Verwaltungsgericht Münster Urteil, 17. Aug. 2016 - 1 K 81/14
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde.
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Dezember 2013 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung gegen das Urteil wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Untersagung der Tötung männlicher, nicht zur Schlachtung geeigneter Eintagsküken im Betrieb der Klägerin.
3Die Klägerin betreibt seit den sechziger Jahren in T. u. a. eine Brüterei. Im Zusammenhang mit der Geflügelzucht werden im Betrieb der Klägerin circa 2 Millionen Küken, davon 50 Prozent Hennen und 50 Prozent Hahnenküken ausgebrütet. Die Bruteier stammen von Hennen aus Zuchtlinien, die auf hohe Legeleistung ausgerichtet sind. Die männlichen Tiere dieser Zuchtlinien sind für die Fleischerzeugung deutlich weniger geeignet als diejenigen aus hierfür spezialisierten Mastlinien. Der Ablauf des Betriebs der Brüterei der Klägerin ist daher, ebenso wie der Ablauf in vergleichbaren Betrieben in Deutschland, Europa und weltweit so organisiert, dass die männlichen Küken nach dem Schlüpfen als sogenannte Eintagsküken getötet werden. In Deutschland betraf das im Jahr 2012 etwa 45 Millionen männliche Küken, wovon auf die 12 Brütereien in Nordrhein-Westfalen etwa 5,4 Prozent entfielen.
4Im Juni 2013 stellte die Staatsanwaltschaft Münster ein wegen der Tötung männlicher Eintagsküken geführtes Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der L. -H. der Klägerin gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, weil aufgrund der jahrelangen Duldung der Tötung durch die Verwaltungsbehörden von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum des Beschuldigten auszugehen sei. Der Beschuldigte wurde jedoch mit Schreiben vom 10. Juli 2013 unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das fragliche Verhalten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft den Straftatbestand des § 17 TierSchG erfülle und das Verfahren nur deswegen eingestellt wurde, weil er dieses aufgrund der Duldung durch die Verwaltungsbehörde nicht habe erkennen können.
5Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung forderte das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) mit Erlass vom 26. September 2013 auf, die Kreisordnungsbehörden des Landes anzuweisen, die übliche Praxis des Tötens männlicher Eintagsküken zu untersagen. Hierzu erstellten das MKULNV und das LANUV in der Folgezeit eine Musterverfügung.
6Der Beklagte gab der Klägerin unter dem 14. Oktober 2013 Gelegenheit, zur beabsichtigten Untersagung der Tötung der männlichen Küken Stellung zu nehmen.
7Mit Ordnungsverfügung vom 19. Dezember 2013 untersagte der Beklagte der Klägerin ab dem 1. Januar 2015 die Tötung männlicher, nicht zur Schlachtung geeigneter Küken (Ziffer 1.). Von diesem Verbot nahm er die Tötung männlicher Küken aus (Ziffer 2.), die nicht schlupffähig sind (a), die aufgrund einer Erkrankung nicht ohne erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben können (b) oder bei denen zum Zeitpunkt der Tötung nachweislich feststeht, dass die Tierkörper an solche Tiere verfüttert werden, deren artgerechte Ernährung die Fütterung ganzer Tierkörper in dieser Größe zwingend erfordert (c). Der Beklagte drohte der Klägerin für den Fall, dass sie die in Nummer 1 getroffene Anordnung nicht befolgen sollte, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro an. Er begründete seine auf § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG gestützte Untersagung mit einem Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG, wonach niemand ohne vernünftigen Grund einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen dürfe. Rein ökonomische Gründe, wie sie der Tötung männlicher Eintagsküken zugrunde lägen, genügten als vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes nicht. Der Hauptzweck der Tötung sei die Vernichtung als ökonomisch unrentabel angesehenen Lebens, das aufgrund der einseitigen Ausrichtung des Betriebes auf die Produktion von Legehennen/-küken und der damit verbundenen verminderten Fleischansatzleistung nicht für Mastzwecke geeignet sei. Die seit Jahrzehnten praktizierte Tötung von ökonomisch nicht verwertbaren Eintagsküken sei vor dem Hintergrund des gewandelten öffentlichen Bewusstseins für Tierschutzangelegenheiten nicht mehr zu rechtfertigen. Die Untersagung sei geeignet, erforderlich und im Hinblick auf den grundgesetzlichen Schutzauftrag in Art. 20a GG angemessen. Dem wirtschaftlichen Betrieb der Klägerin werde die Existenzgrundlage nicht entzogen. Im Hinblick auf den betrieblichen Umstellungsbedarf werde die Tötung männlicher Küken erst ab dem 1. Januar 2015 untersagt.
8Am 6. November 2015 erhob die Staatsanwaltschaft Münster (Az.: 540 Js 290/15) Anklage gegen den Geschäftsführer der L. -H. der Klägerin wegen Verstoßes gegen § 17 Nr. 1 TierSchG. Ihm wurde die Tötung der männlichen Küken im Betrieb der Klägerin vorgeworfen.
9Mit Beschluss vom 7. März 2016 - 2 KLs-540 Js 290/15-7/15 lehnte das Landgericht Münster den Antrag der Staatsanwaltschaft Münster auf Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Geschäftsführer der L. -H. der Klägerin wegen einer Straftat nach § 17 Nr. 1 TierSchG, verübt durch das Töten männlicher Eintagsküken, aus rechtlichen Gründen ab. Zur Begründung stützte es sich im Wesentlichen darauf, dass eine Auslegung des § 17 TierSchG, die das Verhalten des Angeschuldigten unter Strafe stelle, gegen Art. 103 GG verstoße. Wenn der Gesetzgeber meine, dass das zunächst für nicht strafbar befundene und jahrzehntelang geduldete Verhalten des Angeschuldigten nun strafbar sein solle, müsse er dies gesetzgeberisch klarstellen. Die gegen den Beschluss des Landgerichts gerichtete sofortige Beschwerde wurde durch das Oberlandesgericht Hamm (Az.: III – 4 Ws 113/16) als unbegründet verworfen.
10Gegen die Ordnungsverfügung vom 19. Dezember 2013 hat die Klägerin bereits am 14. Januar 2014 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen vor:
11Es fehle bereits an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für den Erlass der Verfügung. Ein Rückgriff auf die tierschutzrechtliche Generalklausel des § 16a Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG sei nicht zulässig. Angesichts der seit Jahrzehnten praktizierten und nicht beanstandeten Tötung von Eintagsküken sei ausgehend von den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine spezialgesetzliche Grundlage für deren Verbot zu fordern und ein Rückgriff auf die tierschutzrechtliche Generalklausel unzulässig. Es handele sich bei dem Verbot der Tötung männlicher Eintagsküken nämlich um eine politische Richtungsentscheidung großer Tragweite für die Lebensmittelproduktion, die vom europäischen und deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber zu treffen sei. Durch die Instrumente des Straf- und Ordnungsrechts wolle das Ministerium die Brütereien hingegen zwingen, durch Musterprozesse den politischen Kampf des Verbraucherministeriums gegen die Fortsetzung der bislang unbeanstandeten Produktion von Legehennen zu befördern.
12Die Ordnungsverfügung sei auch nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Weder seien die in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung enthaltenen Begriffe „Küken“ und „nicht zur Schlachtung geeignet“ noch die in Ziffer 2 c vorgesehene Einschränkung des Verbots aus Ziffer 1 hinreichend bestimmt. Eine eindeutige Begriffsbestimmung sei nicht vorgenommen worden.
13Insbesondere aber verstoße die Tötung männlicher Eintagsküken nicht gegen § 1 Satz 2 TierSchG, weil dafür ein vernünftiger Grund vorliege. Zur Feststellung eines solchen Grundes sei eine Interessenabwägung geboten. Dabei seien auch rein wirtschaftliche Gesichtspunkte beachtlich. Die Küken würden bei der Erzeugung von Hennenküken zur Eierproduktion unvermeidbar mit ausgebrütet. Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei befänden sich noch im Forschungsstadium und seien noch nicht praxistauglich. Für die Mast seien die männlichen Küken ungeeignet. Es gebe bei Geflügelmästern keine Nachfrage nach ihnen und keine Absatzmöglichkeiten für sie. Versuche, sie an Mastbetriebe abzugeben, seien gescheitert. Die Aufzucht der Küken führe daher zu einem widersinnigen Einsatz finanzieller Mittel und einem ökologisch unvertretbaren Verbrauch von Futter, Energie und Stallflächen sowie zum Entstehen vermeidbarer Emissionen. Im Fall der Aufzucht der Küken zu Mastzwecken würden die Tiere lediglich später und aus einem anderen Grund getötet. Die Zucht eines marktfähigen Zweinutzungshuhns sei noch nicht gelungen. Bislang gebe es für derartige Hühner und für Masthähnchen aus Legelinien nur ganz kleine Marktnischen. Auch für eine Vermarktung als Stubenküken gebe es keine tragfähige Nachfrage. Die Tötung der Küken sei deshalb Teil der nachfragegerechten Produktion von Eiern und sichere im öffentlichen Interesse die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Zudem diene sie der Erzeugung von Tierfutter. Sie sei seit Jahrzehnten bundesweit und international üblich. Den Behörden sei sie seit langem bekannt und werde in anderen Bundesländern sowie dem europäischen Ausland nach wie vor nicht beanstandet. Auch die Bundesregierung gehe von einem vernünftigen Grund für die Tötung der Küken aus. Ferner werde die Tötung der Küken sinngemäß durch Vorschriften der Tierschutz-Schlachtverordnung und der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates zugelassen oder zumindest als zulässig vorausgesetzt. Die Untersagung der Tötung der Küken beeinträchtige die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Brutbetriebe und, würden die Kosten der Aufzucht der Küken über den Verkauf der Eier finanziert, auch der Legehennenbetriebe. Sie führe lediglich zu einer Verlagerung der Bruttätigkeit in Brütereien in anderen Bundesländern oder im Ausland. Dem Tierschutz sei damit nicht gedient. Der Beklagte blende die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die arbeitsteilige Produktion von Hühnern sowie Eiern ebenso aus wie das Verbraucherinteresse an kostengünstigen tierischen Produkten. Er verkenne die Verfügbarkeit der spezialisierten Zuchtlinien innerhalb der internationalen Geflügelproduktion als den Kern des Problems. Sie, die Klägerin, habe auf die Spezialisierung der Zuchtlinien und auf die Nachfrage nach Legehennen und Masthähnchen der jeweiligen spezialisierten Rassen keinen Einfluss. Sie verfüge auch nicht über die finanziellen Mittel und die Ställe für die Aufzucht der männlichen Küken. Für sie sei deren Aufzucht mit unlösbaren Problemen und existenzvernichtenden Mehrkosten verbunden, welche zwangsläufig zur Aufgabe des Brütereibetriebes führen würden.
14Zudem habe der Beklagte sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Er habe auf Weisung gehandelt und die wesentlichen Umstände nicht richtig und vollständig erkannt sowie berücksichtigt. Dabei habe er insbesondere die wirtschaftlichen Folgen der Untersagungsanordnung für sie, die Klägerin, nicht ausreichend aufgeklärt und berücksichtigt. Die ministeriellen Ermessenserwägungen seien ebenfalls fehlerhaft. Die eingeräumte Übergangsfrist sei zu kurz bemessen. Das angedrohte Zwangsgeld sei überhöht.
15Die Klägerin hat einen ursprünglich gestellten Feststellungsantrag zurückgenommen und beantragt schriftsätzlich,
16die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Dezember 2013 aufzuheben.
17Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung trägt er vor: Die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit der Untersagungsanordnung seien gewahrt. Für die Untersagung der Tötung der Küken bedürfe es keiner spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage. § 1 Satz 2 TierSchG stelle eine ausreichende Grundentscheidung des Gesetzgebers zur Tötung von Tieren dar. In der Vergangenheit sei die Tötung der männlichen Küken behördlich lediglich geduldet worden. Das habe keine Legalisierung der Tötung und keine Selbstbindung bewirkt. Für die Tötung gebe es keinen vernünftigen Grund. Die mit ihr verfolgten Interessen wögen weniger schwer als der hierdurch hervorgerufene Schaden an den Tieren. Zwar diene die Tötung dem objektiv legitimen Zweck der Vermeidung der Aufzuchtkosten und sei insofern möglicherweise auch erforderlich. Sie sei jedoch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Als mildere Alternativen zur Tötung der Küken kämen die Geschlechtsbestimmung im Ei mit nachfolgender Verwertung der Eier mit männlicher DNA, die Verwendung von Zweinutzungshühnern, die Mast der Küken zur Verwertung im Rahmen eines Projekts wie etwa der Bruderhahn Initiative oder zur Vermarktung als Stubenküken und die längere Nutzung von Legehennen in Betracht. Gerade für Betriebe in der Größe der Klägerin biete es sich an, die genannten Vermarktungsnischen stärker zu besetzen. Bestrebungen der Klägerin, einen Markt für den Absatz der Küken zu erschließen, seien jedoch nicht erkennbar. Die Klägerin könne die Küken in den vorhandenen Ställen aufziehen. Ihre Angaben zur Notwendigkeit der Aufgabe der Brütereisparte seien nicht genügend substantiiert. Die Klägerin sei darlegungs- und beweispflichtig für die Umstände, aus denen sie ein Recht zur Tötung der Küken herleiten wolle. Zumindest bis zur Etablierung der Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei oder zur Verwendung von Zweinutzungsrassen sei ihr der Aufwand für die Aufzucht und Vermarktung der Küken nach dem Konzept etwa der Bruderhahn Initiative zuzumuten. Die Vermarktung der Küken biete die Gelegenheit zur Kompensation von mit der Aufzucht verbundenen wirtschaftlichen Einbußen. Selbst wenn aber die Alternativen zur Tötung der Küken nicht genügend effektiv seien, sei die Tötung nicht angemessen. Das ergebe sich aus dem Rechtsgedanken von § 7a Abs. 2 Nr. 4 TierSchG. Die Tötung sei der größtmögliche Schaden für die Küken und betreffe etwa jedes zweite Küken der Legerasse. Das sei unvereinbar mit den mehrheitlich konsensfähigen Anschauungen der Bevölkerung und der rechtlichen Entwicklung des Tierschutzrechts unter anderem durch die Normierung des hierauf bezogenen Staatsziels. Die Tötung verstoße gegen den Grundgedanken der Mitgeschöpflichkeit von Tieren. Bei einem rein ökonomischen Maßstab für das Vorliegen eines vernünftigen Grundes bestehe die Gefahr der Aushöhlung der Grundkonzeption des Tierschutzgesetzes als ethisch ausgerichteten Tierschutzes. Eingriffe in vitale Interessen von Tieren dürften allein zur Wahrung vergleichbar lebenswichtiger menschlicher Interessen vorgenommen werden. Auch das Verbraucherinteresse an der kostengünstigen Produktion von Lebensmitteln werde durch das Tierschutzrecht begrenzt. Die Vorschriften zum Schlachten von Tieren regelten lediglich die Art und Weise der Tötung von Küken.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die Klage, über die das Gericht mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
231.
24Soweit die Klägerin ihren Antrag, festzustellen, dass die mit der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Dezember 2013 untersagte Tötung männlicher Eintagsküken nicht gegen § 17 TierSchG verstößt, zurückgenommen hat, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
252.
26Im Übrigen hat die Klage Erfolg. Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alternative VwGO zulässig und auch begründet. Denn die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Begründung verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in dem Urteil vom 20. Mai 2016 - 20 A 488/15 -. Das OVG NRW hat in diesem Urteil, welches ebenfalls die Untersagung der Tötung männlicher Eintagsküken durch eine Brüterei zum Gegenstand hatte, insbesondere das Vorliegen eines vernünftigen Grundes für die Tötung der Eintagsküken bejaht und Folgendes ausgeführt:
27„Als Rechtsgrundlage für die unter Nr. 1 der Ordnungsverfügung angeordnete und durch die Ausnahmen unter Nr. 2 der Ordnungsverfügung eingegrenzte Untersagung der Tötung der männlichen, nicht zur Schlachtung geeigneten Küken kommt allein § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG in Betracht. Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.
28Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung anhand dieser Vorschrift ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Sach- und Rechtslage maßgeblich. Die Untersagungsanordnung erschöpft sich nicht in einer einmaligen Verpflichtung des Klägers, sondern begründet ein auf Dauer gerichtetes Verbot. Bei der Anfechtungsklage gegen einen solchen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kommt es grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 ‑ 3 C 15.12 -, BVerwGE 148, 28, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
30Auf die hier angefochtene Ordnungsverfügung findet keine von diesem Grundsatz abweichende gesetzliche Bestimmung Anwendung.
31§ 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG ist eine taugliche Rechtsgrundlage für den Erlass der Untersagungsanordnung. Die Vorschrift bildet die allgemeine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass behördlicher Anordnungen zur Durchsetzung des Tierschutzrechts. Sie begründet nach ihrem Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck für die zuständige Behörde die generelle Befugnis, durch Verwaltungsakt vorbehaltlich spezieller Vorschriften Regelungen zur Einhaltung des Tierschutzrechts zu treffen. Die Befugnis wird durch § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG für beispielhaft genannte Fallgruppen ("insbesondere"), in denen die Behörde im Einzelnen beschriebene Anordnungen erlassen bzw. Maßnahmen ergreifen darf, konkretisiert und für weitere Konstellationen unter anderem durch § 16a Abs. 2 und 3 TierSchG ergänzt. Das entspricht dem Regelungskonzept von § 69 AMG, dem § 16a Abs. 1 TierSchG nachgebildet ist
32- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 12. Januar 2012 - 7 C 5.11 -, NVwZ 2012, 1184 -
33und der als generelle Ermächtigung zur Beseitigung begangener oder zur Verhütung bevorstehender Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften anerkannt ist.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Oktober 2012 ‑ 3 C 25.11 -, BVerwGE 144, 355, und vom 19. Oktober 1989 - 3 C 35.87 -, NJW 1990, 2948.
35Die umfassende Ermächtigung der Behörde, festgestellten und künftigen Verstößen durch notwendige Anordnungen zu begegnen, genügt höherrangigem Recht. Insbesondere ist das im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) wurzelnde Erfordernis gewahrt, dass das Parlament in grundlegenden normativen Bereichen, vor allem im Bereich der Grundrechtsausübung, die wesentlichen Fragen selbst entscheiden muss.
36Vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, BVerfGE 108, 282 (311 f.), und Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89 (126 f.).
37Das gilt ungeachtet dessen, dass sich die Ermächtigung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG, klammert man ihre Verdrängung im Anwendungsbereich spezieller Bestimmungen aus, in der Art einer Generalklausel auf sämtliche Verstöße gegen das Tierschutzrecht bezieht und auf der Rechtsfolgenseite der Vorschrift mit dem Begriff der "notwendigen Anordnungen" ein weiter und einzelfallbezogen näher ausfüllungsbedürftiger Rahmen abgesteckt ist. Damit werden von der Ermächtigung zwar neben Verstößen, die etwa bei einem der bloßen Freizeitgestaltung dienenden Umgang mit einzelnen Tieren auftreten, auch solche erfasst, die beim Halten von landwirtschaftlichen Nutztieren zu Erwerbszwecken oder bei der Durchführung von Tierversuchen zu wissenschaftlichen Zwecken begangen werden und dementsprechend in engem Zusammenhang stehen mit durch Grundrechte besonders geschützten Betätigungen. Das führt jedoch auf der Ebene der für die Handlungsfähigkeit der Behörden wichtigen Ermächtigung zur Durchsetzung des Tierschutzrechts nicht zu Anforderungen, die von § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG nicht erfüllt werden.
38Das Eingreifen der Ermächtigung ist bedingt durch Verstöße gegen verbindliche Anforderungen, die ihrerseits in den wesentlichen Umrissen durch einschlägige tierschutzrechtliche Regelungen festzulegen sind. Die Anforderungen müssen, sieht man von unmittelbar geltenden europarechtlichen Bestimmungen ab, entweder direkt im parlamentarisch erlassenen Tierschutzgesetz oder in den auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen geregelt sein. Zweifelsfragen, ob ein bestimmtes Verhalten gegen derartige Vorschriften verstößt oder nicht, sind anhand ihres jeweiligen Regelungsgehalts zu beantworten, der wiederum mit höherrangigem Recht im Einklang stehen muss. Dementsprechend kommt es für die inhaltliche Reichweite der Ermächtigung durch § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG entscheidend auf die anderweitig vorgegebenen und, soweit sie aus nationalem Recht folgen, in den "wesentlichen" Punkten gesetzlich bestimmten Maßstäbe für ein in Übereinstimmung mit Tierschutzrecht stehendes Verhalten an.
39Die auf der Rechtsfolgenseite der Ermächtigung angeordnete Beschränkung auf die notwendigen Anordnungen bringt, übereinstimmend mit der durch die ordnungsbehördliche Generalklausel (§ 14 Abs. 1 OBG NRW) zugestandenen Befugnis, zur Gefahrenabwehr die notwendigen Maßnahmen zu treffen, und der vergleichbaren Befugnis nach § 69 Abs. 1 AMG als ausschlaggebenden Maßstab für das behördliche Einschreiten den im Verwaltungsrecht generell geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck. Dieser Maßstab ist unter anderem im Ordnungsrecht, zu dem das Tierschutzrecht in den vorliegend entscheidungserheblichen Regelungen gehört, seit langem gebräuchlich und wird in den einzelnen Anforderungen inhaltlich durch die allgemein anerkannten Kriterien der Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (vgl. § 15 OBG NRW) hinreichend konkretisiert. Die Anordnung muss zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein und bei der Abwägung zwischen der Schwere der Belastung des Betroffenen sowie dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit wahren. Das wird durch die in § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG beispielhaft näher ausgeformten behördlichen Befugnisse noch weiter verdeutlicht.
40Die Untersagungsanordnung steht indessen nicht im Einklang mit § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG.
41Die untersagte Tötung der männlichen, nicht zur Schlachtung geeigneten Küken verstößt nicht gegen tierschutzrechtliche Vorschriften.
42Ein solcher Verstoß ist allein in Bezug auf § 1 Satz 2 TierSchG in Erwägung zu ziehen. Danach darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
43§ 1 Satz 2 TierSchG ist zur Beurteilung der Übereinstimmung der Tötung der männlichen Küken mit dem Tierschutzrecht heranzuziehen. Die Vorschrift beinhaltet ein rechtswirksames Verbot. Sie scheidet auch nicht als Anknüpfungspunkt für eine Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG deswegen aus, weil es im Hinblick auf ihren Regelungsgehalt und dessen Auswirkungen einer besonderen gesetzlichen Regelung bedürfte. § 1 Satz 2 TierSchG legt mit den Begriffen der Schmerzen, Leiden oder Schäden das Schutzniveau für die Tiere und mit dem Begriff des vernünftigen Grundes die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Schutzgut in einer Weise fest, die dem parlamentarisch zu regelnden Wesentlichen genügt. Das gilt auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Tötung von männlichen Küken der Legehennenrassen.
44Die Vorschrift ist nach ihrem eindeutigen Wortlaut unmissverständlich als ein für alle Tiere und alle Menschen in allen Lebensbereichen geltendes Verbot zu verstehen, ohne vernünftigen Grund einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Das Verbot soll Menschen umfassend davon abhalten, ohne vernünftigen Grund auch nur ein einzelnes Tier einer derartigen Beeinträchtigung auszusetzen. Es ist trotz des direkten systematischen Zusammenhangs mit der Bezeichnung des Zwecks des Tierschutzgesetzes (§ 1 Satz 1 TierSchG) als generalklauselartige Regelung zur Verhinderung von Schmerzen, Leiden oder Schäden verursachendem menschlichem Verhalten und nicht als eine programmatische Leitlinie für die Anwendung der nachfolgenden Bestimmungen konzipiert. § 1 Satz 2 TierSchG ist dazu bestimmt, unmittelbar und aus sich heraus das Wohlbefinden der Tiere im Sinne des Freiseins von Schmerz und Leid sowie die Unversehrtheit im Sinne des Freiseins von Schaden sowie das Leben der Tiere schlechthin zu schützen.
45Vgl. BT-Drucks. VI/2559, S. 9; zu BT-Drucks. VI/3556 (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ‑ 9. Ausschuss -), S. 1 f.; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl., § 1 Rn. 9.
46Die funktionale Ausgestaltung von § 1 Satz 2 TierSchG als unmittelbar geltendes Verbot wird bestätigt durch Straf- und Bußgeldvorschriften. Das Töten eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund steht unter Strafandrohung (§ 17 Nr. 1 TierSchG). Das Zufügen erheblicher Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund ist bei Wirbeltieren für einen bestimmten Personenkreis bußgeldbewehrt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG). Die Tathandlungen setzen voraus, dass sie tierschutzrechtlich verboten sind, und knüpfen mit dem Merkmal des vernünftigen Grundes erkennbar an § 1 Satz 2 TierSchG an.
47Gegenstand und Reichweite des Verbots lassen sich auch vor dem Hintergrund der sich aus der Sanktionierung von Verstößen ergebenden besonderen Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsregeln so konkret erschließen, dass die Handhabung des Verbots nicht der Verwaltung überlassen ist und der jeweilige Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann.
48Vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 2012 - 2 BvL 9/08 u. a. -, BVerfGE 131, 88 (121 ff.), und vom 2. Juni 2008 - 1 BvR 349/04 u. a. -, NVwZ 2008, 1229; Schulze-Fielitz in: Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 113 ff.
49Zwar richten sich die konkreten Anforderungen an die Regelungsdichte parlamentarischer Vorschriften nicht zuletzt nach der Eigenart des jeweiligen Regelungsgegenstandes, also unter anderem nach der Tragweite der Regelung für den Betroffenen und der Grundrechtsrelevanz der behördlichen Maßnahme. Ferner stehen bei einer Verbotsregelung, die - wie hier - (auch) erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Betätigungen in Bezug auf landwirtschaftliche Nutztiere erfasst, typischerweise berufsbezogene Auswirkungen in Rede, die für den Betroffenen wegen der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG von ganz beträchtlichem Gewicht sein können. Das gilt umso mehr dann, wenn, was hier im Raum steht, das Verbot die wirtschaftlichen Grundlagen der Berufsausübung so stark beschneidet, dass es, obwohl es auf die Berufsausübung abzielt, in seinen Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahekommt. Daneben können von § 1 Satz 2 TierSchG die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und weitere Grundrechte berührt sein. Auch ist der Tierschutz ein im Grundgesetz verankerter Gemeinwohlbelang (Art 20a GG).
50Das schließt aber nicht die Verwendung unbestimmter und damit auslegungsbedürftiger Rechtsbegriffe aus. Gegen die Verwendung unbestimmter, also konkretisierungsbedürftiger, Rechtsbegriffe bestehen wegen der auf der Ebene des Gesetzes zu bedenkenden Vielgestaltigkeit der Lebenswirklichkeit selbst im Fall erhöhter Anforderungen an die Bestimmtheit von Vorschriften keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt.
51Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 ‑ 2 BvR 2302/11 u. a. -, BVerfGE 134, 33 (81 f.).
52Das trifft bezogen auf § 1 Satz 2 TierSchG zu. Die grundlegenden Aussagen zu der dort festgelegten Verbotsschwelle sind der Vorschrift im Wege der Auslegung mit genügender Klarheit zu entnehmen.
53Mit den Begriffen Schmerzen, Leiden oder Schäden werden die verbotenen Beeinträchtigungen der Tiere in einer Weise bezeichnet, die angesichts des Zwecks des Gesetzes nach § 1 Satz 1 TierSchG, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen, und der Verwendung der Begriffe auch zur Festlegung von Anforderungen an die Haltung von Tieren (u. a. § 2 Nr. 2 TierSchG) sowie von speziellen Verboten (u. a. § 3 Satz 1 Nr. 11 TierSchG) und von Voraussetzungen für eigenständig geregelte Eingriffsbefugnisse (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG) mit genügender Deutlichkeit erkennen lässt, was als nachteilige Beeinflussung des Wohlbefindens und der Unversehrtheit der Tiere zu unterbleiben hat. Aus dem Schutzgut des Verbots, dem durch dieselben Begriffe in Bezug auf speziell geregelte Sachverhalte vorgegebenen Schutzniveau und dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt sich eine hinreichend bestimmte Grundlage für die Konkretisierung der fraglichen Beeinträchtigungen. Diese Konkretisierung wird in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem vorgenommen. Sie hat im Zuge der Rechtsanwendung zu einem gefestigten sowie eindeutigen Verständnis vom Aussagegehalt der einzelnen Begriffe geführt.
54Vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 1 Rn. 12 ff.; Lorz/Metzger, TierSchG, 6. Aufl., § 1 Rn. 19 ff.
55Hinsichtlich des Begriffs des vernünftigen Grundes ist die Reichweite des Verbots ebenfalls genügend klar abgegrenzt. Allerdings ist gesetzlich nicht im Einzelnen festgelegt, was als vernünftiger Grund anzusehen ist. Vielmehr handelt es sich (auch) hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der wegen der uneingeschränkten Erstreckung des Verbots auf jedermann und jedes Tier auf sehr unterschiedliche Sachverhalte Anwendung finden kann. Dennoch bildet der "vernünftige Grund" einen Maßstab für die Ermittlung des Verbotenen, der dem Gegenstand der Regelung und der von ihr ausgehenden Begrenzung von im Ausgangspunkt grundrechtlich geschützten menschlichen Betätigungen hinreichend angepasst ist.
56§ 1 Satz 2 TierSchG ist systematisch eng verknüpft mit dem in § 1 Satz 1 TierSchG genannten Zweck des Tierschutzgesetzes insgesamt. Dieser zielt, wie vor allem aus der Hervorhebung der menschlichen Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf folgt, auf die Sicherstellung eines ethisch ausgerichteten Tierschutzes. Die Ziele des ethisch begründeten Schutzes von Tieren und menschliche Interessen sollen miteinander in Einklang gebracht werden.
57Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 ‑ 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1 (37), und Beschluss vom 20. Juni 1978 - 1 BvL 14/77 -, BVerfGE 48, 376 (389); BVerwG, Urteil vom 27. August 1981 - 3 C 37.80 -, BVerwGE 64, 46; Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 1 Rn. 30 ff.
58Der Begriff des vernünftigen Grundes dient dazu, diesen Ausgleich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die Sachverhalte herbeizuführen, die keiner gegenüber § 1 Satz 2 TierSchG speziellen Regelung unterworfen werden. Gefordert wird eine Abwägung zwischen dem Schutz des Lebens und des Wohlbefindens des Tieres einerseits sowie gegenläufigen menschlichen Belangen andererseits. Im Gesetzgebungsverfahren ist ausdrücklich auf das Zusammentreffen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und ethischer Forderungen auf dem Gebiet des Tierschutzrechts hingewiesen sowie als eine zentrale Zielsetzung des Tierschutzgesetzes die Herbeiführung eines Kompromisses zwischen dem ethisch ausgerichteten Tierschutz auf der einen und den Erfordernissen der - als gegeben und ernährungswirtschaftlich notwendig betrachteten - Massentierhaltung auf der anderen Seite hervorgehoben worden.
59Vgl. BT-Drucks. VI/2559, S. 9; zu BT-Drucks. VI/3556, S. 1.
60Ausgehend von Gegenstand und Funktion der Abwägung ist als vernünftig im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG ein Grund anzusehen, dem nach den Umständen des Einzelfalls als Ergebnis der Gegenüberstellung und Bewertung der relevanten Gesichtspunkte der Vorrang vor dem Schutz der Tiere einzuräumen ist. Er muss auf einem anerkennenswerten menschlichen Interesse beruhen sowie unter den konkreten Umständen nach seinem objektiven Gewicht schwerer wiegen als das Interesse am Schutz der Unversehrtheit des Tieres.
61Vgl. hierzu Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 1 Rn. 32 f.
62Die für eine solche Schlussfolgerung erforderliche Bewertung ist hinsichtlich bestimmter Einwirkungen auf Tiere vom Gesetzgeber durch spezielle Regelungen (u. a. §§ 3, 5, 6, 7 ff. TierSchG) selbst vorgenommen worden. Sinn und Zweck von § 1 Satz 2 TierSchG ist es vor dem Hintergrund dieser Regelungen, angesichts der erheblichen Bandbreite und Vielschichtigkeit der verbleibenden potenziell tierschutzrelevanten Sachverhalte sowie der daraus folgenden faktischen Unmöglichkeit, den am Schutzgedanken orientierten Handlungsbedarf vollständig und im Einzelnen vorauszusehen sowie katalogartig zu regeln, die behördliche Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Hierfür bietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in dessen Konkretisierung durch langjährige Anwendung
63- vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 ‑ 1 BvR 370/07 u. a. -, BVerfGE 120, 274 (318 ff.), und Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 (345 ff.) -
64auch im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Betätigungen mit Bezug zum Tierschutzrecht hinreichend konkrete Kriterien.
65Vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 -, BVerfGE 104, 337 (347 ff.); BVerwG, Urteile vom 23. November 2006 ‑ 3 C 30.05 -, BVerwGE 127, 183, und vom 27. August 1981 - 3 C 37.80 -, a. a. O.
66Die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfordert zwar Feststellungen und Wertungen, die jeweils für sich und in ihrem Zusammenwirken nicht in jeder Hinsicht durch zwingende normative Vorgaben vorgezeichnet sind. Parlamentarisch unerlässlich festzulegen sind aber nur die für die jeweilige Rechtsanwendung wesentlichen Gesichtspunkte. Das belässt auch dann, wenn grundrechtsrelevante Bereiche berührt sind, notwendig Abgrenzungsfragen, die mit den Mitteln der Auslegung sachgerecht bewältigt werden müssen. Dabei führt auch der Umstand, dass eine Frage - wie hier - politisch umstritten ist, nicht notwendig dazu, dass ihre Regelung als grundlegend und damit wesentlich einzustufen ist.
67Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, a. a. O.
68Die bisherige Auslegung und Anwendung des Merkmals des vernünftigen Grundes zeigt bezogen auf seine Verwendung sowohl in § 1 Satz 2 TierSchG
69- vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteil vom 10. August 2012 - 20 A 1240/11 -, NWVBl. 2013, 74; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 1998 - 12 A 10020/96 -, juris; nachfolgend BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2000 - 3 C 12.99 -, DVBl. 2000, 1061; Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 17 Rn. 9 ff. -
70als auch in § 17 Nr. 1 TierSchG
71- vgl. hierzu etwa OLG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2016 - III - 4 Ws 113/16 -; OLG Sachsen- Anhalt, Urteil vom 28. Juni 2011 ‑ 2 Ss 82/11-, juris; KG Berlin, Beschluss vom 24. Juli 2009 - (4) 1 Ss 235/09 (150/09) -, juris -
72dass die damit potenziell im Einzelfall verbundenen Schwierigkeiten sich in der Regel in Grenzen halten und mittels handhabbarer Kriterien zu bewältigen sind. Meinungsverschiedenheiten und etwaige klärungsbedürftige Aspekte hinsichtlich der Bedeutung einzelner Wertungskriterien und ihres Gewichts stellen das nicht in Frage. Die Abwägung ist gerade angelegt auf die Berücksichtigung sämtlicher entscheidungserheblicher Belange und die Lösung von Konflikten zwischen gegenläufigen Interessen. Das gilt auch bei einer Bewertung überkommener und kontrovers beurteilter Praktiken des Umgangs mit Tieren. Die Feststellung eines vernünftigen Grundes im Sinne des § 1 Satz 2 TierSchG bezieht sich notwendigerweise auf die im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte. Mit diesem zeitlichen Bezug geht einher, dass Veränderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten Anlass zu einer erneuten und im Ergebnis abweichenden Bewertung geben können. Insbesondere können neue Erkenntnisse oder sonstige Entwicklungen zu Verschiebungen des Gewichts einzelner relevanter Aspekte führen. Die richtige Einschätzung der Tragweite derartiger Veränderungen und ihrer Auswirkungen auf die Rechtfertigung einer tierschutzrelevanten Beeinträchtigung von Tieren ist eine Frage der sachgerechten Zusammenstellung und Gewichtung der Belange.
73Vgl. bezogen auf die Tötung von Eintagsküken: OLG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2016 ‑ III ‑ 4 Ws 113/16 -; LG Münster, Beschluss vom 7. März 2016 - 2 KLs -540 Js 290/15 - 7/15 -, AuR 2016, 143.
74Nichts anderes ergibt sich aus den der Anwendbarkeit der allgemeinen ordnungsbehördlichen Generalklausel gezogenen Grenzen, die zu beachten sind im Fall einer verwickelten, in das Gebiet der Weltanschauungen hineinreichenden, abwägenden Wertung einer Mehrzahl verschiedener Schutzinteressen vor allem bei neu aufgekommenen Sachverhalten
75- vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 6 C 3.01 -, BVerwGE 115, 189, und Urteil vom 23. Februar 1960 ‑ I C 240.58 -, BVerwGE 10, 164 -
76oder bei der Durchführung in der ordnungsbehördlichen Praxis häufig vorkommender Maßnahmen eines einheitlichen neuen Typs.
77Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 8. November 2012 - 1 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 ‑ 6 C 39.06 -, BVerwGE 129, 142.
