vorgehend
Verwaltungsgericht München, 8 M 15.3144, 07.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Verfahren M 8 M 15.3136, M 8 M 15.3139, M 8 M 15.3142, M 8 M 15.3144, M 8 M 3146, M 8 M 15.3148 und M 8 M 15.3151 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Erinnerungen werden zurückgewiesen.

III.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Urkundsbeamtin des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. Juli 2015 bzw. vom 7. Juli 2015 (M 8 M 15.3144).

Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 beantragte die Beklagte

die Anwaltskosten dahingehend zu korrigieren, wie sie bei gemeinsamer Klage der WEG und sechs Sondereigentümer dieser WEG in Klagehäufung angefallen wären, nämlich erhöhte Verfahrensgebühr aus Nr. 3100, 1008 VV RVG, Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG.

Zur Begründung wurde ausgeführt, in den oben genannten Verfahren seien für die WEG und sechs Sondereigentümer dieser WEG gesonderte Klagen eingereicht und diese auch mit eigenen Aktenzeichen und Urteilen als solche weiter behandelt worden. Die Verfahren der WEG und der sechs Sondereigentümer dieser WEG teilten die Lage und das rechtliche Schicksal der angegriffenen Baugenehmigung, wie sich auch aus den einheitlichen Urteilen ergebe. Insoweit rechtfertige die Tatsache, dass bei Klageeinreichung der weitere Gang des Verfahrens infolge unterschiedlicher Situierung des Sondereigentums noch nicht absehbar sei, kein anderes Ergebnis. Eine Abweisung wegen (teilweiser) Unzulässigkeit sei unabhängig davon, ob einzelne Klageverfahren oder eine Klagehäufung vorliege, immer möglich. Dies müsse jedenfalls bei der Kostenentscheidung einfließen.

Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf die kostengünstigste Erledigung habe bzw. dass jede Prozesspartei ihre Kosten so niedrig zu halten habe, wie sich dies mit der Wahrung ihrer Interessen vereinbaren lasse. Die Antragstellerin verwies auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2010, Az.: V ZB 153/09, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liege. Auch im vorliegenden Fall sei eine gesonderte Klageeinreichung zur gebotenen Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen. Dasselbe Ziel und Ergebnis sei auch durch Klagehäufung erreichbar gewesen.

Mit Schreiben vom 6. August 2015 führte die Antragstellerin weiter aus, die Ausführungen in den Nichtabhilfeentscheidungen hinsichtlich der Gerichtskosten beruhten auf einer rein formalen Betrachtungsweise. Diese habe aber zur Folge, dass letztlich das Gericht bei Vergabe der Aktenzeichen darüber entscheide, ob in sieben völlig gleichlaufenden Verfahren mit inhaltsgleichen Urteilen jeweils einmal Gerichtskosten oder aber die siebenfache Summe anfalle. Auch zu einem späteren Zeitpunkt hätte eine Verbindung über Augenschein und mündliche Verhandlung hinaus zur gemeinsamen Entscheidung erfolgen können, weil hier der Gleichlauf absehbar gewesen sei. Letztlich sei dies aus Sicht der Antragstellerin aber nicht entscheidend, weil jedenfalls eine entsprechende kostenrechtliche Gleichstellung erfolgen könne und müsse. Dies folge schon daraus, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf kostengünstigste Erledigung habe.

Die Bevollmächtigten der Kläger des Ausgangsverfahrens haben sich im Erinnerungsverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

1. Da das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO ein von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren darstellt, hat das Gericht über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung zu entscheiden, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BayVGH, B. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426, NVwZ-RR 2007, 497 - juris Rn. 18; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 165 Rn. 3).

Nachdem die Kostengrundentscheidungen durch das Bayerische Verwaltungsgericht München in den Urteilen vom 15. Juni 2015 (M 8 K 13.3480-85, M 8 K 13.3533) in der Kammerbesetzung getroffen worden sind, hat über die Kostenerinnerungen die Kammer zu entscheiden.

2. Der gemäß §§ 165, 151 VwGO statthafte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Kostenerinnerung) ist zulässig, aber unbegründet, da die Urkundsbeamtin die Kosten in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 7. Juli 2015 bzw. 8. Juli 2015

zutreffend festgesetzt hat. Insbesondere hat sie zu Recht für jedes Verfahren jeweils eine gesonderte Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (1,3 Verfahrensgebühr) und eine Terminsgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (1,2 Terminsgebühr) jeweils aus einem Streitwert von 7.500,-- EUR angesetzt.

3. Im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 164 VwGO werden auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung nach den §§ 154 ff. VwGO auf Antrag die zu erstattenden Kosten festgesetzt. Erstattungsfähig sind nach § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beteiligten. Der Höhe nach sind gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Falle der Zuziehung eines Rechtsanwaltes Aufwendungen im Umfang der gesetzlichen Gebühren und Auslagen notwendig. Maßstab für die Notwendigkeit der Aufwendungen sind die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).

Im vorliegenden Fall macht die Antragstellerin geltend, es hätte eine erhöhte Verfahrensgebühr aus Nr. 3100, 1008 VV RVG - wie im Falle einer Klagehäufung - und nur eine Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG festgesetzt werden dürfen, da das Gericht zu Unrecht von der Verbindung der zusammenhängenden Hauptsacheverfahren abgesehen habe.

Die Antragstellerin kann mit diesem Vorbringen aus mehreren Gründen keinen Erfolg haben.

3.1 Das Kostenfestsetzungsverfahren stellt ein formalisiertes Nebenverfahren dar, das von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängig ist. In dem Kostenfestsetzungsverfahren wird die Kostengrundentscheidung des Hauptsacheverfahrens lediglich betragsmäßig beziffert. Daraus folgt, dass das Gericht ebenso wie der Urkundsbeamte an die im Hauptsacheverfahren ergangene Kostenlastentscheidung und die Festsetzung des Streitwertes gebunden ist (Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 165 Rn. 8; vgl. auch zu § 11 Abs. 1 RPflG OLG Zweibrücken, B. v. 9.2.2009 - 4 W 98/08 - juris).

Das Gericht hat vorliegend in den vorausgegangenen Hauptsacheverfahren jeweils gesonderte Kostengrundentscheidungen getroffen, die der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegen. Der Einwand der Antragstellerin, das Gericht hätte sämtliche Verfahren zu einem Verfahren verbinden und eine einheitliche Kostengrundentscheidung treffen sollen, richtet sich gegen die Kostengrundentscheidung selbst, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft bzw. korrigiert werden kann (vgl. OLG Zweibrücken, B. v. 9.2.2009 - 4 W 98/08 - juris Rn. 15).

3.2 Auch wenn es vorliegend darauf nicht mehr ankommt, ist hier festzustellen, dass das Gericht ermessensfehlerfrei von der Verbindung der Verfahren nach § 93 VwGO abgesehen hat.

Die Vorschrift des § 93 VwGO stellt die Entscheidung über die Trennung und Verbindung der Verfahren in das Ermessen des Gerichts. Dabei stellen Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - keine verbindlichen Ermessensleitlinien dar, so dass Kostenbelastungen für die Beteiligten, die sich gebührenrechtlich als Folge einer unterlassenen Verbindung ergeben können, nicht berücksichtigt werden müssen (BVerwG, B. v. 29.1.1998 - 8 B 2/98, Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 17; BVerfG, B. v. 27.3.1980 - 2 BvR 316/80, BVerfGE 54, 39, 41 - juris Rn. 4; Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 28. EL, § 93 Rn. 11; Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 93 Rn. 3; vgl. auch hinsichtlich der Trennung nach § 93 VwGO OVG NRW, B. v. 25.11.2010 - 9 E 1187/10 - juris Rn. 12 f.).

Nichts anderes folgt aus der seitens der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH vom 8.7.2010 - V ZB 153/09 - juris). Die Entscheidung betrifft die Verbindung mehrerer Anfechtungsklagen gegen die Wohnungseigentümerbeschlüsse nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Nach § 47 WEG müssen mehrere Verfahren beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen miteinander verbunden werden. Es handelt sich dabei um eine Sonderregelung des Wohnungseigentumsrechts, die den Gerichten bei der Entscheidung über die Verfahrensverbindung keinerlei Ermessensspielraum lässt. Die Verbindung mehrerer Verwaltungsstreitverfahren erfolgt dagegen ausschließlich nach Maßgabe des § 93 VwGO, der die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts stellt, weshalb die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung vorliegend nicht einschlägig ist.

