unvereinbar auf einen Straßenzug (Rheinstraße) beschränken.
95 
e) Die Sperrgebietsverordnung darf schließlich nicht gegen sonstige Rechte der von ihr betroffenen Personen verstoßen. In Betracht kommt hier eine Verletzung der Grundrechte, insbesondere der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Prostituierten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten und als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziels, den Landesregierungen - oder den von diesen ermächtigten Behörden - mit der Möglichkeit der Einrichtung von Sperrgebieten ein Instrument an die Hand zu geben, etwaigen mit der Prostitutionsausübung einhergehenden Missständen im konkreten Fall begegnen zu können, und insbesondere angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes den Prostituierten und anderen Personen, die im Zusammenhang mit der Prostitution ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zumutbar ist, mit einer Sperrgebietsverordnung konfrontiert zu werden. Ihre Belange, insbesondere wenn ein Sperrgebiet festgelegt werden soll, in dem bisher mangels Sperrgebietsverordnung der Prostitution nachgegangen worden ist, sind jedoch beim Erlass von Sperrgebietsverordnungen sowie bei deren gerichtlicher Kontrolle zu berücksichtigen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; OVG RP, Urt. v. 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262). Die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Ausweisung von Toleranzzonen ist daher darauf zu überprüfen, ob sie sich unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange als verhältnismäßig erweist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.).
96 
Gemessen daran weist die angegriffene Sperrgebietsverordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf. Die Wohnungsprostitution ist, auch wenn Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution für diesen Bereich nicht von vornherein als ausgeschlossen betrachtet werden können, typischerweise weniger auffällig als die Straßen- und Bordellprostitution (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Auch bei der von den Antragstellerinnen bislang im Gebäude ... ... betriebenen Wohnungseinzelprostitution (vgl. zu diesem Begriff: BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.) blieben in Anbetracht der fehlenden Außenwerbung und der beschränkten Zahl der dort tätigen Prostituierten die störenden Begleiterscheinungen deutlich hinter denjenigen der sonstigen Bordell- und bordellartigen Betriebe zurück. Dieser geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution hätte das Regierungspräsidium beim Ausgleich der betroffenen Belange Rechnung tragen müssen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Dabei hätte sich ihm insbesondere die Frage aufdrängen müssen, ob die undifferenzierte Ausweisung von grundsätzlich keine Wohnnutzung vorsehenden Gewerbegebieten als Toleranzzonen dem Interesse der Antragstellerinnen an einer Fortführung der Prostitution in einer einzelnen Wohnung, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht, gerecht wird oder ob für die Wohnungsprostitution anders als für die Bordellprostitution auch Nicht-Gewerbegebiete, etwa Kern- oder Mischgebiete mit vorhandener Wohnnutzung, als Toleranzzonen in Betracht zu ziehen sind. Ebenso wäre zu erwägen gewesen, ob den Schwierigkeiten, die mit der Anmietung anderer für die Wohnungsprostitution geeigneter Räume verbunden sind und die die betroffenen Prostituierten unter Umständen zur zeitweiligen Einstellung ihrer bislang in erlaubter Weise ausgeübten Berufstätigkeit zwingen können, durch Aufnahme einer Übergangsregelung für diesen Personenkreis Rechnung zu tragen ist (vgl. zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit von Übergangsregelungen aus Zumutbarkeitsgründen sowie allgemein zum Gestaltungsspielraum des Normgebers bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse: BVerfG, Beschl. v. 04.05.2012 - 1 BvR 367/12 -, BVerfGE 131, 47 m.w.N.). Dahingehende Erwägungen hat das Regierungspräsidium zu keinem Zeitpunkt angestellt, sondern stattdessen die jeweiligen Vorschläge der Stadt Friedrichshafen ohne eigene Prüfung übernommen. Hierin ist ein Abwägungsdefizit zu erblicken, das dadurch gekennzeichnet ist, dass in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301; Urt. v. 17.07.1980 - 5 C 86.79 -, juris; Beschl. v. 23.10.2013 - 6 B 16.13 -, ZUM-RD 2014, 528).
III.
97 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
99 
Beschluss vom 23. März 2016
100 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird nach § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Landesregierung kann zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes

1.
für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu fünfzigtausend Einwohnern,
2.
für Teile des Gebiets einer Gemeinde über zwanzigtausend Einwohner oder eines gemeindefreien Gebiets,
3.
unabhängig von der Zahl der Einwohner für öffentliche Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und für sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können, im ganzen Gebiet oder in Teilen des Gebiets einer Gemeinde oder eines gemeindefreien Gebiets
durch Rechtsverordnung verbieten, der Prostitution nachzugehen. Sie kann das Verbot nach Satz 1 Nr. 3 auch auf bestimmte Tageszeiten beschränken.

(2) Die Landesregierung kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf eine oberste Landesbehörde oder andere Behörden übertragen.

(3) Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind verboten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung, durch welche ihm die beklagte Stadt Frankfurt am Main untersagt hat, das Hinterhaus auf einem ihm gehörenden Hausgrundstück für einen bordellartigen Betrieb zur Verfügung zu stellen.

2

Der Kläger vermietete die Räume eines Hinterhauses auf einem ihm gehörenden Hausgrundstück in Frankfurt am Main zum Betrieb eines sogenannten Massagestudios, in dem Prostituierte sexuelle Dienstleistungen anboten. Am Grundstück selbst wurde nicht auf diese Nutzung hingewiesen. Für das Massagestudio wurde auf einer Werbetafel im Bereich der Frankfurter Hauptwache und im Internet geworben. Das Grundstück liegt in einem bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Mischgebiet, an das ein allgemeines Wohngebiet angrenzt. Etwa 200 Meter entfernt befinden sich zwei Kindertagesstätten, etwa 100 Meter entfernt befindet sich eine Realschule.

3

Für den Bereich des Grundstücks verbietet die Verordnung des Regierungspräsidiums Darmstadt zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands in Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1986 (Sperrgebietsverordnung) unter anderem, in Prostituiertenwohnheimen, Prostituiertenunterkünften und ähnlichen Einrichtungen (unter anderem in sogenannten Massagesalons und sonstigen überwiegend von Prostituierten genutzten Häusern) der Prostitution nachzugehen.

4

Gestützt auf einen Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung untersagte die Beklagte dem Kläger durch die angegriffene Verfügung, seine Liegenschaft zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung zu stellen.

5

Nach Zurückweisung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs hat der Kläger gegen die Verfügung Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat.

6

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof die Verfügung der Beklagten aufgehoben: Die Verfügung könne nicht auf einen Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung gestützt werden. Rechtsgrundlage für deren Erlass sei Art. 297 Abs. 1 EGStGB. Die weitgehende Legalisierung der Prostitution durch das Prostitutionsgesetz mache diese Verordnungsermächtigung zwar nicht obsolet; das Prostitutionsgesetz und der darin manifestierte Wandel der gesellschaftlichen Akzeptanz der Prostitution verböten es jedoch, bei der Anwendung der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB die Ausübung der Prostitution außerhalb ausgewiesener Toleranzzonen als Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einzustufen, ohne die aus ihrer Ausübung resultierenden schädlichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft, insbesondere auf dort lebende Jugendliche und Kinder konkret zu bewerten. Eine öffentlich nicht wahrnehmbare Ausübung der Prostitution könne deshalb nicht mehr durch den Vollzug einer Sperrgebietsverordnung unterbunden werden, die keine konkrete Belästigung der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution voraussetze. Die Sperrgebietsverordnung sei bundesrechtskonform dahin auszulegen, dass die dort beschriebene Ausübung der Prostitution außerhalb der Toleranzzonen nur noch dann verboten sei, wenn sie nach außen in Erscheinung trete und eine „milieubedingte Unruhe“ befürchten lasse. Beides sei hier offensichtlich nicht gegeben.

7

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte, die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen: Art. 297 EGStGB sei auch nach Erlass des Prostitutionsgesetzes eine geeignete Ermächtigungsgrundlage für eine Sperrgebietsverordnung, durch welche aufgrund einer typisierenden Betrachtung der Prostitution von ihr ausgehende abstrakte Gefahren der Belästigung der Wohnbevölkerung und der Jugend unterbunden werden sollten.

8

Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat Art. 297 Abs. 1 EGStGB zu Unrecht einschränkend ausgelegt. Entgegen seiner Auffassung ermächtigt diese Vorschrift nicht nur zum Erlass solcher Sperrgebietsverordnungen, welche die Prostitution nur unter der Voraussetzung verbieten, dass mit ihr im konkreten Fall Belästigungen der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution verbunden sind. Hiervon ausgehend gebietet Bundesrecht nicht, § 1 Abs. 2 Halbs. 2 der Verordnung des Regierungspräsidiums Darmstadt zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands in Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1986 (Sperrgebietsverordnung) einschränkend dahin auszulegen, dass die dort beschriebene Ausübung der Prostitution nur dann verboten ist, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt und Belästigungen der Anwohner als milieubedingte Begleiterscheinungen der Prostitution befürchten lässt. Bei zutreffender Auslegung des Art. 297 Abs. 1 EGStGB hätte der Verwaltungsgerichtshof vielmehr zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Ausübung der Prostitution auf dem Hausgrundstück des Klägers gegen § 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung verstößt, deshalb zugleich einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 HSOG darstellt und - weil auch die übrigen Voraussetzungen für ein ordnungsbehördliches Einschreiten vorliegen - nach dieser Vorschrift untersagt werden durfte. Weiterer tatsächlicher Feststellung bedarf es hierfür nicht. Der Senat kann deshalb in der Sache entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen.

10

Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann die Landesregierung oder nach Abs. 2 eine von ihr bestimmte Behörde zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands für Teile des Gebiets einer Gemeinde durch Rechtsverordnung verbieten, der Prostitution nachzugehen.

11

Schon der eindeutige Wortlaut steht einem Verständnis der Norm entgegen, nach dem der Verordnungsgeber das Verbot von der Voraussetzung abhängig machen muss, dass die Ausübung der Prostitution im konkreten Einzelfall eine Belästigung der Öffentlichkeit durch die Begleiterscheinungen der Prostitution hervorruft. Von einer solchen Einschränkung ist in der Vorschrift nicht die Rede.

12

Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es geböte, den Schutz ordnungsrechtlicher Belange stets in der Weise auszugestalten, dass nur ein Verhalten rechtlich untersagt wird, von dem im konkreten Einzelfall erwiesen ist, dass es diese Belange tatsächlich beeinträchtigt. Für den Erlass einer Verordnung genügt die Prognose, dass das betroffene Verhalten (hier die Ausübung der Prostitution) in hinreichender Weise die abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzgüter begründet. Es bestehen deshalb keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber den Verordnungsgeber ermächtigt, die Prostitution unter der Voraussetzung zu verbieten, dass deren Ausübung abstrakte Gefahren für den öffentlichen Anstand oder den Schutz der Jugend begründet.

13

Demgemäß kann der Erlass einer Sperrgebietsverordnung zum Schutze des öffentlichen Anstands gerechtfertigt sein, wenn die Eigenart des betroffenen Gebietes durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet ist und wenn eine nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen Unbeteiligter und „milieubedingte Unruhe“, wie zum Beispiel das Werben von Freiern und anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, befürchten lässt (VGH Kassel, Urteil vom 31. Oktober 2003 - 11 N 2952/00 - NVwZ-RR 2004, 470 <471>; VGH Mannheim, Urteil vom 15. Dezember 2008 - 1 S 2256/07 - VBlBW 2009, 220). Für den Erlass der Verordnung genügt die Prognose, dass die Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen hervorruft. Ist ein Gebiet durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet, darf der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass die Ausübung der Prostitution die abstrakte Gefahr von derartigen Beeinträchtigungen des öffentlichen Anstands begründet.

14

Der Erlass des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz - ProstG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) führt nicht dazu, dass Art. 297 EGStGB in dieser Auslegung nunmehr gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Regelungen verstößt. Der Gesetzgeber hat sich mit dem Prostitutionsgesetz darauf beschränkt, zum einen die Rechtswirksamkeit des Anspruchs der Prostituierten auf das vereinbarte Entgelt (§ 1 ProstG), die fehlende Abtretbarkeit des Anspruchs und den weitgehenden Ausschluss von Einwendungen gegen diesen (§ 2 ProstG) und den Zugang zur Sozialversicherung trotz des nur eingeschränkten Weisungsrechts gegenüber abhängig beschäftigten Prostituierten (§ 3 ProstG) zu regeln sowie zum anderen die Strafbarkeit der Förderung der Prostitution und der Zuhälterei einzuschränken (Art. 2 ProstG). Dabei ging er ausweislich der Gesetzesbegründung davon aus, dass die Vereinbarung über ein Entgelt für sexuelle Leistungen und auch die Tätigkeit selbst nicht gegen die guten Sitten verstoßen (vgl. BT-Drs. 14/5958 S. 4, 6).

15

Die Legalisierung der Prostitutionsausübung im zivil- und sozialversicherungsrechtlichen Bereich und die Einschränkung der Strafbarkeit durch das Prostitutionsgesetz schließen es ebenso wenig wie der Wegfall des Vorwurfs der Sittenwidrigkeit der Prostitution aus, dass die Prostitutionsausübung in bestimmten Erscheinungsformen und damit einhergehenden sozialtypischen Begleiterscheinungen namentlich mit Blick auf sensible Gemeindegebiete gegen den öffentlichen Anstand verstoßen kann. Davon ausgehend stellt die Festsetzung von Sperrbezirken auf der Grundlage des Art. 297 EGStGB weder die zivilrechtliche Wirksamkeit des Entgeltanspruchs der Prostituierten noch den Zugang zur Sozialversicherung in Frage; sie ist auch nicht mit dem generellen Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Ausübung der Prostitution im Sperrbezirk verbunden, sondern dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905 <906 f.>). Die Legalität dieser gewerblichen Betätigung bedeutet hier ebenso wenig wie in anderen Fällen legaler Gewerbe, dass sie an jedem beliebigen Ort ausgeübt werden darf. Dem Gesetz- und Verordnungsgeber bleibt es überlassen, potentiell miteinander unverträgliche Nutzungen räumlich zu trennen.

16

§ 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung stimmt, soweit es auf die Norm hier entscheidungserheblich ankommt, mit diesen bundesrechtlichen Anforderungen an den Erlass einer Sperrgebietsverordnung überein.

17

Das Grundstück des Klägers liegt in einem Gebiet, das durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität gekennzeichnet ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs befinden sich dort Kindertagesstätten und eine Schule sowie Wohnanlagen.

18

Weil das hier in Rede stehende Gebiet diese Eigenart aufweist, durfte der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass die Ausübung der Prostitution dort die abstrakte Gefahr von Beeinträchtigungen des öffentlichen Anstands begründet. Für die lokale Steuerung der Prostitution, welcher die Sperrgebietsverordnung zulässigerweise dient, musste der Verordnungsgeber nicht für jedes einzelne Grundstück, das von dem Verbotsbereich erfasst werden soll, konkret feststellen, ob es in einer Weise genutzt wird, die dort die abzuwehrenden Gefahren und Belästigungen der Prostitutionsausübung erwarten lassen. Die Abgrenzung muss nicht grundstücksscharf getroffen werden, sondern kann größere durch ihre Eigenart geprägte Gebiete erfassen. Dies genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der bei der Abgrenzung der Verbotsbereiche zu berücksichtigen ist.

19

Ob § 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung bezogen auf den hier in Rede stehenden Bereich zugleich durch den Schutz der Jugend getragen wird, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da die Verordnung bereits von dem Schutz des öffentlichen Anstands getragen wird. Jedenfalls sind die Erwägungen, mit denen der Verwaltungsgerichtshof dies verneint hat, zumindest teilweise mit Bundesrecht nicht vereinbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat entscheidungstragend darauf abgestellt, es sei auszuschließen, dass die Schüler und Schülerinnen der nahegelegenen Schule bei Kenntnisnahme von der Werbung für das Massagestudio seelischen Schaden nähmen, weil Kinder und Jugendliche dieser Altersgruppe - zumal in einer Großstadt wie Frankfurt am Main - jederzeit durch allgemein zugängliche Quellen und geradezu zwangsläufig mit Prostitution konfrontiert würden und sich im Zuge ihres Reifeprozesses mit diesem mittlerweile gesellschaftlich als unvermeidlich akzeptierten Phänomen auch auseinandersetzen sollten. Diese Erwägungen verkennen den bundesrechtlich eingeräumten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Der Staat ist berechtigt, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse fernzuhalten, welche sich, zum Beispiel wegen der Kommerzialisierung sexueller Handlungen, auf ihre Einstellung zur Sexualität und damit auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit nachteilig auswirken können. Es obliegt dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob, wo und wann Jugendliche mit dem gesellschaftlichen Phänomen der Prostitution konfrontiert werden sollen (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905).

20

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist hinsichtlich des Verbotstatbestandes gewahrt. Gegenteiliges lässt sich nicht aus dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - (NVwZ 2009, 905) herleiten. Das Bundesverfassungsgericht hat dort zwar angemerkt, die Wohnungsprostitution werde häufig deutlich weniger wahrnehmbar sein als die Straßen- und die Bordellprostitution; bei Erlass der jeweiligen Sperrgebietsverordnung könne unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange auch einer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution beim Ausgleich aller Interessen angemessen Rechnung getragen werden.

21

§ 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung erfasst jedoch keine Wohnungsprostitution in dem Sinne, wie dieser Begriff üblicherweise verstanden wird und ersichtlich auch vom Bundesverfassungsgericht verwendet wird. Die Prostitution wird hier auch tatsächlich nicht in der Gestalt einer Wohnungsprostitution ausgeübt. Die Prostitution wird nicht in einer einzelnen Wohnung ausgeübt, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht. Vielmehr dient das Hinterhaus ausschließlich der Ausübung der Prostitution und ist damit eine ähnliche Einrichtung im Sinne des § 1 Abs. 2 der Sperrgebietsverordnung (Massagesalons und sonstige überwiegend von Prostituierten genutzte Häuser).

