Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 11. Apr. 2013 - 4 A 1250/12
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Berufung wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger sind befugt, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen einen Beitragsbescheid für den Anschluss an die zentrale Schmutzwasserentsorgung.
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Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks auf der A-Stadt mit einer Größe von 300 m² (Flurstücksbezeichnung Gemarkung O., Flur 2, Flurstück 177).
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Mit Beitragsbescheid vom 06. Oktober 2010 erhob der Beklagte für das genannte Grundstück einen Herstellungsbeitrag für die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage in Höhe 933,10 €. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 Widerspruch ein, den sie umfangreich begründeten.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass er nunmehr mit seiner Beitragssatzung vom 03. März 2010 über gültiges Satzungsrecht für die Erhebung von Anschlussbeiträgen verfüge. Dies sei die erste wirksame Satzung des Zweckverbandes. Seit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald vom April 1999 sei es ständige Rechtsprechung aller Verwaltungsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern, dass Beiträge von allen angeschlossenen Grundstücken erhoben werden, selbst wenn diese bereits „altangeschlossen“ seien. Der Verband habe in seine Anlage erhebliche Investitionen getätigt. So seien ab Januar 1997 fast alle Kläranlagen auf dem Stand der Technik umgebaut worden. Dies habe an den meisten Standorten faktisch einen Neubau bedeutet. Der Widerspruchsbescheid wurde am 17. Juli 2012 zugestellt.
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Am 03. August 2012 haben die Kläger hiergegen Klage erhoben. Sie meinen, dem Bescheid fehle eine wirksame Rechtsgrundlage. Die maßgebliche Satzung habe keine gültige Rechtsgrundlage. Die für die Satzung herangezogene Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 3 KAG M-V sei nichtig. Soweit das Gesetz bestimme, dass die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehe, verstoße eine derartige Regelung gegen Artikel 20 Abs. 3 GG. Auch seien das Bestimmtheitsgebot und das Transparenzgebot in nicht hinnehmbarer Weise verletzt. Die Regelung modifiziere die verfassungsrechtlichen Vorgaben über das Inkrafttreten von Gesetzen und Rechtsverordnungen. Für den Bürger sei nicht erkennbar, wann das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht sein könne.
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Darüber hinaus gelte folgendes,
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- durch den Beklagten sei keine öffentliche Einrichtung hergestellt worden,
- der Beklagte biete den Klägern keinen Vorteil durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung,
- eine Inanspruchnahme durch Beitragsbescheid sei verjährt/verwirkt,
- eine Inanspruchnahme der Kläger verstoße gegen das Vertrauensschutzgebot und das Gleichbehandlungsverbot.
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Zu Zeiten der DDR habe es auf der A-Stadt eine zentrale Abwasserbeseitigungsanlage gegeben. Diese Abwasserbeseitigungsanlage sei von dem VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung E-Stadt betrieben worden. Dieser Betrieb sei den jetzigen Eigenbetrieben der Kommunen vergleichbar. Deshalb habe auch zu DDR-Zeiten eine öffentliche Einrichtung der Wasserver- und Abwasserentsorgung existiert. Die von dem VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung E-Stadt betriebene Anlage sei letztlich auf den Beklagten übergegangen. Die Kläger seien seit den Zeiten des VEB Wasserversorgung bis zum Entstehen des Beklagten unverändert mit ihrem Grundstück an die Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen gewesen. Die Erhebung eines Herstellungsbeitrages sei daher rechtswidrig. Unter Herstellung sei begrifflich etwas Neues zu verstehen. Eine Abwasseranlage werde hergestellt, wenn zuvor keine Abwasserbehandlungsanlage gegeben habe.
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Die Anlage böte den Klägern auch keinen Vorteil. Die Kläger hätten auch zuvor ihr Abwasser entsorgen können. Allein der Wechsel der Rechtsträgerschaft könne nicht als Vorteil im Sinne des Beitragsgesetzes angesehen werden.
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Der Beitrag sei auch verjährt. Die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und Steuern betrage vier Jahre. Sie beriefen sich darauf, dass bereits das Kommunalabgabengesetz von 1993 eine Bestimmung über das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht enthalte. Die Regelung im KAG 1993 habe auch vorgesehen, dass eine Abgabensatzung rückwirkend erlassen werde, damit ein Beitragspflichtiger noch in Anspruch genommen werden könne. Die Inanspruchnahme eines nicht angeschlossenen Grundstücks zu einem Anschlussbeitrag könne in der Tat frühestens mit dem Inkrafttreten von entsprechenden Satzungsregelungen gerechtfertigt werden. Für bereits angeschlossene Grundstücke gelten derartige Erwägungen aber nicht. Hier sei als Entstehungszeitpunkt ausschließlich auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Einrichtung der Anlage abzustellen. Für die endgültige Herstellung der leitungsgebundenen Anlage zur Schmutzwasserversorgung sei das Jahr 1993 zugrunde zu legen. Die Festsetzungsfrist sei daher bereits länger verstrichen. Selbst wenn man hineinlesen wolle, dass das Tatbestandmerkmal einer wirksamen Satzung habe vorliegen müssen, so hätte der Beklagte seit dem Jahr 1993 über eine entsprechende wirksame Beitragssatzung verfügt. Die am 22. Dezember 1993 erlassene Beitragssatzung sei zu keinem Zeitpunkt in einem förmlichen Verfahren für unwirksam erklärt worden. Auch die Nachfolgesatzungen seien nicht offiziell für unwirksam erklärt worden. Vor diesem Hintergrund werde es als unzulässig angesehen, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall feststelle, dass Satzungen rechtsunwirksam gewesen seien. Diese Feststellung sei vom Verwaltungsgericht quasi ungefragt erfolgt. Eine Normverwerfungskompetenz sei dem Verwaltungsgericht nicht zugewiesen.
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Weiter verstoße die Heranziehung gegen das Gleichbehandlungsverbot. Entgegen der gefestigten Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald sei eine derartige Heranziehung unbillig. Denn es sei gerade keine wesentlich gleiche Ausgangssituation gegeben. Soweit das OVG Greifswald in seiner Entscheidung vom 21. April 1999 feststelle, dass erstmalig den Grundstückseigentümern ein rechtlich gesicherter Vorteil geboten worden sei, so sei diese Feststellung unhaltbar, denn auch zu DDR-Zeiten hätten die Eigentümer einen rechtlich gesicherten Vorteil gehabt.
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Die Heranziehung mehr als zwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern verstoße gegen das Rechtsstaatsgebot des Artikel 19 Abs. 4, Artikel 20 GG. Danach sei die Exekutive verpflichtet, Rechtssicherheit und Vertrauensschutz zu gewährleisten. Dies gelte auch im Hinblick auf Verjährungsvorschriften. Verjährungsvorschriften stellten Rechtssicherheit her. Der hierin zum Ausdruck kommende Grundsatz der Rechtssicherheit könne nicht aushebelt werden.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Beklagten vom 06.10.2010 in der Fassung des Widerspruchs-bescheides des Beklagten vom 12.07.2012 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er meint, die von den Klägern angesprochenen Fragen zum Satzungsrecht sowie zur sogenannten „Altanschließer-Rechtsprechung“ seien seit geraumer Zeit hinreichend in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald geklärt. Der Bescheid verfüge auch nach der Rechtsprechung der Kammer über wirksames Satzungsrecht. Es möge sein, dass das Grundstück der Kläger unverändert an eine zentrale Anlage angeschlossen sei. In die Beitragskalkulation seien aber nur die Investitionen eingeflossen, die seit dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern in die Anlage investiert worden seien. Dies seien die Herstellungsmaßnahmen im Sinne des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern und damit ein Herstellungsbeitrag im rechtlichen Sinne und nicht im technischen Sinne. Darüber hinaus hätten die Kläger auch nicht „denselben“ Vorteil wie zu DDR-Zeiten sondern eine nach heutigen Maßstäben technisch einwandfreie Anlage. Eine Heranziehung sei auch nie so fair wie heute gewesen, da nunmehr über den langen Zeitraum ein mit „harten“ Zahlen unterlegbares Kalkulationswerk vorliege und man nicht nur auf Prognosen angewiesen sei. Ein Vertrauensschutz oder eine Verwirkung, komme daher nicht in Betracht, da allen Beteiligten jederzeit bekannt gewesen sei, dass der Beklagte sich um eine rechtlich einwandfreie Beitragserhebung bemühe und dies nur durch eine „höchst dynamische Rechtsprechung“ im Lande verzögert worden sei. Die Investitionen seien im Sinne aller Anschlussberechtigten auch getätigt worden. Wo in abgabenrechtlich fairerweise das Geld sonst herkommen solle, lasse die Klägerseite leider unerwähnt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge, den Inhalt der Gerichtsakte und die in dem Verfahren 8 A 3/12 vorgelegten Vorgänge zur Kalkulation des Beitragssatzes.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
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Der Zweckverband Wismar, die Körperschaft des Beklagten, ist rechtlich existent. Sie verfügt über eine wirksame Satzung zur Erhebung von Beiträgen. Diese Satzung entspricht den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V), das Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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Zur Gründung und Existenz des Beklagten hat das Gericht schon in seiner Entscheidung vom 15. März 2011 (siehe unten, 8 A 547/11, dokumentiert bei juris) Stellung genommen, daran hält das Gericht weiter fest. Ebenso hält das Gericht an seinen Ausführungen zur Wirksamkeit der beschlossenen Beitragssatzung fest. Es handelt sich in der Tat um die erste wirksame Beitragssatzung des Zweckverbandes.
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Die der Satzung zugrundeliegenden Normen des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht, so insbesondere nicht die Regelung des § 9 Abs. 3 KAG M-V; auch nicht vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08; zitiert nach juris).
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Nach § 9 Abs. 3 KAG M-V entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber in der Gesetzesnovelle von 2005 klargestellt, was zuvor seit 1999 ständige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald war, dass Beiträge nur erhoben werden können, wenn sie auf eine rechtswirksame Satzung verweisen können (OVG Greifswald, Besch. v. 08.04.1999 – 1 M 41/99). Dies hat die Kammer seit jeher ebenso gesehen. Auch vor dem Hintergrund der oben genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hält die Kammer an ihrer Rechtsprechung fest.