Bei der Klage der WEG als Verfügungsberechtigte über das Gemeinschaftseigentum und der der einzelnen Sondereigentümer handelt es sich - anders als bei einer Klage von Miteigentümern eines Grundstücks - nicht um identische Verfahren, die nur einheitlich entschieden werden können. Vielmehr ist es möglich, dass bei einem Kläger eine Rechtsverletzung gegeben ist, bei dem anderen aber nicht (vgl. VG München, B. v. 15.5.2012 - M 8 K 12.2103). Auch die Frage der Rechtsverletzung des einzelnen Nachbarn durch einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme - insbesondere durch eine unzumutbare Lärmbelastung - muss für jeden einzelnen Sondereigentümer gesondert geprüft und beantwortet werden, da im Einzelfall die konkrete Lage der Wohneinheiten eine entscheidende Rolle spielen kann. Daher war ein unterschiedlicher Verfahrensausgang möglich und konnte auch eine unterschiedliche Verfahrensfortsetzung nicht ausgeschlossen werden (vgl. BFH, B. v. 22.6.2007 - III E 1/07 zu § 73 FGO). Die Entscheidung über die Verbindung der Verfahren setzt in einem solchen Fall eine umfassende rechtliche Prüfung voraus, die mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist und in einem frühen Verfahrensstadium anhand in der Regel gar nicht möglich ist, da insbesondere im Zeitpunkt des Eingangs der Klagen dem Gericht noch keine notwendigen Unterlagen vorliegen. Auch eine spätere Verbindung der Verfahren erscheint aus Gründen der Übersichtlichkeit und Organisation nicht sinnvoll, da sich die Entscheidung - selbst bei identischer Tenorierung in sämtlichen Verfahren - auf völlig unterschiedlichen Begründungsansätzen gründen kann.

Allein aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ist das Gericht - wie bereits oben ausgeführt - nicht gehalten, eine Verbindung der Verfahren zu beschließen.

3.3 Schließlich ist anzumerken, dass eine Verbindung der Verfahren nach der mündlichen Verhandlung zu einer gemeinsamen Entscheidung auf die Höhe der Terminsgebühr für die anwaltliche Vertretung ohne Einfluss geblieben wäre. Die Höhe der Terminsgebühr richtet sich nach dem Wert des Gegenstandes, auf den sich der Verhandlungstermin bezog. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Gebührentatbestand erfüllt wird und die Gebühr damit entsteht (BayVGH, B. v. 17.4.2007 - 4 C 07.659 - juris; Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl. 2006, Rn. 4 zu § 22); eine nachträgliche Veränderung des Wertes lässt die einmal verdiente Gebühr weder ganz noch teilweise entfallen. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alternative 1 zu Teil 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr „für die Vertretung in einem Verhandlungstermin“. Es genügt mithin, dass der Verhandlungstermin stattfindet und der Rechtsanwalt diesen Termin in dem Sinne wahrnimmt, dass er vertretungsbereit anwesend ist (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a. a. O., Rn. 29, 55 ff. zu Vorb. 3 VV, m. w. N.). Beide Voraussetzungen waren schon mit Aufruf der Sachen erfüllt, so dass die Terminsgebühr entstanden war (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2007 - 4 C 07.659 - juris Rn. 4). Eine spätere Verfahrensverbindung würde daran nichts mehr ändern.

4. Nach alldem waren die Erinnerungen der Antragstellerin mit Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Eine Gerichtsgebühr wird, da das Verfahren nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) gerichtskostenfrei ist, im erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren nicht erhoben, so dass eine Streitwertfestsetzung entbehrlich ist.

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Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. Juni 2018 – 7. Kammer, Einzelrichterin – mit Ausnahme der Aufhebung des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts

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Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 8 K 13.3533

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 15. Juni 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung; Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch Überschreitung der Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV; reines Wohngebiet

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... vertreten durch: ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Landeshauptstadt München, Lokalbaukommission, Untere Naturschutzbehörde

vertreten durch den Oberbürgermeister PLAN HA IV, Blumenstr. 19, 80331 München

- Beklagte -

wegen Baugenehmigung A. S. ... FlNr. ...4/0 und ...4/3 Gem. ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... ohne weitere mündliche Verhandlung am 15. Juni 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Baugenehmigung der Beklagten vom ... Juni 2013, Az.: ..., in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom ... Januar 2015, Az.: ..., wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Wohnungseigentümergesetz und wendet sich gegen die dem Referat für Bildung und Sport der Beklagten am ... Juni 2013 erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Dreifach-Turnhalle auf dem Areal des städtischen ...-Gymnasiums.

Das Grundstück der Klägerin, Fl.Nr. ...1/14, liegt südwestlich des Schulgeländes des städtischen ...-Gymnasiums, A. S. ..., Fl.Nr. ...4 und ...4/3, und ist mit acht drei- bis viergeschossigen Wohngebäuden (E.-straße ...7-...3/N.-straße ...4-...0) bebaut. Im Norden ist das klägerische Grundstück über die E.-straße und im Süden über die N.-straße erschlossen. Zwischen den Gebäuden der Klägerin befindet sich ein begrünter Innenhof, der im Süden durch eine durchgehende Häuserfront von der N.-straße abgegrenzt ist. Nordwestlich schließen sich an das Grundstück der Klägerin - getrennt durch die 10 m breite E.-straße - die Grundstücke der Beklagten, Fl.Nr. ...4 und ...4/3, an, die nach Abriss der bestehenden Sporthalle mit einer Dreifach-Turnhalle bebaut werden sollen. Im östlichen Bereich des Vorhabensgrundstücks Fl.Nr. ...4 befindet sich ein Parkplatz mit 27 Stellplätzen. Auf den nordwestlich des Schulgeländes der ...-Gymnasiums liegenden Grundstücken R.-straße ...1 und ...9b, Fl.Nr. ...4/1 und ...4/2, befinden sich eine weitere Schule und eine Kindertagesstätte.

Das sich nordöstlich an das klägerische Grundstück anschließende Grundstück Fl.Nr. ...0/6 ist sowohl entlang der E.-straße als auch entlang der N.-straße mit zwei- und viergeschossigen Mehrfamilienhäusern bebaut. Zwischen den nördlich und südlich liegenden Gebäuden befindet sich ein gemeinsamer begrünter Innenhof, der sich auf dem Grundstück der Klägerin fortsetzt. Die Gebäude E.-straße ...1 bis einschließlich E.-straße ...9 sind - ebenso wie die Gebäude der Klägerin - rein wohngenutzt. In dem Gebäude N.-straße ...0 befinden sich im Erdgeschoss ein Geschäft für Kosmetik und Fußpflege sowie ein Friseursalon, die Obergeschosse werden zu den Wohnzwecken genutzt. Im Gebäude N.-straße ...6 befinden sich im Erdgeschoss eine Bäckerei mit Stehcafé sowie ein ambulanter Pflegedienst. Die Obergeschosse werden ausschließlich wohngenutzt. Bei dem Gebäude N.-straße ...4 handelt es sich um ein reines Wohngebäude.

Das südwestlich des klägerischen Grundstücks gelegene Grundstück Fl.Nr. ...1/9 (E...straße ...3 a, ...3 b und N.-straße ...0 a) ist mit drei viergeschossigen Mehrfamilienhäusern bebaut, die ausschließlich der Wohnnutzung dienen.

Bei der N.-straße handelt es sich um eine vierspurige Durchfahrtsstraße mit einem etwa 1,50 m breiten Grünstreifen in der Mitte.

Bild

(Lageplan aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Bescheid vom ... Juni 2013 erteilte die Beklagte die am ... Oktober 2012 nach Plan-Nr. ... ... beantragte Baugenehmigung für den Neubau einer Dreifach-Turnhalle auf dem Gelände des städtischen ...-Gymnasiums auf den Grundstücken Fl.Nr. ...4/0 und ...4/3, A. S. ... der Gemarkung Sektion ...