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Tenor

Die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99) ist unwirksam.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99).
Die Antragstellerinnen gehen in dem im Zentrum der Stadt Friedrichshafen gelegenen Gebäude ... ... (sog. ...) der Wohnungsprostitution nach. Die Antragstellerin zu 1 erwirbt derzeit die von ihr genutzte Wohnung (Appartement ...) im Wege des Mietkaufs, die übrigen Antragstellerinnen sind Mieterinnen der Appartements ..., ... und ... Teilweise erfolgt eine zeitweilige Untervermietung an andere Prostituierte, welche in diesem Zeitraum ebenfalls in den jeweiligen Wohnungen wohnen und dort ihrem Gewerbe nachgehen.
Das Gebäude ... ... wurde 1962 als Wohn- und Geschäftshaus genehmigt. Die - durch Sperrbezirksfestlegung die Prostitution in den eingemeindeten Ortsteilen von Friedrichshafen untersagende - Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution in der Stadt Friedrichshafen vom 18.06.1984 (GBl. S. 511), geändert durch Verordnung vom 03.10.1986 (GBl. S. 381), hatte bisher das Gebäude nicht betroffen. Derzeit befinden sich im Erdgeschoss ein Mobilfunk- und ein Schuhgeschäft, im dritten Obergeschoss ein Friseursalon und im elften und zwölften Obergeschoss ein Gaststättenbetrieb. Im ersten bis zehnten Obergeschoss sind insgesamt 48 Wohnungen, von denen nach Kenntnis der Stadt Friedrichshafen im Frühjahr 2014 sechs zu Prostitutionszwecken genutzt wurden. Baurechtliche Genehmigungen für die Wohnungsprostitution wurden nicht erteilt und auch nicht beantragt. Es wurden auch keine förmlichen Duldungen ausgesprochen. Nach Mitteilung des Bauordnungsamts der Stadt Friedrichshafen vom 06.05.2014 liegt das Grundstück im Kerngebiet, so dass die Ausübung der Prostitution bauplanungsrechtlich grundsätzlich zulässig sei.
Mit Schreiben vom 13.08.2009 beantragte die Stadt Friedrichshafen beim Regierungspräsidium Tübingen den Erlass einer neuen Sperrgebietsverordnung, nach der die Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebieten gestattet und die Straßenprostitution vollständig verboten werden sollte.
Am 11.04.2013 erließ das Regierungspräsidium Tübingen die Verordnung über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen. Diese Verordnung lautet wie folgt:
§ 1
Jede Art der Prostitution ist im gesamten Gebiet der Stadt Friedrichshafen grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind abschließend in §§ 2 und 3 dieser Verordnung geregelt.
§ 2
(1) Die nachfolgend in Absatz 2 bezeichneten Gebiete („Toleranzzonen“) sind vom Verbot in § 1 Satz 1 dieser Verordnung ausgenommen. Jedoch bleibt die Prostitution auch in diesen Gebieten auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen, Anlagen und sonstigen Orten, die von dort eingesehen werden können, verboten.
(2) Die Toleranzzonen umfassen jeweils ein umschlossenes Gebiet, das begrenzt wird durch die im Folgenden bezeichneten Flurstücksgrenzen und -teile, Straßen- und Wegseiten sowie Gleisanlagen, die selbst nicht zur Toleranzzone gehören:
- Toleranzzone 1 - Gewerbegebiet Industriegebiet (Tz 1)
10 
Im Norden:
durch den Verlauf der südlichen Straßenseite der Bundesstraße 31 neu, die südliche Grenze der Flurstücke Nr. 26/2, 17/1, 708/08
bis zum Colsmanknoten,
Im Osten:
durch der Verlauf der westlichen Straßenseite der Colsmanstraße,
Im Süden:
durch den Verlauf der nördlichen Straßenseite der Maybachstraße,
Im Westen:
durch die östliche Grenze der Flurstücke Nr. 642/4, die westliche Grenze des Flurstücks 645 bis zur östlichen Straßenseite des Industriewegs,
durch die östliche Grenze der Flurstücke Nr. 707/4, 707/3, 601/3 und 46.
11 
- Toleranzzone 2 - Gewerbegebiet Bunkhofen (Tz 2)
12 
Im Norden:
durch die südliche Grenze der Flurstücke Nr. 1055, 1045,
und Nordosten:
1085/1, Flurstück Nr. 1059 (nördliche Teilfläche), 1060 (nördliche Teilfläche), die westliche Grenze des Flurstücks Nr. 1074/7,
Flurstück Nr. 1588/2 (nordöstliche Teilfläche), die südwestliche Grenze des Flurstücks Nr. 1077,
Im Osten:
durch die westliche Grenze der Flurstücke Nr. 1078 und 1080,
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Flurstücke Nr. 1591, 1602/2, 122/5 und 122,
Im Westen:
durch die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 1586/8 (Teilfläche Teuringer Straße).
13 
- Toleranzzone 3 - Gewerbegebiet ZF Werk 1 (Tz 3)
14 
Im Norden:
durch den Verlauf der südlichen Straßenseiten der Löwentaler Straße und der Ehlersstraße,
Im Osten:
durch die westliche Grenze der Gleisanlagen des Industrie-gleises,
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Ravensburg,
Im Westen:
durch die östliche und nördliche Grenze des Flurstücks Nr. 1054/5, durch den westlichen Grundstücksteil des
Flurstücks Nr. 1057 (Güterbahnhof).
15 
- Toleranzzone 4a - Gewerbegebiet Gewerbepark Flughafen (Tz 4a)
16 
Im Norden:
durch das nördliche Teilgrundstück des Flurstücks Nr. 15/32, die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 14/11, über Flurstück Nr. 15/28 zur
westlichen Grenze des Flurstücks Nr. 126/20 und durch die südliche Grenze des Flurstücks Nr. 126/20 (Gelände des Flughafens Friedrichshafen),
Im Osten:
durch die südwestliche Grenze des Flurstücks Nr. 126/20 (Gelände des Flughafens Friedrichshafen),
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Ravensburg, das nördliche Teilstück von Flurstück Nr. 130/4,
die nordöstliche Grundstücksgrenze der Flurstücke Nr. 130/31 und 160/16, das südwestliche Teilstück Flurstück Nr. 14/9,
Im Westen:
durch die nordöstliche Grundstücksgrenze der Flurstücke Nr. 126/4, 115/6, 115/7, 115/8, 115/9, 115, 115/5, 115/3, 115/2, 126/5,
die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 15/19.
17 
- Toleranzzone 4b - Gewerbegebiet Adelheid-/Dietostraße (Tz 4b)
18 
Im Norden:
durch die südliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Ravensburg,
Im Osten:
durch die östliche Grenze des Flurstücks Nr. 111,
Im Süden:
durch die nördliche Grenze der Ravensburger Straße, die westliche Grenze des Flurstücks Nr. 151/1, die nördliche Grenze der Flurstücke
Nr. 159/33, 159/28, 158/4, die östliche Straßenseite der Gutastraße und die südliche Straßenseite der Dietostraße,
Im Westen:
durch die westliche Straßenseite der Dietostraße.
19 
- Toleranzzone 5 - Gewerbegebiet Marktkauf-Bauhof (Tz 5)
20 
Im Norden:
durch die südliche Straßenseite der Rheinstraße,
Im Osten:
durch die westliche Seite der Kreisstraße 7726,
Im Süden:
durch den Einfahrtsbereich der Gutenbergstraße und die südliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 77/4,
Im Westen:
durch die östliche Grenze der äußeren Aidlinger Straße, die südöstliche und östliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 93/2.
21 
- Toleranzzone 6 - Gewerbegebiet Parkplatz (Tz 6)
22 
Im Norden:
durch die nördliche Grenze der Rheinstraße und die südliche Grenze von Flurstück Nr. 126/10,
Im Osten und Südosten:
durch den westlichen Uferbereich des Allmannsweiler Baches und die nordwestliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 97/1,
Im Westen:
durch die östliche Straßenseite der Kreisstraße 7726.
23 
- Toleranzzone 7 - Gewerbegebiet Entmagnetisierungsanlage (Tz 7)
24 
Im Norden und Nordosten:
durch die südöstliche Straßenseite der Kreisstraße 7726,
Im Osten
durch das östliche Grundstücksteil des Flurstücks Nr. 126/16
und Südosten:
entlang der Nordwest-Seite des Zeppelin-Hangars zur Nordostgrenze des Flurstücks Nr. 126/9 und durch die nordwestliche
Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 126/20 (Gelände des Flughafens Friedrichshafen),
Im Südwesten:
durch den südöstlichen Uferbereich des Allmannsweiler Baches.
25 
- Toleranzzone 8 - Gewerbegebiet Kitzenwiese (Tz 8)
26 
Im Nordosten:
durch die südliche und südwestliche Grundstücksgrenze von Flurstück Nr. 116 (Verlauf Bundesstraße 31),
Im Osten:
durch die östliche Straßenseite der Straße Am Klärwerk,
Im Südwesten:
durch die südlichen Grundstücksteile des Flurstücks Nr.100/1, die nördliche Grundstücksgrenze der Flurstücke Nr. 110/6, 109, 109/2,
110/11 und 110/8, die südlichen Grundstücksteile der Flurstücke Nr. 113/2 und 113,
Im Westen:
durch die östliche Grenze der Gleisanlagen.
27 
- Toleranzzone 9 - Gewerbegebiet Seewiesen (Tz 9)
28 
Im Nordosten:
durch die südwestliche Straßenseite der Lindauer Straße,
im Südosten:
durch die nordwestliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 2108/10,
im Südwesten:
durch die südöstliche Grenze der Gleisanlagen Strecke Friedrichshafen-Lindau,
im Nordwesten:
durch die südöstliche Grundstücksgrenze des Flurstücks Nr. 1258/7.
29 
(3) Die Toleranzzonen Tz 1 bis Tz 9 sind in den beiden Übersichtsplänen des Stadtplanungsamtes Friedrichshafen vom 26. Juni 2012 im Maßstab 1 : 10000 und 1 : 5000, sowie sechs Teilplänen des Stadtplanungsamtes Friedrichshafen für Tz 1 bis Tz 7 vom 26. Juni 2012 und zwei Teilplänen des Stadtplanungsamtes Friedrichshafen für Tz 8 und Tz 9 vom 22. Mai 2012, je im Maßstab 1 : 2500 als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen. Die Übersichtspläne und Teilpläne sind Gegenstand dieser Verordnung, deren Grenzverlaufsdarstellung ist maßgeblich.
30 
(4) Die Übersichtspläne und Teilpläne werden beginnend ab dem Tag nach der Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt auf die Dauer von drei Wochen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten bei der Stadtverwaltung Friedrichshafen, Amt für Bürgerservice, Sicherheit und Umwelt, Rathaus, Adenauerplatz 1, 88045 Friedrichshafen, und beim Regierungspräsidium Tübingen, Referat 32, Konrad-Adenauer-Straße 30, 72072 Tübingen, öffentlich ausgelegt.
31 
(5) Die Verordnung, Übersichtspläne und Teilpläne werden nach Ablauf der Auslegungsfrist bei den in Absatz 4 genannten Stellen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten niedergelegt.
§ 3
32 
Ausgenommen vom Verbot des § 1 bleiben aus Bestandsgründen die bei Inkrafttreten dieser Verordnung baurechtlich genehmigte Wohnungsprostitution sowie die baurechtlich genehmigten bordellartigen Betriebe und Bordelle.
§ 4
33 
(1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, handelt nach § 120 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 120 Abs. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von mindestens fünf Euro bis höchstens eintausend Euro geahndet werden.
34 
(2) Wer dem Verbot des § 1 beharrlich zuwiderhandelt, wird nach § 184e des Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
§ 5
35 
Diese Verordnung tritt am Tag nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 2 Abs. 4) in Kraft. …
36 
Die Sperrgebietsverordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht und trat am 25.06.2013 in Kraft. Gleichzeitig trat die bisherige Sperrbezirksverordnung außer Kraft.
37 
Mit Schreiben der Stadt Friedrichshafen vom 22.01.2014 wurden die Antragstellerinnen über die in der Sperrgebietsverordnung getroffenen Regelungen unterrichtet und aufgefordert, die außerhalb einer ausgewiesenen Toleranzzone ausgeübte Prostitution in ihrer jeweiligen Wohnung unverzüglich einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde die Einleitung von Ordnungswidrigkeiten- beziehungsweise Strafverfahren angedroht.
38 
Am 05.03.2014 haben die Antragstellerinnen einen Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortragen:
39 
In dem Anwesen ... ... werde seit über 30 Jahren der Wohnungsprostitution nachgegangen, was von der Stadt Friedrichshafen bisher geduldet worden sei. Bei Durchsetzung der Sperrgebietsverordnung drohe ihnen Arbeitslosigkeit, weil sie ihren bisher genutzten Standort aufgeben müssten und eine Anmietung oder ein Erwerb neuer Flächen in den ausgewiesenen Toleranzzonen nicht möglich sei. Sie seien daher antragsbefugt.
40 
Die Sperrgebietsverordnung sei materiell rechtswidrig, da sie sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB halte.
41 
Der Erlass der Sperrgebietsverordnung sei weder zum Schutz der Jugend noch des öffentlichen Anstandes notwendig. Die Prostitution in der Stadt Friedrichshafen sei weitestgehend auf das Innenstadtgebiet beschränkt und dort eher unauffällig. Ein Straßenstrich existiere nicht. Mit Ausnahme eines größeren Bordellbetriebs nahe der B 31 erfolge die Außenwerbung zurückhaltend und lasse teilweise nicht erkennen, dass in den einzelnen Etablissements der Prostitution nachgegangen werde. Die Außengebiete der Gemeinde, welche sich durch eine starke Wohnbebauung auszeichneten, wiesen keine Bordellbetriebe auf. Während vor einigen Jahren noch Werbung für Prostitution auf Pkws und Anhängern zu verzeichnen gewesen sei, werde das Stadtbild schon seit einiger Zeit nicht mehr hiervon beeinträchtigt.
42 
Die Sperrgebietsverordnung führe zu einem faktischen Verbot der Ausübung der Prostitution im gesamten Stadtgebiet oder bewirke zumindest eine verbotene Kasernierung, weil sämtliche ausgewiesenen Toleranzzonen - mit Ausnahme zweier Straßenzüge, in denen vielleicht Flächen für eine Anmietung zur Verfügung stehen könnten - durch alteingesessene Industrie- und Gewerbebetriebe genutzt würden. Toleranzzone 1 umfasse die Werksgelände der Unternehmen ... und ... sowie das ... ... Das gesamte Gebiet stehe damit nicht zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung. Das Gebiet der Toleranzzone 2 zeichne sich durch Filialen der Firmen ... ... und ..., das Autohaus ... ... ... ... und eine Niederlassung der ... ... ... aus. Auch hier stünden längerfristig keine Flächen zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung. Bei der Toleranzzone 3 handle es sich wieder um ein Werksgelände der ... ... Toleranzzone 4a weise unter anderem die Firma ... und den sogenannten Competence Park aus. Das gesamte Gebiet sei auf die Ansiedlung neuer Wirtschaftsunternehmen aus dem technischen Bereich ausgerichtet. Hier komme allenfalls in Betracht, dass im noch nicht ausgebauten nördlichen Teil der Otto-Lilienthal-Straße Flächen zur Ausübung der Prostitution genutzt werden könnten. Toleranzzone 4b, welche sich weitestgehend auf die Adelheidstraße beschränke, weise die einzigen ernsthaft für die Prostitution nutzbaren Flächen aus. Zwar werde auch hier der überwiegende Teil der Toleranzzone durch eine Filiale der Firma ... ... und die alteingesessene Firma ... ... ... belegt, das im Umfeld bestehende Kleingewerbe lasse jedoch gegebenenfalls die Anmietung von Flächen zu. Mit Toleranzzone 5 werde erneut ein Werksgelände der ... ... ausgewiesen. Die restliche Fläche werde von der Firma ..., der Firma ... ... ..., der Firma ... ... ... und dem Autohaus ... besetzt. Sämtliche Flächen stünden, jedenfalls in den nächsten Jahren, nicht zum Erwerb oder der Anmietung zur Verfügung. Bei Toleranzzone 6 handle es sich um das Werksgelände der Firmen ... ... und ... ... ... ... ..., also erneut um Flächen, die längerfristig nicht einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden könnten. Toleranzzone 7 weise das Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... aus. Mit Toleranzzone 8 stehe eventuell eine weitere Möglichkeit für die Neuansiedlung von Prostitution offen. Es handle sich hierbei um die in der Lokalpresse einschlägig bekannte Anton-Sommer-Straße. Diese sei überwiegend durch Diskothekenbetrieb gekennzeichnet, wobei sich innerhalb dieses Bereichs auch Autohäuser befänden. Auch Toleranzzone 9 sei vollkommen ungeeignet. Es handle sich hierbei um Verkaufsflächen der Firma ... ..., das Gelände der ... ... und der ... ... Der überwiegende Teil der Toleranzzonen werde längerfristig von der ortsansässigen Industrie genutzt. In Betracht komme allenfalls die Nutzung weniger Häuser in der Adelheidstraße und gegebenenfalls der Anton-Sommer-Straße, wobei die Ausweisung dieser Gebiete als Toleranzzonen in anderer Hinsicht fragwürdig erscheine.
43 
Das Regierungspräsidium Tübingen habe beim Erlass der Sperrgebietsverordnung sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Einerseits sei bei der Ausweisung der Toleranzzone nicht beachtet worden, dass der Erlass der Sperrgebietsverordnung grundsätzlich zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes zu erfolgen habe. Andererseits sei nicht berücksichtigt worden, dass beispielsweise die Ausübung der (nicht störenden) Wohnungsprostitution auch außerhalb von Gewerbegebieten zulässig sein könne. In der Stadt Friedrichshafen bestehe aufgrund ihrer Lage und der Eigenschaft als Messestadt eine erhebliche Nachfrage nach Prostitution. Bei Ausweisung der Toleranzzonen hätte deshalb der erhebliche Bedarf an Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution berücksichtigt werden müssen. Die ausgewiesenen Toleranzzonen seien nicht geeignet, die aus anderen Teilen der Stadt verdrängte Prostitution zumindest teilweise aufzunehmen. Es bestehe daher die Gefahr, dass es zu einer erheblichen Abwanderung der Prostitution in die umgebenden kleineren Gemeinden oder einem Abrutschen in die Illegalität kommen werde. Des Weiteren hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Prostitution auch in Misch- oder Kerngebieten zulässig sein könne. Damit hätten auch Toleranzzonen ausgewiesen werden können beziehungsweise müssen, die im Kerngebiet der Stadt Friedrichshafen oder in überwiegend gewerblich genutzten Teilen eines örtlichen Mischgebiets lägen. Insgesamt wären zahlreiche weitere Gebiete als Toleranzzonen in Betracht gekommen, bei denen gegebenenfalls die Prostitution nur unter Auflagen, beispielsweise dem Verbot von Außenwerbung, hätte genehmigt werden können. Die tatsächlich ausgewiesenen Toleranzzonen orientierten sich lediglich an den Gewerbe- und Industriegebieten der Stadt, ohne deren Eignung näher zu prüfen. Die Toleranzzone 1 etwa befinde sich in unmittelbarer Nähe des Karl-Maybach-Gymnasiums und sei lediglich durch eine Unterführung von diesem getrennt. Bei Toleranzzone 8 handle es sich um die Anton-Sommer-Straße, welche sich durch starken Diskothekenbetrieb auszeichne, dessen zumeist sehr junge Besucher für ihr hohes Gewaltpotential bekannt seien. Die Ausweisung dieser Toleranzzone stehe in krassem Gegensatz zum Zweck der Ermächtigungsgrundlage, die Jugend zu schützen. Zudem grenze die Toleranzzone 8 direkt an die Berufsschule der Stadt Friedrichshafen. Toleranzzone 3 wiederum grenze direkt an das Hallenbad der Stadt Friedrichshafen, welches insbesondere von Kindern aus dem sozial schwachen Milieu der Stadt aufgesucht werde. In der Toleranzzone 4b (Adelheidstraße) befinde sich eines der Wohnheime der Bernd-Blindow-Schule, in welcher unter anderem junge Physiotherapeuten ausgebildet würden. Ein zweites Wohnheim der Bernd-Blindow-Schule befinde sich in der Allmannsweiler Straße bei Toleranzzone 6. Der Ausweisung dieser Toleranzzonen könne unter Berücksichtigung des Normzwecks keine ordnungsgemäße Ermessensbildung zugrunde gelegen haben.
44 
Die Antragstellerinnen beantragen,
45 
die Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt Friedrichshafen vom 11.04.2013 (GBl. S. 99) für unwirksam zu erklären.
46 
Der Antragsgegner beantragt,
47 
den Antrag abzulehnen.