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Zunächst handelt es sich bei der vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelung des Art 13 Abs. 1 Nr. Buchst b) cc) Bayerisches Kommunalabgabengesetz (Bay-KAG vom 04. April 1993) um eine Verjährungsregelung, die in gleicher oder ähnlicher Weise im Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern nicht existent ist. Die Besonderheit der beanstandeten Regelung ist darin zu sehen, dass nach bayerischem Landesrecht augenscheinlich eine Anschlussbeitragssatzung rückwirkend in Kraft gesetzt werden muss, damit sie – bislang „in satzungsloser Zeit“ ergangene – Abgabenbescheide heilen kann. Vom Bundesverfassungsgericht ist nunmehr beanstandet worden, dass der Satzungsgeber zwar praktisch in beliebig lange Zeiträume rückwirkend eine Satzung erstmalig in Kraft setzen kann, ohne dabei gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot zu verstoßen, die Regelung des Art 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) cc) Bay-KAG, der zu Folge die Verjährungsfrist immer erst in der Zukunft nach dem Erlass der ersten wirksamen Satzung zu laufen beginnt, hingegen dazu führen kann, dass zwischen Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und dem Eintritt der Festsetzungsverjährung ein nicht mehr mit dem Verfassungsgrundsatz der Rechtssicherheit zu vereinbarender Zeitraum liegen kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nach dem bayerischen Landesrecht beitragspflichtig derjenige ist, der im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht Eigentümer oder sonstiger Beitragspflichtiger ist oder war. Es kommt hingegen nach der dortigen Regelung nicht darauf an, ob er im Zeitpunkt des Erlasses des Anschlussbeitragsbescheides noch Eigentümer oder sonstiger Beitragspflichtiger ist.
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Eine vergleichbare Verjährungsregelung gibt es im Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern nicht. § 12 Abs. 2 KAG M-V i.V.m. § 169 AO setzt die Verjährungsfrist für alle Fälle auf vier Jahre ab dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht fest. Ein beliebiges Auseinanderklaffen von Entstehung der Beitragspflicht und Eintritt der Verjährung ist damit ausgeschlossen. Wird eine Beitragssatzung rückwirkend in Kraft gesetzt, wie im Straßenbaubeitragsrecht in Mecklenburg-Vorpommern, beginnt auch die Verjährungsfrist ab dem rückwirkenden Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht zu laufen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 9.6.1999 – 1 L 307/98 -, juris). Es gelten die gewöhnlichen Regelungen über die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährungsfrist.
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Auch die Regelung des § 9 Abs. 3 KAG M-V unterliegt nach Auffassung der Kammer in Ansehung der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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§ 9 Abs. 3 KAG M-V regelt das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für Anschlussbeiträge in der Weise, dass die Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung. Dabei stellt die Formulierung „erste(n) wirksame(n)“ eine Präzisierung gegenüber der zuvor geltenden Regelung des § 9 Abs. 7 Satz 2 KAG M-V 1993 dar, die in der Rechtsprechung des OVG Greifswald stets in gleicher Weise ausgelegt worden war.
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Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger widerspricht die Regelung nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtssicherheit. Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung dazu ausgeführt: Rechtsicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug. Die Bürgerin und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtsicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischen Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und – Vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Element des Rechtsstaatsprinzip sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten (BVerfG, a. a. O., Rn. 41).
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Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, der Gesetzgeber verpflichtet ist, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt – unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist. Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss (BVerfG, a. a. O., Rn. 45).
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Die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern und die Regelungen im Bayerischen Kommunalabgabengesetz unterscheiden sich insofern, da das Entstehen der sachlichen und persönlichen Beitragspflicht nach Artikel 5 Abs. 6 Bay-KAG zusammenfällt. Nach dem Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern ist nach § 7 Abs. 2 KAG M-V hingegen beitragspflichtig immer derjenige, der im Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides die persönlichen Kriterien der Beitragspflicht als Grundstückseigentümer oder sonstiger Pflichtiger erfüllt. Eine „Verflüchtigung“ des Vorteils wie im bayerischen Landesrecht, das unter Umständen – wie im Fall des Bundesverfassungsgerichts - an eine längst vergangene Eigentümerstellung anknüpft, ist deshalb nicht möglich.
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Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Rechtssicherheit zuwiderlaufende Regelung ist in § 9 Abs. 3 KAG M-V ist auch insoweit nicht zu erkennen, als dort nicht das Erfordernis der rückwirkenden Inkraftsetzung der Beitragssatzung oder aber eine starre äußerste zeitliche Grenze für das zulässige Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durch Erlass einer wirksamen Beitragssatzung geregelt ist. Eine derartige Regelung gebietet das Verfassungsrecht nicht und lässt sich aus der Entscheidung auch nicht herauslesen. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das bundesrechtlich geprägte (Straßen-) Erschließungsbeitragsrecht ebenfalls das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ggf. vom nachträglichen Erlass einer Erschließungsbeitragssatzung abhängig macht, ohne dass dort eine zeitliche Höchstgrenze festgelegt wäre. Diese durch das Richterrecht des Bundesverwaltungsgerichts geprägte Rechtslage ist bislang verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden. Auch in der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts finden sich keine Hinweise darauf, dass diese Rechtslage verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre, obwohl es nahe gelegen hätte, dieses Rechtsgebiet bei der Betrachtung mit in den Blick zu nehmen.
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Schließlich ist im Hinblick auf die „Verflüchtigung“ des Vorteils für das Anschlussbeitragsrecht nach Maßgabe des Landesrechts in Mecklenburg-Vorpommern zu berücksichtigen, dass der Anschlussvorteil ein weitaus länger währender ist als beispielsweise der Anliegervorteil aus einer Straßenbaumaßnahme. Die Konzeption und Realisierung einer Trinkwasserversorgungs- bzw. Abwasserbeseitigungsanlage ist – der Materie geschuldet – weitaus aufwändiger als z. B. die Erneuerung einer Straße. So ist im konkreten Fall noch nicht einmal der bis in das Jahr 2014 reichende Investitionszeitraum für die zentrale Abwasserbeseitigungseinrichtung abgelaufen. Unter diesen Rahmenbedingungen kann eine zeitliche Höchstgrenze in Ansehung der konkreten Planungs- und Realisierungserfordernisse nicht gezogen werden, ohne auf der anderen Seite den ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung zu verletzen. Eine Rechtssicherheit im o.g. Sinne beginnt daher, wenn die Vorteile, die die Anlage bietet, den Eigentümern vollständig zugeflossen sind. Bezug zu nehmen ist dabei auf die konkrete Anlage, für die die Vorteile abgeschöpft werden. Unerheblich ist es hingegen, ob es unter früheren Rechtsregimen ähnliche Entsorgungsmöglichkeiten gab.
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Eine andere verfassungsrechtliche Betrachtung mag sich im Einzelfall dann ergeben, wenn lange Zeit – d.h. mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte - nach Abschluss des von der gemeindlichen Selbstverwaltung geplanten Ausbauzustandes bzw. der Investitionsmaßnahme immer noch keine wirksame Satzung als rechtliche Voraussetzung der Beitragserhebung gegeben ist. Eine starre Bestimmung dieser zeitlichen Höchstgrenze ist für das Anschlussbeitragsrecht aber verfassungsrechtlich nicht geboten.
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Soweit die Kläger rügen, das Transparenzgebot sei verletzt worden, vermag das Gericht den Ausführungen nicht beizutreten. Bei einer Beitragssatzung handelt es sich nicht um ein formelles Gesetz, so dass die Vorschriften über Verkündung und Inkrafttreten von Gesetzen (Artikel 82 Abs. 2 GG bzw. 58 Abs. 3 Landesverfassung M-V) nicht anwendbar sind. Die für die Beitragserhebung zugrunde liegende Beitragssatzung geltenden Vorschriften sind eingehalten worden, so insbesondere die Vorschriften der Kommunalverfassung zum Erlass und Veröffentlichung von Satzungen.
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Hinsichtlich der weiterhin gerügten Mängel verweist das Gericht auf das Urteil der Kammer vom 15. März 2012 (8 A 547/11, juris) Das Gericht hat dort ausgeführt:
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„1. Der Zweckverband Wismar und damit seine Behörde, der Beklagte, sind jedenfalls seit dessen Nachgründung im Jahre 1998 rechtlich existent. Der Zweckverband hat insbesondere eine wirksame Verbandssatzung. Dies wird klägerseitig auch nicht in Abrede gestellt und hat das Gericht bereits mehrfach entschieden.
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Vgl. näher etwa VG Schwerin, Urt. v. 10. Oktober 2011 – 8 A 560/10 – juris LS 3 und Rn. 76 ff.
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Im Übrigen kommt es im vorliegenden Fall auch deshalb nicht darauf an, ob der Zweckverband mit Wirkung für die Vergangenheit rechtswirksam gegründet worden ist, weil es vorliegend um Bescheide aus dem Jahre 2011 geht. Dass der Zweckverband Wismar nach seiner Nachgründung 1998 für die Zukunft und damit heute rechtlich nicht existent ist, ist nicht ersichtlich. Einer gesonderten Veröffentlichung etwa des Gründungsvertrages oder der Gründungsverbandssatzung im Veröffentlichungsorgan der zuständigen Aufsichtsbehörde sieht § 152 KV M-V im Gegensatz zu § 11 Abs. 2 des (Reichs)Zweckverbandesgesetzes vom 7. Juni 1939 (RGBl. I. S. 979) nicht vor. Die danach beschlossene Verbandssatzung vom 26. Januar 1999 ist nach klägerseitig nicht angezweifelten Angaben des Beklagten am 10. März 1999 in der Ostsee-Zeitung (Wismarer Ausgabe) veröffentlicht worden.
