Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2017:0531.4K398.16.00
bei uns veröffentlicht am31.05.2017

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Änderungsgenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 14. März 2014 zur Änderung der Genehmigung der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage vom 21. Oktober 2011 durch die Sanierung der Fahrsiloanlage und die Änderung der Substratzusammensetzung und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 25. Juni 2014 werden aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die im gerichtlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte und die Beigeladenen zu 1. und 2. zu je einem Drittel; die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vorverfahren tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. je zur Hälfte; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erteilte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung für eine Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der Gemarkung A., Flur 9, Flurstück 3/19. Das Grundstück liegt am südlichen Ende innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des rechtsverbindlichen Bebauungsplans „Gewerbe- und Industriegebiet B.“ der Beigeladenen zu 2., der für diesen Bereich als Art der baulichen Nutzung ein Industriegebiet (GI) gemäß § 9 BauNVO ausweist. Die Baugenehmigung für das auf diesem Grundstück stehende und vom Kläger selbst bewohnte Wohnhaus wurde mit Bauschein der Kreisverwaltung Neuwied vom 14. Februar 2006 erteilt. Durch Eintragung einer entsprechenden Baulast in das Baulastenverzeichnis der Kreisverwaltung Neuwied ist die Nutzung als Betriebsleiterwohnung festgeschrieben.

3

Die Beigeladene zu 2. beschloss für den Bereich südlich des vorgenannten Industriegebiets unmittelbar angrenzend daran die Aufstellung eines Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage". Im Aufstellungsverfahren legte die Beigeladene zu 1. eine gutachterliche Geruchsimmissionsprognose der Fa. C. und Partner GmbH, D., vom 7. Februar 2011 vor, die von dem Gemeinderat der Beigeladenen zu 2. zur Grundlage der Abwägung beim Satzungsbeschluss am 15. August 2011 gemacht wurde. Darin schloss der Sachverständige aus seinen Berechnungen, dass auf dem Grundstück des Klägers in 9 % der Jahresstunden von der geplanten Anlage verursachte Gerüche wahrzunehmen sein würden. Dieser Wert wurde auch in die Begründung des Bebauungsplanes übernommen. Der Bebauungsplan sieht am nördlichen Rand eine 3 m breite nicht überbaubare Fläche vor, dort jedoch weder Begrünungs- oder sonstige Immissionsschutzmaßnahmen. Das Grundstück des Klägers beginnt etwa 13 m nördlich des vorgesehenen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, wobei bauliche Anlagen schon in 16 m Entfernung von dem Grundstück des Klägers zulässig wären und tatsächlich in 18 m Entfernung erbaut wurden (Blockheizkraftwert – BHKW). Der Bebauungsplan wurde bis zur mündlichen Verhandlung am 26. April 2017 weder ausgefertigt noch öffentlich bekanntgemacht.

4

Auf Antrag vom 17. Juni 2011 erteilte die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) der Beigeladenen zu 1. die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogas- sowie einer Klärschlammtrocknungsanlage auf dem südlich vom Wohnanwesen des Klägers gelegenen Betriebsgelände in der Gemarkung A., Flur 9, Flurstücke 9, 10/1, 10/2, 3/48, 11/1, 11/2 und 12. Es kam zu insgesamt vier gerichtlichen Eilverfahren (7 L 24/13.KO, 7 L 39/13.KO, 7 L 68/13.KO und 7 L 289/13.KO) im Hinblick auf die Genehmigung und die nachträglichen Anordnungen des Beklagten. Nach vorangegangenem Widerspruchsverfahren ist hiergegen eine Klage des Klägers unter dem Aktenzeichen 4 K 398/16.KO rechtshängig, über die ebenfalls mit Urteil vom heutigen Tage entschieden wurde.

5

Anfang Oktober 2012 wurde eine massive Verunreinigung des in der Nähe der streitgegenständlichen Anlage entspringenden Burbachs durch Silagesickersaft festgestellt. Anschließende umfangreiche Ermittlungen zur Ursache der Boden- und Gewässerverunreinigung ergaben, dass das zur Lagerung von Silagematerial bestimmte Fahrsilo der Biogasanlage auf Grund von Baumängeln an zahlreichen Stellen zum Untergrund hin undicht war. Seitens der Kreisverwaltung Neuwied als zuständiger unterer Wasser- und Bodenschutzbehörde sowie der SGD Nord als zuständiger Immissionsschutzbehörde wurden gegenüber der Beigeladenen zu 1. Betriebseinschränkungen und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr angeordnet. So wurde von der SGD Nord u.a. mit Bescheid vom 29. November 2012 die erneute Belegung der Fahrsiloanlage mit Silage bis zum gutachterlichen Nachweis ihrer Dichtheit und nachfolgender schriftlichen Zustimmung durch die SGD Nord untersagt.

6

Mit Datum vom 10. Dezember 2013 stellte die Beigeladene zu 1. einen Antrag auf Genehmigung der wesentlichen Änderung der Anlage mit folgenden Maßnahmen: Sanierung der Fahrsiloanlage durch:

- Rückbau der Seiten- und Zwischenwände (mit Ausnahme der Wand zur Klärschlammtrocknungsanlage),

- Einbau von neuen Entwässerungsleitungen und Leckageerkennung mit anschließender Aufbringung einer Trag/Deckschicht auf der Gesamtfläche,

- Verlängerung der Fahrsilofläche im südlichen Bereich um 5 m bedingt durch die dauerhafte Entfernung der hinteren Silowand,

- Wiederaufbau der Zwischenwände und der westlichen Seitenwand.

7

Ferner wurde die Genehmigung der Erhöhung der zulässigen jährlichen Einsatzmenge von Rindergülle von bisher 2.500 t/a auf 4.000 t/a bei gleichzeitiger Reduzierung der zulässigen Einsatzmenge von Pferdemist von bisher 3.000 t/a auf 1.500 t/a beantragt. Sowohl die Gesamtmenge der eingesetzten Substrate als auch die Einsatzmengen der übrigen Substrate sollten daneben unverändert bleiben (gesamt vorher 15.530 t/a = 43,01 t/Tag, nachher ebenfalls 15.530 t/a = 43,01 t/Tag).

8

Mit Bescheid vom 14. März 2014 erteilte die SGD Nord die beantragte Änderungsgenehmigung.

9

Hiergegen erhob die der Kläger am 17. April 2014 Widerspruch, den er nicht näher begründete.

10

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2014 wies die SGD Nord den Widerspruch gegen die Änderungsgenehmigung zurück und führte zur Begründung aus, soweit mit der angefochtenen Änderungsgenehmigung Maßnahmen zur Sanierung des auf Grund von Baumängeln gegenüber dem Untergrund undichten Fahrsilos zugelassen würden, sei eine Betroffenheit subjektiv-öffentlicher Abwehrrechte des Klägers von vornherein nicht ersichtlich. Weder sei sein Grundstück durch die von dem Fahrsilo verursachten Boden- und Gewässerverunreinigungen betroffen, noch folge aus den genehmigten Maßnahmen eine Änderung der Emissionslage der streitgegenständlichen Anlage, die im Vergleich mit dem durch die ursprüngliche Genehmigung vom 21. Oktober 2011 genehmigten Zustand zu einer nachteiligen rechtlichen Betroffenheit des Klägers insbesondere im Hinblick auf die auf sein Grundstück einwirkenden Geruchsimmissionen führen könnte. Auch aus der mit der angefochtenen Genehmigung zugelassenen geänderten Substratzusammensetzung folge keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Abwehrrechte des Klägers, insbesondere im Hinblick auf die auf sein Grundstück einwirkenden Geruchsimmissionen. Die zugelassenen Substratarten sowie die zugelassene jährliche Gesamteinsatzmenge derselben blieben unverändert. Es könne vorliegend dahinstehen, ob mit der Erhöhung der Einsatzmenge an Rindergülle um 1.500 t/a bei gleichzeitiger Verringerung der Einsatzmenge an Pferdemist im selben Umfang überhaupt eine nachteilige Veränderung der Geruchsimmissionssituation auf dem Grundstück des Klägers im Vergleich mit derjenigen nach der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 verbunden sein könne oder ob sich dort sogar eine Verringerung der von der streitgegenständlichen Anlage verursachten Geruchsimmissionen ergeben könnte. Sicher auszuschließen sei, dass gerade aus der mit der angefochtenen Genehmigung zugelassenen Änderung der Substratzusammensetzung unzulässig hohe Geruchsimmissionen auf dem Grundstück des Klägers resultieren könnten. Dies deshalb, da das Büro C. in seiner der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 zu Grunde liegenden Geruchsimmissionsprognose vom 20. Mai 2011 von einer Gesamtmenge von 10.250 t/a Pferde- und Rindermist und Rindergülle, aufgeteilt auf 5.000 t/a Pferdemist und 5.250 t/a Rindermist und Rindergülle ausgegangen sei. Demgegenüber sei nach der angefochtenen Änderungsgenehmigung eine Gesamtmenge von 6.250 t/a Pferde- und Rindermist sowie Rindergülle, aufgeteilt auf 1.600 t/a Pferdemist und 4.750 t/a Rindermist und Rindergülle zugelassen. Alle vom Sachverständigen angesetzten Substratmengen würden daher (weiterhin) deutlich unterschritten. Andere Gründe, aus denen sich eine Verletzung drittschützender öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu Lasten des Klägers ergeben könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

11

Der Kläger hat am 23. Juli 2014 unter dem Aktenzeichen 4 K 707/14.KO Klage erhoben und wiederholt sein Vorbringen aus dem Parallelverfahren 4 K 398/16.KO (4 K 708/14.KO) zu der Ursprungsgenehmigung vom 21. Oktober 2011. Er trägt vertiefend vor, es hätte ebenfalls einen umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 durchgeführt werden müssen. Anlass zu einer erneuten umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe bereits, wenn zum Zeitpunkt der Vorprüfung hinsichtlich einer beantragten Änderungsgenehmigung konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die hinsichtlich der zuvor erteilten Genehmigung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung erkennbar fehlerhaft gewesen sei. Dies gelte erst recht, wenn wie hier nur eine offensichtlich unvollständige und fehlerhafte Vorprüfung durchgeführt worden sei. Die Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 BlmSchG perpetuiere im Wege der Anlagensanierung die schon nach der ursprünglichen Genehmigung bestehende und zu beanstandende Emissionslage zu seinen Lasten.

12

Der Kläger beantragt,

die Änderungsgenehmigung des Beklagten vom 14. März 2014 zur Änderung der Klärschlammtrocknungs- und Biogasanlage durch Sanierung der Fahrsiloanlage und Änderung der Substratzusammensetzung in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2014 und im Parallelverfahren 4 K 399/16.KO (4 K 708/14.KO) und zweifelt an der Zulässigkeit der Klage. Er führt ergänzend aus, auch aus den Vorschriften des Immissionsschutzrechts zum Gegenstand einer Änderungsgenehmigung und zum Prüfungsumfang im Änderungsgenehmigungsverfahren lasse sich ableiten, dass sich ein Drittbetroffener gegen eine Änderungsgenehmigung gerade nicht wegen etwaiger Einwirkungen wenden könne, die auf der Erstgenehmigung beruhten, noch gar die Änderung zum Anlass nehmen könne, die Erstgenehmigung anzugreifen. Vielmehr könne sich ein Drittbetroffener im Klageverfahren betreffend eine Änderungsgenehmigung ausschließlich auf solche Beeinträchtigungen berufen, die entweder - im Sinne einer unmittelbaren Auswirkung der Änderungsgenehmigung - auf den zu ändernden Anlagenteilen oder betrieblichen Verfahrensschritten beruhten oder die - im Sinne einer mittelbaren Auswirkung der Änderungsgenehmigung - auf diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage zurückzuführen seien, die zwar nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung seien, auf die sich diese aber auswirke. Die mit Schriftsatz vom 16. Januar 2017 erstmals vorgebrachte angebliche Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfungen sei nach Maßgabe von § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG verspätet. Die Dokumentation zur UVP-Vorprüfung stamme vom 28. Februar 2014 (Bl. 1889 ff. der Verwaltungsakten) und bestätige die ordnungsgemäße Durchführung dieser Vorprüfung. Sie ende mit der zutreffenden Feststellung, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen auf eines der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Schutzgebiete möglich erscheinen, und komme zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer UVP entbehrlich sei. Das Betriebsgelände liege zwar innerhalb des Gebiets des Naturparks Rhein-Westerwald, jedoch nicht innerhalb einer der nach § 3 der Landesverordnung über den Naturpark Rhein-Westerwald festgelegten 5 Kernzonen. Das Betriebsgelände liege weder innerhalb des FFH-Gebiets Brexbach- und Saynbachtal noch unmittelbar in seiner Nähe (Abstand mehr als 1 km).

