Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 18. Okt. 2018 - 4 O 34/18

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2018:1018.4O34.18.00
bei uns veröffentlicht am18.10.2018

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. Juni 2018 – 7. Kammer, Einzelrichterin – mit Ausnahme der Aufhebung des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. Mai 2018 abgeändert:

Auf die Erinnerung des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. April 2017 – Urkundsbeamter der Geschäftsstelle – wird die Verbindung des Kostenfestsetzungsantrags des Klägers mit den Kostenfestsetzungsanträgen seiner Familienangehörigen aus den Verfahren 7 A 9/13 bis 14/13 aufgehoben.

Aufgrund des Beschlusses des Senats vom 31. August 2016 – 4 LB 29/16 – werden die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 709,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2016 festgesetzt.

Im Übrigen werden der Kostenfestsetzungsantrag, die Erinnerung und die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

Mit Ausnahme der Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren, die allein der Kläger zu tragen hat, werden die Kosten des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens dem Kläger zu 85,3 % und dem Beklagten zu 14,7 % auferlegt.

Gründe

I.

1

Der Beklagte versah die Aufenthaltserlaubnis des Klägers und seiner sechs Familienangehörigen (Ehefrau und fünf minderjährige Kinder) jeweils mit der Nebenbestimmung „Wohnsitznahme nur in Schleswig-Holstein“. Gegen diese Auflagen, die teils vom 2., teils vom 7. und teils vom 14. August 2012 datieren, erhoben die Adressaten mit getrennten Schreiben Widerspruch. Auch die anschließenden Klage-, Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren betrieben sie gesondert. Dem Kläger wurde für beide Instanzen Prozesskostenhilfe bewilligt. Nach Klaglosstellung und Hauptsachenerledigung in allen sieben Verfahren legte der Senat die Kosten mit Beschlüssen vom 31. August 2016 jeweils dem Beklagten auf. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wurde für notwendig erklärt. Der Streitwert wurde in allen Verfahren für beide Instanzen auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt. Die Gerichtskosten wurden gegenüber dem Beklagten für jedes Verfahren getrennt angesetzt.

2

Die Adressaten haben jeweils einzeln die Festsetzung der zu erstattenden Anwaltsvergütung auf 1.776,61 Euro (d.h. insgesamt 12.436,27 Euro) nebst Zinsen beantragt. Der Beklagte hat hiergegen eingewandt, dass der Rechtsanwalt vorliegend insgesamt in derselben Angelegenheit tätig geworden sei. Die Gebühren dürften deshalb gemäß § 15 Abs. 2 RVG nur einmal gefordert werden; eine getrennte Abrechnung sei ausgeschlossen. Der Rechtsanwalt sei zur kostensparenden Prozessführung gehalten.

3

Ausgehend von einem Gesamtstreitwert von 5.000 Euro hat der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts die Kosten in einem einheitlichen Beschluss vom 10. April 2017 auf zusammen 3.679,30 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Im Kostenfestsetzungsverfahren sei u.a. zu prüfen, ob die getrennte Geltendmachung von Ansprüchen in mehreren Verfahren zu nicht vertretbaren Mehrkosten führe. Eine vorsorgliche Aufteilung in einzelne Verfahren bei gleicher Ausgangslage sei hier nicht notwendig gewesen. Hätten sich bei Erhebung nur einer Klage mit sieben Klägern während des Verfahrens verschiedenartige Interessenlagen herausgebildet, hätte das Gericht im konkreten Fall verfahrenstechnische Entscheidungen treffen können, um der individuellen Lage jedes einzelnen Klägers gerecht zu werden. Daher könnten nur die Kosten erstattet werden, die bei Anhängigkeit eines Verfahrens entstanden wären.

4

Die hiergegen erhobenen Erinnerungen hat das Verwaltungsgericht durch einheitlichen Beschluss vom 29. Mai 2017, aufgehoben durch Beschluss vom 20. Juni 2017, zurückgewiesen. Die Kläger hätten in derselben Angelegenheit wegen desselben Gegenstands geklagt. Wegen der familiären Verbindung der Kläger liege eine Rechtsgemeinschaft vor. Bei einer Klage gegen einen Verwaltungsakt in Rechtsgemeinschaft handele es sich um einen wirtschaftlich identischen Streitgegenstand. Damit sei der vorliegende Fall vergleichbar, da im Hinblick auf Art. 6 GG die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflage nur einheitlich zu beantworten gewesen sei. Danach sei eine Abrechnung für jeden Kläger gesondert ausgeschieden.

5

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers. Zur Begründung führt er aus: Es habe Anlass zur getrennten Klageerhebung gegeben. Die Wohnsitzauflagen seien einzeln erlassene Verwaltungsakte, die eigenen Rechtsmittelfristen unterlägen. Die Verfahren seien weder vom Verwaltungsgericht noch vom Oberverwaltungsgericht verbunden gewesen. Nach dem rechtskräftigen Abschluss könne aus den getrennten Verfahren nicht „eine Angelegenheit“ gemacht werden. Selbst wenn dies möglich wäre, müssten die Kosten jedenfalls nach einem Wert von 35.000 Euro und nicht lediglich nach einem Wert von 5.000 Euro festgesetzt werden.

II.

6

Der Senat entscheidet gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der Besetzung mit drei Berufsrichtern, da für eine Beschwerde gegen die Entscheidung über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss keine Einzelrichterzuständigkeit vorgesehen ist (vgl. VGH München, Beschluss vom 22. Februar 2018 – 15 C 17.2522 –, juris Rn. 15; VGH Kassel, Beschluss vom 26. Juni 2018 – 2 E 1964/17 –, juris Rn. 1).

7

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet.

8

Die Verbindung des Kostenfestsetzungsantrags des Klägers mit den Kostenfestsetzungsanträgen seiner Familienmitglieder, die der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts mit dem Erlass eines gemeinsamen Kostenfestsetzungsbeschlusses stillschweigend vorgenommen hat, ist aufzuheben. Die Verbindung von Kostenfestsetzungsverfahren aus getrennt geführten Prozessen ist unzulässig, wenn damit eine vermeintlich zu Unrecht unterbliebene Verbindung der Ausgangsverfahren „nachgeholt“ werden soll. § 93 Satz 1 VwGO kann dafür nicht entsprechend herangezogen werden. Die Prozessverbindung ist – ebenso wie die Prozesstrennung – eine Frage der prozessualen Zweckmäßigkeit, über die allein das Gericht des Ausgangsverfahrens zu befinden hat. Die Kostenfestsetzung ist demgegenüber rechtlich unselbständig und hat nur die Kostengrundentscheidung des zugrundeliegenden Rechtsstreits auszufüllen (§ 103 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO). Dabei muss der Kostenbeamte prüfen, ob die angemeldeten Kosten entstanden sind, ob sie zu den Kosten des Ausgangsrechtsstreits gehören und ob sie zur Führung dieses Rechtsstreits notwendig waren (§ 162 Abs. 1 VwGO). Eine Verbindung mehrerer Kostenfestsetzungsverfahren aus getrennt geführten Prozessen würde den engen Bezug der Kostenfestsetzung zu dem zugrundeliegenden Titel und dem vorausgegangenen Erkenntnisverfahren in Frage stellen und ist daher nicht statthaft (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. August 1980 – 23 W 270/80 –, juris Rn. 16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Juli 2001 – 8 W 87/01 –, juris Rn. 9 f.; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 4 W 98/08 –, juris Rn. 15 f.; VG München, Beschluss vom 18. August 2015 – M 8 M 15.3136 –, juris Rn. 17; Thomas/Putzo, ZPO, 39. Auflage 2018, § 104 Rn. 7; Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 103 Rn. 58; Jaspersen, in: Vorwerk/Wolf, ZPO, Stand 2018, § 91 Rn. 152). Dass das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht von einer Verbindung der Klageverfahren abgesehen haben, muss der Urkundsbeamte im Kostenfestsetzungsverfahren hinnehmen.

9

Der Kläger hat trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung seiner Anwaltskosten. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO i.V.m. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht dem nicht entgegen. Danach kann der Anwalt die ihm erwachsenen Vergütungsansprüche lediglich nicht geltend machen, solange dem Beteiligten Prozesskostenhilfe gewährt wird; sie sind daher wie bei einer Stundung in ihrer Durchsetzbarkeit gehemmt. Da somit ein Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen ihn besteht, kann der bedürftige Beteiligte die dadurch angefallenen Kosten auch im eigenen Namen festsetzen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 – VII ZB 56/08 –, juris Rn. 7).

10

Der Höhe nach würde sich die anwaltliche Vergütung grundsätzlich nach dem für die Gerichtsgebühren festgesetzten Streitwert bemessen (§ 32 Abs. 1 RVG), d.h. hier nach einem Wert von 5.000 Euro. Der auf dieser Grundlage ermittelte Betrag wäre von dem Beklagten zu erstatten (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt von Einwendungen, die im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden können. Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall eine Reduzierung des Erstattungsbetrags.

11

Gegen die Höhe des Anspruchs kann im Ergebnis allerdings nicht eingewandt werden, dass es sich bei der Rechtsverfolgung in den sieben Prozessen des Klägers und seiner Familie um „dieselbe Angelegenheit“ im Sinne von § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1 RVG gehandelt hat.

12

Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Dabei kann eine Angelegenheit zugleich mehrere Gegenstände umfassen und auch bei mehreren Auftraggebern bestehen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 – VI ZR 73/10 –, juris Rn. 10, 11 und 13 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat diese Voraussetzungen in Bezug auf die anwaltliche Leistung für den Kläger und seine Familie zu Recht als erfüllt angesehen. Die Wohnsitzauflagen richteten sich an die Angehörigen einer Familie, waren inhaltlich identisch und wurden in einem engen zeitlichen Zusammenhang erlassen. Dass der Beklagte die Auflagen gegenüber den einzelnen Familienangehörigen unterschiedlich begründet hätte oder anzunehmen gewesen wäre, dass er sie im Prozess unterschiedlich verteidigen würde, ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht. Dementsprechend waren die Angriffe auf die Nebenbestimmungen auch identisch. Dass die Gerichtsverfahren nicht miteinander verbunden worden sind, ändert daran nichts; maßgeblich ist allein, dass sie aufgrund des inneren Zusammenhangs und des einheitlichen Rahmens jedenfalls in einem einheitlichen Verfahren hätten geltend gemacht werden können. Der geringfügig abweichende Lauf der Widerspruchsfristen hat sich nicht ausgewirkt.

13

Jedoch schuldet der Kläger, auch wenn es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn die Bevollmächtigten nur in seinem Auftrag tätig geworden wären. Zwar können die Bevollmächtigten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 RVG insgesamt die Gebühren nur einmal verlangen. Dies bewirkt, dass zwischen den Auftraggebern in gewissem Umfang ein Gesamtschuldverhältnis besteht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2009 – I-24 U 150/08 –, juris Rn. 40; Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Auflage 2018, § 7 Rn. 3 f.). Zahlungen einzelner Auftraggeber können gemäß §§ 422 Abs. 1 Satz 1, 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs gegenüber anderen Auftraggebern führen. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn die Prozessbevollmächtigten haben noch keine Zahlungen erhalten. Im Übrigen ist zu bedenken, dass rechtshemmende und rechtsvernichtende Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig unbeachtlich sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2009 – 2 KSt 2/09 –, juris Rn. 9).

14

Ergebnisrelevant ist hingegen der Einwand des Beklagten, der Kläger und seine Familie hätten durch die Führung von getrennten Prozessen unnötige Mehrkosten verursacht. Jede Rechtsausübung unterliegt dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot. Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jedes Prozessbeteiligten anerkannt, die Kosten seiner Prozessführung, die er im Falle seines Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung seiner berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind. Insbesondere kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Kläger die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger in engem zeitlichen Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Klagebegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen denselben Beklagten vorgegangen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2012 – VI ZB 59/11 –, juris Rn. 9 f.; Beschluss vom 18. Oktober 2012 – V ZB 58/12 –, juris Rn. 5 und 7; Beschluss vom 20. November 2012 – VI ZB 1/12 –, juris Rn. 9 f.; Beschluss vom 20. Mai 2014 – VI ZB 9/13 –, juris Rn. 6 f.; Herget, in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 103 Rn. 21 „Rechtsmissbrauch“). Dieser Fall ist hier gegeben, wie der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt hat. Bei inhaltlich identischen Wohnsitzauflagen, die sich an die Angehörigen einer Familie richten und in einem engen zeitlichen Zusammenhang ergangen sind, ist eine getrennte Prozessführung in der Regel nicht erforderlich und führt zu unnötigen Mehrkosten. Ein Sonderfall, etwa wegen individueller Abweichungen bei den einzelnen Verfahren, liegt hier nicht vor (s.o.).

15

Der Umstand, dass dem Kläger in beiden Instanzen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, steht der Annahme des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen. Grundsätzlich gilt, dass der Urkundsbeamte im Kostenfestsetzungsverfahren keine Zwischenentscheidungen – etwa einen Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe – überprüfen darf, die im Erkenntnisverfahren getroffen worden sind und sich kostenrechtlich auswirken (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, § 164 Rn. 20). Es wird daher die Auffassung vertreten, ein Verstoß gegen den Grundsatz der kostensparenden Prozessführung könne dem Erstattungsberechtigten nicht vorgehalten werden, wenn ihm Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, weil dies über die Tatbestandsvoraussetzung der fehlenden Mutwilligkeit gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO bereits im Prozesskostenhilfeverfahren überprüft werde. Der Einwendungsausschluss sei auch für den zur Kostenerstattung verpflichteten Gegner hinnehmbar, denn er sei gemäß § 118 Abs. 1 ZPO am Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beteiligt und könne dort die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden (LAG Nürnberg, Beschluss vom 22. Oktober 2015 – 2 Ta 118/15 –, juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird keine Vorentscheidung für einen künftigen Kostenerstattungsanspruch im Verhältnis der Prozessbeteiligten zueinander getroffen. Das wird zwar in § 123 ZPO nur für den Kostenerstattungsanspruch des Gegners klargestellt, gilt aber selbstverständlich auch für den umgekehrten Fall. Das Prozesskostenhilfeverfahren zielt allein darauf ab, dem bedürftigen Beteiligten die Führung des Prozesses zu ermöglichen. Ein Einwendungsausschluss zu Lasten des Prozessgegners wäre auch deshalb nicht zulässig, weil dieser nicht „Beteiligter“ des Prozesskostenhilfeverfahrens ist. Dieses ist nach der gesetzlichen Regelung ein dem Bereich der staatlichen Daseinsfürsorge zuzurechnendes, nicht kontradiktorisches Verfahren, in dem sich nur Gericht und Antragsteller gegenüberstehen (BGH, Urteil vom 15. November 1983 – VI ZR 100/83 –, juris Rn. 3; Beschluss vom 18. April 1991 – I ARZ 748/90 –, juris Rn. 19; Reichling, in: Vorwerk/Wolf, ZPO, Stand 2018, § 118 Rn. 1; Wache, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 118 Rn. 8). Die Vorschrift, dass der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme erhält (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO), verschafft ihm nicht die Stellung eines Beteiligten, sondern soll nur die Gerichte vor überflüssiger Arbeit und die Staatskasse davor schützen, dass sie die Kosten für nutzlose Streitigkeiten tragen muss (Geimer, in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 118 Rn. 1).