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2 a) Entgegen klägerischer Auffassung ist § 5 Abs. 5 derVerbandsatzung des Zweckverbandes Wismar (VS) mit der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern vereinbar. Diese Satzungsvorschrift lautet:
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(5) Die Mitglieder der Verbandsversammlung entscheiden nach ihrer freien, durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. Die Verbandsmitglieder können ihren Vertretern in der Verbandsversammlung in folgenden Angelegenheiten Weisungen erteilen:
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1. Wahl und Abberufung des Verbandsvorstehers und der Mitglieder des Verbandsvorstandes,
2. Änderung der Verbandssatzung,
3. Beratung der Jahresrechnung und Entlastung des Verbandsvorstehers,
4. Festsetzung von Umlagen und Stammkapital,
5. Zusammenschluss von Verbänden.
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Nach dem Inhalt der Vorschrift ist weder vorgeschrieben noch sonst möglich, den Mitgliedern der Verbandsversammlung in allen Fällen Weisungen für Abstimmungen durch die jeweilige Mitgliedsgemeinde zu erteilen. Nach §§ 23 Abs. 3, 154 Abs. 1 KV M-V üben die Mitglieder der Verbandsversammlung ihr Mandat „im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung aus“. Sie sind an diesen Vorgaben widerstreitende Weisungen, Aufträge oder Verpflichtungen nicht gebunden. § 156 Abs. 7 KV M-V enthält zur Frage der Weisungen an die Mitglieder der Verbandsversammlung enumerativ aufgezählte (abschließende sowie eng auszulegende) - und hier vom Zweckverband Wismar übernommene - Ausnahmen.
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Vgl. allgemein dazu Bielenberg, in: Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl. 2005, § 156 Rn. 6.
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Eine einheitliche Stimmabgabe, wie sie etwa Art. 51 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) für Abstimmungen im Bundesrat vorschreibt, ist im Gemeinderecht im Übrigen nicht vorgesehen. Nur in den in § 156 Abs. 7 KV M-V genannten Fällen kommt sie in Betracht, wenn und soweit die Verbandssatzung dazu eine Bestimmung enthält und wenn und soweit eine Mitgliedsgemeinde tatsächlich von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen sollte. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht Schwerin im Urteil vom 21. November 2008 – 8 A 3375/04 – (n. v., Umdruck, S. 16 f.) durchgreifende Bedenken gegen eine Bestimmung in einer Verbandssatzung eines anderen Zweckverbandes geäußert hat, in welcher die einheitliche Stimmabgabe in anderen Fällen zwingend vorgeschrieben war.
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b) Die Veröffentlichungsbestimmung des § 22 VS ist nicht rechtsfehlerhaft, weil dieOstsee-Zeitung (Lokalteil Wismarer Zeitung) nicht überall im Verbandsgebiet erhältlich ist. Entscheidend ist, dass durch die Art und Weise der Bekanntmachung jeder Bürger als Normadressaten der Regelung ermöglicht wird, sich über den Inhalt der Regelung zu informieren.
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Vgl. BVerfG, Urt. v. 2. April 1963 – 2 BvL 22/60 – juris Rn. 36; Glaser, in: Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung zur Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl. 2005, § 5 Rn. 15.
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Dies ist bei einer Veröffentlichung in der Ostsee-Zeitung im ausreichenden Maß gewährleistet.
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c) Im Übrigen dürfte die Klägerseite mit dem Vortrag gegen Regelungen der Verbandssatzung schon deshalb nicht gemäß §§ 5 Abs. 5, 154 KV M-V gehört werden, weil er die Fehlerhaftigkeit der Verbandssatzung erst nach über einem Jahr nach Bekanntgabe der Verbandssatzung in einem im Februar 2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz geltend gemacht hat.
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3. Wie das Verwaltungsgericht Schwerin in ständiger Rechtsprechung entschieden hat,
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- vgl. zuletzt etwa VG Schwerin, Urt. v. 10. Oktober 2011 – 8 A 560/10 – juris, Rn. 88 ff. mwN -
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entspricht die den angegriffenen Bescheiden nunmehr zugrunde liegende Beitragssatzung Schmutzwasser (BSSW 2010) des Zweckverbandes Wismar in der Fassung vom 3. März 2010 den Vorgaben höherrangigen Rechts, insbesondere dem Kommunalabgabengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern und ist damit wirksam.
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a) Sie enthält die nach § 2 Abs. 1 KAG M-V vorgeschriebenen Mindestbestandteile. Die in den drei Urteilen des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 22. Januar 2010 - 8 A 1364/09, 1366/09 und 1369/09 - (letzteres in veröffentlicht juris, Rn. 14 ff.) monierten Regelungen der Beitragssatzung Schmutzwasser in der Fassung vom 7. Mai 2009 (BSSW 2009) sind beseitigt bzw. ergänzt worden. Die Widersprüchlichkeit der Vorschriften der Satzung in § 6 Abs. 4 c) BSSW 2009 einerseits und § 6 Abs. 5 f) BSSW 2009 andererseits bezüglich der Zahl der Vollgeschosse, sofern solche nicht feststellbar sind, ist durch Streichung des § 6 Abs. 4 c) BSSW 2009 beseitigt worden. Die weiterhin beanstandete Bestimmung des § 6 Abs. 5 e) Satz 3 BSSW 2009 bezüglich von vor dem 30. April 1994 entsprechend bisherigen Rechts errichteten Gebäuden ist um folgenden Satz ergänzt worden:
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"[...]; weisen die in einem solchen Gebäude vorhandenen Geschosse schräge Wände auf, gelten sie dann als Vollgeschoss, wenn sie über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche die lichte Höhe des darunter liegenden Geschosses aufweisen."
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Damit hat der Satzungsgeber eine bestimmbare lichte Höhe für weitere Vollgeschosse festgelegt, die als sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit nach dem genannten Stichtag errichteten Gebäuden erscheint oder diese jedenfalls relativiert. Solche oder ähnliche Bestimmungen bei anderen Zweckverbänden sind von der Kammer in der Vergangenheit nicht beanstandet worden.
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b) Klägerseitig wird gegen die Bestimmung des Gegenstandes der Beitragspflicht in § 3 BSSW geltend gemacht, Absatz 2 dieser Vorschrift sei kein Auffangtatbestand, sondern die gegenüber Absatz 1 speziellere Regelung. Diese Bestimmungen lauten:
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(1) Der Beitragspflicht zur Deckung des Aufwandes nach §§ 1 Abs. 2 und 2 Abs. 1 Satz 1 unterliegen alle Grundstücke, die an die betriebsfertige öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung des ZvWis tatsächlich angeschlossen sind bzw. angeschlossen werden können und
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a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen oder
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b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsanschauung Bauland sind und sie nach der geordneten baulichen Entwicklung der Verbandsmitgliedsgemeinde zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen oder
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c) wenn sie bebaut sind.
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(2) Wird ein Grundstück an die öffentliche Einrichtung der Schmutzwasserbeseitigung des ZvWis tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllt sind.
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(3) […]
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Das Gericht vermag die rechtliche Relevanz dieses Vortrags nicht zu erkennen. Es hat bereits im Urteil vom 10. Oktober 2011 (juris Rn. 94) entschieden, dass die genannten Bestimmungen nicht nichtig sind, weil unklar sein könnte, wie diese Vorschrift sich zu den Absätze 1 und 2 in § 3 BSSW 2010 verhalte. § 3 Abs. 2 BSSW 2010 stelle eine Auffangvorschrift für den Fall dar, dass das Grundstück eines Eigentümers tatsächlich angeschlossen ist, obgleich die Vorgaben des § 3 Abs. 1 BSSW 2010 nicht erfüllt seien. Lediglich in diesem Fall sei ein Beitrag zwingend zu erheben. Dies ist auch vorteilsgerecht, weil das angeschlossene Grundstück von den Vorteilen der Schmutzwasseranlage des Zweckverbandes profitiert. Auch das OVG M-V hat eine solche Regelung in einer Schmutzwasserbeitragssatzung eines anderen Zweckverbandes nicht beanstandet.
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Vgl. zur Schmutzwasserbeitragssatzung Parchim/Lübz vom 14. Dezember 2006: OVG M-V, Urt. v. 14. September 2010 – 4 K 12/07 und - 4 K 10/4 K 10/07 -, juris Rn. 33 ff. bzw. Umdruck, S. 14 (unter f)).
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c) Entgegen klägerseitiger Auffassung ist die Vollgeschossregelung in § 6 Abs. 5 BSSW 2010 nicht zu beanstanden. Die Vorschrift lautet im Kontext mit Absatz 4:
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(4) Der Nutzungsfaktor eines Grundstückes wird anhand der Zahl der Vollgeschosse eines Gebäudes wie folgt bewertet:
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a) das 1. Vollgeschoss mit dem Nutzungsfaktor 1,0;
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b) jedes weitere Vollgeschoss mit dem Nutzungsfaktor 0,5;
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c) abweichend von den Buchstaben a) und b) wird Gemeinbedarfs- bzw. Grünflächengrundstücken, für die im B-Plan oder im Vorhaben bezogenen B-Plan eine sonstige Nutzung festgesetzt ist und deren Fläche aufgrund ihrer Zweckbestimmung nur zum untergeordneten Teil mit Gebäuden bebaut sind oder bebaut werden dürfen (Friedhöfe, Freibäder, Sportplätze, Parkanlagen) ein Nutzungsfaktor von 0,3, für Campingplätze ein Nutzungsfaktor von 0,5 zugeordnet.
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(5) Als Zahl der Vollgeschosse nach Abs. 4 gelten:
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a) soweit ein B-Plan oder ein Vorhaben bezogener B-Plan besteht, die im B-Plan oder im Vorhaben bezogenen B-Plan festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse;
- 71
b) soweit in einem B-Plan oder Vorhaben bezogenen B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht, sondern nur die höchstzulässige Höhe der baulichen Anlagen bestimmt ist, die durch 2,6 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe, wobei nach kaufmännischen Regeln Beitragssatzung Schmutzwasser auf ganze Zahlen auf- oder abgerundet wird. Soweit in einem B-Plan oder Vorhaben bezogenen B-Plan weder die Zahl der Vollgeschosse noch die höchstzulässige Gebäudehöhe, sondern nur eine Baumassenzahl bestimmt ist, die durch 2,6 geteilte höchstzulässige Baumassenzahl, wobei nach kaufmännischen Regeln auf ganze Zahlen auf- oder abgerundet wird. Ist in einem B-Plan oder Vorhaben bezogenen B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht, jedoch sowohl die höchstzulässige Gebäudehöhe als auch die höchstzulässige Baumassenzahl bestimmt, ist die höchstzulässige Gebäudehöhe maßgeblich;
- 72
c) soweit kein B-Plan oder Vorhaben bezogener B-Plan besteht oder in einem solchen Plan weder die Zahl der Vollgeschosse, noch der höchstzulässigen Gebäudehöhe, noch die höchstzulässige Baumassenzahl angegeben sind
- 73
- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,
- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse,
- 74
d) […]
- 75
e) Als Vollgeschosse gelten alle Geschosse, deren Deckenoberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt und die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses oder, wenn kein darunter liegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Zwischenböden und Zwischendecken, die unbegehbare Hohlräume von einem Geschoss abtrennen, bleiben bei der Anwendung von Satz 1 unberücksichtigt […].