15

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Sie verweist auf die Ausführungen des Beklagten und ihr Vorbringen im Verfahren 4 K 399/16.KO (4 K 708/14.KO). Durch die Änderungen, die sie bereits vorgenommen habe, habe sich die Geruchsbelastung gegenüber der ursprünglichen Genehmigung verringert. Dies werde durch die Geruchsprognose vom 24. Juli 2015 nachgewiesen, die die Änderungen durch die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 einbeziehe.

17

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

die Klage abzuweisen.

18

Sie führt aus, entsprechend den Ausführungen des Beklagten sei bereits die Zulässigkeit der Klage fraglich. Ein Drittbetroffener könne sich auch gegen eine Änderungsgenehmigung nur insoweit wehren, als diese seine subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtige, wobei der Gegenstand der Änderungsgenehmigung zu beachten sei. Diese könne allenfalls in Bezug auf die geänderte Substratzusammensetzung Bedeutung für das hier in Rede stehende Recht des Klägers haben, von unzumutbaren Immissionen verschont zu bleiben. Insoweit habe der Beklagte aber unter Bezugnahme auf die zugrunde liegenden Immissionsberechnungen zutreffend festgestellt, dass die Erhöhung der zulässigen Einsatzmenge von Rindergülle bei gleichzeitiger Reduzierung der zulässigen Einsatzmenge von Pferdemist keine relevanten Auswirkungen für den Kläger haben könne.

19

Das zunächst unter dem Aktenzeichen 4 K 707/14.KO geführte Verfahren hat – wie auch das Parallelverfahren 4 K 708/14.KO – nach der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 im Hinblick auf mit sachverständiger Unterstützung geführte Einigungsgespräche geruht und ist unter dem vorliegenden Aktenzeichen 4 K 398/16.KO wieder aufgerufen worden.

20

Die nachterminlichen Vergleichsgespräche sind gescheitert. Die Beigeladene zu 1. legte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz eine weitere Immissionsprognose vom 4. Mai 2017 vor.

21

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten (10 Hefte und 2 Ordner), die Aufstellungsakten zu dem Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage“ (2 Ordner) und die Gerichtsakten 7 L 24/13.KO, 7 L 39/13.KO, 7 L 68/13.KO und 7 L 289/13.KO sowie 4 K 399/16.KO (4 K 708/16.KO); sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist zulässig und begründet.

23

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht dem Kläger eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO für die Anfechtung der Änderungsgenehmigung als ihn belastenden Verwaltungsakt zu. Bei der Anfechtungsklage verlangt § 42 Abs. 2 VwGO, dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Zur Geltendmachung ist es in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass er Tatsachen vorträgt, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass er durch den Verwaltungsakt in einer eigenen rechtlich geschützten Position beeinträchtigt ist (ständige Rechtsprechung des BVerwG, zuletzt Beschluss vom 21. Juli 2014 – 3 B 70/13 – NVwZ 2014, 1675). Für die im Rahmen der Zulässigkeit nur zu prüfende Möglichkeit einer Rechtsverletzung genügt es, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die – wenn sie sich als zutreffend erweisen – eine Rechtsverletzung ergeben können. Darin erschöpft sich die Filterfunktion der Klagebefugnis (vgl. Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 42 Abs. 2 Rn. 10; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 365 ff.). Danach genügt es, wenn der Kläger – wie hier – behauptet, dass die Änderung der Genehmigung einen belastenden Teil enthalten kann. Davon ist schon deshalb auszugehen, da die Änderungsgenehmigung im Hinblick auf den erhöhten Einsatz von Rindergülle bei der Biogaserzeugung nach Nr. 8.6.3.2 des Anhangs zur 4. BImSchV genehmigungpflichtig ist und im Rahmen der Genehmigung nach Nr. 8.4.2.2 der Anlage zum UVPG eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen ist. Damit geht der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber davon aus, dass von einer solchen Genehmigung typischer Weise auch belastende Wirkungen für die Nachbarschaft ausgehen können. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob nach sorgfältiger Prüfung und auf der Grundlage von Immissionsschutzgutachten sich letztlich herausstellt, dass sich die Gesamtsituation des Klägers gegenüber der in dem Verfahren 4 K 399/16.KO angefochtenen Ursprungsgenehmigung verbessert hat. Denn wie das Verfahren exemplarisch zeigt, sind die in den Immissionsprogosen ermittelten Werte nicht allein von der Einsatzmenge der Substrate abhängig, sondern hängen vielmehr auch von der Struktur und Betriebsweise von Fahrsilo, Gülleannahme und Klärschlammannahme und -abfuhr ab. Nur soweit es – auch ohne ein Gutachten – offensichtlich und eindeutig wäre, dass der Kläger durch die Änderungsgenehmigung nicht belastet sein könnte, läge hier keine Klagebefugnis vor.

24

Im Übrigen ist es Sache der Prüfung der Begründetheit der Klage, ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt. Hier bleibt zu beachten, dass bei genehmigungsbedürftigen Änderungen eines Vorhabens die Anlage in geändertem Zustand (und nicht nur die Änderung isoliert) Gegenstand des Verfahrens zu sein hat. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen im Fachrecht (vgl. etwa zum Baugenehmigungsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2000 – 4 B 106.99 –, NVwZ 2000, 1047 und juris, Rn. 2, m.w.N.; zum Verfahren nach § 16 BImSchG: Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, § 16 BImSchG, Rn. 158, m.w.N.). Damit könnte die Änderungsgenehmigung für sich gesehen zwar objektiv keine Verschlechterung der Immissionssituation des Klägers bedeuten und die Gesamtsituation ggf. auch zu Gunsten des Klägers verbessern, jedoch gleichzeitig – wie vom Kläger behauptet – eine rechtswidrige und hier nicht bestandskräftige Genehmigung perpetuieren, die auch in der Gesamtsicht nach der Änderungsgenehmigung gegen §§ 5, 6 BImSchG verstoßen könne. Eine Nachprüfung in der Sache in einem gerichtlichen Verfahren ist dem Kläger danach nicht verwehrt.

25

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.

26

Die zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Änderungsgenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 14. März 2014 zur Änderung der Genehmigung der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage vom 21. Oktober 2011 durch die Sanierung der Fahrsiloanlage und die Änderung der Substratzusammensetzung in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 25. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); sie war daher aufzuheben.

27

Die Änderungsgenehmigung gestaltet die rechtswidrige und im Verfahren 4 K 399/16.KO durch Urteil vom heutigen Tage aufgehobene Ursprungsgenehmigung nicht in einer Weise, welche einen ohne Verletzung von Nachbarrechten ablaufenden Betrieb der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage garantiert. Es fehlen im Hinblick auf die nicht heranzuziehenden Festlegungen des Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage“ ausreichende Immissionsgutachten, die der Ursprungsgenehmigung in der Gestalt der Änderungsgenehmigung von dem Beklagten zugrunde gelegt worden wären (1.). Für die Änderungsgenehmigung fehlt es zudem an der Nachvollziehbarkeit der UVP-Vorprüfung (2.). Danach können die weiteren Einwendungen des Klägers dahingestellt bleiben (3.).

28

Rechtsgrundlage für die erteilte Genehmigung sind die §§ 5, 6, 10, 16 BImSchG. Danach ist die immissionsschutzrechtliche (Änderungs-)Genehmigung zu erteilen, wenn von der Anlage weder durch die Änderung selbst noch in der durch die Änderung gestalteten Bau- bzw. Betriebsweise der Anlage schädlichen Immissionen ausgehen und im Übrigen keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

29

1. Die Ursprungsgenehmigung vom 21. Oktober 2011 ist rechtswidrig und wurde deshalb mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 399/16.KO aufgehoben, auf dessen Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Die hier angefochtene Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 gestaltet diese rechtswidrige Ursprungsgenehmigung nicht in einer Weise, welche einen ohne Verletzung von Nachbarrechten ablaufenden Betrieb garantiert. Dazu fehlt es bereits im Hinblick auf die nicht heranzuziehenden Festlegungen des Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage“ an ausreichenden Immissionsgutachten, die der Ursprungs- bzw. Änderungsgenehmigung von dem Beklagten zugrunde gelegt worden wären. Auch insoweit wird auf das vorgenannte Urteil in der Sache 4 K 399/16.KO verwiesen. Dort wird auch im Einzelnen dargelegt, dass die im Hinblick auf die Änderungsgenehmigung in der Ergänzung der der Genehmigung zugrundeliegenden Geruchsimmissionsprognose vom 20. Mai 2011 eingeholte Prognose vom 13. Januar 2015 eine unzumutbare Belastung für das Grundstück des Klägers ausweist. Die der Genehmigung zugrundeliegende Prognose vom 20. Mai 2011 wurde von dem Beklagten mit Wirkung als Genehmigungsbestandteil bisher nicht durch eine neue, eine andere Prognose mit verbindlicher Betriebsweise in der Genehmigung ersetzt, so dass die Gewährleistung des Immissionsschutzes durch die Genehmigung in der Gestalt der Änderungsgenehmigung selbst bisher nicht sichergestellt ist. Auch dies wird in dem vorgenannten Urteil eingehend dargelegt.

30

2. Darüber hinaus fehlt es für die Änderungsgenehmigung an der Nachvollziehbarkeit der durchgeführten UVP-Vorprüfung nach § 3a ff. UVPG. Wie bereits oben dargelegt, bedurfte es einer standortbezogenen Vorprüfung im Hinblick auf den stark angestiegenen Einsatz von Rindergülle (Nr. 8.4.2.2 der Anlage 1 zum UVPG). Anders als noch bei der UVP-Vorprüfung zur Ursprungsgenehmigung kam es im Rahmen der am 28. Februar 2014 seitens der SGD Nord erfolgten Vorprüfung (Dokumentation Blatt 1889 ff. d.A.) zur Änderungsgenehmigung jedoch auf die Lage der Anlage im Geltungsbereich der Landesverordnung über den „Naturpark Rhein-Westerwald“ an. Zu diesem Zeitpunkt stand ca. eineinhalb Jahre nach dem Satzungsbeschluss auch für Außenstehende fest, dass der Bebauungsplan nicht in der beschlossenen Form ausgefertigt und bekannt gemacht würde. Damit lagen die Flächen der Anlage im Geltungsbereich der Verordnung, da sie nicht nach dessen § 1 Abs. 2 als Flächen innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes mit baulicher Nutzung ausgenommen waren. Zum 28. Februar 2014 durfte die Genehmigungsbehörde nicht mehr davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 2. den Bebauungsplan nach der erfolgten Beschlussfassung noch ausfertigt und bekanntmacht. Damit waren die Einwirkungen der Anlage auf den Naturpark (als großräumiges Landschaftsschutzgebiet: § 19 Landespflegegesetz in der Fassung vom 5. Februar 1979) im Rahmen der Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG (hier: Nr. 2.3.4) in die UVP-Vorprüfung einzubeziehen. Dies ist ausweislich der Dokumentation vom 28. Februar 2014 (Bl. 1889 ff. der Akten) nicht erfolgt.

31

Die UVP-Vorprüfung ist danach nicht mehr nachvollziehbar. Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung eine erforderliche, aber unterbliebene oder nicht entsprechend den rechtlichen Anforderungen durchgeführte UVP-Vorprüfung in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, mit der Folge, dass eine fehlerfreie Nachholung der Vorprüfung, die zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben keiner UVP bedarf, die Fehlerkorrektur abschließt, ohne dass das Genehmigungsverfahren neu durchgeführt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 und juris, Rn. 24 ff., m.w.N.). Eine erfolgreiche Fehlerkorrektur durch Nachholung der Vorprüfung setzt danach aber voraus, dass die Defizite der nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend durchgeführten Vorprüfung hinsichtlich der Ermittlung der zu erwartenden Umweltauswirkungen und ihrer rechtlichen Bewertung in der nachgeholten Vorprüfung ausgeräumt werden. Dies ist bis zur mündlichen Verhandlung am 26. April 2017 nicht erfolgt.

32

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 –, juris Rn. 41, m.w.N.), der sich das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13. Mai 2014 – 8 B 10342/14.OVG –, juris, Rn. 21) angeschlossen hat, kann auch ein Dritter nach § 4 Abs. 3 UmwRG – obwohl die UVP nur dem Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit dient – im Rahmen eines zulässig erhobenen Rechtsbehelfs die fehlende UVP rügen. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO – wie hier des Klägers – für entsprechend anwendbar erklärt, begründet er nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30.10 –, NVwZ 2012, 573 und juris, Rn. 20). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens – wie hier – nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach dem UVPG erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflicht weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG steht dabei eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls, die – wie hier – nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b UmwRG gleich. Diese Regelung gilt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO.

33

Diese Vorschriften begründen mithin für den klagebefugten Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheides und verdrängen damit als Sondervorschriften die allgemeine Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Aus § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG ergibt sich zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung auch unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat; § 46 VwVfG findet mithin ebenfalls keine Anwendung (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 21, m.w.N.).