Nach den genehmigten Plänen soll entlang der E.-straße ein eingeschossiger, 63,15 m langer Baukörper errichtet werden. Der Haupteingang der geplanten Turnhalle soll von der E.-straße erfolgen. Die Dreifachsporthalle soll über eine Auszugstribüne verfügen und maximal von 600 Personen genutzt werden können.

Der Baugenehmigung vom ... Juni 2013 liegt das Nutzungskonzept der Beklagten vom ... März 2013 zugrunde. Das Nutzungskonzept sieht sowohl schulische als auch außerschulische Nutzungen der Dreifach-Turnhalle vor. Die schulische Nutzung der Turnhalle durch die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums soll Montag bis Freitag von 8.00 bis 17.00 Uhr - außer an den Schulferien - erfolgen. Von Montag bis Freitag 17.00 bis 21.30/22.00 Uhr und an den Samstagen und Sonntagen 12.00 bis 18.00 Uhr, im Einzelfall 10.00 bis 20.00 Uhr, soll die Turnhalle der außerschulischen Vereinsnutzung zur Verfügung stehen.

Für die außerschulische Nutzung an den Wochentagen geht das Nutzungskonzept von einer durchschnittlichen Zahl von ca. 15 Sportlerinnen und Sportler je Hallendrittel aus, die 1 bis 2 Mal je Abend wechseln sollen. Zuschauer sind an den Wochentagen nicht vorgesehen. Für die Samstage und Sonntage sieht das Nutzungskonzept im Regelfall den Punktspielbetrieb und gelegentliche Turniere jeweils mit Zuschauern vor. Die Turnhalle soll an diesen Tagen in der Regel ungeteilt genutzt werden. Die Anzahl der Sportler, Betreuer und Schiedsrichter wird mit ca. 50 Personen angegeben. Im Einzelfall sollen bis zu 318 Zuschauer auf der Tribüne Platz finden.

Die Punktspiele sollen an 30 Wochenenden im Jahr stattfinden. Für den Punktspielbetrieb wird die geschätzte maximale Zuschauerzahl von 110 Zuschauern angegeben. Dabei soll zwei Mal pro Spieltag ein Zuschauerwechsel erfolgen. An zwei bis drei Wochenenden im Jahr sollen in der Turnhalle Jugendturniere mit ca. 80 aktiven Teilnehmern und 200-318 Zuschauern, die pro Spieltag zwei Mal wechseln werden, stattfinden. Zudem ist an ein bis zwei Wochenenden im Jahr die Durchführung der Erwachsenenturniere mit gleicher Teilnehmer- und Zuschauerzahl vorgesehen.

In Ziffer 7 enthält die Baugenehmigung vom ... Juni 2013 die Auflagen zu dem Immissionsschutz. Danach sind bei der Benutzung der Turnhalle die Bestimmungen der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Sportanlagenschutzverordnung - 18. BImSchV) zu beachten. Es wurde beauflagt, dass die vom Betrieb der Sportanlage, mit den dazugehörenden technischen Betriebseinrichtungen und die von den Besuchern ausgehenden Geräusche nicht dazu beitragen dürfen, dass die nachstehenden Immissionsrichtwerte überschritten werden:

Im südlich gelegenen „Allgemeinen Wohngebiet“ (E.-straße ...1 - ...5) von

tagsüber, außerhalb der Ruhezeiten 55 dB(A)

tagsüber, innerhalb der Ruhezeiten 50 dB(A) und

nachts 40 dB(A)

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen sollen die geltenden Immissionsrichtwerte tagsüber um nicht mehr als 30 dB(A) und nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Die oben angegebenen Immissionsrichtwerte beziehen sich laut Baugenehmigung auf folgende Zeiten: tagsüber an den Werktagen 6.00 bis 22.00 Uhr und an den Sonn- und Feiertagen 7.00 bis 22.00 Uhr, sowie nachts an Werktagen 0.00 bis 6.00 Uhr und 22.00 bis 24.00 Uhr und an den Sonn- und Feiertagen von 0.00 bis 7.00 Uhr und von 22.00 bis 24.00 Uhr. Die Ruhezeit ist an Werktagen mit 6.00 bis 8.00 Uhr und 20.00 bis 22.00 Uhr angegeben und an Sonn- und Feiertagen mit 7.00 bis 9.00 Uhr, 13.00 bis 15.00 Uhr und 20.00 bis 22.00 Uhr.

Bei seltenen Ereignissen wird von der Festsetzung der Betriebszeiten abgesehen.

Das in dem Baugenehmigungsverfahren von der Beklagten eingeholte Schallgutachten des Ingenieurbüros ... GbR vom ... April 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass an den Immissionsorten IO 3a im 1. bis 3. OG (E.-straße ...9-...1) und IO 3b (E.-straße ...3) an Sonntagen innerhalb der Ruhezeiten eine Geräuschbelastung von 47,0 bis 49,7 dB(A) zu erwarten ist, so dass die Richtwerte, die nach den Bestimmungen der 18. BImSchV in dem allgemeinen Wohngebiet einzuhalten sind, nicht überschritten werden.

Die Baugenehmigung der Beklagten vom ... Juni 2013 wurde am ... 2013 im Amtsblatt der Landeshauptstadt München öffentlich bekannt gemacht.

Mit Schriftsatz vom 5. August 2013, der am 9. August 2013 beim Verwaltungsgericht München einging, erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2013 und beantragte,

die Baugenehmigung der Beklagten vom ... Juni 2013 aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2014 begründeten die Bevollmächtigten der Klägerin die am 9. August 2013 erhobene Klage. Sie führten im Wesentlichen aus, das streitgegenständliche Vorhaben widerspreche dem Bauplanungsrecht, da das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde. Der Angriffspunkt der Klage seien nur die mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung genehmigten außerschulischen Nutzungen.

Die Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV seien nicht eingehalten. Entgegen der dem Gutachten vom ... April 2013 zugrundeliegenden Annahme läge das Grundstück der Klägerin nicht in einem allgemeinen Wohngebiet, sondern in einem reinen Wohngebiet. Die nähere Umgebung des Grundstücks E.-straße ...7 - ...3 entspreche in ihrer Eigenart einem reinen Wohngebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO. Für die Bestimmung der Gebietsart sei vorliegend als nähere Umgebung die Bebauung entlang der E.-straße maßgeblich. Die Bebauung entlang der N.-straße sei nicht zu berücksichtigen. Es liege insoweit keine bauliche Einheit zwischen dem klägerischen Grundstück und der N.-straße vor. Die Bebauung entlang der E.-straße sei auch nicht durch die Bebauung an der N.-straße geprägt. Zwischen den beiden Bebauungen liege ein Innenhof. Die Bebauung entlang der E.-straße stehe in keiner Beziehung zur vierspurigen N.-straße. Befinde man sich an der E...straße, sei die N...straße nicht wahrzunehmen. Nördlich entlang der N...straße befänden sich neben der Wohnnutzung auch kleingewerbliche Betriebe. Die Bebauung dort sei geprägt von der breiten, viel befahrenen N.-straße. Entlang der E.-straße befänden sich ausschließlich Wohngebäude. Die Umgebung sei von dem Gebiet nördlich der E.-straße und östlich a... S. geprägt, das als reines Wohngebiet zu qualifizieren sei. Bereits nach dem vorliegenden Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros ... seien die Immissionsrichtwerte der Sportanlagenverordnung (18. BImSchV) überschritten. Dem Gutachten zufolge werde an dem Immissionsort IO 3a sonntags innerhalb der Ruhezeiten ein Wert von 47 dB(A) erreicht und an dem Immissionsort IO 3b ein Wert von 50 dB(A). Damit sei der zulässige Immissionsrichtwert von 45 dB(A) tagsüber in einem reinen Wohngebiet innerhalb der Ruhezeiten überschritten. Zudem hätten die Kommunikationsgeräusche der Sportstättenbesucher auf dem Weg zwischen dem Parkplatz und dem Haupteingang an der E.-straße, der unmittelbar gegenüber den Immissionsorten IO 3a und IO 3b liege, in dem Gutachten keinen gesonderten Ansatz gefunden, so dass die tatsächlichen Immissionswerte noch höher sein dürften. Gleiches gelte für den übrigen Eingangsbereich der Turnhalle, der sich in vergleichsweise geringer Entfernung (ca. 10 bis 15 m) unmittelbar gegenüber den bestehenden Wohngebäuden der Klägerin befinde. Bei Turnier- oder Punktspielbetrieb an Wochenenden könne bereits eine Menschenansammlung vor dem Eingangsbereich oder eine etwas lauter diskutierende Personengruppe auf dem Weg zum Parkplatz zu einer relevanten Lärmbelästigung der Nachbarn innerhalb der Ruhezeiten oder der Nachtzeit führen und damit das Gebot der Rücksichtnahme verletzen.

