Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 1817/11 - geändert.

Es wird festgestellt, dass das Versammlungsverbot (Ziffern I. und II.) und die darauf bezogene Zwangsmittelandrohung (Ziffer IV.) in der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 08.02.2011 rechtswidrig waren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines durch Allgemeinverfügung erlassenen Versammlungsverbots zur Sicherung eines Castortransports.
Mit einer auf § 15 Abs. 1 VersammlG und § 35 Satz 2 LVwVfG gestützten Allgemeinverfügung vom 08.02.2011 untersagte die Beklagte - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge für den Zeitraum vom 15.02.2011, 0.00 Uhr bis zum 16.02.2011, 24.00 Uhr (I. der Verfügung). Der räumliche Geltungsbereich des Versammlungsverbots wurde in den Anlagen 1 und 2 zur Allgemeinverfügung festgelegt (II. der Verfügung). Er umfasste einen Korridor von jeweils 50 m Breite beidseits der Gleise entlang der Schienentransportstrecke des beabsichtigten Transports von HAW-Glaskokillen in Castor-Behältern sowie im Einzelnen bezeichnete Straßen und Straßenabschnitte einschließlich der dazwischen liegenden Flächen auf dem Gebiet der Beklagten. Nach III. der Verfügung wurden in diesem Bereich auch Sitzblockaden, andere Blockaden des HAW-Transports oder das Bereiten jedweder sonstiger Hindernisse verboten. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer I oder III wurde die Anwendung von unmittelbarem Zwang angedroht (IV. der Verfügung). Unter VI. wurde bestimmt, dass die Allgemeinverfügung ab dem der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben gilt.
Die Allgemeinverfügung wurde am 11.02.2011 im Amtsblatt der Stadt Karlsruhe ohne Begründung bekannt gemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die Begründung während der Öffnungszeiten beim Ordnungs- und Bürgeramt der Beklagten eingesehen werden könne.
In der Begründung wurde ausgeführt, der Beklagten lägen für den Zeitraum des Castortransports durch das Stadtgebiet bislang lediglich zwei Anmeldungen für Mahnwachen vor. Es sei jedoch mit weiteren Demonstrationen zu rechnen. Trotz diverser bundesweiter Demonstrationsaufrufe verschiedener Organisationen sei es der Versammlungsbehörde nicht möglich, an Verantwortliche im Sinn von § 14 Abs. 2 VersammlG Einzelverfügungen zu adressieren, da keine Anmeldung im Sinn von § 14 Abs. 1 VersammlG erfolgt sei. Aus diesem Grund bleibe nur die gewählte Form der Allgemeinverfügung. Die Gefahrenprognose stütze sich auf Erfahrungen bei vergangenen Atomtransporten und auf aktuelle Aufrufe zu Protest- und Blockadeaktionen im Internet. Fünf Vorfälle aus den Jahren 2004 - 2010 wurden ausdrücklich angeführt:
Am 07.11.2004 habe sich anlässlich eines Castortransports eine Gruppe von 20 - 25 Personen im Bereich Mannheim-Friedrichsfeld/Schwetzingen auf den Weg Richtung Gleisanlage gemacht. Es seien Platzverweise ausgesprochen und sechs Personen in Gewahrsam genommen worden. Nach den Gesamtumständen habe die Personengruppe die Gleise blockieren wollen.
Anlässlich eines Castortransports am 11.11.2006 habe ein Zug in Höhe Büchig (Stutensee) halten müssen, da im weiteren Streckenverlauf ein verdächtigtes Päckchen auf der Gleisanlage gelegen habe sowie in dessen Nähe ein Transparent „Stoppt den Castor“ über die Gleise gespannt worden sei. Kurze Zeit später habe der Zug wegen eines mit Holzstücken gefüllten Eimers auf den Schienen halten müssen. Fast zeitgleich hätten in Mannheim (Ansiedlung Alteichwald) fünf Personen aus einer sechsköpfigen Gruppe in Gewahrsam genommen werden müssen, nachdem sie einen Platzverweis nicht befolgt hatten. Ihre Absicht dürfe eine Gleisblockade gewesen sein. Zwischen Hockenheim und Oftersheim hätten sich ca. 30 Personen mit Fackeln im Gleisbereich zu Blockadezwecken versammelt. Nach Versammlungsauflösung seien Platzverweise erteilt worden. Zehn Personen seien in Gewahrsam genommen worden, da sie den Platzverweisen nicht nachgekommen seien. Die Zugfahrt sei um eine Stunde verzögert worden.
Bei einem Castortransport am 08./09.11.2008 hätten sich zwischen Berg und Neuburg (Rheinland-Pfalz) 11 Personen versammelt, von denen sich drei Personen mit einem Kunststoffrohr und Schnellzement an die Gleise gekettet hätten. Das Lösen der Blockade habe sich so schwierig und aufwendig gestaltet, dass die Weiterfahrt des Zuges sich um 14 Stunden verzögert habe. Nahezu zeitgleich seien drei einschlägig bekannte Personen der Anti-Atom-Szene mit mitgeführten faltbaren gelben Tonnen angetroffen worden. Den Personen seien Platzverweise erteilt worden, wobei eine Person nach vorangegangener Widerstandshandlung vorübergehend in Gewahrsam genommen worden sei. Aufgrund des örtlichen und zeitlichen Zusammenhangs (planmäßig hätte der Zug kurze Zeit später den Bahnhof Karlsruhe-Mühlburg passieren sollen) sei zu vermuten, dass die Personen ebenfalls eine Blockadeaktion beabsichtigt hätten. Im weiteren Verlauf habe der Zug erneut für ca. 25 Minuten halten müssen, nachdem die Bundespolizei metallische Geräusche im Schienenbereich wahrgenommen habe und eine Leuchtrakete in den Himmel abgeschossen worden sei.
Am 06.11.2010 hätten sich anlässlich eines Castortransports im Bereich Lauterbourg (Frankreich) zwei bekannte Aktivisten aus Heidelberg an den Gleisen festgekettet. Im Bereich Berg (Rheinland-Pfalz) hätten gleichzeitig bis zu 1.000 Demonstranten die Transportstrecke blockiert. Der Zug sei umgeleitet worden. Im weiteren Verlauf sei eine Brücke, die der Zug überfahren sollte, blockiert worden. Die rechtswidrige Versammlung sei aufgelöst worden. 11 Personen hätten von der Brücke weggetragen werden müssen. Dabei sei es zu Widerstandshandlungen gegen Polizeikräfte der Bundespolizei gekommen. Es seien drei Personen festgenommen worden. Nachdem die Zugumleitung bekannt geworden sei, sei es im Bereich des Hauptbahnhofs Karlsruhe zu einer Versammlung von ca. 250–300 Personen gekommen, darunter auch ca. 20 Autonome der Anti-Atom-Szene. Die Personen hätten versucht, durch Überrennen eine Polizeiabsperrung zu überwinden, um auf der Gleisanlage eine Blockade zu errichten. Dieses Vorhaben habe nur durch den Einsatz starker Kräfte der Bundes- und Landespolizei unter Anwendung unmittelbaren Zwangs verhindert werden können. Es sei zu vier Widerstandshandlungen sowie zu einer Beleidigung zum Nachteil der Einsatzkräfte gekommen. Vermutlich aus Protest gegen die Eingriffsmaßnahmen der Polizei gegenüber den Straftätern habe sich in der Folge ein spontaner Aufzug (ca. 80 – 100 Personen) vom Hauptbahnhof in Richtung Polizeipräsidium Karlsruhe bewegt und „Lasst sie frei“ skandiert.
Ein Transport am 15.12.2010 sei störungsfrei verlaufen, nachdem die Einsatzleitung in Frankreich kurzfristig eine Streckenänderung verfügt habe.
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Zu den Protest- und Blockadeaufrufen im Internet hieß es u.a.:
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Auf der Internetseite www.nachttanzblockade.de werde mit den Worten „Mach mit, bleib wach, besetze, blockiere!“, „Wir stoppen mit einer Gleisbesetzung den Castor“ und „Teig mischen? Beton mischen? Mitmischen!“ ausdrücklich zu Blockaden aufgerufen. Die Blockade solle „in Karlsruhe-Neureut, wenn der Castor rollt“ stattfinden. Unter der Rubrik „Mitmischen“ erscheine eine Checkliste, welche Gegenstände zur Blockadeaktion mitgebracht werden sollten, u.a.
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- Werkzeug zum Reparieren von Zäunen, Straßen etc.,
- dichte Plastiktüte zum Verpacken Tränengas verseuchter Klamotten,
- Augenspülflasche mit klarem Wasser,
- Medikamente für mehrere Tage,
- Sitzkissen,
- keine Schminke und Fettcreme (bindet Tränengas).
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Das Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand-Neckarwestheim rufe auf http://neckarwestheim.antiatom.net gemeinsam mit den Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen dazu auf, „gegen die Atommüllverschiebung von Karlsruhe nach Lubmin am Transporttag (16.02.2011) entlang den Straßenbahnschienen in Karlsruhe zu demonstrieren und Aktionen entlang der gesamten Transportstrecke durchzuführen.
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Auf der Seite www.lubmin-nixda.de werde zur regen Teilnahme an bundesweiten Demonstrationen am 12.02.2011 entlang der möglichen Transportstrecken und zum „Widerstand im ganzen Land gegen diesen Castortransport, denn Atommüll geht uns alle an!“ aufgerufen. Für die darauffolgenden Tage (15.-18.02.2011) werde dazu aufgerufen, sich am Protest zu beteiligen: „Organisiert bei Euch an der Strecke Widerstand und stoppt den Castor am Tag X“.
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Die „Linksjugend (Solid) Karlsruhe“ rufe auf der Internetseite http://solidka.wordpress.com/castor zur Transportblockade auf. Neben einem eigenen Flyer werde auf die Internetseite der Nachttanzblockade verwiesen.
16 
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse kam die Beklagte zu dem Schluss, dass im Zusammenhang mit dem am 15./16.02.2011 stattfindenden Castortransport mit massiven Störungen des Zuglaufs durch Blockadeaktionen bzw. Einwirkungen auf den Schienenstrang oder den Transportzug selbst gerechnet werden müsse. Wie viele Personen sich an den Protesten beteiligen werden, sei nicht absehbar. Vor dem Hintergrund der zuvor beschlossenen Laufzeitverlängerung von Atomanlagen sowie der Zwischen- und Endlagerproblematik sei jedoch von einem erheblichen Mobilisierungsgrad auszugehen. Unmittelbaren lokalen Bezug entfalte zudem der Rückkauf der EnBW-Aktien durch das Land Baden-Württemberg. Dass lediglich zwei Mahnwachen angemeldet worden seien, im Internet jedoch aktiv zu Protesten aufgerufen werde, lasse auf eine mangelnde Kooperationsbereitschaft der Veranstalter schließen.
17 
Die Allgemeinverfügung sei das mildeste Mittel, welches in Anbetracht der Gefahrenprognose die Transportsicherung noch mit hinreichender Sicherheit gewährleiste. Der räumliche Geltungsbereich müsse in der Breite so gestaltet sein, dass das Durchsickern von Demonstranten zur Transportstrecke sowie das Erreichen des Zuges mit Wurfgeschossen nicht möglich sei. In zeitlicher Hinsicht bedürfe es aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit eines ausreichenden Zeitpuffers, um etwaige Transportverzögerungen aufzufangen.
18 
Am 14.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung und beantragte gleichzeitig beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14.02.2011 (- 3 K 394/11 - juris) ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 15.02.2011 - 1 S 361/11 - zurück. Der Widerspruch wurde nicht mehr beschieden.
19 
Am 05.07.2011 erhob der Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Es sei nicht sichergestellt, dass der Kläger bei zukünftigen Transporten von radioaktivem Müll durch Karlsruhe Versammlungen zur zeitnahen Information der betroffenen Bevölkerung über die mit dem Atommülltransport auf S-Bahn-Gleisen quer durch Wohngebiete einhergehende Gefährdung durchführen könne. Vielmehr sei zu befürchten, dass er auch künftig keine Versammlungen mit öffentlicher Messung der von Atommülltransporten ausgehenden Strahlung direkt am vorbeifahrenden Zug mit Castoren durchführen könne, da damit zu rechnen sei, dass die Beklagte dies erneut durch vergleichbare Allgemeinverfügungen zu verhindern suche. Die Allgemeinverfügung sei nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden, da sie nicht an die Bürgerinnen und Bürger ausgehändigt und ohne Begründung veröffentlicht worden sei. Dies habe die Rechtsschutzmöglichkeiten unzulässig eingeschränkt. Die Allgemeinverfügung sei in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unverhältnismäßig gewesen. Sie habe die Versammlungsfreiheit für einen Zeitraum von 48 Stunden in einem großen Gebiet quer durch Karlsruhe, darunter u. a. am Bahnhofsplatz, für Versammlungen aller Art und unabhängig vom Thema, außer Kraft gesetzt. Der von der Allgemeinverfügung betroffene Personenkreis sei viel zu unbestimmt gewesen, weshalb bereits die Anreise per Stadtbahn zur Dauermahnwache einen Verstoß dargestellt habe. Die Gefahrenprognose sei nicht auf vergleichbare Sachverhalte gestützt worden. Schließlich habe kein polizeilicher Notstand vorgelegen. Die Polizeikräfte hätten ausgereicht, um etwaige rechtswidrige Versammlungen aufzulösen.
20 
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 15.02.2011 - 1 S 361/11 - entgegen.
21 
Mit Urteil vom 24.11.2011 - 3 K 1817/11 - wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. In formeller Hinsicht bestünden keine Bedenken gegen die Allgemeinverfügung. Ihr Erlass und die öffentliche Bekanntmachung seien gerechtfertigt gewesen. Da bei dem Castortransport mit einer Mehrzahl lose verbundener Veranstalter und einzelner Demonstranten-gruppen ohne besondere innere Struktur habe gerechnet werden müssen, sei es nicht möglich gewesen, jedem einzelnen Teilnehmer oder Veranstalter gegenüber eine Einzelverfügung bekannt zu geben. Dies rechtfertige ein allgemeines Versammlungsverbot in Form einer Allgemeinverfügung. Einer öffentlichen Bekanntmachung auch der Begründung habe es nicht bedurft. Die Allgemeinverfügung sei auch in der Sache nicht zu beanstanden, da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG im Zeitpunkt ihres Erlasses vorgelegen hätten. Es habe eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden. Die Beklagte habe in der Allgemeinverfügung zu Recht angenommen, dass die Erfahrung mit zurückliegenden Castortransporten die Annahme rechtfertige, dass auch bei dem streitgegenständlichen Castortransport eine hohe Gefahr der Verletzung elementarer Rechtsgüter - insbesondere durch Blockaden von Abschnitten der Transportstrecke und Eingriffe in den Bahnverkehr - bestanden habe. Ferner seien zahlreiche Indizien, insbesondere Internetaufrufe zu Protest- und Blockadeaktionen, aufgeführt, die auch bei dem seinerzeit bevorstehenden Transport für mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende Rechtsgüterverletzungen gesprochen hätten. Hervorzuheben seien die zahlreichen Blockadeaufrufe im Internet, die größtenteils auf die Webseite www.nachttanzblockade.de verwiesen hätten. Aus der Gesamtheit der von der Beklagten in der Allgemeinverfügung aufgeführten Indizien habe sich die konkrete Erwartung ergeben, dass durch verschiedene Aktionen die Transportstrecke blockiert werden sollte. Blockaden der Schienenstrecke seien von vornherein nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt und stellten eine nicht hinzunehmende Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar, weil gegen die Eisenbahnbau- und Betriebsordnung sowie möglicherweise gegen § 315 StGB verstoßen werde. Die von der Beklagten getroffene Gefahrenprognose habe der Kläger nicht zu widerlegen vermocht. Die Beklagte sei zu Recht von einem polizeilichen Notstand ausgegangen, der es rechtfertige, einschränkend auf die Modalitäten der Versammlungsdurchführung einzuwirken, um den polizeilichen Schutzauftrag umfassend und wirksam erfüllen zu können. Ohne den Erlass der Allgemeinverfügung hätte der konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht hinreichend begegnet werden können. Die Beklagte und die Polizei hätten es personalmäßig nicht gewährleisten können, in jedem Einzelfall eine individuelle Gefahrenprognose für alle angemeldeten, vor allem aber auch alle unangemeldeten Versammlungen zu treffen. Die Regelungen der Allgemeinverfügung seien auch verhältnismäßig gewesen. Dass der Korridor, in dem Versammlungen verboten gewesen seien, 50 m beidseits der Transportstrecke sowie angrenzende Gebiete erfasst habe, sei nicht zu beanstanden. In der Allgemeinverfügung sei dieser Abstand nachvollziehbar mit dem Wurf von Gegenständen sowie der Gefahr des „Durchsickerns“ von Demonstranten begründet worden. Mit dieser Begründung hätten auch an die Transportstrecke angrenzende Straßen und die dazwischen liegenden Bereiche sowie der stark frequentierte und damit schwer zu kontrollierende Bahnhofsvorplatz in die Allgemeinverfügung aufgenommen werden dürfen, da mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten gewesen sei, dass auch friedliche Versammlungen dazu genutzt würden, um an die Transportstrecke zu gelangen und aus dem Schutz der Versammlung heraus zu Verhinderungsblockaden und anderen rechtswidrigen Aktionen überzugehen. In zeitlicher Hinsicht sei das Versammlungsverbot gut nachzuvollziehen, da ein Zeitpuffer eingeplant werden müsse.
22 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 09.08.2012 - 1 S 210/12 - zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen.
23 
Der Kläger beantragt,
24 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 1817/11 - zu ändern und festzustellen, dass das Versammlungsverbot (Ziffern I. und II.) und die darauf bezogene Zwangsmittelandrohung (Ziffer IV.) in der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 08.02.2011 rechtswidrig waren.
25 
Die Beklagte beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
28 
Mit der Ladung zum Termin wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass die von ihr vorgelegten Akten nur eingeschränkt eine zuverlässige Überprüfung der in der Allgemeinverfügung getroffenen Gefahrprognose erlaubten. Üblicherweise werde die Gefahrprognose aufgrund einer polizeilichen Lageeinschätzung getroffen. Eine solche sei dem Senat nicht vorgelegt worden. Eine Überprüfung der Voraussetzungen des polizeilichen Notstands sei ohne Kenntnis der Zahl der damals voraussichtlich benötigten und der tatsächlich zur Verfügung stehenden Polizeibeamten kaum möglich.
29 
Die Beklagte teilte darauf mit Schriftsatz vom 19.09.2013 mit, dass ihr keine weiteren Akten vorlägen, die nachgereicht werden könnten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte der Vertreter der Beklagten, dass es keine polizeiliche Lageeinschätzung gegeben habe, wenn eine solche in den vorgelegten Akten nicht enthalten sei. Der Versammlungsbehörde seien aber wohl Informationen der Polizei „zugespielt worden“. Er erklärte weiter, dass der Beklagten ex ante bei Erlass der Allgemeinverfügung keine Erkenntnisse zur Zahl der voraussichtlich benötigten und der zur Verfügung stehenden Polizeikräfte vorgelegen hätten.
30 
Dem Senat liegen die von der Beklagten vorgelegten Akten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
31 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die im Berufungsverfahren erfolgte Beschränkung des Klageantrags stellt keine Klageänderung dar; sie ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres zulässig.
II.
32 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Versammlungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
33 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Bei dem streitgegenständlichen Versammlungsverbot handelte es sich um einen Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG). Anlass der Allgemeinverfügung war der beabsichtigte Castortransport. Da es sich um einen einzelnen und konkret erkennbaren Lebenssachverhalt handelte, nahm der Umstand, dass sich das Versammlungsverbot auf eine Vielzahl von Versammlungen und von Versammlungsteilnehmern ausgewirkt hat, der Allgemeinverfügung nicht den Charakter eines einzelfallbezogenen Verwaltungsakts (Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008,987). Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155, vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61 und vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - VBlBW 2012, 473, jeweils m.w.N.).
34 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O. m.w.N.).
35 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier bei einer Klageerhebung binnen Jahresfrist nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O.).
36 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O. und Urt. v. 28.03.2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 <76> Rn. 15; Senatsurteile vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O. und vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O.).
37 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Senatsurteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O.). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt dabei zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S.90; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405).
38 
Danach ist hier ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Ein Versammlungsverbot in Gestalt einer Allgemeinverfügung stellt stets eine schwere Beeinträchtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit dar. Da der Protest der Atomkraftgegner sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich richtet, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten, werden Castortransporte und andere Transporte radioaktiver Abfallprodukte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu Versammlungen und auch zu nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckten Protestaktionen wie etwa Blockaden der Transportstrecke bieten. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch anlässlich künftiger Atommülltransporte durch Karlsruhe Versammlungen unmittelbar an der Transportstrecke veranstalten zu wollen. Es ist zu erwarten, dass die Beklagte, die an ihrer Rechtsauffassung festhält, zur Sicherung solcher Transporte wiederum der streitgegenständlichen Verfügung vergleichbare Allgemeinverfügungen erlassen wird. Sie hat nicht zu erkennen gegeben, von diesem Instrument künftig in vergleichbaren Situationen keinen Gebrauch mehr machen zu wollen.
39 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Versammlungsverbot in der Form einer Allgemeinverfügung war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war die Allgemeinverfügung formell rechtmäßig (a)) und hinreichend bestimmt (b)). Es spricht auch vieles dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG für den Erlass versammlungsbeschränkender Maßnahmen vorgelegen haben (c)). Letztlich kann der Senat dies aber offenlassen, weil mangels entsprechender Darlegungen der Beklagten nicht festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands gegeben waren (d)).
40 
a) Entgegen der Auffassung des Klägers wurde die Allgemeinverfügung ordnungsgemäß bekannt gegeben.
41 
Nach § 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG darf eine Allgemeinverfügung auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Untunlich bedeutet, dass die individuelle Bekanntgabe wegen der Natur des in Rede stehenden Verwaltungsakts nicht möglich oder jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre, etwa weil nicht mit Sicherheit feststellbar ist, wer betroffen ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 41 Rn. 46). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Aufgrund der Aufrufe im Internet zu verschiedenen Formen des Protestes, die nicht mit entsprechenden Anmeldungen von Versammlungen korrespondierten, war es nicht möglich, jedem einzelnen potentiellen Veranstalter oder Teilnehmer die Allgemeinverfügung oder gar eine Einzelverfügung bekannt zu geben.
42 
Nach § 41 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG wird die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakts dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. Diese Voraussetzung wurde mit der Bekanntgabe des verfügenden Teils der Allgemeinverfügung am 11.02.2011 im Amtsblatt der Stadt Karlsruhe erfüllt. In Übereinstimmung mit § 41 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG wurde in der Bekanntmachung darauf hingewiesen, dass die vollständige Begründung während der Öffnungszeiten beim Ordnungs- und Bürgeramt der Beklagten eingesehen werden könne. Abweichend von § 41 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, wonach der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben gilt, wurde gemäß Satz 4 dieser Vorschrift bestimmt, dass die Allgemeinverfügung ab dem der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben gilt.
43 
Für einen Verstoß dieser Bekanntgabevorschriften oder ihrer Handhabung im Einzelfall gegen höherrangiges Recht ist nichts ersichtlich. Der Umstand, dass es dem Kläger möglich war, bereits am 14.02.2011 Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung einzulegen und um Eilrechtsschutz nachzusuchen, belegt, dass die Möglichkeiten, effektiven Rechtsschutz zu erlangen, nicht unzumutbar erschwert wurden.
44 
b) Die Allgemeinverfügung war sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich des Adressatenkreises hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG).
45 
Für die inhaltliche Bestimmtheit genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung und aus den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 12 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 03.02.1989 - 7 B 18.89 - NJW 1989, 1624). Hierbei ist entsprechend § 133 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 71).
46 
Daran gemessen war die Allgemeinverfügung inhaltlich hinreichend bestimmt. Durch die Angabe des § 15 Abs. 1 VersammlG als Rechtsgrundlage und die Verwendung der auch im Versammlungsgesetz verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe der Versammlung unter freiem Himmel und des Aufzugs war hinreichend klar, welche Verhaltensweisen von dem Versammlungsverbot erfasst sind. Der Versammlungsbegriff ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts hinreichend konturiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 [Fuckparade 2001]; BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 [Blockadeaktion]; Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01 - NJW 2001, 2459 [Love Parade]). Eine Versammlung ist danach die örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Individuelle Meinungsbekundungen etwa durch das Tragen von Ansteckern und auch die Anreise zu einer Versammlung wurden danach von der Allgemeinverfügung nicht erfasst. Gleiches gilt für öffentliche Messungen der Radioaktivität, soweit sie nicht mit einer kollektiven Meinungskundgabe einhergehen.
47 
Einer konkreten Bezeichnung des Adressatenkreises der Allgemeinverfügung bedurfte es nicht, da dieser sich ohne weiteres aus dem Regelungsinhalt des Versammlungsverbots ergab. Adressat war danach jede Person, die innerhalb des Geltungsbereichs der Allgemeinverfügung an einer Versammlung unter freiem Himmel oder einem Aufzug teilnehmen wollte. Der Adressatenkreis war damit - wie dies für eine personenbezogene Allgemeinverfügung kennzeichnend ist - nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar. Dem entsprechend wurde die Anwendung von unmittelbarem Zwang unter IV. der Verfügung „den Versammlungsteilnehmern“ angedroht. Eine weitere Konkretisierung des Adressatenkreises war nicht möglich, da die Allgemeinverfügung auf eine unbestimmte Vielzahl von Versammlungen und von Versammlungsteilnehmern zielte.
48 
c) Es spricht vieles dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen haben.
49 
aa) Versammlungsbeschränkende Maßnahmen dürfen nach § 15 Abs. 1 VersammlG nur ergriffen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen, deren Beschränkung für Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG ausdrücklich zulässig ist. Voraussetzung einer das Versammlungsrecht beschränkenden Verfügung ist eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - BVerfGE 69, 315 [Brokdorf II]). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1998, 834; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - BVerfGK 13, 82). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, die grundsätzlich der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine das Versammlungsrecht beschränkende Verfügung darf nur ergehen, wenn bei verständiger Würdigung sämtlicher erkennbarer Umstände die Durchführung der Versammlung so wie geplant mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verursacht (Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008, 987 m.w.N.).
50 
bb) Hier bereitet die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG Schwierigkeiten, weil in den von der Beklagten vorgelegten Akten nicht dokumentiert ist, welche Erkenntnisse ihr bei Erlass der Allgemeinverfügung zur Verfügung standen und die Beklagte hierzu auch keine verbindlichen Angaben machen konnte. Aus den in der Begründung der Allgemeinverfügung angeführten Erkenntnissen kann nur indirekt darauf geschlossen werden, dass diese auf entsprechenden Informationen seitens der Polizei - etwa auf einer polizeilichen Lageeinschätzung - beruhen.
51 
cc) Sieht man über diese Unsicherheiten hinweg, so erweist sich die auf dieser Tatsachengrundlage getroffene Gefahrenprognose jedoch im Grundsatz als tragfähig. Es waren erkennbare Umstände, d.h. Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten gegeben, die eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit begründeten. Die in der Begründung angeführten Erfahrungen aus zurückliegenden Castortransporten dürften die Annahme gerechtfertigt haben, dass auch bei dem streitgegenständlichen Castortransport eine hohe Gefahr der Verletzung elementarer Rechtsgüter - insbesondere Blockaden von Abschnitten der Transportstrecke und Eingriffen in den Bahnverkehr - bestand. Dafür sprachen auch die ebenfalls in der Begründung angeführten Blockadeaufrufe im Internet, die größtenteils auf die Webseite „www.nachttanzblockade.de“ verwiesen. In einer Gesamtschau dürften die von der Beklagten in der Allgemeinverfügung aufgeführten Indizien die Prognose gerechtfertigt haben, dass durch verschiedene Aktionen die Transportstrecke blockiert werden sollte. Derartige Blockadeaktionen auf der Schienenstrecke sind von vornherein nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt und stellen eine nicht hinzunehmende Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar. Denn eine Sitzblockade auf den Schienen einer dem öffentlichen Eisenbahnverkehr dienenden Schienenstrecke stellt zumindest einen Verstoß gegen § 62 der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung - EBO - dar und kann darüber hinaus auch als Transportgefährdung gemäß § 315 StGB strafbar sein. Der Verstoß gegen die EBO und gegen § 315 StGB durch derartige Blockaden ist nicht durch das Versammlungsrecht gerechtfertigt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 12.03.1998 - 1 BvR 2165/96 - juris). Blockaden, die nicht nur kurzfristig und symbolisch Protest ausdrücken sollen, sondern auf die Verhinderung dessen gerichtet sind, was politisch missbilligt wird, sind grundsätzlich von der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt. Art. 8 GG schützt die Teilhabe an der Meinungsbildung, nicht aber die zwangsweise oder sonstwie selbsthilfeähnliche Durchsetzung eigener Forderungen. Auch wenn Sitzblockaden bei passiver Haltung der Teilnehmer nicht als unfriedlich anzusehen sind und für sie folglich der Schutz des Art. 8 GG nicht von vornherein entfällt, überschreiten sie den Bereich der geistigen Auseinandersetzung, wenn sie sich nicht als demonstrative Sitzblockaden auf die Kundgabe einer Meinung und die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für ein kommunikatives Anliegen beschränken, sondern auf die Beeinträchtigung der Rechte anderer und die Ausübung von Zwang sowie die Schaffung von Tatsachen gerichtet sind. Art. 8 GG umfasst nicht das Recht, die öffentliche Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen durch gezielte und absichtliche Behinderung der Rechte Dritter zu steigern (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u. a. - BVerfGE 73, 206; Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - BVerfGE 104, 92; Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 15 Rn. 195 f.; Hoffmann-Riem, NVwZ 2002, 257 <259 f.>; Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - a.a.O.).