34

Die Einwendungen des Klägers zur UVP-Vorprüfung waren nicht nach § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG i.V.m § 87b Abs. 3 VwGO zurückzuweisen, da hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Es bedurfte keiner weiteren aufwändigen Ermittlungen des Gerichts oder gar einer Beweisaufnahme noch verzögerte sich durch den zu spät erhobenen Einwand die gerichtliche Entscheidung (vgl. § 87b Abs. 3 Nr. 2 VwGO). Es kann danach dahingestellt bleiben, ob eine entsprechende Zurückweisung mit Europarecht vereinbar ist (vgl. zur Präklusion: BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – 7 C 17.15 – zu § 10a Abs. 1 UVPG a.F.).

35

3. Danach können die weiteren Einwendungen des Klägers etwa zu den Grenzwerten bei Formaldehyd dahingestellt bleiben.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 VwGO. VwGO. Da die Beigeladene zu 2., anders als die Beigeladene zu 1., am Vorverfahren nicht förmlich beteiligt war, waren ihr insoweit keine Kosten aufzuerlegen. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 2. einem anderen Beteiligten oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese mit ihren Anträgen unterlegen sind.

37

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 4 Verfahrensfehler


(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn 1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen: 1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87b


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 16 Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Numm

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 9 Industriegebiete


(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 399/16.KO

bei uns veröffentlicht am 31.05.2017

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Der zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Genehmigungsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anl

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO

bei uns veröffentlicht am 31.05.2017

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Änderungsgenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 14. März 2014 zur Änderung der Genehmigung der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage v

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 21. Juli 2014 - 3 B 70/13

bei uns veröffentlicht am 21.07.2014

Gründe 1 Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung des Beklagten aus dem Jahre 2008, einen Putenbestand wegen einer Tierseuche, einer Form der so genannten Vogelgrippe
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO.

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Mai 2017 - 4 K 398/16.KO

bei uns veröffentlicht am 31.05.2017

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Änderungsgenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 14. März 2014 zur Änderung der Genehmigung der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage v

Referenzen

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

Der zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Genehmigungsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Klärschlammtrocknung und einer Biogasanlage und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 24. Juni 2014 werden aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die im gerichtlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte und die Beigeladenen zu 1. und 2. zu je einem Drittel; die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vorverfahren tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. je zur Hälfte; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der Gemarkung A., Flur 9, Flurstück 3/19 (Katasterkarte siehe Anlage, S. 24). Das Grundstück liegt am südlichen Ende innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des rechtsverbindlichen Bebauungsplans „Gewerbe- und Industriegebiet B.“ der Beigeladenen zu 2., der für diesen Bereich als Art der baulichen Nutzung ein Industriegebiet (GI) gemäß § 9 BauNVO ausweist. Die Baugenehmigung für das auf diesem Grundstück stehende und vom Kläger selbst bewohnte Wohnhaus wurde mit Bauschein der Kreisverwaltung Neuwied vom 14. Februar 2006 erteilt. Durch Eintragung einer entsprechenden Baulast in das Baulastenverzeichnis der Kreisverwaltung Neuwied ist die Nutzung als Betriebsleiterwohnung festgeschrieben.

3

Die Beigeladene zu 2. beschloss für den Bereich südlich des vorgenannten Industriegebiets unmittelbar angrenzend daran die Aufstellung eines Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage". Im Aufstellungsverfahren legte die Beigeladene zu 1. eine gutachterliche Geruchsimmissionsprognose der Fa. C. GmbH, D., vom 7. Februar 2011 vor, die von dem Gemeinderat der Beigeladenen zu 2. zur Grundlage der Abwägung beim Satzungsbeschluss am 15. August 2011 gemacht wurde. Darin schloss der Sachverständige aus seinen Berechnungen, dass auf dem Grundstück des Klägers in 9 % der Jahresstunden von der geplanten Anlage verursachte Gerüche wahrzunehmen sein würden. Dieser Wert wurde auch in die Begründung des Bebauungsplanes übernommen. Der Bebauungsplan sieht am nördlichen Rand eine 3 m breite nicht überbaubare Fläche vor, dort jedoch weder Begrünungs- oder sonstige Immissionsschutzmaßnahmen. Das Grundstück des Klägers beginnt etwa 13 m nördlich des vorgesehenen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, wobei bauliche Anlagen schon in 16 m Entfernung von dem Grundstück des Klägers zulässig wären und tatsächlich schon in 18 m Entfernung erbaut wurden (Blockheizkraftwert – BHKW). Der Bebauungsplan wurde bis zur mündlichen Verhandlung am 26. April 2017 weder ausgefertigt noch öffentlich bekanntgemacht.

4

Mit Schreiben vom 17. Juni 2011 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogas- sowie einer Klärschlammtrocknungsanlage auf dem südlich vom Wohnanwesen des Klägers gelegenen Betriebsgelände in der Gemarkung A., Flur 9, Flurstücke 9, 10/1, 10/2, 3/48, 11/1, 11/2 und 12. Mit den Antragsunterlagen legte die Beigeladene zu 1 u.a. auch eine in ihrem Auftrag erstellte gutachterliche Geruchsimmissionsprognose der C. GmbH vom 20. Mai 2011 vor. Darin schloss der Sachverständige aus seinen Berechnungen, dass auf dem Grundstück des Klägers in 13 % der Jahresstunden von der geplanten Anlage verursachte Gerüche wahrzunehmen sein würden, wobei im Umfeld des Betriebsgeländes ansonsten keine anderen relevanten Emittenten vorhanden seien.

5

Nach Durchführung eines vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erteilte die SGD Nord der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 die beantragte Genehmigung. Diese ist mit einer Vielzahl von Nebenbestimmungen verbunden, die insbesondere im Abschnitt „4. Immissionsschutz" auch Regelungen zur Begrenzung, Ableitung und Messung von Emissionen an geruchsintensiven Stoffen enthalten. Eine Zustellung des Genehmigungsbescheids an den Kläger erfolgte seinerzeit nicht.

6

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 erhob der Kläger gegen diese Genehmigung Widerspruch und führte aus, es sei unmittelbar nach Inbetriebnahme der Anlage an seinem Wohnhaus zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen gekommen, insbesondere sei ein Aufenthalt im Freien undenkbar.

7

Im Zusammenhang mit einer Gewässerverunreinigung des Burbachs wurde die Undichtigkeit der Fahrsiloanlage festgestellt und mit verschiedenen Anordnungen der Betrieb der Anlage einschränkt bis zu einer Sanierung. Am 5. Februar 2013 ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 an. Es kam zu insgesamt vier gerichtlichen Eilverfahren (7 L 24/13.KO, 7 L 39/13.KO, 7 L 68/13.KO und 7 L 289/13.KO) im Hinblick auf die Genehmigung und die nachträglichen Anordnungen des Beklagten. Weiterhin erging auf Antrag der Beigeladenen die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 zur Änderung der Genehmigung der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage vom 21. Oktober 2011 durch die Sanierung der Fahrsiloanlage und die Änderung der Substratzusammensetzung, die Gegenstand des ebenfalls vom Kläger betriebenen Verfahrens 4 K 398/16.KO ist.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 wies die SGD Nord den Widerspruch gegen die Genehmigung zurück und führte zur Begründung aus, im Fall der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheids grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblich. Eine von der Genehmigung abweichende Bauausführung könne hierbei unberücksichtigt bleiben - sei es, dass sich die Abweichungen aus einer späteren behördlichen Zulassung (z.B. einer Änderungsgenehmigung gemäß § 16 BlmSchG), einer später erlassenen behördlichen Anordnung (z.B. einer nachträglichen Anordnung gemäß § 17 BlmSchG) ergäben oder vom Anlagenbetreiber zu Recht (nicht nach § 15 BlmSchG anzeigebedürftige Abweichungen) oder zu Unrecht eigenmächtig vorgenommen worden seien. Das Wohnanwesen des Klägers sei ausreichend vor von der streitgegenständlichen Anlage verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruch geschützt. Zur Ermittlung und Beurteilung von Geruchsimmissionen ziehe die SGD Nord die Maßstäbe und Methoden nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) vom 29. Februar 2008 heran. Nach Nr. 3.1 der GIRL sei eine nach ihrer Herkunft aus Anlagen erkennbare Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung anzusehen, wenn die Gesamtbelastung die in der dortigen Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (angegeben als relative Häufigkeiten der Geruchsstunden) überschreite. Für Gewerbe- und Industriegebiete betrage der maximal zulässige Immissionswert (IW) gemäß Spalte 2 der Tabelle in Nr. 3.1 der GIRL 0,15 (entsprechend 15% der Jahresstunden). Zur Beantwortung der Frage, ob die Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruch erfüllt sei, bedürfe es nach Nr. 4.2 der GIRL im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens grundsätzlich für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkungen maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) der Bestimmung der Kenngröße für die Gesamtbelastung, die sodann mit den Immissionswerten nach Nr. 3.1 der GIRL zu vergleichen sei. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ergebe sich dabei als Summe der gemäß Nr. 4.5 der GIRL durch eine Geruchsausbreitungsrechnung zu ermittelnden Kenngröße für die Zusatzbelastung (d.h. der voraussichtlich von der zur Genehmigung gestellten Anlage auf jede Beurteilungsfläche einwirkenden Geruchsimmissionen) und der gemäß Nr. 4.4 der GIRL durch eine Rasterbegehung oder eine Geruchsausbreitungsrechnung zu ermittelnden Kenngröße für die vorhandene Belastung (d.h. der von anderen als der zur Genehmigung gestellten Anlage auf jede Beurteilungsfläche im Beurteilungsgebiet einwirkenden Geruchsimmissionen). Auf Grundlage der beschriebenen Methodik habe der Sachverständige für das Wohnanwesen des Klägers eine von der Anlage verursachte Zusatzbelastung ermittelt, ausgedrückt als relative Häufigkeit der Geruchsstunden von 13 %. Daneben seien vom Sachverständigen bei einem Ortstermin keine anderen relevanten Emittenten ermittelt worden, die als Vorbelastung im Sinne der GIRL zu werten wären. Da damit die Gesamtbelastung in Bezug auf Geruchsimmissionen am Wohnhaus des Klägers den einschlägigen Immissionswert von 0,15 (= 15 % der Jahresstunden) unterschreite, sei von einem ausreichenden Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruch auszugehen. Demzufolge könne es vorliegend auch dahinstehen, ob bei Betriebsleiterwohnungen in einem von vornherein grundsätzlich schon nicht wohnverträglichen Industriegebiet im Einzelfall nicht sogar noch höhere Geruchshäufigkeiten zulässig sein könnten. Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungen des Sachverständigen seien vom Kläger nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht erkennbar.

9

Der Widerspruchsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. Juni 2015 zugestellt.

10

Der Kläger hat am 23. Juli 2014 Klage erhoben und trägt ergänzend und vertiefend vor, die Genehmigung vom 21. Oktober 2011 sei formell und materiell rechtswidrig und verletze ihn seinen Rechten. Die standortbezogene Vorprüfung zur Ursprungsgenehmigung vom 21. Oktober 2011 entspreche nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Die jeweiligen Vorprüfungen hätten vielmehr zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen gewesen sei. Die Ausführungen in der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 genügten nicht den Anforderungen des § 3c UVPG an die erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls. Die besondere Empfindlichkeit des Gebiets, in dem die Anlagen errichtet worden seien, ergebe sich unter anderem daraus, dass es im Naturpark Rhein-Westerwald liege, die damals bestehenden landwirtschaftlichen Nutzungen für den Bereich des Vorhabens zu beachten seien, das nahegelegene Gewässer des Burbachs als Nebenbach des Saynbachs sowie das FFH-Gebiet Brexbach- und Saynbachtal betroffen sein könnten. Darüber hinaus seien die übrigen Immissionen für diese Gebiete nicht betrachtet worden. Die Genehmigung verstoße gegen das nachbarschützende Bestimmtheitsgebot und gegen die immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten nach § 5 Abs. 1 BlmSchG. Die für das Emissionsverhalten der Biogasanlage und Klärschlammlagerung maßgebenden Substratmengen und die zur Geruchsminderung notwendigen organisatorischen Maßnahmen, wie die Abdeckung der Mistlagerfläche, seien der Genehmigung und den Genehmigungsunterlagen nicht zu entnehmen. Weiterhin seien die Anforderungen an die Austrittsbedingungen und die Schornsteinhöhe nicht bestimmt. Die Ursprungsgenehmigung regele lediglich die Schornsteinhöhe von mindestens 10 m. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen verstießen gegen die Abwehrpflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG. Wesentlich für die Geruchsbelastung seien neben den Lagerflächen die Emissionen aus der Biogasanlage und der Klärschlammtrocknung. Die Emissionen aus der Biogasanlage und der Klärschlammtrocknung stammten neben den Be- und Entladevorgängen der Anlagen aus den gefassten Quellen, also aus den Schornsteinen. Die Nebenbestimmungen zu den Austrittsbedingungen der Schornsteine für die Biogasanlage und die Klärschlammtrocknung genügten nicht den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen. Trotz der fehlenden Festsetzung bestimmter Schornsteinhöhen und Austrittsgeschwindigkeiten in der Genehmigung gehe diese von bestimmten Bedingungen aus. Mangels entsprechender Vorgaben im Genehmigungsbescheid unterschätze das Gutachten damit systematisch die im legalen Betrieb infolge der variablen Austrittsbedingungen möglichen Immissionen. Die Ursprungsgenehmigung lege für den Schadstoff Formaldehyd einen zu hohen Grenzwert fest. Formaldehyd sei seit dem 1. April 2015 im Anhang VI der Verordnung 2008/1272/EG über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen in der Kategorie 1B eingestuft: „wahrscheinlich karzinogen beim Menschen". Mit der Einstufung von Formaldehyd als krebsgefährdend und erbgutverändernd gälten aufgrund der Nr. 5.2.7.1.1 Abs. 3 TA Luft neue Anforderungen. Es fehle eine FFH-Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet Brexbach- und Saynbachtal.