- 76
Diese Satzungsbestimmung wird klägerseitig unter Hinweis auf unterschiedliche bauplanungsrechtliche Festsetzungen in Bebauungsplänen im Zweckverbandsgebiet insoweit beanstandet, als bei fehlenden Angaben zur Anzahl der Vollgeschosse in den Bebauungsplänen (I, II usw.) keine anderen Parameter wie First- oder Traufhöhe (FH, TH) genannt werden. Ferner bleibe unklar, was gelte, wenn in einem Bebauungsplan ohne Angabe von Vollgeschossen sowohl First- als auch Traufhöhe bezeichnet würde. Damit werde dem Beklagten ein Ermessen eingeräumt, was unzulässig sei.
- 77
aa) Die genannte Bestimmung ist weder zu unbestimmt noch vorteilswidrig. Fehlt es im Bebauungsplan an einer Festlegung der Vollgeschosse, gilt zunächst § 6 Abs. 5 b) BSSW 2010. Danach ist auf die bauplanungsrechtlich höchstzulässige Höhe der baulichen Anlage abzustellen. Die Anzahl der Vollgeschosse wird durch den Divisor 2,6 mit kaufmännischer Rundung ermittelt. Höchstzulässige Höhe ist jedenfalls die Firsthöhe sowie die klägerseitig genannte (ggf. maximale) Oberkante einer baulichen Anlage (OK [max]). Die festgesetzte Firsthöhe ist eine Gesamthöhe
- 78
- so auch Dürr/Sauthoff, Baurecht Mecklenburg-Vorpommern, 1. Aufl. 2006, Rn. 394 -
- 79
und damit die höchstzulässige Gebäudehöhe im satzungsrechtlichen Sinn. Danach ist es möglich, über die Traufhöhe, also dem Schnittpunkt zwischen Außenwand und Dach (vgl. Dürr/Sauthoff, aaO) hinaus noch einen First zu errichten. Zwar mag es zulässig sein, bis zur Trauf- oder Firsthöhe ein Gebäude mit einem Flachdach zu errichten, sofern weitere bauplanungsrechtliche Vorgaben (etwa hinsichtlich der Dachform) fehlen. Allerdings dürfte auch dann eine Firsthöhe vorhanden sein, weil dieses Dach leicht geneigt sein muss, damit das Regenwasser abfließen kann. Darauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, dass bauplanungsrechtlich die Möglichkeit besteht, bis zur Firsthöhe zu bauen. Unter Berücksichtigung der baulichen Ausnutzbarkeit der konkreten bauplanungsrechtlichen Vorgaben ist von der Firsthöhe als höchstzulässige Höhe auszugehen. Ob sich daraus ein (oder mehrere) Vollgeschoss(e) im Sinne der Satzungsdefinition des § 6 Abs. 5 e) BSSW 2010 ergeben, ist dann eine Frage der Anwendung der Satzung im Einzelfall.
- 80
bb) Sofern sich die Firsthöhe nicht aus dem Bebauungsplan ergibt, greift die Auffangregelung des § 6 Abs. 5 c) BSSW 2010, da sich in diesen Fällen keine höchstmögliche Gebäudehöhe ermitteln lässt. Demnach wäre nach dieser Vorschrift entweder auf bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse oder bei unbebauten Grundstücken die in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend. Ein Auswahlermessen steht dem Beklagten insoweit nicht zu.
- 81
cc) Soweit darauf hingewiesen wird, in einem Bebauungsplan (Nr. 3 der Gemeinde Glasin) sei im Gewerbegebiet eine Gebäudehöhe im Höchstmaß über HN [= Höhennull] mit 101 m genannt, ist klarzustellen, dass es sich bei HN um den in der DDR gebräuchlichen Bezugspunkt für das Höhensystem gehandelt hat (dem sog. Kronstädter Pegel), der – mit späteren Änderungen – im Wesentlichen auf dem mittleren Meeresspiegel des Finnischen Meerbusens abstellte.
- 82
Näher: Kronstädter Pegel, in: www.wikipedia.de
- 83
Demnach ist von den festgesetzten 101 m über HN die jeweilige im Bebauungsplan auch mitgeteilte Geländehöhe abzuziehen. Im konkreten Bebauungsgebiet wären dies ca. 85 m, so dass Gebäude von maximal 16 m Höhe errichtet werden dürften. Dies ergäbe sechs Vollgeschosse.
- 84
cc) Der Bebauungsplan Nr. 5 der Gemeinde Glasin enthält die Festsetzung maximale Oberkante (OK max) für Windkrafträder (WEA) 100 m. Dies ist für die beitragsrechtliche Bestimmung der Vollgeschosse unerheblich. Nach § 6 Abs. 4 BSSW 2010 sind für die Berechnung des Beitrags nur die Vollgeschosse von Gebäuden maßgebend. Dies hat auch nach Inhalt, Regelungszusammenhang und Zweck der Satzungsbestimmung für die nachfolgenden Vorschriften zu gelten, selbst wenn dort von „baulichen Anlagen“ die Rede ist. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Satz 1 LBauO M-V sind Gebäude u. a. geeignet oder bestimmt, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Windkrafträder sind demnach zwar bauliche Anlagen, aber ersichtlich keine Gebäude.
- 85
d) Die Kalkulation des in § 7 Abs. 1 SWBS festgesetzten Beitragssatz in Höhe von 3,10 € je Quadratmeter anrechenbarer Nutzfläche begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
- 86
aa) Das Gericht ist bei der Prüfung der Gültigkeit einer angegriffenen Satzung einerseits nicht auf die von Klägerseite geltend gemachten Mängel beschränkt. Sind objektiv mehrere Rechtsfehler vorhanden, so ist das Gericht insbesondere nicht verpflichtet, jeden dieser Rechtsfehler zu ermitteln und darauf seine Entscheidung zu stützen. Das gerichtliche Verfahren dient nicht - wie etwa ein behördliches Anzeige- oder Genehmigungsverfahren - einer umfassenden Prüfung der Rechtslage unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.
- 87
Vgl. BVerwG, Beschl. v. 20. Februar 2001 – 4 BN 21.01 -, juris Rn. 12 für das Normenkontrollverfahren.
- 88
Andererseits untersucht das Gericht die Kalkulation nur insoweit auf Rechtsfehler, als solche von den Beteiligten substantiiert geltend gemacht werden. Das Gericht geht diesbezüglich nicht „ungefragt auf Fehlersuche“.
- 89
Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 17. April 2002 – 9 CN 1.01 -, juris LS 2 und 3 und Rn. 43 mwN.
- 90
Bei Beachtung dieser Vorgaben gilt im vorliegenden Fall Folgendes:
- 91
bb) Bereits im zitierten Urteil vom 22. Januar 2010 (juris Rn. 26 ff.) hat das Gericht ausführlich zur Kalkulation der Beitragsatzung Schmutzwasser 2009 Stellung genommen und keine Fehler festgestellt. Darauf wird zunächst hingewiesen. In diesem Zusammenhang sind auch die Flächenermittlungen des Zweckverbandes erörtert und nicht beanstandet worden. Daran ist festzuhalten. Einzelne Flächenermittlungen werden im vorliegenden Fall auch nicht substantiiert angegriffen.
- 92
cc) Klägerseitig wird weiter die Auffassung vertreten, dass mit der (rechtlichen oder faktischen) Einbeziehung von aus DDR-Zeiten übernommenen Altanlagen in die Schmutzwasserbeseitigungsanlage diese Anlagen beitragsrechtlich als hergestellt gelten müsste. Diese Auffassung ist unzutreffend. Die Sanierung alter (zu DDR-Zeiten errichteter) Schmutzwasserkanäle bewirkt beitragsrechtlich keine Verbesserung im beitragsrechtlichen Sinne. Sie ist lediglich ein unselbständiger Kostenfaktor, der in die Beitragskalkulation einfließt und über den Herstellungsbeitrag bzw. über Kanalbenutzungsgebühren abgegolten wird.
- 93
Vgl. OVG M-V, Beschl. v. 21. April 1999 – 1 M 12/99-, juris LS 4 und Rn. 22; Urt. v. 18. Oktober 2005 – 1 L 197/05 -, juris Rn. 17 mwN.
- 94
Nur für Investitionen, die nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erfolgt sind, können Herstellungsbeiträge erhoben werden.
- 95
Vgl. näher Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 9 Erl. 2.5.2.2 mwN aus der Rechtsprechung des OVG M-V.
- 96
Durch die auf neuer Rechtsgrundlage neu geschaffene öffentliche Einrichtung "Schmutzwasserentsorgung" wird allen angeschlossenen bzw. anschließbaren Grundstücken erstmals der gleiche rechtlich dauerhaft abgesicherte Vorteil verschafft. Dies gilt sowohl für "Altanschließer" als auch für neu angeschlossene Grundstücke.
- 97
Vgl. OVG M-V, Beschl. vom 06. Februar 2007 - 1 L 295/05 -, juris, Rn. 12 mwN; Urt. v. 13. November 2001 - 4 K 16/00 - juris Rn. 58 ff. unter Hinweis auf den Beschluss vom 21. April 1999 - 1 M 12/99 - NordÖR 1999, 302 = juris Rn. 16 ff.
- 98
Diese Rechtsprechung wurde vom Landesgesetzgeber bei der Novellierung des KAG M-V 2005 unter Hinweis auf seine Bindung an den Gleichheitssatz aufgenommen und berücksichtigt (LtDrs 4/1307, S. 48). Nach allem ist auch bei einem bereits vorhandenen Anschluss an die Schmutzwasserbeseitigungsanlage von einer Wertsteigerung des betroffenen Grundstücks auszugehen.