78Eine solche oder ihr nahekommende Konstellation steht vorliegend nicht in Rede. Vielmehr geht es ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzrechts um eine Abwägung widerstreitender Interessen bei der Anwendung einer auf unterschiedliche Konstellationen zugeschnittenen Verbotsregelung auf die konkrete Situation der in Brütereien zur Erzeugung von Legehennenküken seit langem geübten und gängigen Praxis der Tötung männlicher Küken. Die diesbezüglich aktuell stattfindende Diskussion im politischen Raum
79- vgl. BT-Drucks. 18/6663 und 18/7726; BT-Prot. 18/94 (S. 9008 ff.) und 18/161 (S. 15919 ff.) -
80und die Stellungnahmen in der juristischen Literatur
81- vgl. Bender, NWVBl. 2015, 212; Binder, NuR 2007, 806; Hager, NuR 2016, 108; Ort, NuR 2010, 853; Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 17 Rn. 70 f., m. w. N. -
82bringen ebenso wie das Vorbringen der Beteiligten die tierschutzrechtliche Problematik dieser Praxis und deren Komplexität zum Ausdruck. Ein Konflikt zwischen mehreren gleichermaßen zu berücksichtigenden Interessen und Gesichtspunkten ist aber die typische Ausgangssituation für die Abwägung. Die Abwägung ist ein Instrument zur einzelfallbezogenen Lösung von Konflikten und Behebung der mit ihnen verbundenen Rechtsunsicherheit. Sie ermöglicht und gebietet die Berücksichtigung sämtlicher relevanter Belange entsprechend ihrer objektiven Gewichtigkeit und der hierbei einzubeziehenden gesetzlichen Wertungen. Das schließt die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Belange der Menschen ebenso ein wie den Schutz der Tiere und das Bestehen von Alternativen. Die in Rede stehende rechtliche (Neu-)Bewertung eines einzelnen Aspekts beim erwerbswirtschaftlichen Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren ist hiervon nicht ausgenommen. Das Bestehen eines Bedürfnisses nach einer spezifischen gesetzlichen Regelung der Tötung der männlichen Küken ist denn auch im Bundestag angesichts der bestehenden Vorschriften noch in jüngster Vergangenheit mehrheitlich nicht bejaht worden.
83Vgl. BT-Prot. 18/161 (S. 15919 ff.).
84Die Voraussetzungen des hiernach anwendbaren Verbots nach § 1 Satz 2 TierSchG sind nicht erfüllt. Die durch die Ordnungsverfügung untersagte Tötung der männlichen Küken erfolgt nicht ohne vernünftigen Grund im Sinne dieser Vorschrift. Den für die Tötung der Küken sprechenden Gesichtspunkten kommt bei der Abwägung aller relevanten Aspekte der Vorrang vor dem Schutz der Küken zu. Auf Seiten des Tierschutzes fällt dabei besonders ins Gewicht, dass den Küken durch die Tötung unumkehrbar der größtmögliche Schaden für ihre körperliche Unversehrtheit zugefügt wird. Sie werden, obwohl sie Mitgeschöpfe des Menschen sind, ganz zu Beginn ihres Lebens als anders nicht nutzbringend getötet. Dem stehen auf Seiten des Klägers vor allem wirtschaftliche Interessen gegenüber. Diese wiegen jedenfalls wegen der grundgesetzlich gewährleisteten Berufsfreiheit besonders schwer, weil die Küken im Rahmen des erwerbswirtschaftlichen Betriebs der Brüterei getötet werden. Nach gegenwärtigem Stand haben die Belange des Klägers größeres Gewicht.
85Allein der ethische Wert der Küken als Lebewesen entzieht ihr (Weiter-)Leben nicht der Abwägung mit Aspekten der Brauchbarkeit für menschliche Zwecke und der Wirtschaftlichkeit. Tiere stehen trotz ihrer rechtlichen Einstufung als Mitgeschöpfe des Menschen in der gesetzlichen Wertordnung nicht auf einer Stufe mit dem Menschen. Der Tierschutz geht auf ethische Beweggründe zurück und dient ethischen Zielen. Das heißt allerdings nicht, dass die Abwägung auf ethische Aspekte beschränkt ist oder derartige Aspekte bei der nach rechtlichen Kriterien vorzunehmenden Abwägung gemäß § 1 Satz 2 TierSchG auf einer abstrakten Wertungsebene generell einen höheren Rang einnehmen als Interessen an einem aus allein ethischer Sicht "lediglich" wirtschaftlichen Umgang mit Tieren. Namentlich sind wirtschaftliche Gründe, die - wie hier - bei einer auf die Produktion tierischer Lebensmittel ausgerichteten Tätigkeit hinsichtlich der für diese Zwecke ungeeigneten Tiere auftreten und sich zu Lasten des Wohlbefindens oder Lebens der Tiere auswirken, rechtlich nicht von vornherein nachrangig. Die Tierversuche betreffende Regelung des § 7a Abs. 2 Nr. 4 TierSchG, wonach Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden nicht aus Gründen der Arbeits-, Zeit- oder Kostenersparnis zugefügt werden dürfen, besagt, bezieht man diesen Gedanken nicht allein auf die Behandlung der Tiere während ihres Lebens, sondern auch auf ihre Tötung, nichts Gegenteiliges. Die Regelung zielt darauf, das Maß der durch die Nutzung der Tiere - für Zwecke des Tierversuchs - hervorgerufenen Schmerzen, Leiden und Schäden auf das für den verfolgten und als solchen legitimen Zweck Unerlässliche zu beschränken. Das entspricht auch der Funktion von § 1 Satz 2 TierSchG für andere Formen der menschlichen Verwendung von Tieren. Daraus folgt aber nicht, dass Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit bezogen auf § 1 Satz 2 TierSchG schon im Ausgangspunkt gegenüber dem ethischen Wert der Unversehrtheit der Tiere zurücktreten. In die Abwägung zur Beurteilung des Vorliegens eines vernünftigen Grundes sind alle relevanten Aspekte einzustellen. Das schließt, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist
86- vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 - 2 BvF 3/90 -, a. a. O. (37) -,
87Erwägungen der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung ein. Das Leben der in der vorliegend betroffenen Ernährungswirtschaft eingesetzten Tiere ist seit der Domestizierung der Haus- und Nutztiere gänzlich ausgerichtet auf ihre Nützlichkeit für den Menschen. Es wird zielgerichtet durch planmäßige Vermehrung der Tiere für bestimmte Zwecke herbeigeführt und, dienen die Tiere der menschlichen Ernährung, nach Erreichen von am Maßstab menschlicher Zweckmäßigkeit festgelegten körperlichen Merkmalen durch Tötung - in Form des Schlachtens - beendet. Nutztiere werden zweckgerichtet für ihre Verwendung auf dem Markt erzeugt, gehalten und getötet. Damit gehen am Maßstab der Nützlichkeit für Menschen ausgerichtete Unterscheidungen zwischen den Tieren notwendig einher. Bei der erwerbswirtschaftlichen Erzeugung tierischer Lebensmittel werden diese Abgrenzungen anhand der unterschiedlichen Effektivität alternativer Maßnahmen getroffen. Das ist kein Mangel an Achtung der Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit, sondern wird als solches angesichts der hergebrachten und nach wie vor weithin verbreiteten sowie rechtlich und gesellschaftlich akzeptierten Ernährung von Menschen durch tierische Lebensmittel von vernünftigen Gründen im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG getragen. Unter anderem Hühner werden von Menschen seit Jahrtausenden als Nutztiere zur Gewinnung von Nahrungsmitteln - in Gestalt von Eiern und Fleisch - gehalten. Der Beklagte zieht selbst nicht in Zweifel, dass sie, werden sie getötet und anschließend von Menschen verzehrt, mit vernünftigem Grund getötet werden. Er verweist den Kläger als Alternative zu der untersagten Tötung der Küken unter anderem auf ihre Haltung bis zu einem Zeitpunkt, in dem sie so viel Fleisch angesetzt haben, dass sie als menschliche Nahrung in Frage kommen, und damit auf eine nutzbringende Verwendung.
88Die Auffassung, eine Tötung von Tieren sei ausschließlich zur Erreichung von für das Leben von Menschen existenziellen Zwecken gerechtfertigt, findet, versteht man sie dahin, dass jedes getötete Tier unmittelbar einem derartigen Zweck dienen muss, in dem Abwägungserfordernis nach § 1 Satz 2 TierSchG keine tragfähige Grundlage. Ein starres Rangverhältnis menschlicher Interessen und der Belange des Tierschutzes ist der Vorschrift, in der die potenziell als "vernünftig" in Betracht kommenden Gründe für die Zufügung von Beeinträchtigungen gerade nicht katalogartig festgelegt sind, nicht zu entnehmen. Das kommt bezogen auf die als "vernünftig" anerkannte Tötung von Tieren zu Nahrungszwecken darin zum Ausdruck, dass es jedem einzelnen überlassen bleibt, ob und in welchen Mengen er welche tierischen Lebensmittel für sich nutzt, und im Zeitpunkt der Tötung wegen der wechselnden Marktverhältnisse vielfach ungewiss ist, ob und inwieweit die Tiere tatsächlich zur menschlichen Ernährung verwendet werden. Ferner sind auch die Anforderungen an die Haltung von Tieren (§ 2 TierSchG) unverkennbar daran ausgerichtet, gegenläufige Belange in einen Ausgleich zu bringen; bei der Haltung von Nutztieren in der Marktwirtschaft gehören dazu wirtschaftliche Gesichtspunkte. Schließlich kommen dem existenziellen menschlichen Erhaltungsinteresse nicht allein die Tiere zugute, deren Produkte und/oder Körper verzehrt werden, sondern, weil die Gesamtkosten der Erzeugung mit dem für diese Produkte und/oder Tiere erzielten Entgelt finanziert werden, auch die Beschränkung der Tierhaltung auf die bei wirtschaftlicher Betrachtung leistungsfähigen und jedenfalls kostendeckend zu haltenden Tiere.
89Das gilt auch angesichts dessen, dass der Tierschutz nach Art. 20a GG Verfassungsrang hat. Die Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel verschafft diesem den Rang eines Schutzgutes, das mit anderen verfassungsrechtlichen Schutzgütern im Konfliktfall in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen ist. Die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz dient der Angleichung der rechtlichen Ebenen für eine Abwägung zwischen den Interessen der Tiernutzung und dem Schutz der Tiere.
90Vgl. BT-Drucks. 14/8860, S. 1, 3.
91Der Tierschutz ist dementsprechend grundsätzlich geeignet, die Einschränkung anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht, also etwa von Grundrechten, zu rechtfertigen.
92Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 -, BVerfGE 127, 293 (328); BVerwG, Urteil vom 23. November 2006 - 3 C 30.05 -, BVerwGE 127, 183.
93Damit ist nicht gesagt, dass er sich gegenüber diesen Belangen auch durchsetzt. Im Anwendungsbereich von § 1 Satz 2 TierSchG beurteilt sich anhand einer Abwägung sämtlicher Belange, ob der Tierschutz Vorrang vor konkurrierenden Belangen genießt.
94Die vom Beklagten hervorgehobene Gefahr der Aushöhlung des Tierschutzes im Fall der Berücksichtigung wirtschaftlicher Gründe bei der Abwägung rechtfertigt es nicht, wirtschaftlichen Gesichtspunkten im Rahmen der Abwägung die Berechtigung abzusprechen oder ihnen von vornherein ein allenfalls geringes Gewicht beizulegen. § 1 TierSchG entzieht auch die Ernährungswirtschaft, die auf der Erzeugung und Verwendung von Tieren beruht, nicht den strukturellen ökonomischen Grundbedingungen, die nach den gegebenen staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen die Voraussetzung sind für eine Teilhabe am funktionierenden Wirtschaftsleben. Die Vorschrift setzt den Möglichkeiten der wirtschaftlichen Optimierung mit den Anforderungen an den Tierschutz Grenzen auch hinsichtlich der Erzeugung tierischer Lebensmittel, verleiht dem Tierschutz aber keinen prinzipiell höheren Wert als den Grundstrukturen der marktwirtschaftlichen Ernährungswirtschaft. Das vom Endverbraucher für das zur menschlichen Ernährung erworbene Endprodukt zu leistende Entgelt bildet, nicht anders als in anderen Wirtschaftszweigen, die finanzielle Grundlage für den gesamten Produktionsprozess. Wirtschaftliche Vor- und Nachteile eines bestimmten Verhaltens gehören bei zu Erwerbszwecken ausgeübten Tätigkeiten zu den ausschlaggebenden Faktoren. Der Nutzen von Nutztieren besteht für den Menschen nicht allein in ihrer Verwendung als Nahrungsmittel zur Sicherung der biologischen Existenz, sondern, sofern sie nicht zur Selbstversorgung gehalten werden, darin, dass sie die wirtschaftliche Grundlage für den Erwerb der innerhalb der Produktionskette Tätigen darstellen. Die Begrenzung der Verfolgung der Erwerbsinteressen durch § 1 Satz 2 TierSchG bedeutet, dass nicht jede Erwägung der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung aus sich heraus ein vernünftiger Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG sein kann. Vielmehr ist auch bei wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Ausgleich zwischen den konkurrierenden Belangen erforderlich.
95Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 - 2 BvF
963/90 -, a. a. O. (37).
97Die Anerkennung des erwerbswirtschaftlichen Aspekts beim Umgang mit Tieren kommt zudem klar in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zum Ausdruck, die speziell für das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken gilt und unter Nutztieren unter anderem Tiere versteht, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln gehalten werden (§ 1, § 2 Nr. 1). Ebenso wenig wird durch § 1 TierSchG der modernen Massentierhaltung in ihrer Ausrichtung auf effektive und damit nicht zuletzt erwerbswirtschaftlich geprägte Produktionsziele die Anerkennung versagt. Die Massentierhaltung wird vielmehr als real bestehende Methode der Haltung von Tieren, vor allem von landwirtschaftlichen Nutztieren, vorausgesetzt.
98Vgl. BT-Drucks. VI/2559, S. 9; zu BT-Drucks. VI/3556, S. 1.
99Ferner gehört es zu den durch das Tierzuchtgesetz festgelegten und mithin als gesetzliche Wertung bei der Abwägung zu bedenkenden Zuchtzielen, die Erzeugung der Tiere so zu fördern, dass die Leistungsfähigkeit der Tiere unter Berücksichtigung der Tiergesundheit erhalten und verbessert wird sowie die Wirtschaftlichkeit, insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit, der tierischen Erzeugung verbessert wird (§ 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 TierZG). Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Tiere schlagen sich im wirtschaftlichen Nutzen ihrer Haltung nieder. Es liegt in der Konsequenz derartiger Ziele, die entsprechenden Zuchterfolge in der Praxis der Tierhaltung umzusetzen. Geschieht dies nicht, wird der Sinn der Zucht als gezielte Auswahl von für menschliche Zwecke vorteilhaften Eigenschaften verfehlt und bleibt die Tierhaltung, geht es um eine bessere Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, hinter derjenigen anderer, konkurrierender Tierhaltungen notwendig zurück. Das gilt auch für Tierarten, deren Zucht - wie bei Hühnern - nicht dem Tierzuchtgesetz unterfällt.
100Bei der danach auf der Grundlage der vorstehenden Maßstäbe gebotenen Abwägung aller relevanten Belange überwiegen derzeit die für eine Tötung der männlichen Küken sprechenden Gesichtspunkte.
101Maßgebender Grund für die Tötung der männlichen Küken ist, dass sie nach dem Schlüpfen nicht sich selbst überlassen werden dürfen (§ 2 TierSchG), jedoch wegen ihres Geschlechts nicht zur Produktion von Eiern genutzt werden können und wegen ihrer Rasseeigenschaften nicht für die Produktion von Fleisch verwendet werden. Zur erwerbswirtschaftlichen Erzeugung von Lebensmitteln durch Hühner werden ganz überwiegend Tiere aus spezialisierten Zuchtlinien genutzt, deren Zuchtziele entweder auf die Legeleistung oder auf die Mastleistung der Tiere ausgerichtet sind. Zur Erzeugung von Eiern werden Legehennen aus Legelinien eingesetzt. Die aus den Legelinien stammenden männlichen Tiere, um deren Tötung es geht, sind für Mastzwecke wegen ihrer körperlichen Eigenschaften beim Ansatz von Fleisch erheblich weniger geeignet als die züchterisch speziell für die Erzeugung von Fleisch vorgesehenen Tiere aus den Mastlinien. Die männlichen Tiere aus den Legelinien finden daher lediglich zu einem ganz geringen Anteil Verwendung für die Fleischerzeugung. Beim Ausbrüten von Eiern aus Legelinien schlüpfen aber, weil die Eier teilweise weibliche und teilweise männliche DNA enthalten, neben weiblichen Küken zwangsläufig in etwa demselben Umfang männliche Küken.
102Die getöteten männlichen Küken können zwar, auch sofern sie nicht durch Nr. 2 Buchstabe c der Ordnungsverfügung mit Blick auf die artgerechte Fütterung von Tieren mit ganzen Tierkörpern von der Untersagungsanordnung ausgenommen werden, als Futtermittel für andere Tiere verwendet und so innerhalb der tierischen Ernährungskette einem sinnvollen Zweck zugeführt werden. Die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 (ABl. 2009 L 300/1) erfasst die aus kommerziellen Gründen getöteten Eintagsküken ausdrücklich und ordnet sie der Kategorie tierischer Nebenprodukte zu, die unter anderem zur Herstellung von Futtermitteln für Heimtiere gebraucht werden können (Art. 3 Nr. 1, Art. 10 Buchstabe k Unterbuchstaben iii, Art. 14 Buchstabe d und e). Außerdem mögen mit der Abgabe der getöteten Küken zur Futtermittelgewinnung Einnahmen erzielt werden und mag die Verwendung als Futtermittel bei wertender Betrachtung vorzugswürdig sein gegenüber Maßnahmen, die äußerlich als bloße Beseitigung der Tierkörper erscheinen. Das gibt jedoch über den im Rahmen von § 1 Satz 2 TierSchG entscheidenden Grund für die Tötung der männlichen Küken keinen Aufschluss. Diese Küken werden nicht zur Verwendung als Futtermittel für andere Tiere erzeugt, sondern getötet, weil sie nicht das Ziel des Erzeugungsprozesses bilden und lebend keinem anderen wirtschaftlich lohnenden Zweck förderlich sind. Die Abgabe der Körper der Küken zur Futtermittelgewinnung ist nicht der Zweck der Tötung, sondern ihre Folge.
103Das Halten der männlichen Küken und ihre Aufzucht stehen im Widerspruch zum erreichten Stand der Hühnerzucht und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Aufwand für das Halten der Tiere ist mangels einer durch die Vermarktung der Küken bzw. der aufgezogenen Tiere zu erzielenden auch nur annähernd adäquaten wirtschaftlichen Gegenleistung ökonomisch sinnlos.
104Durch die Tötung der männlichen Küken wird der sonst mit ihrem Halten verbundene Aufwand vermieden. Das Vermeiden dieses Aufwands ist ökonomisch sinnvoll. Es steht im Einklang damit, dass die Küken das dem Ausbrüten der Bruteier zugrunde liegende Ziel der Erzeugung von Legehennenküken verfehlen und für eine alternative Verwendung als Nahrungsmittel wegen der Verfügbarkeit der insoweit besser geeigneten Küken aus Mastlinien praktisch ausscheiden.
105Der Aufwand für das Halten der männlichen Küken geht wirtschaftlich zumindest ganz überwiegend ins Leere. Den Aufwand zu leisten, widerspricht den als solchen legitimen Zuchtzielen und dem Stand der Zucht. Durch Vermarktungserlöse nach vorangegangener Mast ist der Aufwand wegen der, gemessen an Hühnern/Hähnen der spezialisierten Mastlinien, zu hohen Erzeugungskosten und zu niedrigen Fleischleistung sowie der daraus folgenden Absatznachteile nicht zu decken. Das wirtschaftliche Eigeninteresse der in der Branche der Eier- und Geflügelfleischerzeugung arbeitsteilig in aufeinander folgenden Produktionsschritten funktional miteinander verbundenen Betriebe und die langjährige internationale Praxis der Tötung der männlichen Küken aus Legelinien tragen den Schluss, dass von den durch die spezialisierte Zucht eröffneten Nutzungsmöglichkeiten allgemein Gebrauch gemacht wird und der wirtschaftliche Wettbewerb eben das erfordert. Im Bericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) für die Amtschef- und Agrarministerkonferenz vom 2. bis 4. April 2014, in dem das Verbot der Tötung der männlichen Eintagsküken unter Darstellung der gegebenen Verhältnisse und möglicher Alternativen eingehend erörtert wird, wird diesen Küken die Eignung für die Mast abgesprochen und eine Absatzmöglichkeit ausschließlich als Nischenprodukt erwogen. Im Einklang damit macht der Beklagte geltend, die Küken seien wegen der Ausrichtung auf die Produktion von Legehennenküken und der damit verbundenen verminderten Fleischansatzleistung nicht für Mastzwecke geeignet. Soweit er die Mast der Küken gleichwohl als Alternative zu ihrer Tötung benennt und hierbei beispielhaft auf das Projekt der Bruderhahn Initiative verweist, räumt er gleichzeitig ein, dass die Kosten für die Aufzucht und Vermarktung dieser Tiere anteilig über einen Zuschlag zum Preis der Eier finanziert werden. Die Querfinanzierung belegt, dass sich die Mast der männlichen Tiere wirtschaftlich bei weitem nicht selbst trägt. Legt man die vom Beklagten angegebenen Zahlen für die in sehr überschaubarer Größenordnung von einigen 10.000 Tieren aufgestallten Bruderhähne, die zu deren Mitfinanzierung verkauften mehreren Millionen Eier und den Zuschlag von vier Cent pro Ei zugrunde, erfordert das Halten jedes Hahns einen überaus namhaften "Zuschuss". Das lässt angesichts dessen, dass nach den Angaben des Beklagten gleichzeitig jährlich ca. 700 Millionen Mastküken allein in konventionell arbeitenden Betrieben eingestallt werden, die nach kurzer Mast kostengünstig angeboten werden, und dass nach dem vorerwähnten Bericht des BMEL jährlich etwa 45 Millionen männliche Küken aus Legelinien ausgebrütet werden, wovon nach dem Protokoll der am 2. Oktober 2013 unter Beteiligung des MKULNV und des LANUV geführten Telefonkonferenz etwa 5,4 %, also ca. 2,5 Millionen Tiere, auf Nordrhein-Westfalen entfallen, nicht annähernd die Annahme zu, es bestehe bei einer realistischen Prognose eine wirtschaftlich aussichtsreiche Chance einer derartigen Vermarktung für die in der Brüterei des Klägers erzeugten immerhin ca. 100.000 männlichen Küken jährlich. Die Zahl der Küken übersteigt diejenige der bislang in Deutschland vermarkteten Bruderhähne um ein Vielfaches.
106Darüber hinaus kommt es für die Abwägung zur Beurteilung des Vorliegens eines vernünftigen Grundes maßgeblich auf die individuelle Situation des Klägers an, nicht auf die Handlungsmöglichkeiten der gesamten Branche der Erzeugung und Vermarktung von Eiern sowie Geflügelfleisch. Der Kläger ist mit seiner Brüterei als Erzeuger von Küken tätig und bedient mit den Küken eine Nachfrage. Er steuert Art und Umfang dieser Nachfrage nicht und entscheidet nicht über die Vermarktung alternativer Produkte. Die Querfinanzierung der Aufzucht der männlichen Küken und ihre Vermarktung setzen ein Zusammenwirken oder ein Überwinden der einzelnen Stufen der Erzeugung der Küken bis hin zum Absatz der Eier bzw. des Fleisches an Endverbraucher voraus. Das kann der Kläger letztlich nicht entscheidend beeinflussen. Dafür, was billigerweise von ihm im Interesse des Schutzes der männlichen Küken erwartet werden kann, kommt es nicht darauf an, ob das Halten der männlichen Tiere von der gesamten Branche der Geflügelwirtschaft einschließlich des Handels rechnerisch mittels einer Umlegung der dadurch entstehenden (Mehr-)Kosten auf den Endverkaufspreis von Eiern oder Mastgeflügel finanziert werden kann, sondern darauf, welche Möglichkeiten er hat. Übernimmt er selbst die Aufzucht und Vermarktung der männlichen Küken, kommt zu dem hierfür entstehenden Aufwand zwecks Schaffung einer Querfinanzierung durch den Eierpreis noch derjenige für das Halten von Legehennen und den Absatz der Eier hinzu.
107Erst recht gegen das Bestehen einer realen Vermarktungschance für die aufgezogenen männlichen Küken spricht, dass der Kläger beim Absatz dieser Tiere mit den übrigen Brütereien in Nordrhein-Westfalen konkurrieren müsste, die zeitgleich von gleichgerichteten Untersagungsanordnungen betroffen sind und bei deren Verbindlichkeit ebenfalls auf Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Gestaltung der Haltung der Küken angewiesen wären. Als Folge der Untersagungsanordnungen stünden jährlich ca. 2,5 Millionen bislang zur Mast nicht nachgefragte männliche Tiere gleichzeitig zur Verwendung an. Die vom Beklagten genannte Vermarktung des Fleischs der Hähne aus Legelinien als Bio-Babynahrung eines einzigen Unternehmens bestätigt das Bild einer sehr eng begrenzten und zudem bereits anderweitig wahrgenommenen Marktnische, deren Ausweitungspotential durch nichts Konkretes gesichert ist. Ergebnisse des bei der Telefonkonferenz am 2. Oktober 2013 in Aussicht genommenen Versuchs der Mast von Bruderhähnen, die etwas anderes besagen könnten, sind nicht bekannt geworden.
108Anhaltspunkte für mangelnde Aktualität des vorerwähnten Berichts des BMEL liegen nicht vor. Im Gegenteil geht auch der aktuelle Tierschutzbericht der Bundesregierung
109- vgl. BT-Drucks. 18/6750, S. 29 -
110davon aus, dass die männlichen Küken für die Mast nicht geeignet sind. Eine über die Schaffung bloßer Marktnischen aussichtsreich hinausgreifende Lösung des seit langem als für den Tierschutz frag- und kritikwürdig erkannten Problems der Tötung der männlichen Küken wird nicht in deren Aufzucht und Vermarktung gesehen, sondern in der Verwendung eines züchterisch noch zu verbessernden Zweinutzungshuhns mit konkurrenzfähiger Lege- und Fleischleistung sowie in Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei.
111Vgl. BT-Drucks. 18/7726, S. 4 f.; 18/7782, S. 1 f.; 18/7818, S. 1 f.
112Für die nach kürzerer Mastdauer der männlichen Küken erwogene Vermarktung der Tiere als Stubenküken gilt das Vorstehende entsprechend. Auch insoweit ist eine durch belastbare Tatsachen realitätsnah erhärtete Vermarktungschance nicht einmal für die beim Kläger entstehenden Küken erkennbar. Im genannten Bericht des BMEL wird für eine Vermarktung von Stubenküken ausschließlich ein sehr kleines Nischenpotential angenommen. Dagegen gibt es für das Bestehen einer zahlenmäßig nennenswerten Nachfrage nach Stubenküken oder für eine ein gewisses Maß an Erfolg versprechende Möglichkeit, eine solche Nachfrage zu wecken, keinen belastbaren Anhaltspunkt. Der Beklagte geht selbst davon aus, dass Stubenküken als - zudem regionale - Delikatesse gelten und in Deutschland für sie ein Markt bislang nicht existiert. Die von ihm für unerlässlich gehaltene Substantiierung ergebnisloser Bemühungen um eine entsprechende Vermarktung läuft angesichts dessen, dass seit langem auf mehreren Ebenen bislang ohne praktisch umsetzbares Ergebnis nach Lösungen gesucht wird, die die wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der Küken zumindest spürbar entschärfen, und hierzu von anderen Bundesländern wie auch von der Bundesregierung die Geschlechtsbestimmung im Ei als die zur Vermeidung der Tötung der Küken vorzugswürdige, weil Erfolg versprechende Methode vorgeschlagen und die Verbesserung der Leistungsmerkmale von Zweinutzungshühnern befürwortet wird,
113vgl. BT-Drucks. 18/6663, S. 10; 18/7878, S. 1 f.,
114darauf hinaus, dass vom Kläger - und den übrigen Brutbetrieben in Nordrhein-Westfalen - im Fall des Unterbleibens der Tötung der Küken absehbar eine überaus große Anzahl von Tieren auf unbestimmte Zeit in der durch nichts erhärteten Aussicht einer späteren Vermarktung gehalten werden soll. Das ist aus wirtschaftlicher Sicht unvertretbar. Die so gehaltenen Tiere wären nur dem Namen nach Nutztiere.
115Das Interesse des Klägers, den hiernach wirtschaftlich sinnlosen Aufwand für das Halten der männlichen Küken zu vermeiden, überwiegt aufgrund der vorgenannten gesetzlichen Wertungen das öffentliche Interesse an der Unversehrtheit der Küken. Das gilt selbst dann, wenn man die gegenständlichen Erfordernisse der Unterbringung und Versorgung der Tiere allein unter dem Blickwinkel der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen betrachtet, also die nicht gesicherte Bewältigung der tatsächlichen Schwierigkeiten beim Halten der Tiere unterstellt und zudem die unübersehbaren nachteiligen Auswirkungen des massenweisen Haltens der Tiere in Gestalt etwa des Verbrauchs von Anbau- oder Stallflächen zur Fütterung und Unterbringung ausblendet. Der Aufwand für das Halten der männlichen Küken ist aufgrund seiner Höhe, der mangelnden Rentabilität und der übrigen abwägungsrelevanten Umstände dem Kläger derzeit nicht zuzumuten.
116Die Kosten für das Halten der männlichen Küken sind ganz beträchtlich und stellen für den Kläger eine massive Belastung dar. Das zeigt das zur Finanzierung der Haltung im Rahmen des Projekts der Bruderhahn Initiative vorliegende Zahlenmaterial. Allein für die Fütterung eines Tiers sind mehrere Euro anzusetzen.
117Vgl. Landwirtschaftskammer NRW - Landwirtschaftszentrum Haus Düsse -, "Für jeden Vermarktungsweg das passende Huhn?" und "Legehennen-Alleinfutter im Test", jeweils www.landwirtschaftskammer/de/duesse /tierhaltung/geflügel/versuche; Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft - Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Kitzingen -, "Nutzung männlicher Legehybriden als Stubenküken", und "Wirtschaftlichkeit von Zweinutzungshühnern", jeweils www.lfl.bayern.de/lvfz/kitzingen.
118Für die Brüterei des Klägers mit ca. 100.000 männlichen Küken jährlich ergeben sich daraus bereits Futterkosten in Höhe von mehreren 100.000 Euro jährlich. Hinzukommen die sonstigen Kosten etwa für die Unterbringung und Betreuung des Bestands.
119Von der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit des Haltens der männlichen Küken sind die für den Tierschutz verantwortlichen staatlichen Stellen über Jahrzehnte hinweg unter Geltung des Tierschutzgesetzes einvernehmlich mit den Brütereien ausgegangen. Die starke Spezialisierung der Zuchtlinien von Hühnern auf Merkmale der tierischen Produktion in Gestalt einerseits von Eiern und andererseits von Fleisch findet nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a der "Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus Gallus", die der auf der Grundlage des Europäischen Übereinkommens vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen gebildete Ständige Ausschuss am 28. November 1995 angenommen hat, seit spätestens den 1960er Jahren statt. Spätestens seit Anfang/Mitte der 1990er Jahre war die Tötung der männlichen Küken als aus ökonomischen Gründen übliche Praxis bundesweit bekannt und wurde dieses Vorgehen trotz ethischer Bedenken weithin als gerechtfertigt sowie rechtmäßig angesehen.
120Vgl. BT-Drucks. 12/4242, S. 45; Lorz, TierSchG, 4. Aufl. (1992), Anh. §§ 17, 18 Rn. 46.
121Seit Mitte/Ende der 1990er Jahre wird die Forschung zur Geschlechtsbestimmung im Ei staatlich gefördert, um das Ausbrüten männlicher Küken, also deren Entstehung, entbehrlich zu machen.
122Vgl. BT-Drucks. 13/350, S. 52; 13/7016, S. 56; 14/600, S. 53; 14/5712, S. 49.
123Die aus der Sicht des Tierschutzes geäußerten Bedenken
124- vgl. etwa Caspar, NuR 1997, 577 (582), -
125wurden in der Verwaltungspraxis nicht zum Anlass für ein Einschreiten mit dem Ziel der Untersagung der Tötung der männlichen Küken genommen. Im Gegenteil ist in Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Anhang III Nrn. 2 und 3 der "Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus Gallus", die nicht ohne Möglichkeit der Mitwirkung deutscher Stellen angenommen werden konnte (Art. 8 Abs. 2, Abs. 5 Halbs. 2 Buchstabe a, Art. 9 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen), ausdrücklich vom Töten unerwünschter Küken und Embryonen in Brutbetrieben sowie von nicht zur Aufzucht bestimmten Küken die Rede und es werden für das Töten in Betracht kommende Methoden genannt. Damit übereinstimmend wird aktuell in Anhang 1 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung (ABl. 2009 L 303/1) eine gesonderte Tötungsmethode für Küken mit einem Höchstalter von 72 Stunden geregelt und werden in § 2 Nr. 3, Anlage 1 Nr. 3 der Tierschutz-Schlachtverordnung an das Töten von Küken ebenfalls Anforderungen gestellt. Die Vorschriften setzen voraus, dass die Küken in der Realität getötet werden. Wäre das Töten aus Rechtsgründen verboten, wären die Vorschriften mangels Anwendungsbereichs von vornherein funktionslos. Im Allgemeinen kann aber angenommen werden, dass rechtliche Regelungen einem bestimmten Zweck dienen und auf Anwendung angelegt sind. Entsprechendes folgt aus dem durch die Verordnung (EG) Nr. 617/2008 der Kommission vom 27. Juni 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Bruteier und Küken von Hausgeflügel (ABl. 2008 L 168/5) begründeten Erfordernis, die "aussortierten Hahnenküken" von Hühnern in der Rubrik "Verwendungszwecke der Küken" gesondert statistisch zu erfassen.
126Die Gründe für die Tötung der männlichen Küken sind ebenso wie die hiergegen gerichteten ethischen und tierschutzrechtlichen Bedenken sowie deren Gewicht unverändert. Die Ordnungsverfügung geht zurück auf eine rechtliche Bewertung der Tötung der männlichen Küken durch die Staatsanwaltschaft Münster anhand der seit langem bestehenden Vorschriften. Die Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in einem späteren strafrechtlichen Verfahren nicht durchgesetzt.
127Vgl. LG Münster, Beschluss vom 7. März 2016 - 2 KLs - 540 Js 290/15 - 7/15 -, a. a. O.; nachfolgend OLG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2016 - III - 4 Ws 113/16.
128In der Ordnungsverfügung wird das bisherige behördliche Verhalten als Duldung eingestuft. Das begegnet Zweifeln, weil keine Anhaltspunkte dafür bezeichnet werden oder sonst bestehen, dass die Behörden in der Vergangenheit die Tötung der Küken als rechtswidrig und damit duldungsbedürftig betrachtet haben. Ungeachtet dieser Zweifel beinhaltet eine Duldung zumindest das bewusste Absehen von einem Einschreiten. Die mit der Untersagungsanordnung vollzogene Abkehr hiervon stützt sich nicht auf zusätzliche oder in der Diskussion bislang nicht bedachte Gesichtspunkte oder auf sonstige Umstände, die über eine neue Bewertung der seit langem bestehenden Sach- und Rechtslage hinausgehen würden.
129Brauchbare zielführende Alternativen zur Tötung der männlichen Küken sind gegenwärtig nicht vorhanden. Realistische Möglichkeiten zur Vermarktung der männlichen Tiere nach vorangegangener Mast bestehen nach dem oben Gesagten nicht, auch nicht bei einer zeitlichen Begrenzung der Mast bis zur Erlangung der Merkmale von Stubenküken.
130Die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei sind unter realen Praxisbedingungen noch nicht einsetzbar.
131Vgl. BT-Drucks. 18/6750, S. 29.
132Davon gehen sowohl die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu einem die Tötung von Wirbeltieren betreffenden Gesetzentwurf des Bundesrats als auch sonstige Äußerungen in der aktuellen parlamentarischen Erörterung des Themas aus.
133Vgl. BT-Drucks. 18/6663, S. 10; 18/7726, S. 5; 18/7726, S. 5.
134Anderslautende Erkenntnisse liegen nicht vor.