11

Der Kläger beantragt,

den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb der Klärschlammtrocknungs- und Biogasanlage in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2014 aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 und führt ergänzend aus, die mit Schriftsatz vom 16. Januar 2017 erstmals vorgebrachte angebliche Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfungen sei nach Maßgabe von § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG verspätet. Die Dokumentation zur UVP-Vorprüfung stamme vom 20. Juli 2011 und bestätige die ordnungsgemäße Durchführung dieser Vorprüfung. Sie ende mit der zutreffenden Feststellung, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen auf eines der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Schutzgebiete möglich erscheinen, und komme zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer UVP entbehrlich sei. Das Betriebsgelände liege zwar innerhalb des Gebiets des Naturparks Rhein-Westerwald, jedoch nicht innerhalb einer der nach § 3 der Landesverordnung über den Naturpark Rhein-Westerwald festgelegten 5 Kernzonen. Das Betriebsgelände liege weder innerhalb des FFH-Gebiets Brexbach- und Saynbachtal noch unmittelbar in seiner Nähe (Abstand mehr als 1 km). Der Bescheid sei auch bestimmt, da zu der Genehmigung auch die zugehörigen Antrags- und Planunterlagen - wozu auch die Immissionsprognosen zählten – gehörten und ihr Inhalt hieraus zu ermitteln sei. Die Beigeladene zu 1. sei verpflichtet, ihre Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass die in der Immissionsprognose genannten Ableitungsbedingungen tatsächlich gegeben seien. Der Kläger sei an seinem Wohnanwesen ausreichend vor von der streitgegenständlichen Anlage verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen durch erhebliche Geruchsbelästigungen geschützt. In dem Gutachten der Fa. C. GmbH vom 24. Juli 2015 sei eine Neuberechnung der im Beurteilungsgebiet auftretenden Geruchsimmissionen unter Berücksichtigung folgender geruchsmindernder Maßnahmen vorgenommen worden: - Abdeckung der Feststoffannahme, - Änderung der Inputstoffe, - Änderung der Fahrsiloanlage, - Verbesserung der Ableitbedingungen der Klärschlammtrocknungsanlage. Es komme zu dem Ergebnis, dass sich an der nahegelegenen Wohnnutzung bezüglich Geruchsimmissionen eine Zusatzbelastung zwischen 10 und 14 % der Jahresstunden ergebe, die zugleich der Gesamtbelastung entspreche. Der Immissionswert für Gewerbe- und Industriegebiete von 0,15 (entsprechend 15 %) nach Nr. 3.1 der GIRL sei damit eingehalten bzw. werde sogar noch unterschritten. In der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 sei kein zu hoher Emissionsgrenzwert für Formaldehyd festgelegt worden, vielmehr sei der seinerzeit geltende Wert sei festgelegt worden. Im Hinblick auf die Änderung des Rechts seien nachträgliche Anforderungen bereits verfügt worden. Da nach den insoweit einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Maßstäben dem baurechtlichen Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme genüge getan sei, könnten die Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Sie verweist auf die Ausführungen des Beklagten und führt ergänzend unter anderem aus, es lägen von C. zwei Geruchsausbreitungsprognosen und eine Nachberechnung einer Geruchsausbreitungsprognose vor. Es handele sich dabei um die Immissionsprognose vom 7. Februar 2011, die den Bebauungsplanakten beiliege. Des Weiteren liege die Nachberechnung vom 13. Januar 2015 und das Immissionsschutzgutachten vom 24. Juli 2015 vor, welches im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 erstellt worden sei. Die Immissionsprognose vom 7. Februar 2011 sei auf der Grundlage des Scoopingtermins überarbeitet worden zu der Prognose vom 20. Mai 2011. Letztere gelange am Messpunkt IP 1 zu einer Belastung von 13 % der Jahresstunden. Bei IP 1 handele es sich um einen Messpunkt, der den Standort der Betriebsleiterwohnung des Klägers bezeichne. Diese Nachberechnung sei nach intensiver Prüfung seitens der SGD und weiteren Erläuterungen des Gutachters Grundlage der Genehmigung geworden. Die Nachberechnung vom 13. Januar 2015 weise für den Standort der Betriebsleiterwohnung des Klägers eine Jahresstundenbelastung von 15 % aus. Dies beruhe darauf, dass der Emissionsfaktor Gasverwertung BHKW ursprünglich mit 2.600 GE/m³ angesetzt worden sei, richtigerweise aber mit 3.000 GE/m³ hätte angesetzt werden müssen. Auch der Emissionsansatz der Klärschlammtrocknungsanlage sei wegen eines Umrechnungsfehlers unzutreffend gewesen. Die Immissionsprognose vom 24. Juli 2015 sei auf die Verhandlung in der öffentlichen Sitzung des Gerichts vom 31. März 2015 zurückzuführen und in Abstimmung mit dem Gutachter des Klägers erstellt worden. Im Rahmen dieser Untersuchung seien gegenüber dem Ursprungsgutachten geruchsmindernde Maßnahmen berücksichtigt worden, die bereits umgesetzt seien. Dies sei die Abdeckung der Feststoffannahme, so dass Geruchsemissionen nur noch während der Befüllung aufträten. Durch die Änderung der Inputstoffe verringere sich der Emissionsfaktor für die Silage von 4,6 auf 4,1 GE/m²*s. Durch die Änderung der Fahrsiloanlage seien die Anschnittfläche verkleinert und damit die Geruchsemissionen reduziert worden. Auch seien die Ableitungsbedingungen der Klärschlammtrocknung verbessert worden. Die Immissionsprognose mit Datum vom 24. Juli 2015 weise für den Standort der Betriebsleiterwohnung des Klägers einen Wert von 11 % der Jahresgeruchsstunden aus. Diese Verminderung gegenüber der Nachberechnung vom 13. Januar 2015 ergebe sich aus den Änderungen, die sie zwischenzeitlich durchgeführt habe und die durch die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 vorgegeben worden seien. Die umgesetzten Maßnahmen hätten eine Verbesserung der Geruchsbelastungssituation zur Folge und das Gutachten vom 24. Juli 2015 weise dies richtigerweise aus.

16

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Sie führt im Wesentlichen aus, zutreffend sei, dass der Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage" bislang nicht in Kraft getreten sei, es fehle an der Ausfertigung und Bekanntmachung. Die Genehmigung verletze den Kläger jedoch nicht in seinen Rechten, wie sich aus den zutreffenden Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. ergebe.

18

Das zunächst unter dem Aktenzeichen 4 K 708/14.KO geführte Verfahren hat – wie auch das Parallelverfahren 4 K 707/14.KO - nach der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 im Hinblick auf mit sachverständiger Unterstützung geführte Einigungsgespräche geruht und ist unter dem vorliegenden Aktenzeichen 4 K 399/16.KO wieder aufgerufen worden.

19

Die nachterminlichen Vergleichsgespräche sind gescheitert. Die Beigeladene zu 1. legte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz eine weitere Immissionsprognose vom 4. Mai 2017 vor.

20

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten (10 Hefte und 2 Ordner), die Aufstellungsakten zu dem Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage“ (2 Ordner) und die Gerichtsakten 7 L 24/13.KO, 7 L 39/13.KO, 7 L 68/13.KO und 7 L 289/13.KO sowie 4 K 398/16.KO (4 K 707/16.KO); sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

22

Der zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Genehmigungsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Klärschlammtrocknung und einer Biogasanlage in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er war daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die auf den geplanten Regelungen des Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage“ (1.) fußende Genehmigung ist nicht in eine Genehmigung im Außenbereich umzudeuten (2.). Ihr liegen im Hinblick auf die nicht heranzuziehenden Festlegungen des Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage“ keine ausreichenden Immissionsgutachten zugrunde (3.). Zudem weist die der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsimmissionsprognose eine unzumutbare Belastung für das Grundstück des Klägers aus (4.). Diese wurde bisher nicht durch eine andere Prognose mit für den Betreiber verbindlich vorgegebener Betriebsweise in der Genehmigung ersetzt, so dass die Gewährleistung des Immissionsschutzes durch die Genehmigung selbst bisher nicht sichergestellt ist (5.). Danach können die weiteren Einwendungen des Klägers dahingestellt bleiben (6.).

23

Rechtsgrundlage für die erteilte Genehmigung sind die §§ 5, 6, 10 BImSchG. Danach ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Anlage zu erteilen, wenn von ihr keine schädlichen Immissionen ausgehen und im Übrigen keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

24

1. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen des § 30 oder des § 33 BauGB für die Anlage liegen nicht vor.

25

Die von der Genehmigungsbehörde zugrunde gelegte bauplanungsrechtliche Grundlage des § 30 BauGB ist nicht gegeben, da der Ortsgemeinderat der Beigeladenen zu 2. den Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage“ zwar am 15. August 2011 als Satzung beschlossen hat, dieser jedoch bis zur mündlichen Verhandlung der Kammer weder von der Ortsbürgermeisterin ausgefertigt noch öffentlich bekannt gemacht wurde. Damit ist der Bebauungsplan nicht wirksam geworden.

26

Ebenso liegen die Voraussetzungen des § 33 BauGB für die hier erteilte Genehmigung nicht vor. Zwar hat die Beigeladene zu 1. die nach § 33 Abs. 1 BauGB erforderliche Erklärung zur Anerkennung der Festsetzungen (Bl. 123 der Antragsunterlagen) abgegeben. Jedoch hat der Bebauungsplan keine Planreife erreicht.

27

In der Planung der Beigeladenen zu 2. fehlen die nach den im August 2011 vorliegenden Unterlagen zwingend erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Vorkehrungen in Bezug auf das unmittelbar benachbarte Industriegebiet. Der Ortsgemeinderat der Beigeladenen zu 2. stützte sich bei der Abwägung am 15. August 2011 auf das Geruchsgutachten vom 7. Februar 2011. Dieses war nach dem Schreiben der SGD Nord an die Beigeladene zu 2. vom 11. Mai 2011 unzureichend, um die voraussichtlichen Geruchsbelastungen sachverständig prognostizieren zu können. Im vorliegenden Genehmigungsverfahren wurde ein überarbeitetes Gutachten vom 20. Mai 2011 vorgelegt, welches auch der Verbandsgemeindeverwaltung Rengsdorf im Zeitpunkt des Ortsgemeinderatsbeschlusses bekannt war. Dieses überarbeitete Gutachten stellt Belastungen für den Randbereich des Industriegebiets dar, welche erheblich über dem maßgeblichen Grenzwert liegen (siehe unten 4.) und nach dem Trennungsprinzip des § 50 BImSchG zwingend Vorkehrungen im Bebauungsplan erfordert hätten. Hier wären in Betracht gekommen: Verschiebung der überbaubaren Fläche vom nördlichen Rand des Sondergebietes (vorgesehener Abstand nur 3 m) nach Süden, Zufahrtsverbot in das Gebiet aus Richtung des Industriegebiets (ggf. mit Umsetzung durch Kappung der vorhandenen Wege durch einen Wall o.ä), räumliche Gliederung der unterschiedlichen Immissionsquellen der vorgesehenen Biogasanlage mit Klärschlammtrocknung je nach Belastung bereits in den planerischen Festsetzungen und/oder Begrünungsauflagen, ggf. kombiniert mit Immissionsschutzwall oder einer Mauer. Derartige gestalterische Vorkehrungen wurden nicht getroffen, so dass der Bebauungsplanentwurf bereits gegen § 50 BImSchG verstieß und die nach § 1 Abs. 3 BauGB notwendigen Vorkehrungen zum Schutz vor Immissionen weder planerisch oder durch textliche Festsetzungen vorgenommen hat. Damit lag und liegt keine materielle Planreife vor, da hier die Geltendmachung von Rechtsverstößen im Anzeigeverfahren zu erwarten war (vgl. Jäde in: Jäde-Dirnberger-Weiss, BauGB BauNVO Kommentar, § 33 BauGB Rn. 14). Der Entwurf stellt keine taugliche planungsrechtliche Grundlage für eine Genehmigung nach § 33 BauGB dar.