- 99
Da die Alt- und Neuanschließer durch den Anschluss an die Schmutzwasseranlage die gleichen Vorteile genießen, sind entgegen klägerischer Auffassung auch die Kosten der technischen Erneuerung von bereits zu DDR-Zeiten erstellten Schmutzwasseranlagen aus der aktuellen Beitragskalkulation einzubeziehen. In den beiden (nicht veröffentlichten) Urteilen vom 22. Januar 2010 - 8 A 1364/09 und 1366/10 - hat das Gericht diesbezüglich hinsichtlich der Beitragskalkulation ergänzend ausgeführt, dass die
- 100
"nach 1990 durchgeführte (technisch betrachtet) Erneuerung von bereits zu DDR-Zeiten erbauten Anlageteilen beitragsrechtlich gesehen keine Erneuerung [ist], sondern erstmalige Herstellung einer Anlage im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Deshalb bedarf es insoweit auch keiner Beitragssatzung über Erneuerungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Nur wenn diese Anlagenteile danach nochmals erneuert werden, sind die dadurch verursachten Kosten Erneuerungskosten, die beitragsrechtlich nicht als Herstellungsaufwand berücksichtigt werden dürfen."
- 101
Danach durfte der Zweckverband Wismar die gelegentlich im Widerspruch klägerseitig monierte Einstellung von Kosten für die die technische Erneuerung von bereits zu DDR-Zeiten hergestellten Kanalsystemen bei der Beitragskalkulation als Herstellungskosten berücksichtigen.
- 102
Der in der Schmutzwasserbeitragssatzung festgelegte einheitliche Beitragssatz für alt und neu angeschlossene Grundstücke verletzt auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. das Willkürverbot, sondern ist sogar geboten. Dieser Beitragssatz gilt gleichermaßen für die sogenannten Altanschließer, d.h. Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des ersten Kommunalabgabengesetzes (KAG 1991) an die Schmutzwasserentsorgung angeschlossen waren, und für danach (neu) angeschlossene Grundstücke. Dies Ergebnis entspricht sowohl der Rechtsprechung der Kammer als auch derjenigen des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern.
- 103
Vgl. OVG M-V, Urt. v. 6. Februar 2007 – 1 L 295/05 -, juris Rn. 7; Urt. v. 13. Dezember 2011 – 1 L 192/08 – juris LS und Rn. 16 ff. je mwN; VG Schwerin, Urteile v. 21. Mai 2008 - 8 A 2429/05 –, v. 22. Januar 2010 – 8 A 1369/09 – juris Rn. 39 mwN; v. 27. Mai 2011 – 8 A 898/10 -, juris Rn. 65 ff. und vom 10. Oktober 2011 – 8 A 560/10 – juris, Rn. 163 ff.
- 104
dd) Die Klägerseite beanstandet weiter, dass die mit Übernahme von Altanlagen in die Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Zweckverbandes im Rahmen der Gebührenkalkulation vereinnahmten Abschreibungen bei der Beitragskalkulation keine Berücksichtigung finden. Dies sei fehlerhaft, weil der Zweckverband Wismar solche Anlagen kostenfrei übernommen habe und führe dazu, dass Beitragszahler jedenfalls zeitweise diese Anlagen doppelt bezahlten.
- 105
(1) Diese Auffassung ist unzutreffend. Soweit klägerseitig unter Hinweis auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (OVG LSA, Beschl. v. 7. November 2001 – 1 L 152/01 – n. v.) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Nds OVG, Urt. v. 25. September 1980 – 3 C 2/79 juris nur LS = KStZ 1981, 193 ff.) vorgetragen wird, es seien die gebührenrechtlich erwirtschafteten Abschreibungen bei der Bemessung des Beitrages abzuziehen, vermag das Gericht diesem nicht zu folgen. Dabei wird zunächst übersehen, dass abweichend von § 7 Abs. 1 KAG M-V nach § 6 Abs. 1 KAG LSA Beiträge nur erhoben werden dürfen, „soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist“. In diesem Zusammenhang mag in Betracht kommen, erwirtschaftete Abschreibungen beitragsrechtlich zu berücksichtigen. Eine solche Regelung gibt es aber nicht im Kommunalabgabenrecht Mecklenburg-Vorpommerns und stellt auch kein allgemeines kommunalabgabenrechtliches Prinzip dar. Abgesehen davon hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in der genannten Entscheidung einschränkend ausgeführt:
- 106
„[…] Der Vorbehalt in § 6 Abs 1 S 1 KAG LSA, wonach die Erhebung von Beiträgen nur zulässig ist, soweit der Finanzbedarf durch Gebühren nicht gedeckt ist, soll nur verhindern, dass eine Gemeinde Beiträge erhebt, obwohl sie durch das Aufkommen aus einer nach dem Wiederbeschaffungszeitwert kalkulierten Abwassergebühr Rücklagen für die Finanzierung der Investitionskosten gebildet hat. Sofern der Investitionsaufwand in die Gebührenkalkulation nur über die Abschreibungssätze für die voraussichtliche (Rest-) Nutzungsdauer Eingang findet, hat er auf den festgesetzten Beitragssatz keinen Einfluss. […]“
- 107
OVG LSA v. 7. November 2001 – 1 L 152/01 – (n. v.), S. 5. – Hervorhebung durch das Gericht.
- 108
Ähnlich hat das OVG LSA im Beschluss vom 1. Juli 2003 – 1 M 492/02 -, juris LS 2 und Rn 15 dargelegt:
- 109
„Neben der Sache liegt der Einwand der Antragstellerin, es sei nicht erkennbar, dass bei der Beitragsbemessung der durch Gebühren gedeckte Aufwand abgezogen worden sei. Zwar bestimmt § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, dass Beiträge nur erhoben werden dürfen, soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist. Diese Bestimmung soll verhindern, dass die Gemeinde den Aufwand, der in der Vergangenheit bereits ganz oder teilweise durch das Ansammeln von Abschreibungserlösen abgedeckt hat, nunmehr über die Erhebung von Beiträgen nochmals verteilt. Aus dieser Zweckbestimmung ergibt sich zugleich, dass diese Abschreibungserlöse jedenfalls bei der Kalkulation von Herstellungsbeiträgen, um die es im vorliegenden Fall geht, nicht abgezogen werden müssen. Es ist vielmehr sachgerecht, Abschreibungserlöse durch eine Minderung des Beitragsaufwands nur denjenigen zugute kommen zu lassen, die in der Vergangenheit durch die Zahlung der Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtung dazu beigetragen haben, dass das Kapital für die beitragsfähige Maßnahme in Form der Abschreibungserlöse zur Verfügung steht und nicht (gänzlich) über Beiträge beschafft werden muss.[…]“
- 110
Das von Klägerseite weiter angeführte Urteil des Nds. OVG enthält über die Frage der Berechnung der Abschreibung hinaus zu der Anrechnung von kalkulatorischen Abschreibungen bei der Kalkulation von Beiträgen keine Aussage. Die kostenlose Übernahme von Altanlagen lässt die gebührenrechtliche Möglichkeit der Abschreibung demnach unberührt.
- 111
Vgl. auch OVG Thüringen, Beschl. v. 6. April 2005 – 4 ZKO 78/02 -, juris Rn. 3 mwN.
- 112
(2) Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind im Beitragrecht für leitungsgebundene Anlagen in der Kalkulation keine Abschreibungen vorzunehmen. Im hier maßgebenden Anschlussbeitragsrecht ist gemäß § 9 KAG M-V bei der Kalkulation der Aufwand für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebunden Versorgung mit Wasser oder Abwasserentsorgung anzusetzen. Der Aufwand ist nach den Kosten zu ermitteln. Abschreibungen sind dabei nicht vorzunehmen. Dies folgt auch aus Nr. 5.1.1 des Einführungserlasses des Innenministeriums vom 14. Juni 2005 – II 330 – 179-00-06 – (abgedruckt bei Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Anhang 1).
- 113
Abschreibungen von Anlagewerten sind zwar nach § 6 Abs. 2 KAG M-V bei der Ermittlung derGebührensätze u. a. nach Maßgabe des dortigen Absatz 2a zu berücksichtigen. Danach sind kalkulatorische Abschreibungen auf die um Beiträge und Zuschüsse Dritter reduzierte Anlagenwerte (Anschaffungs- und Herstellungskosten) vorzunehmen Unzutreffend ist insoweit die klägerische Annahme, die über die Gebühren realisierten Abschreibungen für kostenlos übernommene Anlagen seien beim Beitragsaufwand abzuziehen. Maßgebend ist allein, dass nach den gesetzlichen Vorgaben der Aufwand in die Kalkulation einzustellen ist. Ob die Berechnung der Abschreibungen fehlerhaft ist, ist ggf. bei der Überprüfung der Gebührenkalkulation in einem Verfahren zum Gebührenrecht zu prüfen.
- 114
(3) Soweit klägerseitig darauf verwiesen wird, dass der Zweckverband Wismar Altanlagen kostenlos übernommen hat und trotzdem Abschreibungen in der Gebührenkalkulation eingestellt hat, weist das Gericht auf Folgendes hin:
- 115
Nach ständiger Rechtsprechung des OVG M-V, dem das Gericht folgt, können Anschaffungs- und Herstellungskosten übernommener Altanlagen nur dann bei der Beitragskalkulation berücksichtigt werden, wenn und soweit für die jeweiligen (konkreten) Anlagen Verbindlichkeiten übernommen worden sind. Da im Übrigen die Altanlagen kostenlos übertragen worden sind, also der Zweckverband keinen Aufwand gehabt hat, dürfen diese Anlagen bei der Beitragskalkulation nicht berücksichtigt werden.
- 116
Vgl. dazu OVG M-V, Urt. v. 15. November 2000 – 4 K 8/99 -, juris Rn. 51; Urt. v. 13. November 2001 – 4 K 16/00 - juris Rn. 51; Beschl. v. 2. Dezember 2003 – 1 M 72/03 -, juris Rn. 9 mwN; Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 9 Erl. 3.5.5 f.
- 117
Das den §§ 7 ff. und § 6 KAG M-V zugrundeliegende Prinzip besagt, dass im Grundsatz die Anschaffungs- und Herstellungskosten zunächst beitragsrechtlich zu finanzieren sind und sodann gebührenrechtlich kalkulatorisch abgeschrieben werden können. Dieses Prinzip wird bei der kostenlosen Übernahme von Altanlagen in der oben genannten Weise ausreichend gewahrt.
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Es ist auch nichts dafür ersichtlich oder substantiiert vorgetragen, dass der Beklagte aus DDR-Zeiten übernommene Altanlagen auch dann mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten in die Beitragskalkulation eingestellt hat, wenn der Zweckverband Wismar dadurch nicht finanziell belastet worden ist.