52 
Die Gefahr von Blockadeaktionen dürfte ebenso wie die Gefahr des Werfens von Gegenständen auf die Transportstrecke versammlungsbeschränkende Maßnahmen in einem Korridor entlang der Strecke grundsätzlich gerechtfertigt haben. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Kläger selbst Rechtsverletzungen in der Vergangenheit zu verantworten hatte oder nicht. Es ist auch nicht entscheidend, ob von den angemeldeten Versammlungen in Karlsruhe-Neureut voraussichtlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausging. Denn die Allgemeinverfügung betraf nicht nur den Kläger, sondern alle Demonstrationsteilnehmer, d.h. eine unbestimmte Vielzahl potentieller Adressaten/Versammlungsteilnehmer. Es kommt deshalb auf eine Gesamtbetrachtung an, d.h. ob aus dem Kreis aller Teilnehmer von Demonstrationen und sonstigen "Aktionen" entlang der Transportstrecke eine unmittelbare Gefahr der öffentlichen Sicherheit zu erwarten war. Hier spricht vieles dafür, dass die Prognose gerechtfertigt war, dass sich aus zunächst friedlichen Versammlungen rechtswidrige Blockadeaktionen entwickeln und weitere Straftaten wie etwa Gefährdungen des Schienenverkehrs begangen werden. Auch die Befürchtung, dass friedliche Versammlungen genutzt werden, um an die Transportstrecke zu gelangen und aus dem Schutz der Versammlung heraus zu Verhinderungsblockaden und anderen rechtswidrigen Aktionen überzugehen, dürfte gerechtfertigt gewesen sein.
53 
d) Letztlich kann der Senat dies aber offenlassen, weil die zu erwartenden Gefährdungen bzw. Störungen der öffentlichen Sicherheit jedenfalls nicht den Erlass eines räumlich beschränkten präventiven Versammlungsverbots unter Einbeziehung sämtlicher angemeldeter und unangemeldeter Versammlungen, wie die Beklagte es in Gestalt der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung erlassen hat, gerechtfertigt haben. Denn ein solches Versammlungsverbot darf nur unter den Voraussetzungen des polizeilichen Notstands erlassen werden und mangels entsprechender Darlegungen der Beklagten kann nicht festgestellt werden, dass ein solcher Notstand gegeben war.
54 
aa) Da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung auf ein vollständiges Verbot auch von friedlichen Versammlungen gerichtet war, wäre sie nur rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands vorgelegen hätten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - a.a.O. S. 360 f.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - NVwZ 2013, 570 m.w.N.). Denn insoweit wurde durch die Allgemeinverfügung auch die Versammlungsfreiheit von Veranstaltern und Versammlungsteilnehmern beschränkt, die nicht die Absicht hatten, sich an durch Art. 8 GG nicht gedeckten Verhinderungsblockaden oder anderen rechtswidrigen Aktionen, etwa Beschädigungen der Gleisanlagen, zu beteiligen.
55 
bb) Die Rechtsfigur des polizeilichen Notstands setzt voraus, dass die Gefahr auf andere Weise nicht abgewehrt und die Störung auf andere Weise nicht beseitigt werden kann und die Versammlungsbehörde nicht über ausreichende eigene, eventuell durch Amts- und Vollzugshilfe ergänzte, Mittel und Kräfte verfügt, um die Rechtsgüter wirksam zu schützen (BVerwG, Beschl. v. 01.10.2008 - 6 B 53.08 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 16; Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 15 Rn. 41 f.; Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., Kap. D Rn. 138 ff.). Soweit Rechtsgüter durch Dritte, die nicht im Rahmen der angemeldeten Versammlung handeln, gefährdet werden, hat die Behörde zunächst gegen diese vorzugehen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 26.03.2001 - 1 BvQ 15/01 - NJW 2001, 1411 <1412> u. v. 26.06.2007 - 1 BvR 1418/07 - NVwZ-RR 2007, 641 <642> m.w.N.). Voraussetzung des Einschreitens gegen eine friedliche Versammlung ist eine hohe Wahrscheinlichkeit in der Gefahrenprognose sowie die vorherige Ausschöpfung aller anwendbaren Mittel, um eine Grundrechtsverwirklichung der friedlichen Demonstranten zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - a.a.O. S. 360 ff., vgl. auch Beschl. v. 18.08.2000 - 1 BvQ 23/00 - NJW 2000, 3053 und BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 991 <992>). Dies setzt voraus, dass die Versammlungsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anderenfalls wegen der Erfüllung vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Bemühens, gegebenenfalls externe Polizeikräfte hinzuzuziehen, zum Schutz des Castortransports nicht in der Lage wäre; eine pauschale Behauptung dieses Inhalts reicht dabei nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines polizeilichen Notstands liegt bei der Versammlungsbehörde (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).
56 
cc) Daran gemessen kann hier nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstands vorlagen. Zwar stellt die Begleitung eines Castortransports angesichts der regelmäßig langen Transportstrecke (hier von Karlsruhe nach Lubmin) und der großen Zahl angemeldeter und unangemeldeter Versammlungen und sonstiger "Aktionsformen" mit zum Teil vielen, aber teilweise auch wenigen Teilnehmern, die gerade deshalb (bei unangemeldeten Veranstaltungen) entlang der langen Strecke schwer zu "orten" und polizeilich zu begleiten sind, eine außergewöhnlich komplexe polizeiliche Aufgabe dar. Allein dies vermag jedoch noch keinen polizeilichen Notstand zu begründen. Zu berücksichtigen ist, dass die Mobilisierung der Castor-Gegner, von denen Störungen der öffentlichen Sicherheit zu erwarten sind, entlang der langen Transportstrecke regional höchst unterschiedlich ist. Zu Situationen, die die Annahme eines polizeilichen Notstands rechtfertigten, kam es in der Vergangenheit vor allem im Wendland. Bei den von der Beklagten der Gefahrprognose zugrunde gelegten Vorfällen konnten Störungen überwiegend durch ein gezieltes Vorgehen gegen die Störer (Platzverweise, Ingewahrsam-nahmen) beseitigt werden, ohne dass es zu nennenswerten Verzögerungen des jeweiligen Castortransports gekommen wäre. Lediglich bei dem Transport am 06.11.2010, als im Bereich Berg (Rheinland-Pfalz) bis zu 1.000 Demonstranten gleichzeitig die Transportstrecke blockierten, spricht einiges dafür, dass dort die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstands vorgelegen haben könnten. Als es nach Bekanntwerden der Zugumleitung in der Folge zu einer Spontanversammlung von ca. 250 - 300 Personen im Bereich des Hauptbahnhofs Karlsruhe kam, die versuchten, eine Polizeiabsperrung zu überrennen und auf den Gleisanlagen eine Blockade zu errichten, war die Polizei jedoch in der Lage, dies durch den Einsatz starker Kräfte der Bundes- und Landespolizei unter Anwendung von unmittelbarem Zwang zu verhindern. Da die Beklagte bereits nicht dargelegt hat, in welcher Zahl ihr Polizeikräfte zur Sicherung des Castortransports in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Verfügung standen und wie viel Polizeibeamte voraussichtlich erforderlich gewesen wären, um ohne ein präventives allgemeines Versammlungsverbot Störungen der öffentlichen Sicherheit im Zusammenhang mit dem Castortransport zu verhindern, muss vorliegend eine Beweislastentscheidung getroffen werden. Ansatzpunkte für eine weitere Sachaufklärung sind nicht gegeben, nachdem der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt hat, dass der Beklagten bei Erlass der Allgemeinverfügung keine Erkenntnisse zur Zahl der voraussichtlich benötigten und der zur Verfügung stehenden Polizeikräfte vorgelegen hätten.
57 
e) Erweist sich das Versammlungsverbot als rechtswidrig, so gilt dies auch für die darauf bezogene Zwangsmittelandrohung.
III.
58 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
60 
Beschluss vom 6. November 2013
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
31 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die im Berufungsverfahren erfolgte Beschränkung des Klageantrags stellt keine Klageänderung dar; sie ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres zulässig.
II.
32 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Versammlungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
33 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Bei dem streitgegenständlichen Versammlungsverbot handelte es sich um einen Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG). Anlass der Allgemeinverfügung war der beabsichtigte Castortransport. Da es sich um einen einzelnen und konkret erkennbaren Lebenssachverhalt handelte, nahm der Umstand, dass sich das Versammlungsverbot auf eine Vielzahl von Versammlungen und von Versammlungsteilnehmern ausgewirkt hat, der Allgemeinverfügung nicht den Charakter eines einzelfallbezogenen Verwaltungsakts (Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008,987). Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155, vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61 und vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - VBlBW 2012, 473, jeweils m.w.N.).
34 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O. m.w.N.).
35 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier bei einer Klageerhebung binnen Jahresfrist nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O.).
36 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O. und Urt. v. 28.03.2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 <76> Rn. 15; Senatsurteile vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O. und vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O.).
37 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Senatsurteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 - a.a.O.). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt dabei zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S.90; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405).
38 
Danach ist hier ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Ein Versammlungsverbot in Gestalt einer Allgemeinverfügung stellt stets eine schwere Beeinträchtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit dar. Da der Protest der Atomkraftgegner sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich richtet, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten, werden Castortransporte und andere Transporte radioaktiver Abfallprodukte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu Versammlungen und auch zu nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckten Protestaktionen wie etwa Blockaden der Transportstrecke bieten. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch anlässlich künftiger Atommülltransporte durch Karlsruhe Versammlungen unmittelbar an der Transportstrecke veranstalten zu wollen. Es ist zu erwarten, dass die Beklagte, die an ihrer Rechtsauffassung festhält, zur Sicherung solcher Transporte wiederum der streitgegenständlichen Verfügung vergleichbare Allgemeinverfügungen erlassen wird. Sie hat nicht zu erkennen gegeben, von diesem Instrument künftig in vergleichbaren Situationen keinen Gebrauch mehr machen zu wollen.
39 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Versammlungsverbot in der Form einer Allgemeinverfügung war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war die Allgemeinverfügung formell rechtmäßig (a)) und hinreichend bestimmt (b)). Es spricht auch vieles dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG für den Erlass versammlungsbeschränkender Maßnahmen vorgelegen haben (c)). Letztlich kann der Senat dies aber offenlassen, weil mangels entsprechender Darlegungen der Beklagten nicht festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands gegeben waren (d)).
40 
a) Entgegen der Auffassung des Klägers wurde die Allgemeinverfügung ordnungsgemäß bekannt gegeben.
41 
Nach § 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG darf eine Allgemeinverfügung auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Untunlich bedeutet, dass die individuelle Bekanntgabe wegen der Natur des in Rede stehenden Verwaltungsakts nicht möglich oder jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre, etwa weil nicht mit Sicherheit feststellbar ist, wer betroffen ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 41 Rn. 46). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Aufgrund der Aufrufe im Internet zu verschiedenen Formen des Protestes, die nicht mit entsprechenden Anmeldungen von Versammlungen korrespondierten, war es nicht möglich, jedem einzelnen potentiellen Veranstalter oder Teilnehmer die Allgemeinverfügung oder gar eine Einzelverfügung bekannt zu geben.
42 
Nach § 41 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG wird die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakts dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. Diese Voraussetzung wurde mit der Bekanntgabe des verfügenden Teils der Allgemeinverfügung am 11.02.2011 im Amtsblatt der Stadt Karlsruhe erfüllt. In Übereinstimmung mit § 41 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG wurde in der Bekanntmachung darauf hingewiesen, dass die vollständige Begründung während der Öffnungszeiten beim Ordnungs- und Bürgeramt der Beklagten eingesehen werden könne. Abweichend von § 41 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG, wonach der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben gilt, wurde gemäß Satz 4 dieser Vorschrift bestimmt, dass die Allgemeinverfügung ab dem der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben gilt.
43 
Für einen Verstoß dieser Bekanntgabevorschriften oder ihrer Handhabung im Einzelfall gegen höherrangiges Recht ist nichts ersichtlich. Der Umstand, dass es dem Kläger möglich war, bereits am 14.02.2011 Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung einzulegen und um Eilrechtsschutz nachzusuchen, belegt, dass die Möglichkeiten, effektiven Rechtsschutz zu erlangen, nicht unzumutbar erschwert wurden.
44 
b) Die Allgemeinverfügung war sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich des Adressatenkreises hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG).
45 
Für die inhaltliche Bestimmtheit genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung und aus den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 12 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 03.02.1989 - 7 B 18.89 - NJW 1989, 1624). Hierbei ist entsprechend § 133 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 71).
46 
Daran gemessen war die Allgemeinverfügung inhaltlich hinreichend bestimmt. Durch die Angabe des § 15 Abs. 1 VersammlG als Rechtsgrundlage und die Verwendung der auch im Versammlungsgesetz verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe der Versammlung unter freiem Himmel und des Aufzugs war hinreichend klar, welche Verhaltensweisen von dem Versammlungsverbot erfasst sind. Der Versammlungsbegriff ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts hinreichend konturiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 [Fuckparade 2001]; BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 [Blockadeaktion]; Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01 - NJW 2001, 2459 [Love Parade]). Eine Versammlung ist danach die örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Individuelle Meinungsbekundungen etwa durch das Tragen von Ansteckern und auch die Anreise zu einer Versammlung wurden danach von der Allgemeinverfügung nicht erfasst. Gleiches gilt für öffentliche Messungen der Radioaktivität, soweit sie nicht mit einer kollektiven Meinungskundgabe einhergehen.
47 
Einer konkreten Bezeichnung des Adressatenkreises der Allgemeinverfügung bedurfte es nicht, da dieser sich ohne weiteres aus dem Regelungsinhalt des Versammlungsverbots ergab. Adressat war danach jede Person, die innerhalb des Geltungsbereichs der Allgemeinverfügung an einer Versammlung unter freiem Himmel oder einem Aufzug teilnehmen wollte. Der Adressatenkreis war damit - wie dies für eine personenbezogene Allgemeinverfügung kennzeichnend ist - nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar. Dem entsprechend wurde die Anwendung von unmittelbarem Zwang unter IV. der Verfügung „den Versammlungsteilnehmern“ angedroht. Eine weitere Konkretisierung des Adressatenkreises war nicht möglich, da die Allgemeinverfügung auf eine unbestimmte Vielzahl von Versammlungen und von Versammlungsteilnehmern zielte.
48 
c) Es spricht vieles dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen haben.
49 
aa) Versammlungsbeschränkende Maßnahmen dürfen nach § 15 Abs. 1 VersammlG nur ergriffen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen, deren Beschränkung für Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG ausdrücklich zulässig ist. Voraussetzung einer das Versammlungsrecht beschränkenden Verfügung ist eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - BVerfGE 69, 315 [Brokdorf II]). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1998, 834; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - BVerfGK 13, 82). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, die grundsätzlich der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine das Versammlungsrecht beschränkende Verfügung darf nur ergehen, wenn bei verständiger Würdigung sämtlicher erkennbarer Umstände die Durchführung der Versammlung so wie geplant mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verursacht (Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008, 987 m.w.N.).
50 
bb) Hier bereitet die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG Schwierigkeiten, weil in den von der Beklagten vorgelegten Akten nicht dokumentiert ist, welche Erkenntnisse ihr bei Erlass der Allgemeinverfügung zur Verfügung standen und die Beklagte hierzu auch keine verbindlichen Angaben machen konnte. Aus den in der Begründung der Allgemeinverfügung angeführten Erkenntnissen kann nur indirekt darauf geschlossen werden, dass diese auf entsprechenden Informationen seitens der Polizei - etwa auf einer polizeilichen Lageeinschätzung - beruhen.
51 
cc) Sieht man über diese Unsicherheiten hinweg, so erweist sich die auf dieser Tatsachengrundlage getroffene Gefahrenprognose jedoch im Grundsatz als tragfähig. Es waren erkennbare Umstände, d.h. Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten gegeben, die eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit begründeten. Die in der Begründung angeführten Erfahrungen aus zurückliegenden Castortransporten dürften die Annahme gerechtfertigt haben, dass auch bei dem streitgegenständlichen Castortransport eine hohe Gefahr der Verletzung elementarer Rechtsgüter - insbesondere Blockaden von Abschnitten der Transportstrecke und Eingriffen in den Bahnverkehr - bestand. Dafür sprachen auch die ebenfalls in der Begründung angeführten Blockadeaufrufe im Internet, die größtenteils auf die Webseite „www.nachttanzblockade.de“ verwiesen. In einer Gesamtschau dürften die von der Beklagten in der Allgemeinverfügung aufgeführten Indizien die Prognose gerechtfertigt haben, dass durch verschiedene Aktionen die Transportstrecke blockiert werden sollte. Derartige Blockadeaktionen auf der Schienenstrecke sind von vornherein nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt und stellen eine nicht hinzunehmende Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar. Denn eine Sitzblockade auf den Schienen einer dem öffentlichen Eisenbahnverkehr dienenden Schienenstrecke stellt zumindest einen Verstoß gegen § 62 der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung - EBO - dar und kann darüber hinaus auch als Transportgefährdung gemäß § 315 StGB strafbar sein. Der Verstoß gegen die EBO und gegen § 315 StGB durch derartige Blockaden ist nicht durch das Versammlungsrecht gerechtfertigt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 12.03.1998 - 1 BvR 2165/96 - juris). Blockaden, die nicht nur kurzfristig und symbolisch Protest ausdrücken sollen, sondern auf die Verhinderung dessen gerichtet sind, was politisch missbilligt wird, sind grundsätzlich von der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt. Art. 8 GG schützt die Teilhabe an der Meinungsbildung, nicht aber die zwangsweise oder sonstwie selbsthilfeähnliche Durchsetzung eigener Forderungen. Auch wenn Sitzblockaden bei passiver Haltung der Teilnehmer nicht als unfriedlich anzusehen sind und für sie folglich der Schutz des Art. 8 GG nicht von vornherein entfällt, überschreiten sie den Bereich der geistigen Auseinandersetzung, wenn sie sich nicht als demonstrative Sitzblockaden auf die Kundgabe einer Meinung und die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für ein kommunikatives Anliegen beschränken, sondern auf die Beeinträchtigung der Rechte anderer und die Ausübung von Zwang sowie die Schaffung von Tatsachen gerichtet sind. Art. 8 GG umfasst nicht das Recht, die öffentliche Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen durch gezielte und absichtliche Behinderung der Rechte Dritter zu steigern (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u. a. - BVerfGE 73, 206; Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - BVerfGE 104, 92; Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 15 Rn. 195 f.; Hoffmann-Riem, NVwZ 2002, 257 <259 f.>; Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - a.a.O.).
52 
Die Gefahr von Blockadeaktionen dürfte ebenso wie die Gefahr des Werfens von Gegenständen auf die Transportstrecke versammlungsbeschränkende Maßnahmen in einem Korridor entlang der Strecke grundsätzlich gerechtfertigt haben. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Kläger selbst Rechtsverletzungen in der Vergangenheit zu verantworten hatte oder nicht. Es ist auch nicht entscheidend, ob von den angemeldeten Versammlungen in Karlsruhe-Neureut voraussichtlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausging. Denn die Allgemeinverfügung betraf nicht nur den Kläger, sondern alle Demonstrationsteilnehmer, d.h. eine unbestimmte Vielzahl potentieller Adressaten/Versammlungsteilnehmer. Es kommt deshalb auf eine Gesamtbetrachtung an, d.h. ob aus dem Kreis aller Teilnehmer von Demonstrationen und sonstigen "Aktionen" entlang der Transportstrecke eine unmittelbare Gefahr der öffentlichen Sicherheit zu erwarten war. Hier spricht vieles dafür, dass die Prognose gerechtfertigt war, dass sich aus zunächst friedlichen Versammlungen rechtswidrige Blockadeaktionen entwickeln und weitere Straftaten wie etwa Gefährdungen des Schienenverkehrs begangen werden. Auch die Befürchtung, dass friedliche Versammlungen genutzt werden, um an die Transportstrecke zu gelangen und aus dem Schutz der Versammlung heraus zu Verhinderungsblockaden und anderen rechtswidrigen Aktionen überzugehen, dürfte gerechtfertigt gewesen sein.
53 
d) Letztlich kann der Senat dies aber offenlassen, weil die zu erwartenden Gefährdungen bzw. Störungen der öffentlichen Sicherheit jedenfalls nicht den Erlass eines räumlich beschränkten präventiven Versammlungsverbots unter Einbeziehung sämtlicher angemeldeter und unangemeldeter Versammlungen, wie die Beklagte es in Gestalt der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung erlassen hat, gerechtfertigt haben. Denn ein solches Versammlungsverbot darf nur unter den Voraussetzungen des polizeilichen Notstands erlassen werden und mangels entsprechender Darlegungen der Beklagten kann nicht festgestellt werden, dass ein solcher Notstand gegeben war.
54 
aa) Da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung auf ein vollständiges Verbot auch von friedlichen Versammlungen gerichtet war, wäre sie nur rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands vorgelegen hätten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - a.a.O. S. 360 f.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - NVwZ 2013, 570 m.w.N.). Denn insoweit wurde durch die Allgemeinverfügung auch die Versammlungsfreiheit von Veranstaltern und Versammlungsteilnehmern beschränkt, die nicht die Absicht hatten, sich an durch Art. 8 GG nicht gedeckten Verhinderungsblockaden oder anderen rechtswidrigen Aktionen, etwa Beschädigungen der Gleisanlagen, zu beteiligen.
55 
bb) Die Rechtsfigur des polizeilichen Notstands setzt voraus, dass die Gefahr auf andere Weise nicht abgewehrt und die Störung auf andere Weise nicht beseitigt werden kann und die Versammlungsbehörde nicht über ausreichende eigene, eventuell durch Amts- und Vollzugshilfe ergänzte, Mittel und Kräfte verfügt, um die Rechtsgüter wirksam zu schützen (BVerwG, Beschl. v. 01.10.2008 - 6 B 53.08 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 16; Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 15 Rn. 41 f.; Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., Kap. D Rn. 138 ff.). Soweit Rechtsgüter durch Dritte, die nicht im Rahmen der angemeldeten Versammlung handeln, gefährdet werden, hat die Behörde zunächst gegen diese vorzugehen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 26.03.2001 - 1 BvQ 15/01 - NJW 2001, 1411 <1412> u. v. 26.06.2007 - 1 BvR 1418/07 - NVwZ-RR 2007, 641 <642> m.w.N.). Voraussetzung des Einschreitens gegen eine friedliche Versammlung ist eine hohe Wahrscheinlichkeit in der Gefahrenprognose sowie die vorherige Ausschöpfung aller anwendbaren Mittel, um eine Grundrechtsverwirklichung der friedlichen Demonstranten zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - a.a.O. S. 360 ff., vgl. auch Beschl. v. 18.08.2000 - 1 BvQ 23/00 - NJW 2000, 3053 und BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 991 <992>). Dies setzt voraus, dass die Versammlungsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anderenfalls wegen der Erfüllung vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Bemühens, gegebenenfalls externe Polizeikräfte hinzuzuziehen, zum Schutz des Castortransports nicht in der Lage wäre; eine pauschale Behauptung dieses Inhalts reicht dabei nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines polizeilichen Notstands liegt bei der Versammlungsbehörde (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).
56 
cc) Daran gemessen kann hier nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstands vorlagen. Zwar stellt die Begleitung eines Castortransports angesichts der regelmäßig langen Transportstrecke (hier von Karlsruhe nach Lubmin) und der großen Zahl angemeldeter und unangemeldeter Versammlungen und sonstiger "Aktionsformen" mit zum Teil vielen, aber teilweise auch wenigen Teilnehmern, die gerade deshalb (bei unangemeldeten Veranstaltungen) entlang der langen Strecke schwer zu "orten" und polizeilich zu begleiten sind, eine außergewöhnlich komplexe polizeiliche Aufgabe dar. Allein dies vermag jedoch noch keinen polizeilichen Notstand zu begründen. Zu berücksichtigen ist, dass die Mobilisierung der Castor-Gegner, von denen Störungen der öffentlichen Sicherheit zu erwarten sind, entlang der langen Transportstrecke regional höchst unterschiedlich ist. Zu Situationen, die die Annahme eines polizeilichen Notstands rechtfertigten, kam es in der Vergangenheit vor allem im Wendland. Bei den von der Beklagten der Gefahrprognose zugrunde gelegten Vorfällen konnten Störungen überwiegend durch ein gezieltes Vorgehen gegen die Störer (Platzverweise, Ingewahrsam-nahmen) beseitigt werden, ohne dass es zu nennenswerten Verzögerungen des jeweiligen Castortransports gekommen wäre. Lediglich bei dem Transport am 06.11.2010, als im Bereich Berg (Rheinland-Pfalz) bis zu 1.000 Demonstranten gleichzeitig die Transportstrecke blockierten, spricht einiges dafür, dass dort die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstands vorgelegen haben könnten. Als es nach Bekanntwerden der Zugumleitung in der Folge zu einer Spontanversammlung von ca. 250 - 300 Personen im Bereich des Hauptbahnhofs Karlsruhe kam, die versuchten, eine Polizeiabsperrung zu überrennen und auf den Gleisanlagen eine Blockade zu errichten, war die Polizei jedoch in der Lage, dies durch den Einsatz starker Kräfte der Bundes- und Landespolizei unter Anwendung von unmittelbarem Zwang zu verhindern. Da die Beklagte bereits nicht dargelegt hat, in welcher Zahl ihr Polizeikräfte zur Sicherung des Castortransports in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Verfügung standen und wie viel Polizeibeamte voraussichtlich erforderlich gewesen wären, um ohne ein präventives allgemeines Versammlungsverbot Störungen der öffentlichen Sicherheit im Zusammenhang mit dem Castortransport zu verhindern, muss vorliegend eine Beweislastentscheidung getroffen werden. Ansatzpunkte für eine weitere Sachaufklärung sind nicht gegeben, nachdem der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt hat, dass der Beklagten bei Erlass der Allgemeinverfügung keine Erkenntnisse zur Zahl der voraussichtlich benötigten und der zur Verfügung stehenden Polizeikräfte vorgelegen hätten.
57 
e) Erweist sich das Versammlungsverbot als rechtswidrig, so gilt dies auch für die darauf bezogene Zwangsmittelandrohung.
III.
58 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
60 
Beschluss vom 6. November 2013
61 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Nov. 2013 - 1 S 1640/12 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Strafgesetzbuch - StGB | § 315 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet,3. falsche Zeichen oder Signale gibt oder