16

Der Kläger muss sich daher kostenrechtlich so behandeln lassen, als habe er zusammen mit den Mitgliedern seiner Familie als Streitgenossen ein einziges Verfahren gegen den Beklagten geführt. Im Falle der missbräuchlichen Prozessaufspaltung sind die Kosten der Rechtsverfolgung nicht in voller Höhe zu erstatten, sondern nur anteilig im Verhältnis der Gegenstandswerte der Einzelverfahren zu einem nach § 22 Abs. 1 RVG zu ermittelnden (fiktiven) Gesamtgegenstandswert eines einheitlichen Verfahrens (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 – VI ZB 1/12 –, juris Rn. 13; Beschluss vom 20. November 2012 – VI ZB 73/11 –, juris Rn. 12; Beschluss vom 2. Oktober 2012 – VI ZB 68/11 –, juris Rn. 12).

17

Der fiktive Gesamtgegenstandswert beträgt hier (7 x 5.000 =) 35.000 Euro. Vertritt ein Rechtsanwalt in demselben Verfahren mehrere Auftraggeber, entsteht ihm dadurch regelmäßig ein höherer Aufwand. Um diesen Mehraufwand zu vergüten, sieht das Kostenrecht entweder eine Erhöhung des Gegenstandswertes bei unverändertem Gebührensatz oder eine Erhöhung des Gebührensatzes bei unverändertem Gegenstandswert vor. Auf welchem dieser Wege eine Vergütung des Mehraufwands des Rechtsanwalts erfolgt, hängt davon ab, ob seine Tätigkeit für mehrere Mandanten sich auf einen oder mehrere Verfahrensgegenstände bezieht. Ist die Vertretung mehrerer Personen zugleich mit mehreren Verfahrensgegenständen verbunden, sind nach § 22 Abs. 1 RVG die Werte dieser unterschiedlichen Verfahrensgegenstände zusammenzurechnen. Eine Erhöhung des Gebührensatzes erfolgt nicht, denn Nr. 1008 Abs. 1 VV-RVG sieht eine solche nur vor, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit für die mehreren Auftraggeber derselbe ist. Werden hingegen mit Blick auf denselben Verfahrensgegenstand mehrere Personen vertreten, bleibt der Gegenstandswert und mit ihm die Höhe der nach § 13 RVG berechneten einzelnen Gebühr unverändert. Um den durch die Tätigkeit für mehrere Mandanten erhöhten Aufwand des Rechtsanwaltes zu vergüten, sieht Nr. 1008 VV-RVG für diesen Fall eine Erhöhung des Gebührensatzes um 0,3 für jeden zusätzlichen Auftraggeber vor, wobei mehrere Erhöhungen zusammengenommen einen Gebührensatz von 2,0 nicht überschreiten dürfen (OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. Juni 2018 – 3 O 255/18 –, juris Rn. 3).

18

Der Gesetzgeber hat den Begriff des gebührenrechtlichen Gegenstandes inhaltlich nicht näher bestimmt. Er bezeichnet das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht (BGH, Beschluss vom 10. März 2011 – VII ZB 3/10 –, juris Rn. 8). Nach dieser Maßgabe sind die Prozessbevollmächtigten hier wegen mehrerer Gegenstände im gebührenrechtlichen Sinne tätig geworden. Wohnsitzauflagen sind, auch wenn sie gegenüber den Angehörigen einer Familie erlassen werden, von den Adressaten nicht in Rechtsgemeinschaft, sondern jeweils individuell zu erfüllen (ähnlich OVG Münster, Beschluss vom 19. Dezember 2011 – 18 E 1299/11 –, juris Rn. 4). Die Klageverfahren betrafen daher sieben verschiedene Rechtsverhältnisse. Deshalb sind die Gegenstandswerte für die sieben Wohnsitzauflagen zu addieren.

19

Nach einem Wert von 35.000 Euro ergibt sich folgende fiktive Gesamtabrechnung:

20

VV RVG

        

Euro   

        

Vorverfahren

        

2300   

1,3     

1079,00

7002   

        

20,00 

        

l. Instanz

        

3100   

1,3     

1079,00

Vorbemerkung 3 Abs. 4

-0,65 

-539,50

3104   

1,2     

996,00

7002   

        

20,00 

        

II. Instanz

        

3200   

1,6     

1.500,80

7002   

        

20,00 

                 

4.175,30

7008   

        

793,31

                 

4.968,61

21

Für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG noch die bis zum 31. Juli 2013 gültige Gebührentabelle anzuwenden, da der unbedingte Auftrag zur Klageerhebung spätestens am 10. Januar 2013 (Datum der Klageschrift) erteilt worden ist. Die Ausnahmeregelung in § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG findet keine Anwendung, da es sich bei einer Klage nicht um ein Rechtsmittel handelt.

22

Der Kläger kann ein Siebtel der fiktiven Gesamtvergütung erstattet verlangen, d.h. 709,80 Euro.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Jedoch fällt die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren gemäß § 154 Abs. 2 VwGO in voller Höhe dem Kläger zur Last, weil diese Gebühr nur in Bezug auf den erfolglosen Teil der Beschwerde entsteht (Nr. 5502 KV GKG).

24

Eine Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtsgebühr ist entbehrlich, da es sich um eine Festgebühr handelt.

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

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(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 15 Abgeltungsbereich der Gebühren


(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. (2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 93


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(1) Das Oberverwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl. (2) Bei dem Oberverwaltungsgericht werden Senate gebildet. (3) Die Senate des Oberverwaltungsgerichts

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2011 - VII ZB 3/10

bei uns veröffentlicht am 10.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 3/10 vom 10. März 2011 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja RVG § 22 Beantragt ein Rechtsanwalt im Auftrag des Gläubigers den Erlass eines Pfändungs - und Übe

Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Aug. 2015 - M 8 M 15.3136

bei uns veröffentlicht am 18.08.2015

Tenor I. Die Verfahren M 8 M 15.3136, M 8 M 15.3139, M 8 M 15.3142, M 8 M 15.3144, M 8 M 3146, M 8 M 15.3148 und M 8 M 15.3151 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Erinnerungen werden zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 2 Ta 118/15

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Gründe LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG 2 Ta 118/15 Beschluss Datum: 22.10.2015 12 Ca 483/14 (Arbeitsgericht Nürnberg) Rechtsvorschriften: Leitsatz: Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2018 - 15 C 17.2522

bei uns veröffentlicht am 22.02.2018

Tenor I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. Oktober 2017 (Az. RO 12 K 16.1254) und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. November 2017 (Az. RO 12 M 17.1976)

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Juni 2018 - 3 O 255/18

bei uns veröffentlicht am 18.06.2018

Gründe 1 Die gemäß §§ 165, 151, 146 Abs. 1, Abs. 3 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Die durch das Verwaltungsgericht erfolgte Abänderung

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2014 - VI ZB 9/13

bei uns veröffentlicht am 20.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 9/13 vom 20. Mai 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, 103; BGB § 242 Cd a) Ein Kostenfestsetzungsverlangen kann als rechtsmissbräuchlich a

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 09. Feb. 2009 - 4 W 98/08

bei uns veröffentlicht am 09.02.2009

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. IV. Der Beschwerdewert wird auf 3.135,65 € festgesetzt. Gründe I.

Referenzen

(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Oberverwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.

(2) Bei dem Oberverwaltungsgericht werden Senate gebildet.

(3) Die Senate des Oberverwaltungsgerichts entscheiden in der Besetzung von drei Richtern; die Landesgesetzgebung kann vorsehen, daß die Senate in der Besetzung von fünf Richtern entscheiden, von denen zwei auch ehrenamtliche Richter sein können. Für die Fälle des § 48 Abs. 1 kann auch vorgesehen werden, daß die Senate in der Besetzung von fünf Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 gelten nicht für die Fälle des § 99 Abs. 2.

(4) In Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 kann der Senat den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
§ 6 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. Oktober 2017 (Az. RO 12 K 16.1254) und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. November 2017 (Az. RO 12 M 17.1976) werden aufgehoben. Der Antrag der Beklagten vom 10. Oktober 2017 auf Festsetzung ihrer Aufwendungen für Rechtsanwaltsgebühren für die zweite Instanz (Berufungszulassungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof 15 ZB 17.1316) wird abgelehnt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Erinnerungs- und das Beschwerdeverfahren wird auf 2.815,90 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattungsfähigkeit geltend gemachter Rechtsanwaltsvergütungen auf Beklagtenseite für ein Berufungszulassungsverfahren.

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies mit Urteil vom 17. Januar 2017 (RO 12 K 16.1254) die Klage der Klägerin mit dem Antrag, die Beklagte zu einem bestimmten Bauvorbescheid zu verpflichten, sowie mit zwei weiteren Feststellungsanträgen nach mehrjährigem Rechtsstreit ab. Die Klägerin ließ gegen das ihnen am 8. Juni 2017 zugestellte Urteil am 4. Juli 2017 einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2017 teilten die Bevollmächtigten der Klägerin den Bevollmächtigten der Beklagten mit, dass in der Angelegenheit ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt worden sei. Weiter heißt es in diesem Schreiben, die abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage könne auf Klägerseite erst nach Urlaubsrückkehr des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erfolgen. Zur Vermeidung etwaig anfallender Gebühren würden die Bevollmächtigten der Beklagten gebeten, sich vorläufig noch nicht für das weitere Verfahren zu beteiligen, bis eine etwaige Begründung des Zulassungsantrags erfolgt sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017 beantragte die Beklagte über ihren Bevollmächtigten, den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Eine Begründung folge, sobald die Begründung des Antrags vorliege.

Am 1. August 2017 nahm die Klägerin den Antrag auf Zulassung der Berufung zurück. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daraufhin mit Beschluss vom 4. August 2017 (Az. 15 ZB 17.1316) das Verfahren ein und entschied, dass die Klägerin die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen habe.

Am 12. Oktober 2017 erließ der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts Regensburg dem Antrag der Beklagten vom 10. Oktober 2017 folgend einen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach die „der Beklagten in II. Instanz erwachsenen notwendigen und zu erstattenden Aufwendungen“ auf 2.815,90 Euro festgesetzt wurden (zzgl. Verzinsung gem. § 247 BGB). Zur Begründung wurde ausgeführt, es entspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei grundsätzlich sofort einen Anwalt mit ihrer Vertretung im Rechtsmittelverfahren beauftragen könne. Ein Stillhalteabkommen sei nicht zustande gekommen.

Auf den Antrag der Beklagten auf gerichtliche Entscheidung wies die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Regensburg mit Beschluss vom 23. November 2017 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Die Anwaltskosten der Beklagten im Berufungszulassungsverfahren seien notwendige Parteiaufwendungen gewesen.

Mit ihrer am 8. Dezember 2017 erhobenen Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass Rechtsanwaltskosten für die zweite Instanz in Konstellationen der vorliegenden Art nicht erstattungsfähig seien. Es sei nicht zu erkennen, weshalb die Vertretung der Beklagten in einem so frühen Stadium des Berufungszulassungsverfahrens – noch vor der Antragsbegründung – notwendig gewesen sein soll.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. November 2017 den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Oktober 2017 aufzuheben und den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerbevollmächtigten vom 10. Oktober 2017 abzulehnen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus ihrer Sicht habe das Verwaltungsgericht richtig entschieden.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

1. Die gemäß § 165 i.V. mit § 151, § 146 Abs. 1, Abs. 3 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige und fristgerecht (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegte Beschwerde, über die der Senat in seiner vollen Besetzung zu entscheiden hat (BayVGH, B.v. 5.7.2016 – 10 C 15.474 – juris Rn. 11 ff.; B.v. 4.8.2016 – 4 C 16.755 – juris Rn. 10; HessVGH, B.v. 24.7.2009 – 6 E 856/09 – juris Rn. 13), ist begründet. Die der Beklagten „in II. Instanz“ – also für das Berufungszulassungsverfahren – erwachsenen Aufwendungen für Anwaltskosten sind im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Oktober 2017 zu Unrecht als erstattungsfähig festgesetzt worden.

Gemäß § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Erstattungsfähig sind gem. § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Zu diesen erstattungsfähigen Kosten gehören gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes. Allerdings wird auch diesbezüglich das Gebot des kostenbewussten Verhaltens gem. § 162 Abs. 1 VwGO nicht außer Kraft gesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 10.6.2015 – 22 C 14.2131 – BayVBl. 2016, 63 = juris Rn. 10), d.h. auch hinsichtlich dieser Kosten ist die Erstattungsfähigkeit davon abhängig, ob diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.

Allein der Umstand, dass die Kostenentscheidung im (Einstellungs-) Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. August 2017 der Beklagten einen Kostentitel verschafft, führt nicht automatisch dazu, dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung der Beklagten – soweit es das Berufungszulassungsverfahren betrifft – im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO notwendig war (ThürOVG, B.v. 17.2.2015 – 4 VO 673/12 – LKV 2016, 380 = juris Rn. 12). Dasselbe gilt auch für die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Überlegungen, dass die Beklagte schon im erstinstanzlichen Verfahren durch einen Anwalt vertreten war, dass auf Seiten der Beklagten aufgrund eines Personalwechsels ggf. keine umfassende Sachkunde mehr zu dem Verfahren vorhanden war und dass aufgrund des bereits langjährigen gerichtlichen Verfahrens die Beklagte ggf. nicht mit der Rücknahme des Berufungszulassungsantrags gerechnet hat.