Mit Schreiben vom 2. September 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das Vorhaben verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Das Gutachten des Ingenieurbüros ... vom ... April 2013 lege zu Recht die Richtwerte eines allgemeinen Wohngebiets zugrunde. Für die Beurteilung der Gebietskategorie sei hier die Bebauung zwischen N.-straße, der Straße A. H., der R.-straße und der Straße A. S. bzw. A. B. maßgeblich. Schon wegen der Dominanz des ...-Gymnasiums mit Grundschule und Kindergärten inmitten des Gevierts sei dieses Gebiet als allgemeines Wohngebiet einzustufen. Auch wenn man die Grenzen des Gevierts enger ziehen würde, würde das unmittelbar an die Schule angrenzende Grundstück der Klägerin durch die bereits seit Jahrzehnten bestehende Schulnutzung derart geprägt, dass es von der Art der Nutzung einem allgemeinen Wohngebiet zuzuordnen sei. Für die östlichen Grundstücke stelle die E.-straße weder eine Zäsur dar, noch ändere sich die städtebauliche Struktur.

Nach der Stellungnahme des Ingenieurbüros ... vom ... September 2014 halte sich die außerschulische Nutzung der Turnhalle innerhalb der Ruhezeiten auch im Hinblick auf die von der Gegenseite gerügten Sozialgeräusche innerhalb der Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV und sei damit zumutbar.

Das Gericht hat am 3. November 2014 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines auf dem streitgegenständlichen Grundstück und in dessen Umgebung erhoben. Anschließend wurde die Verwaltungsstreitsache mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung stellten die Beteiligten die schriftsätzlich angekündigten Anträge, verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung und erklärten sich mit dem Übergang in das schriftliche Verfahren einverstanden. Daraufhin wurde der Rechtsstreit durch Beschluss in das schriftliche Verfahren übergeleitet.

Am ... Januar 2015 erließ die Beklagte eine Änderungsgenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben, die den Bevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 12. Januar 2015 zugestellt wurde.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2015, der am selben Tag beim Verwaltungsgericht München einging, bezogen die Bevollmächtigten der Klägerin die Änderungsgenehmigung der Beklagten vom ... Januar 2015 in das Verfahren mit ein und beantragten,

die Baugenehmigung vom ... Januar 2015, Tektur zur Baugenehmigung vom ... Juni 2014 aufzuheben.

Hilfsweise:

Die Baugenehmigung vom ... Juni 2014 in der Fassung vom ... Januar wird aufgehoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behördenakten sowie das ausführliche schriftliche Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Gericht konnte über die Klage ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2014 zum Übergang in das schriftliche Verfahren ihr Einverständnis erteilt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

II.

Die zulässige Klage ist begründet, da die Klägerin durch die streitgegenständliche Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B.v. 26.07.2011 - 14 CS 11.535 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.

2. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht verstößt die angefochtene Baugenehmigung gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme.

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 - 4 C 5.93, NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U.v. 23.9.1999 - 4 C 6.98, BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 20; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04, NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11, BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22).

2.1 Die mit der angefochtenen Baugenehmigung dem streitgegenständlichen Vorhaben zugebilligten Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) tagsüber, 50 dB(A) tagsüber innerhalb der Ruhezeiten und von 40 dB(A) nachts entsprechen nicht dem der Klägerin zustehenden Schutzniveau.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich hier nach §§ 30 Abs. 3, 34 BauGB, da es nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegt. Liegt ein faktisches Baugebiet vor, findet das Gebot der Rücksichtnahme über § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung (vgl. BVerwG vom 23.9.1999 NVwZ 2000, 1050).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind ihrer Art nach in einem Baugebiet an sich zulässige Vorhaben dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt wären. Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist dabei grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BlmSchG) und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (§§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; 22 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG) zurückzugreifen (BayVGH vom 4.8.2008 BayVBl 2009, 208, m. w. N.).

Nach § 3 Abs. 1 BlmSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Bei der Beurteilung der Lärmimmissionen, die bei der Errichtung und Betrieb von Sportanlagen auftreten, konkretisieren die in der 18. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (18. BImSchV) - Sportanlagenlärmschutzverordnung - genannten Richtwerte verbindlich die Zumutbarkeit von Sportlärm. § 2 der 18. BImSchV schließt als normative Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG grundsätzlich die tatrichterliche Beurteilung aus, dass Lärmimmissionen, die die Immissionsrichtwerte unterschreiten, im Einzelfall gleichwohl als erheblich eingestuft werden. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Zumutbarkeit von Sportlärm ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet, Grenzwerte für kurzzeitige Geräuschspitzen festlegt und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.1994 - 7 B 73/94 - juris Rn. 4, 5). Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Zumutbarkeitsschwelle aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normative Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die Sportanlagenlärmschutzverordnung durch Verweis auf weitergehende Vorschriften generell (vgl. § 4 der 18. BImSchV) oder durch Sollvorschriften für atypisch gelagerte Fälle Abweichungen zulässt.

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert.

Vorliegend findet die Sportanlagenlärmverordnung (18. BImSchV) auf das geplante Vorhaben Anwendung, da nach der genehmigten Planung die Errichtung und der Betrieb einer Dreifachturnhalle vorgesehen ist, die keiner Genehmigung nach § 4 BImSchG bedarf (§ 1 Abs. 1 der 18. BImSchV).

2.2 Der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid schreibt in Ziffer 7 fest, dass unter Beachtung der Bestimmungen der 18. BImSchV in dem Bereich E...straße ...1 - ...5, in dem auch das Grundstück der Klägerin liegt, der für ein allgemeines Wohngebiet geltende Immissionsrichtwert von 55 dB(A) tagsüber, 50 dB(A) tagsüber innerhalb der Ruhezeiten und von 40 dB(A) nachts nicht überschritten werden darf.

Der festgesetzte Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet wird dem Schutzniveau, der dem klägerischen Grundstück zusteht, nicht gerecht. Die Klägerin kann die Schutzbedürftigkeit eines reinen Wohngebiets beanspruchen, da ihr Grundstück - entgegen der Annahme der Beklagten - in einem faktischen reinen Wohngebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO liegt.

2.2.1 Für die Zuordnung eines Straßengevierts einem der Gebiete der Baunutzungsverordnung ist es entscheidend, welche Nutzungsarten in der näheren Umgebung des fraglichen Grundstücks vorhanden sind. Als „nähere Umgebung“ ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380 - juris Rn. 33; B. v. 20.8.1988 - 4 B 79/88 - NVwZ-RR 1999, 105 - Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris Rn. 21; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris Rn. 15; B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2; BayVGH, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3).

2.2.2 Nach diesen Grundsätzen gehört zu der maßgeblichen näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks die Bebauung auf der Südseite der E.-straße, die im Westen durch die Straße „A. H.“ begrenzt ist und sich im Süden bis zur Kreuzung mit der Straße „A... B.“ erstreckt. Die Bebauung auf der Nordseite der E.-straße gehört nicht mehr zu der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks und ist für die Bestimmung der Gebietsart nicht mitprägend. Zwar ist die Bebauung auf den Vorhabensgrundstücken nur durch eine 10 m schmale Straße von dem Grundstück der Klägerin getrennt, so dass eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen den beiden Grundstücken besteht. Auf den nördlich des klägerischen Grundstücks liegenden Grundstücken der Beklagten befinden sich ein großes Gymnasium mit Turnhalle, eine Grundschule und eine Kindertagesstätte. Diese Nutzungen auf einem großen räumlichen Bereich stehen in einer engen räumlichen Beziehung zu einander, so dass ein Eindruck eines einheitlichen Schul- und Kindergartengeländes entsteht. Die Nutzung der Vorhabensgrundstücke zeigt deshalb wesentliche strukturelle Unterschiede zu der südlich gelegenen Wohnnutzung, so dass wechselseitig keine prägende Wirkung anzunehmen ist.