48 
Er trägt vor, es habe im Gebäude ... ... mehrere Vorfälle gegeben, die nach Einschätzung der Polizei im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung stünden (Sachbeschädigungen mittels Buttersäure im Aufzug bzw. im Treppenhaus am 27.12.1996 und am 25.11.1998; Erpressung einer Prostituierten durch Brandandrohung am 11.06.1999; versuchte schwere Brandstiftung mittels Brandbeschleuniger am 12.05.2000). Am 10.07.2010 habe es einen Polizeieinsatz gegeben, weil die Antragstellerin zu 1 Probleme mit einem Kunden gehabt habe. Die Bewohner des Hauses fühlten sich durch die auch vor dem Haus wahrnehmbare Ausübung der Prostitution im ersten Obergeschoss erheblich belästigt, wie aus einem anonymen Schreiben an das Bürgermeisteramt Friedrichshafen vom 01.08.2010 hervorgehe. Eine Wohnungseigentümerin habe sich im November 2010 und nochmals im April 2013 bei der Stadt Friedrichshafen darüber beschwert, dass es durch die Prostitutionsausübung in dem Gebäude und die Freier, die in dem Gebäude umherliefen, zu erheblichen Beeinträchtigungen komme. Die Freier würden teilweise an den falschen Türen klingeln, unbeteiligte Hausbewohner ansprechen, im Hauseingang urinieren und die Nachtruhe stören. Sie könne ihre Wohnung daher kaum vermieten. Mit Vorkommnisbericht vom 14.05.2013 sei das Bürgermeisteramt Friedrichshafen darüber informiert worden, dass mehrere Prostituierte im Bereich ... zur Mittagszeit männliche Passanten angesprochen hätten, um sie als Kunden zu gewinnen. Die polizeiliche Überprüfung habe ergeben, dass es sich um mindestens drei Prostituierte gehandelt habe, die im Appartement ... der Prostitution nachgingen. Diesen Prostituierten sei daraufhin die Ausübung der Straßenprostitution untersagt worden.
49 
Die Sperrgebietsverordnung sei zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes ergangen. Befördert durch die geografische Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie deren Funktion als Messestandort sei eine „Marktsättigung“ hinsichtlich der Prostitutionsausübung nicht festzustellen. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. Hinzu kämen die bei Ansiedlungswilligen geäußerte Attraktion der Flughafenanbindung und der Umstand, dass im Bereich des Bodensees neben Friedrichshafen nur in Konstanz die Prostitutionsausübung nicht bereits generell verboten sei. In Anbetracht der Größe der Stadt Friedrichshafen und der bisher bekannten hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze (ca. 60 bis 85) bestehe die Gefahr, dass eine unreglementierte weitere Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahle und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontiere. Hierbei sei zulässigerweise auch auf Erfahrungssätze zurückgegriffen worden, wonach im Bereich der Prostitutionsausübung, insbesondere im Bereich der Bordellprostitution, mit negativen Begleiterscheinungen einschließlich einer milieubedingten Unruhe zu rechnen sei, etwa dem mehr oder minder aufdringlichen Werben von Freiern und damit einhergehend anstößigem Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen sowie dem An- und Abfahrverkehr der Freier. Insoweit seien auch die von der Polizeidirektion Friedrichshafen mitgeteilten Feststellungen von gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich und die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen von Gewicht. Die nachvollziehbaren Expansionsbestrebungen von Betrieben, in denen der Prostitution einschließlich der Wohnungsprostitution nachgegangen werde, rechtfertigten diese Einschätzung auch für eine weiter zu erwartende Entwicklung. Dies gelte gerade auch für den Bereich des ... .
50 
Es sei nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber einer Gefährdung der Schutzgüter der Jugend und des öffentlichen Anstandes grundsätzlich durch Trennung der Prostitutionsausübung und der Bereiche allgemein zulässigen Wohnens in der vorgenommenen Weise begegnet sei. Das Regierungspräsidium habe bei der Ausweisung der Toleranzzonen im Grundsatz die Wertungen der Stadt Friedrichshafen, die durch Ausführungen der Polizeidirektion Friedrichshafen und des Kreisjugendamtes unterstützt worden seien, herangezogen und im Ergebnis geteilt. Toleranzzonen seien nach Abschluss des Verfahrens nur dort ausgewiesen worden, wo nicht wegen der städtischen Eigenart und Lage der Gebiete mit einer Gefährdung der Schutzgüter des Art. 297 EGStGB durch Überfrachtung von Angeboten der Prostitutionsausübung mit entsprechender Öffentlichkeitswirkung habe gerechnet werden können. Andere Flächen als in den Gebieten gewerblicher Nutzung seien danach nicht in Betracht gekommen. Den Gefahren für die öffentlichen Belange des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes in den auch zum Wohnen genutzten Bereichen durch die zu erwartende weitere Expansion von Prostitutionsangeboten könne mit den Mitteln des Bau- oder Ordnungsrechts allein nicht ausreichend begegnet werden. Daher seien auch keine grundsätzlich zulässigen Toleranzzonen in gewerblich und durch Wohnen gemischt-genutzten Gebieten wie dem der Antragstellerinnen oder in Gebieten nahe von Wohnnutzungen berücksichtigt worden.
51 
Die Toleranzzonen seien im Hinblick auf den Schutzzweck auch geeignet. Bei ihrer Auswahl und Festlegung sei zugrunde gelegt worden, dass über bereits bestehende Betriebe hinaus eine Gefahr der Überfrachtung von Prostitutionsangeboten entgegengesteuert und eine Kanalisierung der Angebote in Gebiete erfolgen könne, die die Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstandes nicht befürchten ließen. Die Toleranzzone 1 sei durch die mehrspurige Hauptverkehrsstraße ausreichend von dem Schulgebäude getrennt und auch sonst ausreichend abgegrenzt. Die Toleranzzone 8 sei von der Berufsschule räumlich ausreichend abgesetzt, zudem durch den Bahndamm und die Steinbeißstraße getrennt. Die bestehenden Nutzungen stünden einer Geeignetheit nicht grundsätzlich entgegen. Die Toleranzzone 3 weise mit der äußersten westlichen Abgrenzung ebenfalls noch einen ausreichenden Abstand zu dem durch die Löwentaler Straße getrennten rückwärtigen Bereich des Hallenbades, das von der Ehlersstraße aus erschlossen sei, auf und sei auch im Übrigen ausreichend abgegrenzt. Die Toleranzzone 4b sei durch die Unterbringung eines Wohnheims in Bezug auf die Schutzgüter schon aufgrund der Ausdehnung ebenfalls nicht bereits ungeeignet. Zudem seien hier baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig, die nicht Vergnügungsstätten seien. Die Toleranzzonen 6 und 7 schließlich lägen in ausreichend abgesetztem Abstand zu den Einrichtungen der dort genannten Schule.
52 
Ursprünglich als Toleranzzonen in Betracht gezogene Gewerbegebiete seien im Verlauf des Verfahrens wegen Ungeeignetheit ausgeschieden. Dies betreffe die Gewerbegebiete Rohrbach, Allmannsweiler und Aistegstraße. Bei dem Gewerbegebiet Rohrbach sei ausschlaggebend gewesen, dass dieses bisher noch keine einschlägigen Betriebe mit Prostitutionsausübung aufweise und aufgrund seiner Lage mit der angrenzenden Wohnbebauung, dem angrenzenden Spielplatz und der im Gebiet vorhandenen Einrichtung für behinderte Menschen, einer Ballettschule und einem Einkaufsmarkt mit regelmäßigem Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen und erheblichem Publikumsverkehr zu rechnen sei. Das Gewerbegebiet Allmannsweiler weise ebenfalls bislang noch keine Prostitutionsbetriebe auf und grenze direkt an Wohnbebauung an. Zudem seien dort schulische Einrichtungen vorhanden. In dem Gewerbegebiet Aistegstraße befänden sich bereits vier baurechtlich genehmigte bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle und zwei weitere baurechtlich genehmigte Betriebe mit Prostitutionsausübung im südlich angrenzenden Stadtgebiet. Aufgrund der bisher schon vorhandenen Prostitutionsausübung stünde die Ausweisung des Gewerbegebietes Aistegstraße als Toleranzzone der Zielsetzung der Verordnung entgegen, die weitere Expansion der Prostitution im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Belange des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes zu begrenzen.
53 
Die Sperrgebietsverordnung verstoße auch nicht gegen das Kasernierungsverbot. Durch die ausgewiesenen Toleranzzonen finde keine grundsätzliche Zuweisung auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks statt. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Häuser oder Straßenzüge zu rechnen sei. Das Bürgermeisteramt Friedrichshafen habe auf entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass eine Kasernierung durch die Herausnahme von ursprünglich geplanten Toleranzzonen nicht zu befürchten sei. Zudem habe es mitgeteilt, dass derzeit innerhalb der Toleranzzonen unbebaute beziehungsweise bebaute Flächen in der Größenordnung von mindestens etwa 3,5 ha freie Fläche in der Toleranzzone 4a, etwa 1,9 ha bebaute Flächen in der Toleranzzone 5 sowie etwa 2144 m² bebaute Flächen in der Toleranzzone 8 prinzipiell verfügbar seien. Die Antragstellerinnen verwiesen zudem auf eine weitere Verfügbarkeit in den Toleranzzonen 4b oder 8. Auf die Eigentumsverhältnisse innerhalb der Toleranzzonen müsse der Verordnungsgeber nur in gewissen Grenzen Rücksicht nehmen, eine Garantenstellung komme ihm insoweit nicht zu. Vor dem Hintergrund, dass nur die Betriebe, die nicht unter den Bestandsschutz fielen, und die Betriebe, die weiter expandieren wollten, auf die Toleranzzonen verwiesen würden, sei deren Ausweisung bezogen auf die Größe der Stadt Friedrichshafen auch hinsichtlich der prinzipiellen Verfügbarkeit ausreichend. Eine Reduzierung auf nur wenige Häuserblocks oder Straßen liege damit auch faktisch nicht vor.
54 
Mit Beschluss vom 06.06.2014 (- 1 S 440/14 -) hat der Senat auf Antrag der Antragstellerinnen die Sperrgebietsverordnung für das Grundstück ...-... ... vorläufig außer Vollzug gesetzt.
55 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
56 
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig ( I.) und begründet (II.).
I.
57 
Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig.
58 
Die vom Regierungspräsidium erlassene Sperrgebietsverordnung ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die Verordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht; der Normenkontrollantrag ging am 05.03.2014 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Die Antragstellerinnen sind auch antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die Bestimmungen der Sperrgebietsverordnung wie auch deren behördlichen Vollzug unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Ihnen drohen bei Nichtbefolgung des Verbots der Prostitutionsausübung im Gebäude ...-... ... Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren. Zudem haben sie aufgrund der Ausweitung des Sperrgebiets wirtschaftliche Einbußen zu gewärtigen, weil sie sich nach anderen Räumen umsehen müssen, die entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu finden sind.
59 
Der Antragsbefugnis der Antragstellerinnen steht nicht entgegen, dass sie (gegenwärtig) lediglich Mieterinnen und nicht Eigentümerinnen der Appartements im Gebäude ... ... sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können auch Personen, denen - etwa als Mieter oder Pächter - Nutzungsrechte übertragen worden sind, als Folge nachteiliger bauplanerischer Festsetzungen Rechtsbeeinträchtigungen erleiden und deshalb im Normenkontrollverfahren - selbständig und unabhängig vom Eigentümer - überprüfen lassen, ob die ihre Nutzung beeinträchtigenden Festsetzungen unter beachtlichen Rechtsfehlern leiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2015 - 4 CN 5.14 -, NVwZ 2015, 1457 m.w.N.). Es bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auf die Überprüfung anderer Rechtsnormen zu übertragen, soweit diese - wie Sperrgebietsverordnungen - eine Abwägung widerstreitender Interessen voraussetzen (vgl. ausf. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995 - 11 N 1432/94 -, NVwZ-RR 1996, 84). Erforderlich und ausreichend ist danach, dass der jeweilige Antragsteller durch die angegriffene Rechtsnorm in einem „abwägungsrelevanten“ Interesse betroffen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris, und Urt. v. 29.06.2015, a.a.O., jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Da die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... nach der bisherigen Sperrbezirksverordnung erlaubt war, hatte der Verordnungsgeber bei deren Ersetzung durch die angefochtene Sperrgebietsverordnung Veranlassung, sich mit den einem Verbot der Prostitutionsausübung speziell in diesem Gebäude entgegenstehenden Belangen konkret auseinanderzusetzen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; vgl. auch BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 -, BVerfGK 15, 377). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der von den Antragstellerinnen mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer geschlossenen Mietverträge bestehen nicht.
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Schließlich fehlt es den Antragstellerinnen auch nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie eine über den sie räumlich beschwerenden Teil - die Ausweisung des Grundstücks ... ... als Sperrgebiet - hinausgehende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrgebietsverordnung begehren. Der Prüfungsumfang eines Normenkontrollverfahrens wird zwar - trotz dessen doppelter Funktion als subjektives Rechtsschutzverfahren und objektives Prüfungsverfahren - durch die Reichweite des Rechtsschutzbedürfnisses des jeweiligen Antragstellers begrenzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, und Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899; HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NdsVBl. 2003, 154; OVG RP, Urt. v. 26.11.2002 - 6 C 10609 -, KStZ 2003, 56; vgl. auch Senat, Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220). Dadurch soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989, a.a.O.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn und - bei teilbaren Rechtsnomen - soweit der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist; die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, NVwZ-RR 2012, 939). Dies ist jedoch hier, anders als in den vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.07.1995 (a.a.O.) oder vom Senat mit Urteil vom 15.12.2008 (a.a.O.) entschiedenen Konstellationen, nicht der Fall. Im Gegensatz zu einem Grundstückseigentümer, dem es nur um die Nutzbarkeit des vorhandenen Betriebsgrundstücks zu Prostitutionszwecken geht, nicht aber darum, irgendwo im Stadtgebiet ein Bordell zu errichten oder Räumlichkeiten an Prostituierte zu vermieten, haben die Antragstellerinnen als Mieterinnen von Räumen zur Ausübung der Wohnungseinzelprostitution auch ein rechtlich beachtliches Interesse daran, dass im Normenkontrollverfahren die konkrete Aufnahmefähigkeit der in der Sperrgebietsverordnung ausgewiesenen Toleranzzonen sowie deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution überprüft werden. Die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution hängen nämlich maßgeblich davon ab, welche Bereiche des Stadtgebiets der Verordnungsgeber als Sperrgebiet ausweist und wo dementsprechend Flächen zur Anmietung oder zum Erwerb zur Verfügung stehen. Die Rechtsstellung der Antragstellerinnen würde sich daher nicht nur dann verbessern, wenn die Sperrgebietsverordnung hinsichtlich des Grundstücks ... ... für (teil-)unwirksam erklärt werden würde, sondern auch dann, wenn eine vollumfängliche Nichtigerklärung der Verordnung erfolgte. Denn dies hätte zur Folge, dass die bisherige Sperrbezirksverordnung wieder auflebte, welche die Ausübung der Wohnungsprostitution in einem erheblich größeren räumlichen Umfang zulässt.
II.
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Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende (1.) Sperrgebietsverordnung hält sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 EGStGB (2.).
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1. Die Sperrgebietsverordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium ist nach § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 03.03.1976 (GBl. S. 290) für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung auf Grund von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EGStGB sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Tübingen ergibt sich aus §§ 11, 12 Abs. 4, § 13 Satz 1 LVG. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde vom Verordnungsgeber beachtet (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Die Sperrgebietsverordnung ist auch ordnungsgemäß verkündet worden (vgl. §§ 2 und 3 VerkG). Die Verordnung selbst wurde im Gesetzblatt vom 03.06.2013 bekanntgemacht. Die Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen, auf denen die Toleranzzonen, wie in § 2 Abs. 3 der Verordnung vorgesehen, als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen sind, wurden vom 04.06.2013 bis 25.06.2013 beim Regierungspräsidium Tübingen und bei der Stadt Friedrichshafen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt.
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2. Die Sperrgebietsverordnung ist jedoch materiell rechtswidrig. Sie stützt sich zwar mit Art. 297 Abs. 1 EGStGB auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (a)), ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt (b)) und - mit Ausnahme von zwei als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen - grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen (c)). Der Verordnungsgeber hat indes den Ermächtigungsrahmen unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Ausdehnung des Sperrgebiets nicht eingehalten und gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen (d)). Zudem weist die Verordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf (e)).
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a) Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution für das Gebiet von Gemeinden, gestaffelt nach Einwohnerzahl, ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf die Prostitution nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht für das gesamte Gemeindegebiet, sondern nur für Teile dieses Gebiets verboten werden, und auch dies nur insoweit, als es zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands erforderlich ist. Innerhalb des Normzweckes besteht daneben die Möglichkeit eines Verbotes der Straßenprostitution für das gesamte Gebiet nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGStGB. Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind nach § 297 Abs. 3 EGStGB verboten. Diese Vorschriften sind ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar und bilden daher weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28.13 -, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 105).