Ob es für die erstinstanzlich obsiegende Partei im Allgemeinen eine angemessene Rechtsverfolgung i.S. von § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO darstellt, sich bereits in einem frühzeitigen Stadium des Berufungszulassungsverfahrens anwaltlicher Vertretung zu bedienen, dürfte sich nach denselben Kriterien richten wie im Fall der Geltendmachung von „frühzeitigen“ Anwaltskosten des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision (hierzu vgl. BVerwG, B.v. 17.1.1995 – 4 B 1.95 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 29 = juris Rn. 9; im Anschluss hieran: BVerwG, B.v. 7.6.2006 – 4 B 41.06 – juris Rn. 4; B.v. 24.2.2003 – 4 BN 14.03 – NuR 2004, 310 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.1.2012 – 15 M 09.2165; juris Rn. 13, 14; VGH BW, B.v. 16.12.1999 – 8 S 2652/98 – juris Rn. 2; NdsOVG, B.v. 22.12.2006 – 1 KN 109/05 – juris Rn. 5; für die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten auf der Beigeladenenseite vgl. auch BVerwG, B.v. 26.1.1994 – 4 B 176/93 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 28 = juris Rn. 4 f.; B.v. 7.6.1995 – 4 B 26.95 – NJW 1995, 2867; B.v. 31.10.2000 – 4 KSt 2/00 u.a. – NVwZ-RR 2001, 276 = juris Rn. 3; B.v. 10.10.2003 – 4 B 83.03 – NVwZ 2004, 97 = juris Rn. 12). Das Berufungsgericht prüft im Berufungszulassungsverfahren – ähnlich wie das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich § 132 Abs. 2, § 133 Abs. 3 VwGO im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde – die Voraussetzungen nach § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 und Abs. 5 VwGO von Amts wegen. Andere Verfahrensbeteiligte müssen nicht angehört werden, wenn dafür kein Anlass besteht, etwa weil bereits das Vorbringen in der Antragsbegründung ohne weiteres deren Erfolglosigkeit ergibt. Vor einer durch das Berufungsgericht selbst veranlassten Anhörung dürften daher die Kostenbelastungen der übrigen Verfahrensbeteiligten für die Beauftragung schon grundsätzlich keine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen i.S. von § 162 Abs. 1 VwGO darstellen. Davon ist erst Recht auszugehen, wenn die Bevollmächtigten der in erster Instanz obsiegenden Partei gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof lediglich ihre Bestellung mitgeteilt und – wie hier – einen Ablehnungsantrag gestellt haben, ohne dass bereits eine Zulassungsbegründung des Rechtsmittelführers existiert. Denn aufgrund der Obliegenheit im Berufungszulassungsverfahren, einen konkreten Zulassungsgrund i.S. von § 124 Abs. 2 VwGO gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 geltend zu machen und dessen Voraussetzungen hinreichend substanziiert darzulegen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.6.2017 – 15 ZB 16.2504 – juris Rn. 7 m.w.N.), dürfte eine Beteiligung des gegnerischen Rechtsanwalts zu einem Zeitpunkt, in dem zur Begründung des Rechtsmittels noch nichts vorgebracht wurde, die Erörterung des Streitstoffs für die Entscheidungsfindung noch nicht wirklich fördern können (für das Berufungszulassungsverfahren in vergleichbaren Konstellationen vgl. ThürOVG, B.v. 17.2.2015 – 4 VO 673/12 – LKV 2016, 380 = juris Rn. 12 f.; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 18.11.2008 – 1 O 147/08 – juris Rn. 4 f.; B.v. 17.9.2010 – 1 O 132/10 – juris Rn. 4 f.; B.v. 22.9.2010 – 1 O 128/10 – juris Rn. 4 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 162 Rn. 3; ebenso für den Fall einer zur Fristwahrung eingelegten Berufung: BayVGH, B.v. 8.2.1993 – 6 C 92.3331 – juris; für die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten auf der Beigeladenseite vgl. BayVGH, B.v. 27.10.1998 – 14 CS 98.2850 – BayVBl. 1999, 507 = juris Rn. 2; a.A.: Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 162 Rn. 46; a.A. für den Fall der fristwahrenden Berufungseinlegung im Zivilprozessrecht in Anwendung von § 91 ZPO: BGH, B.v. 17.12.2002 – X ZB 9/02 – NJW 2003, 756 – juris Rn. 8 ff.; a.A. für den Fall einer zur Fristwahrung eingelegten Berufung: BayVGH, B.v. 12.11.1985 – 6 C 85 A.1556 u.a. – BayVBl. 1986, 317; B.v. 28.5.1982 – 4 C 81 A.602 – NJW 1982, 2394 f.; offenlassend in einer Sonderkonstellation BayVGH, B.v. 12.4.2001 – 4 C 01.768 – juris Rn. 2 f.; differenzierend NdsOVG, B.v. 8.8.2001 – 1 OA 2021/01 – NVwZ-RR 2002, 467 = juris Rn. 4 ff.).

Nach Ansicht des Senats sind unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass jeder Beteiligte aus dem prozessrechtlichen Verhältnis heraus verpflichtet ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.2014 – 9 KSt 6.14 u.a. – NVwZ-RR 2014, 982 = juris Rn. 3 m.w.N.), sowie unter Berücksichtigung aller Umstände des hier gegebenen Einzelfalls die Kosten der Beklagten für die frühzeitige Heranziehung eines Rechtsanwalts im Berufungszulassungsverfahren jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung nicht gem. § 161 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO erstattungsfähig: Der Zurückweisungsantrag der Bevollmächtigten der Beklagten (Schriftsatz vom 17. Juli 2017) erfolgte deutlich vor der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. August 2017 erklärten Rücknahme des Zulassungsantrags und sogar drei Wochen vor Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist am 8. August 2017 (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ohne dass der Zulassungsantrag bereits vorher tatsächlich von der Klägerin begründet worden war. Weder sind vorliegend besondere Umstände ersichtlich, die eine besondere Eilbedürftigkeit und damit die Notwendigkeit einer vorbeugenden „Schutzschrift“ durch einen Anwalt begründen könnten, noch hat der Verwaltungsgerichtshof der Beklagten Anlass gegeben, sich frühzeitig zu äußern und sich hierfür eines Rechtsanwalts zu bedienen (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 17.1.1995 – 4 B 1.95 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 29 = juris Rn. 9; ThürOVG, B.v. 17.2.2015 a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 18.11.2008 a.a.O.; B.v. 17.9.2010 a.a.O.; B.v. 22.9.2010 a.a.O.; für den Fall einer zur Fristwahrung eingelegten Berufung vgl. BayVGH, B.v. 8.2.1993 – 6 C 92.3331 – juris). Im Gegenteil: Der Verwaltungsgerichtshof hat der Beklagten mit der Mitteilung, dass gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurde, nicht anheimgestellt, sich bereits frühzeitig – vor der Antragsbegründung – zur Sache zu äußern (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.1993 – 6 C 92.3331 – juris), sondern hat vielmehr nach Eingang des Zulassungsantrags die Beklagte mit Schreiben der Geschäftsstelle vom 11. Juli 2017 gebeten, binnen acht Wochen nach Zuleitung der Begründung des Zulassungsantrags Stellung zu nehmen. Es ist damit von Gerichtsseite zum Ausdruck gebracht worden, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Erfordernis für konkrete Prozessmaßnahmen auf Beklagtenseite bestand, sondern dass hierfür zunächst die Begründung abgewartet werden könne. Zudem hatten die Bevollmächtigten der Beklagten schon aufgrund des Mitteilungsschreiben der Klägerbevollmächtigten vom 4. Juli 2017 Kenntnis davon, dass die Klägerin den Zulassungsantrag zunächst nur fristwahrend gestellt hatte, zumal in diesem Schreiben die Beklagtenbevollmächtigten ausdrücklich darum gebeten wurden, sich zur Vermeidung etwaig anfallender Gebühren vorläufig noch nicht für das weitere Verfahren zu beteiligen. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestand aus Sicht der Beklagten jedenfalls im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit, in diesem frühzeitigen Stadium des Berufungszulassungsverfahrens in die Prozessvorbereitung zur Vorbereitung einer Stellungnahme unter Zuhilfenahme eines Anwalts einzutreten (ebenso bei vergleichbarer Fallgestaltung ThürOVG, B.v. 17.2.2015 a.a.O.).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.

(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Beschwerdewert wird auf

3.135,65 €

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die beklagte Aktiengesellschaft hielt am 12. Juni 2008 eine Hauptversammlung ab, in der mehrere Beschlüsse gefasst und unter dem Tagesordnungspunkt 6 auch Vertreter der Aktionäre in den Aufsichtsrat gewählt wurden. In der Folge erhoben mehrere Aktionäre jeweils selbständig Anfechtungsklagen zum Landgericht Frankenthal (Pfalz) mit dem Begehren, die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der in der Hauptversammlung zu dem Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlüsse bzw. auch der weiteren in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse festzustellen.

2

Im Einzelnen handelte es sich um die Klageverfahren:

3

- 2 HKO 79/08 AktG, Klägerin J. B.-GmbH

- 2 HKO 80/08 AktG, Klägerin S., C.

- 2 HKO 83/08 AktG, Klägerin T. B.-AG

- 2 HKO 84/08 AktG, Kläger Z., P.

- 2 HKO 85/08 AktG, Kläger Z., K.

- 2 HKO 86/08 AktG, Klägerin P. R. GmbH

- 2 HKO 90/08 AktG, Klägerin U. GmbH.

4

Die Verfahren 2 HKO 79/08 AktG, 2 HKO 80/08 AktG, 2 HKO 83/08 AktG und 2 HKO 90/08 AktG hatten allein die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des in der Hauptversammlung zu dem Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlusses zum Gegenstand, die Verfahren 2 HKO 84/08 AktG, 2 HKO 85/08 AktG und 2 HKO 86/08 AktG die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit aller in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse.

5

Unter dem Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens hat u. a. die S. AG mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30. Juli 2008 den Streitbeitritt auf Klägerseite "in dem Rechtsstreit diverser Aktionäre gegen [die Beklagte]“ erklärt.

6

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2008 hat die Beklagte unter Angabe der Aktenzeichen 2 HKO 79/08 AktG, 2 HKO 80/08 AktG, 2 HKO 83/08 AktG, 2 HKO 84/08 AktG, 2 HKO 85/08 AktG und 2 HKO 86/08 AktG den Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung zum Tagesordnungspunkt 6 anerkannt. Die Vorsitzende der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat daraufhin am 20. August 2008 sowohl in vorliegender Sache als auch in den weiteren Verfahren 2 HKO 80/08 AktG, 2 HKO 83/08 AktG und 2 HKO 90/08 AktG Anerkenntnisurteile ohne mündliche Verhandlung erlassen, mit denen die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 12. Juni 2008 zum Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlüsse für nichtig erklärt wurden. Im jeweiligen Urteilskopf der Erkenntnisse sind die (unterschiedlichen) Kläger und die Beklagte sowie die Streithelfer der Parteien entsprechend dem Beschlusseingang in vorliegender Sache aufgeführt. In Ziffer 2 des jeweiligen Urteilstenors sind der Beklagten „die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelfer auf Klägerseite“ auferlegt worden. Die Anerkenntnisurteile sind in Rechtskraft erwachsen.

7

Die Streithelferin S. AG hat in vorliegender Sache und in den drei weiteren durch Anerkenntnisurteil beendeten Verfahren die Festsetzung ihr entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 3 135,65 € gegen die Beklagte beantragt. Dazu hat sie den Standpunkt eingenommen, dass jedes der Beschlussanfechtungsverfahren eine eigene Angelegenheit im Sinne des RVG darstelle und deswegen, nachdem das Landgericht die Klagen nicht verbunden habe, die Anwaltsgebühren in jedem Verfahren gesondert zu erstatten seien.

8

Die Beklagte ist der mehrfachen Festsetzung von Kosten entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, dass die Streithelferin der Klägerin die Gebühren ihrer Prozessbevollmächtigten nur einmal erstattet verlangen könne, weil das Prozessgericht die Anfechtungsklagen nach § 246 Abs. 3 S. 5 AktG zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung hätte verbinden müssen. Weiterhin hat sie geltend gemacht, dass eine zur Erstattung angemeldete Terminsgebühr nicht angefallen sei.

9

Durch den angefochtenen Beschluss vom 25. November 2008 hat der Rechtspfleger den für das vorliegende Verfahren verlangten Erstattungsbetrag antragsgemäß zugunsten der Streithelferin S. AG festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass es für die Kostenfestsetzung unerheblich sei, ob die Klagen zu verbinden gewesen wären, da tatsächlich eine Verbindung nicht erfolgt sei. Die Terminsgebühr sei gemäß der Anmerkung Abs. I Nr. 1. zu Nr. 3104 VV RVG angefallen.

10

Mit ihrer dagegen gerichteten "Erinnerung" erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung des Kostenfestsetzungsantrags der Streithelferin S. AG für das vorliegende Verfahren.

11

Zur Begründung des Rechtsmittels macht sie geltend:

12

Der Nebenintervenientin S. AG sei bereits für ihre Beteiligung in dem Parallelverfahren 2 HKO 90/08 AktG (U. GmbH ./. K. AG), durch (unangefochten gebliebenen) Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. November 2008 eine Kostenerstattung in Höhe von 3 135,65 € zuerkannt worden. Eine weitergehende Kostenerstattung könne nicht beansprucht werden, da sämtliche Klageverfahren nach § 246 Abs. 3 S. 5 AktG zwingend hätten verbunden werden müssen. Dass diese Verbindung entgegen gesetzlicher Vorschrift unterblieben sei, dürfe für das Kostenfestsetzungsverfahren keine Rolle spielen und nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Der Streithelferin der Klägerin stehe für alle Anfechtungsprozesse insgesamt nur einmal Kostenerstattung zu. Immerhin sei es auch das verlautbarte Ziel des Gesetzesentwurfs des Bundesministeriums der Justiz zu dem geplanten ARUG, dem "Geschäftsmodell der klagefreudigen Aktionäre, ... die mit ihren Klagen lediglich persönliche wirtschaftliche Vorteile suchen, ..." entgegenzuwirken. Dieser Bestrebung müsse auch im Kostenfestsetzungsverfahren zum Durchbruch verholfen werden.

13

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und es als sofortige Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

14

Die "Erinnerung" gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers stellt sich gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO als sofortige Beschwerde dar. Als solche ist das Rechtsmittel zulässig. Es ist insbesondere frist- und formgerecht (§ 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) eingelegt worden, übersteigt den Beschwerdewert (§ 567 Abs. 2 ZPO) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei. Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der gemäß § 568 Satz. 2 ZPO vorgesehenen Besetzung.

15

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann im formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren nicht korrigiert werden, dass das erkennende Gericht entgegen § 246 Abs.3 Satz 5 AktG die aktienrechtlichen Anfechtungsklagen nicht verbunden hat. Die Kostenfestsetzung stellt lediglich ein Verfahren dar, mit dem die Kostengrundentscheidung der Höhe nach ergänzt, d. h. betragsmäßig beziffert wird (vgl. MünchKomm/Giebel, ZPO, 3. Aufl., § 104, Rdnr. 55). Der Rechtspfleger und das im Instanzenzug an seine Stelle tretende Beschwerdegericht sind dabei an die ergangene Kostengrundentscheidung gebunden, selbst wenn diese unrichtig oder unzulässig ist (vgl. MünchKomm/Giebel, aaO; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 104, Rdnr. 21, Stichwort: "Bindung", jew.m.w.N.). Die Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat die Anfechtungsprozesse, in denen die Streithelferin beigetreten war, nicht verbunden, sondern jeweils gesondert durch Anerkenntnisurteil entschieden. Im Eingang des Anerkenntnisurteils in vorliegender Sache vom 20. August 2008 (Bl. 43 d.A.) ist die Antragstellerin als Streithelferin der Klägerin aufgeführt und in der Urteilsformel sind unter Ziffer 2 der Beklagten "die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelfer auf Klägerseite" auferlegt. Dieser Ausspruch über die Verpflichtung zur Kostentragung kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht durch die damit befassten Organe überprüft werden (vgl. MünchKomm/Giebel, aaO; OLG Düsseldorf, RPfleger 2005, 55, 56; OLG Bamberg, JurBüro 1983, Spalte 130 und JurBüro 1986, Spalte 219; OLG Nürnberg, JurBüro 1995, 593, 594; OLG Zweibrücken, JurBüro 1986, Spalte 1573; KG, Beschluss vom 25. Februar 2008, – 2 W 152/07 – zitiert nach juris, Rdnr. 7). Den Einwand, dass die Anfechtungsklagen hätten verbunden werden müssen, kann die Beklagte sonach im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr geltend machen; dies hätte im Erkenntnisverfahren geschehen müssen (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1983, Spalte 130; OLG Stuttgart, RPfl 2001, 617).