Die Bebauung entlang der N.-straße hat ebenso keine Bedeutung für die Bestimmung des Gebietscharakters des der E.-straße zugewandten Bauquartiers. Die der N.-straße auf deren Nordseite zugewandte Bebauung entfaltet keine prägende Wirkung auf die Bebauung entlang der E.-straße und zählt damit nicht zur maßgeblichen näheren Umgebung. Bei der N.-straße handelt es sich um eine viel befahrene vierspurige Durchfahrtsstraße. Zwischen der Bebauung auf der Nordseite der N.-straße und der E.-straße liegt ein ca. 25 bis 30 m breiter begrünter Innenhof, der von der N.-straße durch eine durchgehende Häuserfront abgeschirmt ist. Die Bebauung südlich der E.-straße liegt damit zum einen in einer beträchtlichen räumlichen Entfernung von der Bebauung auf der Nordseite der N.-straße. Zum anderen fehlt in der E.-straße - bedingt durch die Abschirmung durch die südliche Häuserfront - jegliche Wahrnehmbarkeit der N.-straße. Diese stark befahrene und laute Straße beeinflusst und prägt ihre nähere Umgebung. Der Bereich entlang der E.-straße ist - im Gegensatz zur N.-straße - durch viel Ruhe geprägt und weist weder optische noch akustische Beziehung zu der N.-straße.

An dieser Beurteilung ändert auch die Tatsache nichts, dass sich das Grundstück der Klägerin sowohl aus der Bebauung entlang der E.-straße als auch der Bebauung entlang der Nordseite der N.-straße zusammensetzt, da sämtliche Gebäude zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz gehören, weshalb ein einheitliches Grundstück zwei unterschiedlichen Baugebieten zuzuordnen sind. Die zivilrechtlichen Verhältnisse müssen hier für die Bestimmung der Gebietsart außer Betracht bleiben, denn dafür ist allein die prägende Wirkung der umgebenden Bebauung auf den bodenrechtlichen Charakter eines konkreten Grundstücks entscheidend. Würde es sich bei dem Grundstück der Klägerin nicht um ein einheitliches, sondern um zwei getrennte Grundstücke, deren Grenze durch den Innenhof verläuft, handeln, würde sich aus oben genannten Gründen eine differenzierte Prüfung offensichtlich aufdrängen.

Im Übrigen hätte auch die Zugehörigkeit der Bebauung entlang der Nordseite der N.-straße zu der hier maßgeblichen näheren Umgebung keinen Einfluss auf die Einstufung des Gebiets als reines Wohngebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO. Die viergeschossigen Gebäude N.-straße ...4 bis ...0a sind fast ausschließlich wohngenutzt. Lediglich im Gebäude ...straße ...0 befinden sich ein Geschäft für Kosmetik und Fußpflege und ein Friseursalon. Im Gebäude N.-straße ...4 befinden sich eine Bäckerei mit Stehcafé sowie ein ambulanter Pflegedienst. Aufgrund der geringen Größen dieser Nutzungseinheiten ist es davon auszugehen, dass es sich dabei um Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets bzw. um eine gebietsversorgende Anlage für gesundheitliche Zwecke handelt, die gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BauNVO in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sind. Die hier ausnahmsweise zulässige Nutzungen sind aufgrund ihrer geringen Anzahl und des marginalen Störpotentials nicht geeignet den Charakter des Gebiets als reines Wohngebiet zu verändern.

2.3 Nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 der 18. BImSchV kann in den reinen Wohngebieten ein Schutzniveau von 50 dB(A) tagsüber, 45 dB(A) tagsüber innerhalb der Ruhezeiten und von 35 dB(A) nachts beansprucht werden. Die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung für das Grundstück der Klägerin festgesetzten Immissionsrichtwerte überschreiten die in dem § 2 der Sportanlagenlärmverordnung festgeschriebenen Richtwerte, so dass das streitgegenständliche Vorhaben der Klägerin gegenüber rücksichtslos und die Baugenehmigung aufzuheben ist. Auf die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachte Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs kommt es vorliegend nicht mehr an.

3. Nach alldem war die Baugenehmigung vom ... Juni 2013 in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom ... Januar 2015 aufzuheben. Zwar ergibt sich aus der Klagebegründung der Klägerin, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung nur insoweit angegriffen werden sollte, als damit die außerschulische Nutzung der Turnhalle genehmigt wurde. Insoweit ergibt sich aber weder eine technisch-funktionale noch eine rechtliche Teilbarkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigung. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben im Übrigen in der mündlichen Verhandlung einen uneingeschränkten Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Beschwerdewert wird auf

3.135,65 €

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die beklagte Aktiengesellschaft hielt am 12. Juni 2008 eine Hauptversammlung ab, in der mehrere Beschlüsse gefasst und unter dem Tagesordnungspunkt 6 auch Vertreter der Aktionäre in den Aufsichtsrat gewählt wurden. In der Folge erhoben mehrere Aktionäre jeweils selbständig Anfechtungsklagen zum Landgericht Frankenthal (Pfalz) mit dem Begehren, die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der in der Hauptversammlung zu dem Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlüsse bzw. auch der weiteren in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse festzustellen.

2

Im Einzelnen handelte es sich um die Klageverfahren:

3

- 2 HKO 79/08 AktG, Klägerin J. B.-GmbH

- 2 HKO 80/08 AktG, Klägerin S., C.

- 2 HKO 83/08 AktG, Klägerin T. B.-AG

- 2 HKO 84/08 AktG, Kläger Z., P.

- 2 HKO 85/08 AktG, Kläger Z., K.

- 2 HKO 86/08 AktG, Klägerin P. R. GmbH

- 2 HKO 90/08 AktG, Klägerin U. GmbH.

4

Die Verfahren 2 HKO 79/08 AktG, 2 HKO 80/08 AktG, 2 HKO 83/08 AktG und 2 HKO 90/08 AktG hatten allein die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des in der Hauptversammlung zu dem Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlusses zum Gegenstand, die Verfahren 2 HKO 84/08 AktG, 2 HKO 85/08 AktG und 2 HKO 86/08 AktG die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit aller in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse.

5

Unter dem Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens hat u. a. die S. AG mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30. Juli 2008 den Streitbeitritt auf Klägerseite "in dem Rechtsstreit diverser Aktionäre gegen [die Beklagte]“ erklärt.

6

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2008 hat die Beklagte unter Angabe der Aktenzeichen 2 HKO 79/08 AktG, 2 HKO 80/08 AktG, 2 HKO 83/08 AktG, 2 HKO 84/08 AktG, 2 HKO 85/08 AktG und 2 HKO 86/08 AktG den Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung zum Tagesordnungspunkt 6 anerkannt. Die Vorsitzende der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat daraufhin am 20. August 2008 sowohl in vorliegender Sache als auch in den weiteren Verfahren 2 HKO 80/08 AktG, 2 HKO 83/08 AktG und 2 HKO 90/08 AktG Anerkenntnisurteile ohne mündliche Verhandlung erlassen, mit denen die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 12. Juni 2008 zum Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlüsse für nichtig erklärt wurden. Im jeweiligen Urteilskopf der Erkenntnisse sind die (unterschiedlichen) Kläger und die Beklagte sowie die Streithelfer der Parteien entsprechend dem Beschlusseingang in vorliegender Sache aufgeführt. In Ziffer 2 des jeweiligen Urteilstenors sind der Beklagten „die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelfer auf Klägerseite“ auferlegt worden. Die Anerkenntnisurteile sind in Rechtskraft erwachsen.

7

Die Streithelferin S. AG hat in vorliegender Sache und in den drei weiteren durch Anerkenntnisurteil beendeten Verfahren die Festsetzung ihr entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 3 135,65 € gegen die Beklagte beantragt. Dazu hat sie den Standpunkt eingenommen, dass jedes der Beschlussanfechtungsverfahren eine eigene Angelegenheit im Sinne des RVG darstelle und deswegen, nachdem das Landgericht die Klagen nicht verbunden habe, die Anwaltsgebühren in jedem Verfahren gesondert zu erstatten seien.