28

2. Der Beklagte hat eine auf § 35 BauGB fußende Genehmigung weder erteilt noch die erteilte Genehmigung in eine solche umgedeutet; dem Gericht ist es mangels Vorliegen der Voraussetzungen verwehrt, die Genehmigung entsprechend umzudeuten.

29

Nach dem Wortlaut der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 und den vorliegenden Akten hat der Beklagte eine Genehmigung auf der Grundlage des § 35 BauGB nicht erteilt, da er von der Wirksamkeit des Bebauungsplans, hilfsweise von dessen Planreife ausging.

30

Es kommt vorliegend nicht darauf an, ob hier eine Genehmigung nach § 35 BauBG hätte erteilt werden können, worauf der Beklagte abstellt. Es ist zutreffend, wenn er ausführt, dass eine solche planungsrechtlich keinesfalls ausgeschlossen erscheint. Zumindest ist ein zwingender und nicht durch Einschränkungen des Betriebs oder Nebenbestimmungen behebbarer, sich aus § 35 BauGB ergebender Ausschlussgrund derzeit nicht ersichtlich.

31

Jedoch hat der Beklagte das Verfahren nicht in der Form betrieben, dass der hier angefochtenen Genehmigung 21. Oktober 2011 der § 35 BauGB als Grundlage unterlegt werden könnte. Es fehlt schon an dem notwendigen Einvernehmen der Beigeladenen zu 2., welches hier nicht ausdrücklich eingeholt wurde, was nach § 36 BauGB jedoch erforderlich ist. Weiterhin fehlt es in der Genehmigung an den nach § 17 i.V.m § 15 BNatSchG erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Flächeninanspruchnahme, deren Ausgestaltung auf einer ausreichenden Planung des jeweiligen Antragstellers und nach der naturschutzfachlichen Einschätzung der zuständigen Behörde zu erfolgen hat. Wie sich aus § 18 BNatSchG ergibt, ist eine solche Entscheidung in den von §§ 30, 33 BauGB erfassten Bereichen nicht (in gleichem Umfang) erforderlich. Die zuständige Genehmigungsbehörde hat die Genehmigung vom 21. Oktober 2011 bis zur mündlichen Verhandlung nicht selbst umgedeutet, insbesondere nicht in dem Schriftsatz vom 3. Februar 2017. Soweit der Beklagte die planungsrechtlichen Grundlagen darlegt, liegt darin keine eine Willenserklärung darstellende Umdeutung der Genehmigung. Zwar mag es zutreffen, dass die Beigeladene zu 1. unter bestimmten Bedingungen und Auflagen einen Anspruch auf Genehmigung einer Biogasanlage an dem jetzigen Ort hat. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Rechtsfehler der erteilten Genehmigung unbeachtlich wären. Zudem würden auch hier bisher die notwendigen Entscheidungen nach §§ 17 i.V.m. 15 BNatSchG fehlen.

32

Zwar ist das Gericht grundsätzlich befugt und ggf. verpflichtet, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt nach § 47 VwVfG in einen rechtmäßigen umzudeuten (BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2017 – 8 C 1/16 –, juris), jedoch scheitert dies hier daran, dass die notwendigen Entscheidungen nach §§ 17 i.V.m. 15 BNatSchG im Hinblick auf den naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörde vom Gericht nicht ersetzt werden können. Zudem wären weitere Behörden wie die untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Neuwied zu beteiligen (§ 17 Abs. 1 S. 1 BNatSchG) und es fehlen für den Außenbereich ausreichende Unterlagen nach § 17 Abs. 4 BNatSchG. Weiterhin fehlt die Zustimmung der Landespflegebehörde (heute: untere Naturschutzbehörde) nach § 5 Abs. 4 der Landesverordnung über den „Naturpark Rhein-Westerwald“, welche für die Genehmigung von baulichen Anlagen im Außenbereich an dieser Stelle erforderlich ist. Ebenso fehlen die notwendigen Vorkehrungen zur Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 BImSchG im Hinblick auf das nördlich angrenzende Industriegebiet und damit auch das klägerische Anwesen (siehe unten 3. und 4.).

33

3. Weiterhin verstößt die Genehmigung vom 21. Oktober 2011 gegen die nachbarschützenden Normen der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 BImSchG.

34

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind u. a. Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Immissionen sind nach § 3 BImSchG unter Anderem auf Menschen einwirkende Luftverunreinigungen und die damit verbundenen Gerüche sowie Geräusche.

35

Die der Genehmigung zugrundeliegenden Gutachten zur Schall- und Geruchsprognose im Hinblick auf das Industriegebiet und insbesondere das klägerische Anwesen sind unzureichend und auf fehlerhafter Tatsachengrundlage erstellt worden und daher nicht geeignet, die Einhaltung der Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nachzuweisen. Sie gehen von in der Genehmigung nicht abgebildeten und damit nicht zutreffenden Voraussetzungen aus.

36

Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung plastisch und nachvollziehbar dargelegt hat, fahren auch in jüngster Zeit noch Lieferanten für die Biogasanlage durch das Industriegebiet und insbesondere die E.-Straße in Richtung der Biogasanlage. Sie halten vor dem Anwesen des Klägers und fragen nach der Einfahrt zur Biogasanlage, wobei die Lastkraftwagen bzw. landwirtschaftlichen Gespanne selbst neben Lärm auch eine nicht unerhebliche Geruchsfracht freisetzen. Die übrigen Beteiligten haben dies nicht bestritten und auch nicht dargelegt, dass etwa eine ausreichende Beschilderung zu der südlichen Einfahrt der Anlage vorhanden sei. Die Beigeladene zu 2. hat zugestanden, dass eine Widmung der neuen Erschließungsstraße von der K 113 aus zur Anlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vorlag (und erst mit Beschluss vom 22. Mai 2017 in die Wege geleitet wurde, vgl. den nachterminlichen Schriftsatz vom 24. Mai 2017). Die Beigeladene zu 1. hat zwar sei 20. Dezember 2012 auf die technisch unproblematische Zufahrt von der E.-Straße über das dortige Tor verzichtet, bestreitet jedoch nicht die vom Kläger geschilderten Vorkommnisse. Postalisch hat die Anlage die Adresse „E.-Straße ...“. Da in der Genehmigung, wie dargelegt, nicht wirksam auf die Erschließungsregelung des Bebauungsplanes verwiesen werden kann, bedurfte es eines eigenen und durch Auflagen bewehrten Konzepts, um die den Gutachten zugrundeliegenden Annahmen abzusichern. In der Genehmigung wurde weder ein Zufahrtsverbot von Norden zur Biogasanlage festgesetzt noch die Beigeladene zu 1. verpflichtet, das dortige Tor zu beseitigen und/oder entsprechende Vorkehrungen dafür zu treffen, dass keinerlei (ihr zuzurechnende) Fahrzeuge von Norden auf die Biogasanlage zufahren. Danach durfte der von Norden aus über das Industriegebiet mögliche und tatsächlich auch stattfindende Verkehr von und zu der Anlage bei den Gutachten zu Schall und Geruch nicht vernachlässigt werden. Dieser Verkehr ist der Biogasanlage zuzurechnen und hat damit auch Einfluss auf die Berechnung der Schall- und Geruchsbelastung, welche auf das Industriegebiet und insbesondere auf das Grundstück des Klägers einwirken.

37

An dem gleichen Mangel leiden auch die gutachtlichen Stellungnahmen vom 15. Januar 2015, 24. Juli 2015 und das nach der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gutachten vom 4. Mai 2017. Zudem sind diese Gutachten von dem Beklagten nicht zum Gegenstand der Genehmigung gemacht worden, so dass sie allenfalls geeignet sind, den aktuellen Betrieb zu beschreiben. Sie binden jedoch die Beigeladene zu 1. nicht in der Weise, dass sie sich an die dem Gutachten zugrundeliegenden Angaben zur Betriebsweise zwingend halten müsste, weil diese in der Genehmigung als verbindlich zugrunde gelegt worden wären. Hierzu genügt auch nicht die einseitige Erklärung der Beigeladenen zu 1. in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17. Mai 2017.

38

Im Übrigen entspricht die in den Gutachten unterstellte Aufteilung der Fläche und Gestaltung der emittierenden Anlagenteile ersichtlich nicht dem Luftbild und der Katasterkarte der verwirklichten Anlage. Nach letzteren befinden sich im nordöstlichen Bereich nur drei große Behälter und nicht vier. Auch die Anordnung der Gebäude und übrigen Anlagen stimmt nicht überein (siehe Prognose vom 20. Mai 2011 Anhang VI, S. 3; Gutachten vom 24. Juli 2015, Anhang S. 5; vgl. die Grafik unten S. 22 und die Katasterkarte in der Anlage S. 27). Daher ist nicht erkennbar, ob der Gutachter von einer geplanten Anlage oder der konkret gebauten Anlage bei seinem Gutachten und den zugeordneten Emissionen ausgeht.

39

4. Selbst bei Heranziehung des von der Beigeladenen im Verfahren vorgelegten Gutachtens vom 20. Mai 2011 ungeachtet der zu 3. dargelegten Mängel verstößt die Genehmigung in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 2011 – 8 A 11215/10.OVG – NVwZ-RR 2011, 439; BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1991 – 7 B 102/90 – NVwZ-RR 1991, 236). gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Darüber hinaus ist durch die Genehmigung nicht sichergestellt, dass von der Anlage keine schädlichen Immissionen ausgehen (4).

40

Auf der Grundlage der überarbeiteten Immissionsprognose vom 20. Mai 2011 wird der Kläger zur Überzeugung des Gerichts auf seinem Grundstück unzumutbaren Geruchsimmissionen im Sinne einer erheblichen Belästigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt, wenn die Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage im genehmigten Umfang betrieben wird. Dies ergibt sich zweifelsfrei entgegen der Annahme des Beklagten und des Gutachters der Beigeladenen zu 1. unmittelbar aus dem Gutachten vom 20. Mai 2011.

41

Für die gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG erforderliche Beurteilung von Geruchsimmissionen auf dem Grundstück der Klägers ist nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten und des Gerichts die GIRL (Geruchsimmissionsrichtlinie der der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008) als Entscheidungshilfe heranzuziehen. Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen, auch wenn diese für Rheinland-Pfalz nicht verbindlich eingeführt wurde (OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 7. Oktober 2009 – 1 A 10898/07.OVG – und vom 4. Juli 2006 – 8 C 11709/05.OVG – sowie Beschluss vom 15. Juni 2005 – 8 A 10548/05.OVG –; OVG Schleswig, Beschluss vom 13. März 2006 – 1 LA 5/06 –). Für die Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen aus einer Biogas-Anlage fehlen untergesetzliche, rechtsverbindliche Konkretisierungen. Allerdings ist es in der Rechtsprechung verbreitet anerkannt, dass eine Beurteilung nach Maßgabe der GIRL eine Bewertung von Geruchsbelästigungen auch aus Biogas-Anlagen (auch in Kombination mit einer Klärschlammtrocknung) ermöglicht. Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer für die Beurteilung von Gerüchen aus Biogas-Anlagen grundsätzlich an, weil die Geruchsquellen Grünfuttersilagen und Gülle in der Rindviehhaltung und beim Betrieb von Biogas-Anlagen vorkommen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Oktober 2009, Az.: 1 A 10898/07, Rn. 81 mwN, zitiert nach juris).

42

Nach der GIRL bestimmt sich das Maß der zumutbaren Geruchsbelastung einerseits und der gebotenen Rücksichtnahme andererseits maßgebend nach der bauplanungsrechtlichen Situation der emittierenden Anlage einerseits und des Immissionsortes andererseits (vgl. Ziffer 3.1 GIRL).

43

Das Grundstück des Klägers liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiet, wobei bereits an dieser Stelle klarzustellen ist, dass es nicht auf die konkrete Nutzung des Grundstücks und deren Empfindlichkeit gegenüber Immissionen ankommt. Daher ist es für den Ausgang dieses Verfahrens – entgegen der Annahme der Beigeladenen zu 1. – irrelevant, ob gegen die genehmigte Bebauung des Grundstücks mit einem Wohnhaus Einwendungen erhoben werden könnten und ob dieses aktuell im Einklang mit baurechtlichen Vorschriften und der Baugenehmigung genutzt wird. Selbst wenn das Grundstück unbebaut wäre, genösse es als qualifiziert nutzbares Grundstück im Industriegebiet den hierfür vorgesehenen Schutz.