Versammlungsgesetz - VersammlG | § 15


(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung d

Versammlungsgesetz - VersammlG | § 14


(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges an

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Nov. 2013 - 1 S 1640/12 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Tenor 1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerde

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Aug. 2012 - 1 S 618/12

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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Ver

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt. Gründe   1  Der Antrag, mit dem die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebend

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 08. Feb. 2011 - 1 BvR 1946/06

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Tenor Der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Gr

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Dez. 2010 - 1 S 338/10

bei uns veröffentlicht am 14.12.2010

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Nov. 2013 - 1 S 1640/12.

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In einem Urteil vom 18.02.2021 hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart festgestellt, dass bestimmte polizeiliche Maßnahmen gegen Herrn Alassa M. in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen rechtswidrig waren. Dazu gehören

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 03. Juli 2017 - 4 Bs 142/17

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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. Juni 2017 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe I. 1 Der Antragsteller begehrt

Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 20. Juni 2017 - 19 E 6258/17

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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 15. Juni 2017 gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 1. Juni 2017 wird insoweit wiederhergestellt, als diese die Fläche der vom Antragsteller angemeldeten Ver

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. März 2015 - 18 L 808/15

bei uns veröffentlicht am 09.03.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Der heute mittag eingegangene Antrag der Antragstellerin, 3die aufschiebende Wirkung der Klage mit dem

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(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges anzumelden.

(2) In der Anmeldung ist anzugeben, welche Person für die Leitung der Versammlung oder des Aufzuges verantwortlich sein soll.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag, mit dem die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 14.02.2011 gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 08.02.2011 begehren, ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 VwGO statthaft, aber mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller gegen die Allgemeinverfügung Widerspruch eingelegt hätten. Das der Antragsschrift als Anlage 3 beigefügte Widerspruchsschreiben benennt als Widerspruchsführer nicht die Antragsteller, sondern den Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen.
Der Antrag ist aber auch unbegründet.
Bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen und auch angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht mehr für als gegen die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 08.02.2011, weshalb das öffentliche Vollziehungsinteresse das private Verschonungsinteresse der Antragsteller überwiegt.
Die Allgemeinverfügung ist formell nicht zu beanstanden, insbesondere genügt die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Allgemeinverfügung wurde auch ordnungsgemäß im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 11.02.2011 bekannt gemacht, ohne dass es des Abdrucks der Begründung bedurfte.
Auch materiell genügt die Allgemeinverfügung den (verfassungs-)rechtlichen Anforderungen.
Soweit die Antragsteller eine fehlende Bestimmtheit der Allgemeinverfügung (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) hinsichtlich des erfassten Personenkreises und Verhaltens rügen, kann dem die Kammer angesichts der klaren Bestimmungen in der Verfügung nicht folgen. Diese betrifft alle öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ohne Einschränkung. Auch der Personenkreis ist angesichts der räumlichen und örtlichen Beschränkungen im Sinne einer Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 LVwVfG ausreichend spezifiziert. Warum die Anreise zur Mahnwache ein „strafbewehrten Verstoß“ gegen die Allgemeinverfügung sein soll, ist nicht nachvollziehbar.
Die Allgemeinverfügung ist auch unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts des Versammlungsgrundrechts nach Art. 8 GG aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt in dem Fall, in dem das Verbot der Versammlung auf eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestützt wird (§ 15 VersG), die von der Behörde und den befassten Gerichten angestellte Gefahrenprognose tatsächliche Anhaltspunkte voraus, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben. Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (vgl. BVerfGE 87, 399 <409>).
Soweit die Antragsgegnerin für die Gefahrenprognose auf Aktionsaufrufe und Geschehnisse bei früheren Castor-Transporten abstellt, hält dies einer rechtlichen Überprüfung im summarischen Verfahren, auch am Maßstab des Art. 8 GG, stand. Die Aktionsaufrufe beziehen sich auf die konkrete örtliche Situation, auch sind die bisherigen Blockade-Aktionen mit der jetzt gegebenen Situation durchaus vergleichbar.
Die Allgemeinverfügung ist unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte für die Gefahrenprognose auch verhältnismäßig.
10 
Eine unzulässige Einschränkung des Wahlkampfes des Antragstellers zu 1. ist nicht erkennbar. Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügt auch der zeitliche Geltungsrahmen der Allgemeinverfügung von höchstens 48 Stunden.
11 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
12 
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 39 Abs. 1 GKG. Die Kammer hält es nicht für angezeigt, den Regelstreitwert für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
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d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
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Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
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2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Hamburg zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Abweisung einer Fortsetzungsfeststellungsklage durch das Verwaltungsgericht Hamburg und die Ablehnung des dagegen gerichteten Antrags auf Zulassung der Berufung durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Der Rechtsstreit betraf eine versammlungsrechtliche Auflage, die jegliche Musikdarbietungen durch Musikgruppen im Rahmen einer vom Beschwerdeführer angemeldeten Versammlung untersagte.

I.

2

1. Nachdem ein für den 22. Mai 2004 vorgesehenes Konzert der Musikrichtung "Rechtsrock" in Hamburg untersagt worden war, meldete der Beschwerdeführer als Versammlungsleiter für den Fall, dass das Konzert nicht stattfinden könne, für den 22. Mai 2004 von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr bei der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg eine Demonstration zu dem Thema "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mit dreihundert bis fünfhundert Teilnehmern an. Als integraler Bestandteil der Demonstration wurde der Auftritt der Musikgruppen "G." aus Italien und "S." aus Großbritannien angekündigt.