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b) Die Sperrgebietsverordnung ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt. Der allgemeine Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstellt, verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen; erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 m.w.N.). Dieses Erfordernis wird durch das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene besondere Bestimmtheitsgebot für Straf- und Bußgeldtatbestände ergänzt. Der Normgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. nur BVerfG , Beschl. v. 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 -, NVwZ 2012, 504 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Ausweisung der Toleranzzonen in der Verordnung gerecht. Denn ihre räumliche Ausdehnung lässt sich anhand der Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen in Verbindung mit der zusätzlichen Beschreibung in § 2 Abs. 2 der Verordnung klar ersehen.
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c) Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung; die Verordnung muss sich folglich gegen Gefahren richten, die aus Verhaltensweisen oder Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können. Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472, und Urt. v. 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, NVwZ-RR 2004, 470; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
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Hiernach begegnet die Sperrgebietsverordnung keinen rechtlichen Bedenken, was das Erfordernis des Bezugs auf die gesetzliche Zweckbestimmung betrifft (aa)). Die Verordnung ist - mit Ausnahme der als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ - grundsätzlich auch zur Zweckerreichung geeignet (bb)).
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aa) Das Regierungspräsidium hat die angefochtene Sperrgebietsverordnung auf Anregung der Stadt Friedrichshafen erlassen. Diese hat auf eine derartige Verordnung im Wesentlichen deshalb gedrängt, weil die bisherige, auf eine Verhinderung der Prostitutionsausübung in den eingemeindeten Ortsteilen ausgerichtete Sperrbezirksverordnung nicht mehr der aktuellen städtebaulichen Entwicklung entspreche. Derzeit würden Wohngebiete nicht von der Sperrbezirksverordnung erfasst, obwohl dort die Prostitution planungsrechtlich verboten sei. Es bestehe daher nicht nur eine abstrakte Jugendgefährdung, weil immer damit zu rechnen sei, dass sich in Wohngebäuden auch Jugendliche aufhielten und der Prostitution erkennbar ausgesetzt würden. Darüber hinaus drohe wegen der besonderen geografischen Lage Friedrichshafens und der sich dort laufend entwickelnden großen Messe eine Überfrachtung der Stadt mit entsprechender Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Betrieben, die jugendgefährdend und dem öffentlichen Anstand zuwiderlaufend in die Öffentlichkeit ausstrahlen und mit allen negativen Begleiterscheinungen zu einer milieubedingten Unruhe führen würden. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, sei es notwendig, die Prostitutionsausübung durch ein grundsätzliches Verbot, verbunden mit der Ausweisung von Toleranzzonen zu kanalisieren.
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Diese Darlegungen der Stadt Friedrichshafen, die in Übereinstimmung mit der Auffassung der Polizeidirektion Friedrichshafen stehen, die ebenfalls den Erlass der Sperrgebietsverordnung befürwortet hat, hat das Regierungspräsidium als Verordnungsgeber als eigene Erwägungen übernommen. Sie stimmen unter Berücksichtigung der insoweit nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit mit dem Normzweck überein und lassen insbesondere den erforderlichen Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung, den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands, erkennen.
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Das Regierungspräsidium hat sich maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass wegen der geografischen Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz und der Funktion der Stadt als Messestandort eine „Marktsättigung“ im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung nicht festzustellen sei. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und, wie wiederholte Anfragen auf Betriebsgründungen und -erweiterungen und auf Ausübung von Straßenprostitution belegten, auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. In Anbetracht der Größe der Stadt und der hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze hat das Regierungspräsidium die Gefahr gesehen, dass bei einer unreglementierten weiteren Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen diese aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahlen und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontieren würden. Damit bezieht es sich beanstandungsfrei auf Erfahrungssätze, wonach insbesondere die Bordellprostitution mit negativen Begleiterscheinungen - auch einer „milieubedingten Unruhe“ - verbunden ist. Hierzu zählen insbesondere das mehr oder minder aufdringliche Werben von Freiern und damit einhergehend anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, die Kontaktaufnahme, die sich auch in dieser Situation oft vor den Gebäuden auf den Straßen abspielt, sowie das Anfahren und Abfahren der Freier (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.).
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Das Regierungspräsidium hat dabei nicht verkannt, dass sich die so umschriebene abstrakte Gefahr nicht auf jegliche Erscheinungsform der Prostitution bezieht, sondern nur auf eine solche, die keinen Wert auf Zurückhaltung legt (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Dementsprechend hat es gerade nicht ganz allgemein die Existenz beziehungsweise Neuansiedlung von Bordellen im Visier. Es bezweckt vielmehr, mit der Sperrgebietsverordnung einer starken Vermehrung solcher Einrichtungen und einer damit einhergehenden Entwicklung zu begegnen; denn dies würde seiner Einschätzung nach zu einer Prostitution führen, die nach außen in Erscheinung tritt und deswegen die befürchteten negativen Auswirkungen für die Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nach sich zieht. Dass gerade diese prognostische Einschätzung dem Erlass der Sperrgebietsverordnung zugrunde lag, wird dadurch belegt, dass das Regierungspräsidium die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen in seine Bewertung ausdrücklich einbezogen hat (vgl. Verordnungsbegründung S. 2). Dass es, wie seine Bezugnahme auf die Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich verdeutlicht, darüber hinaus als Nebenzweck auch die Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt hat, ist unschädlich (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O. m.w.N.).
72 
bb) Die in §§ 1 und 2 der Verordnung vorgesehene Gestattung der Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen ist grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Allerdings ist die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar.
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(1) Gegen die Eignung der Verordnung zur Zweckerreichung spricht nicht schon, dass durch deren § 3 bereits bestehenden Betrieben Bestandsschutz gewährt wird. Zwar weisen die betroffenen Betriebe teilweise eine konkrete Ausgestaltung auf, die mit deutlichen Hinweisen auf den Betriebszweck verbunden ist (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ), so dass die Prostitution nach außen in Erscheinung tritt. Eine Unvereinbarkeit mit dem Verordnungszweck lässt sich gleichwohl nicht feststellen. Die Verordnung zielt nämlich - wie dargelegt - nicht auf die völlige Verdrängung der Prostitution aus Friedrichshafen, sondern auf die Verhinderung der Gefahr einer Veränderung der Auswirkungen der Prostitution. Ein Bestandsschutz ist dann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum Schutz des Eigentums und der Berufsfreiheit der Betroffenen geboten (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
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(2) Der Normzweck des Art. 297 EGStGB ist jedoch dann nicht mehr gewahrt, wenn der Verordnungsgeber einen Bereich als Sperrgebiet ausweist, in dem der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes aus tatsächlichen Gründen obsolet geworden (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.) oder bei einer konkret gebietsbezogenen Betrachtung eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen ist (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Sieht eine Sperrgebietsverordnung Toleranzzonen vor, so hat der Verordnungsgeber die nach seiner Konzeption hierfür in Betracht kommenden Gebiete insbesondere nach der dort jeweils gegebenen tatsächlichen und baurechtlichen Situation auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei der Einschätzung der negativen Auswirkungen von Prostitution in einem Gebiet darf der Verordnungsgeber in der Regel auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnisse abstellen. Unter besonderen Voraussetzungen ist er jedoch gehalten, auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die im Baurecht zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung - auch der „milieubedingten Unruhe“ - zur Verfügung stehen. Eine vorsorgliche baurechtliche Prüfung hypothetischer Vorhaben ist dabei nicht geboten. Das Baurecht ist jedoch in den Blick zu nehmen, wenn sich baurechtliche Handlungsmöglichkeiten aufdrängen oder ein Vorhaben bereits baurechtlich geprüft worden ist (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
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Die Ausweisung des Hafenviertels der Stadt Friedrichshafen - mit dem Grundstück ... ... - als Sperrgebiet und die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen sind hiernach nicht zu beanstanden.
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Das Hafenviertel der Stadt Friedrichshafen wird durch die bisher nur im Gebäude ... ... vorhandene Wohnungsprostitution weder in einer Weise geprägt, dass für einen weiteren Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands kein Raum mehr wäre, noch lässt sich feststellen, dass in diesem Bereich eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen wäre. Im Gegenteil war die bislang faktisch geduldete Wohnungsprostitution trotz ihrer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit (vgl. dazu HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.) in der Vergangenheit mit prostitutionstypischen Begleiterscheinungen verbunden, wie aus den vom Antragsgegner vorgelegten Anliegerbeschwerden und Polizeiberichten hervorgeht. Unter anderem hatten Prostituierte im Mai 2013 im Bereich ... männliche Passanten angesprochen, um sie als Kunden zu gewinnen, und Bewohner des Gebäudes ... ... wiederholt Belästigungen und anstößiges Verhalten durch die Prostitutionsausübung und die im Gebäude herumlaufenden Freier beanstandet. Die Schutzbedürftigkeit des Hafenviertels vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution steht mithin außer Frage. Dabei ist unschädlich, dass sich der Erlass der Verordnung insoweit auch als eine Reaktion auf Anliegerbeschwerden darstellt (vgl. HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Abhilfemöglichkeiten waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht ersichtlich. Insbesondere musste das Regierungspräsidium kein Verbot von Außenwerbung erwägen, nachdem die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... bislang ohne Hinweis auf den Nutzungszweck erfolgt war (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ).
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Auch gegen die Nichtausweisung der Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen ist nichts zu erinnern. Die Gewerbegebiete „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ weisen bislang keine Prostitutionsbetriebe auf. Dass dort bei einer prostitutiven Nutzung eine belästigende Außenwirkung, die mit der Verordnung abgewehrt werden soll, zu befürchten ist, hat das Regierungspräsidium rechtsfehlerfrei mit der - im Vergleich zu den übrigen Toleranzzonen - besonderen Schutzbedürftigkeit und Sensibilität der Gebiete begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.). Ob es in diesen Gebieten die Belange des Jugendschutzes und des Schutzes des öffentlichen Anstands mit Blick auf die ihm durch den Gesetzgeber gezogenen räumlichen Grenzen und dessen Entscheidung für eine grundsätzliche Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern auch hätte zurückstellen können (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
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Im Gewerbegebiet „Rohrbach“ befinden sich eine Einrichtung für behinderte Menschen und eine Ballettschule; zudem grenzt das Gebiet ohne künstliche oder natürliche Trennlinie unmittelbar an Wohnbebauung und einen Kinderspielplatz an, weshalb bei einer prostitutiven Nutzung eine Ausstrahlung des Prostitutionsmilieus zu befürchten wäre. Für das Gewerbegebiet „Allmannsweiler“ gilt Entsprechendes. Dort sind die Bernd-Blindow-Schule Friedrichshafen und eine Fachhochschule gelegen; auch dieses Gebiet grenzt unabgeschirmt unmittelbar an Wohnbebauung an. Im Gewerbegebiet „Aistegstraße“ wiederum befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung zwar bereits drei bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle; zudem waren zwei weitere Betriebe mit Prostitutionsausübung in unmittelbarer Nähe südlich des Gebiets gelegen. Gleichwohl lässt sich auch insoweit nicht feststellen, dass der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands bis zur Bekanntmachung der Verordnung obsolet geworden wäre. Das Gewerbegebiet „Aistegstraße“ stellt trotz der vorhandenen Bordellprostitution kein reines Vergnügungsviertel dar. Im Gegenteil befindet sich dort neben weiteren, nicht mit der Prostitutionsausübung verbundenen gewerblichen Nutzungen das Ausbildungszentrum der ... ... ..., das von - zu einem großen Teil minderjährigen - Auszubildenden und Schülerpraktikanten in hoher Zahl besucht wird. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen im Schreiben vom 23.02.2012 die drei vorhandenen Prostitutionsbetriebe ihre Vor-Ort-Werbemaßnahmen in den vergangenen Jahren erheblich intensiviert haben. Angesichts dessen ist die Einschätzung des Regierungspräsidiums, dass mit weiteren Ansiedlungen des Prostitutionsgewerbes in diesem Gebiet eine verstärkte Gefährdung der Belange des Jugendschutzes verbunden wäre, die nunmehr ein verordnungsrechtliches Verbot der Prostitutionsausübung erforderlich macht, nicht zu beanstanden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung in den Gewerbegebieten „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ mussten sich dem Regierungspräsidium nicht aufdrängen.
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(3) An der Geeignetheit der Verordnung, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, fehlt es auch, wenn infolge der Neuausweisung einer bisherigen faktischen Toleranzzone als Sperrgebiet bislang von der Prostitutionsausübung nicht betroffene und in nicht geringerem Maße schutzbedürftige Gemeindeteile in Mitleidenschaft gezogen und der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes in diesen Teilen erstmals beeinträchtigt wird. Der Erlass einer Sperrgebietsverordnung darf nämlich nicht in Umkehrung des Normzweckes zu relevanten Beeinträchtigungen von Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes bei Teilen der Wohnbevölkerung führen, die bisher von solchen Beeinträchtigungen nicht berührt waren (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). Dieser Maßgabe ist nicht bereits dadurch Rechnung getragen, dass - wie hier - mit den ausgewiesenen Toleranzzonen die Verlagerung der Prostitutionsszene in Teile des Gemeindegebiets vorgesehen wird, die überwiegend gewerblich-industriell geprägt sind. Der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Gewerbegebiete unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands von vornherein als schutzbedürftige Gebiete ausfallen (HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Hiervon ist das Regierungspräsidium auch nicht ausgegangen, wie die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen zeigt.
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Gemessen daran bestehen gegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Industriegebiet“ (Tz 1), „ZF-Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), und „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) als Toleranzzonen keine rechtlichen Bedenken. Sämtliche Gebiete sind von den seitens der Antragstellerinnen angeführten schutzbedürftigen Einrichtungen in einer Weise abgeschirmt, dass eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstands nahezu ausgeschlossen werden kann. Soweit es das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ betrifft, ist eine Abschirmung vom südlich gelegenen Karl-Maybach-Gymnasium durch die an dieser Stelle mehrspurige Bundesstraße (B 31) und den Maybachplatz gewährleistet. Das Gewerbegebiet „ZF-Werk 1“ wird vom rückwärtigen Bereich des Städtischen Hallenbades durch die Löwentaler Straße abgegrenzt und weist hierzu einen ausreichenden Abstand auf; hinzu kommt, dass das Hallenbad nicht von der Löwentaler Straße, sondern von der Ehlersstraße aus erschlossen ist. Die Gebäude und Wohnheime der Bernd-Blindow-Schulen in der Allmansweilerstraße ..., … und … sind vom Gewerbegebiet „Parkplatz“ etwa 400 m beziehungsweise 500 m entfernt und werden gegenüber dem Gewerbegebiet „Entmagnetisierungsanlage“ durch den Allmannsweiler Bach natürlich abgeschirmt. Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit oder Sensibilität der Gewerbegebiete „Bunkhofen“ (Tz 2), „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a), „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) und „Seewiesen“ (Tz 9) sind nicht ersichtlich.
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Als nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar erweist sich hingegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen. Im Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ befindet sich in der Adelheidstraße 37 ebenfalls ein Wohnheim der Bernd-Blindow-Schulen; zudem grenzt das Gebiet im südwestlichen Bereich unmittelbar an ein Mischgebiet an, das nicht unerheblich durch Wohnbebauung geprägt ist. Prostitutionsbetriebe waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht vorhanden. Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von derjenigen in den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“, die im Normgebungsprozess als mögliche Toleranzzonen ausgeschieden wurden (s. oben II. 2. c) bb) (2)). Das Gewerbegebiet „Kitzenwiese“ wiederum weist zwar einen ausreichenden Abstand zu den westlich gelegenen Schulen (Claude-Dornier-Schule; Hugo-Eckener-Schule) auf und wird von diesen zusätzlich durch die Steinbeisstraße abgeschirmt. Allerdings befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung im Gebiet mehrere Diskothekenbetriebe in der Anton-Sommer-Straße ... („... ...“, „... ...“) und ... („... ...“, „...“), während Prostitutionsbetriebe im Gebiet bislang nicht vorhanden waren. Nach den Angaben des Vertreters der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung wurde seinerzeit jedenfalls die Diskothek „...“ von jugendlichem Publikum besucht. Zum deshalb erstmals gebotenen Schutz dieses Publikums vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution hat sich das Regierungspräsidium weder im Normgebungsprozess noch im gerichtlichen Verfahren verhalten.