135Die als Möglichkeit zur Abmilderung bzw. Entkräftung der wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der männlichen Küken erwogene Verlängerung der Nutzungsdauer der Legehennen über eine Legeperiode hinaus kann ausschließlich zu einer Verringerung der Zahl der für die Eierproduktion verwendeten Legehennen und zu einem Absenken der Anzahl der gleichzeitig mit den Legehennenküken ausgebrüteten männlichen Küken führen. Die Beeinflussung der Nachfrage nach Legehennenküken mag ein Beitrag sein zur Entschärfung der Größenordnung, in der die männlichen Küken der Legelinien bislang erzeugt und getötet werden, greift in ihren Wirkungen darüber aber nicht hinaus. Bezogen auf die Brüterei des Klägers ist nicht ansatzweise erkennbar, dass dadurch das Ausbrüten männlicher Küken in einem Umfang beeinflusst werden könnte, dass das Halten der verbleibenden Küken wirtschaftlich wegen einer sehr geringen Anzahl solcher Tiere nur noch von untergeordneter Bedeutung wäre. Ohnehin erzeugt der Kläger die Küken für fremde Legebetriebe. Er bestimmt nicht selbst über die Zahl der eingesetzten Legehennen oder die Dauer ihres Einsatzes und damit nicht über die Wahrnehmung der in Rede stehenden Möglichkeit. Ferner bezieht sich die Ordnungsverfügung auf die Praxis der Brütereien, die bei den Lege- und Mastbetrieben nicht abgesetzten männlichen Küken zu töten, ohne in Zweifel zu ziehen, dass die Legehennenküken nachfragegerecht erzeugt werden. Die Ordnungsverfügung verhält sich nicht zu "überzähligen" Küken, die möglicherweise über die Nachfrage hinaus ausgebrütet werden und deren Leben - sowie Tötung - bei besserer Planung der Einlegung von Bruteiern vermeidbar wäre. Ebenso wenig beschränkt sich die Untersagungsanordnung auf die männlichen Küken, die bei einer Verlängerung der Legedauer der Legehennen und einem hieran zahlenmäßig angepassten Ausbrüten von Bruteiern zur Erzeugung von Legenhennenküken nicht schlüpfen würden.
136Im Fall des Ausbrütens von Eiern von Zweinutzungsrassen, die der Beklagte als weitere Alternative zur Tötung der männlichen Küken anführt, verkörpern die männlichen Küken zwar wegen ihrer Nutzbarkeit zu Mastzwecken einen gewissen wirtschaftlichen Wert für Ernährungszwecke. Die für die Verwendung der Küken in den Lege- und Mastbetrieben zentralen Leistungsmerkmale der vorhandenen Zweinutzungsrassen bleiben aber hinter denjenigen der spezialisierten Zuchtlinien gegenwärtig noch so weit zurück, dass sie sich nach dem vorerwähnten Bericht des BMEL ökonomisch wegen fehlender Wettbewerbsfähigkeit für einen breiten Einsatz nicht eignen. Das wird in einer 2013 durchgeführten Untersuchung im Einzelnen belegt
137- vgl. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft - Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Kitzingen -, "Wirtschaftlichkeit von Zweinutzungshühnern", a. a. O. -
138und auch in einer aktuellen parlamentarischen Initiative im Bundestag als gegeben zugrunde gelegt.
139Vgl. BT-Drucks. 18/7878, S. 2.
140Selbst wenn man aber annimmt, dass die Verwendung von Zweinutzungsrassen bereits gegenwärtig bezogen auf die gesamte Branche der Eier- und Geflügelfleischproduktion ein züchterisch bei wirtschaftlicher Betrachtung sinnvoller Kompromiss zwischen wirtschaftlicher Effektivität und Tierschutz sein sollte, werden Hühner dieser Rassen in den Lege- und Mastbetrieben, deren Nachfrage nach Küken die wirtschaftliche Grundlage der Brütereien bildet, derzeit nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt. Der Kläger ist, wie ausgeführt, mit der Erzeugung von Legehennenküken der auf hohe Legeleistung spezialisierten Legelinien ausgerichtet auf den für ihn verfügbaren Absatzmarkt. Die Änderung der Nachfrage auf Legehennenküken der Zweinutzungsrassen liegt außerhalb seiner Möglichkeiten.
141Andere Gesichtspunkte, die eine vom Vorstehenden abweichende Gewichtung der in die Abwägung nach § 1 Satz 2 TierSchG einzustellenden Interessen tragen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Die vom Beklagten geltend gemachte verstärkte Betonung von Tierschutzaspekten bei der Tierhaltung rechtfertigt keine gegenüber der bisherigen Rechtspraxis andere Bewertung der Interessen. Es mag sein, dass das Bewusstsein und die Offenheit der Bevölkerung für die Bedeutung des Tierschutzes bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel in letzter Zeit gestiegen sind. Es mag außerdem sein, dass die Tötung der männlichen Küken als Mittel zur "Beseitigung" von für nutzlos gehaltenen Mitgeschöpfen betrachtet und unter ethischen Gesichtspunkten vermehrt abgelehnt wird. Schließlich mag es sein, dass es sich beim vernünftigen Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG um einen Begriff mit dynamischem Aussagegehalt dergestalt handelt, dass die Veränderung von in der Bevölkerung vertretenen Wert- und Moralvorstellungen zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Gründe für die Tötung von Tieren führen kann. Ungeachtet dessen reicht jedenfalls die vom Beklagten behauptete Wertschätzung des Tierschutzes in der Bevölkerung nicht aus, um die Annahme zu tragen, die Tötung der Küken werde als nicht (mehr) gerechtfertigt bewertet. Eine für eine solche Annahme zumindest unerlässliche mehrheitliche Verfestigung einer Werthaltung, die über eine mehr oder weniger vage gedankliche und verbal bekundete Befürwortung der Verbesserung des Tierschutzes hinausgreift und die angesichts der gegebenen Verhältnisse sonst zu bedenkenden Umstände einbezieht, ist nicht festzustellen. Umso weniger gibt es Anhaltspunkte für einen mehrheitlichen Konsens, dass die Tötung der Küken ethisch unannehmbar ist. Allein die erhöhte Sensibilität von Kreisen der Bevölkerung bietet keine taugliche Grundlage dafür, dem Schutz der Küken ausschlaggebendes Gewicht beizulegen. Zu den Ernährungsgewohnheiten eines sehr großen Teils der Bevölkerung in Deutschland gehört nach wie vor der Verzehr tierischer Lebensmittel, und zwar in einem Maße, das über dasjenige in der Vergangenheit weit hinausgeht. Ebenso gehört die Orientierung am Preis von Lebensmitteln zu den typischen und für das eigene Verhalten wichtigen, vielfach aufgrund der wirtschaftlichen Lebensverhältnisse unumgänglichen Gewohnheiten von Verbrauchern. Das wird bezogen auf Geflügel dadurch verdeutlicht, dass die Nachfrage nach Geflügelfleisch aus Mastrassen und nach kostengünstigen Eiern unverändert hoch ist, während es für eine in nennenswertem Umfang bislang nicht gedeckte Nachfrage nach Fleisch von Hähnen aus Legelinien oder aus Zweinutzungsrassen oder nach Stubenküken keinen substantiellen Anhaltspunkt gibt, obwohl die Tötung der männlichen Küken seit geraumer Zeit in der Öffentlichkeit diskutiert und dort nach dem Dafürhalten des Beklagten abgelehnt wird. Der Beklagte hält es bezogen auf diese Formen der Vermarktung lediglich für denkbar, eine entsprechende Nachfrage zu wecken. Er bezeichnet aber keinen vor dem Hintergrund der großen Zahl der entstehenden männlichen Küken aus Legelinien sowie der konkurrierenden Produkte plausiblen Anhalt für mehr als völlig ungesicherte Erfolgsaussichten von Bemühungen in dieser Richtung. Bei der anzunehmenden Ertragsorientierung der Geflügelwirtschaft deutet nichts Konkretes darauf hin, dass eine wirtschaftlichen Erfolg versprechende Nutzung der männlichen Küken unterbleibt. Es entbehrt einer tragfähigen Grundlage, das geltend gemachte Bewusstsein der Bevölkerung für Belange des Tierschutzes unter dem Gesichtspunkt rechtlicher oder ethischer Wertungskriterien als für die vorherrschenden Wertvorstellungen aussagekräftiger zu betrachten als das Nachfrageverhalten der Bevölkerung. Ebenso ist kein Umstand ersichtlich, der es rechtfertigen würde, die im Verbraucherverhalten zum Ausdruck gebrachte Entscheidung als weniger bedeutsam für das sittliche Empfinden der Bevölkerung zu betrachten als das vom Beklagten als fortschrittlich angesehene Bewusstsein. Die in der parlamentarischen Diskussion der Tötung der Küken mehrheitlich vertretene Auffassung, es fehle hierzu bislang an einer erforderlichen tauglichen Alternative, spricht eindeutig dagegen.
142Wirtschaftlich entscheidend für die Geflügelwirtschaft insgesamt ist, ob sich die vorgetragene erhöhte Wertschätzung des Tierschutzes im Verhalten von Verbrauchern äußert, und für die einzelne Brüterei, also auch für den Kläger, ob das Verbraucherverhalten die Endverkäufer der tierischen Produkte sowie die Lege- und Mastbetriebe dazu bewegt, ihre Nachfrage nach Küken zu ändern. Es gibt keine Erkenntnisse oder verlässlichen Prognosen, die für das Bestehen einer solchen Situation oder auch nur für eine entsprechende spürbare Entwicklung sprechen könnten. Die vom Beklagten angeführte Zunahme der Beachtung der Praktiken bei der Tierhaltung durch Verbraucher ist ohne Zahlenmaterial zu den erreichten oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in überschaubaren Zeiträumen erreichbaren Größenordnungen und -verhältnisse unergiebig; aussagekräftige Daten zu den diesbezüglichen Marktanteilen und sonstigen Umständen fehlen. Da allein in Nordrhein-Westfalen wegen der ministeriellen Weisung vom 26. September 2013 von der Untersagung der Tötung der männlichen Küken jährlich ca. 2,5 Millionen Tiere betroffen sind, kann nur ein sich annähernd in dieser Größenordnung auswirkendes Verbraucherverhalten Bedeutung für die Gewichtung der wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der Küken erlangen. Legt man den rechtlichen Standpunkt des Beklagten zu § 1 Satz 2 TierSchG zugrunde, sind sogar die bundesweit ca. 45 Millionen männlichen Küken jährlich in den Blick zu nehmen.
143Abgesehen davon sind für die Gewichtung der im Rahmen von § 1 Satz 2 TierSchG zu berücksichtigenden Interessen rechtliche Wertungen maßgeblich, nicht Einstellungen nicht näher bestimmter Teile der Bevölkerung. Rechtliche Wertungen vorzunehmen und vorzugeben ist insoweit Sache des Gesetzgebers, dem hierfür ein weitgespannter Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht. Der Bundestag hat im Zuge der Behandlung einer gegen die Tötung der männlichen Küken gerichteten parlamentarischen Initiative
144- vgl. BT-Drucks. 18/4328 -
145mehrheitlich unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass aus seiner Sicht die Tötung der männlichen Küken gegenwärtig nicht Ausdruck und Ergebnis eines behördlichen Vollzugsdefizits bei der Durchsetzung von § 1 Satz 2 TierSchG, sondern bis zur Gebrauchstauglichkeit bislang fehlender Alternativen in Gestalt von Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Ei gerechtfertigt ist.
146Vgl. BT-Drucks. 18/7726, S. 4 f.; BT-Prot. 18/161 (S. 15926).“
147Da die Untersagungsverfügung rechtswidrig ist, kann auch die darauf gestützte Zwangsgeldandrohung keinen Bestand haben.
1483.
149Die Kostenentscheidung beruht, soweit die Klage zurückgenommen ist, auf §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Mit dem vorliegenden Urteil war einheitlich über die gesamten Kosten des Rechtsstreits quotenmäßig zu entscheiden, was zu der tenorierten Kostenentscheidung führt.
150Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
151Die Berufung gegen das Urteil wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Münster Urteil, 17. Aug. 2016 - 1 K 81/14
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Münster Urteil, 17. Aug. 2016 - 1 K 81/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder - 2.
einem Wirbeltier - a)
aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder - b)
länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder - 2.
einem Wirbeltier - a)
aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder - b)
länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
(1) Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, soweit sie zu einem der folgenden Zwecke unerlässlich sind:
- 1.
Grundlagenforschung, - 2.
sonstige Forschung mit einem der folgenden Ziele: - a)
Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Beschwerden bei Menschen oder Tieren, - b)
Erkennung oder Beeinflussung physiologischer Zustände oder Funktionen bei Menschen oder Tieren, - c)
Förderung des Wohlergehens von Tieren oder Verbesserung der Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren,
- 3.
Schutz der Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlbefindens von Menschen oder Tieren, - 4.
Entwicklung und Herstellung sowie Prüfung der Qualität, Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit von Arzneimitteln, Lebensmitteln, Futtermitteln oder anderen Stoffen oder Produkten mit einem der in Nummer 2 Buchstabe a bis c oder Nummer 3 genannten Ziele, - 5.
Prüfung von Stoffen oder Produkten auf ihre Wirksamkeit gegen tierische Schädlinge, - 6.
Forschung im Hinblick auf die Erhaltung der Arten, - 7.
Aus-, Fort- oder Weiterbildung, - 8.
gerichtsmedizinische Untersuchungen.
- 1.
an einer Hochschule, einer anderen wissenschaftlichen Einrichtung oder einem Krankenhaus oder - 2.
im Rahmen einer Aus-, Fort- oder Weiterbildung für Heil- oder Heilhilfsberufe oder naturwissenschaftliche Hilfsberufe.
(2) Bei der Entscheidung, ob ein Tierversuch unerlässlich ist, sowie bei der Durchführung von Tierversuchen sind folgende Grundsätze zu beachten:
- 1.
Der jeweilige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist zugrunde zu legen. - 2.
Es ist zu prüfen, ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob zur Erreichung des mit dem Tierversuch angestrebten Ergebnisses eine andere Methode oder Versuchsstrategie, die ohne Verwendung eines lebenden Tieres auskommt und die nach dem Unionsrecht anerkannt ist, zur Verfügung steht. - 3.
Versuche an Wirbeltieren oder Kopffüßern dürfen nur durchgeführt werden, wenn die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind. - 4.
Schmerzen, Leiden oder Schäden dürfen den Tieren nur in dem Maße zugefügt werden, als es für den verfolgten Zweck unerlässlich ist; insbesondere dürfen sie nicht aus Gründen der Arbeits-, Zeit- oder Kostenersparnis zugefügt werden. - 5.
Versuche an Tieren, deren artspezifische Fähigkeit, unter den Versuchseinwirkungen zu leiden, stärker entwickelt ist, dürfen nur durchgeführt werden, soweit Tiere, deren derartige Fähigkeit weniger stark entwickelt ist, für den verfolgten Zweck nicht ausreichen.
(3) Tierversuche zur Entwicklung oder Erprobung von Waffen, Munition und dazugehörigem Gerät sind verboten.
(4) Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika sind grundsätzlich verboten. Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen zu bestimmen, soweit es erforderlich ist, um
- 1.
konkrete Gesundheitsgefährdungen abzuwehren, und die notwendigen neuen Erkenntnisse nicht auf andere Weise erlangt werden können, oder - 2.
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union durchzuführen.
(5) Ein Tierversuch gilt als abgeschlossen, wenn
- 1.
keine weiteren Beobachtungen mehr für den Tierversuch anzustellen sind oder, - 2.
soweit genetisch veränderte, neue Tierlinien verwendet werden, - a)
an der Nachkommenschaft keine weiteren Beobachtungen mehr anzustellen sind und - b)
nicht mehr erwartet wird, dass die Nachkommenschaft auf Grund der biotechnischen oder gentechnischen Veränderungen Schmerzen oder Leiden empfindet oder dauerhaft Schäden erleidet.
(6) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
auf Versuche an Tieren in einem Entwicklungsstadium vor der Geburt oder dem Schlupf zu erstrecken, soweit dies zum Schutz dieser Tiere auf Grund ihrer Fähigkeit, Schmerzen oder Leiden zu empfinden oder Schäden zu erleiden, und zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Union erforderlich ist.(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder - 2.
einem Wirbeltier - a)
aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder - b)
länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger betreibt im Kreisgebiet des Beklagten eine Brüterei zum Bebrüten von Hühnereiern. Die Bruteier stammen von Hennen aus Zuchtlinien, die auf hohe Legeleistung ausgerichtet sind. Die männlichen Tiere dieser Zuchtlinien sind für die Fleischerzeugung weniger geeignet als diejenigen aus spezialisierten Mastlinien. Daher werden die männlichen Küken der Legelinien in den Brütereien üblicherweise kurz nach dem Schlüpfen als sogenannte Eintagsküken getötet. In Deutschland betraf das im Jahr 2012 etwa 45 Millionen männliche Küken, wovon auf die Brütereien in Nordrhein-Westfalen etwa 5,4 % entfielen. In der Brüterei des Klägers werden zur Erzeugung von Hennenküken jährlich ca. 200.000 Eier ausgebrütet und ca. 100.000 männliche Küken getötet.
3Im Juli 2013 stellte die Staatsanwaltschaft Münster ein wegen der Tötung männlicher Eintagsküken geführtes Ermittlungsverfahren gegen den Betreiber einer Brüterei ein. Zur Begründung gab sie an, die Tötung der männlichen Küken verstoße gegen § 17 TierSchG; darüber habe sich der Beschuldigte aber in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung forderte das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) mit Erlass vom 26. September 2013 auf, die Kreisordnungsbehörden des Landes anzuweisen, die übliche Praxis des Tötens männlicher Eintagsküken zu untersagen. Hierzu erstellten das MKULNV und das LANUV in der Folgezeit eine Musterverfügung.
4Der Beklagte gab dem Kläger unter dem 15. Oktober 2013 Gelegenheit, zur beabsichtigten Untersagung der Tötung der männlichen Küken Stellung zu nehmen. Der Kläger machte geltend: Die Tötung der männlichen Küken verstoße nicht gegen § 1 Satz 2 TierSchG. Die Küken seien als Masttiere nicht zu vermarkten. Sie würden nach ihrer Tötung verkauft und als Tierfutter verwendet. Von der Tötung der Küken seien die konventionelle und die ökologische Hennenhaltung gleichermaßen betroffen. Es gebe zu ihr keine Alternative. Die Untersagung sei nicht verhältnismäßig. Sie gefährde die wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs und beeinträchtige seine, des Klägers, Berufsausübung. Dem Beklagten sei seine betriebliche Situation bekannt. Die Entscheidung, ob die seit Jahrzehnten unbeanstandete europaweite Praxis der Tötung der Küken untersagt werden solle, sei Sache des Gesetzgebers.
5Mit Ordnungsverfügung vom 19. Dezember 2013 untersagte der Beklagte dem Kläger unter Androhung von Zwangsgeld ab dem 1. Januar 2015 die Tötung männlicher, nicht zur Schlachtung geeigneter Küken (Nr. 1). Ausgenommen hiervon wurde die Tötung männlicher Küken, die nicht schlüpffähig sind (Nr. 2 Buchstabe a), die aufgrund einer Erkrankung oder Verletzung nicht ohne erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben können (Nr. 2 Buchstabe b) oder bei denen zum Zeitpunkt der Tötung nachweislich feststeht, dass die Tierkörper an solche Tiere verfüttert werden, deren artgerechte Ernährung die Fütterung ganzer Tierkörper in dieser Größe zwingend erfordert (Nr. 2 Buchstabe c). Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die Tötung der männlichen Küken verstoße gegen § 1 Satz 2 TierSchG. Sie erfolge ohne vernünftigen Grund im Sinne dieser Vorschrift. Die Küken würden getötet, weil sie wegen der einseitigen Ausrichtung des Betriebs auf die Produktion von Legehennen und der damit verbundenen verminderten Fleischansatzleistung nicht für Mastzwecke bestimmt und geeignet seien. Rein ökonomische Gründe genügten aber nicht als vernünftiger Grund. Die getöteten Küken würden nur deshalb zu Futterzwecken verwendet, weil sie ein nicht gewolltes und anders nicht wirtschaftlich nutzbares Produktionsergebnis seien. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines vernünftigen Grundes seien auch gesellschaftliche Bewertungen und im Lauf der Zeit wandelbare Anschauungen zu berücksichtigen. Das öffentliche Bewusstsein für den Tierschutz habe sich gewandelt. Vor diesem Hintergrund sei die Tötung der Küken nicht mehr zu rechtfertigen. Eine gesetzliche Grundlage, die die Tötung der Küken zulasse, gebe es nicht. Der Umstand, dass die Tötung der Küken behördlich lange Zeit nicht untersagt worden sei, stelle lediglich eine Duldung dar, die kein schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich der Fortsetzung des Verhaltens begründen könne. Von dem Ermessen werde unter Berücksichtigung der Weisung des Landes Gebrauch gemacht. Die Untersagung sei zur Verhinderung der Tötung der Küken erforderlich und angemessen. Sie werde dem Betrieb des Klägers nicht die Existenzgrundlage entziehen. Die Vermarktung der getöteten Küken sei lediglich ein Nebenaspekt des Betriebs. Die Küken könnten zu Mastzwecken verwendet werden. Der Betriebsbereich der Erzeugung weiblicher Küken werde durch die Untersagung nicht berührt. Die wirtschaftliche Situation des Betriebs und dessen Gefährdung seien vom Kläger nicht konkret dargetan worden. Mit der eingeräumten Frist erhalte der Kläger genügend Zeit zur Umstellung des Betriebs.
6Der Kläger hat am 14. Januar 2014 Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Untersagungsanordnung sei nicht hinreichend bestimmt. Sie sei auch inhaltlich rechtswidrig. Die männlichen Küken würden mit vernünftigem Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG getötet. Zur Feststellung eines solchen Grundes sei eine Interessenabwägung geboten. Dabei seien auch rein wirtschaftliche Gesichtspunkte beachtlich. Die Küken würden bei der Erzeugung von Hennenküken zur Eierproduktion unvermeidbar mit ausgebrütet. Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei befänden sich noch im Forschungsstadium und seien noch nicht praxistauglich. Für die Mast seien die männlichen Küken ungeeignet. Es gebe bei Geflügelmästern keine Nachfrage nach ihnen und keine Absatzmöglichkeiten für sie. Versuche, sie an Mastbetriebe abzugeben, seien gescheitert. Die Aufzucht der Küken führe daher zu einem widersinnigen Einsatz finanzieller Mittel und einem ökologisch unvertretbaren Verbrauch von Futter, Energie und Stallflächen sowie zum Entstehen vermeidbarer Emissionen. Im Fall der Aufzucht der Küken zu Mastzwecken würden die Tiere lediglich später und aus einem anderen Grund getötet. Die Zucht eines marktfähigen Zweinutzungshuhns sei noch nicht gelungen. Bislang gebe es für derartige Hühner und für Masthähnchen aus Legelinien nur ganz kleine Marktnischen. Auch für eine Vermarktung als Stubenküken gebe es keine tragfähige Nachfrage. Die Tötung der Küken sei deshalb Teil der nachfragegerechten Produktion von Eiern und sichere im öffentlichen Interesse die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Zudem diene sie der Erzeugung von Tierfutter. Sie sei seit Jahrzehnten bundesweit und international üblich. Den Behörden sei sie seit langem bekannt und werde in anderen Bundesländern sowie dem europäischen Ausland nach wie vor nicht beanstandet. Auch die Bundesregierung gehe von einem vernünftigen Grund für die Tötung der Küken aus. Ferner werde die Tötung der Küken sinngemäß durch Vorschriften der Tierschutz-Schlachtverordnung und der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates zugelassen oder zumindest als zulässig vorausgesetzt. Bei einer rechtlichen Neubewertung des Vorliegens eines vernünftigen Grundes für die Tötung der Küken sei zu berücksichtigen, dass es zu ihr bislang praktisch keine Alternative gebe. Eine solche Neubewertung sei eine politische Richtungsentscheidung mit erheblicher Tragweite für die Lebensmittelproduktion und auch wegen des intensiven Eingriffs in die Grundrechte der Tierhalter Sache des Gesetzgebers. Eine Veränderung der Wertvorstellungen in der Bevölkerung sei nicht festzustellen. Insbesondere gebe es kein aussagekräftiges Nachfrageverhalten. Vielmehr seien die Verbraucher sehr preissensibel. Die Untersagung der Tötung der Küken beeinträchtige die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Brutbetriebe und, würden die Kosten der Aufzucht der Küken über den Verkauf der Eier finanziert, auch der Legehennenbetriebe. Sie führe lediglich zu einer Verlagerung der Bruttätigkeit in Brütereien in anderen Bundesländern oder im Ausland. Dem Tierschutz sei damit nicht gedient. Der Beklagte blende die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die arbeitsteilige Produktion von Hühnern sowie Eiern ebenso aus wie das Verbraucherinteresse an kostengünstigen tierischen Produkten. Er verkenne die Verfügbarkeit der spezialisierten Zuchtlinien innerhalb der internationalen Geflügelproduktion als den Kern des Problems. Er, der Kläger, habe auf die Spezialisierung der Zuchtlinien und auf die Nachfrage nach Legehennen und Masthähnchen der jeweiligen spezialisierten Rassen keinen Einfluss. Er verfüge auch nicht über die finanziellen Mittel und die Ställe für die Aufzucht der männlichen Küken. Für ihn sei deren Aufzucht mit unlösbaren Problemen und existenzvernichtenden Mehrkosten verbunden. Die Untersagungsanordnung führe zur Einstellung des Brutgeschäfts und in deren Folge zur Stilllegung des gesamten Betriebs. Der Beklagte habe sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Er habe auf Weisung gehandelt und die wesentlichen Umstände nicht richtig und vollständig erkannt sowie berücksichtigt. Dabei habe er die wirtschaftlichen Folgen der Untersagungsanordnung für ihn, den Kläger, nicht ausreichend aufgeklärt und berücksichtigt. Die ministeriellen Ermessenserwägungen seien ebenfalls fehlerhaft. Die eingeräumte Übergangsfrist sei zu kurz bemessen. Das angedrohte Zwangsgeld sei überhöht.
7Der Kläger hat beantragt,
8die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Dezember 2013 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat ergänzend zu den Ausführungen in der Ordnungsverfügung vorgetragen: Die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit der Untersagungsanordnung seien gewahrt. Für die Untersagung der Tötung der Küken bedürfe es keiner spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage. § 1 Satz 2 TierSchG stelle eine ausreichende Grundentscheidung des Gesetzgebers zur Tötung von Tieren dar. In der Vergangenheit sei die Tötung der männlichen Küken behördlich lediglich geduldet worden. Das habe keine Legalisierung der Tötung und keine Selbstbindung bewirkt. Für die Tötung gebe es keinen vernünftigen Grund. Die mit ihr verfolgten Interessen wögen weniger schwer als der hierdurch hervorgerufene Schaden an den Tieren. Zwar diene die Tötung dem objektiv legitimen Zweck der Vermeidung der Aufzuchtkosten und sei insofern möglicherweise auch erforderlich. Sie sei jedoch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Als mildere Alternativen zur Tötung der Küken kämen die Geschlechtsbestimmung im Ei mit nachfolgender Verwertung der Eier mit männlicher DNA, die Verwendung von Zweinutzungshühnern, die Mast der Küken zur Verwertung im Rahmen eines Projekts wie etwa der Bruderhahn Initiative oder zur Vermarktung als Stubenküken und die längere Nutzung von Legehennen in Betracht. Vor allem bei kleineren Betrieben wie demjenigen des Klägers seien die Alternativen zur Aufzucht und Vermarktung der Küken praktikabel. Bestrebungen des Klägers, einen Markt für den Absatz der Küken zu erschließen, seien nicht erkennbar. Der Kläger könne die Küken in den vorhandenen Ställen aufziehen. Seine Angaben zur Notwendigkeit der Aufgabe des Betriebs seien nicht genügend substantiiert. Der Kläger sei darlegungs- und beweispflichtig für die Umstände, aus denen er ein Recht zur Tötung der Küken herleiten wolle. Zumindest bis zur Etablierung der Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei oder zur Verwendung von Zweinutzungsrassen sei ihm der Aufwand für die Aufzucht und Vermarktung der Küken nach dem Konzept etwa der Bruderhahn Initiative zuzumuten. Die Vermarktung der Küken biete die Gelegenheit zur Kompensation von mit der Aufzucht verbundenen wirtschaftlichen Einbußen. Selbst wenn aber die Alternativen zur Tötung der Küken nicht genügend effektiv seien, sei die Tötung nicht angemessen. Das ergebe sich aus dem Rechtsgedanken von § 7a Abs. 2 Nr. 4 TierSchG. Die Tötung sei der größtmögliche Schaden für die Küken und betreffe etwa jedes zweite Küken der Legerassen. Das sei unvereinbar mit den mehrheitlich konsensfähigen Anschauungen der Bevölkerung und der rechtlichen Entwicklung des Tierschutzrechts unter anderem durch die Normierung des hierauf bezogenen Staatsziels. Die Tötung verstoße gegen den Grundgedanken der Mitgeschöpflichkeit von Tieren. Bei einem rein ökonomischen Maßstab für das Vorliegen eines vernünftigen Grundes bestehe die Gefahr der Aushöhlung der Grundkonzeption des Tierschutzgesetzes als ethisch ausgerichteten Tierschutzes. Eingriffe in vitale Interessen von Tieren dürften allein zur Wahrung vergleichbar lebenswichtiger menschlicher Interessen vorgenommen werden. Auch das Verbraucherinteresse an der kostengünstigen Produktion von Lebensmitteln werde durch das Tierschutzrecht begrenzt. Die Vorschriften zum Schlachten von Tieren regelten lediglich die Art und Weise der Tötung von Küken.
12Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die tierschutzrechtliche Generalklausel nach § 16a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Satz 2 TierSchG reiche zur Rechtfertigung der Untersagung der Tötung der männlichen Küken nicht aus. Die Untersagung greife derart massiv in die Berufsfreiheit des Klägers ein, dass die Freiheit der Berufswahl betroffen sei. Eine rechtliche Neubewertung des seit Jahrzehnten für zulässig erachteten Brutgeschäfts obliege dem parlamentarischen Gesetzgeber. Brauchbare Alternativen zur Tötung der Küken gebe es für den Kläger tatsächlich nicht. Auch wegen der möglichen Strafbarkeit der Tötung der Küken sei eine spezialgesetzliche Regelung notwendig. Jedenfalls sei die Untersagungsanordnung ermessensfehlerhaft ergangen.
13Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten.
14Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte ergänzend und vertiefend vor: § 16a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Satz 2 TierSchG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für die Untersagung der Tötung der Küken dar. Zumindest könnten die Vorschriften aufgrund überwiegender Gründe des Gemeinwohls vorübergehend herangezogen werden. Die Untersagung greife nicht in die Freiheit der Berufswahl des Klägers ein, sondern beschränke ihn lediglich in der Ausübung seines Berufs. Unabhängig vom Stand der Forschung der Geschlechtsbestimmung im Ei gebe es jedenfalls für kleinere Betriebe wie denjenigen des Klägers mit dem Zweinutzungshuhn, der Mast männlicher Küken von Legelinien nach dem Konzept etwa der Bruderhahn Initiative und der Vermarktung als Stubenküken brauchbare Möglichkeiten der Lebendvermarktung und damit vorzugswürdige Alternativen zur Tötung der Küken. Die Anwendung der Alternativen sei dem Kläger jedenfalls bis zur Marktreife der Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Ei zuzumuten. Für die systematische Tötung der Küken gebe es keinen vernünftigen Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG. Der Kläger töte die Küken vornehmlich zur Vermeidung eigener wirtschaftlicher Verluste. Die wirtschaftliche Ausrichtung sei zwar als solche legitim. Sie sei aber dem gebotenen Schutz der Küken als Mitgeschöpfe nicht angemessen. Die Tötung sei unvereinbar mit den Grundprinzipien des Tierschutzes. Sie widerspreche unabhängig vom Stand der Forschungsvorhaben zur Geschlechtsbestimmung im Ei den Wert- und Gerechtigkeitsvorstellungen der Mehrheit der Verbraucher. Diese Vorstellungen manifestierten sich im Kaufverhalten. Eine Lebensmittelproduktion, die ein Dasein des Tiers als Lebewesen nicht einmal in Ansätzen ermögliche, sei unvereinbar mit der erreichten moralischen Sensibilisierung. Die Tötung außermenschlichen Lebens sei auf die Deckung des Lebensbedarfs und die Abwehr von Gefahren zu beschränken. Auch in anderen Bundesländern und auf Bundesebene gebe es Bestrebungen, die Untersagung der Tötung der Küken zu veranlassen. Er, der Beklagte, habe sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Der Kläger habe die wirtschaftlichen Auswirkungen der Untersagung für seinen Betrieb nicht konkret und substantiiert dargetan. Er habe auch nicht dargetan, warum es für die männlichen Küken keine Absatzmöglichkeiten gebe. Er wirke insoweit nicht mit.
15Der Beklagte beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend und vertiefend trägt er vor: Der Maßstab des vernünftigen Grundes im Sinne vom § 1 Satz 2 TierSchG sei nicht geeignet, die gewollte grundlegende Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Produktion von Legehennen zu stützen und die hierfür notwendige politische Debatte zu ersetzen. Entscheidend für das Vorliegen eines vernünftigen Grundes sei, ob es überhaupt einen vernünftigen Grund gebe, und nicht die Ermittlung der für den Tierschutz optimalen Alternative oder eine umfassende Prüfung der Angemessenheit. Die Tötung sei vernünftig, weil sie wegen fehlender Absatzmöglichkeiten an Mastbetriebe praktisch alternativlos und wirtschaftlich unvermeidlich sei. Hiervon gingen auch die Bundesregierung und andere Bundesländer aus. Er, der Kläger, habe keine Alternative zur Tötung der Küken und müsse die Brüterei, die seine berufliche Existenzgrundlage bilde, zur Befolgung der Untersagungsanordnung aufgeben. Die Haltungskosten für die nicht absetzbaren Hähne seien im Wettbewerb mit Brütereien, die an der bisherigen Praxis festhielten, nicht zu erwirtschaften. Der Beklagte verkenne die Gründe für die Tötung. Für den Tierschutz sei bei den auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkten Untersagungsanordnungen und der deshalb zu erwartenden räumlichen Verlagerung der Bruttätigkeit nichts gewonnen. Der eigentliche Grund für die Tötung der Küken liege in der Nachfrage der Verbraucher nach kostengünstigen Eiern und der kostenbewussten Nachfrageorientierung der Erzeuger sowie der Existenzsicherung im Wettbewerb. Es sei widersprüchlich, die Verfütterung ganzer Körper von getöteten Küken an bestimmte Tiere als vernünftigen Grund zu akzeptieren, die Verwendung der getöteten Küken für andere Futtermittelzwecke aber hiervon auszunehmen. Die gebotene einzelfallbezogene Interessenabwägung sei unterblieben. Die Auswirkungen der Untersagungsanordnung seien nicht vollständig und zutreffend ermittelt sowie gewürdigt worden. Jedenfalls sei die Übergangsfrist wegen der zumindest früher rechtmäßigen Tötung der Küken und des gebotenen Vertrauensschutzes bei weitem zu kurz. Nach der ministeriellen Weisung vom 26. September 2013 diene die Untersagungsanordnung lediglich der Klärung der Rechtslage. Die Einstellung des Brutgeschäfts erfordere schon wegen der Lieferzeit der zu bebrütenden Eier einen zeitlichen Vorlauf von etwa 21 Monaten.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die Berufung hat keinen Erfolg.
23Die angefochtene Ordnungsverfügung des Beklagten vom 19. Dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Als Rechtsgrundlage für die unter Nr. 1 der Ordnungsverfügung angeordnete und durch die Ausnahmen unter Nr. 2 der Ordnungsverfügung eingegrenzte Untersagung der Tötung der männlichen, nicht zur Schlachtung geeigneten Küken kommt allein § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG in Betracht. Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.
25Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung anhand dieser Vorschrift ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Sach- und Rechtslage maßgeblich. Die Untersagungsanordnung erschöpft sich nicht in einer einmaligen Verpflichtung des Klägers, sondern begründet ein auf Dauer gerichtetes Verbot. Bei der Anfechtungsklage gegen einen solchen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kommt es grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 - 3 C 15.12 -, BVerwGE 148, 28, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
27Auf die hier angefochtene Ordnungsverfügung findet keine von diesem Grundsatz abweichende gesetzliche Bestimmung Anwendung.
28§ 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG ist eine taugliche Rechtsgrundlage für den Erlass der Untersagungsanordnung. Die Vorschrift bildet die allgemeine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass behördlicher Anordnungen zur Durchsetzung des Tierschutzrechts. Sie begründet nach ihrem Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck für die zuständige Behörde die generelle Befugnis, durch Verwaltungsakt vorbehaltlich spezieller Vorschriften Regelungen zur Einhaltung des Tierschutzrechts zu treffen. Die Befugnis wird durch § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG für beispielhaft genannte Fallgruppen ("insbesondere"), in denen die Behörde im Einzelnen beschriebene Anordnungen erlassen bzw. Maßnahmen ergreifen darf, konkretisiert und für weitere Konstellationen unter anderem durch § 16a Abs. 2 und 3 TierSchG ergänzt. Das entspricht dem Regelungskonzept von § 69 AMG, dem § 16a Abs. 1 TierSchG nachgebildet ist
29- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 12. Januar 2012 - 7 C 5.11 -, NVwZ 2012, 1184 -
30und der als generelle Ermächtigung zur Beseitigung begangener oder zur Verhütung bevorstehender Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften anerkannt ist.
31Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Oktober 2012 - 3 C 25.11 -, BVerwGE 144, 355, und vom 19. Oktober 1989 - 3 C 35.87 -, NJW 1990, 2948.