- 119
ee) Die der Schmutzwasserbeitragssatzung zugrunde liegende Globalkalkulation ist nicht deshalb zu beanstanden, weil zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung das Abwasserbeseitigungskonzept noch nicht beschlossen war. Nach den dem Gericht vorliegenden Kalkulationsunterlagen sind Prognosen in der „Planung der Investitionskosten und Fördermittel (Zuarbeit Fr. Dick)“, der „Kostenschätzung Baumaßnahmen 2008 bis 2014“ sowie einer Auflistung „Kostenschätzung B-Pläne“. Dies genügt als Schätzungsgrundlage. Es ist nichts Substantiiertes dazu vorgetragen worden und es bestehen auch derzeit sonst keine Anhaltspunkte, aus dem sich ergeben könnte, dass die Prognosen des Zweckverbandes und die ihnen zugrunde liegenden Annahmen offensichtlich unzutreffend und die zugrunde liegenden Investitionszahlen oder -vorgaben offensichtlich willkürlich oder sonst falsch sein könnten. Im Übrigen folgt aus der Aufzählung von Altanlagen im Anlagespiegel oder im Vermögensnachweis nicht, dass der Wert dieser Anlagen auch in der Beitragskalkulation berücksichtigt worden ist.
- 120
cc) Die Annahmen in der Kalkulation müssen entgegen klägerischer Auffassung mit den Angaben in den jeweiligen Abwasserbeseitigungskonzepten nicht übereinstimmen. Es ist weder vorgeschrieben noch sonst zwingend, dass die erforderlichen Prognosen nur auf Grund eines förmlichen Abwasserbeseitigungskonzeptes zu erstellen sind. Weder das Kommunalabgabenrecht Mecklenburg-Vorpommerns noch dessen Kommunalrecht oder das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes oder das Wassergesetz des Landes schreiben ein Abwasserbeseitigungskonzept vor, geschweige den enthalten Vorgaben aus einem Abwasserbeseitigungskonzept für die Beitragskalkulation. Das Konzept stellt als Planungsgrundlage eine Bestandsaufnahme und eine unverbindliche grobe Richtlinie dar, wie der Aufgabenträger sich die Planung und Entwicklung seiner Abwasserbeseitigungsanlagen in seinem Gebiet vorstellt. Zwar ist es dem Aufgabenträger nicht verwehrt, aus dem Abwasserbeseitigungskonzept die Beitragskalkulation zu entwickeln. Dies ist aber nicht zwingend. Wenn danach der Zweckverband Wismar die Vorgaben der Kalkulation maßgeblich seinen jährlich verabschiedeten Wirtschaftsplänen entnimmt, ist dies nicht zu beanstanden. Es ist daher grundsätzlich unerheblich, ob die Angaben der verschiedenen Abwasserbeseitigungskonzepte des Zweckverbandes Wismar nach Höhe und Umfang sowie in tatsächlicher und/oder zeitlicher Hinsicht mit den Angaben zu Anschaffungs- und Herstellungskosten in der Beitragskalkulation übereinstimmt.
- 121
ff) Die Kalkulation hinsichtlich der Klärablage Neukloster hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung dahingehend erläutert, dass die Anteile der dezentralen Schmutzwasserbeseitigung und der Regenwasserentsorgung herausgerechnet worden seien. Dies ist klägerseitig nicht weiter beanstandet worden.
- 122
gg) Aus dem Umstand, dass in der Vergangenheit die Beitragskalkulation des Zweckverband Wismar nicht allen gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat, folgt nicht, dass die nunmehr vorliegende Kalkulation fehlerhaft ist. Klägerseitig ist in den Widerspruchsverfahren gelegentlich vorgetragen worden, dass der Beitragssatz über Jahre stabil geblieben sei, was wegen der sich ändernden wirtschaftlichen Grundannahmen nicht möglich sei. Sofern damit der in der Satzung in § 7 Abs. 1 BSSW 2010festgesetzte Beitragssatz von 3,10 €/m² gemeint sein sollte, ist darauf hinzuweisen, dass es dem Zweckverband unbenommen ist, einen Beitragssatz unterhalb des kalkulierten Höchstbeitragssatz (derzeit - nach der Erklärung gemäß § 2 Abs. 3 KAG M-V in der heutigen mündlichen Verhandlung -: 4,29 €/m²) festzusetzen. Sollte mit dem Vortrag der kalkulierte höchstmögliche Beitragssatz gemeint sein, stimmt nach den Erkenntnissen des Gerichts bereits die Annahme nicht, dass der Beitragssatz stabil gewesen ist. Nach dem Kalkulationsgutachten (einer Rechnungsperiodenkalkulation) der Fa. WIBERA vom 9. März 2001 sollte der kalkulierte Schmutzwasserbeitragssatz 6,58 DM/m² betragen, also 3,36 €/m². Im WIBERA-Gutachten (einer Globalkalkulation) vom 1. Dezember 2005 war ein Beitragssatz von 4,48 € ermittelt worden. Nach der bisher maßgebenden Kalkulation 2009 lag der höchstmögliche Beitragssatz bei 4,43 €. Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts nicht herleiten, dass die heute maßgebende Kalkulation unzutreffend ist. Auch die Fehler in der Beitragssatzung 2009 sind nicht so gravierend gewesen, dass die Kalkulation grundlegend neu erarbeitet werden musste. Maßgebende Parameter mussten deshalb nicht neu definiert werden, so dass der kalkulierte Beitragssatz plausibel erscheint.
- 123
hh) Die Kalkulation ist nicht deshalb fehlerhaft, weil in früheren Beitragsatzungen die Hausanschlusskosten nicht im Beitrag enthalten gewesen seien. Die Kalkulation hat nach Maßgabe der jetzigen Satzungslage zu erfolgen und die Kosten des ersten Hausanschlusses zu berücksichtigen. Sollten im Einzelfall zu einem früheren Zeitpunkt Hausanschlusskosten nach damaliger Satzungslage für einen ersten Hausanschluss gezahlt worden sein, wäre dies bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen.
- 124
ii) Die Kalkulation ist auch noch hinreichend aktuell, obgleich für die im März 2010 beschlossene Satzung in die Kalkulation nach dem 31. Dezember 2007 nur noch prognostische Werte eingestellt worden sind. Zur Aktualität hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern ausgeführt, dass mit Blick auf § 6 Abs. 2d KAG M-V eine Kalkulation grundsätzlich dann noch hinreichend aktuell ist, wenn sie nicht älter als fünf Jahre ist.
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Vgl. OVG M-V; Urt. v. 15. November 2000 – 4 K 8/99 -, juris Rn. 47; Urt. v. 14. September 2010 – 4 K 12/07-, juris Rn. 31 mwN.
- 126
Dieser Zeitrahmen ist im vorliegenden Fall auch deshalb gewahrt, weil für die tatsächlichen Kosten prüffähige und/oder geprüfte Rechnungen vorliegen müssen und ggf. diese Kosten noch von einem unabhängigen Prüfer zu prüfen sind. Eine Anpassung der einstellungsfähigen Kosten bzw. eine Überprüfung der Kalkulation ist zudem vor Ablauf von fünf Jahren nur erforderlich, wenn die Kosten ersichtlich von den prognostizierten Kosten abweichen. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte, zumal flächenseitig vor der Beschlussfassung Ergänzungen vorgenommen worden sind. Abweichungen des kalkulierten Beitragssatzes dürften wegen des erheblich geringer festgesetzten Beitragssatzes auch keine unmittelbaren Auswirkungen haben.
- 127
4. Die Erhebung von Beiträgen ist nicht nach § 242 Abs. 9 BauGB (früher: § 246a Abs. 1 Nr. 11 BauGB a.F.) unzulässig, weil die Schmutzwasseranlage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Einigungsvertrages bereits hergestellt gewesen ist. Denn bei einer solchen Anlage handelt es sich um keine Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB. In § 127 Abs. 4 BauGB wird bezüglich (u. a.) leitungsgebundener Anlagen ausdrücklich darauf verwiesen, dass das Recht zur Erhebung von Beiträgen für diese Anlagen unberührt bleibt, sofern andere Gesetze - wie insbesondere die Kommunalabgabengesetze der Länder - dies vorsehen.
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Dazu Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 127 Rn. 50; Kniest, in: Ferner/Kröniger/Aschke, BauGB, 2. Aufl. 2008, § 127 Rn. 27.
- 129
Im Umkehrschluss folgt daraus, dass der Bundesgesetzgeber in den Fällen von bereits zu "DDR-Zeiten" fertig gestellten öffentlich-rechtlichen leitungsgebundenen Anlagen gerade keine zeitliche Sperre für eine Beitragserhebung vorschreiben wollte.
- 130
So jetzt auch OVG M-V, Urt. v. 13. Dezember 2011 – 1 L 192/08 – juris Rn. 23 mwN.
- 131
5. Der Beitragsanspruch des Zweckverbandes Wismar ist auch gemäß § 12 KAG 1993 bzw. § 12 Abs. 2 KAG M-V in Verbindung mit §§ 47,169 ff. AO nicht endgültig verjährt. Danach galt bzw. gilt eine Festsetzungsfrist von vier Jahren. Die Verjährung hängt nicht allein davon ab, dass ein bestimmter Zeitraum verstrichen ist. Maßgebend ist zunächst, dass die Frist auch angelaufen ist. Das ist hier nicht der Fall:
- 132
a) Die Festsetzungsverjährungsfrist beginnt nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres, indem die Abgabe (abstrakt) entstanden ist. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993 war dies der Zeitpunkt der Anschlussmöglichkeit des Grundstücks an die Anlage, frühestens mit Inkrafttreten der ersten Beitragssatzung. Dabei ist zunächst klarzustellen, dass ein einmal verjährter Beitragsanspruch durch eine gesetzliche Neuregelung oder eine neue Beitragssatzung aus rechtsstaatlichen Gründen nicht wieder aufleben könnte (vgl. nur Steiner, LKV 2009, 254 [255 f. mwN]).
- 133
Im Falle der Schmutzwasserbeiträge des Zweckverbandes Wismar sind bisher keine Beitragsansprüche verjährt, weil die maßgebenden Festsetzungsfristen überhaupt noch nicht angelaufen sind.