44

Nach den Annahmen des Gutachters auf Seite 35 des überarbeiteten Gutachtens vom 20. Mai 2011 wird das Grundstück des Klägers durch Gerüche der hier im Streit stehenden Biogasanlage in einer Häufigkeit von 0,13 (= 13%) belastet. Dies unterstellt auch die hier angefochtene Genehmigung. Die Annahme einer Geruchsbelastung in einer Häufigkeit von 0,13 lässt sich jedoch mit den Feststellungen des Gutachtens im Übrigen nicht vereinbaren. Bei Analyse der Grafik auf Seite 33 des Gutachtens vom 20. Mai 2011 ist erkennbar, dass der Wert von 0,13 nur im nordöstlichen Bereich des klägerischen Grundstücks in mehr als 25 m Entfernung von dem Gelände der Anlage erreicht wird. Die übrigen Teile des Grundstücks des Klägers liegen in Geruchsquadraten, in denen 0,14 (nordwestlich), 0,17 (südöstlich) und 0,19 (südwestlich) aufgeführt ist. Dabei liegt das Wohnhaus des Klägers mit wesentlichen Teilen auch noch im südwestlichen Grundstücksteil (bis auf ca. 4 m an die südliche Grundstücksgrenze heranreichend). Im südwestlichen Teil ist eine Grenzgarage erkennbar.

45

Der Immissionsgrenzwert für das hier vorliegende Industriegebiet liegt nach der Nr. 3.1 GIRL bei 0,15 Geruchsstunden und ist hier erheblich überschritten. Bei der Messung ist auf Grundstücke abzustellen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Nr. 4.4.6 der GIRL). Hierzu gehören in der Regel sämtliche Grundstücke in einem Industriegebiet, da dort innerhalb und außerhalb von Gebäuden gewerbliche Leistungen erbracht werden können. Die Messpunkte sind auch nicht auf die Bauwerke zu beziehen, sondern sollen sich gerade in ausreichendem Abstand hiervon (mehr als 1,5 m) befinden (Nr. 4.4.4 der GIRL) und zwar in einer Höhe, in der der Kopf eines erwachsenen Menschen zu erwarten ist (1,5 bis 2 m). Damit ist das gesamte Grundstück des Klägers als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen, so dass die Überschreitungen im südöstlichen und südwestlichen Teil des Grundstücks erheblich und relevant sind.

46

Wie die Beigeladene zu 1. und ihr Gutachter in dem Gutachten vom 13. Januar 2015 zugestanden haben, bildet das vorgenannte Gutachten vom 20. Mai 2011 den Betrieb der Anlage nicht zutreffend ab. Dies beruhte darauf, dass der Emissionsfaktor Gasverwertung BHKW ursprünglich mit 2.600 GE/m³ angesetzt worden war, nach Angaben des Gutachters hätte richtigerweise aber mit 3.000 GE/m³ angesetzt werden müssen. Auch der Emissionsansatz der Klärschlammtrocknungsanlage ist wegen eines Umrechnungsfehlers nach Angaben des Gutachters unzutreffend gewesen. Nach der sodann vorgelegten Stellungnahme vom 13. Januar 2015 (Grafik, Seite 4), welche die Änderungen durch die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 (vgl. 4 K 398/16.KO) bereits einbezieht, muss der Kläger eine Geruchsfracht für sein Grundstück von 0,15 (im nordöstlichen Bereich), von 0,16 (im nordwestlichen Bereich), von 0,18 (im südöstlichen Bereich) bzw. von 0,20 (im südwestlichen Bereich) hinnehmen. Hierbei ist davon auszugehen, dass nach der GIRL das Grundstück insgesamt Beurteilungsgrundlage ist, nicht nur der nördliche Teil des Wohnhauses. Die Fracht von 0,20 Geruchsstunden ist nach den dargelegten Grundlagen (Nr. 3.1.1 der GIRL) nicht mehr tolerierbar.

47

Dabei kann dahinstehen, ob am Rande zum Außenbereich höhere Werte als die in Ziffer 3.1 der GIRL vorgesehenen 0,15 hingenommen werden müssten. Die Tolerierung eines 0,17 Geruchsstunden betragenden Wertes wäre allenfalls im Hinblick auf die im Außenbereich privilegierte landwirtschaftliche Nutzung denkbar. Zwar ist die Erzeugung von Biomasse Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB, nicht jedoch die Verwendung dieser Biomasse in einer Biogas-Anlage. Die Biogas-Anlage ist vielmehr bauplanungsrechtlich als Gewerbebetrieb zu beurteilen. Eine gewerbliche bzw. industrielle Nutzung der Bioenergie ist nicht in gleicher Weise privilegiert, sondern wird regelmäßig, wie hier auch in die Wege geleitet, durch eine ordnungsgemäße Bauleitplanung begleitet und damit im Innenbereich ausgeführt. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB liegen erkennbar nicht vor, da keine akzessorische Anlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb vorliegt. Dies gilt erst recht für die ebenfalls erheblich emittierende Klärschlammtrocknung, die als rein gewerbliche Anlage nur bei Gelegenheit im Hinblick auf die überschüssige Energie aus der Biogasanlage hier angesiedelt wurde.

48

Selbst wenn man hier nach der GIRL eine für den Außenbereich vorgesehene Einzelfallabwägung vornehmen würde, gäbe es vorliegend keine zugunsten der Biogasanlage sprechenden Umstände, die eine Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle von 0,15 rechtfertigen könnten. Insbesondere die räumliche Verteilung der Emissionsquellen auf dem Grundstück der Biogasanlage mit der Ansiedlung von erheblich emittierenden Anlagenteilen (Nachgärer, Endlager, Fermenter, Blockheizkraftwerk) in unmittelbarer Nähe des Industriegebiets zeugen bei gleichzeitig fehlenden Immissionsschutzanlagen (Wand/Wall/Begrünung) von einer auch in der Wertung des § 35 BauGB anzunehmenden Rücksichtslosigkeit der Anlage gegenüber dem benachbarten Industriegebiet und begründen damit ein Abwehrrecht des Klägers.

49

Wie oben dargelegt, haben auch die Anordnungen der Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 nicht dazu geführt, dass nunmehr von einer rechtmäßigen und den Nachbarn nicht unzumutbar beeinträchtigenden Genehmigung in Gestalt dieser Änderungsgenehmigung auszugehen wäre. Die prognostischen Werte überschreiten weiterhin die zulässige Schwelle von 0,15 Geruchsstunden erheblich.

50

5. Die der Genehmigung zugrunde liegenden Gutachten sind nicht durch eine andere Prognose mit für den Betreiber verbindlich vorgegebener Betriebsweise in der Genehmigung in einer Weise ersetzt worden, dass die Gewährleistung des Immissionsschutzes durch die Genehmigung selbst sichergestellt ist.

51

Insbesondere kann die Immissionsprognose vom 24. Juli 2015 (auch unabhängig von dem zu 3. Ausgeführten) nicht nachweisen, dass nach dem genehmigten Umfang der Anlagennutzung es ausgeschlossen ist, dass unzumutbare Belästigungen von der Anlage ausgehen. So ist schon die dort beschriebene und auf den Erkenntnissen der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 und den bilateralen Erörterungen der Gutachter beruhende nunmehr angenommene Anlagenbetriebsweise zwar rechtlich als Minus zur genehmigten Nutzung nicht ausgeschlossen. Sie ist jedoch nicht Inhalt der Genehmigung geworden und damit für die Beigeladene zu 1. nicht verbindlich festgelegt. Der Beklagte hat dieses Gutachten vom 24. Juli 2015 bisher nicht – etwa in Ersetzung des Gutachtens vom 20. Mai 2011 – zum Gegenstand der Genehmigung gemacht, so dass sich die Beigeladene zu 1. an die neue Betriebsweise halten kann, aber nicht muss. Im Übrigen zeigt auch dieses Gutachten vom 24. Juli 2015, dass das Grundstück des Klägers noch über die Erheblichkeitsschwelle hinaus mit Gerüchen belastet wird. In der Grafik S. 26 des Gutachtens vom 24. Juli 2015 (siehe nachfolgend abgebildet) werden erstmals die Umrisse des Wohnhauses des Klägers annähernd zutreffend als Bestand dargestellt, so dass eine Zuordnung der Geruchsquadrate einfacher möglich ist. Die Grenzgarage ist nicht abgebildet.

52

Abbildung Katasterkarte: ...

53

Auch die südliche Grundstücksgrenze lässt sich im Vergleich mit der Katasterkarte (siehe Anlage, S. 24) annähernd genau bestimmen. Danach hat das Grundstück des Klägers zumindest im südwestlichen Bereich noch eine Belastung mit 0,16 Geruchsstunden zu besorgen, so dass auch hierdurch ein für den Kläger zumutbarer Betrieb der Anlage nicht nachgewiesen ist.

54

Wie bereits dargelegt, ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorrangig auf die der Genehmigung zugrundeliegende Prognose vom 20. Mai 2011 abzustellen. Die Stellungnahme vom 13. Januar 2015, das Gutachten vom 24. Juli 2015 und das nach der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gutachten vom 4. Mai 2017 (auch dort wird auf Seite 26 für den südwestlichen Grundstücksteil eine Belastung von 0,16 angenommen) sind nicht Teil des Genehmigungsantrags geworden und nicht im Genehmigungsbescheid in Bezug genommen. Damit modifizieren sie auch nicht den gestellten Genehmigungsantrag oder sind Teil der Genehmigung geworden. Sie beschreiben eine tatsächliche Betriebsweise, umschreiben jedoch nicht den Umfang des genehmigten Betriebs, der von diesen Gutachten abweichen kann.

55

Ohne Änderung der Genehmigung vom 20. Oktober 2011 im Hinblick auf die zugrundeliegenden Gutachten ist diese weiterhin rechtswidrig. Die Ergänzung bzw. Änderung der Genehmigung ist Sache eines fortgesetzten Genehmigungsverfahrens, bei dem die Entscheidungen der Beigeladenen zu 2. vom 24. Mai 2017 und ggf. nachfolgend der Verbandsgemeinde Rengsdorf zu verkehrsrechtlichen Hinweisschildern berücksichtigt werden können.

56

6. Nach alledem bedarf es keiner näheren Prüfung der weiteren Einwendungen des Klägers insbesondere auch zu der UVP-Vorprüfung nach § 3a ff. UVPG. Insoweit ist lediglich darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der vom 20. Juli 2011 seitens der SGD Nord erfolgten Vorprüfung (Dokumentation Bl. 126 ff. d.A.) nicht auf die Lage der Anlage im Geltungsbereich der Landesverordnung über den „Naturpark Rhein-Westerwald“ abzustellen war, da nach dessen § 1 Abs. 2 Flächen innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes mit baulicher Nutzung nicht Bestandteil des Naturparks sind. Zu dem genannten Zeitpunkt durfte die Genehmigungsbehörde noch davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 2. den Bebauungsplan nicht nur beschließt, war tatsächlich am 15. August 2011 erfolgt ist. Vielmehr war seinerzeit auch zu erwarten, dass der Plan zeitnah ausgefertigt und bekanntgemacht werden würde. Da die UVP-Vorprüfung möglichst früh entweder vor oder zu Beginn des Genehmigungsverfahrens erfolgen soll (vgl. § 3a Abs. 1 UVPG), konnte der seinerzeit zu erwartende Verfahrensablauf zum Bebauungsplan einschließlich der anstehenden Bekanntmachung unterstellt werden; gegenteilige Anhaltpunkte waren am 20. Juli 2011 nicht ersichtlich. Die weiteren Einwendungen etwa zu den Grenzwerten bei Formaldehyd können dahingestellt bleiben.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 VwGO. Da die Beigeladene zu 2., anders als die Beigeladene zu 1., am Vorverfahren nicht förmlich beteiligt war, waren ihr insoweit keine Kosten aufzuerlegen. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 2. einem anderen Beteiligten oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese mit ihren Anträgen unterlegen sind.

58

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO

59

Anlage: Karte aus Geoportal (angenähert 1: 1000)

60

Abbildung Karte Geoportal ...

Beschluss

61

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung des Beklagten aus dem Jahre 2008, einen Putenbestand wegen einer Tierseuche, einer Form der so genannten Vogelgrippe, zu töten. Adressiert hatte der Beklagte die Tötungsanordnung an den Kläger "als verantwortlichen Gesellschafter" der B. Putenmast, einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, der B-GbR, die er als Halterin der Puten ansah. Die Anordnung wurde Mitte Dezember 2008 vollzogen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und gegebenenfalls wann die B-GbR aufgelöst worden und der Kläger an ihrer Stelle Halter der Puten geworden ist. Die Tierseuchenkasse lehnte eine Entschädigung für die getöteten Tiere ab, weil Beiträge nicht fristgerecht gezahlt worden waren.