16

Die unterbliebene Verbindung der Beschlussanfechtungsprozesse durch das Gericht der Hauptsache kann im Verfahren über die Festsetzung der darin jeweils angefallenen Rechtsanwaltskosten auch nicht im Nachhinein mit der Begründung korrigiert werden, dass die nunmehr zur Erstattung angemeldeten zusätzlichen Kosten nicht "notwendig" i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen seien (so zu Recht OLG Bamberg, JurBüro 1983 aaO; OLG Hamm JurBüro 1981, Spalte 448; differenzierend: OLG Stuttgart RPfl. 2001, 617; KG NJOZ 2006, 4239; kritisch insb. auch Mümmler, JurBüro 1983, Spalte 131). Dies gilt jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall der Erstattung der Kosten der Streithelferin, da diese – anders als etwa ein Kläger, der missbräuchlich einen einheitlichen Anspruch in getrennten Prozessen geltend macht – es nicht in der Hand hatte, von vornherein einem einheitlichen Anfechtungsverfahren beizutreten.

17

Der Umstand, dass die Bundesregierung (weitere) gesetzliche „Maßnahmen gegen missbräuchliche Aktionärsklagen“ auf den Gesetzgebungsweg bringen will, führt de lege lata nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

18

Dem Erstattungsverlangen stehen, auch wenn der Senat für den Standpunkt der Beklagten unter Billigkeitserwägungen durchaus Verständnis hat, schließlich weder die Grundsätze von Treu und Glauben und das Schikaneverbot (§§ 242, 226 BGB) noch der Einwand einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) entgegen. Zum einen ist die Antragstellerin selbst rechtlich begründeten Honorarforderungen ihrer Prozessbevollmächtigten für die Vertretung in den vom Gericht getrennt geführten und abgeschlossenen Anfechtungsprozessen ausgesetzt. Zum anderen stellt das Ausnutzen einer formalen Rechtsposition für sich allein noch kein sittenwidriges Verhalten dar (vgl. Staudinger/Oechsler, BGB, Bearb. 2003, § 826, Rdnrn. 18, 503 ff. m.w.N.); besondere Umstände, die es im vorliegenden Fall rechtfertigen würden, unter Durchbrechung der Rechtskraft der Kostengrundentscheidung die formell berechtigte Kostenfestsetzung abzulehnen, liegen nicht vor. Die Streithelferin der Klägerin hatte keinen Einfluss auf die unterbliebene Verbindung der Anfechtungsprozesse. Es ist daher mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht schlechthin unvereinbar, dass sie als Gläubigerin der sie begünstigenden Kostengrundentscheidung(en) ihre Rechtsstellung zu Lasten der Beklagten ausnutzt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch BGH NJW 2005, 2991, 2993 f. m.w.N.).

19

Dass die von der Streithelferin angemeldeten und antragsgemäß festgesetzten Rechtsanwaltsgebühren ansonsten zutreffend berechnet sind, stellt die Beklagte im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Abrede.

III.

20

Die Kosten ihres sonach unbegründeten Rechtsmittels hat die Beklagte nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der Beschwerdewert entspricht dem Betrag der durch den Rechtspfleger zur Erstattung festgesetzten Kosten.

IV.

21

Der Senat lässt nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde zu, da die Rechtsfrage betreffend die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten infolge gesetzwidrig unterbliebener Prozessverbindung bei aktienrechtlichen Beschlussanfechtungsklagen – soweit ersichtlich - bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Rechtsfrage hat auch grundsätzliche Bedeutung, da sie in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann; dem Senat liegen derzeit sechs weitere im Tatsächlichen und Rechtlichen gleichgelagerte Beschwerden der Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens vor.

Tenor

I.

Die Verfahren M 8 M 15.3136, M 8 M 15.3139, M 8 M 15.3142, M 8 M 15.3144, M 8 M 3146, M 8 M 15.3148 und M 8 M 15.3151 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Erinnerungen werden zurückgewiesen.

III.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Urkundsbeamtin des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. Juli 2015 bzw. vom 7. Juli 2015 (M 8 M 15.3144).

Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 beantragte die Beklagte

die Anwaltskosten dahingehend zu korrigieren, wie sie bei gemeinsamer Klage der WEG und sechs Sondereigentümer dieser WEG in Klagehäufung angefallen wären, nämlich erhöhte Verfahrensgebühr aus Nr. 3100, 1008 VV RVG, Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG.

Zur Begründung wurde ausgeführt, in den oben genannten Verfahren seien für die WEG und sechs Sondereigentümer dieser WEG gesonderte Klagen eingereicht und diese auch mit eigenen Aktenzeichen und Urteilen als solche weiter behandelt worden. Die Verfahren der WEG und der sechs Sondereigentümer dieser WEG teilten die Lage und das rechtliche Schicksal der angegriffenen Baugenehmigung, wie sich auch aus den einheitlichen Urteilen ergebe. Insoweit rechtfertige die Tatsache, dass bei Klageeinreichung der weitere Gang des Verfahrens infolge unterschiedlicher Situierung des Sondereigentums noch nicht absehbar sei, kein anderes Ergebnis. Eine Abweisung wegen (teilweiser) Unzulässigkeit sei unabhängig davon, ob einzelne Klageverfahren oder eine Klagehäufung vorliege, immer möglich. Dies müsse jedenfalls bei der Kostenentscheidung einfließen.

Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf die kostengünstigste Erledigung habe bzw. dass jede Prozesspartei ihre Kosten so niedrig zu halten habe, wie sich dies mit der Wahrung ihrer Interessen vereinbaren lasse. Die Antragstellerin verwies auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2010, Az.: V ZB 153/09, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liege. Auch im vorliegenden Fall sei eine gesonderte Klageeinreichung zur gebotenen Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen. Dasselbe Ziel und Ergebnis sei auch durch Klagehäufung erreichbar gewesen.

Mit Schreiben vom 6. August 2015 führte die Antragstellerin weiter aus, die Ausführungen in den Nichtabhilfeentscheidungen hinsichtlich der Gerichtskosten beruhten auf einer rein formalen Betrachtungsweise. Diese habe aber zur Folge, dass letztlich das Gericht bei Vergabe der Aktenzeichen darüber entscheide, ob in sieben völlig gleichlaufenden Verfahren mit inhaltsgleichen Urteilen jeweils einmal Gerichtskosten oder aber die siebenfache Summe anfalle. Auch zu einem späteren Zeitpunkt hätte eine Verbindung über Augenschein und mündliche Verhandlung hinaus zur gemeinsamen Entscheidung erfolgen können, weil hier der Gleichlauf absehbar gewesen sei. Letztlich sei dies aus Sicht der Antragstellerin aber nicht entscheidend, weil jedenfalls eine entsprechende kostenrechtliche Gleichstellung erfolgen könne und müsse. Dies folge schon daraus, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf kostengünstigste Erledigung habe.

Die Bevollmächtigten der Kläger des Ausgangsverfahrens haben sich im Erinnerungsverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

1. Da das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO ein von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren darstellt, hat das Gericht über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung zu entscheiden, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BayVGH, B. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426, NVwZ-RR 2007, 497 - juris Rn. 18; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 165 Rn. 3).

Nachdem die Kostengrundentscheidungen durch das Bayerische Verwaltungsgericht München in den Urteilen vom 15. Juni 2015 (M 8 K 13.3480-85, M 8 K 13.3533) in der Kammerbesetzung getroffen worden sind, hat über die Kostenerinnerungen die Kammer zu entscheiden.

2. Der gemäß §§ 165, 151 VwGO statthafte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Kostenerinnerung) ist zulässig, aber unbegründet, da die Urkundsbeamtin die Kosten in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 7. Juli 2015 bzw. 8. Juli 2015

zutreffend festgesetzt hat. Insbesondere hat sie zu Recht für jedes Verfahren jeweils eine gesonderte Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (1,3 Verfahrensgebühr) und eine Terminsgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (1,2 Terminsgebühr) jeweils aus einem Streitwert von 7.500,-- EUR angesetzt.

3. Im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 164 VwGO werden auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung nach den §§ 154 ff. VwGO auf Antrag die zu erstattenden Kosten festgesetzt. Erstattungsfähig sind nach § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beteiligten. Der Höhe nach sind gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Falle der Zuziehung eines Rechtsanwaltes Aufwendungen im Umfang der gesetzlichen Gebühren und Auslagen notwendig. Maßstab für die Notwendigkeit der Aufwendungen sind die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).

Im vorliegenden Fall macht die Antragstellerin geltend, es hätte eine erhöhte Verfahrensgebühr aus Nr. 3100, 1008 VV RVG - wie im Falle einer Klagehäufung - und nur eine Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG festgesetzt werden dürfen, da das Gericht zu Unrecht von der Verbindung der zusammenhängenden Hauptsacheverfahren abgesehen habe.

Die Antragstellerin kann mit diesem Vorbringen aus mehreren Gründen keinen Erfolg haben.

3.1 Das Kostenfestsetzungsverfahren stellt ein formalisiertes Nebenverfahren dar, das von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängig ist. In dem Kostenfestsetzungsverfahren wird die Kostengrundentscheidung des Hauptsacheverfahrens lediglich betragsmäßig beziffert. Daraus folgt, dass das Gericht ebenso wie der Urkundsbeamte an die im Hauptsacheverfahren ergangene Kostenlastentscheidung und die Festsetzung des Streitwertes gebunden ist (Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 165 Rn. 8; vgl. auch zu § 11 Abs. 1 RPflG OLG Zweibrücken, B. v. 9.2.2009 - 4 W 98/08 - juris).

Das Gericht hat vorliegend in den vorausgegangenen Hauptsacheverfahren jeweils gesonderte Kostengrundentscheidungen getroffen, die der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegen. Der Einwand der Antragstellerin, das Gericht hätte sämtliche Verfahren zu einem Verfahren verbinden und eine einheitliche Kostengrundentscheidung treffen sollen, richtet sich gegen die Kostengrundentscheidung selbst, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft bzw. korrigiert werden kann (vgl. OLG Zweibrücken, B. v. 9.2.2009 - 4 W 98/08 - juris Rn. 15).

3.2 Auch wenn es vorliegend darauf nicht mehr ankommt, ist hier festzustellen, dass das Gericht ermessensfehlerfrei von der Verbindung der Verfahren nach § 93 VwGO abgesehen hat.

Die Vorschrift des § 93 VwGO stellt die Entscheidung über die Trennung und Verbindung der Verfahren in das Ermessen des Gerichts. Dabei stellen Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - keine verbindlichen Ermessensleitlinien dar, so dass Kostenbelastungen für die Beteiligten, die sich gebührenrechtlich als Folge einer unterlassenen Verbindung ergeben können, nicht berücksichtigt werden müssen (BVerwG, B. v. 29.1.1998 - 8 B 2/98, Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 17; BVerfG, B. v. 27.3.1980 - 2 BvR 316/80, BVerfGE 54, 39, 41 - juris Rn. 4; Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 28. EL, § 93 Rn. 11; Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 93 Rn. 3; vgl. auch hinsichtlich der Trennung nach § 93 VwGO OVG NRW, B. v. 25.11.2010 - 9 E 1187/10 - juris Rn. 12 f.).

Nichts anderes folgt aus der seitens der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH vom 8.7.2010 - V ZB 153/09 - juris). Die Entscheidung betrifft die Verbindung mehrerer Anfechtungsklagen gegen die Wohnungseigentümerbeschlüsse nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Nach § 47 WEG müssen mehrere Verfahren beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen miteinander verbunden werden. Es handelt sich dabei um eine Sonderregelung des Wohnungseigentumsrechts, die den Gerichten bei der Entscheidung über die Verfahrensverbindung keinerlei Ermessensspielraum lässt. Die Verbindung mehrerer Verwaltungsstreitverfahren erfolgt dagegen ausschließlich nach Maßgabe des § 93 VwGO, der die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts stellt, weshalb die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung vorliegend nicht einschlägig ist.

Bei der Klage der WEG als Verfügungsberechtigte über das Gemeinschaftseigentum und der der einzelnen Sondereigentümer handelt es sich - anders als bei einer Klage von Miteigentümern eines Grundstücks - nicht um identische Verfahren, die nur einheitlich entschieden werden können. Vielmehr ist es möglich, dass bei einem Kläger eine Rechtsverletzung gegeben ist, bei dem anderen aber nicht (vgl. VG München, B. v. 15.5.2012 - M 8 K 12.2103). Auch die Frage der Rechtsverletzung des einzelnen Nachbarn durch einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme - insbesondere durch eine unzumutbare Lärmbelastung - muss für jeden einzelnen Sondereigentümer gesondert geprüft und beantwortet werden, da im Einzelfall die konkrete Lage der Wohneinheiten eine entscheidende Rolle spielen kann. Daher war ein unterschiedlicher Verfahrensausgang möglich und konnte auch eine unterschiedliche Verfahrensfortsetzung nicht ausgeschlossen werden (vgl. BFH, B. v. 22.6.2007 - III E 1/07 zu § 73 FGO). Die Entscheidung über die Verbindung der Verfahren setzt in einem solchen Fall eine umfassende rechtliche Prüfung voraus, die mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist und in einem frühen Verfahrensstadium anhand in der Regel gar nicht möglich ist, da insbesondere im Zeitpunkt des Eingangs der Klagen dem Gericht noch keine notwendigen Unterlagen vorliegen. Auch eine spätere Verbindung der Verfahren erscheint aus Gründen der Übersichtlichkeit und Organisation nicht sinnvoll, da sich die Entscheidung - selbst bei identischer Tenorierung in sämtlichen Verfahren - auf völlig unterschiedlichen Begründungsansätzen gründen kann.

Allein aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ist das Gericht - wie bereits oben ausgeführt - nicht gehalten, eine Verbindung der Verfahren zu beschließen.