3

In ihrer mit Auflagen versehenen Anmeldebestätigung vom 21. Mai 2004 untersagte die Behörde für Inneres musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht Hamburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

4

Zur Begründung der Untersagung der Musikdarbietungen führte die Versammlungsbehörde aus, es komme nicht darauf an, ob einzelne Titel der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen strafbar oder indiziert seien. Vielmehr bauten Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen grundsätzlich tendenziell Feindbilder auf und würden deshalb von weiten Teilen der Bevölkerung als bedrohlich wahrgenommen. Lieder mit aggressivem Inhalt seien geeignet, Ängste in der Bevölkerung hervorzurufen. Es sollten Hass und Wut der Zuhörer angesprochen und Gewalthandlungen ausgelöst werden. Gefährdet sei auch die öffentliche Ordnung, weil Musik rechtsgerichteter Gruppen der Versammlung ein Gepräge gebe, das bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation an eine Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorrufe. Das Thema der Veranstaltung "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mache Musikbeiträge nicht unbedingt erforderlich. Die generelle Untersagung sei nötig, um sicherzustellen, dass Liedtexte strafbaren Inhalts nicht dargeboten würden.

5

2. Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 stellte das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs mit der Maßgabe wieder her, dass auf der Versammlung die Texte "I…", "J…", "V…", "S…" und "F…" nicht dargeboten werden durften.

6

Nachdem die Freie und Hansestadt Hamburg gegen diesen Beschluss Beschwerde zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingelegt hatte, teilte der Beschwerdeführer dem Führungs- und Lagedienst der Polizei Hamburg und dem Oberverwaltungsgericht mit, dass geringeres Interesse an der Veranstaltung bestehe, als zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung erwartet. Die Absicht, die Demonstration durchzuführen, bestehe nicht mehr.

7

3. Mit Schreiben vom 23. Mai 2004 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Hamburg Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass die Auflage, mit der ihm musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen untersagt worden seien, rechtswidrig gewesen sei.

8

Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, es bestehe Wiederholungsgefahr, weil das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung nur teilweise wiederhergestellt und die Freie und Hansestadt Hamburg zudem dagegen Beschwerde eingelegt habe. Außerdem habe er ein Rehabilitationsinteresse. Die Untersagung von Musikdarbietungen sei auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf die vom Verwaltungsgericht Hamburg untersagten Texte beziehe.

9

In ihrer Klageerwiderung räumte die Freie und Hansestadt Hamburg ein, dass die angegriffene Auflage nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie mit der Untersagung musikalischer Darbietungen jeder Art nicht hinreichend deutlich mache, dass Kern der Auflage die Untersagung der Darbietungen zweier sogenannter Skinbands gewesen sei. Die Musikdarbietungen der vom Beschwerdeführer für die Versammlung avisierten Bands seien jedoch zu Recht untersagt worden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, der nur die Darbietung bestimmter Texte untersage, greife zu kurz. Schon die Teilnahme der betreffenden Bands als solche stehe wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht im Einklang.

10

4. Mit Urteil vom 14. Oktober 2004 wies das Verwaltungsgericht die Klage mangels Feststellungsinteresses ab. Wiederholungsgefahr bestehe schon deshalb nicht, weil die Freie und Hansestadt Hamburg zugestanden habe, dass die Auflage nicht frei von Rechtsfehlern, insbesondere nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Es sei deshalb nicht zu erwarten, dass in einer vergleichbaren Situation wieder eine Auflage dieses Inhalts gemacht werde. Wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe, sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch ein Rehabilitationsinteresse bestehe nicht.

11

5. Seinen gegen dieses Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung begründete der Beschwerdeführer insbesondere damit, dass die Auflage keineswegs zu unbestimmt sei und weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden müsse. Insoweit bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es sei klar erkennbar, dass musikalische Darbietungen jeder Art durch Musikgruppen hätten verboten werden sollen. Es sei irrig, dass mit einer Wiederholung der Auflage nicht zu rechnen sei. Vielmehr bestehe weiterhin Wiederholungsgefahr, weil nicht auszuschließen sei, dass eine derartige Auflage künftig mit dem Ergebnis erneut erlassen werde, dass Musikgruppen in Demonstrationen des Beschwerdeführers generell nicht auftreten dürften. Die Freie und Hansestadt Hamburg habe bei einer vom Beschwerdeführer veranstalteten Demonstration im September 2004 erneut versucht, mit einer Auflage den Auftritt einer Musikgruppe zu verhindern.

12

6. Mit Beschluss vom 28. Juni 2006 lehnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Berufungszulassungsantrag des Beschwerdeführers ab.

13

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden nicht. Hinsichtlich der Wiederholungsgefahr habe das Verwaltungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg unmissverständlich erklärt habe, dass der Tenor ihrer Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Soweit das Gericht daraus geschlossen habe, eine Verfügung desselben Inhalts in einer vergleichbaren Situation werde nicht ergehen, würden dagegen mit dem Zulassungsantrag durchgreifende Gründe nicht vorgebracht. Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage könne nicht die allgemeine Feststellung sein, dass die Versammlungsbehörde in der Vergangenheit rechtswidrig gehandelt habe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage beziehe sich vielmehr ausschließlich auf den erledigten Verwaltungsakt. Auch sei die Frage, wie eine rechtmäßige Auflage zur Untersagung verbotswidriger musikalischer Darbietungen im Einzelnen beschaffen sein müsse, nicht Gegenstand der anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklage. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils bestünden auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht ein Rehabilitationsinteresse verneint habe. Schließlich sei die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

14

7. Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 und der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 verletzten ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

15

Die Untersagung wesentlicher Programmpunkte der von ihm angemeldeten Demonstration habe ihn beschwert. Die später von der Freien und Hansestadt Hamburg abgegebene Erklärung sei als rein prozesstaktisch zu werten. Die Auflage sei tatsächlich nicht unbestimmt gewesen. Sie habe vielmehr sehr bestimmt musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen anlässlich der Demonstration verboten. Dass das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht dies anders sähen und folglich die Klage abgewiesen und den Berufungszulassungsantrag abgelehnt hätten, verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Denn es habe evident Wiederholungsgefahr bestanden. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Behörde für Inneres mit Verfügung vom 25. August 2004 für eine spätere Demonstration des Beschwerdeführers musikalische Darbietungen der Musikgruppe "O…" untersagt habe. Dabei sei unerheblich, dass mit dieser Verfügung speziell der Auftritt einer Musikgruppe und nicht der Auftritt aller Musikgruppen untersagt worden sei. Denn es sei für diese Demonstration nur diese eine Musikgruppe angemeldet gewesen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts seien aufzuheben, damit die Fachgerichte in der Sache entschieden.

16

8. Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Stellung genommen.

17

Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet und verweist auf die angegriffenen Entscheidungen. Ergänzend führt er aus, die Freie und Hansestadt Hamburg habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass die Auflage mit dem Verbot jeglicher Musikdarbietungen nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie nicht hinreichend deutlich mache, dass musikalische Darbietungen der beiden konkret angekündigten Musikgruppen hätten untersagt werden sollen. Dementsprechend sei die Auflage in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch so gefasst worden, dass nur Darbietungen der vom Beschwerdeführer angemeldeten konkreten Musikgruppe, nicht Musikdarbietungen jeglicher Art untersagt worden seien. Die Versammlungsbehörde habe also bereits bei der nächsten derartigen Versammlung nach der gegenüber dem Verwaltungsgericht abgegebenen Erklärung gehandelt. Dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Auflage teilweise wiederhergestellt habe, könne nicht als Beleg für eine Wiederholungsgefahr herangezogen werden.

II.

18

Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (vgl. § 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 110, 77 <89 ff.>). Die Kammer kann deshalb nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG der Verfassungsbeschwerde stattgeben, weil sie offensichtlich begründet ist.

19

1. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

20

a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert, die wie mit der vom Beschwerdeführer in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage Vorkehrungen dafür treffen, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 110, 77 <85>). Die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens ist dabei allerdings vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses bei der Verfolgung eines subjektiven Rechts abhängig. Damit der Rechtsschutz nicht unzumutbar beschränkt wird, dürfen aber an ein solches Rechtsschutzbedürfnis keine aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 110, 77 <85>).

21

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern auch bei in der Vergangenheit erfolgten Rechtsverletzungen, wenn ein darauf bezogenes Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <85>). Darüber hinaus gewährt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen auch einen Anspruch auf Rechtsschutz in einem Hauptsache- und nicht nur in einem Eilverfahren (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>).

22

In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die Anforderungen, die bei einer insoweit als Hauptsacherechtsbehelf in Betracht kommenden Fortsetzungsfeststellungsklage für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses gelten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht aber dann, wenn die Gefahr einer Wiederholung des Eingriffs besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (vgl. BVerfGE 110, 77 <89>). Stets anzunehmen ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt dabei zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>).

23

Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfGE 110, 77 <90 f.>). Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiteren Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird. Ist gerichtlicher Eilrechtsschutz erlangt worden, bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass eine Behörde sich nicht an den im vorangegangenen Eilverfahren vorgenommenen gerichtlichen Bewertungen ausrichten wird, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn die konkret betroffene Behörde hat eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der Beschränkung unter Verwendung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>).

24

b) Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Denn danach hätten die Gerichte das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr nicht verneinen dürfen.

25

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht bestätigten Auffassung des Verwaltungsgerichts ließ sich aus der Erklärung der Freien und Hansestadt Hamburg in ihrer Klageerwiderung, die vom Beschwerdeführer mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage sei nicht frei von Rechtsfehlern, nicht schließen, dass in einer vergleichbaren Situation nicht erneut eine Auflage gleichen Inhalts erlassen werde.

26

Zwar wurde mit dieser Erklärung eingeräumt, dass die jegliche Musikdarbietungen von Musikgruppen untersagende Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Diese Fehler wurden aber nur darin gesehen, dass die Auflage nicht hinreichend deutlich mache, dass ihr Kern die Untersagung von musikalischen Darbietungen der beiden vom Beschwerdeführer angekündigten Skinheadbands gewesen sei, weil sie ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung untersage. Nur insoweit hat die Freie und Hansestadt Hamburg auch den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Im Übrigen hat sie jedoch ausdrücklich daran festgehalten, dass Auftritte der vom Beschwerdeführer engagierten Bands zu Recht vollständig untersagt worden seien. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat damit aber deutlich gemacht, dass nach ihrer Auffassung die mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach zu weit gefasst ist, den Auftritt der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen in rechtmäßiger Weise untersagt hat.

27

Dabei lässt die Klageerwiderung vom 17. Juni 2004 auch nicht erkennen, dass die Versammlungsbehörde an der Begründung für die Auflage nicht mehr festhält, die Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen bauten, selbst wenn sie weder strafbar noch indiziert seien, tendenziell Feindbilder auf, würden von weiten Teilen der Bevölkerung als aggressiv wahrgenommen, sollten Gewalthandlungen auslösen und gefährdeten die öffentliche Ordnung, weil sie bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation einer Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorriefen. Dementsprechend hat die Versammlungsbehörde die Untersagung des Auftritts einer anderen Musikgruppe bei einer vom Beschwerdeführer für den 4. September 2004 zum selben Thema angemeldeten Demonstration in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch wiederum auf diese Argumentation gestützt.

28

Räumt die Versammlungsbehörde zwar ein, dass die Formulierung einer Auflage nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei sei, bleibt sie aber gleichzeitig dabei, dass die Auflage in ihrem Kern, dem Verbot des vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritts zweier Musikgruppen, rechtmäßig gewesen sei, ohne sich von der dem Verbot zugrundeliegenden und auf andere Musikgruppen übertragbaren Begründung zu distanzieren, so liegen darin hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalten und deshalb vergleichbare Versammlungen des Beschwerdeführers aus den gleichen Gründen wie bisher durch eine Untersagung des Auftritts von Musikgruppen, die vergleichbare Musikinhalte vertreten, beschränken wird. Verneinen die Gerichte in einem solchen Fall die Wiederholungsgefahr und damit das für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse, so verletzt dies den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

29

bb) Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch das vorangegangene Eilverfahren, in dem der Beschwerdeführer in weitem Umfang Erfolg gehabt hat, entfallen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die betroffene Behörde in Anschluß hieran eindeutig erkennen ließe, in Zukunft der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und von einer Wiederholung vergleichbarer Versammlungsbeschränkungen mit der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>). Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.

30

Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 hat das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die jegliche Musikdarbietungen untersagende Auflage mit der Maßgabe wieder hergestellt, dass auf der Versammlung lediglich bestimmte Texte nicht dargeboten werden durften. Es hat dies damit begründet, dass eine generelle Untersagung musikalischer Darbietungen rechtsgerichteter Musikgruppen zur Gefahrenabwehr nicht erforderlich sei. Weder erfülle jeder aggressive, militante oder sonst überzogene Text einen Straftatbestand noch sei die öffentliche Ordnung stets betroffen. Lediglich ein Teil der Texte rufe deutlich zur Anwendung von Gewalt auf. Nur ein auf diese Texte beschränktes Verbot sei daher notwendig und verhältnismäßig.

31

Die Versammlungsbehörde hat demgegenüber stets zu erkennen gegeben, dass sie diese Rechtsauffassung nicht teilt und sich folglich auch in Zukunft nicht an dieser ausrichten will. Sie hatte bereits gegen die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg Beschwerde eingelegt - über die dann aus prozessualen Gründen nicht mehr entschieden werden musste - und auch in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich betont, dass ihrer Ansicht nach die Darbietungen der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen zu Recht untersagt worden seien und der das Verbot der Musikdarbietungen beschränkende Beschluss des Verwaltungsgerichts zu kurz greife, weil schon die Teilnahme der Bands als solche wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht in Einklang zu bringen sei. Die Versammlungsbehörde hat also keineswegs eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der angegriffenen Auflage mit der gleichen Begründung absehen zu wollen, sondern im Gegenteil ausdrücklich an ihrer abweichenden Rechtsauffassung festgehalten.

32

cc) An der Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf nichts, dass es, nachdem die Versammlungsbehörde die Fehlerhaftigkeit ihrer Entscheidung eingeräumt habe, nicht Gegenstand des Verfahrens sei, wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe.

33

Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage war die damit angegriffene Auflage. Diese verbot zwar ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung von Musikgruppen. Sie zielte aber, wie die Freie und Hansestadt Hamburg selbst dargelegt hat, im Kern darauf ab, den vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritt zweier rechtsgerichteter Musikgruppen zu untersagen. Da die Auflagenbegründung ausdrücklich an die Anmeldung dieser Musikgruppen anknüpfte, war dies auch für den Adressaten der Auflage ohne weiteres erkennbar. Die Untersagung jeglicher Musikdarbietungen von Musikgruppen war damit vor allem als Verbot des Auftritts der vom Beschwerdeführer angekündigten Bands aus dem rechten Spektrum zu verstehen und daher als solches auch Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage. Es ging deshalb bei der Entscheidung über diese Klage nicht um die abstrakte Klärung der Voraussetzungen, unter denen ein Verbot von Musikdarbietungen in rechtmäßiger Weise hätte erlassen werden dürfen, sondern um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines konkreten Verbots des Auftritts zweier bestimmter Musikgruppen um zu klären, ob der Beschwerdeführer künftig in einer vergleichbaren Situation das generelle Verbot des Auftritts im Wesentlichen gleichartiger Musikgruppen hinnehmen muss. Da die Versammlungsbehörde erklärtermaßen weiterhin in vollem Umfang von der Rechtmäßigkeit dieses Verbots ausging, konnten die Gerichte insoweit die Wiederholungsgefahr aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verneinen. Es war vielmehr zu erwarten, dass die Behörde an ihrer Rechtsauffassung festhalten und ein vergleichbares Verbot mit gleicher Begründung bei vergleichbaren Versammlungen des Beschwerdeführers erneut erlassen würde.

34

2. Der Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen steht auch nicht entgegen, dass eine Annahme zur Entscheidung dann nicht angezeigt ist, wenn die Verfassungsbeschwerde auch bei einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben könnte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Dies käme zwar dann in Betracht, wenn es an der weiteren für die Annahme einer Wiederholungsgefahr erforderlichen Voraussetzung der Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Beschwerdeführer fehlen würde (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Jedoch kann davon nicht ausgegangen werden. Denn diese Möglichkeit kann hier nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Immerhin hatte der Beschwerdeführer bereits für den 4. September 2004 erneut eine Demonstration in Hamburg unter dem Motto "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" angemeldet, in deren Rahmen wiederum eine Musikgruppe auftreten sollte.

35

3. Ist damit der Verfassungsbeschwerde stattzugeben, so ist nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzen. Außerdem hebt das Bundesverfassungsgericht nach § 95 Abs. 2 BVerfGG die Entscheidungen auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht Hamburg als zuständiges Gericht zurück.

36

4. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Die Kostenentscheidungen der Beschlüsse werden aufgehoben. Das Verfahren wird insoweit an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verwaltungsgerichtliche Versagung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine versammlungsrechtliche Auflage.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer meldeten Anfang September 2010 bei der Stadt L. ihr Vorhaben an, am 16. Oktober 2010 (von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr) in L. eine Versammlung unter freiem Himmel durchzuführen. Die geplante Versammlung sollte aus drei Aufzügen und einer Abschlusskundgebung in der Innenstadt von L. bestehen. Die Teilnehmerzahl wurde von den Beschwerdeführern bei der Anmeldung auf 600 Personen geschätzt. Das Motto der geplanten Versammlung lautete "Recht auf Zukunft". Es bezog sich auf eine am 17. Oktober 2009 in L. von der Beschwerdeführerin zu 4), einer Unterorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), veranstaltete Versammlung, bei der es im Zusammenhang mit einer Versammlungsblockade durch Gegendemonstranten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und letztlich zu einer polizeilichen Auflösung der Versammlung kam.

3

Angesichts dieser Vorgeschichte und der Anmeldung von zahlreichen Gegendemonstrationen kam es zwischen der Anmeldung und der Durchführung der geplanten Versammlung zu umfangreichen Verhandlungen zwischen den Beschwerdeführern und der Stadt L., die unter anderem in Kooperationsgesprächen am 4., am 6. und am 13. Oktober 2010 eingehend die polizeilich sicherbare Anzahl der geplanten Aufzüge und die konkrete Streckenführung erörterten. In einer Gefährdungsanalyse am 4. Oktober 2010 bekundete die Polizeidirektion L. dabei laut den tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass der Schutz von zwei der angemeldeten Aufzüge mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften gewährleistet werden könne. Am 11. Oktober 2010 teilte der Beschwerdeführer zu 1) der Stadt schließlich mit, dass am 16. Oktober 2010 nunmehr lediglich ein einziger Aufzug stattfinden solle. Am 12. Oktober 2010 ergänzte die Polizeidirektion L. ihre Gefahrprognose insofern, dass nunmehr nur eine maximal vierstündige stationäre Kundgebung durchführbar sei, weil nach den Erfahrungen des Versammlungsgeschehens vom 17. Oktober 2009 mit einer höheren als der angemeldeten Teilnehmerzahl zu rechnen sei und jeweils ca. 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration und der Gegendemonstrationen als gewaltbereit einzustufen seien.

4

2. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 untersagte die Stadt L. die Durchführung der Versammlung als Aufzug, verfügte die Durchführung als stationäre Kundgebung in der Zeit von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr in einem Bereich am L. Hauptbahnhof und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Auflage an. Die Polizeidirektion L. habe in ihrer Gefahrprognose vom 12. Oktober 2010 dargelegt, dass im Zeitraum vom 15. bis zum 17. Oktober 2010 aufgrund von zahlreichen Versammlungsanmeldungen widerstreitender politischer Lager eine latente Gefährdungssituation vorhanden sei, die einen außerordentlich hohen Kräfteeinsatz der Polizei erfordere. Es sei davon auszugehen, dass sich die Teilnehmer der Aufzüge bei Angriffen durch Personen der linksextremistischen Klientel provozieren ließen und darauf entsprechend reagierten. Die Polizei habe glaubhaft dargelegt, dass sie kräftetechnisch außerstande sei, einen Aufzug zu begleiten, da trotz bundesweiter Anfragen nur 29 der für erforderlich gehaltenen 44 Polizeihundertschaften, also nur 66 % der geplanten Polizeikräfte, zur Verfügung stünden. Die Ausübung der Versammlungsfreiheit werde trotz der Beschränkungen nicht vereitelt, da der zugewiesene Ort eine hinreichende Öffentlichkeitswirksamkeit und eine räumliche Trennung der gegensätzlichen politischen Lager gewährleiste.