82 
In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Verordnungsgeber wegen der grundsätzlichen gesetzgeberischen Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern unter Umständen gezwungen sein kann, auch solche Teile des Gemeindegebiets von der Sperre auszunehmen, in denen zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes ein Verbot der Prostitution an sich ebenfalls wünschenswert wäre (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass er Erwägungen zur Schutzbedürftigkeit der von ihm ausgewiesenen Toleranzzonen anstellt, anhand derer sich seine Entscheidung, in einzelnen Gebieten dem Jugendschutz und dem Schutz des öffentlichen Anstands im Gegensatz zu anderen Gebieten nicht den Vorrang einzuräumen, nachvollziehen lässt. Denn andernfalls kann seine Einschätzung zur Geeignetheit der Verordnung, diesen Zwecken zu dienen, nicht vollumfänglich auf ihre sachliche Vertretbarkeit und Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden.
83 
Solche Erwägungen fehlen - wie dargelegt - hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kitzenwiese“ vollends. Zum Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ hat der Antragsgegner zwar im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben, dass die Toleranzzone hinreichend groß sei und dort baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig seien, die nicht Vergnügungsstätten seien. Allerdings kann auch anhand dieser Darlegungen nicht nachvollzogen werden, weshalb die Toleranzzone im Gegensatz zu den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ im Normgebungsprozess nicht ausgeschieden oder räumlich enger gefasst wurde. Dem Umstand, dass im Gewerbegebiet „Adelheid-/Die-tostraße“ nur gewerbliche Betriebe zulässig sind, die nicht Vergnügungsstätten sind, kommt insoweit keine Unterscheidungskraft zu. Denn nach dem gegenwärtigen Stand von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur ist davon auszugehen, dass Bordelle und bordellartige Betriebe den in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen „Gewerbebetrieben aller Art“ und nicht den nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen „Vergnügungsstätten“ zuzuordnen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 m.w.N.). Dies war dem Regierungspräsidium im Normgebungsprozess auch bekannt, nachdem die Stadt Friedrichshafen mit Schreiben vom 04.07.2012 die nach ihrem Dafürhalten bestehende Notwendigkeit, auch das Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ als Toleranzzone auszuweisen, gerade mit der „neuen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.03.2012“ begründet hatte. Der Hinweis auf die Ausdehnung des Gewerbegebiets hilft ebenfalls nicht weiter, da die Größe eines Gebiets keinen Rückschluss auf dessen Schutzbedürftigkeit zulässt. Das Vorliegen einer an Inhalt, Zweck und Ausmaß des Art. 297 EGStGB ausgerichteten Erwägung lässt sich mithin auch insoweit nicht feststellen.
84 
Danach fehlt es an einem sachlichen Grund dafür, dass das Regierungspräsidium die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) trotz ihrer Schutzbedürftigkeit als Toleranzzonen ausgewiesen hat, so dass sich die Sperrgebietsverordnung insoweit als ungeeignet erweist, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Dies hat zur Folge, dass diese Gebiete bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht berücksichtigt werden können.
85 
d) Die Sperrgebietsverordnung muss weiterhin den in Art. 297 Abs. 1 EGStGB enthaltenen Anforderungen an die räumliche Ausdehnung des Sperrgebiets genügen und darf insbesondere nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen.
86 
aa) In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf, um ein unerwünschtes Abgleiten der Prostitution, die vom Gesetzgeber in Gemeinden dieser Größenordnung als unvermeidlich angesehen wird, in die Illegalität zu vermeiden, die Ausübung der Bordell- und Wohnungsprostitution nur für Teile des Gemeindegebietes verboten werden. Hieraus folgt, dass eine Sperrgebietsregelung unzulässig ist, die dazu führt, dass faktisch für das gesamte Gebiet einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern die Ausübung der Prostitution verboten ist. Andererseits ist die Verordnungsermächtigung ersichtlich so weit gefasst, dass der Verordnungsgeber in die Lage versetzt werden soll, die für erforderlich gehaltenen Sperrgebietsregelungen den örtlichen Gegebenheiten und der Struktur des jeweiligen Gemeindegebietes anzupassen. Sofern der Normzweck nicht anders erreicht werden kann, darf auch der weitaus überwiegende Teil des Gemeindegebiets zum Sperrbezirk erklärt werden. Eine bestimmte Mindestgröße des Gebiets beziehungsweise ein bestimmter prozentualer Mindestanteil am gesamten Gemeindegebiet, in dem Prostitution zugelassen werden muss, lässt sich der Ermächtigungsnorm nicht entnehmen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Diesen Maßstäben wird die angegriffene Verordnung gerecht. Auch bei Nichtberücksichtigung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ stehen mit den ausgewiesenen Toleranzzonen für die Prostitutionsausübung noch immer Gebiete von einiger Bedeutung und ausreichender Größe zur Verfügung. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass ein erheblicher Teil der vorhandenen Bordelle - konkret geht es um die Prostitutionsbetriebe in der ... ... („... ...), der ... ... („... ... / ... ...“), der ... ... („... ...“, „... ...“), ... („...“), ... („... ...“) und ... („... ... / ...“), der ... ... ... („... ...“) und der ... ... („... ...“) - wegen des Bestandsschutzes nicht umgesiedelt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
87 
bb) Der Verordnungsgeber muss bei der Ausweisung von Prostitutionssperrgebieten ferner darauf achten, dass die Toleranzzonen nicht überwiegend Gebiete aufweisen, die aus Rechtsgründen für Bordelle und bordellartige Betriebe unbebaubar beziehungsweise nicht nutzbar sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Auch dieser Anforderung wird die angegriffene Verordnung prinzipiell gerecht. Die Toleranzzonen sind sämtlich als Gewerbegebiete ausgewiesen oder werden - sofern keine bauplanungsrechtliche Ausweisung erfolgt ist - tatsächlich entsprechend genutzt. In diesen Gebieten ist die Ansiedlung von Bordellen und die Ausübung von Wohnungsprostitution grundsätzlich zulässig (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies wird auch von den Antragstellerinnen nicht in Abrede gestellt. Sofern sie bezweifeln, dass die jeweiligen Eigentümer bereit sein werden, bisher gewerblich genutzte Grundstücke an Prostituierte zu veräußern oder zu vermieten, kommt diesem Vortrag im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Verordnungsgeber kann auf die Eigentumsverhältnisse außerhalb des Sperrgebietes nur sehr eingeschränkt Rücksicht und Einfluss nehmen, so dass ihm eine Garantenstellung gegenüber möglichen Vermietern und Betreibern von Prostituiertenwohnungen und bordellähnlichen Betrieben nicht zukommt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
88 
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der überwiegende Teil der in einer Toleranzzone befindlichen Flächen im Eigentum oder der Verfügbarkeit der öffentlichen Hand befindet. In diesem Fall muss vom Verordnungsgeber die tatsächliche Verfügbarkeit für den beabsichtigten Zweck nachgeprüft werden, weil ansonsten die beabsichtigte Regelung ins Leere geht beziehungsweise genau das Gegenteil bewirkt und verdeckt weiteres Sperrgebiet geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urt. v. 24.06.1998 - 24 N 97.655 u.a. -, BayVBl. 1998, 723; vgl. auch HessVGH, Urt. v. 08.12.1992 - 11 N 2041/91 -, NVwZ-RR 1993, 294). Hiervon könnte allenfalls das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ betroffen sein, von dessen Flächen sich nach Auskunft der Stadt Friedrichshafen vom 08.05.2014 seinerzeit noch etwa 35.000 m² in ihrem Eigentum befanden. Eine Prüfung, ob die Stadt zur Überlassung der betroffenen Grundstücke an potentielle Prostitutionsbetriebe generell bereit wäre (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.), hat das Regierungspräsidium nicht vorgenommen. Ob eine solche Prüfung hier im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung erforderlich gewesen wäre oder angesichts des Gewerbeflächenangebots in der Toleranzzone von insgesamt mehr als 80.000 m² (vgl. Flächennutzungsplan 2015 der Verwaltungsgemeinschaft Friedrichshafen-Immenstaad von Juli 2006, S. 83) entbehrlich war, bedarf indes keiner Entscheidung.
89 
Denn gegen die Ausweisung des Gewerbegebiets „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) als Toleranzzone bestehen aus anderen Gründen durchgreifende Bedenken. Der zugehörige - allerdings nicht vollständig gebietskongruente - Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vom 24.10.2005 sieht unter Nummer A.5 der textlichen Festsetzungen eine Mindestgröße für Gewerbegrundstücke im GE 1 von 1.500 m² und im übrigen Gewerbegebiet von 5.000 m² vor. Dieser Gesichtspunkt und die Tatsache, dass die in diesem Gebiet angesiedelten beziehungsweise sich ansiedelnden Unternehmen an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung für Bordelle offensichtlich gar nicht interessiert sind oder sein werden - der Vertreter der Stadt Friedrichshafen hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das mit der Vermarktung des „Competence Park“ Friedrichshafen betraute Unternehmen lediglich Büroflächen vermietet -, ist in den Abwägungsvorgang des Regierungspräsidiums nicht eingeflossen. Betrachtet man das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“, so fällt auf, dass sich die Sperrgebietsverordnung nicht in die bauplanungsrechtliche Situation einfügt, sondern dass erst geeignete Flächen - insbesondere für die von den Antragstellerinnen betriebene Wohnungseinzelprostitution - ausgewiesen werden müssten, damit von einer ausgewiesenen Toleranzzone gesprochen werden kann. Bisherige Toleranzzonen können zwar aus übergeordneter stadtplanerischer Sicht bei einer strukturellen Umwandlung eines Stadtgebiets geschlossen werden und genießen damit auch keinen bauplanungsrechtlichen Bestandsschutz. Bei der Abwägung hinsichtlich der Neuausweisung einer Toleranzzone muss jedoch beachtet werden, inwieweit die Toleranzzone auch rein tatsächlich aus planerischer Sicht geeignet ist (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Steht von vornherein fest, dass sich die Prostituierten dort nicht niederlassen können, ist die Ausweisung einer derartigen Toleranzzone sachlich nicht vertretbar. Das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ ist deshalb, soweit sich der Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ hierfür Geltung bemisst, bei der weiteren Prüfung, ob die Verordnung mit dem Kasernierungsverbot zu vereinbaren ist, nicht zu berücksichtigen.
90 
cc) Die Verordnung darf weiterhin nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen. Danach sind Beschränkungen verboten, die dazu führen, dass die Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks beschränkt wird. Bei der Prüfung, ob die in einer Sperrgebietsverordnung zugelassenen Toleranzzonen gegen dieses Verbot verstoßen, ist von einer konkreten Betrachtung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auszugehen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber die ausgewiesenen Toleranzzonen nur auf ihre ausreichende flächenmäßige Aufnahmefähigkeit zur Bewältigung des vorhandenen Prostitutionsbedarfs sowie darauf untersuchen kann, ob in ihnen zum überwiegenden Teil die Errichtung von Bordellen planungsrechtlich zulässig ist. Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn entweder die Ausweisung der Toleranzzonen in einer Weise erfolgt, dass die Ausübung der Prostitution auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks beschränkt wird, oder wenn zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen ist (vgl. vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
91 
Ausgehend hiervon verstößt die Sperrgebietsverordnung gegen das Kasernierungsverbot, weil im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge zu rechnen war.
92 
Nach dem unbestrittenen, ohne Weiteres nachvollziehbaren Sachvortrag der Antragstellerinnen standen beziehungsweise stehen die Flächen in den Gewerbegebieten „Industriegebiet“ (Tz 1), „Bunkhofen“ (Tz 2), „ZF Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) und „Seewiesen“ (Tz 9) aufgrund der dort angesiedelten Gewerbebetriebe für die Ausübung der Prostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ umfasst das ..., die Werksgelände der ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... sowie die Gelände der ... ... ... und des Autohauses ... ... ... Im - sich ohnehin nur auf eine Straße (Siemensstraße) beschränkenden - Gewerbegebiet „Bunkhofen“ sind Filialen der ... ... und der ... ... ..., das Autohaus ... ... ... ..., eine Niederlassung der ... ... ..., die ... ... ... ... ... ... sowie die Gewerbebetriebe ... ... ..., ...-... ... ... ... ..., ... ... und ... ... ... angesiedelt. Die Gewerbegebiete „ZF Werk 1“ und „Entmagnetisierungsanlage“ werden vollumfänglich von Werksgeländen der ... ... ... beziehungsweise der ... ... ... ... ... ... ... eingenommen. Im - wiederum nur eine Straße (Allmannsweiler Straße) ausmachenden - Gewerbegebiet „Parkplatz“ sind Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... ... und der ... ... ... ... ... ... sowie eine Filiale der ... ... ... ... ... ... ... beherbergt. Das - ebenfalls nur eine Straße (Lindauer Straße) betreffende - Gewerbegebiet „Seewiesen“ schließlich umfasst Verkaufsflächen des ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... ... ... ... sowie die Betriebsgelände der ... ... ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... ... ... Die Toleranzzonen 1, 2, 3, 6, 7 und 9 werden mithin durchwegs von - vorwiegend größeren - ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die auf absehbare Zeit an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs offensichtlich nicht interessiert sind. Eine differenzierte Betrachtungsweise beziehungsweise ein Abwägungsvorgang, der diesen tatsächlichen Einschränkungen Rechnung trüge, lässt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Soweit der Vertreter der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, dass die Firma ... ihren Geschäftssitz in Friedrichshafen zwischenzeitlich aufgegeben und es für das betroffene Gebäude auch eine Anfrage eines Bordellbetreibers gegeben habe, handelt es sich um einen im Zeitpunkt der Bekanntmachung nicht vorhersehbaren Einzelfall, der keine andere Bewertung rechtfertigt, zumal der Bordellbetreiber letztlich nicht zum Zuge kam.
93 
Die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) sowie - größtenteils - „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) sind bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht zu berücksichtigen, da - wie dargelegt - die Sperrgebietsverordnung sich insoweit bereits als ungeeignet erweist, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, beziehungsweise das Regierungspräsidium die durch den Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vorgegebene bauplanungsrechtliche Situation bei seiner Abwägung nicht in Rechnung gestellt hat. Soweit der Bebauungsplan die Toleranzzone Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ nicht erfasst, ist das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB ohne Rücksicht darauf, ob sich dort Gebäude befinden, die für die Prostitutionsausübung in Betracht kommen, schon deshalb verletzt, weil die betroffenen Prostituierten auf einen Straßenzug (nördlicher Teil der Barbarossastraße) abgedrängt werden.
94 
Schließlich ist auch das Gewerbegebiet „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) nicht geeignet, die aus anderen Bereichen verdrängte Prostitution aufzunehmen. Nach dem zutreffenden Sachvortrag der Antragstellerinnen werden auch die dortigen Flächen überwiegend von ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die an der im Raum stehenden Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs erkennbar nicht interessiert sind. Konkret handelt es sich um ein Werksgelände der ... ... ... und das Betriebsgelände der Firma ... westlich der Gutenbergstraße sowie die Betriebsgelände der ... ... ..., der ... ... ..., der ... ...-... ..., der ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... östlich der Gutenbergstraße. Soweit sich im nordöstlichen Bereich der Toleranzzone auch Flächen befinden, die im Eigentum der Stadt Friedrichshafen stehen - nach deren Auskunft vom 08.05.2014 geht es um etwa 19.000 m² -, handelt es sich um die Städtischen Baubetriebe, in denen der Bauhof, die Stadtgärtnerei und die Friedhofsverwaltung untergebracht sind. Auch diese Flächen stehen mithin aufgrund ihrer Bindung für andere Zwecke für die Ansiedlung von Bordellen oder die Ausübung von Wohnungsprostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Jedenfalls hätte es vor der Einschätzung, dass die Flächen zur Aufnahme von Prostitutionsbetrieben geeignet seien, dahingehender Ermittlungen des Regierungspräsidiums bedurft. Im Übrigen würde sich auch insoweit die Möglichkeit zu einer Ausübung des Gewerbes mit Art. 297 Abs. 3 EGStGB unvereinbar auf einen Straßenzug (Rheinstraße) beschränken.
95 
e) Die Sperrgebietsverordnung darf schließlich nicht gegen sonstige Rechte der von ihr betroffenen Personen verstoßen. In Betracht kommt hier eine Verletzung der Grundrechte, insbesondere der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Prostituierten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten und als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziels, den Landesregierungen - oder den von diesen ermächtigten Behörden - mit der Möglichkeit der Einrichtung von Sperrgebieten ein Instrument an die Hand zu geben, etwaigen mit der Prostitutionsausübung einhergehenden Missständen im konkreten Fall begegnen zu können, und insbesondere angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes den Prostituierten und anderen Personen, die im Zusammenhang mit der Prostitution ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zumutbar ist, mit einer Sperrgebietsverordnung konfrontiert zu werden. Ihre Belange, insbesondere wenn ein Sperrgebiet festgelegt werden soll, in dem bisher mangels Sperrgebietsverordnung der Prostitution nachgegangen worden ist, sind jedoch beim Erlass von Sperrgebietsverordnungen sowie bei deren gerichtlicher Kontrolle zu berücksichtigen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; OVG RP, Urt. v. 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262). Die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Ausweisung von Toleranzzonen ist daher darauf zu überprüfen, ob sie sich unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange als verhältnismäßig erweist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.).