3.3 Schließlich ist anzumerken, dass eine Verbindung der Verfahren nach der mündlichen Verhandlung zu einer gemeinsamen Entscheidung auf die Höhe der Terminsgebühr für die anwaltliche Vertretung ohne Einfluss geblieben wäre. Die Höhe der Terminsgebühr richtet sich nach dem Wert des Gegenstandes, auf den sich der Verhandlungstermin bezog. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Gebührentatbestand erfüllt wird und die Gebühr damit entsteht (BayVGH, B. v. 17.4.2007 - 4 C 07.659 - juris; Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl. 2006, Rn. 4 zu § 22); eine nachträgliche Veränderung des Wertes lässt die einmal verdiente Gebühr weder ganz noch teilweise entfallen. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alternative 1 zu Teil 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr „für die Vertretung in einem Verhandlungstermin“. Es genügt mithin, dass der Verhandlungstermin stattfindet und der Rechtsanwalt diesen Termin in dem Sinne wahrnimmt, dass er vertretungsbereit anwesend ist (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a. a. O., Rn. 29, 55 ff. zu Vorb. 3 VV, m. w. N.). Beide Voraussetzungen waren schon mit Aufruf der Sachen erfüllt, so dass die Terminsgebühr entstanden war (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2007 - 4 C 07.659 - juris Rn. 4). Eine spätere Verfahrensverbindung würde daran nichts mehr ändern.

4. Nach alldem waren die Erinnerungen der Antragstellerin mit Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Eine Gerichtsgebühr wird, da das Verfahren nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) gerichtskostenfrei ist, im erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren nicht erhoben, so dass eine Streitwertfestsetzung entbehrlich ist.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

(1) Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal.

(2) Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre; die Dokumentenpauschale nach Nummer 7000 des Vergütungsverzeichnisses schuldet er auch insoweit, wie diese nur durch die Unterrichtung mehrerer Auftraggeber entstanden ist. Der Rechtsanwalt kann aber insgesamt nicht mehr als die nach Absatz 1 berechneten Gebühren und die insgesamt entstandenen Auslagen fordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 73/10
Verkündet am:
21. Juni 2011
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG kann auch vorliegen
, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt an unterschiedlichen
Tagen beauftragen.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - LG Berlin
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 6. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die
Richter Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 9. März 2010 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger je zur Hälfte.

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Freistellung von einem Teil der Rechtsanwaltsgebühren, welche im Zusammenhang mit Abmahnungen wegen eines Artikels entstanden sind, der in der BILD-München-Ausgabe der von der Beklagten verlegten Zeitung am 4. Februar 2009 veröffentlicht wurde. In diesem wurde u.a. wahrheitswidrig behauptet, die Kläger seien gemeinsam zu einer Party erschienen und der Kläger zu 1 habe auf Nachfrage bestätigt, er sei mit der Klägerin zu 2 zusammen.
2
Die Beklagte gab am 18. Februar 2009 gegenüber beiden Klägern strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab, nachdem sie hierzu durch die Prozessbevollmächtigten der Kläger mit zwei getrennten Schreiben vom 16. Februar 2009 aufgefordert worden war. Mit getrennten Schreiben vom 24. Februar 2009 nahmen die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten , die Unterlassungserklärungen an und forderten die Beklagte zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten auf der Grundlage eines Streitwertes von jeweils 20.000 € in Höhe von insgesamt 2.046,32 € brutto auf. Die Beklagte zahlte unter Zugrundelegung eines einheitlichen Gebührenstreitwerts von 40.000 € lediglich insgesamt 1.419,19 €.
3
Das Amtsgericht hat der auf den Differenzbetrag gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen, weil höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, ob getrennt erfolgte Abmahnungen für mehrere Anspruchsteller eine Angelegenheit im Sinne von §§ 7, 15 RVG darstellen können.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht den Klägern der geltend gemachte weitere Schadensersatzanspruch aus §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB, §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen handle es sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bei den von den Klägern verfolgten Unterlassungsansprüchen um eine Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG. Bei der erforderlichen einzelfallbezogenen Betrachtung sei davon auszugehen, dass die geltend gemachten Ansprüche einer einheitlichen Bearbeitung zugänglich gewesen seien. Beide Abmahnschreiben rührten vom selben Datum her und die Schreiben stimmten in der Zielrichtung überein und seien aufgrund eines einheitlichen Anlasses von derselben Rechtsanwältin ge- fertigt worden. Beide Kläger seien durch die beanstandete Bild- und Textberichterstattung in gleicher Weise in ihrem Recht am eigenen Bild und ihrer Privatsphäre beeinträchtigt und verfolgten auch das gleiche Ziel bezüglich der Abwehr der Berichterstattung. Sie seien über den streitgegenständlichen Beitrag als vermeintliches Liebespaar "zusammengeschweißt". Es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass eine einheitliche Bearbeitung im konkreten Fall nicht erfolgt sei bzw. nicht hätte erfolgen können. Allein der Umstand, dass der Klägerin zu 2 in dem Artikel zusätzlich eine weitere Affäre unterstellt worden sei, lasse nicht auf eine getrennte Bearbeitung der Ansprüche schließen.

II.

5
Die angefochtene Entscheidung hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
6
Nach den vom erkennenden Senat - teilweise nach Erlass des Berufungsurteils - entwickelten Grundsätzen steht den Klägern über den von der Beklagten bereits gezahlten Betrag hinaus kein Freistellungsanspruch wegen Rechtsanwaltskosten zu, weil es sich bei den in getrennten Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten erfolgten Abmahnungen um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG gehandelt hat und den Prozessbevollmächtigten der Kläger ihnen gegenüber kein weiterer Anspruch zusteht.
7
1. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269 Rn. 18; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, NJW 2010, 3035 Rn. 13; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037 Rn. 12; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 14; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, NJW 2011, 784 Rn. 10; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184 Rn. 6, jeweils mwN).
8
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06, VersR 2008, 413 Rn. 17; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO, Rn. 20; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 14; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO, Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO, Rn. 15; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO, Rn. 7).
9
3. Die für die Höhe des Anspruchs des Prozessbevollmächtigten im Innenverhältnis maßgebliche Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 16; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO, Rn. 17; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO, Rn. 16; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO, Rn. 13; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO, Rn. 8).
10
a) Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammen gehören (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO, Rn. 23 ff.; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 16, jeweils mwN; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO).
11
b) Der erkennende Senat hat weiter entschieden, der Annahme einer Angelegenheit stehe nicht entgegen, dass der Anwalt mehrere Geschädigte vertreten soll. Ein einheitlicher Auftrag kann nämlich auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird, wobei gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden muss, ob der Anwalt für die verschiedenen Auftraggeber gemeinsam oder für jeden von ihnen gesondert tätig werden sollte (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 17 f.; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO Rn. 18; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO, Rn. 14). Die Annahme derselben Angelegenheit kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Schädiger eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen ist und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben. Dies wurde insbesondere bejaht, wenn die Unterlassungsansprüche die gleiche Berichterstattung betrafen (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO).
12
4. Nach diesen Grundsätzen begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts , das Tätigwerden der von den Klägern getrennt beauftragten Prozessbevollmächtigten betreffe dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG, unter den Umständen des Streitfalls im Ergebnis keinen Bedenken.
13
a) Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen , dass zwischen den für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die beiden Abmahnschreiben wurden unter demselben Datum von derselben Rechtsanwältin gefertigt. Sie betrafen dieselbe Veröffentlichung und stimmten in ihrer Zielrichtung, nämlich jeweils der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, überein. Demgemäß hatten die Abmahnschreiben einen weitgehend identischen Inhalt. In das Abmahnschreiben hinsichtlich der Klägerin zu 2 wurde im Vergleich zum Abmahnschreiben bezüglich des Klägers zu 1 nur zusätzlich eine Abmahnung hinsichtlich der in dem Bericht behaupteten weiteren Affäre der Klägerin zu 2 aufgenommen. Dies steht der Annahme derselben Angelegenheit nicht entgegen, zumal nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden kann, dass insoweit eine eigenständige zusätzliche Prüfung stattgefunden hat oder hätte stattfinden müssen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass den Klägern jeweils eigene höchstpersönliche Unterlassungsansprüche zustehen. Nach der Rechtsprechung kann eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfassen. Demgemäß können auch mehrere Aufträge verschiedener Auftraggeber dieselbe Angelegenheit betreffen, obwohl sie verschiedene Gegenstände zum Inhalt haben (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. November 1983 - III ZR 193/82, JurBüro 1984, 537, 538 mwN; BVerfG, NJW-RR 2001, 139).
14
b) Die Revision macht allerdings geltend, die Feststellungen des Berufungsgerichts reichten nicht dafür aus, trotz der erfolgten getrennten Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten der Kläger den für die Annahme derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG erforderlichen einheitlichen Auftrag anzunehmen. Mit diesem Vorbringen hat sie indes keinen Erfolg. Der für ihre Auffassung angeführte eigene Vortrag der Kläger stellt die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ein einheitlicher Auftrag vorliegt, nicht in Frage. Danach haben die Kläger zwar zwei verschiedene Prozessaufträge an unterschiedlichen Tagen erteilt. Beide Aufträge sind aber auf ein Tätigwerden der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten zurückzuführen. Der Kläger zu 1 hatte einen ihm bekannten Rechtsanwalt der Kanzlei wegen der vergleichbaren Berichterstattung in der B.Z. vom 1. Februar 2009 angerufen und den Auftrag erteilt, gegen diese Berichterstattung vorzugehen. Er hatte darauf hingewiesen, dass er die Klägerin zu 2 kaum kenne und nicht mit ihr in Begleitung zu einer Party erschienen sei. Diese Aussage wollte der Rechtsanwalt mittels der Aussage der Klägerin zu 2 verifizieren. Nachdem der Kläger zu 1 über einen Bekannten die Telefonnummer der Klägerin zu 2 ermittelt hatte, befragte der Rechtsanwalt die Klägerin zu 2 telefonisch zu dem Sachverhalt. Diese bestätigte die Angaben des Klägers zu 1, bat die Kanzlei, auch ihren Fall gegen die B.Z. zu übernehmen und mandatierte die Kanzlei im Rahmen des Telefonats (zunächst mündlich), gegen die Berichterstattung in BILD-München vorzugehen. In einem zeitlich versetzten weiteren Telefonat des Rechtsanwalts mit dem Kläger zu 1 beauftragte dieser dann die Kanzlei, auch gegen die hier streitgegenständliche BILD-München-Berichterstattung vorzugehen, die ihm aufgrund eines Hinweises des Rechtsanwalts bekannt geworden war. Auch wenn formal zwei Aufträge vorliegen, handelt es sich unter diesen Umständen im gebührenrechtlichen Sinne um ein gemeinsames Vorgehen der Kläger. Der Umstand, dass sich diese vor der Berichterstattung nicht gekannt haben wollen, ist insoweit ohne Bedeutung. Dies gilt auch, soweit sich die Kläger auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht aus § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO berufen, zumal sie im jetzigen Verfahren gemeinsam klagen. Auch der Umstand, dass die Bevollmächtigungen nacheinander erfolgten, steht der Annahme derselben Angelegenheit nicht entgegen. Eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird (vgl. Senatsurteil vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 22; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 15 Rn. 7; AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl., § 15 Rn. 24).
15
5. Nach den vorstehenden Ausführungen liegt eine anwaltliche Tätigkeit in derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG vor, weil von einem einheitlichen Auftrag sowie einem einheitlichen Rahmen und inneren Zusammenhang der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen ist. Demgemäß ist die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zurückzuweisen.
16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 29.10.2009 - 18 C 111/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 09.03.2010 - 27 S 26/09 -

(1) Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal.

(2) Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre; die Dokumentenpauschale nach Nummer 7000 des Vergütungsverzeichnisses schuldet er auch insoweit, wie diese nur durch die Unterrichtung mehrerer Auftraggeber entstanden ist. Der Rechtsanwalt kann aber insgesamt nicht mehr als die nach Absatz 1 berechneten Gebühren und die insgesamt entstandenen Auslagen fordern.

(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.

(2) Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.

9
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts unterliegt jede Rechtsausübung - auch im Zivilverfahren - dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 13 f.; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Dezember 2001 - VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 323; BVerfG, NJW 2002, 2456, jeweils mwN). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jeder Prozesspartei anerkannt, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 - X ZB 3/09, NJW 2011, 529 Rn. 10; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, aaO Rn. 12 ff.; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427 Rn. 12; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO /Giebel, aaO Rn. 41, 48, 110; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 91 Rn. 9; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, aaO, § 91 Rn. 152 (Stand: April 2012); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 91 Rn. 140; von Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn. B 362; vgl. auch Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184).
9
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts unterliegt jede Rechtsausübung - auch im Zivilverfahren - dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 13 f.; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Dezember 2001 - VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 323; BVerfG, NJW 2002, 2456, jeweils mwN). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jeder Prozesspartei anerkannt, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11, MDR 2012, 1314 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 - X ZB 3/09, NJW 2011, 529 Rn. 10; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, aaO Rn. 12 ff.; vom 18. Oktober 2012 - V ZB 58/12, z.V.b.; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO/Giebel, ZPO, 3. Aufl., Rn. 41, 48, 110; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 91 Rn. 9; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, Beck OK ZPO, § 91 Rn. 152 (Stand: April 2012); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 91 Rn. 140; von Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn. B 362; vgl. auch Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184).
6
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Rechtsausübung im Zivilverfahren dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot unterliegt. Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes trifft jede Prozesspartei die Verpflichtung, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11, VersR 2013, 207 Rn. 9 und - VI ZB 61/11, juris Rn. 9; vom 20. November 2012 - VI ZB 73/11, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2012 - V ZB 58/12, NJW-RR 2013, 337 Rn. 5, jeweils mwN).

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

Gründe

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG

2 Ta 118/15

Beschluss

Datum: 22.10.2015

12 Ca 483/14 (Arbeitsgericht Nürnberg)

Rechtsvorschriften:

Leitsatz:

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.03.2015, Az. 12 Ca 483/14, wird zurückgewiesen.

Gründe:

A. Streitig ist im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Höhe der der Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob gegen die Beklagte mit Schriftsätzen vom 22.01.2014 für insgesamt 13 Arbeitnehmer jeweils getrennte Lohnklagen für August und September 2013 nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und beantragte jeweils Prozesskostenhilfe sowie ihre Beiordnung als Prozessbevollmächtigte. Insgesamt wurden Löhne in Höhe von 62.603,30 € brutto geltend gemacht, davon im vorliegenden Verfahren 4.877,20 € brutto. Bei Klageeinreichung regte die Prozessbevollmächtigte außerdem an, die Klagen einheitlich einer Kammer vorzulegen, da die Sachverhalte und die Beklagtenseite identisch seien (Blatt 5 der Akten). Die Verfahren wurden entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan auf unterschiedliche Kammern verteilt und später auch nicht verbunden.

Die Klägervertreterin wurde den jeweiligen Klägern in allen 13 Verfahren beigeordnet, so auch im vorliegenden Verfahren mit Beschluss vom 23.02.2015 (Blatt 84 der Akte) rückwirkend zum 25.07.2014 unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Monatsraten.

Die Verfahren endeten durch gerichtlich festgestellten Vergleich, im vorliegenden Fall durch Beschluss vom 05.02.2015.

Nach Abschluss der Verfahren machte die Klägervertreterin jeweils ihre Vergütung geltend und erhielt sie ausbezahlt, insgesamt 13.276,27 €. Im vorliegenden Verfahren wurde ausgehend vom Vergleichswert die Vergütung der Prozessbevollmächtigten auf 1094,21 € festgesetzt (Beschluss vom 12.03.2015).