8

Die Beklagte ist der mehrfachen Festsetzung von Kosten entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, dass die Streithelferin der Klägerin die Gebühren ihrer Prozessbevollmächtigten nur einmal erstattet verlangen könne, weil das Prozessgericht die Anfechtungsklagen nach § 246 Abs. 3 S. 5 AktG zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung hätte verbinden müssen. Weiterhin hat sie geltend gemacht, dass eine zur Erstattung angemeldete Terminsgebühr nicht angefallen sei.

9

Durch den angefochtenen Beschluss vom 25. November 2008 hat der Rechtspfleger den für das vorliegende Verfahren verlangten Erstattungsbetrag antragsgemäß zugunsten der Streithelferin S. AG festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass es für die Kostenfestsetzung unerheblich sei, ob die Klagen zu verbinden gewesen wären, da tatsächlich eine Verbindung nicht erfolgt sei. Die Terminsgebühr sei gemäß der Anmerkung Abs. I Nr. 1. zu Nr. 3104 VV RVG angefallen.

10

Mit ihrer dagegen gerichteten "Erinnerung" erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung des Kostenfestsetzungsantrags der Streithelferin S. AG für das vorliegende Verfahren.

11

Zur Begründung des Rechtsmittels macht sie geltend:

12

Der Nebenintervenientin S. AG sei bereits für ihre Beteiligung in dem Parallelverfahren 2 HKO 90/08 AktG (U. GmbH ./. K. AG), durch (unangefochten gebliebenen) Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. November 2008 eine Kostenerstattung in Höhe von 3 135,65 € zuerkannt worden. Eine weitergehende Kostenerstattung könne nicht beansprucht werden, da sämtliche Klageverfahren nach § 246 Abs. 3 S. 5 AktG zwingend hätten verbunden werden müssen. Dass diese Verbindung entgegen gesetzlicher Vorschrift unterblieben sei, dürfe für das Kostenfestsetzungsverfahren keine Rolle spielen und nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Der Streithelferin der Klägerin stehe für alle Anfechtungsprozesse insgesamt nur einmal Kostenerstattung zu. Immerhin sei es auch das verlautbarte Ziel des Gesetzesentwurfs des Bundesministeriums der Justiz zu dem geplanten ARUG, dem "Geschäftsmodell der klagefreudigen Aktionäre, ... die mit ihren Klagen lediglich persönliche wirtschaftliche Vorteile suchen, ..." entgegenzuwirken. Dieser Bestrebung müsse auch im Kostenfestsetzungsverfahren zum Durchbruch verholfen werden.

13

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und es als sofortige Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

14

Die "Erinnerung" gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers stellt sich gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO als sofortige Beschwerde dar. Als solche ist das Rechtsmittel zulässig. Es ist insbesondere frist- und formgerecht (§ 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) eingelegt worden, übersteigt den Beschwerdewert (§ 567 Abs. 2 ZPO) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei. Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der gemäß § 568 Satz. 2 ZPO vorgesehenen Besetzung.

15

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren nicht korrigiert werden, dass das erkennende Gericht entgegen § 246 Abs.3 Satz 5 AktG die aktienrechtlichen Anfechtungsklagen nicht verbunden hat. Die Kostenfestsetzung stellt lediglich ein Verfahren dar, mit dem die Kostengrundentscheidung der Höhe nach ergänzt, d. h. betragsmäßig beziffert wird (vgl. MünchKomm/Giebel, ZPO, 3. Aufl., § 104, Rdnr. 55). Der Rechtspfleger und das im Instanzenzug an seine Stelle tretende Beschwerdegericht sind dabei an die ergangene Kostengrundentscheidung gebunden, selbst wenn diese unrichtig oder unzulässig ist (vgl. MünchKomm/Giebel, aaO; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 104, Rdnr. 21, Stichwort: "Bindung", jew.m.w.N.). Die Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat die Anfechtungsprozesse, in denen die Streithelferin beigetreten war, nicht verbunden, sondern jeweils gesondert durch Anerkenntnisurteil entschieden. Im Eingang des Anerkenntnisurteils in vorliegender Sache vom 20. August 2008 (Bl. 43 d.A.) ist die Antragstellerin als Streithelferin der Klägerin aufgeführt und in der Urteilsformel sind unter Ziffer 2 der Beklagten "die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelfer auf Klägerseite" auferlegt. Dieser Ausspruch über die Verpflichtung zur Kostentragung kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht durch die damit befassten Organe überprüft werden (vgl. MünchKomm/Giebel, aaO; OLG Düsseldorf, RPfleger 2005, 55, 56; OLG Bamberg, JurBüro 1983, Spalte 130 und JurBüro 1986, Spalte 219; OLG Nürnberg, JurBüro 1995, 593, 594; OLG Zweibrücken, JurBüro 1986, Spalte 1573; KG, Beschluss vom 25. Februar 2008, – 2 W 152/07 – zitiert nach juris, Rdnr. 7). Den Einwand, dass die Anfechtungsklagen hätten verbunden werden müssen, kann die Beklagte sonach im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr geltend machen; dies hätte im Erkenntnisverfahren geschehen müssen (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1983, Spalte 130; OLG Stuttgart, RPfl 2001, 617).

16

Die unterbliebene Verbindung der Beschlussanfechtungsprozesse durch das Gericht der Hauptsache kann im Verfahren über die Festsetzung der darin jeweils angefallenen Rechtsanwaltskosten auch nicht im Nachhinein mit der Begründung korrigiert werden, dass die nunmehr zur Erstattung angemeldeten zusätzlichen Kosten nicht "notwendig" i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen seien (so zu Recht OLG Bamberg, JurBüro 1983 aaO; OLG Hamm JurBüro 1981, Spalte 448; differenzierend: OLG Stuttgart RPfl. 2001, 617; KG NJOZ 2006, 4239; kritisch insb. auch Mümmler, JurBüro 1983, Spalte 131). Dies gilt jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall der Erstattung der Kosten der Streithelferin, da diese – anders als etwa ein Kläger, der missbräuchlich einen einheitlichen Anspruch in getrennten Prozessen geltend macht – es nicht in der Hand hatte, von vornherein einem einheitlichen Anfechtungsverfahren beizutreten.

17

Der Umstand, dass die Bundesregierung (weitere) gesetzliche „Maßnahmen gegen missbräuchliche Aktionärsklagen“ auf den Gesetzgebungsweg bringen will, führt de lege lata nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

18

Dem Erstattungsverlangen stehen, auch wenn der Senat für den Standpunkt der Beklagten unter Billigkeitserwägungen durchaus Verständnis hat, schließlich weder die Grundsätze von Treu und Glauben und das Schikaneverbot (§§ 242, 226 BGB) noch der Einwand einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) entgegen. Zum einen ist die Antragstellerin selbst rechtlich begründeten Honorarforderungen ihrer Prozessbevollmächtigten für die Vertretung in den vom Gericht getrennt geführten und abgeschlossenen Anfechtungsprozessen ausgesetzt. Zum anderen stellt das Ausnutzen einer formalen Rechtsposition für sich allein noch kein sittenwidriges Verhalten dar (vgl. Staudinger/Oechsler, BGB, Bearb. 2003, § 826, Rdnrn. 18, 503 ff. m.w.N.); besondere Umstände, die es im vorliegenden Fall rechtfertigen würden, unter Durchbrechung der Rechtskraft der Kostengrundentscheidung die formell berechtigte Kostenfestsetzung abzulehnen, liegen nicht vor. Die Streithelferin der Klägerin hatte keinen Einfluss auf die unterbliebene Verbindung der Anfechtungsprozesse. Es ist daher mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht schlechthin unvereinbar, dass sie als Gläubigerin der sie begünstigenden Kostengrundentscheidung(en) ihre Rechtsstellung zu Lasten der Beklagten ausnutzt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch BGH NJW 2005, 2991, 2993 f. m.w.N.).