96 
Gemessen daran weist die angegriffene Sperrgebietsverordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf. Die Wohnungsprostitution ist, auch wenn Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution für diesen Bereich nicht von vornherein als ausgeschlossen betrachtet werden können, typischerweise weniger auffällig als die Straßen- und Bordellprostitution (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Auch bei der von den Antragstellerinnen bislang im Gebäude ... ... betriebenen Wohnungseinzelprostitution (vgl. zu diesem Begriff: BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.) blieben in Anbetracht der fehlenden Außenwerbung und der beschränkten Zahl der dort tätigen Prostituierten die störenden Begleiterscheinungen deutlich hinter denjenigen der sonstigen Bordell- und bordellartigen Betriebe zurück. Dieser geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution hätte das Regierungspräsidium beim Ausgleich der betroffenen Belange Rechnung tragen müssen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Dabei hätte sich ihm insbesondere die Frage aufdrängen müssen, ob die undifferenzierte Ausweisung von grundsätzlich keine Wohnnutzung vorsehenden Gewerbegebieten als Toleranzzonen dem Interesse der Antragstellerinnen an einer Fortführung der Prostitution in einer einzelnen Wohnung, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht, gerecht wird oder ob für die Wohnungsprostitution anders als für die Bordellprostitution auch Nicht-Gewerbegebiete, etwa Kern- oder Mischgebiete mit vorhandener Wohnnutzung, als Toleranzzonen in Betracht zu ziehen sind. Ebenso wäre zu erwägen gewesen, ob den Schwierigkeiten, die mit der Anmietung anderer für die Wohnungsprostitution geeigneter Räume verbunden sind und die die betroffenen Prostituierten unter Umständen zur zeitweiligen Einstellung ihrer bislang in erlaubter Weise ausgeübten Berufstätigkeit zwingen können, durch Aufnahme einer Übergangsregelung für diesen Personenkreis Rechnung zu tragen ist (vgl. zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit von Übergangsregelungen aus Zumutbarkeitsgründen sowie allgemein zum Gestaltungsspielraum des Normgebers bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse: BVerfG, Beschl. v. 04.05.2012 - 1 BvR 367/12 -, BVerfGE 131, 47 m.w.N.). Dahingehende Erwägungen hat das Regierungspräsidium zu keinem Zeitpunkt angestellt, sondern stattdessen die jeweiligen Vorschläge der Stadt Friedrichshafen ohne eigene Prüfung übernommen. Hierin ist ein Abwägungsdefizit zu erblicken, das dadurch gekennzeichnet ist, dass in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301; Urt. v. 17.07.1980 - 5 C 86.79 -, juris; Beschl. v. 23.10.2013 - 6 B 16.13 -, ZUM-RD 2014, 528).
III.
97 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
99 
Beschluss vom 23. März 2016
100 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird nach § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig ( I.) und begründet (II.).
I.
57 
Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthaft und auch sonst zulässig.
58 
Die vom Regierungspräsidium erlassene Sperrgebietsverordnung ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Die Verordnung wurde am 03.06.2013 im Gesetzblatt bekannt gemacht; der Normenkontrollantrag ging am 05.03.2014 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Die Antragstellerinnen sind auch antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die Bestimmungen der Sperrgebietsverordnung wie auch deren behördlichen Vollzug unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Ihnen drohen bei Nichtbefolgung des Verbots der Prostitutionsausübung im Gebäude ...-... ... Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren. Zudem haben sie aufgrund der Ausweitung des Sperrgebiets wirtschaftliche Einbußen zu gewärtigen, weil sie sich nach anderen Räumen umsehen müssen, die entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu finden sind.
59 
Der Antragsbefugnis der Antragstellerinnen steht nicht entgegen, dass sie (gegenwärtig) lediglich Mieterinnen und nicht Eigentümerinnen der Appartements im Gebäude ... ... sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können auch Personen, denen - etwa als Mieter oder Pächter - Nutzungsrechte übertragen worden sind, als Folge nachteiliger bauplanerischer Festsetzungen Rechtsbeeinträchtigungen erleiden und deshalb im Normenkontrollverfahren - selbständig und unabhängig vom Eigentümer - überprüfen lassen, ob die ihre Nutzung beeinträchtigenden Festsetzungen unter beachtlichen Rechtsfehlern leiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2015 - 4 CN 5.14 -, NVwZ 2015, 1457 m.w.N.). Es bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auf die Überprüfung anderer Rechtsnormen zu übertragen, soweit diese - wie Sperrgebietsverordnungen - eine Abwägung widerstreitender Interessen voraussetzen (vgl. ausf. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995 - 11 N 1432/94 -, NVwZ-RR 1996, 84). Erforderlich und ausreichend ist danach, dass der jeweilige Antragsteller durch die angegriffene Rechtsnorm in einem „abwägungsrelevanten“ Interesse betroffen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris, und Urt. v. 29.06.2015, a.a.O., jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Da die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... nach der bisherigen Sperrbezirksverordnung erlaubt war, hatte der Verordnungsgeber bei deren Ersetzung durch die angefochtene Sperrgebietsverordnung Veranlassung, sich mit den einem Verbot der Prostitutionsausübung speziell in diesem Gebäude entgegenstehenden Belangen konkret auseinanderzusetzen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; vgl. auch BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009 - 1 BvR 224/07 -, BVerfGK 15, 377). Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der von den Antragstellerinnen mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer geschlossenen Mietverträge bestehen nicht.
60 
Schließlich fehlt es den Antragstellerinnen auch nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie eine über den sie räumlich beschwerenden Teil - die Ausweisung des Grundstücks ... ... als Sperrgebiet - hinausgehende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrgebietsverordnung begehren. Der Prüfungsumfang eines Normenkontrollverfahrens wird zwar - trotz dessen doppelter Funktion als subjektives Rechtsschutzverfahren und objektives Prüfungsverfahren - durch die Reichweite des Rechtsschutzbedürfnisses des jeweiligen Antragstellers begrenzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, und Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899; HessVGH, Beschl. v. 03.07.1995, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002 - 11 KN 4073/01 -, NdsVBl. 2003, 154; OVG RP, Urt. v. 26.11.2002 - 6 C 10609 -, KStZ 2003, 56; vgl. auch Senat, Urt. v. 15.12.2008 - 1 S 2256/07 -, VBlBW 2009, 220). Dadurch soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (BVerwG, Beschl. v. 18.07.1989, a.a.O.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt immer dann, wenn und - bei teilbaren Rechtsnomen - soweit der Antragsteller durch die Nichtigerklärung der Norm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb unter jedem Gesichtspunkt nutzlos ist; die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, NVwZ-RR 2012, 939). Dies ist jedoch hier, anders als in den vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 03.07.1995 (a.a.O.) oder vom Senat mit Urteil vom 15.12.2008 (a.a.O.) entschiedenen Konstellationen, nicht der Fall. Im Gegensatz zu einem Grundstückseigentümer, dem es nur um die Nutzbarkeit des vorhandenen Betriebsgrundstücks zu Prostitutionszwecken geht, nicht aber darum, irgendwo im Stadtgebiet ein Bordell zu errichten oder Räumlichkeiten an Prostituierte zu vermieten, haben die Antragstellerinnen als Mieterinnen von Räumen zur Ausübung der Wohnungseinzelprostitution auch ein rechtlich beachtliches Interesse daran, dass im Normenkontrollverfahren die konkrete Aufnahmefähigkeit der in der Sperrgebietsverordnung ausgewiesenen Toleranzzonen sowie deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution überprüft werden. Die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution hängen nämlich maßgeblich davon ab, welche Bereiche des Stadtgebiets der Verordnungsgeber als Sperrgebiet ausweist und wo dementsprechend Flächen zur Anmietung oder zum Erwerb zur Verfügung stehen. Die Rechtsstellung der Antragstellerinnen würde sich daher nicht nur dann verbessern, wenn die Sperrgebietsverordnung hinsichtlich des Grundstücks ... ... für (teil-)unwirksam erklärt werden würde, sondern auch dann, wenn eine vollumfängliche Nichtigerklärung der Verordnung erfolgte. Denn dies hätte zur Folge, dass die bisherige Sperrbezirksverordnung wieder auflebte, welche die Ausübung der Wohnungsprostitution in einem erheblich größeren räumlichen Umfang zulässt.
II.
61 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende (1.) Sperrgebietsverordnung hält sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 EGStGB (2.).
62 
1. Die Sperrgebietsverordnung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Regierungspräsidium ist nach § 2 der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 03.03.1976 (GBl. S. 290) für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung auf Grund von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EGStGB sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Tübingen ergibt sich aus §§ 11, 12 Abs. 4, § 13 Satz 1 LVG. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde vom Verordnungsgeber beachtet (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Die Sperrgebietsverordnung ist auch ordnungsgemäß verkündet worden (vgl. §§ 2 und 3 VerkG). Die Verordnung selbst wurde im Gesetzblatt vom 03.06.2013 bekanntgemacht. Die Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen, auf denen die Toleranzzonen, wie in § 2 Abs. 3 der Verordnung vorgesehen, als durchbrochen umrandete und schraffierte Flächen ausgewiesen sind, wurden vom 04.06.2013 bis 25.06.2013 beim Regierungspräsidium Tübingen und bei der Stadt Friedrichshafen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt.
63 
2. Die Sperrgebietsverordnung ist jedoch materiell rechtswidrig. Sie stützt sich zwar mit Art. 297 Abs. 1 EGStGB auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (a)), ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt (b)) und - mit Ausnahme von zwei als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen - grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen (c)). Der Verordnungsgeber hat indes den Ermächtigungsrahmen unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Ausdehnung des Sperrgebiets nicht eingehalten und gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen (d)). Zudem weist die Verordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf (e)).
64 
a) Nach Art. 297 Abs. 1 EGStGB kann durch Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes die Ausübung der Prostitution für das Gebiet von Gemeinden, gestaffelt nach Einwohnerzahl, ganz oder für Teile des Gebiets verboten werden. In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf die Prostitution nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht für das gesamte Gemeindegebiet, sondern nur für Teile dieses Gebiets verboten werden, und auch dies nur insoweit, als es zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands erforderlich ist. Innerhalb des Normzweckes besteht daneben die Möglichkeit eines Verbotes der Straßenprostitution für das gesamte Gebiet nach § 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGStGB. Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind nach § 297 Abs. 3 EGStGB verboten. Diese Vorschriften sind ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels in der Bewertung der Prostitution und des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3983) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar und bilden daher weiterhin eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Sperrgebietsverordnung (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 - 6 C 28.13 -, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 105).
65 
b) Die Sperrgebietsverordnung ist hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hinreichend bestimmt. Der allgemeine Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstellt, verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen; erforderlich ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 m.w.N.). Dieses Erfordernis wird durch das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene besondere Bestimmtheitsgebot für Straf- und Bußgeldtatbestände ergänzt. Der Normgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. nur BVerfG , Beschl. v. 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 -, NVwZ 2012, 504 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Ausweisung der Toleranzzonen in der Verordnung gerecht. Denn ihre räumliche Ausdehnung lässt sich anhand der Übersichts- und Teilpläne des Stadtplanungsamts Friedrichshafen in Verbindung mit der zusätzlichen Beschreibung in § 2 Abs. 2 der Verordnung klar ersehen.
66 
c) Bei Erlass der Sperrgebietsverordnung hat der Verordnungsgeber zunächst zu prüfen, ob sie hinsichtlich der in Rede stehenden Gebiete dem Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands dient. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu schützenden Rechtsgüter konkret gefährdet oder gestört sind. Es genügt vielmehr eine abstrakte Gefährdung; die Verordnung muss sich folglich gegen Gefahren richten, die aus Verhaltensweisen oder Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können. Die Verordnung ist rechtmäßig, wenn ein Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung erkennbar vorliegt und die Norm geeignet erscheint, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Bei der Überprüfung, ob der Verordnungsgeber diese Voraussetzungen eingehalten hat, darf das Gericht nicht dessen Überlegungen durch seine eigenen ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Abwägungen und Wertungen des Verordnungsgebers sachlich vertretbar sind und mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990 - 11 N 2596/87 -, NVwZ-RR 1990, 472, und Urt. v. 31.10.2003 - 11 N 2952/00 -, NVwZ-RR 2004, 470; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
67 
Hiernach begegnet die Sperrgebietsverordnung keinen rechtlichen Bedenken, was das Erfordernis des Bezugs auf die gesetzliche Zweckbestimmung betrifft (aa)). Die Verordnung ist - mit Ausnahme der als Toleranzzonen ausgewiesenen Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ - grundsätzlich auch zur Zweckerreichung geeignet (bb)).
68 
aa) Das Regierungspräsidium hat die angefochtene Sperrgebietsverordnung auf Anregung der Stadt Friedrichshafen erlassen. Diese hat auf eine derartige Verordnung im Wesentlichen deshalb gedrängt, weil die bisherige, auf eine Verhinderung der Prostitutionsausübung in den eingemeindeten Ortsteilen ausgerichtete Sperrbezirksverordnung nicht mehr der aktuellen städtebaulichen Entwicklung entspreche. Derzeit würden Wohngebiete nicht von der Sperrbezirksverordnung erfasst, obwohl dort die Prostitution planungsrechtlich verboten sei. Es bestehe daher nicht nur eine abstrakte Jugendgefährdung, weil immer damit zu rechnen sei, dass sich in Wohngebäuden auch Jugendliche aufhielten und der Prostitution erkennbar ausgesetzt würden. Darüber hinaus drohe wegen der besonderen geografischen Lage Friedrichshafens und der sich dort laufend entwickelnden großen Messe eine Überfrachtung der Stadt mit entsprechender Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Betrieben, die jugendgefährdend und dem öffentlichen Anstand zuwiderlaufend in die Öffentlichkeit ausstrahlen und mit allen negativen Begleiterscheinungen zu einer milieubedingten Unruhe führen würden. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, sei es notwendig, die Prostitutionsausübung durch ein grundsätzliches Verbot, verbunden mit der Ausweisung von Toleranzzonen zu kanalisieren.
69 
Diese Darlegungen der Stadt Friedrichshafen, die in Übereinstimmung mit der Auffassung der Polizeidirektion Friedrichshafen stehen, die ebenfalls den Erlass der Sperrgebietsverordnung befürwortet hat, hat das Regierungspräsidium als Verordnungsgeber als eigene Erwägungen übernommen. Sie stimmen unter Berücksichtigung der insoweit nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit mit dem Normzweck überein und lassen insbesondere den erforderlichen Bezug auf die gesetzliche Zweckbestimmung, den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands, erkennen.
70 
Das Regierungspräsidium hat sich maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass wegen der geografischen Lage der Stadt Friedrichshafen im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz und der Funktion der Stadt als Messestandort eine „Marktsättigung“ im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung nicht festzustellen sei. Vielmehr sei eine stetige Expansion des Prostitutionsgewerbes zu verzeichnen und, wie wiederholte Anfragen auf Betriebsgründungen und -erweiterungen und auf Ausübung von Straßenprostitution belegten, auch weiterhin nachvollziehbar zu erwarten. In Anbetracht der Größe der Stadt und der hohen Anzahl der täglich besetzten Prostitutionsplätze hat das Regierungspräsidium die Gefahr gesehen, dass bei einer unreglementierten weiteren Expansion von Betrieben der Wohnungsprostitution, bordellartigen Betrieben und Bordellen diese aufgrund ihrer Lage oder ihrer weiteren Massierung in die Öffentlichkeit ausstrahlen und Unbeteiligte, insbesondere Kinder und Jugendliche, ohne deren Willen damit konfrontieren würden. Damit bezieht es sich beanstandungsfrei auf Erfahrungssätze, wonach insbesondere die Bordellprostitution mit negativen Begleiterscheinungen - auch einer „milieubedingten Unruhe“ - verbunden ist. Hierzu zählen insbesondere das mehr oder minder aufdringliche Werben von Freiern und damit einhergehend anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, die Kontaktaufnahme, die sich auch in dieser Situation oft vor den Gebäuden auf den Straßen abspielt, sowie das Anfahren und Abfahren der Freier (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O. m.w.N.).
71 