Mit seiner Erinnerung vom 05.05.2015 wandte sich der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg gegen diese Festsetzungen. Die beigeordnete Anwältin sei verpflichtet gewesen, die Ansprüche im Wege der subjektiven Klagehäufung geltend zu machen, so dass letztlich nur die Kosten erstattet werden könnten, die entstanden wären, wenn alle Ansprüche zumindest in einer, maximal zwei Klagen geltend gemacht worden wären.

Der Bezirksrevisor beantragte daher,

die 13 Einzelfestsetzungen aufzuheben, einen Betrag von insgesamt 1885,56 € festzusetzen und den überzahlten Betrag von 11.390,71 € zurückzufordern.

Klägervertreterin beantragte die Erinnerung zurückzuweisen.

Die Einzelsachverhalte seien so unterschiedlich gewesen, dass die Geltendmachung in einer einzigen Klage nicht sachdienlich gewesen wäre. Verschiedene Kläger hätten unterschiedliche Vergleichsbereitschaft gezeigt. Bei der Geltendmachung in einer Klage wären die jeweils anderen Kläger nicht mehr als Zeugen, sondern lediglich als Partei zu vernehmen gewesen. Dies sei, weil sich die Kläger in den vorliegenden Fällen allein auf Zeugenbeweis hätten stützen können, nicht zumutbar gewesen. Ferner sei dem Gericht bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bekannt gewesen, dass weitere 12 ähnlich gelagerte Verfahren anhängig seien. Trotzdem habe das Gericht für jedes Verfahren getrennt Prozesskostenhilfe bewilligt.

Die Urkundsbeamtin half mit Beschluss vom 26.08.2015 der Erinnerung nicht ab (VI. des Kostenhefts) und legte sie der Kammervorsitzenden vor. Die Kammervorsitzende beim Arbeitsgericht wies die Erinnerung des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 04.09.2015 zurück (VII. des Kostenhefts).

Hiergegen erhob der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg mit Schriftsatz vom 04.09.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, Beschwerde (Blatt 89 der Akten).

Mit Beschluss vom 08.09.2015 half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor (Blatt 91, 92 der Akten).

Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.09.2015. Auf die Stellungnahmen des Bezirksrevisors vom 14.09.2015 (Blatt 94 der Akten) sowie der Klägervertreterin vom 24.09.2015 (Blatt 97, 98 der Akte) wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

B. Die sofortige Beschwerde der Staatskasse ist zwar zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht folgt dabei den ausführlichen Begründungen der Urkundsbeamtin im Nichtabhilfebeschluss vom 26.08.2015 und der Richterin in den Beschlüssen vom 04.09.2015 und vom 08.09.2015. Im Hinblick auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung erscheinen noch folgende Ausführungen veranlasst:

I. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.03.2015 ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der die Erinnerung zurückweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 04.09.2015 eingelegt worden. Der Beschwerdewert von 200,- € (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) ist deutlich überschritten.

II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die der Klägervertreterin zu erstattenden Kosten zu Recht auf 1024,91 € festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung des Bezirksrevisors zu Recht zurückgewiesen. Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe bewilligt und die Klägervertreterin beigeordnet worden. Damit hat die die Prozesskostenhilfe bewilligende Richterin auch entschieden, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig (§ 114 Abs. 2 ZPO) war und durch die getrennte Klageerhebung nicht gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung verstoßen wurde. Der Urkundsbeamte ist hieran ebenso wie die Staatskasse und die Beschwerdekammer nach § 48 RVG gebunden. Im Übrigen läge im vorliegenden Fall ein solcher Verstoß nicht vor. Sonstige Einwände gegen die Kostenfestsetzung sind nicht erhoben und auch nicht ersichtlich.

1. Die Frage, ob die Partei gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstoßen hat, ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG zu prüfen, sondern im Rahmen des Verfahrens über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (LAG Hessen15.10.2012 - 13 Ta 303/12; LAG Sachsen-Anhalt 28.12.2010 - 2 Ta 172/10). Der in ständiger Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Ansicht des LAG München (z. B. 23.07.2012 - 10 Ta 284/11; auch LAG Nürnberg 02.02.2009 - 5 Ta 160/07) kann jedenfalls seit Inkrafttreten des mit Wirkung zum 01.01.2014 (BGBl. 2013 I 3533) neu eingefügten § 114 Abs. 2 ZPO nicht mehr gefolgt werden.

a. Es besteht allerdings Einigkeit, dass die Parteien des Rechtsstreits verpflichtet sind, die Kosten des Verfahrens angemessen niedrig zu halten. Diese Pflicht zur kostensparenden Prozessführung findet Ausdruck in der Vorschrift des § 91 Abs. 1 ZPO, wonach nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu erstatten sind. Sie betrifft auch die durch gerichtliche Verfahren ausgelösten Anwaltskosten. Wegen der degressiven Ausgestaltung der vom Streitwert abhängigen Anwaltsgebühren im RVG ist die Rechtsverfolgung mehrerer Ansprüche in einem Verfahren regelmäßig kostengünstiger als in getrennten Verfahren. Werden mehrere Streitgegenstände in einem Verfahren zusammengefasst, wird auch der Streitwert oftmals insgesamt niedriger festzusetzen sein (vgl. z. B. Nr. 1.6. des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit für das Zusammentreffen von Bestandsschutzverfahren und Annahmeverzug, NZA 2014, 745 ff). Die Partei und der sie vertretende Rechtsanwalt sind daher grundsätzlich gehalten, mehrere Ansprüche in einem Verfahren geltend zu machen, soweit nicht nachvollziehbare Sachgründe für getrennte Klagen vorliegen. Ebenso ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass unter bestimmten Voraussetzungen mehrere Personen gehalten sind, in einem Verfahren ihre Ansprüche zu verfolgen. Der Rechtsanwalt soll im Ergebnis nicht mehr Gebühren erstattet erhalten, als er ohne Verstoß gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung erhalten würde.

b. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO, in dem die obsiegende Partei die ihr zu erstattenden Kosten gegen die unterlegene Partei festsetzen lässt, wird dies dadurch erreicht, dass der nach § 21 Nr. 1 RPflG zuständige Rechtspfleger auch zu prüfen hat, ob die Partei in Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO und des auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes des Missbrauchsverbots gegen ihre Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstoßen hat. Die Partei wird dann kostenrechtlich so behandelt, als wären die Ansprüche in einem Verfahren verfolgt worden und die Gebühren entsprechend berechnet (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 7 ff).

c. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG - also im Verhältnis Mandant/Rechtsanwalt - wird ein Verstoß gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung nicht geprüft. Es ist zwar anerkannt, dass der Rechtsanwalt aus dem Mandatsverhältnis heraus auch seiner Partei gegenüber verpflichtet ist, die Kosten so niedrig zu halten, wie es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Hat der Rechtsanwalt nicht den kostengünstigsten Weg zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gewählt und den Mandanten hierüber nicht aufgeklärt, kann der Mandant gegen die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts mit einem eigenen Schadensersatzanspruch aufrechnen. Macht dies der Mandant im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG geltend, werden die Kosten - da es sich um eine nicht gebührenrechtliche Einwendung handelt - wegen § 11 Abs. 5 RVG nicht gegen ihn festgesetzt (BeckOK RVG/v. Seltmann RVG § 11 Rn. 57). Der Anwalt muss seine Gebühren einklagen.

d. Im hier gegenständlichen Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG, in dem die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse festgesetzt wird, ist spätestens seit Inkrafttreten des § 114 Abs. 2 ZPO am 01.01.2014 kein Raum mehr für den zuständigen Urkundsbeamten zu überprüfen, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen.

aa. Bereits im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§§ 11a Abs. 1 ArbGG, 114 ff ZPO) und die anwaltliche Beiordnung (§§ 11a Abs. 1 ArbGG, 121 ZPO) ist zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen. Dies ist Teil der Prüfung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10; BGH vom 21.11.2013 - III ZA 28/13).

(1) Seit 01.01.2014 ist der Begriff der Mutwilligkeit gesetzlich im neu geschaffenen § 114 Abs. 2 ZPO definiert. Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Die Mutwilligkeit erfasst in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung eines Anspruchs (BAG 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn. 15).

Mutwillig in diesem Sinne handelt eine Partei insbesondere dann, wenn eine nicht bedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offensteht und dieser Weg ebenso erfolgversprechend ist. Hätte eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt, eine gesondertes Verfahren anhängig zu machen, statt eine bereits anhängige Klage zu erweitern oder in gleich gelagerten Parallelfällen gemeinsam mit anderen Personen als Streitgenossen Klage zu erheben, wäre die Rechtsverfolgung nicht mutwillig (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 9 m. w. N.; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10; BGH vom 21.11.2013 - III ZA 28/13 m. w. N.; GK-ArbGG/Bader § 11a ArbGG, Rn. 114, Stand April 2014 m. w. N.; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 114 ZPO, Rn. 34 u. 35).

(2) Gegen die erst nachträgliche Berücksichtigung einer möglichen unwirtschaftlichen Prozessführung aufgrund getrennt erhobener Klagen im Kostenfestsetzungsverfahren spricht bereits der Wortlaut der § 114 Abs. 1 ZPO. Die „beabsichtigte Rechtsverfolgung“ darf nicht mutwillig sein. Hieraus wird deutlich, dass schon vor oder jedenfalls kurze Zeit nach dem Beginn der Rechtsverfolgung und nicht erst nach Beendigung des Verfahrens feststehen soll, ob und ggf. in welchem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Wird erst im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt, dass eine bedürftige Partei statt einer neuen Klage kostengünstiger durch Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit hätte geltend machen können, kann eine solche Klageerweiterung nicht mehr vorgenommen werden. Demgegenüber kann eine bedürftige Partei, deren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte, aber noch nicht erhobene neue Klage abgewiesen worden ist, häufig ihren Anspruch noch im Wege der Erweiterung der bereits anhängigen Klage verfolgen, so dass vermeidbare Mehrkosten nicht erst entstehen (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 13).

Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung Teil der Mutwilligkeitsprüfung im PKH-Verfahren ist. Ziel der Reform des Prozesskostenhilfeverfahrens zum 01.01.2014 war eine Senkung der Kostenlast (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, vor § 114 ZPO, Rn. 8). Deshalb wurde beispielsweise die Sondervorschrift im arbeitsgerichtlichen Verfahren, wonach ein Rechtsanwalt beizuordnen war, wenn die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich mutwillig war (§ 11a Abs. 1 und 2 ArbGG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung) ersatzlos gestrichen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung nicht im PKH-Verfahren geprüft werden soll, hätte es nahegelegen, dies ausdrücklich zu regeln. Stattdessen hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 114 Abs. 2 ZPO in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung die eigenständige Bedeutung der Mutwilligkeitsprüfung noch besonders betont (GK-ArbGG/Bader § 11a ArbGG, Rn. 115, Stand April 2014 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/11472).

bb. Soweit die Frage nach der kostensparenden Rechtsverfolgung bereits Teil des PKH-Verfahrens ist, ist eine nochmalige Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ausgeschlossen.

(1) Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Daraus folgt, dass der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden sind (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., § 55 Rn. 24; Bischof/Mathias, RVG, 5.Aufl, 2013, § 48 RVG Rn. 3; Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn. 33).

Im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht aber fest, dass

- die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder nur zum Teil in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen,

- die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und

- die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erschien.

Damit steht auch mit bindender Wirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren fest, dass die Klageerhebung, so wie sie erfolgt oder beabsichtigt ist, nicht gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstößt, weil dies Teil der Mutwilligkeitsprüfung ist (LAG Hessen vom 15.10.2012 - 13 Ta 303/12 - Rn. 8; LAG Sachsen-Anhalt vom 28.12.2010 - 2 Ta 172/10 - Rn. 59; Musielak/Fischer, ZPO, 12.Aufl., 2015, § 121 ZPO, Rn. 31; Bischof/Mathias, RVG, 5.Aufl, 2013, § 48 RVG Rn. 3; a. A. LAG München vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 unter II.2.b.bb. der Gründe; OLG Koblenz vom 17.07.2014 - 7 WF 355/14; Schneider/Volpert/Fölsch/Köpf, Kostenrecht, 1. Aufl., 2014, § 11a ArbGG, Rn. 4). Anderenfalls könnte der Urkundsbeamte über die Kostenerstattung die vom Richter getroffene Entscheidung korrigieren.

(2) Dass die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 55 RVG ist, soweit sie Gegenstand im PKH-Verfahren ist, zeigt auch die Regelung in § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Vorschrift betrifft die Angaben des Antragstellers, die zur Beurteilung der Erfolgsaussicht und der fehlenden Mutwilligkeit nach § 114 ZPO erforderlich waren, also im Wesentlichen den Tatsachenvortrag zum Streitgegenstand des PKH-Verfahrens (MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl., 2013, § 124 ZPO, Rn. 8). Hat der Antragsteller durch unrichtige Darstellung die fehlende Mutwilligkeit vorgetäuscht, ist die PKH-Bewilligung aufzuheben. Die unrichtige Darstellung kann auch in einem Unterlassen bestehen. Bedingter Vorsatz genügt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 124 ZPO Rn. 6). Für die Aufhebung nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist der Richter zuständig, da nur die Aufhebungstatbestände des § 124 Abs. 1 Nr. 2 - 5 ZPO dem Rechtspfleger zugewiesen sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 c RPflG).

Das Gesetz sieht somit in § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ganz konkrete Regelungen vor, wann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung wieder aufgehoben werden kann. Ist aber die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung Teil der Mutwilligkeitsprüfung, so ist dieses Verfahren auch einzuhalten. Die Entscheidung ist ebenso wie die Bewilligungsentscheidung ausdrücklich dem Richter vorbehalten und weder dem Rechtspfleger noch dem Urkundsbeamten übertragen.

Darüber hinaus schützt die Regelung des § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch das Vertrauen des Antragstellers in die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Soweit er sich diese nicht durch vorsätzliche unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses erschlichen hat, darf er darauf vertrauen, den Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber der Staatskasse zu behalten. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht über eine erneute Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG konterkariert werden.

(3) Auch das BAG befürwortet eindeutig die alleinige Prüfung im PKH-Bewilligungsverfahren. Zwar formuliert das BAG in der Entscheidung vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 12: „Selbst wenn eine … Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Staatskasse nicht hindern würde, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob die durch den Rechtsanwalt verursachten Kosten … notwendig waren, …“. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass das BAG eine weitere Überprüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG für richtig hält. Im Gegenteil: Nur zwei Randnummern weiter (Rn. 14) heißt es eindeutig, dass es nicht Sache des Urkundsbeamten im Festsetzungsverfahren sei zu beurteilen, ob ein sachlich begründeter Anlass bestanden habe, trotz der höheren Kosten von einer möglichen Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit abzusehen, sondern Sache des Gerichts im PKH-Bewilligungsverfahren. Aus Sicht des erkennenden Beschwerdegerichts ist die zitierte offene Formulierung in Rn. 12 nur der Tatsache geschuldet, dass das BAG im Rahmen der Rechtsbeschwerde in einem PKH-Bewilligungsverfahren entschieden hat, als oberstes Bundesgericht aber nicht zur Entscheidung berufen ist, ob auch noch im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung geprüft wird. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht statt.