19

Dass die von der Streithelferin angemeldeten und antragsgemäß festgesetzten Rechtsanwaltsgebühren ansonsten zutreffend berechnet sind, stellt die Beklagte im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Abrede.

III.

20

Die Kosten ihres sonach unbegründeten Rechtsmittels hat die Beklagte nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der Beschwerdewert entspricht dem Betrag der durch den Rechtspfleger zur Erstattung festgesetzten Kosten.

IV.

21

Der Senat lässt nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde zu, da die Rechtsfrage betreffend die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten infolge gesetzwidrig unterbliebener Prozessverbindung bei aktienrechtlichen Beschlussanfechtungsklagen – soweit ersichtlich - bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Rechtsfrage hat auch grundsätzliche Bedeutung, da sie in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann; dem Senat liegen derzeit sechs weitere im Tatsächlichen und Rechtlichen gleichgelagerte Beschwerden der Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens vor.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Für das gerichtliche Verfahren gilt § 36 Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

(2) Die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Gerichts sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 135 in Verbindung mit § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung, die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes und die Beschwerde gegen Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 und 7 sowie § 80a der Verwaltungsgerichtsordnung. Auf die Beschwerde gegen die Beschlüsse über den Rechtsweg findet § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 153/09
vom
8. Juli 2010
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beauftragen mehrere Kläger denselben Rechtsanwalt mit der Erhebung einer
Anfechtungsklage gegen dieselben Beschlüsse der Wohnungseigentümer, sind
die Kosten der Kläger insoweit nicht zur Rechtsverfolgung notwendig, als sie
darauf beruhen, dass der Rechtsanwalt statt für alle Kläger gemeinschaftlich für
jeden Kläger gesondert Klage erhebt.
WEG § 50
§ 50 WEG beschränkt den Kostenerstattungsanspruch einer Mehrzahl obsiegender
Anfechtungskläger nicht.
BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - V ZB 153/09 - LG Düsseldorf
AG Neuss
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Verwalterin werden unter Zurückweisung im Übrigen der Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 8. September 2009 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Amtsgerichts Neuss vom 23. Juni 2009 abgeändert.
Die von der Verwalterin den Klägern zu 2 bis 6 zu erstattenden Kosten werden auf insgesamt 2.375,74 € zuzüglich 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17. Februar 2009 festgesetzt.
Die weitergehenden Kostenfestsetzungsanträge der Kläger zu 2 bis 6 werden zurückgewiesen.
Die Verwalterin trägt die dem Kläger zu 1 in den Rechtsmittelverfahren außergerichtlich entstandenen Kosten und die Hälfte dieser den Klägern zu 2 bis 6 entstandenen Kosten. Im Übrigen tragen die Beteiligten die ihnen in den Rechtsmittelverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst. Von den gerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Verwalterin 50 % und die Kläger zu 2 bis 6 je 10 %.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.836,43 €.

Gründe:


I.


1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Versammlung vom 28. April 2008 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, den Antrag auf Abwahl der Verwalterin der Gemeinschaft abzulehnen und die Verwalterin vorzeitig auf die Dauer von fünf Jahren erneut zu bestellen.
2
Der Kläger zu 1 beauftragte die Rechtsanwälte S. und Koll. mit der Erhebung einer Anfechtungsklage gegen diese Beschlüsse. Seine Klage ging am 27. Mai 2008 bei dem Amtsgericht ein. Mit gleichlautenden am 28. Mai 2008 bei Gericht eingegangenen Klageschriften fochten die von Rechtsanwalt N. vertretenen Kläger zu 2 bis 6 dieselben Beschlüsse an und beantragten darüber hinaus, die Verwalterin abzuberufen.
3
Das Amtsgericht hat die Verfahren miteinander verbunden. Es hat den Anfechtungsanträgen stattgegeben, die von den Klägern zu 2 bis 6 erhobene weitergehende Klage abgewiesen und der Verwalterin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
4
Der Kläger zu 1 hat beantragt, die ihm zu erstattenden Kosten auf 1.069,93 € zuzüglich 588 € vorgelegter Gerichtskosten festzusetzen. Die Kläger zu 2 bis 6 haben beantragt, die ihnen entstandenen Kosten auf jeweils 1.093,73 € zuzüglich jeweils 588 € vorgelegter Gerichtskosten festzusetzen. Das Amtsgericht hat die dem Kläger zu 1 zu erstattenden Kosten durch als "Kostenfestsetzungsbeschluss I" bezeichneten Beschluss antragsgemäß festgesetzt. Zugunsten der Kläger zu 2 bis 6 hat es insgesamt 1.787,74 € außergerichtliche Kosten zuzüglich 2.960 € (588 € x 5) vorgelegter Gerichtskosten in dem "Kostenfestsetzungsbeschluss II" festgesetzt.
5
Mit der sofortigen Beschwerde hat die Verwalterin beantragt, den Betrag der allen Klägern zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf insgesamt 1.961,24 € zuzüglich 588 € vorgelegter Gerichtkosten, insgesamt 2.529,24 €, herabzusetzen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das Landgericht hat sie zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Verwalterin den Antrag auf Herabsetzung weiter.

II.


6
Das Beschwerdegericht meint, die gegen jeden Kläger zur Anfechtung des Beschlusses der Wohnungseigentümer gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG laufende Frist stelle einen Umstand dar, der die Vertretung jedes Klägers durch jeweils einen Rechtsanwalt rechtfertige. Das gelte auch für den Zeitraum nach der Verbindung der Verfahren, zumal eine Übertragung des Mandats auf einen gemeinschaftlichen Rechtsanwalt weitere Gebühren auslöse, die der Titelschuldner nicht zu erstatten habe.

III.