32Die umfassende Ermächtigung der Behörde, festgestellten und künftigen Verstößen durch notwendige Anordnungen zu begegnen, genügt höherrangigem Recht. Insbesondere ist das im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) wurzelnde Erfordernis gewahrt, dass das Parlament in grundlegenden normativen Bereichen, vor allem im Bereich der Grundrechtsausübung, die wesentlichen Fragen selbst entscheiden muss.
33Vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, BVerfGE 108, 282 (311 f.), und Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89 (126 f.).
34Das gilt ungeachtet dessen, dass sich die Ermächtigung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG, klammert man ihre Verdrängung im Anwendungsbereich spezieller Bestimmungen aus, in der Art einer Generalklausel auf sämtliche Verstöße gegen das Tierschutzrecht bezieht und auf der Rechtsfolgenseite der Vorschrift mit dem Begriff der "notwendigen Anordnungen" ein weiter und einzelfallbezogen näher ausfüllungsbedürftiger Rahmen abgesteckt ist. Damit werden von der Ermächtigung zwar neben Verstößen, die etwa bei einem der bloßen Freizeitgestaltung dienenden Umgang mit einzelnen Tieren auftreten, auch solche erfasst, die beim Halten von landwirtschaftlichen Nutztieren zu Erwerbszwecken oder bei der Durchführung von Tierversuchen zu wissenschaftlichen Zwecken begangen werden und dementsprechend in engem Zusammenhang stehen mit durch Grundrechte besonders geschützten Betätigungen. Das führt jedoch auf der Ebene der für die Handlungsfähigkeit der Behörden wichtigen Ermächtigung zur Durchsetzung des Tierschutzrechts nicht zu Anforderungen, die von § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG nicht erfüllt werden.
35Das Eingreifen der Ermächtigung ist bedingt durch Verstöße gegen verbindliche Anforderungen, die ihrerseits in den wesentlichen Umrissen durch einschlägige tierschutzrechtliche Regelungen festzulegen sind. Die Anforderungen müssen, sieht man von unmittelbar geltenden europarechtlichen Bestimmungen ab, entweder direkt im parlamentarisch erlassenen Tierschutzgesetz oder in den auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen geregelt sein. Zweifelsfragen, ob ein bestimmtes Verhalten gegen derartige Vorschriften verstößt oder nicht, sind anhand ihres jeweiligen Regelungsgehalts zu beantworten, der wiederum mit höherrangigem Recht im Einklang stehen muss. Dementsprechend kommt es für die inhaltliche Reichweite der Ermächtigung durch § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG entscheidend auf die anderweitig vorgegebenen und, soweit sie aus nationalem Recht folgen, in den "wesentlichen" Punkten gesetzlich bestimmten Maßstäbe für ein in Übereinstimmung mit Tierschutzrecht stehendes Verhalten an.
36Die auf der Rechtsfolgenseite der Ermächtigung angeordnete Beschränkung auf die notwendigen Anordnungen bringt, übereinstimmend mit der durch die ordnungsbehördliche Generalklausel (§ 14 Abs. 1 OBG NRW) zugestandenen Befugnis, zur Gefahrenabwehr die notwendigen Maßnahmen zu treffen, und der vergleichbaren Befugnis nach § 69 Abs. 1 AMG als ausschlaggebenden Maßstab für das behördliche Einschreiten den im Verwaltungsrecht generell geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck. Dieser Maßstab ist unter anderem im Ordnungsrecht, zu dem das Tierschutzrecht in den vorliegend entscheidungserheblichen Regelungen gehört, seit langem gebräuchlich und wird in den einzelnen Anforderungen inhaltlich durch die allgemein anerkannten Kriterien der Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (vgl. § 15 OBG NRW) hinreichend konkretisiert. Die Anordnung muss zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein und bei der Abwägung zwischen der Schwere der Belastung des Betroffenen sowie dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit wahren. Das wird durch die in § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG beispielhaft näher ausgeformten behördlichen Befugnisse noch weiter verdeutlicht.
37Die Untersagungsanordnung steht indessen nicht im Einklang mit § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG.
38Die untersagte Tötung der männlichen, nicht zur Schlachtung geeigneten Küken verstößt nicht gegen tierschutzrechtliche Vorschriften.
39Ein solcher Verstoß ist allein in Bezug auf § 1 Satz 2 TierSchG in Erwägung zu ziehen. Danach darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
40§ 1 Satz 2 TierSchG ist zur Beurteilung der Übereinstimmung der Tötung der männlichen Küken mit dem Tierschutzrecht heranzuziehen. Die Vorschrift beinhaltet ein rechtswirksames Verbot. Sie scheidet auch nicht als Anknüpfungspunkt für eine Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG deswegen aus, weil es im Hinblick auf ihren Regelungsgehalt und dessen Auswirkungen einer besonderen gesetzlichen Regelung bedürfte. § 1 Satz 2 TierSchG legt mit den Begriffen der Schmerzen, Leiden oder Schäden das Schutzniveau für die Tiere und mit dem Begriff des vernünftigen Grundes die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Schutzgut in einer Weise fest, die dem parlamentarisch zu regelnden Wesentlichen genügt. Das gilt auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Tötung von männlichen Küken der Legehennenrassen.
41Die Vorschrift ist nach ihrem eindeutigen Wortlaut unmissverständlich als ein für alle Tiere und alle Menschen in allen Lebensbereichen geltendes Verbot zu verstehen, ohne vernünftigen Grund einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Das Verbot soll Menschen umfassend davon abhalten, ohne vernünftigen Grund auch nur ein einzelnes Tier einer derartigen Beeinträchtigung auszusetzen. Es ist trotz des direkten systematischen Zusammenhangs mit der Bezeichnung des Zwecks des Tierschutzgesetzes (§ 1 Satz 1 TierSchG) als generalklauselartige Regelung zur Verhinderung von Schmerzen, Leiden oder Schäden verursachendem menschlichem Verhalten und nicht als eine programmatische Leitlinie für die Anwendung der nachfolgenden Bestimmungen konzipiert. § 1 Satz 2 TierSchG ist dazu bestimmt, unmittelbar und aus sich heraus das Wohlbefinden der Tiere im Sinne des Freiseins von Schmerz und Leid sowie die Unversehrtheit im Sinne des Freiseins von Schaden sowie das Leben der Tiere schlechthin zu schützen.
42Vgl. BT-Drucks. VI/2559, S. 9; zu BT-Drucks. VI/3556 (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - 9. Ausschuss -), S. 1 f.; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl., § 1 Rn. 9.
43Die funktionale Ausgestaltung von § 1 Satz 2 TierSchG als unmittelbar geltendes Verbot wird bestätigt durch Straf- und Bußgeldvorschriften. Das Töten eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund steht unter Strafandrohung (§ 17 Nr. 1 TierSchG). Das Zufügen erheblicher Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund ist bei Wirbeltieren für einen bestimmten Personenkreis bußgeldbewehrt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG). Die Tathandlungen setzen voraus, dass sie tierschutzrechtlich verboten sind, und knüpfen mit dem Merkmal des vernünftigen Grundes erkennbar an § 1 Satz 2 TierSchG an.
44Gegenstand und Reichweite des Verbots lassen sich auch vor dem Hintergrund der sich aus der Sanktionierung von Verstößen ergebenden besonderen Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsregeln so konkret erschließen, dass die Handhabung des Verbots nicht der Verwaltung überlassen ist und der jeweilige Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann.
45Vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 2012 - 2 BvL 9/08 u. a. -, BVerfGE 131, 88 (121 ff.), und vom 2. Juni 2008 - 1 BvR 349/04 u. a. -, NVwZ 2008, 1229; Schulze-Fielitz in: Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 113 ff.
46Zwar richten sich die konkreten Anforderungen an die Regelungsdichte parlamentarischer Vorschriften nicht zuletzt nach der Eigenart des jeweiligen Regelungsgegenstandes, also unter anderem nach der Tragweite der Regelung für den Betroffenen und der Grundrechtsrelevanz der behördlichen Maßnahme. Ferner stehen bei einer Verbotsregelung, die - wie hier - (auch) erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Betätigungen in Bezug auf landwirtschaftliche Nutztiere erfasst, typischerweise berufsbezogene Auswirkungen in Rede, die für den Betroffenen wegen der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG von ganz beträchtlichem Gewicht sein können. Das gilt umso mehr dann, wenn, was hier im Raum steht, das Verbot die wirtschaftlichen Grundlagen der Berufsausübung so stark beschneidet, dass es, obwohl es auf die Berufsausübung abzielt, in seinen Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahekommt. Daneben können von § 1 Satz 2 TierSchG die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und weitere Grundrechte berührt sein. Auch ist der Tierschutz ein im Grundgesetz verankerter Gemeinwohlbelang (Art 20a GG).
47Das schließt aber nicht die Verwendung unbestimmter und damit auslegungsbedürftiger Rechtsbegriffe aus. Gegen die Verwendung unbestimmter, also konkretisierungsbedürftiger, Rechtsbegriffe bestehen wegen der auf der Ebene des Gesetzes zu bedenkenden Vielgestaltigkeit der Lebenswirklichkeit selbst im Fall erhöhter Anforderungen an die Bestimmtheit von Vorschriften keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt.
48Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11 u. a. -, BVerfGE 134, 33 (81 f.).
49Das trifft bezogen auf § 1 Satz 2 TierSchG zu. Die grundlegenden Aussagen zu der dort festgelegten Verbotsschwelle sind der Vorschrift im Wege der Auslegung mit genügender Klarheit zu entnehmen.
50Mit den Begriffen Schmerzen, Leiden oder Schäden werden die verbotenen Beeinträchtigungen der Tiere in einer Weise bezeichnet, die angesichts des Zwecks des Gesetzes nach § 1 Satz 1 TierSchG, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen, und der Verwendung der Begriffe auch zur Festlegung von Anforderungen an die Haltung von Tieren (u. a. § 2 Nr. 2 TierSchG) sowie von speziellen Verboten (u. a. § 3 Satz 1 Nr. 11 TierSchG) und von Voraussetzungen für eigenständig geregelte Eingriffsbefugnisse (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG) mit genügender Deutlichkeit erkennen lässt, was als nachteilige Beeinflussung des Wohlbefindens und der Unversehrtheit der Tiere zu unterbleiben hat. Aus dem Schutzgut des Verbots, dem durch dieselben Begriffe in Bezug auf speziell geregelte Sachverhalte vorgegebenen Schutzniveau und dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt sich eine hinreichend bestimmte Grundlage für die Konkretisierung der fraglichen Beeinträchtigungen. Diese Konkretisierung wird in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem vorgenommen. Sie hat im Zuge der Rechtsanwendung zu einem gefestigten sowie eindeutigen Verständnis vom Aussagegehalt der einzelnen Begriffe geführt.
51Vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 1 Rn. 12 ff.; Lorz/Metzger, TierSchG, 6. Aufl., § 1 Rn. 19 ff.
52Hinsichtlich des Begriffs des vernünftigen Grundes ist die Reichweite des Verbots ebenfalls genügend klar abgegrenzt. Allerdings ist gesetzlich nicht im Einzelnen festgelegt, was als vernünftiger Grund anzusehen ist. Vielmehr handelt es sich (auch) hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der wegen der uneingeschränkten Erstreckung des Verbots auf jedermann und jedes Tier auf sehr unterschiedliche Sachverhalte Anwendung finden kann. Dennoch bildet der "vernünftige Grund" einen Maßstab für die Ermittlung des Verbotenen, der dem Gegenstand der Regelung und der von ihr ausgehenden Begrenzung von im Ausgangspunkt grundrechtlich geschützten menschlichen Betätigungen hinreichend angepasst ist.
53§ 1 Satz 2 TierSchG ist systematisch eng verknüpft mit dem in § 1 Satz 1 TierSchG genannten Zweck des Tierschutzgesetzes insgesamt. Dieser zielt, wie vor allem aus der Hervorhebung der menschlichen Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf folgt, auf die Sicherstellung eines ethisch ausgerichteten Tierschutzes. Die Ziele des ethisch begründeten Schutzes von Tieren und menschliche Interessen sollen miteinander in Einklang gebracht werden.
54Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1 (37), und Beschluss vom 20. Juni 1978 - 1 BvL 14/77 -, BVerfGE 48, 376 (389); BVerwG, Urteil vom 27. August 1981 - 3 C 37.80 -, BVerwGE 64, 46; Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 1 Rn. 30 ff.
55Der Begriff des vernünftigen Grundes dient dazu, diesen Ausgleich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die Sachverhalte herbeizuführen, die keiner gegenüber § 1 Satz 2 TierSchG speziellen Regelung unterworfen werden. Gefordert wird eine Abwägung zwischen dem Schutz des Lebens und des Wohlbefindens des Tieres einerseits sowie gegenläufigen menschlichen Belangen andererseits. Im Gesetzgebungsverfahren ist ausdrücklich auf das Zusammentreffen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und ethischer Forderungen auf dem Gebiet des Tierschutzrechts hingewiesen sowie als eine zentrale Zielsetzung des Tierschutzgesetzes die Herbeiführung eines Kompromisses zwischen dem ethisch ausgerichteten Tierschutz auf der einen und den Erfordernissen der - als gegeben und ernährungswirtschaftlich notwendig betrachteten - Massentierhaltung auf der anderen Seite hervorgehoben worden.
56Vgl. BT-Drucks. VI/2559, S. 9; zu BT-Drucks. VI/3556, S. 1.
57Ausgehend von Gegenstand und Funktion der Abwägung ist als vernünftig im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG ein Grund anzusehen, dem nach den Umständen des Einzelfalls als Ergebnis der Gegenüberstellung und Bewertung der relevanten Gesichtspunkte der Vorrang vor dem Schutz der Tiere einzuräumen ist. Er muss auf einem anerkennenswerten menschlichen Interesse beruhen sowie unter den konkreten Umständen nach seinem objektiven Gewicht schwerer wiegen als das Interesse am Schutz der Unversehrtheit des Tieres.
58Vgl. hierzu Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 1 Rn. 32 f.
59Die für eine solche Schlussfolgerung erforderliche Bewertung ist hinsichtlich bestimmter Einwirkungen auf Tiere vom Gesetzgeber durch spezielle Regelungen (u. a. §§ 3, 5, 6, 7 ff. TierSchG) selbst vorgenommen worden. Sinn und Zweck von § 1 Satz 2 TierSchG ist es vor dem Hintergrund dieser Regelungen, angesichts der erheblichen Bandbreite und Vielschichtigkeit der verbleibenden potenziell tierschutzrelevanten Sachverhalte sowie der daraus folgenden faktischen Unmöglichkeit, den am Schutzgedanken orientierten Handlungsbedarf vollständig und im Einzelnen vorauszusehen sowie katalogartig zu regeln, die behördliche Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Hierfür bietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in dessen Konkretisierung durch langjährige Anwendung
60- vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008
61- 1 BvR 370/07 u. a. -, BVerfGE 120, 274 (318 ff.), und Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 (345 ff.) -
62auch im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Betätigungen mit Bezug zum Tierschutzrecht hinreichend konkrete Kriterien.
63Vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 -, BVerfGE 104, 337 (347 ff.); BVerwG, Urteile vom 23. November 2006 - 3 C 30.05 -, BVerwGE 127, 183, und vom 27. August 1981 - 3 C 37.80 -, a. a. O.
64Die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfordert zwar Feststellungen und Wertungen, die jeweils für sich und in ihrem Zusammenwirken nicht in jeder Hinsicht durch zwingende normative Vorgaben vorgezeichnet sind. Parlamentarisch unerlässlich festzulegen sind aber nur die für die jeweilige Rechtsanwendung wesentlichen Gesichtspunkte. Das belässt auch dann, wenn grundrechtsrelevante Bereiche berührt sind, notwendig Abgrenzungsfragen, die mit den Mitteln der Auslegung sachgerecht bewältigt werden müssen. Dabei führt auch der Umstand, dass eine Frage - wie hier - politisch umstritten ist, nicht notwendig dazu, dass ihre Regelung als grundlegend und damit wesentlich einzustufen ist.
65Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, a. a. O.
66Die bisherige Auslegung und Anwendung des Merkmals des vernünftigen Grundes zeigt bezogen auf seine Verwendung sowohl in § 1 Satz 2 TierSchG
67- vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteil vom 10. August 2012 - 20 A 1240/11 -, NWVBl. 2013, 74; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 1998 - 12 A 10020/96 -, juris; nachfolgend BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2000 - 3 C 12.99 -, DVBl. 2000, 1061; Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 17 Rn. 9 ff. -
68als auch in § 17 Nr. 1 TierSchG
69- vgl. hierzu etwa OLG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2016 - III - 4 Ws 113/16 -; OLG Sachsen- Anhalt, Urteil vom 28. Juni 2011 - 2 Ss 82/11-, juris; KG Berlin, Beschluss vom 24. Juli 2009 - (4) 1 Ss 235/09 (150/09) -, juris -
70dass die damit potenziell im Einzelfall verbundenen Schwierigkeiten sich in der Regel in Grenzen halten und mittels handhabbarer Kriterien zu bewältigen sind. Meinungsverschiedenheiten und etwaige klärungsbedürftige Aspekte hinsichtlich der Bedeutung einzelner Wertungskriterien und ihres Gewichts stellen das nicht in Frage. Die Abwägung ist gerade angelegt auf die Berücksichtigung sämtlicher entscheidungserheblicher Belange und die Lösung von Konflikten zwischen gegenläufigen Interessen. Das gilt auch bei einer Bewertung überkommener und kontrovers beurteilter Praktiken des Umgangs mit Tieren. Die Feststellung eines vernünftigen Grundes im Sinne des § 1 Satz 2 TierSchG bezieht sich notwendigerweise auf die im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte. Mit diesem zeitlichen Bezug geht einher, dass Veränderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten Anlass zu einer erneuten und im Ergebnis abweichenden Bewertung geben können. Insbesondere können neue Erkenntnisse oder sonstige Entwicklungen zu Verschiebungen des Gewichts einzelner relevanter Aspekte führen. Die richtige Einschätzung der Tragweite derartiger Veränderungen und ihrer Auswirkungen auf die Rechtfertigung einer tierschutzrelevanten Beeinträchtigung von Tieren ist eine Frage der sachgerechten Zusammenstellung und Gewichtung der Belange.
71Vgl. bezogen auf die Tötung von Eintagsküken: OLG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2016 - III - 4 Ws 113/16 -; LG Münster, Beschluss vom 7. März 2016 - 2 KLs -540 Js 290/15 - 7/15 -, AuR 2016, 143.
72Nichts anderes ergibt sich aus den der Anwendbarkeit der allgemeinen ordnungsbehördlichen Generalklausel gezogenen Grenzen, die zu beachten sind im Fall einer verwickelten, in das Gebiet der Weltanschauungen hineinreichenden, abwägenden Wertung einer Mehrzahl verschiedener Schutzinteressen vor allem bei neu aufgekommenen Sachverhalten
73- vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 6 C 3.01 -, BVerwGE 115, 189, und Urteil vom 23. Februar 1960 - I C 240.58 -, BVerwGE 10, 164 -
74oder bei der Durchführung in der ordnungsbehördlichen Praxis häufig vorkommender Maßnahmen eines einheitlichen neuen Typs.
75Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 8. November 2012 - 1 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 6 C 39.06 -, BVerwGE 129, 142.
76Eine solche oder ihr nahekommende Konstellation steht vorliegend nicht in Rede. Vielmehr geht es ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzrechts um eine Abwägung widerstreitender Interessen bei der Anwendung einer auf unterschiedliche Konstellationen zugeschnittenen Verbotsregelung auf die konkrete Situation der in Brütereien zur Erzeugung von Legehennenküken seit langem geübten und gängigen Praxis der Tötung männlicher Küken. Die diesbezüglich aktuell stattfindende Diskussion im politischen Raum
77- vgl. BT-Drucks. 18/6663 und 18/7726; BT-Prot. 18/94 (S. 9008 ff.) und 18/161 (S. 15919 ff.) -
78und die Stellungnahmen in der juristischen Literatur
79- vgl. Bender, NWVBl. 2015, 212; Binder, NuR 2007, 806; Hager, NuR 2016, 108; Ort, NuR 2010, 853; Hirt/Maisack/Moritz, a. a. O., § 17 Rn. 70 f., m. w. N. -
80bringen ebenso wie das Vorbringen der Beteiligten die tierschutzrechtliche Problematik dieser Praxis und deren Komplexität zum Ausdruck. Ein Konflikt zwischen mehreren gleichermaßen zu berücksichtigenden Interessen und Gesichtspunkten ist aber die typische Ausgangssituation für die Abwägung. Die Abwägung ist ein Instrument zur einzelfallbezogenen Lösung von Konflikten und Behebung der mit ihnen verbundenen Rechtsunsicherheit. Sie ermöglicht und gebietet die Berücksichtigung sämtlicher relevanter Belange entsprechend ihrer objektiven Gewichtigkeit und der hierbei einzubeziehenden gesetzlichen Wertungen. Das schließt die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Belange der Menschen ebenso ein wie den Schutz der Tiere und das Bestehen von Alternativen. Die in Rede stehende rechtliche (Neu-)Bewertung eines einzelnen Aspekts beim erwerbswirtschaftlichen Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren ist hiervon nicht ausgenommen. Das Bestehen eines Bedürfnisses nach einer spezifischen gesetzlichen Regelung der Tötung der männlichen Küken ist denn auch im Bundestag angesichts der bestehenden Vorschriften noch in jüngster Vergangenheit mehrheitlich nicht bejaht worden.
81Vgl. BT-Prot. 18/161 (S. 15919 ff.).
82Die Voraussetzungen des hiernach anwendbaren Verbots nach § 1 Satz 2 TierSchG sind nicht erfüllt. Die durch die Ordnungsverfügung untersagte Tötung der männlichen Küken erfolgt nicht ohne vernünftigen Grund im Sinne dieser Vorschrift. Den für die Tötung der Küken sprechenden Gesichtspunkten kommt bei der Abwägung aller relevanten Aspekte der Vorrang vor dem Schutz der Küken zu. Auf Seiten des Tierschutzes fällt dabei besonders ins Gewicht, dass den Küken durch die Tötung unumkehrbar der größtmögliche Schaden für ihre körperliche Unversehrtheit zugefügt wird. Sie werden, obwohl sie Mitgeschöpfe des Menschen sind, ganz zu Beginn ihres Lebens als anders nicht nutzbringend getötet. Dem stehen auf Seiten des Klägers vor allem wirtschaftliche Interessen gegenüber. Diese wiegen jedenfalls wegen der grundgesetzlich gewährleisteten Berufsfreiheit besonders schwer, weil die Küken im Rahmen des erwerbswirtschaftlichen Betriebs der Brüterei getötet werden. Nach gegenwärtigem Stand haben die Belange des Klägers größeres Gewicht.
83Allein der ethische Wert der Küken als Lebewesen entzieht ihr (Weiter-)Leben nicht der Abwägung mit Aspekten der Brauchbarkeit für menschliche Zwecke und der Wirtschaftlichkeit. Tiere stehen trotz ihrer rechtlichen Einstufung als Mitgeschöpfe des Menschen in der gesetzlichen Wertordnung nicht auf einer Stufe mit dem Menschen. Der Tierschutz geht auf ethische Beweggründe zurück und dient ethischen Zielen. Das heißt allerdings nicht, dass die Abwägung auf ethische Aspekte beschränkt ist oder derartige Aspekte bei der nach rechtlichen Kriterien vorzunehmenden Abwägung gemäß § 1 Satz 2 TierSchG auf einer abstrakten Wertungsebene generell einen höheren Rang einnehmen als Interessen an einem aus allein ethischer Sicht "lediglich" wirtschaftlichen Umgang mit Tieren. Namentlich sind wirtschaftliche Gründe, die - wie hier - bei einer auf die Produktion tierischer Lebensmittel ausgerichteten Tätigkeit hinsichtlich der für diese Zwecke ungeeigneten Tiere auftreten und sich zu Lasten des Wohlbefindens oder Lebens der Tiere auswirken, rechtlich nicht von vornherein nachrangig. Die Tierversuche betreffende Regelung des § 7a Abs. 2 Nr. 4 TierSchG, wonach Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden nicht aus Gründen der Arbeits-, Zeit- oder Kostenersparnis zugefügt werden dürfen, besagt, bezieht man diesen Gedanken nicht allein auf die Behandlung der Tiere während ihres Lebens, sondern auch auf ihre Tötung, nichts Gegenteiliges. Die Regelung zielt darauf, das Maß der durch die Nutzung der Tiere - für Zwecke des Tierversuchs - hervorgerufenen Schmerzen, Leiden und Schäden auf das für den verfolgten und als solchen legitimen Zweck Unerlässliche zu beschränken. Das entspricht auch der Funktion von § 1 Satz 2 TierSchG für andere Formen der menschlichen Verwendung von Tieren. Daraus folgt aber nicht, dass Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit bezogen auf § 1 Satz 2 TierSchG schon im Ausgangspunkt gegenüber dem ethischen Wert der Unversehrtheit der Tiere zurücktreten. In die Abwägung zur Beurteilung des Vorliegens eines vernünftigen Grundes sind alle relevanten Aspekte einzustellen. Das schließt, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist
84- vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 - 2 BvF 3/90 -, a. a. O. (37) -,
85Erwägungen der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung ein. Das Leben der in der vorliegend betroffenen Ernährungswirtschaft eingesetzten Tiere ist seit der Domestizierung der Haus- und Nutztiere gänzlich ausgerichtet auf ihre Nützlichkeit für den Menschen. Es wird zielgerichtet durch planmäßige Vermehrung der Tiere für bestimmte Zwecke herbeigeführt und, dienen die Tiere der menschlichen Ernährung, nach Erreichen von am Maßstab menschlicher Zweckmäßigkeit festgelegten körperlichen Merkmalen durch Tötung - in Form des Schlachtens - beendet. Nutztiere werden zweckgerichtet für ihre Verwendung auf dem Markt erzeugt, gehalten und getötet. Damit gehen am Maßstab der Nützlichkeit für Menschen ausgerichtete Unterscheidungen zwischen den Tieren notwendig einher. Bei der erwerbswirtschaftlichen Erzeugung tierischer Lebensmittel werden diese Abgrenzungen anhand der unterschiedlichen Effektivität alternativer Maßnahmen getroffen. Das ist kein Mangel an Achtung der Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit, sondern wird als solches angesichts der hergebrachten und nach wie vor weithin verbreiteten sowie rechtlich und gesellschaftlich akzeptierten Ernährung von Menschen durch tierische Lebensmittel von vernünftigen Gründen im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG getragen. Unter anderem Hühner werden von Menschen seit Jahrtausenden als Nutztiere zur Gewinnung von Nahrungsmitteln - in Gestalt von Eiern und Fleisch - gehalten. Der Beklagte zieht selbst nicht in Zweifel, dass sie, werden sie getötet und anschließend von Menschen verzehrt, mit vernünftigem Grund getötet werden. Er verweist den Kläger als Alternative zu der untersagten Tötung der Küken unter anderem auf ihre Haltung bis zu einem Zeitpunkt, in dem sie so viel Fleisch angesetzt haben, dass sie als menschliche Nahrung in Frage kommen, und damit auf eine nutzbringende Verwendung.
86Die Auffassung, eine Tötung von Tieren sei ausschließlich zur Erreichung von für das Leben von Menschen existenziellen Zwecken gerechtfertigt, findet, versteht man sie dahin, dass jedes getötete Tier unmittelbar einem derartigen Zweck dienen muss, in dem Abwägungserfordernis nach § 1 Satz 2 TierSchG keine tragfähige Grundlage. Ein starres Rangverhältnis menschlicher Interessen und der Belange des Tierschutzes ist der Vorschrift, in der die potenziell als "vernünftig" in Betracht kommenden Gründe für die Zufügung von Beeinträchtigungen gerade nicht katalogartig festgelegt sind, nicht zu entnehmen. Das kommt bezogen auf die als "vernünftig" anerkannte Tötung von Tieren zu Nahrungszwecken darin zum Ausdruck, dass es jedem einzelnen überlassen bleibt, ob und in welchen Mengen er welche tierischen Lebensmittel für sich nutzt, und im Zeitpunkt der Tötung wegen der wechselnden Marktverhältnisse vielfach ungewiss ist, ob und inwieweit die Tiere tatsächlich zur menschlichen Ernährung verwendet werden. Ferner sind auch die Anforderungen an die Haltung von Tieren (§ 2 TierSchG) unverkennbar daran ausgerichtet, gegenläufige Belange in einen Ausgleich zu bringen; bei der Haltung von Nutztieren in der Marktwirtschaft gehören dazu wirtschaftliche Gesichtspunkte. Schließlich kommen dem existenziellen menschlichen Erhaltungsinteresse nicht allein die Tiere zugute, deren Produkte und/oder Körper verzehrt werden, sondern, weil die Gesamtkosten der Erzeugung mit dem für diese Produkte und/oder Tiere erzielten Entgelt finanziert werden, auch die Beschränkung der Tierhaltung auf die bei wirtschaftlicher Betrachtung leistungsfähigen und jedenfalls kostendeckend zu haltenden Tiere.
87Das gilt auch angesichts dessen, dass der Tierschutz nach Art. 20a GG Verfassungsrang hat. Die Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel verschafft diesem den Rang eines Schutzgutes, das mit anderen verfassungsrechtlichen Schutzgütern im Konfliktfall in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen ist. Die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz dient der Angleichung der rechtlichen Ebenen für eine Abwägung zwischen den Interessen der Tiernutzung und dem Schutz der Tiere.
88Vgl. BT-Drucks. 14/8860, S. 1, 3.
89Der Tierschutz ist dementsprechend grundsätzlich geeignet, die Einschränkung anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht, also etwa von Grundrechten, zu rechtfertigen.
90Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 -, BVerfGE 127, 293 (328); BVerwG, Urteil vom 23. November 2006 - 3 C 30.05 -, BVerwGE 127, 183.
91Damit ist nicht gesagt, dass er sich gegenüber diesen Belangen auch durchsetzt. Im Anwendungsbereich von § 1 Satz 2 TierSchG beurteilt sich anhand einer Abwägung sämtlicher Belange, ob der Tierschutz Vorrang vor konkurrierenden Belangen genießt.
92Die vom Beklagten hervorgehobene Gefahr der Aushöhlung des Tierschutzes im Fall der Berücksichtigung wirtschaftlicher Gründe bei der Abwägung rechtfertigt es nicht, wirtschaftlichen Gesichtspunkten im Rahmen der Abwägung die Berechtigung abzusprechen oder ihnen von vornherein ein allenfalls geringes Gewicht beizulegen. § 1 TierSchG entzieht auch die Ernährungswirtschaft, die auf der Erzeugung und Verwendung von Tieren beruht, nicht den strukturellen ökonomischen Grundbedingungen, die nach den gegebenen staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen die Voraussetzung sind für eine Teilhabe am funktionierenden Wirtschaftsleben. Die Vorschrift setzt den Möglichkeiten der wirtschaftlichen Optimierung mit den Anforderungen an den Tierschutz Grenzen auch hinsichtlich der Erzeugung tierischer Lebensmittel, verleiht dem Tierschutz aber keinen prinzipiell höheren Wert als den Grundstrukturen der marktwirtschaftlichen Ernährungswirtschaft. Das vom Endverbraucher für das zur menschlichen Ernährung erworbene Endprodukt zu leistende Entgelt bildet, nicht anders als in anderen Wirtschaftszweigen, die finanzielle Grundlage für den gesamten Produktionsprozess. Wirtschaftliche Vor- und Nachteile eines bestimmten Verhaltens gehören bei zu Erwerbszwecken ausgeübten Tätigkeiten zu den ausschlaggebenden Faktoren. Der Nutzen von Nutztieren besteht für den Menschen nicht allein in ihrer Verwendung als Nahrungsmittel zur Sicherung der biologischen Existenz, sondern, sofern sie nicht zur Selbstversorgung gehalten werden, darin, dass sie die wirtschaftliche Grundlage für den Erwerb der innerhalb der Produktionskette Tätigen darstellen. Die Begrenzung der Verfolgung der Erwerbsinteressen durch § 1 Satz 2 TierSchG bedeutet, dass nicht jede Erwägung der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung aus sich heraus ein vernünftiger Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG sein kann. Vielmehr ist auch bei wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Ausgleich zwischen den konkurrierenden Belangen erforderlich.
93Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 - 2 BvF
943/90 -, a. a. O. (37).
95Die Anerkennung des erwerbswirtschaftlichen Aspekts beim Umgang mit Tieren kommt zudem klar in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zum Ausdruck, die speziell für das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken gilt und unter Nutztieren unter anderem Tiere versteht, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln gehalten werden (§ 1, § 2 Nr. 1). Ebenso wenig wird durch § 1 TierSchG der modernen Massentierhaltung in ihrer Ausrichtung auf effektive und damit nicht zuletzt erwerbswirtschaftlich geprägte Produktionsziele die Anerkennung versagt. Die Massentierhaltung wird vielmehr als real bestehende Methode der Haltung von Tieren, vor allem von landwirtschaftlichen Nutztieren, vorausgesetzt.
96Vgl. BT-Drucks. VI/2559, S. 9; zu BT-Drucks. VI/3556, S. 1.
97Ferner gehört es zu den durch das Tierzuchtgesetz festgelegten und mithin als gesetzliche Wertung bei der Abwägung zu bedenkenden Zuchtzielen, die Erzeugung der Tiere so zu fördern, dass die Leistungsfähigkeit der Tiere unter Berücksichtigung der Tiergesundheit erhalten und verbessert wird sowie die Wirtschaftlichkeit, insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit, der tierischen Erzeugung verbessert wird (§ 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 TierZG). Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Tiere schlagen sich im wirtschaftlichen Nutzen ihrer Haltung nieder. Es liegt in der Konsequenz derartiger Ziele, die entsprechenden Zuchterfolge in der Praxis der Tierhaltung umzusetzen. Geschieht dies nicht, wird der Sinn der Zucht als gezielte Auswahl von für menschliche Zwecke vorteilhaften Eigenschaften verfehlt und bleibt die Tierhaltung, geht es um eine bessere Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, hinter derjenigen anderer, konkurrierender Tierhaltungen notwendig zurück. Das gilt auch für Tierarten, deren Zucht - wie bei Hühnern - nicht dem Tierzuchtgesetz unterfällt.
98Bei der danach auf der Grundlage der vorstehenden Maßstäbe gebotenen Abwägung aller relevanten Belange überwiegen derzeit die für eine Tötung der männlichen Küken sprechenden Gesichtspunkte.
99Maßgebender Grund für die Tötung der männlichen Küken ist, dass sie nach dem Schlüpfen nicht sich selbst überlassen werden dürfen (§ 2 TierSchG), jedoch wegen ihres Geschlechts nicht zur Produktion von Eiern genutzt werden können und wegen ihrer Rasseeigenschaften nicht für die Produktion von Fleisch verwendet werden. Zur erwerbswirtschaftlichen Erzeugung von Lebensmitteln durch Hühner werden ganz überwiegend Tiere aus spezialisierten Zuchtlinien genutzt, deren Zuchtziele entweder auf die Legeleistung oder auf die Mastleistung der Tiere ausgerichtet sind. Zur Erzeugung von Eiern werden Legehennen aus Legelinien eingesetzt. Die aus den Legelinien stammenden männlichen Tiere, um deren Tötung es geht, sind für Mastzwecke wegen ihrer körperlichen Eigenschaften beim Ansatz von Fleisch erheblich weniger geeignet als die züchterisch speziell für die Erzeugung von Fleisch vorgesehenen Tiere aus den Mastlinien. Die männlichen Tiere aus den Legelinien finden daher lediglich zu einem ganz geringen Anteil Verwendung für die Fleischerzeugung. Beim Ausbrüten von Eiern aus Legelinien schlüpfen aber, weil die Eier teilweise weibliche und teilweise männliche DNA enthalten, neben weiblichen Küken zwangsläufig in etwa demselben Umfang männliche Küken.
100Die getöteten männlichen Küken können zwar, auch sofern sie nicht durch Nr. 2 Buchstabe c der Ordnungsverfügung mit Blick auf die artgerechte Fütterung von Tieren mit ganzen Tierkörpern von der Untersagungsanordnung ausgenommen werden, als Futtermittel für andere Tiere verwendet und so innerhalb der tierischen Ernährungskette einem sinnvollen Zweck zugeführt werden. Die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 (ABl. 2009 L 300/1) erfasst die aus kommerziellen Gründen getöteten Eintagsküken ausdrücklich und ordnet sie der Kategorie tierischer Nebenprodukte zu, die unter anderem zur Herstellung von Futtermitteln für Heimtiere gebraucht werden können (Art. 3 Nr. 1, Art. 10 Buchstabe k Unterbuchstaben iii, Art. 14 Buchstabe d und e). Außerdem mögen mit der Abgabe der getöteten Küken zur Futtermittelgewinnung Einnahmen erzielt werden und mag die Verwendung als Futtermittel bei wertender Betrachtung vorzugswürdig sein gegenüber Maßnahmen, die äußerlich als bloße Beseitigung der Tierkörper erscheinen. Das gibt jedoch über den im Rahmen von § 1 Satz 2 TierSchG entscheidenden Grund für die Tötung der männlichen Küken keinen Aufschluss. Diese Küken werden nicht zur Verwendung als Futtermittel für andere Tiere erzeugt, sondern getötet, weil sie nicht das Ziel des Erzeugungsprozesses bilden und lebend keinem anderen wirtschaftlich lohnenden Zweck förderlich sind. Die Abgabe der Körper der Küken zur Futtermittelgewinnung ist nicht der Zweck der Tötung, sondern ihre Folge.