(4) Dem entspricht auch die Rechtsprechung des BGH. Auch er prüft die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung im Rahmen der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren (BGH vom 21.03.2013 - III ZA 28/13 - Rn. 9 unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung).

Die vom LAG München in ständiger Rechtsprechung zitierten Entscheidungen des BGH, wonach dies erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sei, stehen dem nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen sind nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ergangen, wo eben keine Beschwerde zu einem obersten Bundesgericht stattfindet, sondern im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO. Dort geht es - wie bereits dargetan - nicht um die Kostenerstattung durch die Staatskasse, sondern durch den unterlegenen Gegner. Ein Prozesskostenhilfeverfahren mit Mutwilligkeitsprüfung hatte nicht stattgefunden (vgl. BGH vom 02.05.2007 - XII ZB 156/06 = MDR 2007, 1160). Die Frage der Bindung an eine vorangegangene richterliche Entscheidung stellte sich insoweit nicht.

(5) Zwischen den Kostenerstattungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO und nach § 55 RVG bestehen wesentliche Unterschiede. Deshalb kann aus der Zulässigkeit der Prüfung der kostensparenden Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht die Zulässigkeit dieser Prüfung im Verfahren nach § 55 RVG abgeleitet werden.

(a) Das Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO ist nach § 21 Nr. 1 RPflG dem Rechtspfleger übertragen. Demgegenüber weist § 55 RVG die Zuständigkeit dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass bei kleineren Gerichten der Rechtspfleger die Aufgaben des Urkundsbeamten wahrnimmt und insoweit als Urkundsbeamter handelt. Gleichwohl findet auch in diesem Fall das Rechtspflegergesetz keine Anwendung (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 10). Die gesetzliche Zuweisung an den Urkundsbeamten und nicht an den Rechtspfleger ist jedoch ein Indiz, das Verfahren nach § 55 RVG einfach zu halten. Dementsprechend findet im Verfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG), im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO hingegen kann die Rechtsbeschwerde zugelassen werden (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 78 ArbGG).

(b) Im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO muss eine Kostengrundentscheidung vorliegen; ein Prozesskostenhilfeverfahren ist dagegen regelmäßig (Ausnahme § 126 ZPO) nicht vorangegangen. Im Gegensatz hierzu ist für das Verfahren nach § 55 RVG eine Kostengrundentscheidung nicht notwendig (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 8); immer aber ist vorher Prozesskostenhilfe bewilligt und die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bereits geprüft worden. Es besteht daher im Gegensatz zum Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO nie die Notwendigkeit für eine Prüfung, ob gegen den Grundsatz der kostensparenden Rechtsverfolgung durch getrennte Klageerhebung verstoßen wurde.

Dem steht nicht entgegen, dass es auch im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO Fälle gibt, in dem ein Prozesskostenhilfeverfahren voraus gegangen ist - wenn nämlich der für die Partei bestellte Rechtsanwalt seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner in eigenem Namen nach § 126 Abs. 1 ZPO beitreibt und deshalb die Kosten nach §§ 103, 104 ZPO festsetzen lässt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 126 ZPO, Rn. 1). Dieses Recht besteht unabhängig vom Beitreibungsrecht der Partei (MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl., 2013, § 126 ZPO, Rn. 3). Im Hinblick auf die zuvor erfolgte Prüfung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung im Prozesskostenhilfeverfahren wird auch hier der Rechtspfleger gehindert sein, die Vergütung des Rechtsanwalts entsprechend den Grundsätzen der kostensparenden Prozessführung so zu kürzen, als wären die Ansprüche in einem und nicht in mehreren Verfahren geltend gemacht worden. Dies ist auch für die gegnerische Partei hinnehmbar, denn sie war am Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beteiligt und hätte die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden können (vgl. § 118 Abs. 1 ZPO). Diese Frage kann im vorliegenden Verfahren allerdings offenbleiben.

(c) Es gelten im Verfahren nach § 55 RVG als justizförmigem Justizverwaltungsverfahren (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 23) die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsverfahrens (vgl. Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn. 30ff m. w. N.). Die sinngemäße Geltung der Vorschriften über das Kostenfestsetzungsverfahren ist - anders als in § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG - gerade nicht angeordnet. Zu den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsverfahren gehört zum einen das Amtsermittlungsprinzip, zum anderen aber auch die Bindung an die Entscheidungen, die in dem dem Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Staatskasse zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahren ergangen sind (vgl. Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn. 33; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 24). Im Übrigen ist auch der Rechtspfleger im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO an die vorangegangene Kostengrundentscheidung gebunden.

(6) Auch das Argument, dass die Staatskasse alle Einwendungen der Partei gegen den Kostenerstattungsanspruch geltend machen können müsse und hierzu insbesondere die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt wegen mangelnder Aufklärung über die kostengünstigste Rechtsverfolgung gehöre (z. B. OLG Koblenz vom 17.07.2014 - 7 WF 355/14, Rn. 14 ff), führt nicht dazu, dass hierüber nur im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG entschieden werden dürfte. So ist zwar richtig, dass die Staatskasse die Einwendungen, die die Partei gegen den Gebührenanspruch geltend machen könnte, im Kostenfestsetzungsverfahren auch erheben kann (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn. 49). Dies kann aber nur für solche Einwendungen gelten, über die das Gericht noch nicht entschieden hat. Hat das Gericht aber entschieden, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist, kann der Rechtsanwalt eine entsprechende Aufklärungspflicht nicht verletzt haben. Die Prämisse des OLG Koblenz, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von vorneherein nur die Übernahme der notwendigen Kosten umfasst, negiert, dass spätestens nach der Einführung des § 114 Abs. 2 ZPO mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe festgestellt ist, dass gegen den Grundsatz der kostensparenden Rechtsverfolgung durch die Führung getrennter Verfahren nicht verstoßen wurde.

cc. Es besteht auch praktisch kein Bedürfnis, die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung nicht im PKH-Verfahren zu prüfen, sondern erst im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG.

(1) Das PKH-Verfahren ist ebenso zur Klärung dieser Fragen geeignet. Der zuständige Richter hat neben den hinreichenden Erfolgsaussichten auch die Frage der Mutwilligkeit zu prüfen. Enthält der PKH-Antrag keine Begründung, warum die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist, hat er im Zweifelsfalle nachzufragen und entsprechende Erklärungen einzufordern. Der Antragsteller hat die Gründe darzulegen, die ihn zur gesonderten Klageerhebung veranlasst haben (BAG vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn. 18). Der Antragsgegner kann die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden (§ 118 Abs. 1 ZPO). Ist es plausibel, dass ein sachlich begründeter Anlass bestanden hat, trotz höherer Kosten von der möglichen Klageerweiterung oder gemeinsamen Klage mehrerer Parteien abzusehen, kann dies die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die neue Klage rechtfertigen (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 14).

Der im PKH-Bewilligungsverfahren zuständige Richter ist zu dieser Prüfung auch tatsächlich ebenso in der Lage wie der Urkundsbeamte im Verfahren nach § 55 RVG. Ob Verstöße gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung tatsächlich erkannt werden, kann beim Urkundsbeamten ebenso wie beim Richter durch die jeweilige Geschäftsverteilung erleichtert oder erschwert werden. Problematische Fälle werden umso eher auffallen, je mehr die Zuständigkeit bei einem Bearbeiter konzentriert wird. Sieht etwa die richterliche Geschäftsverteilung die Zuteilung nach Anfangsbuchstaben der beklagten Partei vor, oder werden Verfahren an die Kammer verteilt, bei der bereits ein Vorverfahren zwischen denselben Parteien anhängig ist, so wird der zuständige Richter Verstöße gegen die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung besser erkennen können, als bei einer reinen Verteilung nach Turnus entsprechend dem Zeitpunkt des Eingangs. Umgekehrt werden die für die Verfahren nach § 55 RVG zuständigen Urkundsbeamten insbesondere bei größeren Gerichten nicht für alle Spruchkörper zuständig sein. Jedenfalls kann die dem Präsidium des Gerichts übertragene richterliche Geschäftsverteilung kein Argument dafür sein, dass die richterliche Prüfung der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren entgegen klarer gesetzlicher Regelungen eingeschränkt wird. Die Geschäftsverteilung hat sich an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren und nicht umgekehrt.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt hinzu, dass der PKH-Antrag regelmäßig zusammen mit der Hauptsacheklage gestellt wird. In diesen Fällen wird der PKH-Antrag nur selten bereits vor der nach § 54 ArbGG obligatorischen Güteverhandlung entscheidungsreif sein. Der Vorsitzende hat in der Güteverhandlung somit regelmäßig Gelegenheit, nach anhängigen Vor- oder Parallelverfahren zu fragen. Auch von der Gerichtsverwaltung könnten vorab entsprechende Hinweise an den Richter kommen.

(2) Soweit es als misslich empfunden wird, dass die Staatskasse im PKH-Bewilligungsverfahren bezogen auf die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung keine Beschwerde erheben kann (§ 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO), so ist dies als gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen. Die im Rahmen der PKH-Reform zur Senkung der Kostenlast des Staates angeregte Ausweitung des Beschwerderechts der Staatskasse ist in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prüfung der Mutwilligkeit bewusst verworfen worden (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, vor § 114 ZPO Rn. 8).

Für ein eigenes über den Umweg des § 56 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG eingeführtes Beschwerderecht der Staatskasse bezogen auf die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung besteht auch kein Bedürfnis. Denn auch ohne Beschwerderecht der Staatskasse soll das Gericht die Entscheidung Prozesskostenhilfe zu bewilligen nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat. Tatsachen, die zur Aufhebung führen, sind von Amts wegen aufzuklären (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 124 ZPO Rn. 4). Wenn also der Richter etwa vom Urkundsbeamten oder der Staatskasse aus dem Kostenfestsetzungsverfahren heraus Hinweise bekommt, die die Aufhebung nach § 124 Abs. 1 ZPO rechtfertigen könnten, muss er diesen nachgehen.

(3) Die Berücksichtigung des Grundsatzes der kostensparenden Rechtsverfolgung im PKH-Bewilligungsverfahren und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG muss auch unter Kostengesichtspunkten nicht zu ungünstigeren Ergebnissen für die Staatskasse führen. Bei Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG würde der Rechtsanwalt nämlich so gestellt werden, als hätte er ein einheitliches Verfahren betrieben. Die Streitwerte der verschiedenen Verfahren würden zunächst zusammengerechnet und hieraus die zu erstattenden Gebühren errechnet. Darauf zielt auch die Erinnerung des Bezirksrevisors im vorliegenden Verfahren.

Wird hingegen Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung in weiteren eigenständigen Verfahren abgelehnt, entfällt ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Staat in diesen Verfahren ganz. Die Möglichkeit der Beschränkung der Mutwilligkeit auf durch die unwirtschaftliche Prozessführung entstehende Mehrkosten hat im Wortlaut des § 114 ZPO auch nach der PKH-Reform zum 01.01.2014 keinen Niederschlag gefunden. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung ist entweder mutwillig oder sie ist es nicht (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 12).

e. Im vorliegenden Fall ist das Arbeitsgericht nicht von der Mutwilligkeit der gesonderten Klageerhebung ausgegangen und hat Prozesskostenhilfe bewilligt. Daran ist der Urkundsbeamte wie auch die über Erinnerung und Beschwerde entscheidenden Richter gebunden. Dies gilt erst recht, als die Prozessbevollmächtigte bereits bei Klageerhebung auf die Parallelverfahren hingewiesen hat. Die Prozesskostenhilfe ist somit in voller Kenntnis von zunächst möglicherweise die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung indizierender Umstände bewilligt worden. Daher hat der Urkundsbeamte die Rechtsanwaltsgebühren zu Recht getrennt abgerechnet.

2. Unabhängig hiervon läge im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz der kostensparenden Prozessführung wohl nicht vor.

(1) Hinsichtlich der im vorliegenden Fall ausschließlich streitgegenständlichen Anwaltskosten könnte hier als Maßstab der Prüfung aber nicht § 91 Abs. 1 ZPO analog herangezogen werden. Vielmehr wäre auf den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs abzustellen. Allerdings sieht das LAG München (Beschlüsse vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 unter II. 2 b der Gründe; vom 08.01.2010 - 10 Ta 349/08 - Rn. 25) und auch der BGH in mehreren Entscheidungen für das Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO (z. B. BGH 02.05.2007 - XII ZB 156/06 Rn. 13) die Rechtsgrundlage in § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei wird aber nicht beachtet, dass dem § 91 Abs. 1 ZPO die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO insoweit vorgeht. Danach gelten die Rechtsanwaltsgebühren „von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung“. (BGH 02.11.2011 -XII ZB 458/10 - Rn. 35; vgl. auch BAG vom 01.11.2004 - 3 AZB 10/04 - Rn. 14;). Der BGH hat sich zuletzt nicht mehr festgelegt und wendet im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls den Missbrauchstatbestand an (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 7 ff). Nicht die Notwendigkeit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) wäre daher der Maßstab, sondern ob die Rechtsverfolgung in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Allerdings dürfte sich diese Unterscheidung im Ergebnis kaum auswirken.

(2) Es ist allerdings richtig, dass es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein kann, wenn der Kläger die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 10 im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO; BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 9 und vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10, jeweils im PKH-Bewilligungsverfahren). Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger in engem zeitlichen Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den - oder dieselben Beklagten vorgegangen sind (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn. 10; LAG München vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11). Ähnliche Maßstäbe hat auch der Richter für die Beurteilung der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren anzulegen (vgl. BAG 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn. 9; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn. 16).

(3) Im vorliegenden Fall wäre die Grenze zum Rechtsmissbrauch bzw. zur Mutwilligkeit durch die getrennte Verfahrensführung wohl nicht überschritten.

Dem Bezirksrevisor ist zuzugeben, dass hier mehrere Kläger - insgesamt 13 - in engem zeitlichen Zusammenhang, nämlich gleichzeitig, mit weitgehend identischen Klagebegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt gegen dieselbe Beklagte in getrennten Prozessen vorgegangen sind. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Prozessbevollmächtigte selbst um die Verhandlung in einer Kammer im zeitgleich mit den Klagen eingegangenen Schreiben vom 23.01.2014 (Blatt 5 der Akten) gebeten hat, da Sachverhalt und Beklagtenseite jeweils identisch seien.