- 134
Die Frist beginnt nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, welcher der Kammer folgt, erst mit Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung,
- 135
- vgl. nur OVG M-V, Beschluss vom 06. Februar 2007 - 1 L 295/05 – juris, Rn. 21 ff.; Beschl. v. 27. Januar 2006 - 1 M 60/06 - juris Rn. 8, weitere Nachweise bei Aussprung, NordÖR 2005, 240 (246 Fn. 43) -
- 136
nicht hingegen mit der Veröffentlichung einer (Vorgänger-)Satzung mit formellem Geltungsanspruch. Dies entspricht nunmehr auch dem Wortlaut des § 9 Abs. 3 KAG M-V 2005.
- 137
Vgl. dazu auch LtDrs 4/1307 S. 48 unter Hinweis auf die dazu ergangene Rechtsprechung des OVG M-V.
- 138
Das Gericht hat dies u. a. in seinen Urteilen vom 10. Oktober 2011 ausführlich begründet. Hierauf ist im Einzelnen zu verweisen.
- 139
Vgl. näher etwa VG Schwerin, Urt. v. 10. Oktober 2011 – 8 A 340/10 – juris Rn. 177 ff. mwN.
- 140
b) Der Beitragsanspruch konnte im vorliegenden Fall schon deshalb nicht endgültig verjähren, weil die Festsetzungsfrist mangels wirksamer Beitragssatzung nicht anlaufen konnte. Die bisherigen Beitragssatzungen des Zweckverbandes Wismar waren sämtlich rechtsunwirksam:
- 141
aa) Die Beitrags- und Gebührenssatzung des Zweckverbandes Wismar vom 1. März 1992 war nichtig, weil sie nicht im eigenen Amtsblatt des Zweckverbandes oder einer von der Verbandssatzung bestimmten Zeitung veröffentlicht worden ist, sondern im Wismarer Kreisanzeiger mit Amtsblatt für den Landkreis Wismar. Dabei handelte es sich um das amtliche Veröffentlichungsorgan (nur) für den Landkreis Wismar, in dem Satzungen anderer Träger nicht rechtswirksam veröffentlicht werden konnten. Denn nach § 5 Abs. 3 KV DDR waren Satzungen zu veröffentlichen. Wenn es dort auch an näheren Bestimmungen zur Veröffentlichung fehlt, war es dennoch ausgeschlossen in einem Amtsblatt eines fremden Hoheitsträgers Satzungen zu veröffentlichen. Es musste sich aber - nach Maßgabe der Hauptsatzung - um das eigene amtliche Veröffentlichungsorgan oder jedenfalls um eine Tages- oder Wochenzeitung handeln (vgl. auch Bretzinger/Büchner-Uhder, Kommunalverfassung, 1. Aufl. 1991, § 5 Rn. 8). Das Gericht ist der Auffassung, dass eine Veröffentlichung im Amtsblatt eines anderen Rechtsträgers nur möglich ist, wenn dies gesetzlich ausdrücklich zugelassen ist. Eine solche Bestimmung hat es zu damaliger Zeit – soweit ersichtlich – nicht gegeben. Jedenfalls hätte in dem Veröffentlichungsorgan deutlich darauf hingewiesen werden müssen, dass in ihm auch Satzungen des Zweckverbandes veröffentlicht werden, damit der rechtsuchende Bürger in zumutbarer Weise erkennt, dass im Amtsblatt des Kreises auch Satzungen des Zweckverbandes enthalten sein können. Daran fehlt es aber im vorliegenden Fall.
- 142
In materieller Hinsicht war die Satzung schon deshalb nichtig, weil sie entgegen § 8 Abs. 1 KAG 1991 bei der Bestimmung des Baukostenbeitrages in Teil II Nr. 1.1 nicht auf die individuellen Vorteile des jeweils bevorteilten Grundstücks abstellte, sondern als Zuschlag zu der Abwassergebühr pauschal ein jährlich neu festzusetzender Baukostenbeitrag erhoben werden sollte. Zudem sollte der Baukostenbeitrag von allen „Grundstücksbesitzern“ erhoben werden, also auch von Mietern oder Pächtern. Dies war mit § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG 1991 nicht zu vereinbaren, da Beiträge nur von Eigentümern und Erbbauberechtigten erhoben werden durften.
- 143
bb) Die Beitrags- und Gebührensatzung vom 1. Juli 1993 ist nach den obigen Vorgaben ebenfalls nichtig, weil sie im Wismarer Kreisanzeiger veröffentlicht worden ist. Der Baukostenbeitrag stellte nicht auf die Vorteile des Anschlusses des Grundstücks ab.
- 144
cc) Auch die Beitrags- und Gebührensatzung in der Fassung vom 22. Dezember 1993 wurde am 21. Januar 1994 im Wismarer Kreisanzeiger veröffentlicht und ist schon deshalb nichtig. Zudem begegnet sie in materieller Hinsicht durchgreifenden Bedenken, weil der in Nr. 1.3 bestimmte pauschale Anschlussbeitrag von 750,-- DM je Entsorgungseinheit unabhängig von der Größe und Art des Grundstück festgelegt wurde, also gleichfalls nicht auf die Vorteile für das jeweilige angeschlossene Grundstück abstellte.
- 145
dd) Auch die am 1. Januar 1996 erlassene Satzung des Zweckverbandes Wismar vom 22. Dezember 1995 war in materieller Hinsicht nichtig. Zum einen wies diese Satzung Fehler insoweit auf, als beim Beitragsmaßstab die Außenbereichsflächen mit der Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 vorteilswidrig zu hoch angesetzt und keine Abgeltungsfläche festgelegt war. Dies wäre aber wegen der Einmaligkeit der Beitragsveranlagung notwendig gewesen. Zum anderen lag der Verbandsversammlung seinerzeit keine ordnungsgemäße Kalkulation vor. Ihr hat nur eine Tabelle mit den maßgebenden Daten vorgelegen, nicht aber notwendige weitere Unterlagen. Zudem waren für Teilmaßnahmen Teilbeiträge ermittelt und danach addiert worden, obgleich die Satzung keine Kostenspaltung vorsah.
- 146
Dazu VG Schwerin, Urt. v. 28. Juni 2001 - 4 A 2239/98 - sowie im Beschl. v. 19. Oktober 1999 - 4 B 889/98 - zur Kalkulation.
- 147
Das Verdikt der Unwirksamkeit würde diese Satzung selbst dann treffen, wenn diese während ihrer formellen Gültigkeitsdauer unbeanstandet angewandt worden sein sollte und es auch keine entsprechenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts oder Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in einzelnen Verfahren oder im Normenkontrollverfahren gegeben haben sollte. Die Nichtigkeit der früheren Satzungen muss nicht durch Normenkontrollentscheidung gemäß § 47 VwGO in Verbindung mit § 13 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsstrukturgesetz durch das OVG M-V festgestellt werden, um daraus Konsequenzen für die Verjährung im vorliegenden Verfahren herleiten zu können. Das Gericht hat bereits in den genannten Urteilen vom 22. Januar 2010 (u. a. juris Rn. 46) im Einzelnen dargelegt, dass die Nichtigkeit früherer Satzungen nicht allein durch eine Normenkontrollentscheidung durch das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern festgestellt werden muss, um daraus Konsequenzen für die Verjährung im Einzelfall herleiten zu können. Bei Satzungen ist zwar die formelle Verwerfungskompetenz der Gerichte mit allgemeiner Verbindlichkeit auf das abstrakte Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO beschränkt.
- 148
Zu den Folgerungen daraus siehe Kopp/Schenke, VwGO, § 47 Rn. 141 ff.; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 364 ff.
- 149
Den Verwaltungsgerichten fehlt diese Kompetenz. Sie haben aber nach Art. 20 Abs. 3 GG mit Blick auf das zwingende Satzungserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bei Überprüfung einzelner Abgabenbescheide die ihnen zugrunde liegenden Satzungen auf ihre Wirksamkeit (inzidenter) zu überprüfen, soweit hierzu Anlass besteht. Eine gültige Satzung ist Entstehungsvoraussetzung der Abgabe.
- 150
Vgl. dazu Quaas, Kommunales Abgabenrecht, Rn. 22 mwN; Meyer, Kommunalrecht, 2. Aufl. 2002 Rn. 180a; Glaser, in: Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl. 2005, § 5 Rn. 4 aE.
- 151
Weist die Satzung bei dieser Prüfung Fehler auf, die sie unanwendbar machen, ist der angefochtene Bescheid in jedem Einzelfall mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und aufzuheben, wenn die Satzung auch nicht formell vom Gericht aufgehoben werden und deren Nichtigkeit ausdrücklich (und mit Allgemeinverbindlichkeit) festgestellt werden kann. Für den jeweiligen Einzelfall wird die fehlerhafte Satzung aber so behandelt, als wäre sie nichtig.
- 152
Vgl. Sensburg/Maslaton, Abgabenrecht in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, 2007, S. 25; weitergehend Hill, Soll das kommunale Satzungsrecht gegenüber staatlicher und gerichtlicher Kontrolle gestärkt werden? 1990, D 109 (Nichtigkeitserklärung durch jedes Gericht im Einzelfall.).
- 153
Zwar könnte der kommunale Aufgabenträger die Satzung weiter anwenden, da Urteile des Verwaltungsgerichts nur inter partes gelten (vgl. § 121 VwGO) und die inzidente Nichtigkeitsfeststellung nicht allgemein verbindlich (Umkehrschluss aus § 47 Abs. 5 VwGO) ist. Er würde dann aber jeweils ein möglicherweise kostenträchtiges Unterliegen in einem nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren riskieren. Auch das Verwaltungsgericht stellt im vorliegenden Fall die Unwirksamkeit der Satzung nur in diesem Einzelfall fest.
- 154
Diese Feststellung der Nichtigkeit kann entgegen klägerischer Ansicht auch erfolgen, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Satzung bereits nicht mehr formell in Kraft ist, es aber - etwa wie hier zur Klärung der Verjährungsfrage – auf die Gültigkeit früherer Satzungen ankommen sollte. Dem Gericht ist kein Rechtssatz bekannt, wonach eine während ihres Anwendungszeitraums gerichtlich unbeanstandet gebliebene Satzung später nicht mehr auf ihre Wirksamkeit überprüft werden darf.
- 155
ee) Im Übrigen sind die bisher behandelten Abgabensatzungen auch deshalb nichtig, weil der Zweckverband Wismar 1991 fehlerhaft gegründet worden ist. Die danach verkündeten Abgabensatzungen konnten somit nicht wirksam beschlossen und veröffentlicht werden. Dabei kann offenbleiben, ob – wie geschehen - das Reichszweckverbandsgesetz (RZVG) vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S. 979) ergänzend zu § 61 KV DDR herangezogen werden konnte.