5

3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer noch am gleichen Tag Widerspruch und stellten beim Verwaltungsgericht Leipzig die Anträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Auflage, nur eine stationäre Kundgebung durchzuführen, wiederherzustellen sowie im Wege einer einstweiligen Anordnung ein Verbot sämtlicher Versammlungen in einem Umkreis von 300 m um die angemeldeten Aufzugstrecken anzuordnen. Das Verwaltungsgericht Leipzig lehnte die Eilanträge mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Bescheid vom 13. Oktober 2010 rechtmäßig sei und somit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheids die Interessen der Beschwerdeführer überwiege. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, die Stadt L., sei auf der Grundlage der Einschätzung der Polizeidirektion L. nachvollziehbar davon ausgegangen, dass infolge zahlreicher Gegenaktionen und -demonstrationen bei Durchführung des im Zuge der Kooperation der Beschwerdeführer zuletzt noch geplanten einzigen Aufzuges eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bestehe. Bei der Vielzahl der angemeldeten und geplanten Veranstaltungen am 16.10.2010, unter anderem ein Fußballspiel, und in Anbetracht der beschriebenen begrenzten Kräftelage der Polizei sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einhergehenden Personen- und Sachschäden zu rechnen, denen nur mit der Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung begegnet werden könne. Dieser Gefahr könne in Anbetracht der besonderen Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 auch nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer begegnet werden.

6

4. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legten die Beschwerdeführer Beschwerde ein. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 zurück. Ob ein polizeilicher Notstand vorliege, sei im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend zu beurteilen. Der Einschätzung der Polizeidirektion lasse sich entnehmen, dass aufgrund des Versammlungsgeschehens im Vorjahr mit gewalttätigen Auseinandersetzungen einer Anzahl von 10 bis 20 % der Teilnehmer sowohl auf Seiten der Beschwerdeführer wie auf Seiten linker Demonstranten gerechnet werde. Zwar erschließe sich dem Gericht nicht, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb kurzer Zeit so erhöht haben solle, dass statt der zwei Aufzüge, die die Polizeidirektion ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten habe, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Wegen der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit sei aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Danach sei die Beschwerde zurückzuweisen, weil für den Antragsteller die mit der Durchführung einer nur stationären Kundgebung verbundenen Beeinträchtigungen hinnehmbar seien.

7

5. Die Beschwerdeführer beantragten sodann beim Bundesverfassungsgericht zunächst den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diesen Antrag hat die Kammer aufgrund der besonderen Voraussetzungen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, dabei jedoch zugleich auf die Möglichkeit der Klärung der aufgeworfenen Fragen in einem verfassungsgerichtlichen Hauptsachverfahren hingewiesen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris).

8

6. Hieraufhin erhoben die Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts fristgemäß Verfassungsbeschwerde mit der Rüge, durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Rechten aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt zu sein.

9

7. Das Bundesverfassungsgericht hat der Stadt L. als Gegnerin des Ausgangsverfahrens, dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Europa sowie der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

10

Nach Auffassung des Rechtsamtes der Stadt L. liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht vor. Das Sächsische Staatsministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des unter anderem für das Versammlungsrecht zuständigen 6. Revisionssenats übersandt, in der dieser Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen äußert.

II.

11

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. insbesondere BVerfGE 69, 315 <340 ff.>; 110, 77 <83 ff.>). Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zulässig und begründet.

12

1. Der Zulässigkeit der Rüge der Verletzung des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG steht weder der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde noch das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses entgegen.

13

a) Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache nur, soweit die geltend gemachte Verletzung von Freiheitsrechten oder von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung der Gerichte in der Hauptsache noch ausgeräumt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier rügen die Beschwerdeführer allerdings gerade die Missachtung der Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG bei der Zurückweisung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr behandelt werden würde.

14

b) Auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer besteht, obwohl der Demonstrationstermin verstrichen und damit der Sofortvollzug der strittigen Auflagen gegenstandslos geworden ist. Sind verfassungsrechtliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht (mehr) zu klären, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch nach Erledigung des ursprünglichen Begehrens im Falle einer Wiederholungsgefahr, also wenn ein Gericht die bereits herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstäbe nicht beachtet hat und bei hinreichend bestimmter Gefahr einer gleichartigen Entscheidung bei gleichartiger Sach- und Rechtslage zu befürchten ist, dass es diese auch in Zukunft verkennt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier führten die Beschwerdeführer bereits konflikthafte Versammlungen in L. durch und planen auch in Zukunft die Durchführung von Versammlungen in L., bei denen sie mit ähnlichen Konfliktsituationen rechnen und gegebenenfalls gleichartige Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts befürchten müssten.

15

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.

16

a) Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (vgl. BVerfGE 104, 92 <104>; 128, 226 <250>). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe, die auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugutekommt, ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend (vgl. BVerfGE 69, 315 <344 f.>; 128, 226 <250>) und wird im Vertrauen auf die Kraft der freien öffentlichen Auseinandersetzung grundsätzlich auch den Gegnern der Freiheit gewährt (vgl. BVerfGE 124, 300 <320>). Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (vgl. BVerfGE 69, 315 <343> oder <355 ff.>; 128, 226 <250 f.>).

17

Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG zu ihrer Rechtfertigung einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 69, 315 <350 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Nach § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vom 24. Juli 1953 in der Fassung vom 8. Dezember 2008 (BGBl I S. 2366; im Folgenden: VersG) kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Danach kann im Einzelfall auch die Festlegung geboten sein, dass eine ursprünglich als Aufzug angemeldete Versammlung nur als ortsfeste Versammlung durchgeführt werden darf (vgl. BVerfGK 2, 1 <8>). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfGE 69, 315 <353 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Ferner gilt, dass, soweit sich der Veranstalter und die Versammlungsteilnehmer grundsätzlich friedlich verhalten und Störungen der öffentlichen Sicherheit vorwiegend aufgrund des Verhaltens Dritter - insbesondere von Gegendemonstrationen - zu befürchten sind, die Durchführung der Versammlung zu schützen ist und behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer zu richten sind (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 8, 79 <81>; BVerfG , Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 2000 - 1 BvQ 24/00, NVwZ 2000, S. 1406 <1407>). Gegen die friedliche Versammlung selbst kann dann nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 17, 303 <308>). Dies setzt voraus, dass die Versammlungsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anderenfalls wegen der Erfüllung vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Bemühens, gegebenenfalls externe Polizeikräfte hinzuzuziehen, zum Schutz der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung nicht in der Lage wäre; eine pauschale Behauptung dieses Inhalts reicht allerdings nicht (vgl. BVerfGK 8, 79 <82>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, S. 2069 <2072>). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde (vgl. BVerfGK 17, 303 <308>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, S. 141 <142>).

18

b) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>). Im Verfahren auf Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs, das für den Regelfall sicherstellt, dass die Verwaltungsbehörden keine irreparablen Maßnahmen durchführen, bevor die Gerichte deren Rechtmäßigkeit geprüft haben, ist der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 69, 315 <363>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Insbesondere im Bereich des Versammlungsrechts muss das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren angesichts der Zeitgebundenheit von Versammlungen zum Teil Schutzfunktionen übernehmen, die sonst das Hauptsacheverfahren erfüllt (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 23. März 2004 - 1 BvR 745/01 -, juris, Rn. 13). Die einstweilige Anordnung im verfassungsgerichtlichen Verfahren als außerhalb der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG liegender Rechtsbehelf kann die primäre Rechtsschutzfunktion der Fachgerichte ebenfalls nicht übernehmen. Angesichts der Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts und im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung auslösen kann, ist hierbei zudem ein strenger, von den verwaltungsgerichtlichen Kriterien grundsätzlich unterschiedener Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris, Rn. 4). Daher müssen die Verwaltungsgerichte zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Sofern dies nicht möglich ist, haben die Fachgerichte jedenfalls eine sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese hinreichend substantiiert zu begründen, da ansonsten eine Umgehung der beschriebenen strengen Voraussetzungen für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit möglich erschiene.

19

3. Diese Maßstäbe haben das Verwaltungsgericht Leipzig und das Sächsische Oberverwaltungsgericht bei den ihnen obliegenden Entscheidungen über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Beide Entscheidungen werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG im Hinblick auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsbeschränkende behördliche Maßnahmen nicht gerecht.

20

a) Die vom Verwaltungsgericht Leipzig herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, die Annahme einer von der Versammlung selbst ausgehenden unmittelbaren Gefährdung für die öffentliche Sicherheit zu tragen, die die Verhinderung der Versammlung in Form eines Aufzugs hätte rechtfertigen können. Das Verwaltungsgericht legt insofern bereits nicht hinreichend deutlich dar, ob seiner Auffassung nach auch von der Versammlung selbst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder diese Gefahr ausschließlich aufgrund der zahlreichen Gegendemonstrationen und den hieraus zu erwartenden Störungen der Versammlung besteht. Dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur Begründung seines Standpunktes im Wesentlichen lediglich auf die Einschätzung der Polizeidirektion L., die ohne nähere Erläuterung 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration dem gewaltbereiten Klientel zurechnete, verweist, genügt den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG insofern jedenfalls nicht.

21

Auch im Hinblick auf eine Inanspruchnahme der Veranstalter als Nichtstörer im Wege des polizeilichen Notstandes genügen die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Das Verwaltungsgericht weist insofern zur Begründung des Vorliegens einer nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer abwendbaren Gefahr, insbesondere auf die besondere Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 und die deswegen nur begrenzt zur Verfügung stehenden Polizeikräfte, hin und beruft sich dabei pauschal auf die Einschätzung der Polizeidirektion L. vom 13. Oktober 2010. Berücksichtigt man aber den Umstand, dass die Polizeidirektion in ihrer Gefährdungsanalyse vom 4. Oktober 2010 offenbar noch zwei der angemeldeten Aufzüge mit den ihr voraussichtlich zur Verfügung stehenden Kräften für sicherbar hielt, erfüllt diese pauschale Bezugnahme auf die Einschätzung der Polizeidirektion vom 13. Oktober 2010 nicht die den Anforderungen an die entsprechend obigen Maßstäben bereits im Eilverfahren gebotene intensivere Rechtmäßigkeitsprüfung. Vielmehr hätte die kurzfristige Änderung der polizeilichen Einschätzung, die sich nicht ohne weiteres erschließt, das Verwaltungsgericht zu einer substantiierteren Prüfung der veränderten polizeilichen Einschätzung und zur Nachfrage einer genaueren Begründung ihrer Entscheidung veranlassen müssen. Dass dies vorliegend aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Auch im Übrigen hätte es dezidierterer Feststellungen bedurft, aufgrund welcher konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und aufgrund welcher konkreter, vorrangig zu schützender sonstiger Veranstaltungen keine ausreichenden Polizeikräfte mehr zum Schutz der angemeldeten Versammlung und der Rechtsgüter Dritter zur Verfügung gestanden hätten. Die behauptete Bindung von Polizeikräften durch die zeitgleich stattfindenden Gegendemonstrationen kann nach obigen Maßstäben jedenfalls nicht ohne weiteres als hinreichendes Argument dafür herangezogen werden. Auch die Bindung von Polizeikräften aufgrund eines parallel stattfindenden Fußballspiels und sonstiger Veranstaltungen, deren vorrangige Schutzwürdigkeit sich nicht ohne weiteres erschließt, reicht hierfür nicht aus.

22

b) Die angegriffene Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hält den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls nicht stand. Zwar hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht deutliche Bedenken am Vorliegen der Voraussetzungen eines für die Rechtfertigung der versammlungsrechtlichen Auflage erforderlichen polizeilichen Notstandes geäußert und nachvollziehbar dargelegt, dass sich ihm nicht erschließe, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb des kurzen Zeitraumes zwischen der Gefährdungsanalyse der Polizeidirektion L. vom 4. Oktober 2010 und dem Erlass der Auflage am 13. Oktober 2010 so erhöht haben soll, dass statt der zwei Aufzüge, die ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten wurden, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Auch erscheint es nachvollziehbar, dass dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit die Vornahme der hier grundsätzlich gebotenen und soweit als möglich nicht lediglich summarischen Rechtmäßigkeitskontrolle der behördlichen Auflage nicht mehr möglich war. Allerdings hätte es dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in dieser Konstellation, um der Freiheitsvermutung zugunsten der Versammlungsfreiheit zumindest in der Sache Rechnung zu tragen, oblegen, eine besonders sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese in der Begründung seiner Entscheidung hinreichend offenzulegen. Vorliegend hat sich das Sächsische Oberverwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung jedoch im Wesentlichen darauf beschränkt, auf die vermeintlich geringe Beeinträchtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit hinzuweisen, ohne auch nur ansatzweise ausreichend auf das Bestehen einer die Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit überwiegenden potentiellen Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter einzugehen.

23

4. Demgemäß ist festzustellen, dass sowohl der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig als auch der angegriffene Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzen. Einer Aufhebung der Entscheidungen und Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung bedarf es darüberhinausgehend nur bezüglich der Kostenentscheidungen, da in der Sache selbst Erledigung eingetreten ist (vgl. Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, 2. Aufl. 2005, BVerfGG, § 93c Rn. 33).

24

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Die Kostenentscheidungen der Beschlüsse werden aufgehoben. Das Verfahren wird insoweit an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verwaltungsgerichtliche Versagung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine versammlungsrechtliche Auflage.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer meldeten Anfang September 2010 bei der Stadt L. ihr Vorhaben an, am 16. Oktober 2010 (von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr) in L. eine Versammlung unter freiem Himmel durchzuführen. Die geplante Versammlung sollte aus drei Aufzügen und einer Abschlusskundgebung in der Innenstadt von L. bestehen. Die Teilnehmerzahl wurde von den Beschwerdeführern bei der Anmeldung auf 600 Personen geschätzt. Das Motto der geplanten Versammlung lautete "Recht auf Zukunft". Es bezog sich auf eine am 17. Oktober 2009 in L. von der Beschwerdeführerin zu 4), einer Unterorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), veranstaltete Versammlung, bei der es im Zusammenhang mit einer Versammlungsblockade durch Gegendemonstranten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und letztlich zu einer polizeilichen Auflösung der Versammlung kam.

3

Angesichts dieser Vorgeschichte und der Anmeldung von zahlreichen Gegendemonstrationen kam es zwischen der Anmeldung und der Durchführung der geplanten Versammlung zu umfangreichen Verhandlungen zwischen den Beschwerdeführern und der Stadt L., die unter anderem in Kooperationsgesprächen am 4., am 6. und am 13. Oktober 2010 eingehend die polizeilich sicherbare Anzahl der geplanten Aufzüge und die konkrete Streckenführung erörterten. In einer Gefährdungsanalyse am 4. Oktober 2010 bekundete die Polizeidirektion L. dabei laut den tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass der Schutz von zwei der angemeldeten Aufzüge mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften gewährleistet werden könne. Am 11. Oktober 2010 teilte der Beschwerdeführer zu 1) der Stadt schließlich mit, dass am 16. Oktober 2010 nunmehr lediglich ein einziger Aufzug stattfinden solle. Am 12. Oktober 2010 ergänzte die Polizeidirektion L. ihre Gefahrprognose insofern, dass nunmehr nur eine maximal vierstündige stationäre Kundgebung durchführbar sei, weil nach den Erfahrungen des Versammlungsgeschehens vom 17. Oktober 2009 mit einer höheren als der angemeldeten Teilnehmerzahl zu rechnen sei und jeweils ca. 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration und der Gegendemonstrationen als gewaltbereit einzustufen seien.

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2. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 untersagte die Stadt L. die Durchführung der Versammlung als Aufzug, verfügte die Durchführung als stationäre Kundgebung in der Zeit von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr in einem Bereich am L. Hauptbahnhof und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Auflage an. Die Polizeidirektion L. habe in ihrer Gefahrprognose vom 12. Oktober 2010 dargelegt, dass im Zeitraum vom 15. bis zum 17. Oktober 2010 aufgrund von zahlreichen Versammlungsanmeldungen widerstreitender politischer Lager eine latente Gefährdungssituation vorhanden sei, die einen außerordentlich hohen Kräfteeinsatz der Polizei erfordere. Es sei davon auszugehen, dass sich die Teilnehmer der Aufzüge bei Angriffen durch Personen der linksextremistischen Klientel provozieren ließen und darauf entsprechend reagierten. Die Polizei habe glaubhaft dargelegt, dass sie kräftetechnisch außerstande sei, einen Aufzug zu begleiten, da trotz bundesweiter Anfragen nur 29 der für erforderlich gehaltenen 44 Polizeihundertschaften, also nur 66 % der geplanten Polizeikräfte, zur Verfügung stünden. Die Ausübung der Versammlungsfreiheit werde trotz der Beschränkungen nicht vereitelt, da der zugewiesene Ort eine hinreichende Öffentlichkeitswirksamkeit und eine räumliche Trennung der gegensätzlichen politischen Lager gewährleiste.

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3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer noch am gleichen Tag Widerspruch und stellten beim Verwaltungsgericht Leipzig die Anträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Auflage, nur eine stationäre Kundgebung durchzuführen, wiederherzustellen sowie im Wege einer einstweiligen Anordnung ein Verbot sämtlicher Versammlungen in einem Umkreis von 300 m um die angemeldeten Aufzugstrecken anzuordnen. Das Verwaltungsgericht Leipzig lehnte die Eilanträge mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Bescheid vom 13. Oktober 2010 rechtmäßig sei und somit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheids die Interessen der Beschwerdeführer überwiege. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, die Stadt L., sei auf der Grundlage der Einschätzung der Polizeidirektion L. nachvollziehbar davon ausgegangen, dass infolge zahlreicher Gegenaktionen und -demonstrationen bei Durchführung des im Zuge der Kooperation der Beschwerdeführer zuletzt noch geplanten einzigen Aufzuges eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bestehe. Bei der Vielzahl der angemeldeten und geplanten Veranstaltungen am 16.10.2010, unter anderem ein Fußballspiel, und in Anbetracht der beschriebenen begrenzten Kräftelage der Polizei sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einhergehenden Personen- und Sachschäden zu rechnen, denen nur mit der Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung begegnet werden könne. Dieser Gefahr könne in Anbetracht der besonderen Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 auch nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer begegnet werden.

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4. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legten die Beschwerdeführer Beschwerde ein. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 zurück. Ob ein polizeilicher Notstand vorliege, sei im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend zu beurteilen. Der Einschätzung der Polizeidirektion lasse sich entnehmen, dass aufgrund des Versammlungsgeschehens im Vorjahr mit gewalttätigen Auseinandersetzungen einer Anzahl von 10 bis 20 % der Teilnehmer sowohl auf Seiten der Beschwerdeführer wie auf Seiten linker Demonstranten gerechnet werde. Zwar erschließe sich dem Gericht nicht, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb kurzer Zeit so erhöht haben solle, dass statt der zwei Aufzüge, die die Polizeidirektion ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten habe, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Wegen der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit sei aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Danach sei die Beschwerde zurückzuweisen, weil für den Antragsteller die mit der Durchführung einer nur stationären Kundgebung verbundenen Beeinträchtigungen hinnehmbar seien.

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5. Die Beschwerdeführer beantragten sodann beim Bundesverfassungsgericht zunächst den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diesen Antrag hat die Kammer aufgrund der besonderen Voraussetzungen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, dabei jedoch zugleich auf die Möglichkeit der Klärung der aufgeworfenen Fragen in einem verfassungsgerichtlichen Hauptsachverfahren hingewiesen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris).

8

6. Hieraufhin erhoben die Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts fristgemäß Verfassungsbeschwerde mit der Rüge, durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Rechten aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt zu sein.

9

7. Das Bundesverfassungsgericht hat der Stadt L. als Gegnerin des Ausgangsverfahrens, dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Europa sowie der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

10

Nach Auffassung des Rechtsamtes der Stadt L. liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht vor. Das Sächsische Staatsministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des unter anderem für das Versammlungsrecht zuständigen 6. Revisionssenats übersandt, in der dieser Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen äußert.

II.

11

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. insbesondere BVerfGE 69, 315 <340 ff.>; 110, 77 <83 ff.>). Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zulässig und begründet.

12

1. Der Zulässigkeit der Rüge der Verletzung des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG steht weder der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde noch das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses entgegen.