Allerdings hat die Klägervertreterin jedenfalls nunmehr im Kostenfestsetzungsverfahren sachliche Gründe dargetan, die die getrennte Prozessführung plausibel erklären und daher wohl nicht als rechtsmissbräuchlich (oder mutwillig) erscheinen lassen. Ob dies bereits in den jeweiligen PKH-Verfahren thematisiert war, ist unerheblich. Vorliegend hatten 13 ausländische Arbeitnehmer (im vorliegenden Fall ein Bosnisch-Herzegowinischer Arbeitnehmer) Ansprüche gegen eine slowenische Firma geltend gemacht, die wiederum für die Beklagte als Subunternehmer tätig wurde. Eine gemeinsame Besprechung mit den Klägern habe nicht stattfinden können. Die Einsatzzeiten der Kläger auf der Baustelle des Generalunternehmers seien unterschiedlich gewesen. Die Kläger hätten auch unterschiedliche Klageziele verfolgt und seien nur zum Teil und in unterschiedlicher Höhe zu einem Lohnabzug bereit gewesen. Auch hätten die Kläger für den Nachweis der gearbeiteten Stunden keine unterzeichneten Stundenzettel oder Lohnabrechnungen, so dass der Nachweis nur durch die gegenseitige Zeugeneinvernahme hätte erfolgen können.

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes erscheint es plausibel, dass die Kläger in getrennten Verfahren vorgegangen sind. So hat das BAG bereits für den Fall von Verfahren zwischen denselben Parteien darauf hingewiesen, dass in der Regel die Vermeidung der Überfrachtung eines Verfahrens durch eine Vielzahl inhaltlich nicht miteinander zusammenhängender Streitgegenstände berechtigten Anlass geben könne, eine gesonderte Klage zu erheben. Auch die Gefahr der sonstigen Überlastung des Rechtsstreits könne ebenfalls dafür sprechen, mehrere Rechtsstreitigkeiten anhängig zu machen, auch wenn die Streitgegenstände zusammenhingen (BAG vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/11 - Rn. 18). Dies muss erst Recht gelten, wenn es - wie hier - um Verfahren mehrerer Kläger geht. Denn hier besteht die Gefahr der Überlastung des Verfahrens schon wegen der höheren Zahl der Beteiligten, aber auch aus der möglichen unterschiedlichen Interessenlage heraus. Auch die Terminsfindung ist bei weniger Beteiligten deutlich einfacher. Im Zweifel werden daher verschiedene Parteien nicht in einem Verfahren vorgehen müssen.

Im vorliegenden Fall bestand die Gefahr einer Überlastung des Rechtsstreits, wenn die Ansprüche in einem oder zwei Verfahren durchgeführt worden wären. Allerdings hätte die Rechtsverfolgung in einem Verfahren nicht automatisch zum Verlust der Zeugeneigenschaft der jeweiligen Kläger geführt. Denn auch einfache Streitgenossen sind als Zeugen zu vernehmen, wenn sie als Partei nicht selbst betroffen sind. Für die Betroffenheit genügt bei unterschiedlichen Klageansprüchen bereits die Identität des Anspruchsgrundes (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 373 ZPO, Rn. 5a). Um dieser im Einzelfall schwierigen Abgrenzung im Prozess zu entgehen, die auch zu erheblichen Verzögerungen im Verfahren hätte führen können, war es daher nicht rechtsmissbräuchlich bzw. nicht mutwillig, den - was die gegenseitige Zeugenstellung betrifft - sicheren Weg der getrennten Klageerhebung zu gehen. Hinzu kommt, dass die Kläger unterschiedliche Prozessziele verfolgten und daher eine gemeinsame Koordination des Vorgehens gegen die Beklagte in einem Verfahren schwierig gewesen wäre.

3. Der Urkundsbeamte hat die zu erstattenden Gebühren richtig berechnet. Fehler in der Gebührenberechnung sind weder gerügt noch sonst ersichtlich.

4. Die Beschwerde ist kostenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) In derselben Angelegenheit werden die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet.

(2) Der Wert beträgt in derselben Angelegenheit höchstens 30 Millionen Euro, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Millionen Euro, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Millionen Euro.

9
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts unterliegt jede Rechtsausübung - auch im Zivilverfahren - dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 13 f.; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Dezember 2001 - VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 323; BVerfG, NJW 2002, 2456, jeweils mwN). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jeder Prozesspartei anerkannt, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11, MDR 2012, 1314 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 - X ZB 3/09, NJW 2011, 529 Rn. 10; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, aaO Rn. 12 ff.; vom 18. Oktober 2012 - V ZB 58/12, z.V.b.; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO/Giebel, ZPO, 3. Aufl., Rn. 41, 48, 110; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 91 Rn. 9; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, Beck OK ZPO, § 91 Rn. 152 (Stand: April 2012); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 91 Rn. 140; von Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn. B 362; vgl. auch Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184).
12
3. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sollte sich das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich erweisen, müsste sich die Antragstellerin kostenrechtlich so behandeln lassen, als hätten sie und ihre Tochter ein einziges Verfahren als Streitgenossen geführt (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11, juris Rn. 12 (insoweit in MDR 2012, 1314 nicht abgedruckt); BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, juris Rn. 6 (insoweit nicht in NJW 2007, 2257 abgedruckt), jeweils mwN). Sie könnte die Kosten der Rechtsverfolgung dann nicht in voller Höhe erstattet verlangen, sondern nur anteilig im Verhältnis der Gegenstandswerte der Einzelverfahren zum - gemäß § 22 Abs. 1 RVG ermittelten - (fiktiven) Gesamtgegenstandswert eines einheitlichen Verfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2012 - VI ZB 68/11, z.V.b.; KG, KG-Report 2002, 172, 174).
12
3. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sollte sich das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich erweisen, müsste sich die Antragstellerin kostenrechtlich so behandeln lassen, als habe sie ein einziges Verfahren gegen die beiden Antragsgegnerinnen als Streitgenossen geführt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, juris Rn. 6 (insoweit nicht in NJW 2007, 2257 abgedruckt); KG, KG-Report 2000, 414, 416; 2002, 172, 174; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO /Giebel, aaO, § 91 Rn. 110; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, aaO, § 104 Rn. 25 (Stand: April 2012)). Sie könnte die Kosten der Rechtsverfolgung dann nicht in voller Höhe erstattet verlangen, sondern nur anteilig im Verhältnis der Gegenstandswerte der Einzelverfahren zum - gemäß § 22 Abs. 1 RVG ermittelten - (fiktiven) Gesamtgegenstandswert eines einheitlichen Verfahrens (vgl. KG, KGReport 2002, 172, 174).

(1) In derselben Angelegenheit werden die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet.

(2) Der Wert beträgt in derselben Angelegenheit höchstens 30 Millionen Euro, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Millionen Euro, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Millionen Euro.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

Gründe

1

Die gemäß §§ 165, 151, 146 Abs. 1, Abs. 3 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Die durch das Verwaltungsgericht erfolgte Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtes Magdeburg begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

2

Das Verwaltungsgericht hat auf die Erinnerung des Beklagten zu Recht festgestellt, dass die Kläger die Erstattung einer 0,3-Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) für die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten in dem Klageverfahren nicht beanspruchen können. Zutreffend hat das Gericht deswegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19. Dezember 2017 entsprechend abgeändert. Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG setzt voraus, dass der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit von mehreren Auftraggebern beauftragt worden ist. Der Gegenstand der anwaltlichen Vertretung war vorliegend jedoch nicht derselbe.

3

Vertritt ein Rechtsanwalt in demselben Verfahren mehrere Auftraggeber, entsteht ihm regelmäßig ein höherer Aufwand, als dies beim Tätigwerden für nur einen Mandanten der Fall wäre. Um diesen Mehraufwand zu vergüten, sieht das Kostenrecht zwei im Ansatz unterschiedliche Wege vor: Dies kann durch eine Erhöhung des Streit- bzw. Gegenstandswertes bei unverändertem Gebührensatz oder durch eine Erhöhung des Gebührensatzes bei unverändertem Streit- /Gegenstandswert geschehen. Auf welchem dieser Wege eine Vergütung des Mehraufwands des Rechtsanwalts erfolgt, hängt davon ab, ob seine Tätigkeit für mehrere Mandanten sich auf einen oder mehrere Verfahrensgegenstände bezieht. Ist die Vertretung mehrerer Personen zugleich mit mehreren Verfahrensgegenständen verbunden, sind nach § 22 Abs. 1 RVG die Werte dieser unterschiedlichen Verfahrensgegenstände zusammenzurechnen. Eine Erhöhung des Gebührensatzes erfolgt hingegen nicht, denn Nr. 1008 Abs. 1 VV-RVG sieht eine solche nur vor, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit für die mehreren Auftraggeber derselbe ist. Der erhöhte Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts ergibt sich in diesen Fällen - trotz gleichbleibenden Gebührensatzes - aus den nach § 13 RVG mit der Höhe des Streit-/Gegenstandswertes steigenden Gebühren. Werden hingegen mit Blick auf denselben Verfahrensgegenstand mehrere Personen vertreten, bleibt der Streit-/Gegenstandswert und mit ihm die Höhe der nach § 13 RVG berechneten einzelnen Gebühr unverändert. Um den durch die Tätigkeit für mehrere Mandanten erhöhten Aufwand des Rechtsanwaltes zu vergüten, sieht Nr. 1008 VV-RVG für diesen Fall eine Erhöhung des Gebührensatzes um 0,3 für jeden zusätzlichen Auftraggeber vor, wobei mehrere Erhöhungen zusammengenommen einen Gebührensatz von 2,0 nicht überschreiten dürfen. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält keine Legaldefinition des Gegenstandes im gebührenrechtlichen Sinne. Ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts für mehrere Mandanten denselben oder unterschiedliche Verfahrensgegenstände betrifft, ist im Einzelfall anhand der konkret wahrgenommenen Angelegenheiten zu ermitteln. Ein einheitlicher Gegenstand im gebührenrechtlichen Sinne ist nur gegeben, wenn der Rechtsanwalt für seine mehreren Auftraggeber wegen desselben konkreten Rechtes oder Rechtsverhältnisses tätig geworden ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 - 2 D 63/09.NE -, juris Rn. 4).Ist bei einem Verwaltungsakt jeder einzelne Auftraggeber nur in seinem persönlichen Recht betroffen, so handelt es sich um verschiedene Gegenstände (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 1. Juli 2010 - 2 O 154/09 -, juris).

4

Vorliegend ist von selbstständigen Angriffen der Kläger zu 1. bis 9. auszugehen, weil sie nicht als notwendige Streitgenossen einer Rechtsgemeinschaft aufgetreten sind, sondern jeder für sich einen eigenen Anspruch geltend machen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger mag hier zwar „in derselben Angelegenheit“ tätig geworden sein. Insoweit genügt eine „gemeinschaftliche Beteiligung" am strittigen Anspruch (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2000 - 6 C 3.99 -, juris). Die Kläger haben jedoch jeder für sich - und nicht etwa als Rechtsgemeinschaft - Klage erhoben. Gegenstand der Klage war die Frage, ob die Klägerin zu 1. als Trägerin der Grundschule B-Stadt sowie die Kläger zu 2. bis 9. als Schüler der Grundschule B-Stadt einen Anspruch auf Aufhebung der allein an die Klägerin zu 1. gerichteten Entscheidung des Beklagten auf Überweisung der Schülerinnen und Schüler der Grundschule B-Stadt ab dem Schuljahr 2015/2016 an die Grundschule E-Stadt haben. Zwar bestand insoweit eine Identität, als sich sämtliche Kläger mit der Aufhebung der an die Klägerin zu 1. gerichteten Verfügung gegen die Schließung der Grundschule B-Stadt wandten.Gleichwohl handelte es sich nicht um denselben Gegenstand im Sinn von Nr. 1008 VV-RVG, weil die einzelnen Kläger in jeweils unterschiedlicher Weise in ihren Rechten betroffen gewesen sind. Die Klägerin zu 1. rügte als Adressatin der Verfügung die Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechtes (vgl. Klageschrift vom 29. Juni 2015), wohingegen die Kläger zu 2. und 9. in der angefochtenen Verfügung eine Beeinträchtigung ihres - jeweiligen - Rechtes auf freie Wahl der Ausbildungsstätte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG erblickten (vgl. Klageerweiterung vom 3. Juli 2015). Hiervon ausgehend hat nicht etwa das Gericht - wie die Kläger beschwerdebegründend vortragen - nachträglich eine eigene Begründung herangezogen, sondern die Kläger selbst in ihren jeweiligen Klagebegründungen aufgezeigt, dass sie nicht als Rechtsgemeinschaft auftreten.

5

Diese mehrfache Prüfungsleistung des Prozessbevollmächtigten wurde in der Streitwertfestsetzung vom 21. Dezember 2015 gewürdigt, indem nicht nur der Auffangwert, der Betrag, um den in der Sache gestritten, sondern - entsprechend der Anzahl der Kläger - der neunfache Wert zugrunde gelegt wurde. Hierdurch wurde der Aufwand des Rechtsanwaltes, den er mit neun Streitgegenständen hat, abgegolten. In diesem Falle scheidet eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG, d.h. eine doppelte Honorierung aus. Bei verschiedenen Streitgegenständen werden die Gegenstandswerte gemäß § 22 Abs. 1 RVG addiert; die Gebühr nach VV 3100 wird hingegen nicht erhöht (vgl. VGH BW, Beschluss vom 29. Januar 1990 - 5 S 1030/87 -, juris), so dass neben der Gegenstandswerterhöhung keine mehrfache Abrechnung auf der Grundlage des bereits erhöhten Gegenstandswertes, aber auch keine 0,3-Erhöhung der Verfahrensgebühr auf der Grundlage des bereits erhöhten Gegenstandswertes mehr in Betracht kommen.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Festsetzung eines Streitwertes bedarf es nicht, weil für die Beschwerde nach Ziffer 5502 der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG eine Festgebühr erhoben wird.

7

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


8
aa) Der Gesetzgeber hat den Begriff des gebührenrechtlichen Gegenstandes inhaltlich nicht näher bestimmt. Er bezeichnet das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht (BGH, Urteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 17 und vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037 Rn. 17 je m.w.N.). Nach diesem Maßstab bezog sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts der Gläubigerin auf drei Rechtsverhältnisse. Er ließ drei Forderungen gegen drei verschiedene Drittschuldnerinnen pfänden und zur Einziehung überweisen. An jeder dieser Forderungen entstand ein Pfändungspfandrecht zugunsten der Gläubigerin (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1975 - VIII ZR 119/73, NJW 1975, 738). Jede Forderung haftet selbständig und in voller Höhe für die Forderung der Gläubigerin. Die zwischen der Gläubigerin und den Drittschuldnerinnen entstandenen Rechtsbeziehungen sind unabhängig voneinander und können sich unterschiedlich entwickeln (im Ergebnis - mehrere Gegenstände - ebenso LG Koblenz, JurBüro 2010, 49; AG Berlin-Mitte, JurBüro 2009, 606; Mock, RVGreport 2007, 130, 132; wohl auch Scheungrab in Münchner Anwaltshandbuch Vergütungsrecht, § 20 Rn. 35 [S. 389]).

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.