101Das Halten der männlichen Küken und ihre Aufzucht stehen im Widerspruch zum erreichten Stand der Hühnerzucht und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Aufwand für das Halten der Tiere ist mangels einer durch die Vermarktung der Küken bzw. der aufgezogenen Tiere zu erzielenden auch nur annähernd adäquaten wirtschaftlichen Gegenleistung ökonomisch sinnlos.
102Durch die Tötung der männlichen Küken wird der sonst mit ihrem Halten verbundene Aufwand vermieden. Das Vermeiden dieses Aufwands ist ökonomisch sinnvoll. Es steht im Einklang damit, dass die Küken das dem Ausbrüten der Bruteier zugrunde liegende Ziel der Erzeugung von Legehennenküken verfehlen und für eine alternative Verwendung als Nahrungsmittel wegen der Verfügbarkeit der insoweit besser geeigneten Küken aus Mastlinien praktisch ausscheiden.
103Der Aufwand für das Halten der männlichen Küken geht wirtschaftlich zumindest ganz überwiegend ins Leere. Den Aufwand zu leisten, widerspricht den als solchen legitimen Zuchtzielen und dem Stand der Zucht. Durch Vermarktungserlöse nach vorangegangener Mast ist der Aufwand wegen der, gemessen an Hühnern/Hähnen der spezialisierten Mastlinien, zu hohen Erzeugungskosten und zu niedrigen Fleischleistung sowie der daraus folgenden Absatznachteile nicht zu decken. Das wirtschaftliche Eigeninteresse der in der Branche der Eier- und Geflügelfleischerzeugung arbeitsteilig in aufeinander folgenden Produktionsschritten funktional miteinander verbundenen Betriebe und die langjährige internationale Praxis der Tötung der männlichen Küken aus Legelinien tragen den Schluss, dass von den durch die spezialisierte Zucht eröffneten Nutzungsmöglichkeiten allgemein Gebrauch gemacht wird und der wirtschaftliche Wettbewerb eben das erfordert. Im Bericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) für die Amtschef- und Agrarministerkonferenz vom 2. bis 4. April 2014, in dem das Verbot der Tötung der männlichen Eintagsküken unter Darstellung der gegebenen Verhältnisse und möglicher Alternativen eingehend erörtert wird, wird diesen Küken die Eignung für die Mast abgesprochen und eine Absatzmöglichkeit ausschließlich als Nischenprodukt erwogen. Im Einklang damit macht der Beklagte geltend, die Küken seien wegen der Ausrichtung auf die Produktion von Legehennenküken und der damit verbundenen verminderten Fleischansatzleistung nicht für Mastzwecke geeignet. Soweit er die Mast der Küken gleichwohl als Alternative zu ihrer Tötung benennt und hierbei beispielhaft auf das Projekt der Bruderhahn Initiative verweist, räumt er gleichzeitig ein, dass die Kosten für die Aufzucht und Vermarktung dieser Tiere anteilig über einen Zuschlag zum Preis der Eier finanziert werden. Die Querfinanzierung belegt, dass sich die Mast der männlichen Tiere wirtschaftlich bei weitem nicht selbst trägt. Legt man die vom Beklagten angegebenen Zahlen für die in sehr überschaubarer Größenordnung von einigen 10.000 Tieren aufgestallten Bruderhähne, die zu deren Mitfinanzierung verkauften mehreren Millionen Eier und den Zuschlag von vier Cent pro Ei zugrunde, erfordert das Halten jedes Hahns einen überaus namhaften "Zuschuss". Das lässt angesichts dessen, dass nach den Angaben des Beklagten gleichzeitig jährlich ca. 700 Millionen Mastküken allein in konventionell arbeitenden Betrieben eingestallt werden, die nach kurzer Mast kostengünstig angeboten werden, und dass nach dem vorerwähnten Bericht des BMEL jährlich etwa 45 Millionen männliche Küken aus Legelinien ausgebrütet werden, wovon nach dem Protokoll der am 2. Oktober 2013 unter Beteiligung des MKULNV und des LANUV geführten Telefonkonferenz etwa 5,4 %, also ca. 2,5 Millionen Tiere, auf Nordrhein-Westfalen entfallen, nicht annähernd die Annahme zu, es bestehe bei einer realistischen Prognose eine wirtschaftlich aussichtsreiche Chance einer derartigen Vermarktung für die in der Brüterei des Klägers erzeugten immerhin ca. 100.000 männlichen Küken jährlich. Die Zahl der Küken übersteigt diejenige der bislang in Deutschland vermarkteten Bruderhähne um ein Vielfaches.
104Darüber hinaus kommt es für die Abwägung zur Beurteilung des Vorliegens eines vernünftigen Grundes maßgeblich auf die individuelle Situation des Klägers an, nicht auf die Handlungsmöglichkeiten der gesamten Branche der Erzeugung und Vermarktung von Eiern sowie Geflügelfleisch. Der Kläger ist mit seiner Brüterei als Erzeuger von Küken tätig und bedient mit den Küken eine Nachfrage. Er steuert Art und Umfang dieser Nachfrage nicht und entscheidet nicht über die Vermarktung alternativer Produkte. Die Querfinanzierung der Aufzucht der männlichen Küken und ihre Vermarktung setzen ein Zusammenwirken oder ein Überwinden der einzelnen Stufen der Erzeugung der Küken bis hin zum Absatz der Eier bzw. des Fleisches an Endverbraucher voraus. Das kann der Kläger letztlich nicht entscheidend beeinflussen. Dafür, was billigerweise von ihm im Interesse des Schutzes der männlichen Küken erwartet werden kann, kommt es nicht darauf an, ob das Halten der männlichen Tiere von der gesamten Branche der Geflügelwirtschaft einschließlich des Handels rechnerisch mittels einer Umlegung der dadurch entstehenden (Mehr-)Kosten auf den Endverkaufspreis von Eiern oder Mastgeflügel finanziert werden kann, sondern darauf, welche Möglichkeiten er hat. Übernimmt er selbst die Aufzucht und Vermarktung der männlichen Küken, kommt zu dem hierfür entstehenden Aufwand zwecks Schaffung einer Querfinanzierung durch den Eierpreis noch derjenige für das Halten von Legehennen und den Absatz der Eier hinzu.
105Erst recht gegen das Bestehen einer realen Vermarktungschance für die aufgezogenen männlichen Küken spricht, dass der Kläger beim Absatz dieser Tiere mit den übrigen Brütereien in Nordrhein-Westfalen konkurrieren müsste, die zeitgleich von gleichgerichteten Untersagungsanordnungen betroffen sind und bei deren Verbindlichkeit ebenfalls auf Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Gestaltung der Haltung der Küken angewiesen wären. Als Folge der Untersagungsanordnungen stünden jährlich ca. 2,5 Millionen bislang zur Mast nicht nachgefragte männliche Tiere gleichzeitig zur Verwendung an. Die vom Beklagten genannte Vermarktung des Fleischs der Hähne aus Legelinien als Bio-Babynahrung eines einzigen Unternehmens bestätigt das Bild einer sehr eng begrenzten und zudem bereits anderweitig wahrgenommenen Marktnische, deren Ausweitungspotential durch nichts Konkretes gesichert ist. Ergebnisse des bei der Telefonkonferenz am 2. Oktober 2013 in Aussicht genommenen Versuchs der Mast von Bruderhähnen, die etwas anderes besagen könnten, sind nicht bekannt geworden.
106Anhaltspunkte für mangelnde Aktualität des vorerwähnten Berichts des BMEL liegen nicht vor. Im Gegenteil geht auch der aktuelle Tierschutzbericht der Bundesregierung
107- vgl. BT-Drucks. 18/6750, S. 29 -
108davon aus, dass die männlichen Küken für die Mast nicht geeignet sind. Eine über die Schaffung bloßer Marktnischen aussichtsreich hinausgreifende Lösung des seit langem als für den Tierschutz frag- und kritikwürdig erkannten Problems der Tötung der männlichen Küken wird nicht in deren Aufzucht und Vermarktung gesehen, sondern in der Verwendung eines züchterisch noch zu verbessernden Zweinutzungshuhns mit konkurrenzfähiger Lege- und Fleischleistung sowie in Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei.
109Vgl. BT-Drucks. 18/7726, S. 4 f.; 18/7782, S. 1 f.; 18/7818, S. 1 f.
110Für die nach kürzerer Mastdauer der männlichen Küken erwogene Vermarktung der Tiere als Stubenküken gilt das Vorstehende entsprechend. Auch insoweit ist eine durch belastbare Tatsachen realitätsnah erhärtete Vermarktungschance nicht einmal für die beim Kläger entstehenden Küken erkennbar. Im genannten Bericht des BMEL wird für eine Vermarktung von Stubenküken ausschließlich ein sehr kleines Nischenpotential angenommen. Dagegen gibt es für das Bestehen einer zahlenmäßig nennenswerten Nachfrage nach Stubenküken oder für eine ein gewisses Maß an Erfolg versprechende Möglichkeit, eine solche Nachfrage zu wecken, keinen belastbaren Anhaltspunkt. Der Beklagte geht selbst davon aus, dass Stubenküken als - zudem regionale - Delikatesse gelten und in Deutschland für sie ein Markt bislang nicht existiert. Die von ihm für unerlässlich gehaltene Substantiierung ergebnisloser Bemühungen um eine entsprechende Vermarktung läuft angesichts dessen, dass seit langem auf mehreren Ebenen bislang ohne praktisch umsetzbares Ergebnis nach Lösungen gesucht wird, die die wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der Küken zumindest spürbar entschärfen, und hierzu von anderen Bundesländern wie auch von der Bundesregierung die Geschlechtsbestimmung im Ei als die zur Vermeidung der Tötung der Küken vorzugswürdige, weil Erfolg versprechende Methode vorgeschlagen und die Verbesserung der Leistungsmerkmale von Zweinutzungshühnern befürwortet wird,
111vgl. BT-Drucks. 18/6663, S. 10; 18/7878, S. 1 f.,
112darauf hinaus, dass vom Kläger - und den übrigen Brutbetrieben in Nordrhein-Westfalen - im Fall des Unterbleibens der Tötung der Küken absehbar eine überaus große Anzahl von Tieren auf unbestimmte Zeit in der durch nichts erhärteten Aussicht einer späteren Vermarktung gehalten werden soll. Das ist aus wirtschaftlicher Sicht unvertretbar. Die so gehaltenen Tiere wären nur dem Namen nach Nutztiere.
113Das Interesse des Klägers, den hiernach wirtschaftlich sinnlosen Aufwand für das Halten der männlichen Küken zu vermeiden, überwiegt aufgrund der vorgenannten gesetzlichen Wertungen das öffentliche Interesse an der Unversehrtheit der Küken. Das gilt selbst dann, wenn man die gegenständlichen Erfordernisse der Unterbringung und Versorgung der Tiere allein unter dem Blickwinkel der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen betrachtet, also die nicht gesicherte Bewältigung der tatsächlichen Schwierigkeiten beim Halten der Tiere unterstellt und zudem die unübersehbaren nachteiligen Auswirkungen des massenweisen Haltens der Tiere in Gestalt etwa des Verbrauchs von Anbau- oder Stallflächen zur Fütterung und Unterbringung ausblendet. Der Aufwand für das Halten der männlichen Küken ist aufgrund seiner Höhe, der mangelnden Rentabilität und der übrigen abwägungsrelevanten Umstände dem Kläger derzeit nicht zuzumuten.
114Die Kosten für das Halten der männlichen Küken sind ganz beträchtlich und stellen für den Kläger eine massive Belastung dar. Das zeigt das zur Finanzierung der Haltung im Rahmen des Projekts der Bruderhahn Initiative vorliegende Zahlenmaterial. Allein für die Fütterung eines Tiers sind mehrere Euro anzusetzen.
115Vgl. Landwirtschaftskammer NRW - Landwirtschaftszentrum Haus Düsse -, "Für jeden Vermarktungsweg das passende Huhn?" und "Legehennen-Alleinfutter im Test", jeweils www.landwirtschaftskammer/de/duesse /tierhaltung/geflügel/versuche; Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft - Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Kitzingen -, "Nutzung männlicher Legehybriden als Stubenküken", und "Wirtschaftlichkeit von Zweinutzungshühnern", jeweils www.lfl.bayern.de/lvfz/kitzingen.
116Für die Brüterei des Klägers mit ca. 100.000 männlichen Küken jährlich ergeben sich daraus bereits Futterkosten in Höhe von mehreren 100.000 Euro jährlich. Hinzukommen die sonstigen Kosten etwa für die Unterbringung und Betreuung des Bestands.
117Von der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit des Haltens der männlichen Küken sind die für den Tierschutz verantwortlichen staatlichen Stellen über Jahrzehnte hinweg unter Geltung des Tierschutzgesetzes einvernehmlich mit den Brütereien ausgegangen. Die starke Spezialisierung der Zuchtlinien von Hühnern auf Merkmale der tierischen Produktion in Gestalt einerseits von Eiern und andererseits von Fleisch findet nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a der "Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus Gallus", die der auf der Grundlage des Europäischen Übereinkommens vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen gebildete Ständige Ausschuss am 28. November 1995 angenommen hat, seit spätestens den 1960er Jahren statt. Spätestens seit Anfang/Mitte der 1990er Jahre war die Tötung der männlichen Küken als aus ökonomischen Gründen übliche Praxis bundesweit bekannt und wurde dieses Vorgehen trotz ethischer Bedenken weithin als gerechtfertigt sowie rechtmäßig angesehen.
118Vgl. BT-Drucks. 12/4242, S. 45; Lorz, TierSchG, 4. Aufl. (1992), Anh. §§ 17, 18 Rn. 46.
119Seit Mitte/Ende der 1990er Jahre wird die Forschung zur Geschlechtsbestimmung im Ei staatlich gefördert, um das Ausbrüten männlicher Küken, also deren Entstehung, entbehrlich zu machen.
120Vgl. BT-Drucks. 13/350, S. 52; 13/7016, S. 56; 14/600, S. 53; 14/5712, S. 49.
121Die aus der Sicht des Tierschutzes geäußerten Bedenken
122- vgl. etwa Caspar, NuR 1997, 577 (582), -
123wurden in der Verwaltungspraxis nicht zum Anlass für ein Einschreiten mit dem Ziel der Untersagung der Tötung der männlichen Küken genommen. Im Gegenteil ist in Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Anhang III Nrn. 2 und 3 der "Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus Gallus", die nicht ohne Möglichkeit der Mitwirkung deutscher Stellen angenommen werden konnte (Art. 8 Abs. 2, Abs. 5 Halbs. 2 Buchstabe a, Art. 9 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen), ausdrücklich vom Töten unerwünschter Küken und Embryonen in Brutbetrieben sowie von nicht zur Aufzucht bestimmten Küken die Rede und es werden für das Töten in Betracht kommende Methoden genannt. Damit übereinstimmend wird aktuell in Anhang 1 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung (ABl. 2009 L 303/1) eine gesonderte Tötungsmethode für Küken mit einem Höchstalter von 72 Stunden geregelt und werden in § 2 Nr. 3, Anlage 1 Nr. 3 der Tierschutz-Schlachtverordnung an das Töten von Küken ebenfalls Anforderungen gestellt. Die Vorschriften setzen voraus, dass die Küken in der Realität getötet werden. Wäre das Töten aus Rechtsgründen verboten, wären die Vorschriften mangels Anwendungsbereichs von vornherein funktionslos. Im Allgemeinen kann aber angenommen werden, dass rechtliche Regelungen einem bestimmten Zweck dienen und auf Anwendung angelegt sind. Entsprechendes folgt aus dem durch die Verordnung (EG) Nr. 617/2008 der Kommission vom 27. Juni 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Bruteier und Küken von Hausgeflügel (ABl. 2008 L 168/5) begründeten Erfordernis, die "aussortierten Hahnenküken" von Hühnern in der Rubrik "Verwendungszwecke der Küken" gesondert statistisch zu erfassen.
124Die Gründe für die Tötung der männlichen Küken sind ebenso wie die hiergegen gerichteten ethischen und tierschutzrechtlichen Bedenken sowie deren Gewicht unverändert. Die Ordnungsverfügung geht zurück auf eine rechtliche Bewertung der Tötung der männlichen Küken durch die Staatsanwaltschaft Münster anhand der seit langem bestehenden Vorschriften. Die Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in einem späteren strafrechtlichen Verfahren nicht durchgesetzt.
125Vgl. LG Münster, Beschluss vom 7. März 2016 - 2 KLs - 540 Js 290/15 - 7/15 -, a. a. O.; nachfolgend OLG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2016 - III - 4 Ws 113/16.
126In der Ordnungsverfügung wird das bisherige behördliche Verhalten als Duldung eingestuft. Das begegnet Zweifeln, weil keine Anhaltspunkte dafür bezeichnet werden oder sonst bestehen, dass die Behörden in der Vergangenheit die Tötung der Küken als rechtswidrig und damit duldungsbedürftig betrachtet haben. Ungeachtet dieser Zweifel beinhaltet eine Duldung zumindest das bewusste Absehen von einem Einschreiten. Die mit der Untersagungsanordnung vollzogene Abkehr hiervon stützt sich nicht auf zusätzliche oder in der Diskussion bislang nicht bedachte Gesichtspunkte oder auf sonstige Umstände, die über eine neue Bewertung der seit langem bestehenden Sach- und Rechtslage hinausgehen würden.
127Brauchbare zielführende Alternativen zur Tötung der männlichen Küken sind gegenwärtig nicht vorhanden. Realistische Möglichkeiten zur Vermarktung der männlichen Tiere nach vorangegangener Mast bestehen nach dem oben Gesagten nicht, auch nicht bei einer zeitlichen Begrenzung der Mast bis zur Erlangung der Merkmale von Stubenküken.
128Die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei sind unter realen Praxisbedingungen noch nicht einsetzbar.
129Vgl. BT-Drucks. 18/6750, S. 29.
130Davon gehen sowohl die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu einem die Tötung von Wirbeltieren betreffenden Gesetzentwurf des Bundesrats als auch sonstige Äußerungen in der aktuellen parlamentarischen Erörterung des Themas aus.
131Vgl. BT-Drucks. 18/6663, S. 10; 18/7726, S. 5; 18/7726, S. 5.
132Anderslautende Erkenntnisse liegen nicht vor.
133Die als Möglichkeit zur Abmilderung bzw. Entkräftung der wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der männlichen Küken erwogene Verlängerung der Nutzungsdauer der Legehennen über eine Legeperiode hinaus kann ausschließlich zu einer Verringerung der Zahl der für die Eierproduktion verwendeten Legehennen und zu einem Absenken der Anzahl der gleichzeitig mit den Legehennenküken ausgebrüteten männlichen Küken führen. Die Beeinflussung der Nachfrage nach Legehennenküken mag ein Beitrag sein zur Entschärfung der Größenordnung, in der die männlichen Küken der Legelinien bislang erzeugt und getötet werden, greift in ihren Wirkungen darüber aber nicht hinaus. Bezogen auf die Brüterei des Klägers ist nicht ansatzweise erkennbar, dass dadurch das Ausbrüten männlicher Küken in einem Umfang beeinflusst werden könnte, dass das Halten der verbleibenden Küken wirtschaftlich wegen einer sehr geringen Anzahl solcher Tiere nur noch von untergeordneter Bedeutung wäre. Ohnehin erzeugt der Kläger die Küken für fremde Legebetriebe. Er bestimmt nicht selbst über die Zahl der eingesetzten Legehennen oder die Dauer ihres Einsatzes und damit nicht über die Wahrnehmung der in Rede stehenden Möglichkeit. Ferner bezieht sich die Ordnungsverfügung auf die Praxis der Brütereien, die bei den Lege- und Mastbetrieben nicht abgesetzten männlichen Küken zu töten, ohne in Zweifel zu ziehen, dass die Legehennenküken nachfragegerecht erzeugt werden. Die Ordnungsverfügung verhält sich nicht zu "überzähligen" Küken, die möglicherweise über die Nachfrage hinaus ausgebrütet werden und deren Leben - sowie Tötung - bei besserer Planung der Einlegung von Bruteiern vermeidbar wäre. Ebenso wenig beschränkt sich die Untersagungsanordnung auf die männlichen Küken, die bei einer Verlängerung der Legedauer der Legehennen und einem hieran zahlenmäßig angepassten Ausbrüten von Bruteiern zur Erzeugung von Legenhennenküken nicht schlüpfen würden.
134Im Fall des Ausbrütens von Eiern von Zweinutzungsrassen, die der Beklagte als weitere Alternative zur Tötung der männlichen Küken anführt, verkörpern die männlichen Küken zwar wegen ihrer Nutzbarkeit zu Mastzwecken einen gewissen wirtschaftlichen Wert für Ernährungszwecke. Die für die Verwendung der Küken in den Lege- und Mastbetrieben zentralen Leistungsmerkmale der vorhandenen Zweinutzungsrassen bleiben aber hinter denjenigen der spezialisierten Zuchtlinien gegenwärtig noch so weit zurück, dass sie sich nach dem vorerwähnten Bericht des BMEL ökonomisch wegen fehlender Wettbewerbsfähigkeit für einen breiten Einsatz nicht eignen. Das wird in einer 2013 durchgeführten Untersuchung im Einzelnen belegt
135- vgl. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft - Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Kitzingen -, "Wirtschaftlichkeit von Zweinutzungshühnern", a. a. O. -
136und auch in einer aktuellen parlamentarischen Initiative im Bundestag als gegeben zugrunde gelegt.
137Vgl. BT-Drucks. 18/7878, S. 2.
138Selbst wenn man aber annimmt, dass die Verwendung von Zweinutzungsrassen bereits gegenwärtig bezogen auf die gesamte Branche der Eier- und Geflügelfleischproduktion ein züchterisch bei wirtschaftlicher Betrachtung sinnvoller Kompromiss zwischen wirtschaftlicher Effektivität und Tierschutz sein sollte, werden Hühner dieser Rassen in den Lege- und Mastbetrieben, deren Nachfrage nach Küken die wirtschaftliche Grundlage der Brütereien bildet, derzeit nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt. Der Kläger ist, wie ausgeführt, mit der Erzeugung von Legehennenküken der auf hohe Legeleistung spezialisierten Legelinien ausgerichtet auf den für ihn verfügbaren Absatzmarkt. Die Änderung der Nachfrage auf Legehennenküken der Zweinutzungsrassen liegt außerhalb seiner Möglichkeiten.
139Andere Gesichtspunkte, die eine vom Vorstehenden abweichende Gewichtung der in die Abwägung nach § 1 Satz 2 TierSchG einzustellenden Interessen tragen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Die vom Beklagten geltend gemachte verstärkte Betonung von Tierschutzaspekten bei der Tierhaltung rechtfertigt keine gegenüber der bisherigen Rechtspraxis andere Bewertung der Interessen. Es mag sein, dass das Bewusstsein und die Offenheit der Bevölkerung für die Bedeutung des Tierschutzes bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel in letzter Zeit gestiegen sind. Es mag außerdem sein, dass die Tötung der männlichen Küken als Mittel zur "Beseitigung" von für nutzlos gehaltenen Mitgeschöpfen betrachtet und unter ethischen Gesichtspunkten vermehrt abgelehnt wird. Schließlich mag es sein, dass es sich beim vernünftigen Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG um einen Begriff mit dynamischem Aussagegehalt dergestalt handelt, dass die Veränderung von in der Bevölkerung vertretenen Wert- und Moralvorstellungen zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Gründe für die Tötung von Tieren führen kann. Ungeachtet dessen reicht jedenfalls die vom Beklagten behauptete Wertschätzung des Tierschutzes in der Bevölkerung nicht aus, um die Annahme zu tragen, die Tötung der Küken werde als nicht (mehr) gerechtfertigt bewertet. Eine für eine solche Annahme zumindest unerlässliche mehrheitliche Verfestigung einer Werthaltung, die über eine mehr oder weniger vage gedankliche und verbal bekundete Befürwortung der Verbesserung des Tierschutzes hinausgreift und die angesichts der gegebenen Verhältnisse sonst zu bedenkenden Umstände einbezieht, ist nicht festzustellen. Umso weniger gibt es Anhaltspunkte für einen mehrheitlichen Konsens, dass die Tötung der Küken ethisch unannehmbar ist. Allein die erhöhte Sensibilität von Kreisen der Bevölkerung bietet keine taugliche Grundlage dafür, dem Schutz der Küken ausschlaggebendes Gewicht beizulegen. Zu den Ernährungsgewohnheiten eines sehr großen Teils der Bevölkerung in Deutschland gehört nach wie vor der Verzehr tierischer Lebensmittel, und zwar in einem Maße, das über dasjenige in der Vergangenheit weit hinausgeht. Ebenso gehört die Orientierung am Preis von Lebensmitteln zu den typischen und für das eigene Verhalten wichtigen, vielfach aufgrund der wirtschaftlichen Lebensverhältnisse unumgänglichen Gewohnheiten von Verbrauchern. Das wird bezogen auf Geflügel dadurch verdeutlicht, dass die Nachfrage nach Geflügelfleisch aus Mastrassen und nach kostengünstigen Eiern unverändert hoch ist, während es für eine in nennenswertem Umfang bislang nicht gedeckte Nachfrage nach Fleisch von Hähnen aus Legelinien oder aus Zweinutzungsrassen oder nach Stubenküken keinen substantiellen Anhaltspunkt gibt, obwohl die Tötung der männlichen Küken seit geraumer Zeit in der Öffentlichkeit diskutiert und dort nach dem Dafürhalten des Beklagten abgelehnt wird. Der Beklagte hält es bezogen auf diese Formen der Vermarktung lediglich für denkbar, eine entsprechende Nachfrage zu wecken. Er bezeichnet aber keinen vor dem Hintergrund der großen Zahl der entstehenden männlichen Küken aus Legelinien sowie der konkurrierenden Produkte plausiblen Anhalt für mehr als völlig ungesicherte Erfolgsaussichten von Bemühungen in dieser Richtung. Bei der anzunehmenden Ertragsorientierung der Geflügelwirtschaft deutet nichts Konkretes darauf hin, dass eine wirtschaftlichen Erfolg versprechende Nutzung der männlichen Küken unterbleibt. Es entbehrt einer tragfähigen Grundlage, das geltend gemachte Bewusstsein der Bevölkerung für Belange des Tierschutzes unter dem Gesichtspunkt rechtlicher oder ethischer Wertungskriterien als für die vorherrschenden Wertvorstellungen aussagekräftiger zu betrachten als das Nachfrageverhalten der Bevölkerung. Ebenso ist kein Umstand ersichtlich, der es rechtfertigen würde, die im Verbraucherverhalten zum Ausdruck gebrachte Entscheidung als weniger bedeutsam für das sittliche Empfinden der Bevölkerung zu betrachten als das vom Beklagten als fortschrittlich angesehene Bewusstsein. Die in der parlamentarischen Diskussion der Tötung der Küken mehrheitlich vertretene Auffassung, es fehle hierzu bislang an einer erforderlichen tauglichen Alternative, spricht eindeutig dagegen.
140Wirtschaftlich entscheidend für die Geflügelwirtschaft insgesamt ist, ob sich die vorgetragene erhöhte Wertschätzung des Tierschutzes im Verhalten von Verbrauchern äußert, und für die einzelne Brüterei, also auch für den Kläger, ob das Verbraucherverhalten die Endverkäufer der tierischen Produkte sowie die Lege- und Mastbetriebe dazu bewegt, ihre Nachfrage nach Küken zu ändern. Es gibt keine Erkenntnisse oder verlässlichen Prognosen, die für das Bestehen einer solchen Situation oder auch nur für eine entsprechende spürbare Entwicklung sprechen könnten. Die vom Beklagten angeführte Zunahme der Beachtung der Praktiken bei der Tierhaltung durch Verbraucher ist ohne Zahlenmaterial zu den erreichten oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in überschaubaren Zeiträumen erreichbaren Größenordnungen und -verhältnisse unergiebig; aussagekräftige Daten zu den diesbezüglichen Marktanteilen und sonstigen Umständen fehlen. Da allein in Nordrhein-Westfalen wegen der ministeriellen Weisung vom 26. September 2013 von der Untersagung der Tötung der männlichen Küken jährlich ca. 2,5 Millionen Tiere betroffen sind, kann nur ein sich annähernd in dieser Größenordnung auswirkendes Verbraucherverhalten Bedeutung für die Gewichtung der wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der Küken erlangen. Legt man den rechtlichen Standpunkt des Beklagten zu § 1 Satz 2 TierSchG zugrunde, sind sogar die bundesweit ca. 45 Millionen männlichen Küken jährlich in den Blick zu nehmen.
141Abgesehen davon sind für die Gewichtung der im Rahmen von § 1 Satz 2 TierSchG zu berücksichtigenden Interessen rechtliche Wertungen maßgeblich, nicht Einstellungen nicht näher bestimmter Teile der Bevölkerung. Rechtliche Wertungen vorzunehmen und vorzugeben ist insoweit Sache des Gesetzgebers, dem hierfür ein weitgespannter Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht. Der Bundestag hat im Zuge der Behandlung einer gegen die Tötung der männlichen Küken gerichteten parlamentarischen Initiative
142- vgl. BT-Drucks. 18/4328 -
143mehrheitlich unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass aus seiner Sicht die Tötung der männlichen Küken gegenwärtig nicht Ausdruck und Ergebnis eines behördlichen Vollzugsdefizits bei der Durchsetzung von § 1 Satz 2 TierSchG, sondern bis zur Gebrauchstauglichkeit bislang fehlender Alternativen in Gestalt von Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Ei gerechtfertigt ist.
144Vgl. BT-Drucks. 18/7726, S. 4 f.; BT-Prot. 18/161 (S. 15926).
145Unabhängig davon, dass es hiernach an einem zum Einschreiten berechtigenden Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG fehlt, hat der Beklagte (auch) das ihm im Fall eines Verstoßes zustehende Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.
146Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das bereits daraus folgt, dass die Ordnungsverfügung auf die ministerielle Weisung vom 26. September 2013 zurückgeht, ohne dass auf ministerieller Ebene auf der Grundlage des vollständig und richtig erfassten Sachverhalts eine ernsthafte Abwägung sämtlicher einzubeziehender Gesichtspunkte vorgenommen worden wäre, und der Beklagte die Weisung in der Folgezeit als verbindlich behandelt sowie lediglich formal als Ermessensentscheidung umgesetzt hat.
147Jedenfalls hat der Beklagte die belastenden Auswirkungen der Ordnungsverfügung für den Kläger nicht zutreffend berücksichtigt und ihnen nicht in einer dem Zweck der Untersagung angemessenen Weise Rechnung getragen. Der Beklagte hat sich davon leiten lassen, der Kläger werde in der Lage sein, den Betrieb der Brüterei innerhalb der ihm bis zum 1. Januar 2015 gesetzten - also etwa einjährigen - Frist so umzustellen, dass er ihn anschließend ohne Tötung der männlichen Küken fortsetzen könne. Das wird den wirklichen Folgen der Ordnungsverfügung für den Kläger nicht gerecht.
148Der Beklagte legt zu Recht zugrunde, dass dem Kläger die Tötung der männlichen Küken nicht mit sofortiger Wirkung untersagt werden darf. Ein solches Wirksamwerden der Untersagungsanordnung wird nicht durch ihren Zweck gefordert. Dieser orientiert sich nicht am unaufschiebbaren Schutz individueller Tiere in einer zugespitzten Gefährdungssituation, sondern zielt auf die Beendigung einer seit langem geübten betrieblichen Praxis bei der Erzeugung von tierischen Lebensmitteln unter Verwendung von Hühnern bzw. Hähnen. Die Beendigung der Tötung der Küken kann der Kläger dadurch herbeiführen, dass er vom Ausbrüten von Bruteiern der Legelinien absieht oder die Küken aus solchen Bruteiern, die sich zum festgesetzten Zeitpunkt im Brutprozess befinden, nach dem Schlüpfen bis auf Weiteres ordnungsgemäß hält und weitere solche Bruteier lediglich dann in die Brutvorrichtungen einlegt, wenn das anforderungsgerechte Halten der geschlüpften Küken gewährleistet ist. Das ist zumindest übergangslos angesichts der behördlich langjährig unbeanstandet gebliebenen Praxis der Tötung der Küken unvereinbar mit den geschützten Belangen des Klägers. Der Kläger wird durch die Untersagung nach dem Vorstehenden empfindlich in der Ausübung seines Berufs, wenn nicht sogar in der Wahl seines Berufs, und damit schwerwiegend in seinem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG betroffen. Das Betreiben der Brüterei in der Ausrichtung auf die Erzeugung von Legehennenküken und deren Veräußerung bildet die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Klägers. Über Vorrichtungen für das Halten männlicher Küken verfügt er ebenso wenig wie über Abnehmer für diese Tiere. Die Schaffung von Haltungseinrichtungen für solche Küken oder die Umnutzung von für Legehennenküken vorhandenen Haltungseinrichtungen erfordert jedenfalls finanzielle Aufwendungen und Zeit. Dadurch wird die bisherige wirtschaftliche Grundlage der Brüterei in Frage gestellt.
149Die dem Kläger eingeräumte Übergangsfrist berücksichtigt die maßgebenden Umstände nicht hinreichend. Das trifft auch zu, soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Bereitschaft zu einer Verlängerung der Frist geäußert hat. Die Einschätzung des Beklagten, der Kläger werde seine betriebliche Existenz entgegen seinem Vorbringen nach gewissen Umstellungen beibehalten können, beruht auf mit der Wirklichkeit nicht im Einklang stehenden Grundannahmen.
150Die Erwägung in der Ordnungsverfügung, der Verlust der Einnahmen aus der Vermarktung der Körper der getöteten männlichen Küken könne wegen der Möglichkeit der Fortsetzung des Ausbrütens von Eiern vom Kläger hingenommen werden, geht am Kernproblem vorbei, beim Fortbetrieb der Brüterei das (Weiter-)Leben der Küken sicherzustellen und zu finanzieren. Eben dieses für den Kläger aus seiner Sicht unlösbare Problem ist die maßgebende Ursache für die Tötung der Küken und dem Beklagten als solche auch bekannt. In der ministeriellen Weisung vom 26. September 2013, auf die die Untersagungsanordnung zurückgeht, wird die faktisch gegebene wirtschaftliche Nicht-Verwertbarkeit der männlichen Küken als Ursache für deren Tötung bezeichnet. Die Formulierung in der Ordnungsverfügung, die männlichen Küken würden getötet, weil sie nicht für die Mast "bestimmt" seien, besagt nichts Anderes. Die Küken sind, wie ausgeführt, wegen ihrer körperlichen Eigenschaften und der Verfügbarkeit von Tieren der Fleischrassen für eine sich wirtschaftlich tragende Mast ungeeignet.
151Die Annahme des Beklagten, der Kläger könne die männlichen Küken zu Mastzwecken verwenden, übergeht, dass der Kläger bislang nicht als Mäster von Tieren der Legelinien tätig ist, also auf einen neuartigen und damit allenfalls unter Anstrengungen zugänglichen Markt verwiesen wird, und, was entscheidend ist, nach dem Vorstehenden nennenswerte Absatzchancen für gemästete Hähne aus Legelinien in der für die Fortsetzung des bisherigen Brutgeschehens notwendigen Größenordnung nicht annähernd bestehen. Gelingt der Absatz der Tiere nicht, wird mit der dem Kläger zugestandenen Frist lediglich eine plötzliche ungeordnete Abwicklung des Betriebs vermieden. Selbst wenn solche Absatzchancen eröffnet werden können, was, wie ausgeführt, jedenfalls fraglich ist, ist angesichts der bestehenden Marktverhältnisse offensichtlich, dass die hierfür notwendige beträchtliche Erweiterung der bisherigen sehr kleinen Marktnischen, wenn überhaupt, nur unter Überwindung erheblicher Anlaufschwierigkeiten gelingen kann. Das erfordert jedenfalls Vorbereitungen und Zeit. Dabei greift die Betrachtung allein des Betriebs des Klägers, in dem etwa 100.000 männliche Küken bzw. Hähne jährlich zur Beibehaltung des bisherigen Umfangs des Brutgeschehens vermarktet werden müssen, zu kurz. Unabhängig davon, ob die Brüterei des Klägers im Verhältnis zu anderen Brütereien ein kleinerer Betrieb ist, der möglicherweise flexibler sowie anpassungsfähiger ist als größere Betriebe, stehen aufgrund der ministeriellen Weisung vom 26. September 2013 und der daraufhin zeitgleich gegen die Brütereien in Nordrhein-Westfalen ergangenen gleichgerichteten Untersagungsanordnungen potentiell jährlich etwa 2,5 Millionen Küken oder Hähne zur Vermarktung an, und zwar in Konkurrenz zur gefestigten, wirtschaftlich deutlich günstigeren Vermarktung der für die Mast erheblich besser geeigneten Tiere aus den Mastlinien. Dem Vorbringen des Klägers, dies werde wegen des Wettbewerbs und der Möglichkeit der räumlichen Verlagerung der Bruttätigkeit in andere Bundesländer oder ins Ausland nicht gelingen, setzt der Beklagte, wie ausgeführt, nichts Substantielles entgegen.