13

a) Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache nur, soweit die geltend gemachte Verletzung von Freiheitsrechten oder von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung der Gerichte in der Hauptsache noch ausgeräumt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier rügen die Beschwerdeführer allerdings gerade die Missachtung der Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG bei der Zurückweisung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr behandelt werden würde.

14

b) Auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer besteht, obwohl der Demonstrationstermin verstrichen und damit der Sofortvollzug der strittigen Auflagen gegenstandslos geworden ist. Sind verfassungsrechtliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht (mehr) zu klären, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch nach Erledigung des ursprünglichen Begehrens im Falle einer Wiederholungsgefahr, also wenn ein Gericht die bereits herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstäbe nicht beachtet hat und bei hinreichend bestimmter Gefahr einer gleichartigen Entscheidung bei gleichartiger Sach- und Rechtslage zu befürchten ist, dass es diese auch in Zukunft verkennt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier führten die Beschwerdeführer bereits konflikthafte Versammlungen in L. durch und planen auch in Zukunft die Durchführung von Versammlungen in L., bei denen sie mit ähnlichen Konfliktsituationen rechnen und gegebenenfalls gleichartige Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts befürchten müssten.

15

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.

16

a) Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (vgl. BVerfGE 104, 92 <104>; 128, 226 <250>). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe, die auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugutekommt, ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend (vgl. BVerfGE 69, 315 <344 f.>; 128, 226 <250>) und wird im Vertrauen auf die Kraft der freien öffentlichen Auseinandersetzung grundsätzlich auch den Gegnern der Freiheit gewährt (vgl. BVerfGE 124, 300 <320>). Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (vgl. BVerfGE 69, 315 <343> oder <355 ff.>; 128, 226 <250 f.>).

17

Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG zu ihrer Rechtfertigung einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 69, 315 <350 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Nach § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vom 24. Juli 1953 in der Fassung vom 8. Dezember 2008 (BGBl I S. 2366; im Folgenden: VersG) kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Danach kann im Einzelfall auch die Festlegung geboten sein, dass eine ursprünglich als Aufzug angemeldete Versammlung nur als ortsfeste Versammlung durchgeführt werden darf (vgl. BVerfGK 2, 1 <8>). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfGE 69, 315 <353 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Ferner gilt, dass, soweit sich der Veranstalter und die Versammlungsteilnehmer grundsätzlich friedlich verhalten und Störungen der öffentlichen Sicherheit vorwiegend aufgrund des Verhaltens Dritter - insbesondere von Gegendemonstrationen - zu befürchten sind, die Durchführung der Versammlung zu schützen ist und behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer zu richten sind (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 8, 79 <81>; BVerfG , Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 2000 - 1 BvQ 24/00, NVwZ 2000, S. 1406 <1407>). Gegen die friedliche Versammlung selbst kann dann nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 17, 303 <308>). Dies setzt voraus, dass die Versammlungsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anderenfalls wegen der Erfüllung vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Bemühens, gegebenenfalls externe Polizeikräfte hinzuzuziehen, zum Schutz der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung nicht in der Lage wäre; eine pauschale Behauptung dieses Inhalts reicht allerdings nicht (vgl. BVerfGK 8, 79 <82>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, S. 2069 <2072>). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde (vgl. BVerfGK 17, 303 <308>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, S. 141 <142>).

18

b) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>). Im Verfahren auf Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs, das für den Regelfall sicherstellt, dass die Verwaltungsbehörden keine irreparablen Maßnahmen durchführen, bevor die Gerichte deren Rechtmäßigkeit geprüft haben, ist der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 69, 315 <363>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Insbesondere im Bereich des Versammlungsrechts muss das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren angesichts der Zeitgebundenheit von Versammlungen zum Teil Schutzfunktionen übernehmen, die sonst das Hauptsacheverfahren erfüllt (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 23. März 2004 - 1 BvR 745/01 -, juris, Rn. 13). Die einstweilige Anordnung im verfassungsgerichtlichen Verfahren als außerhalb der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG liegender Rechtsbehelf kann die primäre Rechtsschutzfunktion der Fachgerichte ebenfalls nicht übernehmen. Angesichts der Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts und im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung auslösen kann, ist hierbei zudem ein strenger, von den verwaltungsgerichtlichen Kriterien grundsätzlich unterschiedener Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris, Rn. 4). Daher müssen die Verwaltungsgerichte zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Sofern dies nicht möglich ist, haben die Fachgerichte jedenfalls eine sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese hinreichend substantiiert zu begründen, da ansonsten eine Umgehung der beschriebenen strengen Voraussetzungen für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit möglich erschiene.

19

3. Diese Maßstäbe haben das Verwaltungsgericht Leipzig und das Sächsische Oberverwaltungsgericht bei den ihnen obliegenden Entscheidungen über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Beide Entscheidungen werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG im Hinblick auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsbeschränkende behördliche Maßnahmen nicht gerecht.

20

a) Die vom Verwaltungsgericht Leipzig herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, die Annahme einer von der Versammlung selbst ausgehenden unmittelbaren Gefährdung für die öffentliche Sicherheit zu tragen, die die Verhinderung der Versammlung in Form eines Aufzugs hätte rechtfertigen können. Das Verwaltungsgericht legt insofern bereits nicht hinreichend deutlich dar, ob seiner Auffassung nach auch von der Versammlung selbst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder diese Gefahr ausschließlich aufgrund der zahlreichen Gegendemonstrationen und den hieraus zu erwartenden Störungen der Versammlung besteht. Dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur Begründung seines Standpunktes im Wesentlichen lediglich auf die Einschätzung der Polizeidirektion L., die ohne nähere Erläuterung 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration dem gewaltbereiten Klientel zurechnete, verweist, genügt den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG insofern jedenfalls nicht.

21

Auch im Hinblick auf eine Inanspruchnahme der Veranstalter als Nichtstörer im Wege des polizeilichen Notstandes genügen die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Das Verwaltungsgericht weist insofern zur Begründung des Vorliegens einer nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer abwendbaren Gefahr, insbesondere auf die besondere Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 und die deswegen nur begrenzt zur Verfügung stehenden Polizeikräfte, hin und beruft sich dabei pauschal auf die Einschätzung der Polizeidirektion L. vom 13. Oktober 2010. Berücksichtigt man aber den Umstand, dass die Polizeidirektion in ihrer Gefährdungsanalyse vom 4. Oktober 2010 offenbar noch zwei der angemeldeten Aufzüge mit den ihr voraussichtlich zur Verfügung stehenden Kräften für sicherbar hielt, erfüllt diese pauschale Bezugnahme auf die Einschätzung der Polizeidirektion vom 13. Oktober 2010 nicht die den Anforderungen an die entsprechend obigen Maßstäben bereits im Eilverfahren gebotene intensivere Rechtmäßigkeitsprüfung. Vielmehr hätte die kurzfristige Änderung der polizeilichen Einschätzung, die sich nicht ohne weiteres erschließt, das Verwaltungsgericht zu einer substantiierteren Prüfung der veränderten polizeilichen Einschätzung und zur Nachfrage einer genaueren Begründung ihrer Entscheidung veranlassen müssen. Dass dies vorliegend aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Auch im Übrigen hätte es dezidierterer Feststellungen bedurft, aufgrund welcher konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und aufgrund welcher konkreter, vorrangig zu schützender sonstiger Veranstaltungen keine ausreichenden Polizeikräfte mehr zum Schutz der angemeldeten Versammlung und der Rechtsgüter Dritter zur Verfügung gestanden hätten. Die behauptete Bindung von Polizeikräften durch die zeitgleich stattfindenden Gegendemonstrationen kann nach obigen Maßstäben jedenfalls nicht ohne weiteres als hinreichendes Argument dafür herangezogen werden. Auch die Bindung von Polizeikräften aufgrund eines parallel stattfindenden Fußballspiels und sonstiger Veranstaltungen, deren vorrangige Schutzwürdigkeit sich nicht ohne weiteres erschließt, reicht hierfür nicht aus.

22

b) Die angegriffene Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hält den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls nicht stand. Zwar hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht deutliche Bedenken am Vorliegen der Voraussetzungen eines für die Rechtfertigung der versammlungsrechtlichen Auflage erforderlichen polizeilichen Notstandes geäußert und nachvollziehbar dargelegt, dass sich ihm nicht erschließe, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb des kurzen Zeitraumes zwischen der Gefährdungsanalyse der Polizeidirektion L. vom 4. Oktober 2010 und dem Erlass der Auflage am 13. Oktober 2010 so erhöht haben soll, dass statt der zwei Aufzüge, die ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten wurden, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Auch erscheint es nachvollziehbar, dass dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit die Vornahme der hier grundsätzlich gebotenen und soweit als möglich nicht lediglich summarischen Rechtmäßigkeitskontrolle der behördlichen Auflage nicht mehr möglich war. Allerdings hätte es dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in dieser Konstellation, um der Freiheitsvermutung zugunsten der Versammlungsfreiheit zumindest in der Sache Rechnung zu tragen, oblegen, eine besonders sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese in der Begründung seiner Entscheidung hinreichend offenzulegen. Vorliegend hat sich das Sächsische Oberverwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung jedoch im Wesentlichen darauf beschränkt, auf die vermeintlich geringe Beeinträchtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit hinzuweisen, ohne auch nur ansatzweise ausreichend auf das Bestehen einer die Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit überwiegenden potentiellen Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter einzugehen.

23

4. Demgemäß ist festzustellen, dass sowohl der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig als auch der angegriffene Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzen. Einer Aufhebung der Entscheidungen und Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung bedarf es darüberhinausgehend nur bezüglich der Kostenentscheidungen, da in der Sache selbst Erledigung eingetreten ist (vgl. Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, 2. Aufl. 2005, BVerfGG, § 93c Rn. 33).

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5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Hamburg zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Abweisung einer Fortsetzungsfeststellungsklage durch das Verwaltungsgericht Hamburg und die Ablehnung des dagegen gerichteten Antrags auf Zulassung der Berufung durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Der Rechtsstreit betraf eine versammlungsrechtliche Auflage, die jegliche Musikdarbietungen durch Musikgruppen im Rahmen einer vom Beschwerdeführer angemeldeten Versammlung untersagte.

I.

2

1. Nachdem ein für den 22. Mai 2004 vorgesehenes Konzert der Musikrichtung "Rechtsrock" in Hamburg untersagt worden war, meldete der Beschwerdeführer als Versammlungsleiter für den Fall, dass das Konzert nicht stattfinden könne, für den 22. Mai 2004 von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr bei der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg eine Demonstration zu dem Thema "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mit dreihundert bis fünfhundert Teilnehmern an. Als integraler Bestandteil der Demonstration wurde der Auftritt der Musikgruppen "G." aus Italien und "S." aus Großbritannien angekündigt.

3

In ihrer mit Auflagen versehenen Anmeldebestätigung vom 21. Mai 2004 untersagte die Behörde für Inneres musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht Hamburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

4

Zur Begründung der Untersagung der Musikdarbietungen führte die Versammlungsbehörde aus, es komme nicht darauf an, ob einzelne Titel der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen strafbar oder indiziert seien. Vielmehr bauten Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen grundsätzlich tendenziell Feindbilder auf und würden deshalb von weiten Teilen der Bevölkerung als bedrohlich wahrgenommen. Lieder mit aggressivem Inhalt seien geeignet, Ängste in der Bevölkerung hervorzurufen. Es sollten Hass und Wut der Zuhörer angesprochen und Gewalthandlungen ausgelöst werden. Gefährdet sei auch die öffentliche Ordnung, weil Musik rechtsgerichteter Gruppen der Versammlung ein Gepräge gebe, das bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation an eine Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorrufe. Das Thema der Veranstaltung "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mache Musikbeiträge nicht unbedingt erforderlich. Die generelle Untersagung sei nötig, um sicherzustellen, dass Liedtexte strafbaren Inhalts nicht dargeboten würden.

5

2. Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 stellte das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs mit der Maßgabe wieder her, dass auf der Versammlung die Texte "I…", "J…", "V…", "S…" und "F…" nicht dargeboten werden durften.

6

Nachdem die Freie und Hansestadt Hamburg gegen diesen Beschluss Beschwerde zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingelegt hatte, teilte der Beschwerdeführer dem Führungs- und Lagedienst der Polizei Hamburg und dem Oberverwaltungsgericht mit, dass geringeres Interesse an der Veranstaltung bestehe, als zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung erwartet. Die Absicht, die Demonstration durchzuführen, bestehe nicht mehr.

7

3. Mit Schreiben vom 23. Mai 2004 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Hamburg Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass die Auflage, mit der ihm musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen untersagt worden seien, rechtswidrig gewesen sei.

8

Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, es bestehe Wiederholungsgefahr, weil das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung nur teilweise wiederhergestellt und die Freie und Hansestadt Hamburg zudem dagegen Beschwerde eingelegt habe. Außerdem habe er ein Rehabilitationsinteresse. Die Untersagung von Musikdarbietungen sei auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf die vom Verwaltungsgericht Hamburg untersagten Texte beziehe.

9

In ihrer Klageerwiderung räumte die Freie und Hansestadt Hamburg ein, dass die angegriffene Auflage nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie mit der Untersagung musikalischer Darbietungen jeder Art nicht hinreichend deutlich mache, dass Kern der Auflage die Untersagung der Darbietungen zweier sogenannter Skinbands gewesen sei. Die Musikdarbietungen der vom Beschwerdeführer für die Versammlung avisierten Bands seien jedoch zu Recht untersagt worden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, der nur die Darbietung bestimmter Texte untersage, greife zu kurz. Schon die Teilnahme der betreffenden Bands als solche stehe wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht im Einklang.

10

4. Mit Urteil vom 14. Oktober 2004 wies das Verwaltungsgericht die Klage mangels Feststellungsinteresses ab. Wiederholungsgefahr bestehe schon deshalb nicht, weil die Freie und Hansestadt Hamburg zugestanden habe, dass die Auflage nicht frei von Rechtsfehlern, insbesondere nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Es sei deshalb nicht zu erwarten, dass in einer vergleichbaren Situation wieder eine Auflage dieses Inhalts gemacht werde. Wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe, sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch ein Rehabilitationsinteresse bestehe nicht.

11

5. Seinen gegen dieses Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung begründete der Beschwerdeführer insbesondere damit, dass die Auflage keineswegs zu unbestimmt sei und weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden müsse. Insoweit bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es sei klar erkennbar, dass musikalische Darbietungen jeder Art durch Musikgruppen hätten verboten werden sollen. Es sei irrig, dass mit einer Wiederholung der Auflage nicht zu rechnen sei. Vielmehr bestehe weiterhin Wiederholungsgefahr, weil nicht auszuschließen sei, dass eine derartige Auflage künftig mit dem Ergebnis erneut erlassen werde, dass Musikgruppen in Demonstrationen des Beschwerdeführers generell nicht auftreten dürften. Die Freie und Hansestadt Hamburg habe bei einer vom Beschwerdeführer veranstalteten Demonstration im September 2004 erneut versucht, mit einer Auflage den Auftritt einer Musikgruppe zu verhindern.

12

6. Mit Beschluss vom 28. Juni 2006 lehnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Berufungszulassungsantrag des Beschwerdeführers ab.

13

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden nicht. Hinsichtlich der Wiederholungsgefahr habe das Verwaltungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg unmissverständlich erklärt habe, dass der Tenor ihrer Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Soweit das Gericht daraus geschlossen habe, eine Verfügung desselben Inhalts in einer vergleichbaren Situation werde nicht ergehen, würden dagegen mit dem Zulassungsantrag durchgreifende Gründe nicht vorgebracht. Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage könne nicht die allgemeine Feststellung sein, dass die Versammlungsbehörde in der Vergangenheit rechtswidrig gehandelt habe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage beziehe sich vielmehr ausschließlich auf den erledigten Verwaltungsakt. Auch sei die Frage, wie eine rechtmäßige Auflage zur Untersagung verbotswidriger musikalischer Darbietungen im Einzelnen beschaffen sein müsse, nicht Gegenstand der anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklage. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils bestünden auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht ein Rehabilitationsinteresse verneint habe. Schließlich sei die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

14

7. Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 und der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 verletzten ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

15

Die Untersagung wesentlicher Programmpunkte der von ihm angemeldeten Demonstration habe ihn beschwert. Die später von der Freien und Hansestadt Hamburg abgegebene Erklärung sei als rein prozesstaktisch zu werten. Die Auflage sei tatsächlich nicht unbestimmt gewesen. Sie habe vielmehr sehr bestimmt musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen anlässlich der Demonstration verboten. Dass das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht dies anders sähen und folglich die Klage abgewiesen und den Berufungszulassungsantrag abgelehnt hätten, verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Denn es habe evident Wiederholungsgefahr bestanden. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Behörde für Inneres mit Verfügung vom 25. August 2004 für eine spätere Demonstration des Beschwerdeführers musikalische Darbietungen der Musikgruppe "O…" untersagt habe. Dabei sei unerheblich, dass mit dieser Verfügung speziell der Auftritt einer Musikgruppe und nicht der Auftritt aller Musikgruppen untersagt worden sei. Denn es sei für diese Demonstration nur diese eine Musikgruppe angemeldet gewesen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts seien aufzuheben, damit die Fachgerichte in der Sache entschieden.

16

8. Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Stellung genommen.

17

Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet und verweist auf die angegriffenen Entscheidungen. Ergänzend führt er aus, die Freie und Hansestadt Hamburg habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass die Auflage mit dem Verbot jeglicher Musikdarbietungen nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie nicht hinreichend deutlich mache, dass musikalische Darbietungen der beiden konkret angekündigten Musikgruppen hätten untersagt werden sollen. Dementsprechend sei die Auflage in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch so gefasst worden, dass nur Darbietungen der vom Beschwerdeführer angemeldeten konkreten Musikgruppe, nicht Musikdarbietungen jeglicher Art untersagt worden seien. Die Versammlungsbehörde habe also bereits bei der nächsten derartigen Versammlung nach der gegenüber dem Verwaltungsgericht abgegebenen Erklärung gehandelt. Dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Auflage teilweise wiederhergestellt habe, könne nicht als Beleg für eine Wiederholungsgefahr herangezogen werden.

II.

18

Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (vgl. § 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 110, 77 <89 ff.>). Die Kammer kann deshalb nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG der Verfassungsbeschwerde stattgeben, weil sie offensichtlich begründet ist.

19

1. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

20

a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert, die wie mit der vom Beschwerdeführer in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage Vorkehrungen dafür treffen, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 110, 77 <85>). Die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens ist dabei allerdings vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses bei der Verfolgung eines subjektiven Rechts abhängig. Damit der Rechtsschutz nicht unzumutbar beschränkt wird, dürfen aber an ein solches Rechtsschutzbedürfnis keine aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 110, 77 <85>).

21

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern auch bei in der Vergangenheit erfolgten Rechtsverletzungen, wenn ein darauf bezogenes Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <85>). Darüber hinaus gewährt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen auch einen Anspruch auf Rechtsschutz in einem Hauptsache- und nicht nur in einem Eilverfahren (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>).

22

In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die Anforderungen, die bei einer insoweit als Hauptsacherechtsbehelf in Betracht kommenden Fortsetzungsfeststellungsklage für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses gelten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht aber dann, wenn die Gefahr einer Wiederholung des Eingriffs besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (vgl. BVerfGE 110, 77 <89>). Stets anzunehmen ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt dabei zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>).

23

Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfGE 110, 77 <90 f.>). Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiteren Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird. Ist gerichtlicher Eilrechtsschutz erlangt worden, bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass eine Behörde sich nicht an den im vorangegangenen Eilverfahren vorgenommenen gerichtlichen Bewertungen ausrichten wird, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn die konkret betroffene Behörde hat eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der Beschränkung unter Verwendung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>).

24

b) Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Denn danach hätten die Gerichte das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr nicht verneinen dürfen.

25

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht bestätigten Auffassung des Verwaltungsgerichts ließ sich aus der Erklärung der Freien und Hansestadt Hamburg in ihrer Klageerwiderung, die vom Beschwerdeführer mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage sei nicht frei von Rechtsfehlern, nicht schließen, dass in einer vergleichbaren Situation nicht erneut eine Auflage gleichen Inhalts erlassen werde.