- 156
Zum Meinungsstand: Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10. Dezember 1998 – LVerfG 1/98 -, Umdruck S. 15 ff.; Saugier, Der fehlerhafte Zweckverband, 2001, S. 58 ff. mwN. – Zum Verfahren bei der Gründung eines Zweckverbandes vor Inkrafttreten der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern siehe auch VG B-Stadt, Urt. v. 19. Februar 1997 – 4 A 1092/95 – (n. v.), Umdruck S. 6 ff.; Beschl. v. 29. August 1997 – 4 B 431/96 -, Umdruck, S. 8 ff. (letzterer Entscheidung betr. den Zweckverband Wismar).
- 157
Selbst wenn die Anwendbarkeit des Reichszweckverbandsgesetzes zu bejahen wäre, würde es bei der Gründung des Zweckverbandes Wismar an dem nach § 11 Abs. 1 RZVG erforderlichen Beschluss der zuständigen Aufsichtsbehörde (Landrat des Landkreises Wismar) fehlen. Dieser Beschluss hätte auch gemäß § 11 Abs. 2 RZVG im amtlichen Bekanntmachungsblatt des Landrates nebst der Verbandssatzung veröffentlicht werden müssen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
- 158
So bereits ausführlich VG Schwerin, Beschl. v. 29. August 1997 – 4 B 431/96 – Umdruck, S. 11 ff.
- 159
Demzufolge hätte der Zweckverband seine Satzungen nach seiner bestätigenden Neugründung im Jahr 1998 und Neukonstituierung seiner Organe erneut beschließen und veröffentlichen müssen, um ihnen Wirksamkeit zu verleihen. Da dies nicht geschehen ist, waren und blieben die genannten Satzungen nichtig.
- 160
ff) Auch die Satzung von 18. Oktober 2000 verstieß gegen höherrangiges Recht und war nichtig. Dem Beitragssatz lag keine ordnungsgemäße Kalkulation zu Grunde. Die Vollgeschossfaktoren in Satzung und Kalkulation wichen voneinander ab. Zudem lagen Fehler bei Flächenermittlung vor, da der Vollgeschossfaktor der Satzung nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Schließlich waren die Kläranlagen in die Kalkulation nicht einbezogen worden (vgl. VG B-Stadt, Urt. v. 3. Juni 2004 - 4 A 1623/02). Die Satzung vom 20. Dezember 2005 ist durch Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 27. Juni 2008 - 8 A 1654/08 - aus materiellen, die Satzung betreffenden Gründe für nichtig erklärt worden.
- 161
gg) Auch die (letzte) Beitragssatzung vom 7. Mai 2009 war - wie die Kammer in den oben genannten Urteilen vom 22. Januar 2010 festgestellt hat - wegen Widersprüchlichkeit der Regelungen in § 6 Abs. 4 und 5 f) BSSW 2009 (Bestimmung der Anzahl der Vollgeschosse, wenn diese nicht feststellbar sind) bzw. wegen Unvollständigkeit der Bestimmung zur Festlegung von Vollgeschossen in vor dem 30. April 1994 errichteten Gebäuden in § 6 Abs. 5 e) Satz 3 BSSW 2009 nichtig.
- 162
Zur Frage der Bestimmung der Vollgeschosse bei Altbauten vgl. aber OVG M-V, Urt. v. 14. September 2010 – 4 K 12/07 -, juris Rn. 65.
- 163
hh) Die Festsetzungsverjährungsfrist konnte daher erst mit Bekanntgabe der letzten, jetzt maßgebenden Änderungssatzung (BSSW 2010) zu laufen beginnen. Das war im vorliegende Fall der 1. Januar 2011, da der Beitragsanspruch erst mit Inkrafttreten der Beitragssatzung vom 3. März 2010, also im Jahr 2010 entstanden ist (vgl. § 170 Abs. 1 AO).
- 164
6. Dem jeweiligen Beitragsschuldner steht auch kein Vertrauensschutz in die Rechtswirksamkeit der Vorgängersatzungen zur Seite. Das Ergebnis, wonach im Beitragsrecht eine spätere rechtswirksame Satzung den Zeitraum einer früheren nichtigen Satzung erfasst, steht mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG im Einklang. Insbesondere ist das Vertrauen des Beitragszahlers in die Rechtswirksamkeit der Vorgängersatzungen nicht in der Weise geschützt, dass er Anspruch hätte, auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Anschließbarkeit des Grundstücks maßgebenden Verhältnissen nach der damals formell gültigen Satzung veranlagt zu werden. Der Bürger kann sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich eine Rechtsnorm im Nachhinein als ungültig erweist und durch eine neue rechtlich nicht zu beanstandende Bestimmung ersetzt wird.
- 165
Vgl. grundlegend BVerfG, Urt. v. 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261 ff., zit. nach juris Rn. 48 ff., 54 m. w. N.
- 166
Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht im Übrigen nicht so weit, den Bürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Schutzwürdig ist zudem nur das getätigte Vertrauen, also eine "Vertrauensinvestition", die zu Erlangung einer Rechtsposition geführt hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 2. Mai 1987 - 1 BvR 724/81 - u. a. juris Rn. 82 m. w. N.). Eine solche Rechtsposition erwächst nicht aus dem Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit einer Beitragssatzung.
- 167
7. Der Beitragsanspruch ist auch nicht verwirkt. Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung).
- 168
Zu den Voraussetzungen der Verwirkung OVG M-V, Beschl. v. 22.9. 2004 - 1 M 166/04 - juris Rn. 24; Gersch, in: Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl. 2006, § 4 Rn. 21; Rüsken, ebenda, § 228 Rn. 13 je mwN. aus der Rechtspr. des Bundesfinanzhofs; vgl. auch OVG M-V, Beschl. v. 18. März 2008 - 1 M 15/08 - S. 6 mwN (n. v.]).
- 169
Zwar ist der Anschlussbeitrag über einen langen Zeitraum nicht geltend gemacht worden. Jedoch durfte der Beitragsschuldner regelmäßig nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte den Beitrag nicht mehr einfordern wird. Es ist nichts ersichtlich, dass der Beklagte gegenüber Beitragsschuldner jemals zu erkennen gegeben hat, er werde den Beitrag nicht mehr geltend machen. Auch nach dem Inhalt früherer Satzungen war der Beklagte gehalten, Beiträge gegenüber Altanschließern geltend zu machen. Die Durchsetzung dieses Rechts mit einem Bescheid erscheint daher nicht als unzumutbarer Nachteil zu Lasten des Beitragsschuldners. Zudem kann eine Verwirkung bei einer laufenden Verjährungsfrist nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden (siehe Rüsken, ebenda, § 228 Rn. 13). Solche sind hier nicht ersichtlich.
- 170
8. Die nach allem rechtsgültige Beitragssatzung hat der Beklagte im vorliegenden Fall zutreffend angewandt. Soweit die Kläger geltend machen, dass ihr Grundstück zum Teil aus Gartenland bestehe, kann dies zu keiner Reduzierung des Beitrags führen. Denn beide Flurstücke sind rechtlich gesehen ein Grundstück, weil beide Flurstücke im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer Nummer geführt werden. Sie sind daher einheitlich zu veranlagen.
- 171
9. Anzumerken bleibt, dass die Beitragsschuldner auch nicht mit dem Argument durchdringen, der Beklagte habe zeitnah mit dem tatsächlichen Anschluss des Grundstücks und seiner Satzung aus dem Jahre 1992 neben den Hausanschlussbeitrag sogleich auch den Anschlussbeitrag erheben müssen, so dass sie in den "Genuss" eines früheren niedrigen Beitrags von 2.000,-- DM oder 3.000,-- DM gekommen wären. Zum einen geben die Verjährungsvorschriften dem Beklagten vor, innerhalb welcher Zeiträume er Beitragsbescheide erlassen muss. Er ist weder nach Satzungsrecht noch nach sonstigen Vorschriften verpflichtet, zeitnah nach Herstellung der Anschlussfähigkeit des Grundstücks Beitragsbescheide zu erlassen. Zum anderen ist es dem Beklagten unbenommen, soweit er aufgrund früherer, nichtiger Satzungen (zu niedrige) Beiträge durch (bestandskräftige) Beitragsbescheide erhoben hat, im Rahmen pflichtmäßigen Ermessens unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten zu prüfen, ob er die diesbezüglichen abgeschlossenen Verwaltungsverfahren nach § 12 Abs. 1 KAG M-V in Verbindung mit §§ 130, 131 AO wieder aufgreift (oder gar aufgreifen muss) und unter Beachtung neuer Satzungsbestimmungen und der erbrachten Beiträge neu entscheidet. Die Einmaligkeit der Beitragserhebung dürfte ihn nicht daran hindern, weil es noch immer um die erstmalige Beitragserhebung geht (vgl. jetzt auch OVG M-V, Urt. v. 15. Dezember 2009 - 1 L 323/06 – juris Rn. 52 ff. mwN).“
- 172
An diesen Ausführungen hält das Gericht auch im vorliegenden Verfahren fest.
- 173
Die Kläger haben als Unterlegene die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
- 174
Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
- 175
Das Gericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VerGO zugelassen. Die von den Klägern angesprochene Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 3 KAG M-V ist bislang – soweit ersichtlich – noch nicht vom Oberverwaltungsgericht M-V im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (1 BvR 2457/08) bewertet worden.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist
- 1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder - 2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.
(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.
(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.
(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.
(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.
(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn
- 1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder - 2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.
(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).
(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.
(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.
(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.
Anlässlich der Neubekanntmachung eines Flächennutzungsplans nach § 6 Absatz 6 sollen die in § 5 Absatz 4a bezeichneten Gebiete nach Maßgabe dieser Bestimmung nachrichtlich übernommen und vermerkt werden.
(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.
(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind
- 1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze; - 2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege); - 3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind; - 4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind; - 5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.
(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).
(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.
(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn
- 1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt, - 2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.
(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.
(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2
- 1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat, - 2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat, - 3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.
(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die
- 1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und - 2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,
- 1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und - 2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn
- 1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt, - 2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.
(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.
(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2
- 1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat, - 2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat, - 3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.
(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die
- 1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und - 2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn
- 1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist, - 2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist, - 3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, - 4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.
(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist, - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat, - 3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.
(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.