152Nimmt man angesichts dessen an, dass mit der Untersagungsanordnung letztlich bezweckt wird, die den Brütereien nachfolgenden Produktions- und Vermarktungsstufen für Eier und Geflügelfleisch zu einer durchschlagenden Änderung der Nachfrage nach Küken und/oder aufgezogenen Tieren zu bewegen, liegt das Erreichen dieses Ziels außerhalb der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten des Klägers. Der Beklagte blendet den auch internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen den Produktions- und Vermarktungsbetrieben aus, indem er wirtschaftliche Gesichtspunkte als Ursache für die Tötung der Küken annimmt, diese Gesichtspunkte aber allein beim Kläger festmacht und dessen funktionale Einbindung in die Gesamtsituation der Geflügelwirtschaft außer Acht lässt. Die für den Kläger maßgebenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Tötung der männlichen Küken werden entscheidend durch den Wettbewerb geprägt und Wirtschaftlichkeit der Erzeugung ist bei den vorhandenen Strukturen der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse unerlässlich für die Existenzfähigkeit eines Erzeugungsbetriebs sowie die Verwendung von Küken nach ihrer Aufzucht als Nahrungsmittel für Menschen.
153Für einen Übergang des Klägers zum Ausbrüten von Eiern von Hühnern aus Zweinutzungsrassen gilt das Vorstehende entsprechend. Nach dem oben Gesagten sind die Eier und das Fleisch von solchen Tieren allenfalls in kleinen Marktnischen konkurrenzfähig.
154Die Belastung des Klägers wird zudem weiter verstärkt dadurch, dass die Forschungen zu Verfahren der Geschlechtsbestimmung im Ei nach Einschätzung der Bundesregierung
155- BT-Drucks. 18/6663, S. 10 -
156etwa ab 2017, wenngleich erheblich nach Ablauf der ihm gesetzten Frist, mit praxistauglichen Ergebnissen abgeschlossen sein werden. Aufgrund des erreichten Stands der Forschungen wird von anderen Bundesländern, der Bundesregierung und der Mehrheit im Bundestag kein hinreichender Anlass für die Untersagung der Tötung der männlichen Küken zum derzeitigen Zeitpunkt gesehen. Liegen die Ergebnisse der Forschungen betrieblich anwendbar vor, stellt sich die Frage, ob die Küken mit vernünftigem Grund im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG getötet werden, bundesweit neu. Nimmt man an, dass das Vorliegen eines vernünftigen Grundes dann zu verneinen ist, sind alle im Bundesgebiet ansässigen Brütereien zur Erzeugung von Legehennenküken verpflichtet, betriebliche Anpassungen vorzunehmen und dazu gegebenenfalls Investitionen zur Anwendung der in Rede stehenden Verfahren zu leisten. Den Kläger in der jetzigen Phase der Ungewissheit über alsbald notwendig werdende Investitionen auf Bemühungen zu verweisen, den bislang nicht funktionsfähig vorhandenen und im Fall des flächenhaften Absehens vom Ausbrüten der Eier mit männlicher DNA potenziell wieder gefährdeten Markt für Hähne aus Legelinien oder für Tiere aus Zweinutzungsrassen zu schaffen, heißt, ihn sehenden Auges zu Maßnahmen zu bewegen, deren wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit erkennbar fragwürdig ist und die unter Umständen in näherer Zukunft wieder entwertet werden. Dadurch wird die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Klägers ohne konkrete Aussicht auf von ihm zu beeinflussende Fortschritte beim Schutz der insgesamt zur Eier- und Fleischproduktion eingesetzten Tiere zumindest erheblich erschwert, wenn nicht durchgreifend gefährdet und endgültig entzogen. Das ist, zumal es sich bei der Tötung der Küken um ein regional nicht begrenztes, seit langem bekanntes und mehrere Stufen der Geflügelwirtschaft betreffendes Problem handelt, nicht angemessen. Wegen der räumlich begrenzten örtlichen Zuständigkeit des Beklagten und der übrigen Kreisordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen mag es noch nachvollziehbar sein, dass der Beklagte bei der Beurteilung der Angemessenheit der Untersagungsanordnung der Möglichkeit einer bloßen Verlagerung des Ausbrütens der Eier in andere Bundesländer oder ins Ausland geringes Gewicht beimisst. Es ist dem Kläger aber nicht zuzumuten, der Untersagungsanordnung zu einem Zeitpunkt Folge leisten zu müssen, in dem sich wegen des Stands der Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei mit Auswirkungen auf alle Brütereien eine rechtliche Neubeurteilung der Tötung der männlichen Küken abzeichnet.
157Eine in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten erwogene bloße Verlängerung der dem Kläger gesetzten Frist würde daran auch dann nichts ändern, wenn die Frist auf einen Zeitpunkt festgesetzt würde, der nach demjenigen liegt, in dem nach den derzeitigen Prognosen die vorgenannten Verfahren voraussichtlich praktisch umsetzbar sein werden. Eine solche Fristsetzung entbehrte gegenwärtig der für eine fehlerfreie Ermessensausübung erforderlichen hinreichend verlässlichen Tatsachengrundlage. Dies gilt zum einen für die Bemessung der Frist, die sich insoweit allein an Prognosen orientieren könnte. Zum anderen würde die auf die gegebene Rechtswidrigkeit der untersagten Tötung der Küken gestützte Untersagungsanordnung in diesem Fall der Sache nach der Vorwegnahme zukünftiger Entwicklungen in der Art des "Hineinwachsens" in die Rechtmäßigkeit dienen. Sie würde der Beantwortung der sich bei Praxistauglichkeit der Verfahren stellenden Frage vorgreifen, ob durch deren Anwendung die wirtschaftlichen Gründe für die Tötung der männlichen Küken ihre bisherige Bedeutung verlieren. Die Einzelheiten der Umsetzung der Verfahren hinsichtlich etwa der zeitlichen Verfügbarkeit der notwendigen Anlagen und der Deckung des entstehenden Investitionsbedarfs sind aber nicht bekannt. Sie sind nicht Gegenstand der Erwägungen in der Ordnungsverfügung und des ergänzenden (§ 114 Satz 2 VwGO) Vorbringens des Beklagten. Es ist nicht gerechtfertigt, ihre Klärung im Sinne der Ordnungsverfügung vorauszusetzen, zumal dort die Bemessung der Frist fehlerhaft (auch) mit aktuell bestehenden anderen Alternativen zur Tötung begründet wird.
158Die Zwangsgeldandrohung teilt das rechtliche Schicksal der Grundverfügung.
159Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
160Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn
- 1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist, - 2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist, - 2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt, - 3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt, - 4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, - 5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind, - 6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder - 7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.
(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung
- 1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder - 2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder - 3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.
(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.
(2a) (weggefallen)
(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.
(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.
(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil
- 1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen, - 2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder - 3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn
- 1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist, - 2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist, - 2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt, - 3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt, - 4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, - 5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind, - 6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder - 7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.
(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung
- 1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder - 2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder - 3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.
(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.
(2a) (weggefallen)
(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.
(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.
(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil
- 1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen, - 2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder - 3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder - 2.
einem Wirbeltier - a)
aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder - b)
länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
einem Wirbeltier, das er hält, betreut oder zu betreuen hat, ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt, - 2.
(weggefallen) - 3.
einer - a)
nach § 2a oder § 9 Absatz 2, 3, 4 oder 6 Satz 2, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 1a Satz 1 Nummer 2, oder - b)
nach den §§ 4b, 5 Abs. 4, § 6 Abs. 4, § 8a Absatz 4 oder 5 Nummer 1, 2, 3 oder Nummer 4, § 9 Absatz 1 und 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 6 Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 oder § 9 Absatz 6 Satz 2, § 10 Absatz 2 Satz 2, § 11 Absatz 3, § 11a Absatz 2, 3 Satz 3 oder Absatz 5, § 11b Absatz 4 Nummer 2, § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 2 oder 3, §§ 13a, 14 Abs. 2, § 16 Abs. 5 Satz 1 oder § 16c
erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, - 4.
einem Verbot nach § 3 Satz 1 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 4 Abs. 1 ein Wirbeltier tötet, - 5a.
entgegen § 4 Absatz 3 Satz 2 einen Hund, eine Katze oder einen Primaten tötet, - 6.
entgegen § 4a Abs. 1 ein warmblütiges Tier schlachtet, - 7.
entgegen § 5 Abs. 1 Satz 1 einen Eingriff ohne Betäubung vornimmt oder, ohne Tierarzt zu sein, entgegen § 5 Abs. 1 Satz 2 eine Betäubung vornimmt, - 8.
einem Verbot nach § 6 Abs. 1 Satz 1 zuwiderhandelt oder entgegen § 6 Abs. 1 Satz 3 einen Eingriff vornimmt, - 9.
(weggefallen) - 9a.
entgegen § 6 Absatz 1a Satz 2 oder Satz 3 zweiter Halbsatz eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, - 10.
entgegen § 6 Abs. 2 elastische Ringe verwendet, - 11.
entgegen § 7a Absatz 3 oder 4 Satz 1 Tierversuche durchführt, - 12.
Versuche an Wirbeltieren ohne die nach § 8 Absatz 1 Satz 1 erforderliche Genehmigung durchführt, - 13.
(weggefallen) - 14.
(weggefallen) - 15.
(weggefallen) - 16.
(weggefallen) - 17.
entgegen § 9 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b, auch in Verbindung mit § 6 Absatz 1a Satz 1 Nummer 1, nicht sicherstellt, dass die Vorschrift des § 7 Absatz 1 Satz 4 eingehalten wird, - 18.
(weggefallen) - 19.
(weggefallen) - 20.
eine Tätigkeit ohne die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 erforderliche Erlaubnis ausübt oder einer mit einer solchen Erlaubnis verbundenen vollziehbaren Auflage zuwiderhandelt, - 20a.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 5 Satz 6 oder § 16a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, 3 oder Nummer 4 oder Absatz 2 oder 3 zuwiderhandelt, - 20b.
entgegen § 11 Absatz 6 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 2 Nummer 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, - 21.
(weggefallen) - 21a.
entgegen § 11a Absatz 4 Satz 1 ein Wirbeltier einführt, - 22.
Wirbeltiere entgegen § 11b Abs. 1 züchtet oder durch biotechnische Maßnahmen verändert, - 23.
entgegen § 11c ein Wirbeltier an Kinder oder Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr abgibt, - 24.
(weggefallen), - 25.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 1 eine Vorrichtung oder einen Stoff anwendet, - 25a.
entgegen § 16 Abs. 1a Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet, - 26.
entgegen § 16 Abs. 2 eine Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt oder einer Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 16 Abs. 3 Satz 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 16 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, zuwiderhandelt oder - 27.
(weggefallen).
(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, einem Tier ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt.
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einem in - a)
Absatz 1 Nummer 4 bis 8, 11, 12, 17, 22 und 25 bezeichneten Gebot oder Verbot entspricht, soweit eine Rechtsverordnung nach § 18a Nr. 1 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschriften verweist, - b)
Absatz 1 Nummer 9a, 10, 21a, 23 und 25a bezeichneten Gebot oder Verbot entspricht, soweit eine Rechtsverordnung nach § 18a Nr. 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
- 2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Absatz 1 - a)
Nr. 3 Buchstabe a genannte Vorschrift ermächtigt, soweit eine Rechtsverordnung nach § 18a Nr. 1 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, - b)
Nr. 3 Buchstabe b genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach § 18a Nr. 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 3 Buchstabe a, Nummer 4 bis 8, 11, 12, 17, 20, 20a, 22 und 25, des Absatzes 2 sowie des Absatzes 3 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- 1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, - 2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, - 3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Es ist verboten,
- 1.
einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich nicht gewachsen ist oder die offensichtlich seine Kräfte übersteigen, - 1a.
einem Tier, an dem Eingriffe und Behandlungen vorgenommen worden sind, die einen leistungsmindernden körperlichen Zustand verdecken, Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines körperlichen Zustandes nicht gewachsen ist, - 1b.
an einem Tier im Training oder bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maßnahmen, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und die die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen können, sowie an einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Dopingmittel anzuwenden, - 2.
ein gebrechliches, krankes, abgetriebenes oder altes, im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier, für das ein Weiterleben mit nicht behebbaren Schmerzen oder Leiden verbunden ist, zu einem anderen Zweck als zur unverzüglichen schmerzlosen Tötung zu veräußern oder zu erwerben; dies gilt nicht für die unmittelbare Abgabe eines kranken Tieres an eine Person oder Einrichtung, der eine Genehmigung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 und, wenn es sich um ein Wirbeltier handelt, erforderlichenfalls eine Genehmigung nach Vorschriften, die auf Grund des § 9 Absatz 3 Nummer 1 und 2 erlassen worden sind, für Versuche an solchen Tieren erteilt worden ist, - 3.
ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen, - 4.
ein gezüchtetes oder aufgezogenes Tier einer wildlebenden Art in der freien Natur auszusetzen oder anzusiedeln, das nicht auf die zum Überleben in dem vorgesehenen Lebensraum erforderliche artgemäße Nahrungsaufnahme vorbereitet und an das Klima angepasst ist; die Vorschriften des Jagdrechts und des Naturschutzrechts bleiben unberührt, - 5.
ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind, - 6.
ein Tier zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Werbung oder ähnlichen Veranstaltung heranzuziehen, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind, - 7.
ein Tier an einem anderen lebenden Tier auf Schärfe abzurichten oder zu prüfen, - 8.
ein Tier auf ein anderes Tier zu hetzen, soweit dies nicht die Grundsätze weidgerechter Jagdausübung erfordern, - 8a.
ein Tier zu einem derartig aggressiven Verhalten auszubilden oder abzurichten, dass dieses Verhalten - a)
bei ihm selbst zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führt oder - b)
im Rahmen jeglichen artgemäßen Kontaktes mit Artgenossen bei ihm selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder - c)
seine Haltung nur unter Bedingungen zulässt, die bei ihm zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führen,
- 9.
einem Tier durch Anwendung von Zwang Futter einzuverleiben, sofern dies nicht aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist, - 10.
einem Tier Futter darzureichen, das dem Tier erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden bereitet, - 11.
ein Gerät zu verwenden, das durch direkte Stromeinwirkung das artgemäße Verhalten eines Tieres, insbesondere seine Bewegung, erheblich einschränkt oder es zur Bewegung zwingt und dem Tier dadurch nicht unerhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt, soweit dies nicht nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften zulässig ist, - 12.
ein Tier als Preis oder Belohnung bei einem Wettbewerb, einer Verlosung, einem Preisausschreiben oder einer ähnlichen Veranstaltung auszuloben, - 13.
ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen oder für sexuelle Handlungen Dritter abzurichten oder zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen.
(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere
- 1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, - 2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann, - 3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist, - 4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.
(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.
(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass
- 1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und - 2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder - 2.
einem Wirbeltier - a)
aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder - b)
länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
(1) Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, soweit sie zu einem der folgenden Zwecke unerlässlich sind:
- 1.
Grundlagenforschung, - 2.
sonstige Forschung mit einem der folgenden Ziele: - a)
Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Beschwerden bei Menschen oder Tieren, - b)
Erkennung oder Beeinflussung physiologischer Zustände oder Funktionen bei Menschen oder Tieren, - c)
Förderung des Wohlergehens von Tieren oder Verbesserung der Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren,
- 3.
Schutz der Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlbefindens von Menschen oder Tieren, - 4.
Entwicklung und Herstellung sowie Prüfung der Qualität, Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit von Arzneimitteln, Lebensmitteln, Futtermitteln oder anderen Stoffen oder Produkten mit einem der in Nummer 2 Buchstabe a bis c oder Nummer 3 genannten Ziele, - 5.
Prüfung von Stoffen oder Produkten auf ihre Wirksamkeit gegen tierische Schädlinge, - 6.
Forschung im Hinblick auf die Erhaltung der Arten, - 7.
Aus-, Fort- oder Weiterbildung, - 8.
gerichtsmedizinische Untersuchungen.
- 1.
an einer Hochschule, einer anderen wissenschaftlichen Einrichtung oder einem Krankenhaus oder - 2.
im Rahmen einer Aus-, Fort- oder Weiterbildung für Heil- oder Heilhilfsberufe oder naturwissenschaftliche Hilfsberufe.
(2) Bei der Entscheidung, ob ein Tierversuch unerlässlich ist, sowie bei der Durchführung von Tierversuchen sind folgende Grundsätze zu beachten:
- 1.
Der jeweilige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist zugrunde zu legen. - 2.
Es ist zu prüfen, ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob zur Erreichung des mit dem Tierversuch angestrebten Ergebnisses eine andere Methode oder Versuchsstrategie, die ohne Verwendung eines lebenden Tieres auskommt und die nach dem Unionsrecht anerkannt ist, zur Verfügung steht. - 3.
Versuche an Wirbeltieren oder Kopffüßern dürfen nur durchgeführt werden, wenn die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind. - 4.
Schmerzen, Leiden oder Schäden dürfen den Tieren nur in dem Maße zugefügt werden, als es für den verfolgten Zweck unerlässlich ist; insbesondere dürfen sie nicht aus Gründen der Arbeits-, Zeit- oder Kostenersparnis zugefügt werden. - 5.
Versuche an Tieren, deren artspezifische Fähigkeit, unter den Versuchseinwirkungen zu leiden, stärker entwickelt ist, dürfen nur durchgeführt werden, soweit Tiere, deren derartige Fähigkeit weniger stark entwickelt ist, für den verfolgten Zweck nicht ausreichen.
(3) Tierversuche zur Entwicklung oder Erprobung von Waffen, Munition und dazugehörigem Gerät sind verboten.
(4) Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika sind grundsätzlich verboten. Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen zu bestimmen, soweit es erforderlich ist, um
- 1.
konkrete Gesundheitsgefährdungen abzuwehren, und die notwendigen neuen Erkenntnisse nicht auf andere Weise erlangt werden können, oder - 2.
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union durchzuführen.
(5) Ein Tierversuch gilt als abgeschlossen, wenn
- 1.
keine weiteren Beobachtungen mehr für den Tierversuch anzustellen sind oder, - 2.
soweit genetisch veränderte, neue Tierlinien verwendet werden, - a)
an der Nachkommenschaft keine weiteren Beobachtungen mehr anzustellen sind und - b)
nicht mehr erwartet wird, dass die Nachkommenschaft auf Grund der biotechnischen oder gentechnischen Veränderungen Schmerzen oder Leiden empfindet oder dauerhaft Schäden erleidet.
(6) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
auf Versuche an Tieren in einem Entwicklungsstadium vor der Geburt oder dem Schlupf zu erstrecken, soweit dies zum Schutz dieser Tiere auf Grund ihrer Fähigkeit, Schmerzen oder Leiden zu empfinden oder Schäden zu erleiden, und zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Union erforderlich ist.Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- 1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, - 2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, - 3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Tenor
-
1. § 13b und § 33 Absatz 3 und 4 der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung) in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (Bundesgesetzblatt I Seite 2759) sowie § 13b und § 38 Absatz 3 und 4 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 3223) sind mit Artikel 20a des Grundgesetzes unvereinbar.
-
2. Die Bestimmungen bleiben bis zum 31. März 2012 anwendbar.
Gründe
-
A.
- 1
-
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen § 13b sowie § 33 Abs. 3 und 4 der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, im Folgenden: TierSchNutztV) in der zum Zeitpunkt der Antragstellung zuletzt durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (BGBl I S. 2759, im Folgenden: 3. TierSchNutztVÄndV) geänderten Fassung.
- 2
-
§ 13b TierSchNutztV regelt die sogenannte Kleingruppenhaltung von Legehennen als eine Form der Käfighaltung. § 33 Abs. 3 und 4TierSchNutztV in der zur Prüfung gestellten Fassung (aufgrund zwischenzeitlicher Änderung durch Art. 1 Nr. 7 der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009, BGBl IS. 3223 - im Folgenden: 4. TierSchNutztVÄndV - nunmehr § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV) enthalten Übergangsregelungen.
-
I.
- 3
-
1. Die angegriffenen Bestimmungen lauten:
- 4
-
§ 13b
- 5
-
Besondere Anforderungen
- 6
-
an die Kleingruppenhaltung
- 7
-
(1) Legehennen dürfen als Kleingruppen nur nach Maßgabe der Anforderungen der Absätze 2 bis 7 gehalten werden.
- 8
-
(2) Für jede Legehenne muss, unbeschadet des § 13 Abs. 2 Nr. 1, jederzeit eine uneingeschränkt nutzbare Fläche von mindestens 800 Quadratzentimetern zur Verfügung stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht der Legehennen in der Haltungseinrichtung mehr als zwei Kilogramm, muss abweichend von Satz 1 eine nutzbare Fläche von mindestens 900 Quadratzentimetern zur Verfügung stehen. Für die Berechnung der Fläche ist diese in der Waagerechten zu messen.
- 9
-
(3) Die lichte Höhe einer Haltungseinrichtung muss
- 10
-
1. an der Seite der Haltungseinrichtung, an der der Futtertrog angebracht ist, mindestens 60 Zentimeter betragen und
- 11
-
2. darf im Übrigen an keiner Stelle über der Fläche nach Absatz 2 niedriger als 50 Zentimeter sein.
- 12
-
(4) Für jeweils bis zu zehn Legehennen muss jederzeit ein Einstreubereich von mindestens 900 Quadratzentimetern Fläche und ein Gruppennest von mindestens 900 Quadratzentimeter zugänglich sein. Das Gruppennest muss weniger ausgeleuchtet sein als die übrige Fläche. Übersteigt die Gruppengröße 30 Legehennen, ist für jede weitere Legehenne der Einstreubereich und das Gruppennest um jeweils 90 Quadratzentimeter zu vergrößern.
- 13
-
(5) Jeder Legehenne muss ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Kantenlänge von mindestens zwölf Zentimetern und eine Sitzstange von mindestens 15 Zentimetern Länge zur Verfügung stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht der Legehenne in der Haltungseinrichtung mehr als zwei Kilogramm, muss der Futtertrog abweichend von Satz 1 eine Länge von mindestens 14,5 Zentimetern je Legehenne aufweisen. Je Haltungseinrichtung müssen mindestens zwei Sitzstangen vorhanden sein, die in unterschiedlicher Höhe angeordnet sind.
- 14
-
(6) Die Gänge zwischen den Reihen der Haltungseinrichtungen müssen mindestens 90 Zentimeter breit sein und der Abstand zwischen dem Boden des Gebäudes und der unteren Reihe der Haltungseinrichtungen muss mindestens 35 Zentimeter betragen.
- 15
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(7) Die Form und die Größe der Öffnung der Haltungseinrichtung muss gewährleisten, dass eine ausgewachsene Legehenne herausgenommen werden kann, ohne dass ihr vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.
- 16
-
§ 33
- 17
-
Übergangsregelungen
- 18
-
…
- 19
-
(3) Abweichend von den §§ 13, 13a und 13b dürfen Legehennen in Haltungseinrichtungen, die vor dem 13. März 2002 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen worden sind, noch bis zum 31. Dezember 2020 gehalten werden, wenn diese so beschaffen sind, dass je Legehenne
- 20
-
1. eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von mindestens 750 Quadratzentimetern vorhanden ist, wobei bei der Flächenberechnung je Legehenne 150 Quadratzentimeter Nestfläche berücksichtigt werden, sofern diese über die Eiablage hinaus genutzt werden kann, unmittelbar an eine nutzbare Fläche anschließt, eine lichte Höhe von mindestens 45 Zentimetern vorhanden ist, die Rückzugsmöglichkeit zur Eiablage uneingeschränkt erhalten bleibt und die Grundfläche dieser Käfige jeweils mindestens 2.000 Quadratzentimeter beträgt;
- 21
-
2. ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Länge von mindestens zwölf Zentimetern und
- 22
-
3. ein Nest, ein Einstreubereich, in dem das Picken und Scharren möglich ist sowie geeignete Sitzstangen mit einem Platzangebot von mindestens 15 Zentimetern zur Verfügung stehen;
- 23
-
4. eine geeignete Vorrichtung zum Kürzen der Krallen vorhanden ist.
- 24
-
(4) Abweichend von den §§ 13, 13a und 13b dürfen Legehennen in Haltungseinrichtungen, die vor dem 13. März 2002 bereits in Benutzung genommen worden sind, noch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 gehalten werden, soweit
- 25
-
1. diese so beschaffen sind, dass
- 26
-
a) je Legehenne eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von mindestens 550 Quadratzentimetern oder, im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als zwei Kilogramm, von mindestens 690 Quadratzentimetern vorhanden ist;
- 27
-
b) je Legehenne ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Länge von mindestens zwölf Zentimetern oder, im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als zwei Kilogramm je Legehenne, ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog mit einer Länge von mindestens 14,5 Zentimetern zur Verfügung steht;
- 28
-
c) bei Verwendung von Nippeltränken oder Tränknäpfen sich mindestens zwei Tränknäpfe oder Nippeltränken in Reichweite jeder Legehenne befinden oder jeder Käfig mit einer Rinnentränke ausgestattet ist, deren Länge der des Futtertroges nach Buchstabe b entspricht;
- 29
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d) die lichte Höhe über mindestens 65 Prozent der Käfigfläche mindestens 40 Zentimeter und an keiner Stelle weniger als 35 Zentimeter beträgt;
- 30
-
e) der Neigungswinkel des Bodens 14 Prozent nicht überschreitet und durch die Bodenbeschaffenheit des Käfigs sichergestellt ist, dass die nach vorn gerichteten Krallen beider Ständer nicht abrutschen können, und
- 31
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f) eine geeignete Vorrichtung zum Kürzen der Krallen vorhanden ist
- 32
-
und
- 33
-
2. der Inhaber des Betriebes der zuständigen Behörde bis zum 15. Dezember 2006 ein verbindliches Betriebs- und Umbaukonzept zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen im Sinne der Nummer 1 auf Haltungseinrichtungen nach den §§ 13, 13a oder 13b angezeigt hat.
- 34
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Wird die Anzeige nach Satz 1 Nr. 2 nicht fristgerecht abgegeben, endet die Frist, bis zu der Legehennen in Haltungseinrichtungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gehalten werden dürfen, mit Ablauf des 31. Dezember 2006. Die zuständige Behörde kann abweichend von Satz 1 auf Antrag im Einzelfall eine weitere Nutzung um bis zu einem Jahr genehmigen, soweit der Antragsteller nachweist, dass
- 35
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1. eine Umstellung entsprechend dem Betriebs- und Umbaukonzept im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 durchgeführt wird und
- 36
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2. aus vom Antragsteller nicht zu vertretenden Gründen die Inbetriebnahme der Haltungseinrichtungen nach den §§ 13, 13a oder 13b ab dem 1. Januar 2009 nicht oder nicht vollständig möglich ist.
- 37
-
…
- 38
-
2. a) Die Legehennenhaltung war zunächst in der Hennenhaltungsverordnung vom 10. Dezember 1987(BGBl I S. 2622, im Folgenden: HHVO) geregelt. Diese sah unter anderem eine uneingeschränkt nutzbare Käfigbodenfläche von mindestens 450 cm² je Henne, eine lichte Höhe von mindestens 40 cm über mindestens 65 % der Käfigbodenfläche und mindestens 35 cm über der restlichen Fläche sowie eine uneingeschränkt nutzbare Länge des Futtertrogs von mindestens 10 cm je Henne vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 7 HHVO).
- 39
-
b) Mit Urteil vom 6. Juli 1999 (- 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1) erklärte das Bundesverfassungsgericht die Hennenhaltungsverordnung für nichtig.
- 40
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Die Regelungen zur Mindestkäfigbodenfläche und zur Futtertroglänge seien mit der Ermächtigungsnorm des § 2a Abs. 1 TierSchG unvereinbar. Die gemäß § 2a Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Nr. 1 und § 1 TierSchG in eine Rechtsverordnung einzustellenden Belange des ethisch begründeten Tierschutzes würden über die Grenze eines angemessenen Ausgleichs zurückgedrängt. Schon ein Vergleich der durchschnittlichen Körpermaße einer ausgewachsenen Legehenne (47,6 x 14,5 x 38 cm) mit der in der Hennenhaltungsverordnung vorgesehenen Käfigbodenfläche zeige, dass in mit vier bis sechs Hennen besetzten Käfigen, wie sie in Deutschland derzeit in der Legehennenhaltung üblich seien, eine Befriedigung des Schlafbedürfnisses der Hennen nicht möglich sei. Bei der vorgesehenen Futtertroglänge von 10 cm könnten die Hennen nicht entsprechend ihrem artgemäßen Bedürfnis gleichzeitig ihre Nahrung aufnehmen (BVerfG, a.a.O., S. 30 f., 37 f.).
- 41
-
Ferner verstoße die Hennenhaltungsverordnung gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG, weil sie in ihrem Vorspruch nicht Art. 2 des Gesetzes vom 25. Januar 1978 zum Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (BGBl II S. 113, im Folgenden: ETÜ-Gesetz; für das als Anlage zu diesem Gesetz abgedruckte Übereinkommen im Folgenden: ETÜ) in Verbindung mit der gemäß Art. 9 Abs. 3 ETÜ für Deutschland wirksam gewordenen und deshalb innerstaatlich durchzusetzenden Empfehlung des Ständigen Ausschusses vom 21. November 1986 für das Halten von Legehennen der Art Gallus gallus (Bundesanzeiger vom 11. Mai 2000, Nr. 89a) als Ermächtigungsgrundlage nenne (BVerfG, a.a.O., S. 41 ff.).
- 42
-
Offengelassen wurde die Frage, ob die Tierschutzkommission im Verfahren zum Erlass der angegriffenen Verordnung gemäß § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG ausreichend angehört worden sei und welche Rechtsfolgen eine möglicherweise fehlerhafte Anhörung auf den Bestand der Verordnung haben könnte (BVerfG, a.a.O., S. 44).
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c) Zur Schließung der durch die Nichtigerklärung der Hennenhaltungsverordnung entstandenen Regelungslücke wurde die Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung vom 25. Oktober 2001 (BGBl I S. 2758, im Folgenden: TierSchNutztV 2001) geändert.
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Die Änderung sollte zugleich der Umsetzung der Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABlEG Nr. L 203 S. 53, inzwischen geändert durch die Verordnung
Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 ) dienen. In dieser Richtlinie ist als neue Haltungsart der sogenannte ausgestaltete Käfig vorgesehen. Ein solcher Käfig muss über eine Fläche von mindestens 750 cm² je Henne, eine Höhe von mindestens 45 cm in dem nutzbaren Teil dieser Fläche, der mindestens 600 cm² je Henne betragen muss, sowie über Sitzstangen, Einstreu und Nest verfügen. Nach der Richtlinie dürfen herkömmliche (nicht ausgestaltete) Käfige ab dem 1. Januar 2003 nur noch unter Einhaltung bestimmter Mindestvoraussetzungen (insbesondere: 550 cm² Bodenfläche je Henne) vorübergehend weiterbetrieben werden; ab dem 1. Januar 2012 sind sie vollständig untersagt (Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RL 1999/74/EG). Den Mitgliedstaaten ist es unbenommen, strengere Vorschriften beizubehalten oder anzuwenden (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 RL 1999/74/EG).
- 45
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Die Neuregelung der Hennenhaltung und die Anpassung der Vorschriften an die Richtlinie 1999/74/EG erfolgte durch die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 28. Februar 2002 (BGBl I S. 1026, im Folgenden: 1. TierSchNutztVÄndV <"Künast-Verordnung">; die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der durch die 1. TierSchNutztVÄndV geänderten Fassung wird im Folgenden bezeichnet als TierSchNutztV 2002). Mit dieser Verordnung wurde in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ein Abschnitt "Anforderungen an das Halten von Legehennen" eingefügt (Art. 1 Nr. 1 1. TierSchNutztVÄndV). Die konventionelle Käfighaltung wurde abgeschafft. Ausgestaltete Käfige gemäß der Richtlinie 1999/74/EG waren als Haltungsform nicht vorgesehen, sondern nur noch die Boden- und die Volièrenhaltung (vgl. § 13 TierSchNutztV 2002). Die Übergangsregelungen der Verordnung bestimmten, dass vor dem 6. Juli 1999 in Benutzung genommene herkömmliche Käfige mit 450 cm² Bodenfläche/Henne - unter der Voraussetzung einer bestimmten Ausstattung der Käfige - noch bis zum 31. Dezember 2002 zulässig waren (§ 17 Abs. 5 TierSchNutztV 2002). Eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2006 - und somit fünf Jahre weniger als in der Richtlinie 1999/74/EG vorgesehen - galt für am 13. März 2002 bereits in Benutzung genommene herkömmliche Käfige mit 550 cm² Bodenfläche/Henne, wiederum unter der Voraussetzung einer bestimmten Ausstattung der Käfige (§ 17 Abs. 4 TierSchNutztV 2002). Für die Legehennenhaltung mit bereits genehmigten oder in Benutzung genommenen ausgestalteten Käfigen war eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2011 vorgesehen (§ 17 Abs. 3 TierSchNutztV 2002). Die Änderungen traten am Tag nach der am 12. März 2002 erfolgten Verkündung in Kraft (Art. 3 der 1. TierSchNutztVÄndV).
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d) Im Jahr 2005 wurde die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof wegen Nichtumsetzung von Richtlinien zur Schweinehaltung verurteilt (Urteil vom 8. September 2005 - Rs. C-278/04 -, ABlEU Nr. C 271, S. 8 f.). Dies führte zum Erlass der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 (BGBl I S. 1804, im Folgenden: 2. TierSchNutztVÄndV; die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der durch die 2. TierSchNutztVÄndV geänderten Fassung wird im Folgenden bezeichnet als TierSchNutztV Aug. 2006).
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aa) Unter dem 15. Februar 2006 übermittelte das zuständige Ministerium dem Bundesrat zur Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 2a Abs. 1 TierSchG die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (vgl. BRDrucks 119/06). Der übersandte Verordnungstext enthielt lediglich Bestimmungen zur Umsetzung der die Schweinehaltung betreffenden Richtlinien, nicht aber Änderungen im Bereich der Legehennenhaltung, die der Bundesrat erstrebte. Dieser hatte sich bereits in den Jahren 2003 und 2004 mit zwei Maßgabebeschlüssen bemüht, in Verbindung mit der Neuregelung der Schweinehaltung eine die Anforderungen herabsetzende Änderung der Vorschriften zur Legehennenhaltung zu erreichen (vgl. Beschluss vom 28. November 2003, BRDrucks 574/03
, und Beschluss vom 17. Dezember 2004, BRDrucks 482/04 ).
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Die Tierschutzkommission (§ 16b TierSchG) wandte sich in ihrer Sitzung vom 20. Februar 2006 gegen eine Koppelung der Neuregelungen der Schweinehaltung mit Neuregelungen der Legehennenhaltung und verlangte, im Fall anstehender Veränderungen der Rechtslage zur Legehennenhaltung erneut befasst zu werden.
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bb) Mit Beschluss vom 7. April 2006 stimmte der Bundesrat der Verordnung mit der Maßgabe zu, dass sie unter anderem durch Einfügung der im vorliegenden Verfahren zu prüfenden Bestimmungen zur Legehennenhaltung geändert werde (BRDrucks 119/06
; vgl. auch Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern vom 5. April 2006, BRDrucks 119/3/06, S. 8 f.). Der vorgesehene § 13b solle der Umsetzung der Richtlinie 1999/74/EG dienen. Auf der Grundlage dieser Richtlinie sei in Deutschland der ausgestaltete Käfig weiterentwickelt worden. Die Regelung gehe insbesondere durch Konkretisierungen für Nest und Einstreubereich sowie hinsichtlich der Mindestbodenfläche je Henne (800 cm²) über die Vorgaben der Richtlinie 1999/74/EG hinaus. Durch die Einführung dieses Haltungssystems solle erreicht werden, dass kleinere Betriebe, die nicht auf Bodenhaltung umrüsten könnten, weiterhin Legehennen halten könnten. Großbetrieben müsse die Chance der Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu Betrieben in anderen EU-Mitgliedstaaten eingeräumt werden, um eine Abwanderung in Länder mit geringeren Tierschutzstandards zu vermeiden (vgl. BRDrucks 119/06 , S. 1 <13 f.>). Die Übergangsfrist für die Legehennenhaltung in ausgestalteten Käfigen solle durch Einfügung des § 27 Abs. 3 auf das Jahr 2020 verlängert werden, um der betriebswirtschaftlich vorgegebenen Abschreibungsfrist der Projektanlagen Rechnung zu tragen. Die Frist für die übergangsweise noch zulässige Legehennenhaltung in herkömmlichen Käfigen solle mit dem vorgesehenen § 27 Abs. 4 auf das Jahr 2008, in Ausnahmefällen auf das Jahr 2009, verlängert werden. In Deutschland würden 78 % der Legehennen in herkömmlichen Käfigen gehalten. Viele Betriebe begründeten nachvollziehbar, dass eine Umstellung auf Bodenhaltung nicht möglich sei. Insofern stehe ohne die Fristverlängerung zu befürchten, dass kleinere Betriebe die Legehennenhaltung aufgäben und größere Betriebe sie ins Ausland verlegten (vgl. BRDrucks 119/06 , S. 1 <13 f.>).