26

Zwar wurde mit dieser Erklärung eingeräumt, dass die jegliche Musikdarbietungen von Musikgruppen untersagende Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Diese Fehler wurden aber nur darin gesehen, dass die Auflage nicht hinreichend deutlich mache, dass ihr Kern die Untersagung von musikalischen Darbietungen der beiden vom Beschwerdeführer angekündigten Skinheadbands gewesen sei, weil sie ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung untersage. Nur insoweit hat die Freie und Hansestadt Hamburg auch den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Im Übrigen hat sie jedoch ausdrücklich daran festgehalten, dass Auftritte der vom Beschwerdeführer engagierten Bands zu Recht vollständig untersagt worden seien. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat damit aber deutlich gemacht, dass nach ihrer Auffassung die mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach zu weit gefasst ist, den Auftritt der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen in rechtmäßiger Weise untersagt hat.

27

Dabei lässt die Klageerwiderung vom 17. Juni 2004 auch nicht erkennen, dass die Versammlungsbehörde an der Begründung für die Auflage nicht mehr festhält, die Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen bauten, selbst wenn sie weder strafbar noch indiziert seien, tendenziell Feindbilder auf, würden von weiten Teilen der Bevölkerung als aggressiv wahrgenommen, sollten Gewalthandlungen auslösen und gefährdeten die öffentliche Ordnung, weil sie bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation einer Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorriefen. Dementsprechend hat die Versammlungsbehörde die Untersagung des Auftritts einer anderen Musikgruppe bei einer vom Beschwerdeführer für den 4. September 2004 zum selben Thema angemeldeten Demonstration in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch wiederum auf diese Argumentation gestützt.

28

Räumt die Versammlungsbehörde zwar ein, dass die Formulierung einer Auflage nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei sei, bleibt sie aber gleichzeitig dabei, dass die Auflage in ihrem Kern, dem Verbot des vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritts zweier Musikgruppen, rechtmäßig gewesen sei, ohne sich von der dem Verbot zugrundeliegenden und auf andere Musikgruppen übertragbaren Begründung zu distanzieren, so liegen darin hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalten und deshalb vergleichbare Versammlungen des Beschwerdeführers aus den gleichen Gründen wie bisher durch eine Untersagung des Auftritts von Musikgruppen, die vergleichbare Musikinhalte vertreten, beschränken wird. Verneinen die Gerichte in einem solchen Fall die Wiederholungsgefahr und damit das für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse, so verletzt dies den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

29

bb) Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch das vorangegangene Eilverfahren, in dem der Beschwerdeführer in weitem Umfang Erfolg gehabt hat, entfallen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die betroffene Behörde in Anschluß hieran eindeutig erkennen ließe, in Zukunft der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und von einer Wiederholung vergleichbarer Versammlungsbeschränkungen mit der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>). Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.

30

Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 hat das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die jegliche Musikdarbietungen untersagende Auflage mit der Maßgabe wieder hergestellt, dass auf der Versammlung lediglich bestimmte Texte nicht dargeboten werden durften. Es hat dies damit begründet, dass eine generelle Untersagung musikalischer Darbietungen rechtsgerichteter Musikgruppen zur Gefahrenabwehr nicht erforderlich sei. Weder erfülle jeder aggressive, militante oder sonst überzogene Text einen Straftatbestand noch sei die öffentliche Ordnung stets betroffen. Lediglich ein Teil der Texte rufe deutlich zur Anwendung von Gewalt auf. Nur ein auf diese Texte beschränktes Verbot sei daher notwendig und verhältnismäßig.

31

Die Versammlungsbehörde hat demgegenüber stets zu erkennen gegeben, dass sie diese Rechtsauffassung nicht teilt und sich folglich auch in Zukunft nicht an dieser ausrichten will. Sie hatte bereits gegen die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg Beschwerde eingelegt - über die dann aus prozessualen Gründen nicht mehr entschieden werden musste - und auch in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich betont, dass ihrer Ansicht nach die Darbietungen der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen zu Recht untersagt worden seien und der das Verbot der Musikdarbietungen beschränkende Beschluss des Verwaltungsgerichts zu kurz greife, weil schon die Teilnahme der Bands als solche wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht in Einklang zu bringen sei. Die Versammlungsbehörde hat also keineswegs eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der angegriffenen Auflage mit der gleichen Begründung absehen zu wollen, sondern im Gegenteil ausdrücklich an ihrer abweichenden Rechtsauffassung festgehalten.

32

cc) An der Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf nichts, dass es, nachdem die Versammlungsbehörde die Fehlerhaftigkeit ihrer Entscheidung eingeräumt habe, nicht Gegenstand des Verfahrens sei, wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe.

33

Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage war die damit angegriffene Auflage. Diese verbot zwar ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung von Musikgruppen. Sie zielte aber, wie die Freie und Hansestadt Hamburg selbst dargelegt hat, im Kern darauf ab, den vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritt zweier rechtsgerichteter Musikgruppen zu untersagen. Da die Auflagenbegründung ausdrücklich an die Anmeldung dieser Musikgruppen anknüpfte, war dies auch für den Adressaten der Auflage ohne weiteres erkennbar. Die Untersagung jeglicher Musikdarbietungen von Musikgruppen war damit vor allem als Verbot des Auftritts der vom Beschwerdeführer angekündigten Bands aus dem rechten Spektrum zu verstehen und daher als solches auch Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage. Es ging deshalb bei der Entscheidung über diese Klage nicht um die abstrakte Klärung der Voraussetzungen, unter denen ein Verbot von Musikdarbietungen in rechtmäßiger Weise hätte erlassen werden dürfen, sondern um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines konkreten Verbots des Auftritts zweier bestimmter Musikgruppen um zu klären, ob der Beschwerdeführer künftig in einer vergleichbaren Situation das generelle Verbot des Auftritts im Wesentlichen gleichartiger Musikgruppen hinnehmen muss. Da die Versammlungsbehörde erklärtermaßen weiterhin in vollem Umfang von der Rechtmäßigkeit dieses Verbots ausging, konnten die Gerichte insoweit die Wiederholungsgefahr aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verneinen. Es war vielmehr zu erwarten, dass die Behörde an ihrer Rechtsauffassung festhalten und ein vergleichbares Verbot mit gleicher Begründung bei vergleichbaren Versammlungen des Beschwerdeführers erneut erlassen würde.

34

2. Der Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen steht auch nicht entgegen, dass eine Annahme zur Entscheidung dann nicht angezeigt ist, wenn die Verfassungsbeschwerde auch bei einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben könnte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Dies käme zwar dann in Betracht, wenn es an der weiteren für die Annahme einer Wiederholungsgefahr erforderlichen Voraussetzung der Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Beschwerdeführer fehlen würde (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Jedoch kann davon nicht ausgegangen werden. Denn diese Möglichkeit kann hier nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Immerhin hatte der Beschwerdeführer bereits für den 4. September 2004 erneut eine Demonstration in Hamburg unter dem Motto "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" angemeldet, in deren Rahmen wiederum eine Musikgruppe auftreten sollte.

35

3. Ist damit der Verfassungsbeschwerde stattzugeben, so ist nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzen. Außerdem hebt das Bundesverfassungsgericht nach § 95 Abs. 2 BVerfGG die Entscheidungen auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht Hamburg als zuständiges Gericht zurück.

36

4. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Die Kostenentscheidungen der Beschlüsse werden aufgehoben. Das Verfahren wird insoweit an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verwaltungsgerichtliche Versagung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine versammlungsrechtliche Auflage.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer meldeten Anfang September 2010 bei der Stadt L. ihr Vorhaben an, am 16. Oktober 2010 (von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr) in L. eine Versammlung unter freiem Himmel durchzuführen. Die geplante Versammlung sollte aus drei Aufzügen und einer Abschlusskundgebung in der Innenstadt von L. bestehen. Die Teilnehmerzahl wurde von den Beschwerdeführern bei der Anmeldung auf 600 Personen geschätzt. Das Motto der geplanten Versammlung lautete "Recht auf Zukunft". Es bezog sich auf eine am 17. Oktober 2009 in L. von der Beschwerdeführerin zu 4), einer Unterorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), veranstaltete Versammlung, bei der es im Zusammenhang mit einer Versammlungsblockade durch Gegendemonstranten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und letztlich zu einer polizeilichen Auflösung der Versammlung kam.

3

Angesichts dieser Vorgeschichte und der Anmeldung von zahlreichen Gegendemonstrationen kam es zwischen der Anmeldung und der Durchführung der geplanten Versammlung zu umfangreichen Verhandlungen zwischen den Beschwerdeführern und der Stadt L., die unter anderem in Kooperationsgesprächen am 4., am 6. und am 13. Oktober 2010 eingehend die polizeilich sicherbare Anzahl der geplanten Aufzüge und die konkrete Streckenführung erörterten. In einer Gefährdungsanalyse am 4. Oktober 2010 bekundete die Polizeidirektion L. dabei laut den tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass der Schutz von zwei der angemeldeten Aufzüge mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften gewährleistet werden könne. Am 11. Oktober 2010 teilte der Beschwerdeführer zu 1) der Stadt schließlich mit, dass am 16. Oktober 2010 nunmehr lediglich ein einziger Aufzug stattfinden solle. Am 12. Oktober 2010 ergänzte die Polizeidirektion L. ihre Gefahrprognose insofern, dass nunmehr nur eine maximal vierstündige stationäre Kundgebung durchführbar sei, weil nach den Erfahrungen des Versammlungsgeschehens vom 17. Oktober 2009 mit einer höheren als der angemeldeten Teilnehmerzahl zu rechnen sei und jeweils ca. 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration und der Gegendemonstrationen als gewaltbereit einzustufen seien.

4

2. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 untersagte die Stadt L. die Durchführung der Versammlung als Aufzug, verfügte die Durchführung als stationäre Kundgebung in der Zeit von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr in einem Bereich am L. Hauptbahnhof und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Auflage an. Die Polizeidirektion L. habe in ihrer Gefahrprognose vom 12. Oktober 2010 dargelegt, dass im Zeitraum vom 15. bis zum 17. Oktober 2010 aufgrund von zahlreichen Versammlungsanmeldungen widerstreitender politischer Lager eine latente Gefährdungssituation vorhanden sei, die einen außerordentlich hohen Kräfteeinsatz der Polizei erfordere. Es sei davon auszugehen, dass sich die Teilnehmer der Aufzüge bei Angriffen durch Personen der linksextremistischen Klientel provozieren ließen und darauf entsprechend reagierten. Die Polizei habe glaubhaft dargelegt, dass sie kräftetechnisch außerstande sei, einen Aufzug zu begleiten, da trotz bundesweiter Anfragen nur 29 der für erforderlich gehaltenen 44 Polizeihundertschaften, also nur 66 % der geplanten Polizeikräfte, zur Verfügung stünden. Die Ausübung der Versammlungsfreiheit werde trotz der Beschränkungen nicht vereitelt, da der zugewiesene Ort eine hinreichende Öffentlichkeitswirksamkeit und eine räumliche Trennung der gegensätzlichen politischen Lager gewährleiste.

5

3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer noch am gleichen Tag Widerspruch und stellten beim Verwaltungsgericht Leipzig die Anträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Auflage, nur eine stationäre Kundgebung durchzuführen, wiederherzustellen sowie im Wege einer einstweiligen Anordnung ein Verbot sämtlicher Versammlungen in einem Umkreis von 300 m um die angemeldeten Aufzugstrecken anzuordnen. Das Verwaltungsgericht Leipzig lehnte die Eilanträge mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Bescheid vom 13. Oktober 2010 rechtmäßig sei und somit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheids die Interessen der Beschwerdeführer überwiege. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, die Stadt L., sei auf der Grundlage der Einschätzung der Polizeidirektion L. nachvollziehbar davon ausgegangen, dass infolge zahlreicher Gegenaktionen und -demonstrationen bei Durchführung des im Zuge der Kooperation der Beschwerdeführer zuletzt noch geplanten einzigen Aufzuges eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bestehe. Bei der Vielzahl der angemeldeten und geplanten Veranstaltungen am 16.10.2010, unter anderem ein Fußballspiel, und in Anbetracht der beschriebenen begrenzten Kräftelage der Polizei sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einhergehenden Personen- und Sachschäden zu rechnen, denen nur mit der Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung begegnet werden könne. Dieser Gefahr könne in Anbetracht der besonderen Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 auch nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer begegnet werden.

6

4. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legten die Beschwerdeführer Beschwerde ein. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 zurück. Ob ein polizeilicher Notstand vorliege, sei im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend zu beurteilen. Der Einschätzung der Polizeidirektion lasse sich entnehmen, dass aufgrund des Versammlungsgeschehens im Vorjahr mit gewalttätigen Auseinandersetzungen einer Anzahl von 10 bis 20 % der Teilnehmer sowohl auf Seiten der Beschwerdeführer wie auf Seiten linker Demonstranten gerechnet werde. Zwar erschließe sich dem Gericht nicht, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb kurzer Zeit so erhöht haben solle, dass statt der zwei Aufzüge, die die Polizeidirektion ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten habe, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Wegen der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit sei aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Danach sei die Beschwerde zurückzuweisen, weil für den Antragsteller die mit der Durchführung einer nur stationären Kundgebung verbundenen Beeinträchtigungen hinnehmbar seien.

7

5. Die Beschwerdeführer beantragten sodann beim Bundesverfassungsgericht zunächst den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diesen Antrag hat die Kammer aufgrund der besonderen Voraussetzungen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, dabei jedoch zugleich auf die Möglichkeit der Klärung der aufgeworfenen Fragen in einem verfassungsgerichtlichen Hauptsachverfahren hingewiesen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris).

8

6. Hieraufhin erhoben die Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts fristgemäß Verfassungsbeschwerde mit der Rüge, durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Rechten aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt zu sein.

9

7. Das Bundesverfassungsgericht hat der Stadt L. als Gegnerin des Ausgangsverfahrens, dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Europa sowie der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

10

Nach Auffassung des Rechtsamtes der Stadt L. liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht vor. Das Sächsische Staatsministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des unter anderem für das Versammlungsrecht zuständigen 6. Revisionssenats übersandt, in der dieser Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen äußert.

II.

11

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. insbesondere BVerfGE 69, 315 <340 ff.>; 110, 77 <83 ff.>). Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zulässig und begründet.

12

1. Der Zulässigkeit der Rüge der Verletzung des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG steht weder der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde noch das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses entgegen.

13

a) Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache nur, soweit die geltend gemachte Verletzung von Freiheitsrechten oder von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung der Gerichte in der Hauptsache noch ausgeräumt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier rügen die Beschwerdeführer allerdings gerade die Missachtung der Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG bei der Zurückweisung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr behandelt werden würde.

14

b) Auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer besteht, obwohl der Demonstrationstermin verstrichen und damit der Sofortvollzug der strittigen Auflagen gegenstandslos geworden ist. Sind verfassungsrechtliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht (mehr) zu klären, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch nach Erledigung des ursprünglichen Begehrens im Falle einer Wiederholungsgefahr, also wenn ein Gericht die bereits herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstäbe nicht beachtet hat und bei hinreichend bestimmter Gefahr einer gleichartigen Entscheidung bei gleichartiger Sach- und Rechtslage zu befürchten ist, dass es diese auch in Zukunft verkennt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier führten die Beschwerdeführer bereits konflikthafte Versammlungen in L. durch und planen auch in Zukunft die Durchführung von Versammlungen in L., bei denen sie mit ähnlichen Konfliktsituationen rechnen und gegebenenfalls gleichartige Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts befürchten müssten.

15

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.

16

a) Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (vgl. BVerfGE 104, 92 <104>; 128, 226 <250>). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe, die auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugutekommt, ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend (vgl. BVerfGE 69, 315 <344 f.>; 128, 226 <250>) und wird im Vertrauen auf die Kraft der freien öffentlichen Auseinandersetzung grundsätzlich auch den Gegnern der Freiheit gewährt (vgl. BVerfGE 124, 300 <320>). Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (vgl. BVerfGE 69, 315 <343> oder <355 ff.>; 128, 226 <250 f.>).

17

Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG zu ihrer Rechtfertigung einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 69, 315 <350 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Nach § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vom 24. Juli 1953 in der Fassung vom 8. Dezember 2008 (BGBl I S. 2366; im Folgenden: VersG) kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Danach kann im Einzelfall auch die Festlegung geboten sein, dass eine ursprünglich als Aufzug angemeldete Versammlung nur als ortsfeste Versammlung durchgeführt werden darf (vgl. BVerfGK 2, 1 <8>). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfGE 69, 315 <353 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Ferner gilt, dass, soweit sich der Veranstalter und die Versammlungsteilnehmer grundsätzlich friedlich verhalten und Störungen der öffentlichen Sicherheit vorwiegend aufgrund des Verhaltens Dritter - insbesondere von Gegendemonstrationen - zu befürchten sind, die Durchführung der Versammlung zu schützen ist und behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer zu richten sind (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 8, 79 <81>; BVerfG , Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 2000 - 1 BvQ 24/00, NVwZ 2000, S. 1406 <1407>). Gegen die friedliche Versammlung selbst kann dann nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 17, 303 <308>). Dies setzt voraus, dass die Versammlungsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anderenfalls wegen der Erfüllung vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Bemühens, gegebenenfalls externe Polizeikräfte hinzuzuziehen, zum Schutz der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung nicht in der Lage wäre; eine pauschale Behauptung dieses Inhalts reicht allerdings nicht (vgl. BVerfGK 8, 79 <82>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, S. 2069 <2072>). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde (vgl. BVerfGK 17, 303 <308>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, S. 141 <142>).

18

b) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>). Im Verfahren auf Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs, das für den Regelfall sicherstellt, dass die Verwaltungsbehörden keine irreparablen Maßnahmen durchführen, bevor die Gerichte deren Rechtmäßigkeit geprüft haben, ist der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 69, 315 <363>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Insbesondere im Bereich des Versammlungsrechts muss das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren angesichts der Zeitgebundenheit von Versammlungen zum Teil Schutzfunktionen übernehmen, die sonst das Hauptsacheverfahren erfüllt (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 23. März 2004 - 1 BvR 745/01 -, juris, Rn. 13). Die einstweilige Anordnung im verfassungsgerichtlichen Verfahren als außerhalb der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG liegender Rechtsbehelf kann die primäre Rechtsschutzfunktion der Fachgerichte ebenfalls nicht übernehmen. Angesichts der Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts und im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung auslösen kann, ist hierbei zudem ein strenger, von den verwaltungsgerichtlichen Kriterien grundsätzlich unterschiedener Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris, Rn. 4). Daher müssen die Verwaltungsgerichte zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Sofern dies nicht möglich ist, haben die Fachgerichte jedenfalls eine sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese hinreichend substantiiert zu begründen, da ansonsten eine Umgehung der beschriebenen strengen Voraussetzungen für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit möglich erschiene.

19

3. Diese Maßstäbe haben das Verwaltungsgericht Leipzig und das Sächsische Oberverwaltungsgericht bei den ihnen obliegenden Entscheidungen über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Beide Entscheidungen werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG im Hinblick auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsbeschränkende behördliche Maßnahmen nicht gerecht.

20

a) Die vom Verwaltungsgericht Leipzig herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, die Annahme einer von der Versammlung selbst ausgehenden unmittelbaren Gefährdung für die öffentliche Sicherheit zu tragen, die die Verhinderung der Versammlung in Form eines Aufzugs hätte rechtfertigen können. Das Verwaltungsgericht legt insofern bereits nicht hinreichend deutlich dar, ob seiner Auffassung nach auch von der Versammlung selbst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder diese Gefahr ausschließlich aufgrund der zahlreichen Gegendemonstrationen und den hieraus zu erwartenden Störungen der Versammlung besteht. Dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur Begründung seines Standpunktes im Wesentlichen lediglich auf die Einschätzung der Polizeidirektion L., die ohne nähere Erläuterung 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration dem gewaltbereiten Klientel zurechnete, verweist, genügt den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG insofern jedenfalls nicht.