2

Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Tötungsanordnung hat das Verwaltungsgericht - nach Erlass eines Zwischen-Gerichtsbescheides - durch Zwischenurteil gemäß § 109 VwGO für zulässig erklärt. Der Kläger habe nach Erledigung der Tötungsanordnung ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Klagebegehren sei hauptsächlich auf die - weiterhin statthafte - Anfechtung der Tötungsanordnung gerichtet. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und der Beteiligten sei die Tötungsanordnung nicht erledigt, denn sie behalte im Entschädigungsverfahren Steuerungs- bzw. Regelungsfunktion. Es fehle aber die Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Der Kläger werde durch die Tötungsanordnung nicht in einer geschützten eigenen Rechtsposition betroffen. Er sei, wie er eingeräumt habe, nicht Eigentümer der unter Eigentumsvorbehalt gekauften Puten. Ein etwaiges Anwartschaftsrecht an den Puten vermittle ihm kein Klagerecht neben dem insofern vorrangig berechtigten Eigentümer oder Halter der Tiere. Die Tötungsanordnung sei auch nicht an ihn adressiert worden; Adressat sei vielmehr, wie eine Auslegung des Bescheides ergebe, die B-GbR gewesen. Der Kläger sei schließlich auch nicht Halter der Tiere gewesen, wie er geltend mache. Der Senat lege einen eigenständigen öffentlich-rechtlichen Tierhalterbegriff zugrunde, der nur voraussetze, dass die Haltereigenschaft der zuständigen Stelle angezeigt worden sei. Hieran gemessen sei die B-GbR als Halterin anzusehen. Dies gelte auch dann, wenn auf die Zivilrechtslage abgestellt werde. Der Senat habe im Rahmen der Beweiswürdigung nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die B-GbR bis zum Erlass der streitigen Verfügung vollständig im Sinne des § 730 BGB aufgelöst worden sei. Zwar hätten die Zeugen bestätigt, dass eine Auflösung auf Initiative der Hauptgläubigerin beschlossen worden sei; zu ausreichenden Umsetzungsmaßnahmen hätten sie aber wenig sagen können. Auch sei der Kläger im Rechtsverkehr noch bis ins Jahr 2010 ausdrücklich im Namen der B-GbR aufgetreten. Unabhängig davon gelte diese nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung dem Beklagten gegenüber als fortbestehend. Der Kläger habe die Klagebefugnis auch nicht dadurch erlangt, dass er während des Verfahrens Rechtsnachfolger der B-GbR geworden sei. Eine Rechtsnachfolge habe er selbst nicht geltend gemacht.

3

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ist begründet. Zwar rechtfertigen weder die erhobene Divergenzrüge noch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Sache die Zulassung der Revision. Der vom Kläger zu Recht gerügte Verfahrensmangel führt aber zur Aufhebung des angegriffenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts und zur Zurückweisung der Berufung gegen das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts.

4

1. Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, die eine Zulassung der Revision unabhängig von dem unten zu behandelnden Verfahrensmangel rechtfertigen könnte (vgl. Beschluss vom 26. Juni 2000 - BVerwG 7 B 26.00 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 15), ist nicht dargelegt. Eine Divergenz liegt vor, wenn sich das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat zu einem ebensolchen Rechtssatz, der in einer Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts aufgestellt worden ist (stRspr, Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 m.w.N.; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 29 ff.). Ein solcher Widerspruch wird im Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt.

5

Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht sei von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2001 (BVerwG 7 C 10.00 - BVerwGE 112, 335) abgewichen, weil es das Anwartschaftsrecht an den getöteten Puten nicht als Grundlage einer möglichen Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO angesehen habe. Damit ist ein Widerspruch zu dem genannten Urteil nicht dargetan. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass ein - von ihm unterstelltes - Anwartschaftsrecht "jedenfalls in der vorliegenden Konstellation" nicht geeignet sei, seinem Inhaber eine eigenständige, durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition zu vermitteln. Nach den tierseuchenrechtlichen Entschädigungsvorschriften (§§ 66, 72 TierSG) gingen die von einer Tötungsanordnung betroffenen Eigentümer und Tierhalter einem Anwartschaftsberechtigten vor (UA S. 10 ff.). Damit ist das angefochtene Urteil schon deshalb nicht von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen, weil diese zum Vermögensgesetz (VermG) und also nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift ergangen ist. Abgesehen davon liegt in der Sache keine Abweichung vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 11. Januar 2001 eine Anwartschaft als restitutionsfähigen Gegenstand im Sinne des § 3 VermG anerkannt, weil kein geschädigter Grundstückseigentümer vorhanden war (a.a.O. S. 344). Damit lag der Entscheidung vom 11. Januar 2001 ein anderer als der vom Berufungsgericht entschiedene Sachverhalt zugrunde. Ob im Übrigen dem geschädigten Inhaber eines Anwartschaftsrechts an einem Grundstück das Vollrecht auch dann zurückzuübertragen ist, wenn zugleich das Grundstückseigentum von einer Schädigungsmaßnahme betroffen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen. Diese Frage ist in einer früheren Entscheidung (Beschluss vom 24. Februar 1995 - BVerwG 7 B 23.95 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 9) sogar - insoweit übereinstimmend mit dem Berufungsgericht - verneint worden, worauf das Berufungsurteil zutreffend hinweist.

6

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

7

a) Das gilt zunächst, soweit die Beschwerde die Frage aufwirft, "unter welchen Voraussetzungen ein Anwartschaftsberechtigter i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist". Auch in der vom Kläger gemeinten Verengung auf Fälle, in denen "ein Eigentümer gleichartige Ersatzansprüche geltend machen" kann, würde die Frage nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache führen und könnte überdies in dieser Allgemeinheit auch nicht geklärt werden. Stellen könnte sich diese Frage hier nur für das Entschädigungsrecht nach dem Tierseuchengesetz (TierSG) und also für ausgelaufenes Recht. Denn das Tierseuchengesetz ist mit Wirkung zum 1. Mai 2014 vom Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz - TierGesG) vom 22. Mai 2013 (BGBl I S. 1324) abgelöst worden und außer Kraft getreten (§ 45 Abs. 1 TierGesG). Fragen, die sich nur aufgrund von auslaufendem und ausgelaufenem Recht stellen, verleihen einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung. Mit der Revision könnten Fragen zur Auslegung des geltenden Rechts nicht mehr mit Blick auf die Zukunft fallübergreifend geklärt werden (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 7. Oktober 2004 - BVerwG 1 B 139.04 - Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12 und vom 5. Oktober 2009 - BVerwG 6 B 17.09 - Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 4). Davon abgesehen ist nicht erkennbar, dass die Frage, wie die Beschwerde ohne Erläuterung behauptet, noch für eine größere Zahl von Fällen Bedeutung haben könnte. Dagegen spricht schon die besondere Fallkonstellation, die ihr zugrunde liegt.

8

b) Die unter 4. der Beschwerdeschrift aufgeworfene Frage, "unter welchen Voraussetzungen der im Adressfeld als Empfänger Ausgewiesene zugleich auch Adressat der behördlichen Maßnahme ist", hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten lässt. Die Frage, an wen sich ein Bescheid richtet, wer also so genannter Bekanntgabeadressat der Regelungen des Bescheides ist (zum Unterschied von Inhalts- und Bekanntgabeadressat vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 88 und 10), muss durch Auslegung des jeweiligen Bescheides im Einzelfall beantwortet werden. So ist das Berufungsgericht auch vorgegangen (UA S. 11). Die Beschwerde formuliert hierzu keine abstrakte klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfrage, sondern bemängelt die Auslegung des Berufungsgerichts. Die Frage weist deshalb trotz ihrer generalisierenden Einkleidung nicht über die konkrete Rechtssache hinaus. Dies zeigt auch die Beschwerdebegründung, die der Sache nach vornehmlich die rechtlichen Ansätze und die tatrichterliche Würdigung des Sachverhalts in Zweifel zieht.

9

c) Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache auch nicht, soweit die Beschwerde unter 5. rügt, dass das Berufungsgericht "die Haltereigenschaft des Klägers verneint und die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei Fortführung der tatsächlichen Sachherrschaft durch einen früheren Gesellschafter derselben im Rahmen der Klagebefugnis für unerheblich erachtet" hat. Mit der in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage, "unter welchen Voraussetzungen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die aufgelöst worden ist, weiterhin Halter von Tieren im verwaltungsrechtlichen Sinne sein kann", soll offenbar der vom Berufungsgericht entwickelte eigenständige öffentlich-rechtliche Halterbegriff (UA S. 14) zur Überprüfung gestellt werden. Dieser Frage fehlt hier im Ergebnis aber die Klärungsbedürftigkeit.

10

aa) Allerdings ist der vom Berufungsgericht herausgearbeitete Halterbegriff nicht in einer Weise Zweifeln entzogen, die weitere Klärung erübrigen würde. Der Beschwerde ist zuzugeben, dass eine allein auf die Anzeige abstellende Haltereigenschaft Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Eingreifens in Fällen weckt, in denen die Fortexistenz des Anzeigenden oder seine tatsächliche oder rechtliche Herrschaftsmacht über den Tierbestand zweifelhaft sind. Solchen Zweifeln ist das Urteil ausgesetzt, sofern es - wohl selbstständig tragend - darauf abstellt, die BGB-Gesellschaft sei nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung dem Beklagten gegenüber als fortbestehend zu behandeln gewesen (UA S. 15 f.). Diese Grundsätze dienen schon handelsrechtlich nicht dazu, ein nicht existentes Rechtssubjekt zu fingieren, sondern sollen die Haftung der den Rechtsschein setzenden Rechtsperson begründen, was hier gerade für die Haltereigenschaft des Klägers sprechen würde. Vor allem aber wäre ein fiktiver Halter kein geeigneter Regelungsadressat einer ordnungsrechtlichen Verfügung, wie sie in Rede steht.

11

bb) Für den konkreten Fall hat das Oberverwaltungsgericht die Zweifel an der Effektivität seines Halterbegriffs aber sinngemäß durch den Hinweis ausgeräumt, dass der Kläger bei Erlass der gegen ihn als Gesellschafter ergangenen Tötungsanordnung keine Einwände in die Richtung erhoben hat, ihm fehlten die Handlungsmöglichkeiten. Diese bindende Feststellung schließt aber die Notwendigkeit aus, die Tragfähigkeit des vom Berufungsgericht entwickelten Halterbegriffs grundsätzlich zu klären. Entscheidungserheblich wäre nur, ob der Kläger - sei es als tatsächlicher Gesellschafter, sei es, weil er den Rechtsschein einer in Wirklichkeit nicht mehr bestehenden Gesellschaft gesetzt hatte - tierseuchenrechtlich in Anspruch genommen werden durfte. Dies liegt jedoch - vorbehaltlich des Vorliegens der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Tötungsanordnung - auf der Hand und bedarf nicht der Beantwortung in einem Revisionsverfahren.

12

d) Die Sache hat auch mit der Frage keine grundsätzliche Bedeutung, "ob die Verwaltungsgerichtsrechtsprechung der zivilrechtlichen Konstruktion der Rechtsnachfolge uneingeschränkt folgt oder hiervon eigenständige Ausnahmen vorsieht". Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Wie die Beschwerde im Zusammenhang mit der Klagebefugnis zu Recht geltend macht, betrifft sie einen denkbaren Aspekt der Begründetheit der Klage, die nicht Gegenstand eines Zwischenurteils zur Feststellung der Zulässigkeit nach § 109 VwGO sein kann.

13

3. Dem Berufungsgericht ist aber ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO unterlaufen, auf dem das Urteil beruht.

14

a) Dieser Verfahrensfehler liegt freilich nicht darin, dass das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, "ob der Veräußerer der Puten einen eigenständigen Ersatzanspruch gegen den Beklagten" hatte.

15

aa) Ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Aufklärungsmangel leidet, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen, und zwar unabhängig davon, ob dieser Standpunkt zutrifft (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 30. Dezember 2009 - BVerwG 4 BN 13.09 - juris und vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den Rechtsstandpunkt eingenommen, dass allein schon die Existenz eines dinglich Berechtigten zur Zeit der Tötung der Tiere verhindere, dass an den Besitzer oder Anwartschaftsberechtigten der Tiere eine Entschädigung mit befreiender Wirkung gezahlt werden darf. Als Berechtigter komme insoweit nur der Eigentümer der Tiere in Betracht, sofern nicht ausnahmsweise ein anderer, dinglich vorrangiger Berechtigter (z.B. Pfandrechtsinhaber) vorhanden sei (UA S. 10). Mit diesem rechtlichen Ansatz befand sich das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 20. Januar 2005 - BVerwG 3 C 15.04 - Buchholz 418.6 TierSG Nr. 18 = NVwZ-RR 2005, 446). Hiervon ausgehend war die Frage, ob dem Eigentümer tatsächlich ein Entschädigungsanspruch zustand, nicht entscheidungserheblich; das Berufungsgericht musste ihr nicht nachgehen.

16

bb) Diese Betrachtung kann der Kläger nicht allein unter Hinweis darauf infrage stellen, dass er die Kaufpreisforderung des Verkäufers und Eigentümers der Puten beglichen habe. Zwar bewirkt die Kaufpreiszahlung, dass ein Anwartschaftsrecht zu Eigentum erstarkt, im Fall des Klägers das Eigentum an den Puten also auf ihn übergeht. Maßgeblich war aber nach Ansicht des Berufungsgerichts, das sich hierfür auf die Regelung in § 72 Abs. 1 TierSG gestützt hat, die Eigentumslage zum Zeitpunkt der Tötung der Tiere. Dass die Kaufpreisforderung seinerzeit bereits erfüllt war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und die Beschwerde nicht behauptet.