Das Regierungspräsidium hat dabei nicht verkannt, dass sich die so umschriebene abstrakte Gefahr nicht auf jegliche Erscheinungsform der Prostitution bezieht, sondern nur auf eine solche, die keinen Wert auf Zurückhaltung legt (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Dementsprechend hat es gerade nicht ganz allgemein die Existenz beziehungsweise Neuansiedlung von Bordellen im Visier. Es bezweckt vielmehr, mit der Sperrgebietsverordnung einer starken Vermehrung solcher Einrichtungen und einer damit einhergehenden Entwicklung zu begegnen; denn dies würde seiner Einschätzung nach zu einer Prostitution führen, die nach außen in Erscheinung tritt und deswegen die befürchteten negativen Auswirkungen für die Schutzgüter des Art. 297 EGStGB nach sich zieht. Dass gerade diese prognostische Einschätzung dem Erlass der Sperrgebietsverordnung zugrunde lag, wird dadurch belegt, dass das Regierungspräsidium die zunehmend aufdringlichere Werbung an bestehenden Einrichtungen in seine Bewertung ausdrücklich einbezogen hat (vgl. Verordnungsbegründung S. 2). Dass es, wie seine Bezugnahme auf die Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rotlichtbereich verdeutlicht, darüber hinaus als Nebenzweck auch die Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt hat, ist unschädlich (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O. m.w.N.).
72 
bb) Die in §§ 1 und 2 der Verordnung vorgesehene Gestattung der Prostitution nur noch in bestimmten, als Toleranzzonen ausgewiesenen Bereichen ist grundsätzlich auch geeignet, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Allerdings ist die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar.
73 
(1) Gegen die Eignung der Verordnung zur Zweckerreichung spricht nicht schon, dass durch deren § 3 bereits bestehenden Betrieben Bestandsschutz gewährt wird. Zwar weisen die betroffenen Betriebe teilweise eine konkrete Ausgestaltung auf, die mit deutlichen Hinweisen auf den Betriebszweck verbunden ist (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ), so dass die Prostitution nach außen in Erscheinung tritt. Eine Unvereinbarkeit mit dem Verordnungszweck lässt sich gleichwohl nicht feststellen. Die Verordnung zielt nämlich - wie dargelegt - nicht auf die völlige Verdrängung der Prostitution aus Friedrichshafen, sondern auf die Verhinderung der Gefahr einer Veränderung der Auswirkungen der Prostitution. Ein Bestandsschutz ist dann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum Schutz des Eigentums und der Berufsfreiheit der Betroffenen geboten (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
74 
(2) Der Normzweck des Art. 297 EGStGB ist jedoch dann nicht mehr gewahrt, wenn der Verordnungsgeber einen Bereich als Sperrgebiet ausweist, in dem der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes aus tatsächlichen Gründen obsolet geworden (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.) oder bei einer konkret gebietsbezogenen Betrachtung eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen ist (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Sieht eine Sperrgebietsverordnung Toleranzzonen vor, so hat der Verordnungsgeber die nach seiner Konzeption hierfür in Betracht kommenden Gebiete insbesondere nach der dort jeweils gegebenen tatsächlichen und baurechtlichen Situation auf ihre Eignung zu überprüfen. Bei der Einschätzung der negativen Auswirkungen von Prostitution in einem Gebiet darf der Verordnungsgeber in der Regel auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnisse abstellen. Unter besonderen Voraussetzungen ist er jedoch gehalten, auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die im Baurecht zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung - auch der „milieubedingten Unruhe“ - zur Verfügung stehen. Eine vorsorgliche baurechtliche Prüfung hypothetischer Vorhaben ist dabei nicht geboten. Das Baurecht ist jedoch in den Blick zu nehmen, wenn sich baurechtliche Handlungsmöglichkeiten aufdrängen oder ein Vorhaben bereits baurechtlich geprüft worden ist (Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
75 
Die Ausweisung des Hafenviertels der Stadt Friedrichshafen - mit dem Grundstück ... ... - als Sperrgebiet und die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen sind hiernach nicht zu beanstanden.
76 
Das Hafenviertel der Stadt Friedrichshafen wird durch die bisher nur im Gebäude ... ... vorhandene Wohnungsprostitution weder in einer Weise geprägt, dass für einen weiteren Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands kein Raum mehr wäre, noch lässt sich feststellen, dass in diesem Bereich eine Gefährdung der Schutzgüter angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht zu besorgen wäre. Im Gegenteil war die bislang faktisch geduldete Wohnungsprostitution trotz ihrer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit (vgl. dazu HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.) in der Vergangenheit mit prostitutionstypischen Begleiterscheinungen verbunden, wie aus den vom Antragsgegner vorgelegten Anliegerbeschwerden und Polizeiberichten hervorgeht. Unter anderem hatten Prostituierte im Mai 2013 im Bereich ... männliche Passanten angesprochen, um sie als Kunden zu gewinnen, und Bewohner des Gebäudes ... ... wiederholt Belästigungen und anstößiges Verhalten durch die Prostitutionsausübung und die im Gebäude herumlaufenden Freier beanstandet. Die Schutzbedürftigkeit des Hafenviertels vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution steht mithin außer Frage. Dabei ist unschädlich, dass sich der Erlass der Verordnung insoweit auch als eine Reaktion auf Anliegerbeschwerden darstellt (vgl. HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Abhilfemöglichkeiten waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht ersichtlich. Insbesondere musste das Regierungspräsidium kein Verbot von Außenwerbung erwägen, nachdem die Wohnungsprostitution im Gebäude ... ... bislang ohne Hinweis auf den Nutzungszweck erfolgt war (vgl. Übersicht der Stadt Friedrichshafen sowie Stellungnahme der Polizeidirektion Friedrichshafen vom 31.07.2009 ).
77 
Auch gegen die Nichtausweisung der Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen ist nichts zu erinnern. Die Gewerbegebiete „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ weisen bislang keine Prostitutionsbetriebe auf. Dass dort bei einer prostitutiven Nutzung eine belästigende Außenwirkung, die mit der Verordnung abgewehrt werden soll, zu befürchten ist, hat das Regierungspräsidium rechtsfehlerfrei mit der - im Vergleich zu den übrigen Toleranzzonen - besonderen Schutzbedürftigkeit und Sensibilität der Gebiete begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.). Ob es in diesen Gebieten die Belange des Jugendschutzes und des Schutzes des öffentlichen Anstands mit Blick auf die ihm durch den Gesetzgeber gezogenen räumlichen Grenzen und dessen Entscheidung für eine grundsätzliche Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern auch hätte zurückstellen können (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
78 
Im Gewerbegebiet „Rohrbach“ befinden sich eine Einrichtung für behinderte Menschen und eine Ballettschule; zudem grenzt das Gebiet ohne künstliche oder natürliche Trennlinie unmittelbar an Wohnbebauung und einen Kinderspielplatz an, weshalb bei einer prostitutiven Nutzung eine Ausstrahlung des Prostitutionsmilieus zu befürchten wäre. Für das Gewerbegebiet „Allmannsweiler“ gilt Entsprechendes. Dort sind die Bernd-Blindow-Schule Friedrichshafen und eine Fachhochschule gelegen; auch dieses Gebiet grenzt unabgeschirmt unmittelbar an Wohnbebauung an. Im Gewerbegebiet „Aistegstraße“ wiederum befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung zwar bereits drei bordellartige Betriebe beziehungsweise Bordelle; zudem waren zwei weitere Betriebe mit Prostitutionsausübung in unmittelbarer Nähe südlich des Gebiets gelegen. Gleichwohl lässt sich auch insoweit nicht feststellen, dass der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands bis zur Bekanntmachung der Verordnung obsolet geworden wäre. Das Gewerbegebiet „Aistegstraße“ stellt trotz der vorhandenen Bordellprostitution kein reines Vergnügungsviertel dar. Im Gegenteil befindet sich dort neben weiteren, nicht mit der Prostitutionsausübung verbundenen gewerblichen Nutzungen das Ausbildungszentrum der ... ... ..., das von - zu einem großen Teil minderjährigen - Auszubildenden und Schülerpraktikanten in hoher Zahl besucht wird. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen der Polizeidirektion Friedrichshafen im Schreiben vom 23.02.2012 die drei vorhandenen Prostitutionsbetriebe ihre Vor-Ort-Werbemaßnahmen in den vergangenen Jahren erheblich intensiviert haben. Angesichts dessen ist die Einschätzung des Regierungspräsidiums, dass mit weiteren Ansiedlungen des Prostitutionsgewerbes in diesem Gebiet eine verstärkte Gefährdung der Belange des Jugendschutzes verbunden wäre, die nunmehr ein verordnungsrechtliches Verbot der Prostitutionsausübung erforderlich macht, nicht zu beanstanden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Baurechtliche Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung des Störungspotentials einer prostitutiven Nutzung in den Gewerbegebieten „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ mussten sich dem Regierungspräsidium nicht aufdrängen.
79 
(3) An der Geeignetheit der Verordnung, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, fehlt es auch, wenn infolge der Neuausweisung einer bisherigen faktischen Toleranzzone als Sperrgebiet bislang von der Prostitutionsausübung nicht betroffene und in nicht geringerem Maße schutzbedürftige Gemeindeteile in Mitleidenschaft gezogen und der Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes in diesen Teilen erstmals beeinträchtigt wird. Der Erlass einer Sperrgebietsverordnung darf nämlich nicht in Umkehrung des Normzweckes zu relevanten Beeinträchtigungen von Belangen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes bei Teilen der Wohnbevölkerung führen, die bisher von solchen Beeinträchtigungen nicht berührt waren (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O., und Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.). Dieser Maßgabe ist nicht bereits dadurch Rechnung getragen, dass - wie hier - mit den ausgewiesenen Toleranzzonen die Verlagerung der Prostitutionsszene in Teile des Gemeindegebiets vorgesehen wird, die überwiegend gewerblich-industriell geprägt sind. Der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Gewerbegebiete unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands von vornherein als schutzbedürftige Gebiete ausfallen (HessVGH, Urt. v. 31.10.2003, a.a.O.). Hiervon ist das Regierungspräsidium auch nicht ausgegangen, wie die Nichtausweisung der ursprünglich in Betracht gezogenen Gewerbegebiete „Rohrbach“, „Allmannsweiler“ und „Aistegstraße“ als Toleranzzonen zeigt.
80 
Gemessen daran bestehen gegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Industriegebiet“ (Tz 1), „ZF-Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), und „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) als Toleranzzonen keine rechtlichen Bedenken. Sämtliche Gebiete sind von den seitens der Antragstellerinnen angeführten schutzbedürftigen Einrichtungen in einer Weise abgeschirmt, dass eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstands nahezu ausgeschlossen werden kann. Soweit es das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ betrifft, ist eine Abschirmung vom südlich gelegenen Karl-Maybach-Gymnasium durch die an dieser Stelle mehrspurige Bundesstraße (B 31) und den Maybachplatz gewährleistet. Das Gewerbegebiet „ZF-Werk 1“ wird vom rückwärtigen Bereich des Städtischen Hallenbades durch die Löwentaler Straße abgegrenzt und weist hierzu einen ausreichenden Abstand auf; hinzu kommt, dass das Hallenbad nicht von der Löwentaler Straße, sondern von der Ehlersstraße aus erschlossen ist. Die Gebäude und Wohnheime der Bernd-Blindow-Schulen in der Allmansweilerstraße ..., … und … sind vom Gewerbegebiet „Parkplatz“ etwa 400 m beziehungsweise 500 m entfernt und werden gegenüber dem Gewerbegebiet „Entmagnetisierungsanlage“ durch den Allmannsweiler Bach natürlich abgeschirmt. Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit oder Sensibilität der Gewerbegebiete „Bunkhofen“ (Tz 2), „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a), „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) und „Seewiesen“ (Tz 9) sind nicht ersichtlich.
81 
Als nach der Konzeption des Verordnungsgebers sachlich nicht vertretbar erweist sich hingegen die Ausweisung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dieto-straße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) als Toleranzzonen. Im Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ befindet sich in der Adelheidstraße 37 ebenfalls ein Wohnheim der Bernd-Blindow-Schulen; zudem grenzt das Gebiet im südwestlichen Bereich unmittelbar an ein Mischgebiet an, das nicht unerheblich durch Wohnbebauung geprägt ist. Prostitutionsbetriebe waren im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung nicht vorhanden. Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich von derjenigen in den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“, die im Normgebungsprozess als mögliche Toleranzzonen ausgeschieden wurden (s. oben II. 2. c) bb) (2)). Das Gewerbegebiet „Kitzenwiese“ wiederum weist zwar einen ausreichenden Abstand zu den westlich gelegenen Schulen (Claude-Dornier-Schule; Hugo-Eckener-Schule) auf und wird von diesen zusätzlich durch die Steinbeisstraße abgeschirmt. Allerdings befanden sich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung im Gebiet mehrere Diskothekenbetriebe in der Anton-Sommer-Straße ... („... ...“, „... ...“) und ... („... ...“, „...“), während Prostitutionsbetriebe im Gebiet bislang nicht vorhanden waren. Nach den Angaben des Vertreters der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung wurde seinerzeit jedenfalls die Diskothek „...“ von jugendlichem Publikum besucht. Zum deshalb erstmals gebotenen Schutz dieses Publikums vor den negativen Auswirkungen einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution hat sich das Regierungspräsidium weder im Normgebungsprozess noch im gerichtlichen Verfahren verhalten.
82 
In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Verordnungsgeber wegen der grundsätzlichen gesetzgeberischen Zulassung der Prostitution in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern unter Umständen gezwungen sein kann, auch solche Teile des Gemeindegebiets von der Sperre auszunehmen, in denen zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes ein Verbot der Prostitution an sich ebenfalls wünschenswert wäre (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass er Erwägungen zur Schutzbedürftigkeit der von ihm ausgewiesenen Toleranzzonen anstellt, anhand derer sich seine Entscheidung, in einzelnen Gebieten dem Jugendschutz und dem Schutz des öffentlichen Anstands im Gegensatz zu anderen Gebieten nicht den Vorrang einzuräumen, nachvollziehen lässt. Denn andernfalls kann seine Einschätzung zur Geeignetheit der Verordnung, diesen Zwecken zu dienen, nicht vollumfänglich auf ihre sachliche Vertretbarkeit und Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden.
83 
Solche Erwägungen fehlen - wie dargelegt - hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kitzenwiese“ vollends. Zum Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ hat der Antragsgegner zwar im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben, dass die Toleranzzone hinreichend groß sei und dort baurechtlich nur gewerberechtliche Betriebe zulässig seien, die nicht Vergnügungsstätten seien. Allerdings kann auch anhand dieser Darlegungen nicht nachvollzogen werden, weshalb die Toleranzzone im Gegensatz zu den Gewerbegebieten „Rohrbach“ und „Allmannsweiler“ im Normgebungsprozess nicht ausgeschieden oder räumlich enger gefasst wurde. Dem Umstand, dass im Gewerbegebiet „Adelheid-/Die-tostraße“ nur gewerbliche Betriebe zulässig sind, die nicht Vergnügungsstätten sind, kommt insoweit keine Unterscheidungskraft zu. Denn nach dem gegenwärtigen Stand von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur ist davon auszugehen, dass Bordelle und bordellartige Betriebe den in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen „Gewerbebetrieben aller Art“ und nicht den nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen „Vergnügungsstätten“ zuzuordnen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012 - 5 S 3239/11 -, VBlBW 2012, 345 m.w.N.). Dies war dem Regierungspräsidium im Normgebungsprozess auch bekannt, nachdem die Stadt Friedrichshafen mit Schreiben vom 04.07.2012 die nach ihrem Dafürhalten bestehende Notwendigkeit, auch das Gewerbegebiet „Adelheid-/Dietostraße“ als Toleranzzone auszuweisen, gerade mit der „neuen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.03.2012“ begründet hatte. Der Hinweis auf die Ausdehnung des Gewerbegebiets hilft ebenfalls nicht weiter, da die Größe eines Gebiets keinen Rückschluss auf dessen Schutzbedürftigkeit zulässt. Das Vorliegen einer an Inhalt, Zweck und Ausmaß des Art. 297 EGStGB ausgerichteten Erwägung lässt sich mithin auch insoweit nicht feststellen.
84 
Danach fehlt es an einem sachlichen Grund dafür, dass das Regierungspräsidium die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) trotz ihrer Schutzbedürftigkeit als Toleranzzonen ausgewiesen hat, so dass sich die Sperrgebietsverordnung insoweit als ungeeignet erweist, dem mit der Ermächtigung verfolgten Zweck zu dienen. Dies hat zur Folge, dass diese Gebiete bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht berücksichtigt werden können.
85 
d) Die Sperrgebietsverordnung muss weiterhin den in Art. 297 Abs. 1 EGStGB enthaltenen Anforderungen an die räumliche Ausdehnung des Sperrgebiets genügen und darf insbesondere nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen.
86 