21

Auch im Hinblick auf eine Inanspruchnahme der Veranstalter als Nichtstörer im Wege des polizeilichen Notstandes genügen die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Das Verwaltungsgericht weist insofern zur Begründung des Vorliegens einer nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer abwendbaren Gefahr, insbesondere auf die besondere Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 und die deswegen nur begrenzt zur Verfügung stehenden Polizeikräfte, hin und beruft sich dabei pauschal auf die Einschätzung der Polizeidirektion L. vom 13. Oktober 2010. Berücksichtigt man aber den Umstand, dass die Polizeidirektion in ihrer Gefährdungsanalyse vom 4. Oktober 2010 offenbar noch zwei der angemeldeten Aufzüge mit den ihr voraussichtlich zur Verfügung stehenden Kräften für sicherbar hielt, erfüllt diese pauschale Bezugnahme auf die Einschätzung der Polizeidirektion vom 13. Oktober 2010 nicht die den Anforderungen an die entsprechend obigen Maßstäben bereits im Eilverfahren gebotene intensivere Rechtmäßigkeitsprüfung. Vielmehr hätte die kurzfristige Änderung der polizeilichen Einschätzung, die sich nicht ohne weiteres erschließt, das Verwaltungsgericht zu einer substantiierteren Prüfung der veränderten polizeilichen Einschätzung und zur Nachfrage einer genaueren Begründung ihrer Entscheidung veranlassen müssen. Dass dies vorliegend aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Auch im Übrigen hätte es dezidierterer Feststellungen bedurft, aufgrund welcher konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und aufgrund welcher konkreter, vorrangig zu schützender sonstiger Veranstaltungen keine ausreichenden Polizeikräfte mehr zum Schutz der angemeldeten Versammlung und der Rechtsgüter Dritter zur Verfügung gestanden hätten. Die behauptete Bindung von Polizeikräften durch die zeitgleich stattfindenden Gegendemonstrationen kann nach obigen Maßstäben jedenfalls nicht ohne weiteres als hinreichendes Argument dafür herangezogen werden. Auch die Bindung von Polizeikräften aufgrund eines parallel stattfindenden Fußballspiels und sonstiger Veranstaltungen, deren vorrangige Schutzwürdigkeit sich nicht ohne weiteres erschließt, reicht hierfür nicht aus.

22

b) Die angegriffene Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hält den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls nicht stand. Zwar hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht deutliche Bedenken am Vorliegen der Voraussetzungen eines für die Rechtfertigung der versammlungsrechtlichen Auflage erforderlichen polizeilichen Notstandes geäußert und nachvollziehbar dargelegt, dass sich ihm nicht erschließe, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb des kurzen Zeitraumes zwischen der Gefährdungsanalyse der Polizeidirektion L. vom 4. Oktober 2010 und dem Erlass der Auflage am 13. Oktober 2010 so erhöht haben soll, dass statt der zwei Aufzüge, die ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten wurden, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Auch erscheint es nachvollziehbar, dass dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit die Vornahme der hier grundsätzlich gebotenen und soweit als möglich nicht lediglich summarischen Rechtmäßigkeitskontrolle der behördlichen Auflage nicht mehr möglich war. Allerdings hätte es dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in dieser Konstellation, um der Freiheitsvermutung zugunsten der Versammlungsfreiheit zumindest in der Sache Rechnung zu tragen, oblegen, eine besonders sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese in der Begründung seiner Entscheidung hinreichend offenzulegen. Vorliegend hat sich das Sächsische Oberverwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung jedoch im Wesentlichen darauf beschränkt, auf die vermeintlich geringe Beeinträchtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit hinzuweisen, ohne auch nur ansatzweise ausreichend auf das Bestehen einer die Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit überwiegenden potentiellen Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter einzugehen.

23

4. Demgemäß ist festzustellen, dass sowohl der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig als auch der angegriffene Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzen. Einer Aufhebung der Entscheidungen und Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung bedarf es darüberhinausgehend nur bezüglich der Kostenentscheidungen, da in der Sache selbst Erledigung eingetreten ist (vgl. Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, 2. Aufl. 2005, BVerfGG, § 93c Rn. 33).

24

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Die Kostenentscheidungen der Beschlüsse werden aufgehoben. Das Verfahren wird insoweit an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verwaltungsgerichtliche Versagung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine versammlungsrechtliche Auflage.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer meldeten Anfang September 2010 bei der Stadt L. ihr Vorhaben an, am 16. Oktober 2010 (von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr) in L. eine Versammlung unter freiem Himmel durchzuführen. Die geplante Versammlung sollte aus drei Aufzügen und einer Abschlusskundgebung in der Innenstadt von L. bestehen. Die Teilnehmerzahl wurde von den Beschwerdeführern bei der Anmeldung auf 600 Personen geschätzt. Das Motto der geplanten Versammlung lautete "Recht auf Zukunft". Es bezog sich auf eine am 17. Oktober 2009 in L. von der Beschwerdeführerin zu 4), einer Unterorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), veranstaltete Versammlung, bei der es im Zusammenhang mit einer Versammlungsblockade durch Gegendemonstranten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und letztlich zu einer polizeilichen Auflösung der Versammlung kam.

3

Angesichts dieser Vorgeschichte und der Anmeldung von zahlreichen Gegendemonstrationen kam es zwischen der Anmeldung und der Durchführung der geplanten Versammlung zu umfangreichen Verhandlungen zwischen den Beschwerdeführern und der Stadt L., die unter anderem in Kooperationsgesprächen am 4., am 6. und am 13. Oktober 2010 eingehend die polizeilich sicherbare Anzahl der geplanten Aufzüge und die konkrete Streckenführung erörterten. In einer Gefährdungsanalyse am 4. Oktober 2010 bekundete die Polizeidirektion L. dabei laut den tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass der Schutz von zwei der angemeldeten Aufzüge mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften gewährleistet werden könne. Am 11. Oktober 2010 teilte der Beschwerdeführer zu 1) der Stadt schließlich mit, dass am 16. Oktober 2010 nunmehr lediglich ein einziger Aufzug stattfinden solle. Am 12. Oktober 2010 ergänzte die Polizeidirektion L. ihre Gefahrprognose insofern, dass nunmehr nur eine maximal vierstündige stationäre Kundgebung durchführbar sei, weil nach den Erfahrungen des Versammlungsgeschehens vom 17. Oktober 2009 mit einer höheren als der angemeldeten Teilnehmerzahl zu rechnen sei und jeweils ca. 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration und der Gegendemonstrationen als gewaltbereit einzustufen seien.

4

2. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 untersagte die Stadt L. die Durchführung der Versammlung als Aufzug, verfügte die Durchführung als stationäre Kundgebung in der Zeit von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr in einem Bereich am L. Hauptbahnhof und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Auflage an. Die Polizeidirektion L. habe in ihrer Gefahrprognose vom 12. Oktober 2010 dargelegt, dass im Zeitraum vom 15. bis zum 17. Oktober 2010 aufgrund von zahlreichen Versammlungsanmeldungen widerstreitender politischer Lager eine latente Gefährdungssituation vorhanden sei, die einen außerordentlich hohen Kräfteeinsatz der Polizei erfordere. Es sei davon auszugehen, dass sich die Teilnehmer der Aufzüge bei Angriffen durch Personen der linksextremistischen Klientel provozieren ließen und darauf entsprechend reagierten. Die Polizei habe glaubhaft dargelegt, dass sie kräftetechnisch außerstande sei, einen Aufzug zu begleiten, da trotz bundesweiter Anfragen nur 29 der für erforderlich gehaltenen 44 Polizeihundertschaften, also nur 66 % der geplanten Polizeikräfte, zur Verfügung stünden. Die Ausübung der Versammlungsfreiheit werde trotz der Beschränkungen nicht vereitelt, da der zugewiesene Ort eine hinreichende Öffentlichkeitswirksamkeit und eine räumliche Trennung der gegensätzlichen politischen Lager gewährleiste.

5

3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer noch am gleichen Tag Widerspruch und stellten beim Verwaltungsgericht Leipzig die Anträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Auflage, nur eine stationäre Kundgebung durchzuführen, wiederherzustellen sowie im Wege einer einstweiligen Anordnung ein Verbot sämtlicher Versammlungen in einem Umkreis von 300 m um die angemeldeten Aufzugstrecken anzuordnen. Das Verwaltungsgericht Leipzig lehnte die Eilanträge mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Bescheid vom 13. Oktober 2010 rechtmäßig sei und somit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheids die Interessen der Beschwerdeführer überwiege. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, die Stadt L., sei auf der Grundlage der Einschätzung der Polizeidirektion L. nachvollziehbar davon ausgegangen, dass infolge zahlreicher Gegenaktionen und -demonstrationen bei Durchführung des im Zuge der Kooperation der Beschwerdeführer zuletzt noch geplanten einzigen Aufzuges eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bestehe. Bei der Vielzahl der angemeldeten und geplanten Veranstaltungen am 16.10.2010, unter anderem ein Fußballspiel, und in Anbetracht der beschriebenen begrenzten Kräftelage der Polizei sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einhergehenden Personen- und Sachschäden zu rechnen, denen nur mit der Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung begegnet werden könne. Dieser Gefahr könne in Anbetracht der besonderen Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 auch nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer begegnet werden.

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4. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legten die Beschwerdeführer Beschwerde ein. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 zurück. Ob ein polizeilicher Notstand vorliege, sei im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend zu beurteilen. Der Einschätzung der Polizeidirektion lasse sich entnehmen, dass aufgrund des Versammlungsgeschehens im Vorjahr mit gewalttätigen Auseinandersetzungen einer Anzahl von 10 bis 20 % der Teilnehmer sowohl auf Seiten der Beschwerdeführer wie auf Seiten linker Demonstranten gerechnet werde. Zwar erschließe sich dem Gericht nicht, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb kurzer Zeit so erhöht haben solle, dass statt der zwei Aufzüge, die die Polizeidirektion ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten habe, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Wegen der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit sei aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Danach sei die Beschwerde zurückzuweisen, weil für den Antragsteller die mit der Durchführung einer nur stationären Kundgebung verbundenen Beeinträchtigungen hinnehmbar seien.

7

5. Die Beschwerdeführer beantragten sodann beim Bundesverfassungsgericht zunächst den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diesen Antrag hat die Kammer aufgrund der besonderen Voraussetzungen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, dabei jedoch zugleich auf die Möglichkeit der Klärung der aufgeworfenen Fragen in einem verfassungsgerichtlichen Hauptsachverfahren hingewiesen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris).

8

6. Hieraufhin erhoben die Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts fristgemäß Verfassungsbeschwerde mit der Rüge, durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Rechten aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt zu sein.

9

7. Das Bundesverfassungsgericht hat der Stadt L. als Gegnerin des Ausgangsverfahrens, dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Europa sowie der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

10

Nach Auffassung des Rechtsamtes der Stadt L. liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht vor. Das Sächsische Staatsministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des unter anderem für das Versammlungsrecht zuständigen 6. Revisionssenats übersandt, in der dieser Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen äußert.

II.

11

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. insbesondere BVerfGE 69, 315 <340 ff.>; 110, 77 <83 ff.>). Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zulässig und begründet.

12

1. Der Zulässigkeit der Rüge der Verletzung des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG steht weder der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde noch das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses entgegen.

13

a) Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache nur, soweit die geltend gemachte Verletzung von Freiheitsrechten oder von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung der Gerichte in der Hauptsache noch ausgeräumt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier rügen die Beschwerdeführer allerdings gerade die Missachtung der Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG bei der Zurückweisung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr behandelt werden würde.

14

b) Auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer besteht, obwohl der Demonstrationstermin verstrichen und damit der Sofortvollzug der strittigen Auflagen gegenstandslos geworden ist. Sind verfassungsrechtliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht (mehr) zu klären, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch nach Erledigung des ursprünglichen Begehrens im Falle einer Wiederholungsgefahr, also wenn ein Gericht die bereits herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstäbe nicht beachtet hat und bei hinreichend bestimmter Gefahr einer gleichartigen Entscheidung bei gleichartiger Sach- und Rechtslage zu befürchten ist, dass es diese auch in Zukunft verkennt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Hier führten die Beschwerdeführer bereits konflikthafte Versammlungen in L. durch und planen auch in Zukunft die Durchführung von Versammlungen in L., bei denen sie mit ähnlichen Konfliktsituationen rechnen und gegebenenfalls gleichartige Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts befürchten müssten.

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2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.

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a) Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (vgl. BVerfGE 104, 92 <104>; 128, 226 <250>). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe, die auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugutekommt, ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend (vgl. BVerfGE 69, 315 <344 f.>; 128, 226 <250>) und wird im Vertrauen auf die Kraft der freien öffentlichen Auseinandersetzung grundsätzlich auch den Gegnern der Freiheit gewährt (vgl. BVerfGE 124, 300 <320>). Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (vgl. BVerfGE 69, 315 <343> oder <355 ff.>; 128, 226 <250 f.>).

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Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG zu ihrer Rechtfertigung einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 69, 315 <350 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Nach § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vom 24. Juli 1953 in der Fassung vom 8. Dezember 2008 (BGBl I S. 2366; im Folgenden: VersG) kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Danach kann im Einzelfall auch die Festlegung geboten sein, dass eine ursprünglich als Aufzug angemeldete Versammlung nur als ortsfeste Versammlung durchgeführt werden darf (vgl. BVerfGK 2, 1 <8>). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde allerdings auch bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfGE 69, 315 <353 f.>; BVerfGK 17, 303 <307>). Ferner gilt, dass, soweit sich der Veranstalter und die Versammlungsteilnehmer grundsätzlich friedlich verhalten und Störungen der öffentlichen Sicherheit vorwiegend aufgrund des Verhaltens Dritter - insbesondere von Gegendemonstrationen - zu befürchten sind, die Durchführung der Versammlung zu schützen ist und behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer zu richten sind (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 8, 79 <81>; BVerfG , Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 2000 - 1 BvQ 24/00, NVwZ 2000, S. 1406 <1407>). Gegen die friedliche Versammlung selbst kann dann nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; BVerfGK 17, 303 <308>). Dies setzt voraus, dass die Versammlungsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anderenfalls wegen der Erfüllung vorrangiger staatlicher Aufgaben und trotz des Bemühens, gegebenenfalls externe Polizeikräfte hinzuzuziehen, zum Schutz der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung nicht in der Lage wäre; eine pauschale Behauptung dieses Inhalts reicht allerdings nicht (vgl. BVerfGK 8, 79 <82>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, S. 2069 <2072>). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde (vgl. BVerfGK 17, 303 <308>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, S. 141 <142>).

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b) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>). Im Verfahren auf Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs, das für den Regelfall sicherstellt, dass die Verwaltungsbehörden keine irreparablen Maßnahmen durchführen, bevor die Gerichte deren Rechtmäßigkeit geprüft haben, ist der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 69, 315 <363>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Insbesondere im Bereich des Versammlungsrechts muss das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren angesichts der Zeitgebundenheit von Versammlungen zum Teil Schutzfunktionen übernehmen, die sonst das Hauptsacheverfahren erfüllt (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 23. März 2004 - 1 BvR 745/01 -, juris, Rn. 13). Die einstweilige Anordnung im verfassungsgerichtlichen Verfahren als außerhalb der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG liegender Rechtsbehelf kann die primäre Rechtsschutzfunktion der Fachgerichte ebenfalls nicht übernehmen. Angesichts der Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts und im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung auslösen kann, ist hierbei zudem ein strenger, von den verwaltungsgerichtlichen Kriterien grundsätzlich unterschiedener Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 16. Oktober 2010 - 1 BvQ 39/10 -, juris, Rn. 4). Daher müssen die Verwaltungsgerichte zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>; 110, 77 <87>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senat vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>). Sofern dies nicht möglich ist, haben die Fachgerichte jedenfalls eine sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese hinreichend substantiiert zu begründen, da ansonsten eine Umgehung der beschriebenen strengen Voraussetzungen für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit möglich erschiene.

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3. Diese Maßstäbe haben das Verwaltungsgericht Leipzig und das Sächsische Oberverwaltungsgericht bei den ihnen obliegenden Entscheidungen über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Beide Entscheidungen werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG im Hinblick auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsbeschränkende behördliche Maßnahmen nicht gerecht.

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a) Die vom Verwaltungsgericht Leipzig herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, die Annahme einer von der Versammlung selbst ausgehenden unmittelbaren Gefährdung für die öffentliche Sicherheit zu tragen, die die Verhinderung der Versammlung in Form eines Aufzugs hätte rechtfertigen können. Das Verwaltungsgericht legt insofern bereits nicht hinreichend deutlich dar, ob seiner Auffassung nach auch von der Versammlung selbst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder diese Gefahr ausschließlich aufgrund der zahlreichen Gegendemonstrationen und den hieraus zu erwartenden Störungen der Versammlung besteht. Dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur Begründung seines Standpunktes im Wesentlichen lediglich auf die Einschätzung der Polizeidirektion L., die ohne nähere Erläuterung 10 bis 20 % der Teilnehmer der angemeldeten Demonstration dem gewaltbereiten Klientel zurechnete, verweist, genügt den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG insofern jedenfalls nicht.

21

Auch im Hinblick auf eine Inanspruchnahme der Veranstalter als Nichtstörer im Wege des polizeilichen Notstandes genügen die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Das Verwaltungsgericht weist insofern zur Begründung des Vorliegens einer nicht durch Maßnahmen gegen potentielle Störer abwendbaren Gefahr, insbesondere auf die besondere Veranstaltungssituation am 16. Oktober 2010 und die deswegen nur begrenzt zur Verfügung stehenden Polizeikräfte, hin und beruft sich dabei pauschal auf die Einschätzung der Polizeidirektion L. vom 13. Oktober 2010. Berücksichtigt man aber den Umstand, dass die Polizeidirektion in ihrer Gefährdungsanalyse vom 4. Oktober 2010 offenbar noch zwei der angemeldeten Aufzüge mit den ihr voraussichtlich zur Verfügung stehenden Kräften für sicherbar hielt, erfüllt diese pauschale Bezugnahme auf die Einschätzung der Polizeidirektion vom 13. Oktober 2010 nicht die den Anforderungen an die entsprechend obigen Maßstäben bereits im Eilverfahren gebotene intensivere Rechtmäßigkeitsprüfung. Vielmehr hätte die kurzfristige Änderung der polizeilichen Einschätzung, die sich nicht ohne weiteres erschließt, das Verwaltungsgericht zu einer substantiierteren Prüfung der veränderten polizeilichen Einschätzung und zur Nachfrage einer genaueren Begründung ihrer Entscheidung veranlassen müssen. Dass dies vorliegend aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Auch im Übrigen hätte es dezidierterer Feststellungen bedurft, aufgrund welcher konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und aufgrund welcher konkreter, vorrangig zu schützender sonstiger Veranstaltungen keine ausreichenden Polizeikräfte mehr zum Schutz der angemeldeten Versammlung und der Rechtsgüter Dritter zur Verfügung gestanden hätten. Die behauptete Bindung von Polizeikräften durch die zeitgleich stattfindenden Gegendemonstrationen kann nach obigen Maßstäben jedenfalls nicht ohne weiteres als hinreichendes Argument dafür herangezogen werden. Auch die Bindung von Polizeikräften aufgrund eines parallel stattfindenden Fußballspiels und sonstiger Veranstaltungen, deren vorrangige Schutzwürdigkeit sich nicht ohne weiteres erschließt, reicht hierfür nicht aus.

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b) Die angegriffene Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hält den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls nicht stand. Zwar hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht deutliche Bedenken am Vorliegen der Voraussetzungen eines für die Rechtfertigung der versammlungsrechtlichen Auflage erforderlichen polizeilichen Notstandes geäußert und nachvollziehbar dargelegt, dass sich ihm nicht erschließe, wodurch sich das Gefährdungspotential innerhalb des kurzen Zeitraumes zwischen der Gefährdungsanalyse der Polizeidirektion L. vom 4. Oktober 2010 und dem Erlass der Auflage am 13. Oktober 2010 so erhöht haben soll, dass statt der zwei Aufzüge, die ursprünglich noch mit den zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für sicherbar gehalten wurden, nunmehr nur noch eine stationäre Kundgebung möglich sein solle. Auch erscheint es nachvollziehbar, dass dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit die Vornahme der hier grundsätzlich gebotenen und soweit als möglich nicht lediglich summarischen Rechtmäßigkeitskontrolle der behördlichen Auflage nicht mehr möglich war. Allerdings hätte es dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in dieser Konstellation, um der Freiheitsvermutung zugunsten der Versammlungsfreiheit zumindest in der Sache Rechnung zu tragen, oblegen, eine besonders sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese in der Begründung seiner Entscheidung hinreichend offenzulegen. Vorliegend hat sich das Sächsische Oberverwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung jedoch im Wesentlichen darauf beschränkt, auf die vermeintlich geringe Beeinträchtigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit hinzuweisen, ohne auch nur ansatzweise ausreichend auf das Bestehen einer die Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit überwiegenden potentiellen Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter einzugehen.

23

4. Demgemäß ist festzustellen, dass sowohl der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig als auch der angegriffene Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verletzen. Einer Aufhebung der Entscheidungen und Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung bedarf es darüberhinausgehend nur bezüglich der Kostenentscheidungen, da in der Sache selbst Erledigung eingetreten ist (vgl. Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, 2. Aufl. 2005, BVerfGG, § 93c Rn. 33).

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5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.