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cc) Der Text der geplanten Neuregelung in der Fassung des Maßgabebeschlusses des Bundesrates wurde der Europäischen Kommission im Notifizierungsverfahren nach Art. 8 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABlEG Nr. L 204 S. 37, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006
) vorgelegt. Das Notifizierungsschreiben ging am 28. April 2006 bei der Europäischen Kommission ein.
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dd) Das Kabinett nahm mit Beschluss vom 10. Mai 2006 den Maßgabebeschluss des Bundesrates zustimmend zur Kenntnis (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 10. Mai 2006).
- 52
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ee) Das zuständige Ministerium lud mit Schreiben vom 16. Mai 2006 die Tierschutzkommission zu einer Sitzung am 29. Mai 2006 ("nachdem der Bundesrat der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit Änderungen zur Legehennenhaltung zugestimmt hat, lade ich Sie ... zu einer Anhörung der Tierschutzkommission ... ein"). In der Tagesordnung war als ein Punkt aufgeführt: "Information über die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung".
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Mit E-Mail vom 17. Mai 2006 wurden den Kommissionsmitgliedern unter anderem der Text der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sowie eine entsprechende konsolidierte Fassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung übersandt. Dieselben Unterlagen wurden den Mitgliedern der Tierschutzkommission bei der Sitzung am 29. Mai 2006 als Tischvorlage zur Verfügung gestellt.
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Die Niederschrift über die Sitzung enthält zum Tagesordnungspunkt "Informationen über die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung" folgende Ausführungen: "Herr ... berichtete über den Stand der Zweiten Verordnung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung. Die Verordnung wurde am 28.04.2006 notifiziert und am 10.05.2006 vom Bundeskabinett zustimmend zur Kenntnis genommen, ist noch nicht gezeichnet." Weiter ist in der Sitzungsniederschrift das folgende Votum der Kommission festgehalten: "Die Tierschutzkommission bedauert, dass das Votum der Sitzung vom 20. Februar 2006 in Bezug auf eine Koppelung der Verordnung Abschnitt Schweinehaltung mit Fragen zur Legehennenhaltung nicht berücksichtigt worden ist. Die Tierschutzkommission ersucht das BMELV, zum frühest möglichen Zeitpunkt - spätestens jedoch nach zwei Jahren - über die bisherigen Erfahrungen mit der Kleingruppenhaltung unterrichtet zu werden. Die Tierschutzkommission regt an, den Tierschutz sowohl in Kleingruppenhaltungen als auch in alternativen Haltungssystemen zu optimieren."
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In den handschriftlichen Notizen eines Ministeriumsvertreters über die Sitzung vom 29. Mai 2006 heißt es, dass die Einfügung von Regelungen zur Legehennenhaltung auf den Bundesrat zurückgehe und es nicht im Ermessen des Ministeriums liege, dass die Tierschutzkommission damit nicht befasst worden sei ("BR hat auf Schweine die Legehennen + Kälber draufgesattelt; dass Tierschutzkommission damit nicht befasst wurde liegt nicht im Ermessen des BMELV's"). Ferner wurde das Votum der Tierschutzkommission wiedergegeben ("ihr Beschluss bedauerlicher Weise nicht gehört wurde; Rückschritt Tierschutz befürchtet; Bericht über Kleinvoliere nach 2 Jahren").
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ff) Die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wurde mit den im Maßgabebeschluss des Bundesrates vorgesehenen Änderungen am 1. August 2006 vom zuständigen Minister unterzeichnet und am 3. August 2006 verkündet (BGBl I S. 1804). Die konsolidierte Neufassung der Verordnung vom 22. August 2006 wurde noch im selben Monat bekanntgemacht (BGBl I S. 2043).
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e) Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der durch die 3. TierSchNutztVÄndV geänderten Fassung wird im Folgenden bezeichnet als TierSchNutztV Nov. 2006) verschob sich infolge der Einfügung eines neuen Abschnitts zur Haltung von Pelztieren (damals Abschnitt 5, §§ 26 ff.) die Zählung der nachfolgenden Paragraphen. Während es für die Regelung zur Kleingruppenhaltung bei der bisherigen Paragraphenbezeichnung (§ 13b) blieb, wurde die bisher als § 27 Abs. 3 und 4 geführte Übergangsregelung zu § 33 Abs. 3 und 4. Inhaltlich blieben die Vorschriften unverändert.
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f) Die Übergangsregelung hat zwischenzeitlich infolge der mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009 (BGBl I S. 3223) erfolgten Erweiterung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um einen Abschnitt über die Haltung von Masthühnern erneut einen anderen Ort erhalten; sie findet sich nun in § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV. Die Kleingruppenhaltung ist weiterhin in § 13b TierSchNutztV geregelt.
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II.
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Die Antragstellerin beantragt, § 13b sowie § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung vom 22. August 2006 (Bekanntmachung der Neufassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 22. August 2006, BGBl I S. 2043), zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (BGBl I S. 2759), für nichtig zu erklären.
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1. Die Regelung des § 13b TierSchNutztV genüge weder formell noch materiell den Anforderungen des Tierschutzgesetzes.
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a) Die Nichtigkeit der Vorschrift folge bereits daraus, dass die Tierschutzkommission entgegen dem Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG, das seine Wurzeln im Verfassungsrecht habe, nicht ordnungsgemäß angehört worden sei.
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Der Tierschutzkommission sei in einer Sitzung am 28. November 2005 ausdrücklich mitgeteilt worden, dass das Ministerium nicht beabsichtige, Regelungen zur Legehennenhaltung mit der erforderlichen Änderung der Regelungen zur Schweinehaltung zu verknüpfen. In ihrer Sitzung vom 20. Februar 2006 habe die Tierschutzkommission zu Protokoll gegeben, dass sie im Fall anstehender Änderungen der Regelungen zur Legehennenhaltung mit der Thematik befasst werden wolle. Dies sei nicht geschehen; vielmehr sei die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ohne Anhörung der Tierschutzkommission notifiziert und vom Bundeskabinett bestätigt worden. In der Sitzung am 29. Mai 2006 habe die Tierschutzkommission ausdrücklich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass ihr Votum vom 20. Februar 2006 wissentlich nicht berücksichtigt worden sei und die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nun doch die Neuregelungen zur Schweinehaltung mit Neuregelungen zur Legehennenhaltung kopple. Eine Anhörung habe in dieser Sitzung nicht stattgefunden. Das Ministerium unterscheide ausweislich verschiedener Niederschriften zu den Sitzungen der Tierschutzkommission in den Tagesordnungen stets genau zwischen einer förmlichen Anhörung nach § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG und bloßen "Informationen", "Unterrichtungen" oder "Diskussionen". Bei förmlichen Anhörungen gehe aus dem Anschreiben deutlich hervor, dass die Kommissionsmitglieder zu einer "Anhörung der Tierschutzkommission nach § 16b Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes" geladen würden; zudem werde der "Entwurf" einer Verordnung übersandt. Die Tagesordnung zur Sitzung am 29. Mai 2006 spreche demgegenüber lediglich von "Information" über die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, nicht von einer Anhörung. Mit dem Einladungsschreiben vom 17. Mai 2006, das die Mitglieder entgegen der üblichen Praxis nicht auf dem Postweg, sondern per E-Mail erhalten hätten, sei nicht der "Entwurf", sondern der fertige Text der Änderungsverordnung übersandt worden, und in dem Schreiben sei nicht - wie sonst bei förmlichen Anhörungen üblich - auf § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG Bezug genommen worden. Dass zu dem gegebenen Zeitpunkt überhaupt eine Sitzung anberaumt worden sei, spreche nicht für das Vorliegen einer Anhörung. Sitzungen der Tierschutzkommission, ohne dass eine Anhörung stattgefunden hätte, sowie Sitzungen in verhältnismäßig rascher Folge habe es bereits in der Vergangenheit gegeben.
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Dass es sich um eine rein informatorische Befassung der Tierschutzkommission gehandelt habe, folge auch aus dem - gemäß § 8 Abs. 2 der Tierschutzkommissions-Verordnung (TierSchKomV) in Verbindung mit § 93 VwVfG und § 415 Abs. 1 ZPO beweiskräftigen - Sitzungsprotokoll vom 29. Mai 2006. Die Haltung des Ministeriums habe danach bereits festgestanden. Dass der Entwurfstext bereits vor Befassung der Tierschutzkommission als endgültig betrachtet worden sei, zeige auch eine Pressemitteilung des Ministeriums vom 10. Mai 2006, in der hinsichtlich der Verordnungsänderungen zur Schweine- und Legehennenhaltung von einer "nun gefundenen Lösung" die Rede gewesen sei. Danach sei, selbst wenn in der Befassung der Tierschutzkommission eine förmliche Anhörung zu sehen wäre, dem Anhörungserfordernis des § 16b TierSchG nicht genügt gewesen, weil eine Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Gegenargumenten erkennbar nicht mehr bestanden habe und nach Abschluss des Notifizierungsverfahrens ein Eingehen auf Bedenken auch nicht mehr möglich gewesen wäre, ohne die Notwendigkeit erneuter Notifizierung auszulösen und damit die Umsetzung der Vorschriften über die Schweinehaltung weiter zu verzögern.
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Ferner heiße es im Protokoll vom 29. Mai 2006, dass die Nichtbefassung der Tierschutzkommission nicht im Ermessen des Ministeriums gelegen habe. Diese Äußerung wäre unverständlich, wenn das Ministerium die Absicht gehabt hätte, in der Sitzung eine Anhörung durchzuführen.
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Es sei kein Versehen gewesen, dass keine förmliche Anhörung stattgefunden habe. Vielmehr habe dies der damaligen Rechtsauffassung des Ministeriums entsprochen. Dies belege ein auf den 7. Juni 2004 datiertes Protokoll über eine Sitzung der Tierschutzkommission am 4. Juni 2004. Aus diesem ergebe sich, dass das Ministerium im Fall von Maßgabebeschlüssen des Bundesrates keine erneute Befassung der Tierschutzkommission für erforderlich gehalten habe.
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Die Tierschutzkommission habe gravierende Bedenken gegen die Kleingruppenhaltung gehabt, angesichts der Umstände aber lediglich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, nicht gehört worden zu sein. Mit ihrer Forderung nach einem Bericht über die Kleingruppenhaltung in zwei Jahren habe sie sich um Schadensbegrenzung bemüht.
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Aufgrund der unterbliebenen Anhörung der Tierschutzkommission sei die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nichtig. Der Verfahrensfehler sei evident im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Folgen von Verfahrensfehlern im Rechtsetzungsverfahren, da sich das Anhörungserfordernis aus dem Gesetz ergebe. Eine unbeanstandete Praxis, die der Evidenz entgegenstehen könnte, liege nicht vor. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner ersten Legehennenentscheidung auf das Verfahrenserfordernis hingewiesen. Hinzu komme, dass die Tierschutzkommission selbst mehrfach um Anhörung gebeten habe. Dies sei auch im Tierschutzbericht der Bundesregierung von 2007 (BTDrucks 16/5044, S. 29) festgehalten.
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b) Auch die materiellen Anforderungen des Tierschutzgesetzes seien nicht erfüllt. § 13b TierSchNutztV verstoße gegen das einfachgesetzliche Gebot artgerechter Tierhaltung (§ 2 Nr. 1 TierSchG) und damit zugleich gegen Art. 20a GG.
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aa) Die Anforderungen an die Artgerechtheit ließen sich zu - teilweise überschneidenden - Fallgruppen zusammenfassen: Platzangebot, Ruhen und Schlafen, Nahrungserwerbsverhalten (einschließlich Picken und Scharren), Eigenkörperpflege (einschließlich Staubbaden) und Eiablage. Hinsichtlich sämtlicher Anforderungen sei die in § 13b TierSchNutztV vorgesehene Kleingruppenhaltung unzureichend. Die Antragstellerin führt dies im Einzelnen aus und legt in diesem Zusammenhang zwei von ihr in Auftrag gegebene Gutachten vor. Das Gutachten "Beurteilung der Tiergerechtheit der 'Kleingruppenhaltung' von Legehennen unter Berücksichtigung rechtlicher und ökonomischer Aspekte" von Prof. Dr. Bernhard Hörning (Oktober 2009) kommt zu dem Ergebnis, dass den Legehennen in der Kleingruppenhaltung keine artgemäße Fortbewegung, kein artgemäßes Ruhen, keine artgemäße Nahrungsaufnahme, kein artgemäßes Staubbaden und keine artgemäße Eiablage möglich sei. Auch weitere Beurteilungskriterien sowie wirtschaftliche Aspekte sprächen gegen die Kleingruppenhaltung. Das "Gutachten zum Risiko von Federpicken und Kannibalismus in der Kleingruppenhaltung nach der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung" von Dr. Christiane Keppler (Juni 2009) kommt zu dem Ergebnis, dass das untersuchte Risiko in der Kleingruppenhaltung besonders hoch sei.
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bb) Der Verordnungsgeber habe sich nicht am aktuellen Stand der Wissenschaft orientiert und seinen Ermittlungspflichten nicht genügt. Vor Einführung der Kleingruppenhaltung seien keinerlei wissenschaftliche Gutachten eingeholt worden. Bis zum heutigen Tage gebe es keine Untersuchungen zur Tiergerechtheit dieser Haltungsform. In Zweifelsfällen dürften neue Haltungsformen erst eingeführt werden, wenn ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung nachgewiesen sei. Ein Ermittlungsdefizit bestehe auch, weil die Bundesregierung aus dem Gemeinschaftsrecht Maßstäbe für die Tiergerechtheit abgeleitet habe. Das Gemeinschaftsrecht sei nicht den für den deutschen Gesetzgeber geltenden Maßstäben der Tiergerechtheit verpflichtet und schaffe nur Mindeststandards. Weiter fehlten Ermittlungen zu der Behauptung des Bundesrates in seinem Maßgabebeschluss, dass die Einführung der Kleingruppenhaltung zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der Legehennenbetriebe erforderlich sei. Dieser Gesichtspunkt habe deshalb nicht in die Abwägung eingestellt werden dürfen. Da der Verordnungsgeber, der gemäß Art. 20a GG begründungspflichtig sei, auf Belange des Gesundheits- und Verbraucherschutzes nicht abgestellt habe, seien auch diese Belange bei der gerichtlichen Überprüfung außer Betracht zu lassen.
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cc) Leite man aus Art. 20a GG ein generelles Verschlechterungsverbot ab, ergebe sich bereits daraus die Verfassungswidrigkeit der Kleingruppenhaltung. Ferner müsse § 2a TierSchG verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass eine tierschutzrechtliche Verschlechterung nicht vom Verordnungsgeber allein beschlossen werden dürfe. Selbst wenn man ein generelles Verschlechterungsverbot ablehne, sei eine Rücknahme von Tierschutzvorschriften nur aufgrund einer sorgfältigen Abwägungsentscheidung zulässig, die hier fehle. Der zeitliche Ablauf und die sich verschärfenden Maßgabebeschlüsse des Bundesrates sprächen dafür, dass der Verordnungsgeber unter Druck gehandelt und angenommen habe, rechtlich beziehungsweise faktisch keinen eigenen Spielraum mehr zu haben. Selbst wenn kein solcher Abwägungsausfall vorläge, bestehe jedenfalls ein Abwägungsdefizit, da der Verordnungsgeber das notwendige Abwägungsmaterial nur unzureichend ermittelt, sich mit Alternativen zur Kleingruppenhaltung nicht auseinandergesetzt und den Tierhalterbelangen ohne nähere Auseinandersetzung mit tierschutzrechtlichen Erfordernissen besonderes Gewicht beigemessen habe. Deshalb sei auch das Abwägungsergebnis fehlerhaft. Die Kleingruppenhaltung unterschreite das durch Art. 20a GG gewährleistete "ethische Mindestmaß".
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2. Die Übergangsvorschriften seien schon deshalb nichtig, weil bei der dort vorgesehenen Bodenfläche von 750 cm² je Henne (§ 33 Abs. 3 TierSchNutztV) beziehungsweise 550 cm² je Henne (§ 33 Abs. 4 TierSchNutztV) der tierschutzrechtlich gebotene Mindestschutz nicht gewährleistet sei.
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Die Verlängerung der Übergangsfristen verstoße zudem gegen das in Art. 20a GG verankerte Optimierungsgebot, demzufolge aus mehreren zur Verfügung stehenden Alternativen diejenige zu wählen sei, die das Schutzgut am wenigsten beeinträchtige. Der Verordnungsgeber habe sich mit Alternativen zur Legehennenhaltung in herkömmlichen und ausgestalteten Käfigen nicht auseinandergesetzt und nicht dargelegt, warum die Einführung der Kleingruppenhaltung nicht ausgereicht habe. In der Abwägung seien die Belange der Tierhalter nicht ausreichend substantiiert worden.
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Diese Belange seien auch nicht schutzwürdig. Die im zuvor geltenden Recht vorgesehene Übergangsfrist habe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung nur noch vier Monate betragen. Die Legehennenhalter hätten sich deshalb ohnehin bereits auf die Umstellung einrichten müssen. Diese Umstellung sei mit staatlichen Subventionen gefördert worden. Worin die Schutzwürdigkeit derjenigen Halter liegen solle, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts unternommen hätten, sei nicht dargelegt. Erst recht sei nicht dargelegt, warum an eine vor dem Jahr 2002 erteilte Genehmigung über das Jahr 2011 hinaus für weitere neun Jahre ein Vertrauensschutz anknüpfen solle. Selbst wenn man die Schutzwürdigkeit noch bejahe, fehle es an der Darlegung, dass es keine Handlungsalternativen gegeben habe.
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Die Übergangsvorschriften verletzten auch die grundrechtlich geschützte Wettbewerbsfreiheit derjenigen Legehennenhalter, die aufgrund der vorherigen Rechtslage bereits auf alternative Haltungssysteme umgestellt hätten. Diese würden benachteiligt gegenüber Unternehmen, die trotz des unmittelbar bevorstehenden Endes der Übergangsfrist noch keine Umbaumaßnahmen ergriffen hätten. Vor allem aber benachteiligten die Übergangsvorschriften Neuunternehmen. Diese müssten die strengeren Vorgaben einhalten, was ihnen - auch nach Auffassung des Verordnungsgebers - Wettbewerbsnachteile im Verhältnis zu Altunternehmern einbringe. Diese Nachteile seien nicht gerechtfertigt. Für die herkömmliche Käfighaltung werde eine weitere Übergangsfrist von drei Jahren eingeräumt, für die Haltung in ausgestalteten Käfigen werde die Übergangsfrist verdoppelt. Die Begünstigung der Altunternehmer sei nach der Begründung (BRDrucks 119/06
, S. 1 <13 f.>) der eigentliche Zweck der Regelung. Der Vertrauensschutz der von der Übergangsregelung betroffenen Unternehmen habe sich jedoch bereits im Jahr 1990 relativiert, als die Hennenhaltungsverordnung beim Bundesverfassungsgericht zur Prüfung gestellt worden sei. Mit Erlass der Ersten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sei das Vertrauen erst recht nicht mehr schutzwürdig gewesen, da diese ein Auslaufen der herkömmlichen Käfighaltung und der ausgestalteten Käfige vorgesehen habe.
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III.
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Das Bundesverfassungsgericht hat dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung sowie den Landesregierungen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Gelegenheit zur Äußerung erhielten außerdem der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V., der Verband der Landwirtschaftskammern e.V., der Deutsche Bauernverband e.V., der Deutsche Tierschutzbund e.V., PROVIEH (Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.) und die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN). Das Bundesverwaltungsgericht und der Bundesgerichtshof wurden um Mitteilung der Verfahren gebeten, in denen sie mit den aufgeworfenen Rechtsfragen befasst sind oder waren.
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1. Die Bundesregierung verteidigt die angegriffenen Regelungen.
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a) Die Tierschutzkommission sei in der Sitzung am 29. Mai 2006 ordnungsgemäß angehört worden. Der Minister habe die Verordnung erst nach der in dieser Sitzung erfolgten Anhörung unterzeichnet. Da die streitgegenständlichen Änderungen der Verordnung erst im Bundesratsverfahren eingebracht worden seien, habe die Tierschutzkommission schon vom zeitlichen Ablauf her nicht früher befasst werden können. Ohnehin diene die Anhörung der Unterstützung des Ministeriums und nicht der des Bundesrates.
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Mit Schreiben vom 16. Mai 2006 sei ausdrücklich zu einer "Anhörung" geladen worden. Die Notwendigkeit einer (erneuten) Anhörung werde in der Einladung ausdrücklich auf die durch den Bundesrat vorgenommenen Änderungen an der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zurückgeführt. Hätte das Ministerium nicht anhören, sondern lediglich "informieren" wollen, wäre eine Einberufung der Tierschutzkommission nicht notwendig gewesen und nicht erfolgt. Eine reine Informationsveranstaltung wäre im Mai 2006, relativ rasch nach der vorangegangenen Sitzung im Februar 2006, nicht zwingend erforderlich gewesen. Die Kommissionsmitglieder hätten die Unterlagen im Interesse ausreichender Vorbereitungszeit ausnahmsweise per E-Mail erhalten. Im Fall einer bloßen Information hätte es einer solchen Vorbereitungszeit nicht bedurft. Es habe eine eingehende Beratung und Beschlussfassung stattgefunden. Bei einer bloßen Information hätte die Tierschutzkommission lediglich Kenntnis genommen; die Abgabe eines Votums wäre nicht erforderlich gewesen. Angesichts dieser Gesamtumstände sei es unschädlich, dass im Einladungsschreiben vom 16. Mai 2006 und im Sitzungsprotokoll vom 29. Mai 2006 von "Information" die Rede sei. Die Bezeichnung des den Mitgliedern der Tierschutzkommission per E-Mail übersandten und als Tischvorlage ausgehändigten Verordnungstexts als "Verordnung" sei korrekt gewesen. Gegenstand eines Bundesratsverfahrens sei die Verordnung, nicht der Entwurf der Verordnung. Mit Blick auf den Ablauf des Anhörungsverfahrens sei allenfalls denkbar, dass einzelne Mitglieder vor der Sitzung nicht vollständig unterrichtet gewesen seien; dies falle aber nicht in die Sphäre des Ministeriums.
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Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Protokoll über eine Sitzung der Tierschutzkommission am 4. Juni 2004 folge nicht, dass das Ministerium im Fall von Maßgabebeschlüssen des Bundesrates keine erneute Befassung der Tierschutzkommission für erforderlich halte. Im Jahr 2004 habe sich die Frage einer erneuten Anhörung nicht gestellt, da die Verordnung ohnehin nicht verkündet werden sollte. Die damalige Konstellation sei zum Anlass genommen worden, die Fragestellung im Ministerium zu erörtern, wobei man zum Ergebnis gekommen sei, dass in derartigen Fällen erneut angehört werden müsse.
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Die frühzeitige Behandlung im Kabinett sei erfolgt, um das Kabinett über den Inhalt der Verordnung und den Beginn der Notifizierung zu informieren. Eine Vorfestlegung oder eine endgültige Entscheidung über den Inhalt sei damit nicht verbunden gewesen. Üblicherweise beschließe das Kabinett Vorlagen erst nach Durchführung des Notifizierungsverfahrens. Auch im Notifizierungsverfahren, das kurz vor der Kabinettsbefassung eingeleitet worden sei und nach Anhörung der Tierschutzkommission geendet habe, sei keine endgültige Festlegung auf den Verordnungstext zu sehen. Nach der Begriffsbestimmung des "Entwurf(s) einer technischen Vorschrift" in Art. 1 Nr. 12 der Richtlinie 98/34/EG setze dieser voraus, dass sich die Vorschrift in einem "Stadium der Ausarbeitung befindet, in dem noch wesentliche Änderungen möglich sind". Eine Vorfestlegung stehe danach im Widerspruch zum Zweck der Notifizierung. Es sei deshalb in Kauf genommen worden, dass die Verordnung - insbesondere im Fall einer ausführlichen Stellungnahme der Europäischen Kommission oder eines EU-Mitgliedstaats - geändert und erneut dem Bundesrat und gegebenenfalls auch dem Kabinett hätte vorgelegt werden müssen.
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Die maßgebliche Vorgabe für die Befassung der Tierschutzkommission bestehe darin, dass die Position der Tierschutzkommission gegebenenfalls noch Einfluss auf die Verordnung haben könne. Dies sei der Fall gewesen, da die Verordnung zum Zeitpunkt der entscheidenden Sitzung noch nicht unterzeichnet gewesen sei. Die Tierschutzkommission habe Gelegenheit erhalten, ihre Auffassung und die entscheidenden Argumente darzulegen, und der Bundesminister habe ihre Stellungnahme im weiteren Verfahren berücksichtigt. Das Votum der Tierschutzkommission enthalte weder die Aufforderung, die Verordnung nicht zu verkünden, noch inhaltliche Änderungsvorschläge. Das Bedauern der Tierschutzkommission, dass es zu einer Koppelung der Vorschriften über die Legehennen mit den Vorschriften über die Schweinehaltung gekommen sei, sei zur Kenntnis genommen worden und in die Entschlussfassung des Bundesministers eingeflossen. Der Maßgabebeschluss des Bundesrates sei für den Bundesminister nicht bindend gewesen. Er hätte, wie in vorangegangenen Fällen geschehen, von der Verkündung der Verordnung absehen und dem Bundesrat eine geänderte Fassung zuleiten können.
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b) Aus Art. 20a GG ergebe sich nicht, dass nur das Parlament bestimmte Abwägungsentscheidungen treffen dürfe. Bereits nach seinem Wortlaut verpflichte Art. 20a GG auch den Verordnungsgeber.
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c) § 13b TierSchNutztV stehe mit § 2 TierSchG und Art. 20a GG in Einklang. Die artgerechte Haltung der Legehennen werde zusätzlich durch die §§ 3, 4 und 13 TierSchNutztV sichergestellt. Die Bundesregierung tritt den Bedenken der Antragstellerin im Einzelnen entgegen und trägt vor, die Kleingruppenhaltung verbessere die Tiergesundheit entscheidend. Dies hätten vergleichende Untersuchungen von ausgestalteten Käfigen gezeigt. Große ausgestaltete Käfige mit über 30 Hennen ließen sich mit der Kleingruppenhaltung vergleichen. Die Neuregelung beruhe insgesamt auf einer sorgfältigen und angemessenen Abwägung der Tierschutzinteressen mit anderen verfassungsrechtlich geschützten Interessen (Grundrechte der Tierhalter aus Art. 12 und 14 GG; Stützung der deutschen Eierproduktion; Produkthygiene und Optimierung der Arbeitsbedingungen). Der Verordnungsgeber habe alle alternativen Haltungssysteme in seine Entscheidungsfindung einbezogen und Verbesserungsmöglichkeiten weit über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus mit Fachleuten erörtert.
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d) Die Übergangsregelungen beruhten auf einer verfassungsgemäßen Abwägung. Für die von der Antragstellerin behauptete Wettbewerbsverzerrung gebe es keine Belege. Bis zur Neuregelung durch die angegriffenen Vorschriften hätten nur wenige Betriebe auf alternative Haltungssysteme umgestellt. Vielen Haltern sei die Umstellung nicht möglich gewesen. Kleinere Betriebe mit speziellen Direktvermarktungsmöglichkeiten hätten befürchtet, durch die mit der Bodenhaltung einhergehende Reduzierung der Anzahl der Hennen ihre wirtschaftliche Grundlage zu verlieren. Eine wirtschaftlich zu betreibende Freilandhaltung sei vielen Betrieben an ihrem Standort nicht möglich erschienen. Große Betriebe hätten es als nicht möglich erachtet, die große Zahl der gehaltenen Hennen in Bodenhaltung unterzubringen, und keine betriebswirtschaftlich sinnvollen Neu- und Umbaumöglichkeiten gesehen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz verbiete nicht jede Veränderung der Wettbewerbsbedingungen durch eine verordnungsrechtliche Neuregelung; es sei nicht geboten, eventuell bestehende Härten völlig auszuschließen und Vertrauensinvestitionen völlig zu kompensieren. Neben Zeitdauer und Ausmaß könne auch die wirtschaftliche Bedeutung der bisherigen beruflichen Tätigkeiten in die Gestaltung der Übergangsregelungen einfließen. Vor dem Hintergrund der seit 2002 andauernden Diskussion hätten die Hennenhalter sich auf die Neuregelung einstellen können.
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2. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben von einer Stellungnahme abgesehen.
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3. Die Hessische Landesregierung unterstützt den Normenkontrollantrag.
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Die Verordnung leide an den in der Antragsschrift aufgeführten Verfahrensmängeln. In materieller Hinsicht ermögliche die Regelung zur Kleingruppenhaltung entgegen den Anforderungen des Tierschutzgesetzes kein artgerechtes Verhalten (wird ausgeführt). Es liege ein Verstoß gegen Art. 20a GG vor, wobei offen bleiben könne, ob durch die mit § 13b TierSchNutztV erfolgte Reduzierung des Bewegungsraums um etwa vier Fünftel ein dem Tierschutz-Staatsziel innewohnendes Verschlechterungsverbot verletzt sei. Jedenfalls sei der Verordnungsgeber bei Anordnung einer solchen Verschlechterung verpflichtet gewesen, hierfür sachliche Gründe anzugeben und tierfreundlichere Alternativen ernsthaft zu prüfen. Beides sei nicht geschehen.
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Auch die Übergangsregelungen seien verfassungswidrig. Der Verordnungsgeber habe offensichtlich nicht berücksichtigt, dass nicht wenige Betreiber ihre Haltungen umgestellt und andere Betreiber neu in alternative Haltungssysteme investiert hätten. Gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer möglichst frühzeitigen Beendigung der herkömmlichen tierquälerischen Käfighaltung sei das Interesse der Käfighalter aufgrund der ohnehin langen Übergangsfrist von fast siebeneinhalb Jahren seit der Nichtigerklärung der Hennenhaltungsverordnung und der öffentlichen Förderung der Umstellung auf alternative Haltungsformen nicht schutzwürdig. Der Hinweis des Bundesrates auf kleinere Betriebe mit speziellen Direktvermarktungsmöglichkeiten sei unrichtig. Es sei allgemein bekannt, dass solche Betriebe überwiegend Boden- und Freilandhaltung betrieben. Die Verlängerung der Übergangsfrist für ausgestaltete Käfige sei schon deshalb verfassungswidrig, weil sich der Verordnungsgeber einseitig an der betriebswirtschaftlich vorgegebenen Abschreibungsfrist der Projektanlagen orientiert habe, ohne auch nur in eine Abwägung mit den Belangen des ethischen Tierschutzes einzutreten.
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4.Die Landesregierungen von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommernund Sachsen haben Stellungnahmen abgegeben, mit denen sie die angegriffenen Regelungen verteidigen. Die Kleingruppenhaltung verstoße weder gegen § 2 TierSchG noch gegen Art. 20a GG. Auch die Übergangsvorschriften seien verfassungsgemäß.
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5. Die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) und PROVIEH vertreten mit detaillierten Ausführungen zu den Haltungsbedingungen die Auffassung, dass die angegriffenen Regelungen den Anforderungen des Tierschutzes nicht entsprechen und daher verfassungswidrig sind.
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6. Der Deutsche Tierschutzbund e.V. erachtet den Antrag für zulässig und begründet. § 13b TierSchNutztV sei mangels ordnungsgemäßer Anhörung der Tierschutzkommission nichtig. Im von der Bundesregierung vorgelegten handschriftlichen Protokoll über die Sitzung der Tierschutzkommission heiße es: "BR hat auf Schweine die Legehennen + Kälber draufgesattelt; dass Tierschutzkommission damit nicht befasst wurde liegt nicht im Ermessen des BMELV's". Dies und die weiter festgehaltenen Äußerungen der Tierschutzkommission, dass ihr Beschluss bedauerlicherweise nicht gehört worden sei und ein Rückschritt im Tierschutz befürchtet werde, wären sinnwidrig, wenn am 29. Mai 2006 eine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden hätte. Hätte die Bundesregierung gemäß ihrem Vortrag wegen besonderer Eilbedürftigkeit per E-Mail eingeladen, wäre dies in der Einladung oder jedenfalls in der Sitzungsniederschrift zu vermerken gewesen. In den von der Bundesregierung vorgelegten Dokumenten sei von einer "Information" der Tierschutzkommission die Rede, nicht von einer "Anhörung". Aus den von der Bundesregierung vorgelegten Dokumenten ergebe sich nicht, dass die Tierschutzkommission einen Beschluss habe fassen können, der den Beschluss des Bundesrates noch hätte umkehren können. Die Tierschutzkommission sei erst befasst worden, als die Verordnung bereits notifiziert gewesen sei. Bereits am 10. Mai 2006 sei der Kabinettsbeschluss der Öffentlichkeit mittels Presseerklärung vorgestellt worden. Demnach sei, auch wenn die Verordnung im Zeitpunkt der Anhörung noch nicht unterzeichnet gewesen sei, der Verordnungstext schon endgültig festgelegt gewesen. Eine erneute Vorlage der Verordnung an den Bundesrat oder an das Kabinett wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Europäische Kommission oder Mitgliedstaaten gemäß Art. 8 der Richtlinie 98/34/EG Bemerkungen abgegeben hätten. Von einer Beratung der Bundesregierung durch die Tierschutzkommission könne nur die Rede sein, wenn der Bundesminister sich mit dem Votum der Tierschutzkommission vor seiner Entscheidung auseinandersetze und begründe, warum er diesem oder jenem Argument nicht folge. Eine solche Beratung habe vor dem Kabinettsbeschluss und der Presseerklärung vom 10. Mai 2006 nicht stattgefunden. Vor dem Hintergrund, dass die Tierschutzkommission im Februar 2006 ausdrücklich den Wunsch geäußert hatte, bei einer Veränderung der Rechtslage zu den Legehennen befasst zu werden, stelle die Einbeziehung der Tierschutzkommission in der Form, wie sie stattgefunden habe, eine eklatante Verkürzung ihrer Beratungsfunktion dar. Die angegriffenen Vorschriften seien auch materiell verfassungswidrig (wird ausgeführt).
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7. Nach Auffassung des Verbandes der Landwirtschaftskammern e.V., des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. und des Deutschen Bauernverbandes e.V. sind die angegriffenen Regelungen verfassungsgemäß. Die beiden zuletzt genannten Verbände haben eine Stellungnahme von Prof. Dr. Bessei (Mai 2010) vorgelegt, die sich kritisch mit den Gutachten von Prof. Dr. Bernhard Hörning und Dr. Christiane Keppler auseinandersetzt. Die beiden Verbände bezweifeln darüber hinaus schon die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags. Der für die Antragstellung erforderliche Kabinettsbeschluss sei nicht vorgelegt worden. Hinsichtlich der Übergangsregelung des § 33 Abs. 4 Satz 1 TierSchNutztV sei angesichts der auf den Ablauf des 31. Dezember 2008 befristeten Geltungsdauer dieser Vorschrift das objektive Klarstellungsinteresse fraglich.
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8. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, dass der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob die zur Prüfung gestellten Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit dem Grundgesetz vereinbar sind, nicht befasst gewesen sei.
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Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat auf zwei Entscheidun- gen vom 23. Oktober 2008 (- BVerwG 7 C 48.07 -
und - BVerwG 7 C 4.08 -) verwiesen. Das Urteil in der Sache BVerwG 7 C 48.07 betraf die Frage, ob die verschärften Anforderungen an die artgerechte Haltung von Legehennen auch auf die Anlage der Klägerin unmittelbare Anwendung finden oder die Klägerin sich bis zu einer Aufhebung beziehungsweise Änderung der Anlagengenehmigung auf Bestandsschutz berufen kann. Eine - mittelbar auch gegen § 33 Abs. 4 TierSchNutztV Nov. 2006 gerichtete - Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde mit Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2010 (- 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, S. 771 ff.) nicht zur Entscheidung angenommen.
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IV.
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Die Antragstellerin hat auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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B.
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Der Antrag ist zulässig. Die von der antragsberechtigten Landesregierung (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) ordnungsgemäß zur Prüfung gestellten Vorschriften des Bundesrechts können gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 76 Abs. 1 BVerfGG Gegenstand der abstrakten Normenkontrolle sein. Antragsgegenstand sind § 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung, die die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 30. November 2006 (BGBl I S. 2759) erhalten hat (§ 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV Nov. 2006).
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Die Antragstellerin hält die zur Prüfung gestellten Vorschriften unter anderem wegen Unvereinbarkeit mit Bestimmungen des Grundgesetzes - Art. 20a GG und, soweit es um § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV geht, auch Art. 12 GG - für nichtig und beruft sich damit auf einen gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 76 Abs. 1 BVerfGG zulässigen Antragsgrund.