aa) In einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern darf, um ein unerwünschtes Abgleiten der Prostitution, die vom Gesetzgeber in Gemeinden dieser Größenordnung als unvermeidlich angesehen wird, in die Illegalität zu vermeiden, die Ausübung der Bordell- und Wohnungsprostitution nur für Teile des Gemeindegebietes verboten werden. Hieraus folgt, dass eine Sperrgebietsregelung unzulässig ist, die dazu führt, dass faktisch für das gesamte Gebiet einer Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern die Ausübung der Prostitution verboten ist. Andererseits ist die Verordnungsermächtigung ersichtlich so weit gefasst, dass der Verordnungsgeber in die Lage versetzt werden soll, die für erforderlich gehaltenen Sperrgebietsregelungen den örtlichen Gegebenheiten und der Struktur des jeweiligen Gemeindegebietes anzupassen. Sofern der Normzweck nicht anders erreicht werden kann, darf auch der weitaus überwiegende Teil des Gemeindegebiets zum Sperrbezirk erklärt werden. Eine bestimmte Mindestgröße des Gebiets beziehungsweise ein bestimmter prozentualer Mindestanteil am gesamten Gemeindegebiet, in dem Prostitution zugelassen werden muss, lässt sich der Ermächtigungsnorm nicht entnehmen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.). Diesen Maßstäben wird die angegriffene Verordnung gerecht. Auch bei Nichtberücksichtigung der Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ und „Kitzenwiese“ stehen mit den ausgewiesenen Toleranzzonen für die Prostitutionsausübung noch immer Gebiete von einiger Bedeutung und ausreichender Größe zur Verfügung. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass ein erheblicher Teil der vorhandenen Bordelle - konkret geht es um die Prostitutionsbetriebe in der ... ... („... ...), der ... ... („... ... / ... ...“), der ... ... („... ...“, „... ...“), ... („...“), ... („... ...“) und ... („... ... / ...“), der ... ... ... („... ...“) und der ... ... („... ...“) - wegen des Bestandsschutzes nicht umgesiedelt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
87 
bb) Der Verordnungsgeber muss bei der Ausweisung von Prostitutionssperrgebieten ferner darauf achten, dass die Toleranzzonen nicht überwiegend Gebiete aufweisen, die aus Rechtsgründen für Bordelle und bordellartige Betriebe unbebaubar beziehungsweise nicht nutzbar sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.). Auch dieser Anforderung wird die angegriffene Verordnung prinzipiell gerecht. Die Toleranzzonen sind sämtlich als Gewerbegebiete ausgewiesen oder werden - sofern keine bauplanungsrechtliche Ausweisung erfolgt ist - tatsächlich entsprechend genutzt. In diesen Gebieten ist die Ansiedlung von Bordellen und die Ausübung von Wohnungsprostitution grundsätzlich zulässig (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.03.2012, a.a.O. m.w.N.). Dies wird auch von den Antragstellerinnen nicht in Abrede gestellt. Sofern sie bezweifeln, dass die jeweiligen Eigentümer bereit sein werden, bisher gewerblich genutzte Grundstücke an Prostituierte zu veräußern oder zu vermieten, kommt diesem Vortrag im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Verordnungsgeber kann auf die Eigentumsverhältnisse außerhalb des Sperrgebietes nur sehr eingeschränkt Rücksicht und Einfluss nehmen, so dass ihm eine Garantenstellung gegenüber möglichen Vermietern und Betreibern von Prostituiertenwohnungen und bordellähnlichen Betrieben nicht zukommt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.).
88 
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der überwiegende Teil der in einer Toleranzzone befindlichen Flächen im Eigentum oder der Verfügbarkeit der öffentlichen Hand befindet. In diesem Fall muss vom Verordnungsgeber die tatsächliche Verfügbarkeit für den beabsichtigten Zweck nachgeprüft werden, weil ansonsten die beabsichtigte Regelung ins Leere geht beziehungsweise genau das Gegenteil bewirkt und verdeckt weiteres Sperrgebiet geschaffen wird (vgl. BayVGH, Urt. v. 24.06.1998 - 24 N 97.655 u.a. -, BayVBl. 1998, 723; vgl. auch HessVGH, Urt. v. 08.12.1992 - 11 N 2041/91 -, NVwZ-RR 1993, 294). Hiervon könnte allenfalls das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ betroffen sein, von dessen Flächen sich nach Auskunft der Stadt Friedrichshafen vom 08.05.2014 seinerzeit noch etwa 35.000 m² in ihrem Eigentum befanden. Eine Prüfung, ob die Stadt zur Überlassung der betroffenen Grundstücke an potentielle Prostitutionsbetriebe generell bereit wäre (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.), hat das Regierungspräsidium nicht vorgenommen. Ob eine solche Prüfung hier im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verordnung erforderlich gewesen wäre oder angesichts des Gewerbeflächenangebots in der Toleranzzone von insgesamt mehr als 80.000 m² (vgl. Flächennutzungsplan 2015 der Verwaltungsgemeinschaft Friedrichshafen-Immenstaad von Juli 2006, S. 83) entbehrlich war, bedarf indes keiner Entscheidung.
89 
Denn gegen die Ausweisung des Gewerbegebiets „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) als Toleranzzone bestehen aus anderen Gründen durchgreifende Bedenken. Der zugehörige - allerdings nicht vollständig gebietskongruente - Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vom 24.10.2005 sieht unter Nummer A.5 der textlichen Festsetzungen eine Mindestgröße für Gewerbegrundstücke im GE 1 von 1.500 m² und im übrigen Gewerbegebiet von 5.000 m² vor. Dieser Gesichtspunkt und die Tatsache, dass die in diesem Gebiet angesiedelten beziehungsweise sich ansiedelnden Unternehmen an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung für Bordelle offensichtlich gar nicht interessiert sind oder sein werden - der Vertreter der Stadt Friedrichshafen hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das mit der Vermarktung des „Competence Park“ Friedrichshafen betraute Unternehmen lediglich Büroflächen vermietet -, ist in den Abwägungsvorgang des Regierungspräsidiums nicht eingeflossen. Betrachtet man das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“, so fällt auf, dass sich die Sperrgebietsverordnung nicht in die bauplanungsrechtliche Situation einfügt, sondern dass erst geeignete Flächen - insbesondere für die von den Antragstellerinnen betriebene Wohnungseinzelprostitution - ausgewiesen werden müssten, damit von einer ausgewiesenen Toleranzzone gesprochen werden kann. Bisherige Toleranzzonen können zwar aus übergeordneter stadtplanerischer Sicht bei einer strukturellen Umwandlung eines Stadtgebiets geschlossen werden und genießen damit auch keinen bauplanungsrechtlichen Bestandsschutz. Bei der Abwägung hinsichtlich der Neuausweisung einer Toleranzzone muss jedoch beachtet werden, inwieweit die Toleranzzone auch rein tatsächlich aus planerischer Sicht geeignet ist (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; BayVGH, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Steht von vornherein fest, dass sich die Prostituierten dort nicht niederlassen können, ist die Ausweisung einer derartigen Toleranzzone sachlich nicht vertretbar. Das Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ ist deshalb, soweit sich der Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ hierfür Geltung bemisst, bei der weiteren Prüfung, ob die Verordnung mit dem Kasernierungsverbot zu vereinbaren ist, nicht zu berücksichtigen.
90 
cc) Die Verordnung darf weiterhin nicht gegen das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB verstoßen. Danach sind Beschränkungen verboten, die dazu führen, dass die Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks beschränkt wird. Bei der Prüfung, ob die in einer Sperrgebietsverordnung zugelassenen Toleranzzonen gegen dieses Verbot verstoßen, ist von einer konkreten Betrachtung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse auszugehen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber die ausgewiesenen Toleranzzonen nur auf ihre ausreichende flächenmäßige Aufnahmefähigkeit zur Bewältigung des vorhandenen Prostitutionsbedarfs sowie darauf untersuchen kann, ob in ihnen zum überwiegenden Teil die Errichtung von Bordellen planungsrechtlich zulässig ist. Ein Verstoß gegen das Kasernierungsverbot kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn entweder die Ausweisung der Toleranzzonen in einer Weise erfolgt, dass die Ausübung der Prostitution auf wenige Straßenzüge oder Häuserblocks beschränkt wird, oder wenn zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge oder Häuser zu rechnen ist (vgl. vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O.; Senat, Urt. v. 15.12.2008, a.a.O.).
91 
Ausgehend hiervon verstößt die Sperrgebietsverordnung gegen das Kasernierungsverbot, weil im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verordnung aus tatsächlichen Gründen mit einer Konzentration der Prostitution auf nur wenige Straßenzüge zu rechnen war.
92 
Nach dem unbestrittenen, ohne Weiteres nachvollziehbaren Sachvortrag der Antragstellerinnen standen beziehungsweise stehen die Flächen in den Gewerbegebieten „Industriegebiet“ (Tz 1), „Bunkhofen“ (Tz 2), „ZF Werk 1“ (Tz 3), „Parkplatz“ (Tz 6), „Entmagnetisierungsanlage“ (Tz 7) und „Seewiesen“ (Tz 9) aufgrund der dort angesiedelten Gewerbebetriebe für die Ausübung der Prostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Das Gewerbegebiet „Industriegebiet“ umfasst das ..., die Werksgelände der ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... sowie die Gelände der ... ... ... und des Autohauses ... ... ... Im - sich ohnehin nur auf eine Straße (Siemensstraße) beschränkenden - Gewerbegebiet „Bunkhofen“ sind Filialen der ... ... und der ... ... ..., das Autohaus ... ... ... ..., eine Niederlassung der ... ... ..., die ... ... ... ... ... ... sowie die Gewerbebetriebe ... ... ..., ...-... ... ... ... ..., ... ... und ... ... ... angesiedelt. Die Gewerbegebiete „ZF Werk 1“ und „Entmagnetisierungsanlage“ werden vollumfänglich von Werksgeländen der ... ... ... beziehungsweise der ... ... ... ... ... ... ... eingenommen. Im - wiederum nur eine Straße (Allmannsweiler Straße) ausmachenden - Gewerbegebiet „Parkplatz“ sind Werksgelände der ... ... ... ... ... ... ... ... und der ... ... ... ... ... ... sowie eine Filiale der ... ... ... ... ... ... ... beherbergt. Das - ebenfalls nur eine Straße (Lindauer Straße) betreffende - Gewerbegebiet „Seewiesen“ schließlich umfasst Verkaufsflächen des ... ..., der ... ... und der ... ... ... ... ... ... ... sowie die Betriebsgelände der ... ... ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... ... ... Die Toleranzzonen 1, 2, 3, 6, 7 und 9 werden mithin durchwegs von - vorwiegend größeren - ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die auf absehbare Zeit an einer Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs offensichtlich nicht interessiert sind. Eine differenzierte Betrachtungsweise beziehungsweise ein Abwägungsvorgang, der diesen tatsächlichen Einschränkungen Rechnung trüge, lässt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Soweit der Vertreter der Stadt Friedrichshafen in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, dass die Firma ... ihren Geschäftssitz in Friedrichshafen zwischenzeitlich aufgegeben und es für das betroffene Gebäude auch eine Anfrage eines Bordellbetreibers gegeben habe, handelt es sich um einen im Zeitpunkt der Bekanntmachung nicht vorhersehbaren Einzelfall, der keine andere Bewertung rechtfertigt, zumal der Bordellbetreiber letztlich nicht zum Zuge kam.
93 
Die Gewerbegebiete „Adelheid-/Dietostraße“ (Tz 4b) und „Kitzenwiese“ (Tz 8) sowie - größtenteils - „Gewerbepark Flughafen“ (Tz 4a) sind bei der Überprüfung der konkreten Aufnahmefähigkeit der in der Verordnung ausgewiesenen Toleranzzonen und von deren Eignung zur Aufnahme der aus anderen Bereichen verdrängten Prostitution nicht zu berücksichtigen, da - wie dargelegt - die Sperrgebietsverordnung sich insoweit bereits als ungeeignet erweist, dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands zu dienen, beziehungsweise das Regierungspräsidium die durch den Bebauungsplan „Gewerbepark am Flughafen“ vorgegebene bauplanungsrechtliche Situation bei seiner Abwägung nicht in Rechnung gestellt hat. Soweit der Bebauungsplan die Toleranzzone Gewerbegebiet „Gewerbepark Flughafen“ nicht erfasst, ist das Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB ohne Rücksicht darauf, ob sich dort Gebäude befinden, die für die Prostitutionsausübung in Betracht kommen, schon deshalb verletzt, weil die betroffenen Prostituierten auf einen Straßenzug (nördlicher Teil der Barbarossastraße) abgedrängt werden.
94 
Schließlich ist auch das Gewerbegebiet „Marktkauf-Bauhof“ (Tz 5) nicht geeignet, die aus anderen Bereichen verdrängte Prostitution aufzunehmen. Nach dem zutreffenden Sachvortrag der Antragstellerinnen werden auch die dortigen Flächen überwiegend von ortsansässigen Gewerbebetrieben genutzt, die an der im Raum stehenden Grundstücksveräußerung oder -vermietung kleineren Umfangs erkennbar nicht interessiert sind. Konkret handelt es sich um ein Werksgelände der ... ... ... und das Betriebsgelände der Firma ... westlich der Gutenbergstraße sowie die Betriebsgelände der ... ... ..., der ... ... ..., der ... ...-... ..., der ... ... ..., der ... ... ... und der ... ... ... östlich der Gutenbergstraße. Soweit sich im nordöstlichen Bereich der Toleranzzone auch Flächen befinden, die im Eigentum der Stadt Friedrichshafen stehen - nach deren Auskunft vom 08.05.2014 geht es um etwa 19.000 m² -, handelt es sich um die Städtischen Baubetriebe, in denen der Bauhof, die Stadtgärtnerei und die Friedhofsverwaltung untergebracht sind. Auch diese Flächen stehen mithin aufgrund ihrer Bindung für andere Zwecke für die Ansiedlung von Bordellen oder die Ausübung von Wohnungsprostitution von vornherein nicht zur Verfügung. Jedenfalls hätte es vor der Einschätzung, dass die Flächen zur Aufnahme von Prostitutionsbetrieben geeignet seien, dahingehender Ermittlungen des Regierungspräsidiums bedurft. Im Übrigen würde sich auch insoweit die Möglichkeit zu einer Ausübung des Gewerbes mit Art. 297 Abs. 3 EGStGB unvereinbar auf einen Straßenzug (Rheinstraße) beschränken.
95 
e) Die Sperrgebietsverordnung darf schließlich nicht gegen sonstige Rechte der von ihr betroffenen Personen verstoßen. In Betracht kommt hier eine Verletzung der Grundrechte, insbesondere der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Prostituierten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten und als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziels, den Landesregierungen - oder den von diesen ermächtigten Behörden - mit der Möglichkeit der Einrichtung von Sperrgebieten ein Instrument an die Hand zu geben, etwaigen mit der Prostitutionsausübung einhergehenden Missständen im konkreten Fall begegnen zu können, und insbesondere angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes den Prostituierten und anderen Personen, die im Zusammenhang mit der Prostitution ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zumutbar ist, mit einer Sperrgebietsverordnung konfrontiert zu werden. Ihre Belange, insbesondere wenn ein Sperrgebiet festgelegt werden soll, in dem bisher mangels Sperrgebietsverordnung der Prostitution nachgegangen worden ist, sind jedoch beim Erlass von Sperrgebietsverordnungen sowie bei deren gerichtlicher Kontrolle zu berücksichtigen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.; OVG RP, Urt. v. 10.10.2005 - 12 C 11236/05 -, GewArch 2006, 262). Die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Ausweisung von Toleranzzonen ist daher darauf zu überprüfen, ob sie sich unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange als verhältnismäßig erweist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.).
96 
Gemessen daran weist die angegriffene Sperrgebietsverordnung im Hinblick auf die tatsächlich verbleibenden Möglichkeiten zur Ausübung der Wohnungsprostitution ein Abwägungsdefizit auf. Die Wohnungsprostitution ist, auch wenn Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution für diesen Bereich nicht von vornherein als ausgeschlossen betrachtet werden können, typischerweise weniger auffällig als die Straßen- und Bordellprostitution (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1990, a.a.O.; BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Auch bei der von den Antragstellerinnen bislang im Gebäude ... ... betriebenen Wohnungseinzelprostitution (vgl. zu diesem Begriff: BVerwG, Urt. v. 17.12.2014, a.a.O.) blieben in Anbetracht der fehlenden Außenwerbung und der beschränkten Zahl der dort tätigen Prostituierten die störenden Begleiterscheinungen deutlich hinter denjenigen der sonstigen Bordell- und bordellartigen Betriebe zurück. Dieser geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution hätte das Regierungspräsidium beim Ausgleich der betroffenen Belange Rechnung tragen müssen (vgl. BVerfG , Beschl. v. 28.04.2009, a.a.O.). Dabei hätte sich ihm insbesondere die Frage aufdrängen müssen, ob die undifferenzierte Ausweisung von grundsätzlich keine Wohnnutzung vorsehenden Gewerbegebieten als Toleranzzonen dem Interesse der Antragstellerinnen an einer Fortführung der Prostitution in einer einzelnen Wohnung, in welcher die Prostituierte wohnt und dabei nebenher der Prostitution nachgeht, gerecht wird oder ob für die Wohnungsprostitution anders als für die Bordellprostitution auch Nicht-Gewerbegebiete, etwa Kern- oder Mischgebiete mit vorhandener Wohnnutzung, als Toleranzzonen in Betracht zu ziehen sind. Ebenso wäre zu erwägen gewesen, ob den Schwierigkeiten, die mit der Anmietung anderer für die Wohnungsprostitution geeigneter Räume verbunden sind und die die betroffenen Prostituierten unter Umständen zur zeitweiligen Einstellung ihrer bislang in erlaubter Weise ausgeübten Berufstätigkeit zwingen können, durch Aufnahme einer Übergangsregelung für diesen Personenkreis Rechnung zu tragen ist (vgl. zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit von Übergangsregelungen aus Zumutbarkeitsgründen sowie allgemein zum Gestaltungsspielraum des Normgebers bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse: BVerfG, Beschl. v. 04.05.2012 - 1 BvR 367/12 -, BVerfGE 131, 47 m.w.N.). Dahingehende Erwägungen hat das Regierungspräsidium zu keinem Zeitpunkt angestellt, sondern stattdessen die jeweiligen Vorschläge der Stadt Friedrichshafen ohne eigene Prüfung übernommen. Hierin ist ein Abwägungsdefizit zu erblicken, das dadurch gekennzeichnet ist, dass in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301; Urt. v. 17.07.1980 - 5 C 86.79 -, juris; Beschl. v. 23.10.2013 - 6 B 16.13 -, ZUM-RD 2014, 528).
III.
97 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
99 
Beschluss vom 23. März 2016
100 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird nach § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nummer 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Landesregierung kann zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes

1.
für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu fünfzigtausend Einwohnern,
2.
für Teile des Gebiets einer Gemeinde über zwanzigtausend Einwohner oder eines gemeindefreien Gebiets,
3.
unabhängig von der Zahl der Einwohner für öffentliche Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und für sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können, im ganzen Gebiet oder in Teilen des Gebiets einer Gemeinde oder eines gemeindefreien Gebiets
durch Rechtsverordnung verbieten, der Prostitution nachzugehen. Sie kann das Verbot nach Satz 1 Nr. 3 auch auf bestimmte Tageszeiten beschränken.

(2) Die Landesregierung kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf eine oberste Landesbehörde oder andere Behörden übertragen.

(3) Wohnungsbeschränkungen auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks zum Zwecke der Ausübung der Prostitution (Kasernierungen) sind verboten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.