7
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis teilweise nicht stand. Der den Klägern zu 2 bis 6 zu erstattende Betrag ist zu hoch festgesetzt.
8
Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, einen Beschluss der Wohnungseigentümer im Wege der Klage anzufechten. Die Klage ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu erheben. Sie hat Erfolg, wenn sie rechtzeitig erhoben und begründet wird und der angefochtene Beschluss an dem geltend gemachten Mangel leidet. Die beklagten übrigen Wohnungseigentümer haben jedem obsiegenden Kläger gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die diesem entstandenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
9
1. Der Kostenerstattungsanspruch ist jedoch nicht unbeschränkt. Jede Prozesspartei ist vielmehr gehalten, die Kosten ihrer Prozessführung so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (Senat, Beschl. v. 15. März 2007, V ZB 77/06, NZM 2007, 411, 412; BGH, Beschl. v. 2. Mai 2007, XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257; MünchKommZPO /Giebel, 3. Aufl., § 91 Rdn. 38; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 91 Rdn. 8).
10
a) Das bedeutet nicht, dass ein Wohnungseigentümer im Kosteninteresse der beklagten Wohnungseigentümer gehalten wäre, von der Erhebung der Klage deshalb abzusehen, weil die erfolgreiche Klage eines anderen Eigentümers nach § 48 Abs. 3 WEG gegenüber allen Eigentümern Rechtskraft bewirkt. Erst recht ist kein Wohnungseigentümer veranlasst, unter Verzicht auf sein Anfechtungsrecht sich in die Rolle der beklagten übrigen Wohnungseigentümer zu begeben. Das folgt schon daraus, dass ein Wohnungseigentümer grundsätzlich keinen Einfluss darauf hat, dass ein anderer Eigentümer rechtzeitig Anfechtungsklage erhebt, diese rechtzeitig und sachgerecht begründet und das Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung führt.
11
b) Jeder Wohnungseigentümer, der sein Anfechtungsrecht wahrnehmen will, ist vielmehr berechtigt, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Grundsätzlich ist auch kein Wohnungseigentümer gehalten, einen bestimmten Rechtsanwalt zu beauftragen, weil dieser von einem anderen Wohnungseigentümer beauftragt ist, der sich gegen denselben Beschluss wendet oder wenden will. Einer Abstimmung über die Person des zu beauftragenden Rechtsanwalts steht häufig schon entgegen, dass sich die Wohnungseigentümer untereinander nicht kennen, das Recht zur Klageerhebung nicht von der Anmeldung eines Widerspruchs zu Protokoll abhängig ist und auch denjenigen Wohnungseigentümern zusteht, die an der Beschlussfassung nicht teilgenommen oder mit der Mehrheit gestimmt haben.
12
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Erhebung der Klage ist Vertrauenssache. Die Beurteilung der Kompetenz des Rechtsanwalts ist den zur Klage entschlossenen einzelnen Wohnungseigentümern in der Regel nicht möglich. Ein Auswahlverfahren oder die Bestimmung der Art und Weise, wie bei Meinungsdifferenzen um die Frage, welchem Rechtsanwalt das Mandat angetragen werden soll, sieht das Wohnungseigentumsgesetz nicht vor. Jeder Wohnungseigentümer , der sich zur Anfechtung entschlossen hat, muss jedoch die Klage innerhalb der von § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG bestimmten Frist erheben und innerhalb eines weiteren Monats begründen, um eine Abweisung zu vermeiden. Das schließt es grundsätzlich aus, einen Wohnungseigentümer unter dem Gesichtpunkt , die Kosten des Verfahrens im Interesse der beklagten übrigen Wohnungseigentümer gering zu halten, für verpflichtet anzusehen, sich vor der Er- hebung der Klage zu vergewissern, ob weitere Wohnungseigentümer denselben Beschluss anfechten wollen, und sich mit diesem auf einen Rechtsanwalt zu einigen, der alle Anfechtungskläger vertreten soll (Timme/Elzer, WEG, § 50 Rdn. 15; Schmid, NZM 2008, 185, 186; Drasdo, ZMR 2008, 266, 267). Die hierdurch begründeten Kosten jedes Rechtsanwalts haben die unterlegenen übrigen Wohnungseigentümer jedem Anfechtungskläger als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ebenso wie die vorgelegten Gerichtskosten zu erstatten.
13
Insoweit verhält es sich anders als auf Seiten der beklagten Wohnungseigentümer , die einen angefochtenen Beschluss verteidigen. Sie werden in dem Anfechtungsverfahren grundsätzlich von dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten (Senat, Beschl. v. 27. September 2007, V ZB 83/07, ZMR 2007, 975) und stehen jedem Kläger von Beginn des gerichtlichen Verfahrens an mit einem einheitlichen Prozessziel gegenüber. Die Gemeinschaftlichkeit ihres Vorgehens ist institutionell gesichert; die Beauftragung des gemeinschaftlichen Rechtsanwalts erfolgt durch den Verwalter (vgl. Senat, Beschl. v. 16. Juli 2009, V ZB 11/09, ZMR 2010, 51).
14
c) Aus der Befugnis jedes Klägers, einen Rechtsanwalt auszuwählen und mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen, folgt jedoch nicht, dass von den beklagten Wohnungseigentümern Mehrkosten zu erstatten sind, die darin ihren Grund finden, dass ein Rechtsanwalt, der von einer Mehrzahl von Wohnungseigentümern zur klageweisen Anfechtung desselben Beschlusses beauftragt worden ist, für jeden seiner Auftraggeber getrennt Klage erhebt. Die durch die rechtzeitig mit demselben Ziel erhobenen Klagen anhängig gemachten Verfahren müssen von dem Gericht gemäß § 47 WEG miteinander verbunden werden. Mit der gesetzlich gebotenen Verbindung entsteht dieselbe Situation wie bei einer anfänglichen subjektiven Klagehäufung. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind im Falle der Beauftragung desselben Rechtsanwalts durch eine Mehrheit von Anfechtungsklägern nur eine Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts, die Mehrvertretungsgebühr und die bei Erhebung einer einheitlichen für alle von demselben Rechtsanwalt vertretenen Kläger vorzuschießenden Gerichtskosten notwendig (Musielak/Wolst, aaO, Rdn. 9; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rdn. 94).
15
2. Dass nach § 50 WEG den Wohnungseigentümern grundsätzlich nur die Kosten eines Rechtsanwalts zu erstatten sind, führt nicht zu einer weiteren Begrenzung der Kostenerstattungspflicht. Ziel von § 50 WEG ist es, die Verpflichtung zur Kostenerstattung gering zu halten, wenn eine Mehrheit von beklagten Wohnungseigentümern sich bei gleichem Prozessziel von verschiedenen Rechtsanwälten vertreten lässt. So liegt es insbesondere, wenn die beklagten Wohnungseigentümer einer Anfechtungsklage entgegentreten und sich hierbei von verschiedenen Rechtsanwälten vertreten lassen (vgl. Senat, Beschl. v. 16. Juli 2009, V ZB 11/09, ZMR 2010, 51).
16
Ob diese Situation, auf der die gesetzliche Regelung beruht (BTDrucks. 16/887 S. 28), den Anwendungsbereich von § 50 WEG ausschöpft, ist umstritten. Nach den bisher veröffentlichten Entscheidungen und der Mehrheit der Stimmen der juristischen Literatur soll § 50 WEG auch in dem umgekehrten Fall, in dem mehrere Wohnungseigentümer als Kläger gegen die übrigen Wohnungseigentümer dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen, zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer Anwendung finden (LG Düsseldorf ZMR 2010, 143; LG Berlin ZMR 2010, 309; Jennißen/Suilmann, WEG, 2. Aufl. § 50 Rdn. 6; Timme /Elzer, WEG, § 50 Rdn. 2; Schmid, NZM 2008, 185; a.A. Wenzel in Bär- mann, WEG, 10. Aufl., § 50 Rdn. 7). Die Frage kann für die Entscheidung dahingestellt bleiben.
17
An der Voraussetzung einer Anwendung der Vorschrift, dass eine Mehrheit von Klägern den Wohnungseigentümern gegenüber steht, fehlt es, solange die von den Anfechtungsklägern anhängig gemachten Verfahren nicht gemäß § 47 WEG miteinander verbunden sind. Diese Voraussetzung wird erst durch die Verbindung der Verfahren begründet. Die Verbindung kann jedoch nur in die Zukunft wirken und nicht rückwirkend den aus der Befugnis zur Beauftragung verschiedener Rechtsanwälte folgenden Kostenerstattungsanspruch beschränken (Timme/Elzer, aaO, Rdn. 4; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1772; Schmid, NZM 2008, 185, 186; Drasdo, ZMR 2008, 266, 267).
18
Die Verbindung nötigt auch keinen Kläger, das Mandatsverhältnis zu seinem Rechtsanwalt zu beenden und an dessen Stelle einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der einen oder mehrere andere Anfechtungskläger vertritt (Timme /Elzer, aaO, Rdn. 15; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1772; a.A. Jennißen /Suilmann, aaO, § 50 Rdn. 6).
19
3. Dass das Amtsgericht die Kosten nicht den beklagten Wohnungseigentümern , sondern gemäß § 49 Abs. 2 WEG an deren statt der Verwalterin der Eigentümergemeinschaft auferlegt hat, erweitert oder beschränkt den Anwendungsbereich von § 50 WEG nicht.

III.


20
Die Beschwerde hat mithin gegenüber dem Kläger zu 1 keinen Erfolg. Der den Klägern zu 2 bis 6 von der Verwalterin zu erstattende Betrag ist zu reduzieren. Es sind festzusetzen: 1,3 Verfahrensgebühr 631,80 € 1,2 Erhöhungsgebühr 583,20 € 1,2 Terminsgebühr 583,20 € Auslagenpauschale 20,00 € nach dem Antrag der Kläger zu 2 bis 6 anzurechnende Minderung aufgrund der Anrechenbarkeit einer Geschäftsgebühr ./. 315,90 € 19 % Mehrwertsteuer 285,44 € 1.787,74 € vorgelegte Gerichtskosten 588,00 € 2.375,74 € zuzüglich der zur Festsetzung beantragten gesetzlichen Zinsen.

IV.


21
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
RichteramBGH Roth Dr. Schmidt-Räntsch ist infolge Urlaubs verhindert zuunterschreiben. Krüger
Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 23.06.2009 - 101 C 102/08 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.09.2009 - 19 T 210/09 -

Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2187) geändert wurden, stehen der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(2) Ist die Klage von jemandem erhoben, der wegen dieses Klagegegenstands nach § 60 Abs. 3 zu einem anderen Verfahren beizuladen wäre, so wird die notwendige Beiladung des Klägers dadurch ersetzt, dass die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.