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Der Antrag ist auch nicht insoweit unzulässig, als die Antragstellerin die Unvereinbarkeit der angegriffenen Verordnungsbestimmungen mit § 2 und § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG geltend macht. Zwar bildet gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, soweit es im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle um Normen des Bundesrechts geht, allein deren behauptete Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz, nicht die behauptete bloße Unvereinbarkeit mit einfachem Bundesrecht, einen zulässigen selbständigen Antragsgrund (vgl. BVerfGE 1, 184 <195 f.>; 96, 133 <138>). Daran kann - und will, wie sich deutlich aus § 78 Satz 1 BVerfGG ergibt - die in diesem Punkt nicht eindeutige, da hinsichtlich der Antragsgründe für die Prüfung von Bundes- und Landesrecht zusammenfassend formulierende Regelung des § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG nichts ändern. Dies schließt jedoch nicht aus, dass das Bundesverfassungsgericht, wenn eine Rechtsverordnung des Bundes mit zulässigem, ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz betreffenden Antragsgrund zur Prüfung gestellt ist, als Vorfrage oder im Hinblick auf eine spezifische verfassungsrechtliche Bedeutung bestimmter Vorgaben des einfachen Rechts auch die Vereinbarkeit der Verordnung mit einfachgesetzlichen Normen prüft. Die Voraussetzungen hierfür sind hinsichtlich der als verletzt gerügten Normen des Tierschutzgesetzes erfüllt (s. unter C.II.1.).
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Das erforderliche objektive Klarstellungsinteresse (vgl. BVerfGE 113, 167 <193> m.w.N.) ist hinsichtlich des § 33 Abs. 4 TierSchNutztV Nov. 2006 nicht dadurch entfallen, dass die hier für die konventionelle Käfighaltung vorgesehenen Übergangsfristen zwischenzeitlich abgelaufen sind. Ein objektives Klarstellungsinteresse ist indiziert, wenn ein auf die Bundesverfassung in besonderer Weise verpflichtetes Organ oder ein besonders verpflichteter Organteil von der Unvereinbarkeit der Norm mit höherem Bundesrecht überzeugt ist (vgl. BVerfGE 96, 133 <137>; 106, 244 <251>; 119, 394 <409>). Dies gilt auch, wenn die zum Prüfungsgegenstand erhobene Norm außer Kraft getreten oder auf andere Weise gegenstandslos geworden ist (vgl. BVerfGE 119, 394 <410>; vgl. auch BVerfGE 5, 25 <28>; 20, 56 <93 f.>; 79, 311 <326 ff.>; 97, 198 <213 f.>; 100, 249 <257>). Das objektive Klarstellungsinteresse entfällt lediglich, wenn von der zur Prüfung gestellten Norm unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr Rechtswirkungen ausgehen können (vgl. BVerfGE 97, 198 <213 f.>; 119, 394 <410>; stRspr). Dies ist hinsichtlich des § 33 Abs. 4 TierSchNutztV Nov. 2006 nicht der Fall. Rechtsstreitigkeiten, für die es auf die Vereinbarkeit dieser Norm mit dem Grundgesetz auch noch nach Ablauf der darin vorgesehenen Übergangsfristen ankommt, sind nicht von vornherein auszuschließen (vgl. nur BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Januar 2010 - 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, S. 771 ff.).
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C.
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I.
- 101
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§ 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV Nov. 2006 sind unvereinbar mit § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG und Art. 20a GG.
- 102
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1. Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind im vorliegenden Verfahren auch an der einfachgesetzlichen Norm des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG zu messen, die den Verordnungsgeber verpflichtet, vor dem Erlass von Verordnungen nach § 2 TierSchG die Tierschutzkommission anzuhören (vgl. BVerfGE 101, 1 <31, 44>). Das Bundesverfassungsgericht prüft im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle Rechtsverordnungen des Bundes auch daraufhin, ob sie sich im Rahmen der nach Art. 80 Abs. 1 GG erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage halten (vgl. BVerfGE 2, 307 <320 f.>; 8, 51 <60 f.>; 101, 1 <30 f.>; 106, 1 <12>). Zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne dieser Regel gehören nicht nur die materiellrechtlichen, sondern auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben, an die das ermächtigende Gesetz den ermächtigten Verordnungsgeber bindet, soweit ihre Beachtung für die Gültigkeit der angegriffenen Verordnungsbestimmungen von Bedeutung sein kann. Dies ist hier der Fall (vgl. BVerfGE 10, 221 <226>). Ob die betreffenden Vorgaben sich im selben Satz, Absatz oder Gesetzesparagraphen finden wie der Ausspruch, dass der Verordnungsgeber ermächtigt werde (für ein Beispiel solcher Anordnung eines Anhörungserfordernisses vgl. BVerfG, a.a.O., S. 222), kann für die Zugehörigkeit zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend sein; denn dies ist eine für den rechtlichen Status der Regelung belanglose Frage gesetzestechnischer Zweckmäßigkeit. Das in § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG geregelte Erfordernis der Anhörung der Tierschutzkommission gehört nicht weniger als die Vorgaben derjenigen Normen, die den Ausspruch der im vorliegenden Fall in Anspruch genommenen Verordnungsermächtigungen enthalten (§ 2a TierSchG und Art. 2 ETÜ-Gesetz), zu den Maßgaben, an die der Gesetzgeber die Ermächtigung geknüpft hat. Der Verordnungsgeber selbst hat sich dementsprechend ausdrücklich unter anderem auf "§ 2a Abs. 1 in Verbindung mit § 16b Abs. 1 Satz 2 … des Tierschutzgesetzes" als Ermächtigungsgrundlage gestützt (Vorspruch zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006, BGBl I S. 1804). Auf § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erstreckt sich die Prüfung im vorliegenden Fall zudem auch deshalb, weil das in Art. 20a GG statuierte Staatsziel Tierschutz der Beachtung dieser Norm verfassungsrechtliche Bedeutung verleiht (s. unter 3.).
- 103
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2. Die Tierschutzkommission wurde beim Erlass des § 13b TierSchNutztV und der zugehörigen Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006, BGBl I S. 1804, später § 33 Abs. 3 und 4, heute § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV, s.o. A.I.2.e und f) nicht in der von § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG geforderten Weise angehört.
- 104
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Es kann offen bleiben, ob die Befassung der Tierschutzkommission in ihrer Sitzung vom 29. Mai 2006 mit den Regelungen zur Kleingruppenhaltung vom zuständigen Ministerium als Anhörung im Sinne des § 16b TierSchG geplant war und ob die Mitglieder der Kommission hierüber durch das Einladungsschreiben (§ 8 Abs. 2 TierSchKomV, § 90 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) vom 16. Mai 2006 hinreichend deutlich unterrichtet waren. Denn jedenfalls hat die Anhörung nicht mit der gebotenen Offenheit stattgefunden.
- 105
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a) Sieht das Gesetz für den Erlass einer Norm ein Anhörungserfordernis vor, so zielt es darauf, dass das Ergebnis der Anhörung als informatorische Grundlage in die Abwägungsentscheidung des Normgebers einfließt. Dem Anhörungserfordernis wird daher nicht ordnungsgemäß entsprochen, wenn die Anhörung nur pro forma durchgeführt wird, ohne dass noch die Möglichkeit oder Bereitschaft bestünde, das Ergebnis in der Abwägungsentscheidung des Normgebers zu berücksichtigen (vgl. VerfGBbg, Urteil vom 18. Dezember 2003 - 97/03 -, juris; Unkelbach, Rechtsschutz gegen Gremienentscheidungen und Entscheidungen mit Gremienbeteiligung, 2007, S. 100; zu § 16b TierSchG VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. September 1990 - 10 S 570/90 -, NVwZ-RR 1991, S. 187 <190>; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, § 16b Rn. 1 und § 2a Rn. 6; Erbel, DÖV 1989, S. 338 <340>). Fehlende Beratungsoffenheit kann allerdings nicht aufgrund bloßer Spekulationen unterstellt, sondern nur aufgrund greifbarer Tatsachen angenommen werden (vgl. VerfGBbg, a.a.O.).
- 106
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b) Solche Tatsachen liegen hier vor.
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Bereits mit Beschluss vom 10. Mai 2006, also vor der Sitzung der Tierschutzkommission, hatte das Kabinett den Maßgabebeschluss des Bundesrates vom 7. April 2006 zustimmend zur Kenntnis genommen. Ebenfalls bereits vor der Sitzung der Tierschutzkommission war am 28. April 2006 die Notifizierung an die Europäische Kommission erfolgt. Auf dem Hintergrund der rechtlichen Vorgaben und der Verfahrensüblichkeiten deutet bereits diese Abfolge darauf hin, dass eine Offenheit für irgendwelche Änderungen auf der Grundlage eines Votums der Tierschutzkommission ganz unabhängig von etwaigen Inhalten eines solchen Votums nicht mehr bestand. Hinzu kommt die Besonderheit der Situation, in die das für den Verordnungserlass zuständige Bundesministerium sich durch den Maßgabebeschluss des Bundesrates versetzt sah.
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aa) Das Notifizierungserfordernis ergab sich aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 (ABlEG Nr. L 204 S. 37, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABlEU Nr. L 363 S. 81). Zweck der Notifizierung ist es nach den Erwägungsgründen dieser Richtlinie, Transparenz in der nationalen Rechtsetzung im nicht harmonisierten Bereich herzustellen und das Entstehen neuer Handelshemmnisse im Binnenmarkt zu verhindern. Dazu sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten, soweit nicht eine Ausnahme von der Notifizierungspflicht (Art. 10 Abs. 1 RL 98/34/EG) besteht, der Europäischen Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz RL 98/34/EG). Aus der Legaldefinition des Entwurfsbegriffs (Art. 1 Nr. 12 RL 98/34/EG) ergibt sich, dass dies in einem Stadium der Ausarbeitung geschehen muss, in dem noch wesentliche Änderungen möglich sind. Nach Eingang des übermittelten Entwurfs bei der Kommission beginnt eine dreimonatige Stillhaltefrist, während derer im Regelfall der Entwurf nicht angenommen werden darf (Art. 9 Abs. 1 RL 98/34/EG). Innerhalb dieser Frist können die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten eine ausführliche Stellungnahme abgeben, wenn sie Elemente der geplanten Maßnahme für mit dem Binnenmarkt unvereinbar halten (Art. 9 Abs. 2; s. auch Art. 8 Abs. 2 RL 98/34/EG). Die Kommission kann innerhalb der Frist auch mitteilen, dass sie beabsichtigt, für den im Entwurf geregelten Gegenstand einen Gemeinschaftsrechtsakt vorzuschlagen oder zu erlassen, oder dass dem Rat ein entsprechender Vorschlag vorgelegt wurde (Art. 9 Abs. 3 und 4 RL 98/34/EG). Im Fall einer solchen Stellungnahme oder Mitteilung verlängert sich die Stillhaltefrist (Art. 9 Abs. 2 RL 98/34/EG). Auf ausführliche Stellungnahmen hin hat der Mitgliedstaat die Kommission über die Maßnahmen, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahmen zu ergreifen beabsichtigt, zu unterrichten; die Kommission wiederum äußert sich zu diesen Maßnahmen (Art. 9 Abs. 2 Unterabsatz 3 RL 98/34/EG). Die Notifizierung hindert nicht den Fortgang des Rechtsetzungsverfahrens. Falls es im Verlauf des Verfahrens zu wesentlichen Änderungen am Entwurf kommt, muss jedoch ein erneutes Notifizierungsverfahren in Gang gesetzt werden, das wiederum die Stillhaltefristen auslöst (Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 RL 98/34/EG).
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Die Bundesregierung hat sich mit einem auf Staatssekretärsebene gefassten, soweit ersichtlich nicht veröffentlichten Beschluss vom 27. Januar 2005 ("Zeitpunkt der Übermittlung von Entwürfen technischer Vorschriften und Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft des Bundes gem. RL 98/34/EG, geändert durch RL 98/48/EG" - BMWA - XA2 - 51 10 01), den sie im vorliegenden Verfahren vorgelegt hat, über wesentliche Modalitäten der Notifizierung verständigt. Der Beschluss versteht seine Inhalte als Empfehlungen, die im Einzelfall vom federführenden Ressort - gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt - den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen sind (a.a.O., S. 3). Die Entscheidung darüber, ob ein Rechtsakt notifiziert wird, soll dem federführenden Ressort obliegen (a.a.O., S. 1). Dasselbe soll für die Entscheidung über den richtigen Zeitpunkt gelten - den Zeitpunkt, zu dem einerseits an dem Entwurf noch wesentliche Änderungen möglich sind, andererseits die Entwurfsfassung so weitgehend konsolidiert ist, dass keine wesentlichen Änderungen im weiteren Verfahren nötig sind, die eine erneute Notifizierungspflicht auslösen würden; eine Notifizierung kann nicht vor Abschluss der Ressortabstimmung erfolgen (a.a.O., S. 2). Für Rechtsverordnungen sieht der Beschluss (a.a.O., S. 3 f.) vor:
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Bei Rechtsverordnungen empfiehlt sich eine Notifizierung, nachdem die Ressortabstimmung (einschl. Anhörung der beteiligten Länder, Fachkreise) abgeschlossen ist. Mit der Kabinettsbefassung sollte dann zugewartet werden, bis die dreimonatige Stillhaltefrist abgelaufen ist. Soweit eine streitige Kabinettsbefassung erforderlich ist, erfolgt die Notifizierung nach dem Kabinettsbeschluss.
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Rechtsverordnungen durch einen Bundesminister, die nicht § 62 Abs. 3 GGO unterfallen, sind als ressortabgestimmte Entwürfe zu notifizieren. Mit der Unterschrift durch den Minister sollte bis zum Ablauf der dreimonatigen Stillhaltefrist zugewartet werden. Im Falle des § 64 Abs. 2 GGO soll die Zuleitung an den Bundesrat erst nach Ablauf der Stillhaltefrist erfolgen.
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Bei Vorlagen des Bundesrates gem. Art. 80 Abs. 3 GG erfolgt die Notifizierung, sofern die Bundesregierung von der VO-Ermächtigung Gebrauch machen will (§ 63 Abs. 2 GGO), mit der Zuleitung an die Bundesregierung. Mit der Entscheidung der zuständigen Ministerien über die weitere Behandlung der Vorlage (§ 63 Abs. 1 GGO) soll bis zum Ablauf der Stillhaltefrist gewartet werden, damit Bemerkungen oder Stellungnahmen der KOM/MS ggf. einfließen können.
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Üblich ist es danach, Verordnungsentwürfe erst nach den erforderlichen Anhörungen zu notifizieren und erst im Anschluss daran das Kabinett zu befassen. Nur wenn es sich um ein zwischen den Ministerien streitiges Regelungsvorhaben handelt (§ 62 Abs. 3 Nr. 3 GGO), wird die übliche Reihenfolge "Ressortabstimmung einschließlich Anhörungen - Notifizierung - Kabinettsbefassung" ersetzt durch die Reihenfolge "Ressortabstimmung einschließlich Anhörungen - Kabinettsbefassung - Notifizierung". Ein Vorziehen der Notifizierung oder der Kabinettsbefassung vor die vorgesehenen Anhörungen ist dagegen für keinen Fall vorgesehen. Die Regel, dass bei zwischen den Ressorts streitigen Entwürfen die Kabinettsbefassung vorzuziehen ist, verdeutlicht zudem das Gewicht, das dem Ziel beigemessen wird, ein zweimaliges Durchlaufen des Notifizierungsverfahrens zu vermeiden. Eher wird das Risiko eingegangen, dass nach durchlaufenem Notifizierungsverfahren das Kabinett ein weiteres Mal zu befassen ist, als dass die Notwendigkeit eines erneuten Notifizierungsverfahrens wegen im Kabinett erfolgter Änderungen des Entwurfs in Kauf genommen würde.
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Wenn demgegenüber im vorliegenden Fall die Tierschutzkommission erst befasst wurde, nachdem sowohl das Kabinett beschlossen hatte als auch der Verordnungsentwurf notifiziert worden war, spricht dies dafür, dass der Verordnungsinhalt zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission bereits beschlossene Sache war.
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bb) Dies wird bestätigt und bekräftigt durch die besondere Lage, die mit dem Maßgabebeschluss des Bundesrates vom 7. April 2006 entstanden war.
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Der Beschluss, mit dem der Bundesrat seine Zustimmung zu einer ihm vorgelegten Rechtsverordnung nur nach Maßgabe bestimmter Änderungen erteilt, stellt sich der Sache nach als vorweggenommene Zustimmung zu der gemäß den Forderungen dieses Beschlusses geänderten Verordnung dar (vgl. Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Abs. 2, Rn. 684
). Die in § 65 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) normativ aufgenommene Praxis solcher Maßgabebeschlüsse ist - jedenfalls seitdem der Bundesrat über ein eigenes Initiativrecht für Rechtsverordnungen verfügt (Art. 80 Abs. 3 GG) - verfassungsrechtlich als solche nicht zu beanstanden (vgl. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 80 Rn. 60; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Abs. 2 Rn. 689 ; Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 80 Abs. 2 Rn. 99; s. auch bereits Riese, Der Maßgabebeschluss des Bundesrates bei zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen, 1992, S. 113 ff., jew. m.w.N.). Die Frage, welche Grenzen des Sachzusammenhangs dabei gewahrt bleiben müssen (vgl. Bauer, a.a.O., Rn. 60; Brenner, a.a.O., Rn. 99; Mann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 80 Rn. 39; Scholz, DÖV 1990, S. 455 <456>) und was die Konsequenzen einer Überschreitung dieser Grenzen sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon, ob und mit welchen Rechtsfolgen diese Grenzen im Fall des Maßgabebeschlusses vom 7. April 2006 überschritten waren, stellt sich dieser Beschluss jedenfalls als Element eines Verfahrensablaufs dar, der deutlich erkennen lässt, dass zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission die für eine Anhörung nach § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erforderliche inhaltliche Offenheit für etwaige den Verordnungsinhalt betreffende Anregungen der Tierschutzkommission nicht mehr gegeben war.
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Das Verordnungsverfahren stand, nachdem die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof mit Urteil vom 8. September 2005 wegen Nichtumsetzung von Richtlinien zur Schweinehaltung verurteilt worden war (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2005 - Rs. C-278/04 -, ABlEU Nr. C 271, S. 8 f.), auch in zeitlicher Hinsicht unter Anpassungsdruck. Unter diesem Druck konnte das zuständige Ministerium sich dem Ansinnen des Bundesrates, die vorgesehene Verordnung, mit der den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Schweinehaltung entsprochen werden sollte, um Regelungen zu einem anderen, nicht den ursprünglichen Gegenstand der Änderungsverordnungbetreffenden Sachbereich, der Legehennenhaltung, zu ergänzen, nicht durch Verzicht auf das nach § 2a Abs. 1 TierSchG und Art. 2 ETÜ-Gesetz zustimmungspflichtige Verordnungsvorhaben entziehen. Dass das Verfahren infolgedessen unter dem Eindruck - und aufgrund der bereits früher erhobenen Koppelungsforderungen des Bundesrates in der Voraussicht - gestaltet war, man befinde sich unter einem faktischen Zwang, die Verordnung mit den vom Bundesrat gewünschten Inhalten zu erlassen, zeigt sich nicht nur darin, dass von den im Beschluss der Staatssekretäre vom 27. Januar 2005 vorgesehenen Abfolgen von Anhörung, Notifizierung und Kabinettsbefassung abgewichen wurde, sondern auch darin, dass entgegen der Empfehlung dieses Beschlusses, zustimmungspflichtige Rechtsverordnungen erst nach Ablauf der Stillhaltefrist des Notifizierungsverfahrens dem Bundesrat zuzuleiten (vgl. den oben unter aa> wiedergegebenen Auszug), im vorliegenden Fall die Notifizierung nach der Richtlinie 98/34/EG im Anschluss an das Bundesratsverfahren erfolgte.
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Der Umstand, dass der Handlungsdruck, unter dem das zuständige Bundesministerium sich befand, auch durch rechtliche Vorgaben bedingt war - nämlich durch das Erfordernis der Bundesratszustimmung und die Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie (Art. 249 Abs. 3 EGV; nunmehr Art. 288 Abs. 3 AEUV) - hat nicht zur Folge, dass die zum Zeitpunkt der Befassung der Tierschutzkommission fehlende Beratungsoffenheit hier ausnahmsweise hinzunehmen wäre. Ein Maßgabebeschluss des Bundesrates führt nicht dazu, dass ein im Gesetz für den Erlass einer Rechtsverordnung vorgesehenes Anhörungserfordernis seine Geltung verliert. Vielmehr darf, wenn der Maßgabebeschluss wesentliche Änderungen vorsieht, die Verordnung mit den vorgesehenen Änderungen erst nach erneuter Anhörung erlassen werden (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, § 2a Rn. 6; für Anhörungserfordernisse bei wesentlichen Änderungen in anderen Zusammenhängen BVerfGE 50, 195 <203>; VerfGBbg, Urteil vom 18. Dezember 2003 - 97/03 -, juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - BVerwG 8 C 19.09 -, NZA 2010, S. 718 <724>). Macht demnach ein Maßgabebeschluss des Bundesrates eine gesetzlich vorgeschriebene Anhörung gerade nicht entbehrlich, so kann er - gleich ob es um eine erneute oder um eine erstmalige Anhörung geht - grundsätzlich auch nicht den Wegfall des Erfordernisses der Beratungsoffenheit als wesentlicher Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Anhörungserfordernisses bewirken. Auch der Zeitdruck, unter dem der Verordnungsgeber sich im Hinblick auf die notwendige Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben befand, kann eine solche Abweichung von den verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht rechtfertigen. Es ist Sache der zuständigen Normsetzungsorgane, notwendige Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien so frühzeitig einzuleiten, dass das nationale Rechtsetzungsverfahren gemäß den verfahrensrechtlichen Vorgaben des deutschen Rechts durchgeführt werden kann.
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c) Soweit demgegenüber die Bundesregierung geltend macht, das Votum der Tierschutzkommission sei in ihre Entscheidungsfindung eingeflossen, vernachlässigt sie, dass § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG die Berücksichtigung eines in der Situation der Beratungsoffenheit abgegebenen Votums der Tierschutzkommission verlangt.
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3. Mit dem Verstoß gegen das Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG hat der Verordnungsgeber auch Art. 20a GG verletzt.
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Art. 20a GG verpflichtet die staatliche Gewalt zum Schutz der Tiere (vgl. BVerfGE 110, 141 <166>). Mit der Aufnahme des Tierschutzes in diese Grundgesetznorm sollte der ethisch begründete Schutz des Tieres, wie er bereits Gegenstand des Tierschutzgesetzes war, gestärkt werden (vgl. BVerfGK 10, 66 <71> m.w.N.; zum einfachgesetzlichen Tierschutz BVerfGE 104, 337 <347>). Das Tier ist danach als je eigenes Lebewesen zu schützen (vgl. BVerfG, jew. a.a.O.). Als Belang von Verfassungsrangist der Tierschutz, nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz, im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht - wie etwa die Einschränkung von Grundrechten - zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 117, 126 <138>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Januar 2010 - 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, S. 771 ff.); er setzt sich aber andererseits gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (vgl. BVerfGE 110, 141 <166>; BVerwGE 127, 183 <186 f.>).
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Den normsetzenden Organen, die dem Staatsziel Tierschutz mit geeigneten Vorschriften Rechnung zu tragen haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. zum Umweltschutz BVerfGE 118, 79 <110>; BVerfGK 11, 445 <457>). Schon weil ein angemessener Schutz der Tiere in vielen Bereichen - unter anderem wenn es um die Bedingungen der Haltung von Tieren in großer Zahl zu wirtschaftlichen Zwecken geht - nur auf der Grundlage spezieller Fachkenntnisse, Erfahrungen und systematisch erhobener Informationen möglich ist, liegt es nahe, durch geeignete Verfahrensnormen sicherzustellen, dass bei der Setzung tierschutzrechtlicher Standards solche Informationen verfügbar sind und genutzt werden (vgl. Murswiek, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 20a Rn. 76 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20a Rn. 73; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 20a Rn. 79 ff., 88; Hirt/Maisack/ Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, Art. 20a GG Rn. 15). Eine bestimmte Ausgestaltung der Art und Weise, in der dies geschieht, lässt sich aus Art. 20a GG nicht ableiten. Hat allerdings der Gesetzgeber in Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums für den Erlass untergesetzlicher tierschutzrechtlicher Normen das Ermessen des Normgebers (vgl. BVerfGE 36, 321 <330>; 42, 191 <205>) durch Verfahrensvorschriften beschränkt, die gerade das Zustandekommen materiell tierschutzgerechter Ergebnisse des Normsetzungsverfahrens fördern sollen und da- mit dem Staatsziel Tierschutz dienen, so ist nicht nur einfaches Recht, sondern zugleich Art. 20a GG verletzt, wenn nicht wie gesetzlich vorgegeben verfahren wird (vgl. zur vergleichbaren verfassungsrechtlichen Bedeutung einer Missachtung von Verfahrens- und Kompetenznormen, die in Erfüllung des Verfassungsauftrags zum Schutz von Grundrechten erlassen wurden, BVerfGE 53, 30 <66>; 56, 216 <242>).
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Eine Verordnung, die unter Verstoß gegen § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG erlassen wurde, verletzt danach zugleich Art. 20a GG. Die Tierschutzkommission hat nach § 16b TierSchG die Aufgabe, das zuständige Bundesministerium - auch unabhängig von einem entsprechenden Ersuchen - in Fragen des Tierschutzes, insbesondere vor dem Erlass einschlägiger Rechtsverordnungen, zu beraten (vgl. BTDrucks 10/3158, S. 29). Diese Beratungsfunktion und besonders die in § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG ausdrücklich statuierte Pflicht, vor dem Erlass von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften die Tierschutzkommission anzuhören, dient der Verbesserung der Grundlagen für eine dem Zweck des Tierschutzgesetzes (§ 1 Satz 1 TierSchG) entsprechende, tierschutzgerechte Entscheidungsfindung und trägt damit zur Erfüllung des Verfassungsauftrages aus Art. 20a GG bei. Dem steht nicht entgegen, dass § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG auf das Erste Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 12. August 1986 (BGB I S. 1309) zurückgeht und damit älter ist als das gemäß Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) erst am 1. August 2002 in Kraft getretene Staatsziel Tierschutz. Auch wenn das Anhörungserfordernis des § 16b Abs. 1 Satz 2 TierSchG danach nicht bereits bei seinem Erlass als Regelung im Dienst des Verfassungsauftrages zum Tierschutz konzipiert sein konnte, ist ihm aufgrund seiner tierschutzbezogenen Zwecksetzung mit dem Inkrafttreten dieses Verfassungsauftrages eine entsprechende Funktion objektiv zugewachsen (vgl. auch Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, Art. 20a GG Rn. 21 m.w.N.).
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4. Die Verstöße sind nicht dadurch geheilt, dass nach Einführung der Regelungen zur Kleingruppenhaltung und der zugehörigen Übergangsvorschriften durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 (BGBl I S. 1804) weitere Änderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erfolgt sind; die Verstöße betreffen daher auch § 13b und § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der hier zur Prüfung gestellten Fassung sowie § 13b und § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der gegenwärtig geltenden Fassung. Dabei kann offen bleiben, ob den der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nachfolgenden Verordnungsänderungen eine den Anforderungen des § 16b TierSchG entsprechende Anhörung der Tierschutzkommission vorausging. Auch eine abschließende Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verfahrensfehler der hier vorliegenden Art durch eine bei Gelegenheit späterer Normänderung erfolgte Anhörung geheilt werden kann, ist nicht erforderlich. Zur Behebung des die Einführung der Bestimmungen über die Kleingruppenhaltung betreffenden Anhörungsmangels waren Anhörungen der Tierschutzkommission im Zuge späterer Änderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung jedenfalls deshalb nicht geeignet, weil die späteren Verordnungsänderungen (s.o. unter A.I.2.e und f) nicht die Inhalte dieser Bestimmungen betrafen.
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5. Angesichts der festgestellten Verstöße bedarf es keiner Entscheidung, ob darüber hinaus Pflichten in Bezug auf die Prüfung und Erprobung neuer Haltungseinrichtungen nach Art. 9 Abs. 3 ETÜ in Verbindung mit Art. 8 Nr. 2 der Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 7. Februar 2000 (Bundesanzeiger vom 11. Mai 2000, Nr. 89a; zur Rechtsverbindlichkeit dieser Empfehlung BVerfGE 101, 1 <39>) oder materiellrechtliche Vorgaben aus den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen für die zur Prüfung gestellten Vorschriften oder aus Art. 20a GG verletzt sind und ob Verstöße gegen Grundrechte von Betreibern vorliegen. Es kann in der Regel nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts sein, in eine inhaltliche Überprüfung der vom Verordnungsgeber getroffenen Abwägungsentscheidungen einzutreten, wenn es infolge der Nichtbeachtung verfahrensrechtlicher Vorgaben für das Normsetzungsverfahren an den vom Gesetzgeber als erforderlich angesehenen Grundlagen für eine sachgerechte Abwägung - und damit im Zweifel auch an den Grundlagen für eine sachgerechte Überprüfung - fehlt.
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II.
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Der Verfahrensfehler führt zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der betroffenen Vorschriften. Diese bleiben jedoch bis zum 31. März 2012 weiter anwendbar.
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1. a) Unterbleibt die nach § 16b TierSchG gebotene Anhörung der Tierschutzkommission oder weist das Anhörungsverfahren Mängel auf, die die Funktions-fähigkeit der Anhörung beeinträchtigen, so leidet das Normsetzungsverfahren an einem wesentlichen Mangel. Ein solcher Mangel hat Folgen für die Rechtsgültigkeit der Norm (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - BVerwG 8 C 19.09 -, NZA 2010, S. 718 <725>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 1 B 13.08 -, juris, Rn. 57; Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 19; Unkelbach, Rechtsschutz gegen Gremienentscheidungen und Entscheidungen mit Gremienbeteiligung, 2007, S. 98 ff.; Schnelle, Eine Fehlerfolgenlehre für Rechtsverordnungen, 2007, S. 152 ff., 265; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 <2812>; vgl. auch, zur Rechtserheblichkeit grober Mängel im Normsetzungsverfahren, BVerfGE 31, 47 <53>).
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Wesentlich im hier maßgebenden Sinn ist ein Fehler im Verordnungsverfahren vorbehaltlich ausdrücklicher rechtsfolgenausschließender oder -beschränkender gesetzlicher Regelung jedenfalls dann, wenn - wie hier - ein Verfahrenserfordernis, das der Gesetzgeber im Interesse sachrichtiger Normierung statuiert hat, in funktionserheblicher Weise verletzt wurde (vgl. BVerfGE 10, 221 <226 f.>; Schmidt-Aßmann, a.a.O.; Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 <2812>). Der Verstoß gegen Anhörungs- und Beteiligungspflichten, die der Gesetzgeber für das Verfahren des Erlasses von Rechtsverordnungen vorgesehen hat, führt dementsprechend nach ganz herrschender Auffassung regelmäßig zur Ungültigkeit der Verordnung (vgl. BVerwG, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 57; BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 1984 - 9 N 81 A.1521 -, BayVBl 1985, S. 87 f.; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Abs. 1, Rn. 431 ff.
; Leibholz/Rinck, GG, Art. 80 Rn. 240 ; Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 80 Rn. 55; Sannwald, in: Schmidt/Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 80 Rn. 142; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 80 Rn. 20; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, 1986, S. 306 f.; Unkelbach, a.a.O., S. 104 f.; für das Umwelt- und Technikrecht Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, 1990, S. 176 ff. <180 f.>; Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 51 Rn. 4, m. zahlr. w.N.).
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Auf die Frage, ob auch in einem solchen Fall die Evidenz des Fehlers Voraussetzung seiner Rechtsfolgenerheblichkeit ist (vgl. BVerfGE 34, 9 <25>; 91, 148 <175>; 120, 56 <73, 79 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2009 - 2 BvR 758/07 -, NVwZ 2010, S. 634 <638>), kommt es hier nicht an; denn daran, dass die vorgeschriebene Anhörung der Tierschutzkommission beratungsoffen zu erfolgen hat und eine nicht beratungsoffene Anhörung daher einen Verfahrensfehler darstellt, konnte kein vernünftiger Zweifel bestehen.
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Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Verstoß gegen § 16b TierSchG zugleich einen Verfassungsverstoß darstellt, weil die verletzte Norm der Erfüllung des Verfassungsauftrags zum Tierschutz dient (s. unter C.I.3.). Dies erhöht das Gewicht des festgestellten Verfahrensfehlers und spricht dagegen, dass er ohne Folgen für die Gültigkeit der Norm bleibt (vgl. BVerfGE 56, 298 <321 f.> zur Nichtigkeitsfolge bei Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Anhörungserfordernis aus Art. 28 Abs. 2 GG). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der weite Spielraum, den Art. 20a GG den normsetzenden Organen belässt. Damit sind der verfassungsgerichtlichen Inhaltskontrolle von Rechtsnormen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsauftrag zum Tierschutz hin enge Grenzen gesetzt. Umso größere Bedeutung hat die Beachtung von Verfahrensnormen, die darauf hinwirken sollen, dass die entstehende Norm dem Verfassungsauftrag gerecht wird.
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b) Aus Gründen der Rechtsklarheit sind gemäß § 78 Satz 2 BVerfGG die Rechtsfolgen des festgestellten Verstoßes gegen Art. 20a GG auf § 13b und § 38 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. Oktober 2009 (BGBl I S. 3223) zu erstrecken (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -, NJW 2010, S. 505 <517 f.>; BVerfGE 99, 165 <184>; 104, 126 <150>).
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2. Der Verfassungsverstoß führt nicht zur in § 78 Satz 1 BVerfGG als Regelfolge vorgesehenen Nichtigerklärung der betroffenen Vorschriften. Vielmehr ist deren Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen mit der Maßgabe, dass sie bis zum 31. März 2012 weiter anwendbar sind.
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Der Ausspruch bloßer Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz (§ 31 Abs. 2 Satz 3, § 79 Abs. 1 BVerfGG) anstelle der Nichtigerklärung ist angezeigt, wenn die hierfür sprechenden verfassungsrechtlichen Belange überwiegen (vgl. BVerfGE 118, 168 <211>). Dies ist dann der Fall, wenn der Zustand, der sich im Falle der Nichtigkeit ergäbe, der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stün- de als die befristete Weitergeltung der verfassungswidrigen Regelung (vgl. nur BVerfGE 41, 251 <267>; 61, 319 <356>; 83, 130 <154>; 85, 386 <401>; 87, 153 <177f.>; 97, 228 <270>; Graßhof, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 78 Rn. 41). Geht es um Normen, die einem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag dienen, so kann die Nichtigerklärung wegen dadurch entstehender Schutzlücken zu einem noch verfassungsferneren Zustand als dem bei befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Norm bestehenden führen (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 109, 190 <235 f.>). Auch aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann der Ausspruch einer bloßen Unvereinbarerklärung mit befristeter Fortgeltung vorzugswürdig sein (vgl. BVerfGE 107, 133 <149>). Zu berücksichtigen ist außerdem der Grundsatz der Völker- und Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, der den Organen der deutschen öffentlichen Gewalt gebietet, Verstöße gegen das Völkerrecht und das Unionsrecht zu vermeiden, soweit dies im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts möglich ist (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 ff.>; 123, 267 <347>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, juris, Rn. 58 ff., 66).
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Danach ist hier die weitere Anwendung der verfassungswidrigen Vorschriften vorübergehend hinzunehmen. Ihre Nichtigerklärung wäre mit erhöhten Rechtsunsicherheiten verbunden. Zwar würde ihr sofortiger Wegfall unter keiner denkbaren Auslegung des bestehen bleibenden Rechts ein tierschutzrechtliches Vakuum erzeugen, da die Geltung der Vorschriften des Tierschutzgesetzes und des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen in Verbindung mit der Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus des Ständigen Ausschusses nach diesem Übereinkommen unberührt bliebe (vgl. BVerfGE 101, 1 <39>). Der behördliche Gesetzesvollzug ist jedoch, vor allem wo er sich gegen Interessen von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht durchzusetzen hat, auf hinreichend konkrete rechtliche Vorgaben angewiesen; er wird durch den Wegfall konkretisierender Normen daher eher geschwächt als gestärkt (vgl. für die Legehennenhaltung Caspar/Cirsovius, NuR 2002, S. 22 ff.). Hinzu kommt, dass mit dem sofortigen Außerkrafttreten der Verordnungsbestimmungen zur Kleingruppenhaltung unabhängig von der Frage, welche rechtlichen Folgen dies für die weitere Zulässigkeit einer Käfighaltung hätte, schon im Hinblick auf Fragen des Umgangs mit den vorhandenen Anlagen ein Umsetzungsdefizit hinsichtlich der Richtlinie 1999/74/EG entstünde, die spätestens zum 1. Januar 2002 in nationales Recht umzusetzen war (Art. 13 Abs. 1 RL 1999/74/EG).
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Die weitere Anwendbarkeit der Bestimmungen, die für unvereinbar mit Art. 20a GG zu erklären sind, wird auf den 31. März 2012 befristet. Bis zu diesem Zeitpunkt kann und muss eine Neuregelung erfolgen.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- 1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, - 2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, - 3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.