17

b) Verfahrensfehlerhaft war es aber, dass das Berufungsgericht im Rahmen der Klagebefugnis abschließend geprüft hat, wer Halter der Puten und damit Betroffener der Tötungsanordnung und möglicher Geschädigter gewesen ist, der Kläger oder die B-GbR. Die Beschwerde macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht mit der Beweisaufnahme die Anforderungen an die Klagebefugnis überspannt hat.

18

aa) Bei der Anfechtungsklage verlangt § 42 Abs. 2 VwGO, dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Zur Geltendmachung ist es in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass er Tatsachen vorträgt, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass er durch den Verwaltungsakt in einer eigenen rechtlich geschützten Position beeinträchtigt ist (vgl. Urteil vom 27. November 1996 - BVerwG 11 A 100.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 18 = NVwZ 1997, 994). Der Kläger hat diese Anforderungen erfüllt, indem er seine Rechtsverletzung damit begründet hat, er sei Halter der Puten gewesen. Dieser Vortrag, seine Richtigkeit unterstellt, hätte nach dem rechtlichen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts die tierseuchenrechtliche Verantwortlichkeit (§ 24 TierSG a.F.) sowie eine potenzielle Entschädigungsberechtigung des Klägers und damit seine Klagebefugnis begründet. Das Berufungsgericht hat ungeachtet dessen im Rahmen der Zulässigkeit durch Beweiserhebung geklärt, ob die B-GbR vor dem Erlass der Tötungsanordnung rechtlich vollständig aufgelöst war und den Kläger als Halter verdrängte, und hat dabei seinen Tatsachenvortrag als widerlegt angesehen. Damit ist es deutlich darüber hinausgegangen, was die Geltendmachung nach § 42 Abs. 2 VwGO erfordert. Für die im Rahmen der Zulässigkeit nur zu prüfende Möglichkeit einer Rechtsverletzung genügt es, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die - wenn sie sich als zutreffend erweisen - eine Rechtsverletzung ergeben können. Darin erschöpft sich die Filterfunktion der Klagebefugnis (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. I, Stand: April 2013, § 42 Abs. 2 Rn. 10; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 365 ff.).

19

Sind die vom Kläger zur Begründung der Rechtsverletzung vorgebrachten Tatsachen, wie hier, streitig oder sonst zweifelhaft, ist die Klärung ihrer Richtigkeit im Rahmen der Begründetheit der Klage vorzunehmen. Zwar hat das Gericht die Sachentscheidungsvoraussetzungen in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und ihre tatsächlichen Voraussetzungen gegebenenfalls aufzuklären (vgl. Beschluss vom 9. Januar 2013 - BVerwG 9 B 20.12 - Buchholz 424.01 § 64 FlurbG Nr. 8 m.w.N.). Die Aufklärung wird insoweit jedoch durch die Anforderungen begrenzt, welche die jeweilige Sachentscheidungsvoraussetzung stellt. Das ist im Falle des § 42 Abs. 2 VwGO die bloße Geltendmachung der Rechtsverletzung; dass sie vorliegt, ist für die Zulässigkeit ohne Bedeutung. Lässt sich die Rechtsverletzung nicht bereits auf der Basis des Tatsachenvortrags offensichtlich und eindeutig verneinen, ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Begründetheitsprüfung der Anfechtungsklage, gegebenenfalls durch Beweiserhebung, festzustellen, ob die geltend gemachten Tatsachen zutreffen. Das gilt auch dann, wenn wie hier in einem Zwischenverfahren nach § 109 VwGO nur die Zulässigkeit der Klage zur Prüfung steht. Dies verschärft nicht die Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO. Im Gegenteil besteht die Funktion des Zwischenverfahrens gerade darin, unter prozessökonomischen Gesichtspunkten zu klären, ob in der Begründetheit erforderliche umfangreiche Erörterungen oder Beweiserhebungen vergeblich wären (vgl. Bamberger, in: Wysk, VwGO, 2011, § 109 Rn. 1).

20

bb) Die Klage war auf der Grundlage des Streitstoffs im Berufungsverfahren zulässig, die Abweisung als unzulässig daher verfahrensfehlerhaft. Verkennt ein Gericht die prozessuale Bedeutung des § 42 Abs. 2 VwGO und weist es daher eine Anfechtungsklage wegen Fehlens der Klagebefugnis als unzulässig ab, so liegt darin ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn in der Sache hätte entschieden werden müssen (vgl. auch Beschluss vom 17. Dezember 2001 - BVerwG 6 B 61.01 - NVwZ-RR 2002, 323 und vom 6. September 2000 - BVerwG 7 B 216.99 - Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 29 m.w.N.; Wysk, in: ders., VwGO, 2011, Vorb. §§ 40 bis 53 Rn. 14 m.w.N.).

21

cc) Das angefochtene Urteil beruht auch im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf diesem Verfahrensmangel. Die Entscheidung wäre bei Vermeidung des Fehlers zu dem vom Kläger erstrebten Ergebnis der Zurückweisung der Berufung gelangt, sodass es bei der erstinstanzlichen Feststellung der Zulässigkeit geblieben wäre. Eine Abweisung als unbegründet mangels Rechtsverletzung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wie sie bei Zugrundelegung des materiellrechtlichen Standpunkts und der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sachlich geboten war, kommt im Zwischenverfahren schlechthin nicht in Betracht. Damit würde ein Gericht über den Streitgegenstand des Zwischenverfahrens hinausgehen.

22

4. Der Senat nimmt den Verfahrensfehler zum Anlass, das Berufungsurteil zu ändern und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Dies hätte der Senat auch in einem Revisionsverfahren auszusprechen, ohne dass in dem auch dort zu wahrenden Rahmen des § 109 VwGO ein Spielraum bestünde. Dann aber kann eine gebotene Korrektur des Berufungsurteils in entsprechender Anwendung des § 133 Abs. 6 VwGO bereits im Beschwerdeverfahren bewirkt werden. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass das Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage dieser Vorschrift ermächtigt ist, ein prozessrechtlich zwingendes Verfahrensergebnis im Interesse der Verfahrensökonomie selbst herzustellen (vgl. Beschlüsse vom 2. November 2011 - BVerwG 3 B 54.11 - Buchholz 310 § 133 (nF) VwGO Nr. 96 = NVwZ-RR 2012, 86 m.w.N. und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 8).

23

Da das Verfahren nach der Zurückweisung der Berufung gegen das Zwischenurteil beim Verwaltungsgericht fortzusetzen ist, muss die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

Der zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Genehmigungsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Klärschlammtrocknung und einer Biogasanlage und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 24. Juni 2014 werden aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die im gerichtlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte und die Beigeladenen zu 1. und 2. zu je einem Drittel; die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vorverfahren tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. je zur Hälfte; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der Gemarkung A., Flur 9, Flurstück 3/19 (Katasterkarte siehe Anlage, S. 24). Das Grundstück liegt am südlichen Ende innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des rechtsverbindlichen Bebauungsplans „Gewerbe- und Industriegebiet B.“ der Beigeladenen zu 2., der für diesen Bereich als Art der baulichen Nutzung ein Industriegebiet (GI) gemäß § 9 BauNVO ausweist. Die Baugenehmigung für das auf diesem Grundstück stehende und vom Kläger selbst bewohnte Wohnhaus wurde mit Bauschein der Kreisverwaltung Neuwied vom 14. Februar 2006 erteilt. Durch Eintragung einer entsprechenden Baulast in das Baulastenverzeichnis der Kreisverwaltung Neuwied ist die Nutzung als Betriebsleiterwohnung festgeschrieben.

3

Die Beigeladene zu 2. beschloss für den Bereich südlich des vorgenannten Industriegebiets unmittelbar angrenzend daran die Aufstellung eines Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage". Im Aufstellungsverfahren legte die Beigeladene zu 1. eine gutachterliche Geruchsimmissionsprognose der Fa. C. GmbH, D., vom 7. Februar 2011 vor, die von dem Gemeinderat der Beigeladenen zu 2. zur Grundlage der Abwägung beim Satzungsbeschluss am 15. August 2011 gemacht wurde. Darin schloss der Sachverständige aus seinen Berechnungen, dass auf dem Grundstück des Klägers in 9 % der Jahresstunden von der geplanten Anlage verursachte Gerüche wahrzunehmen sein würden. Dieser Wert wurde auch in die Begründung des Bebauungsplanes übernommen. Der Bebauungsplan sieht am nördlichen Rand eine 3 m breite nicht überbaubare Fläche vor, dort jedoch weder Begrünungs- oder sonstige Immissionsschutzmaßnahmen. Das Grundstück des Klägers beginnt etwa 13 m nördlich des vorgesehenen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, wobei bauliche Anlagen schon in 16 m Entfernung von dem Grundstück des Klägers zulässig wären und tatsächlich schon in 18 m Entfernung erbaut wurden (Blockheizkraftwert – BHKW). Der Bebauungsplan wurde bis zur mündlichen Verhandlung am 26. April 2017 weder ausgefertigt noch öffentlich bekanntgemacht.

4

Mit Schreiben vom 17. Juni 2011 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogas- sowie einer Klärschlammtrocknungsanlage auf dem südlich vom Wohnanwesen des Klägers gelegenen Betriebsgelände in der Gemarkung A., Flur 9, Flurstücke 9, 10/1, 10/2, 3/48, 11/1, 11/2 und 12. Mit den Antragsunterlagen legte die Beigeladene zu 1 u.a. auch eine in ihrem Auftrag erstellte gutachterliche Geruchsimmissionsprognose der C. GmbH vom 20. Mai 2011 vor. Darin schloss der Sachverständige aus seinen Berechnungen, dass auf dem Grundstück des Klägers in 13 % der Jahresstunden von der geplanten Anlage verursachte Gerüche wahrzunehmen sein würden, wobei im Umfeld des Betriebsgeländes ansonsten keine anderen relevanten Emittenten vorhanden seien.

5

Nach Durchführung eines vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erteilte die SGD Nord der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 die beantragte Genehmigung. Diese ist mit einer Vielzahl von Nebenbestimmungen verbunden, die insbesondere im Abschnitt „4. Immissionsschutz" auch Regelungen zur Begrenzung, Ableitung und Messung von Emissionen an geruchsintensiven Stoffen enthalten. Eine Zustellung des Genehmigungsbescheids an den Kläger erfolgte seinerzeit nicht.

6

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 erhob der Kläger gegen diese Genehmigung Widerspruch und führte aus, es sei unmittelbar nach Inbetriebnahme der Anlage an seinem Wohnhaus zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen gekommen, insbesondere sei ein Aufenthalt im Freien undenkbar.

7

Im Zusammenhang mit einer Gewässerverunreinigung des Burbachs wurde die Undichtigkeit der Fahrsiloanlage festgestellt und mit verschiedenen Anordnungen der Betrieb der Anlage einschränkt bis zu einer Sanierung. Am 5. Februar 2013 ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 an. Es kam zu insgesamt vier gerichtlichen Eilverfahren (7 L 24/13.KO, 7 L 39/13.KO, 7 L 68/13.KO und 7 L 289/13.KO) im Hinblick auf die Genehmigung und die nachträglichen Anordnungen des Beklagten. Weiterhin erging auf Antrag der Beigeladenen die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 zur Änderung der Genehmigung der Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage vom 21. Oktober 2011 durch die Sanierung der Fahrsiloanlage und die Änderung der Substratzusammensetzung, die Gegenstand des ebenfalls vom Kläger betriebenen Verfahrens 4 K 398/16.KO ist.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 wies die SGD Nord den Widerspruch gegen die Genehmigung zurück und führte zur Begründung aus, im Fall der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheids grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblich. Eine von der Genehmigung abweichende Bauausführung könne hierbei unberücksichtigt bleiben - sei es, dass sich die Abweichungen aus einer späteren behördlichen Zulassung (z.B. einer Änderungsgenehmigung gemäß § 16 BlmSchG), einer später erlassenen behördlichen Anordnung (z.B. einer nachträglichen Anordnung gemäß § 17 BlmSchG) ergäben oder vom Anlagenbetreiber zu Recht (nicht nach § 15 BlmSchG anzeigebedürftige Abweichungen) oder zu Unrecht eigenmächtig vorgenommen worden seien. Das Wohnanwesen des Klägers sei ausreichend vor von der streitgegenständlichen Anlage verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruch geschützt. Zur Ermittlung und Beurteilung von Geruchsimmissionen ziehe die SGD Nord die Maßstäbe und Methoden nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) vom 29. Februar 2008 heran. Nach Nr. 3.1 der GIRL sei eine nach ihrer Herkunft aus Anlagen erkennbare Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung anzusehen, wenn die Gesamtbelastung die in der dortigen Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (angegeben als relative Häufigkeiten der Geruchsstunden) überschreite. Für Gewerbe- und Industriegebiete betrage der maximal zulässige Immissionswert (IW) gemäß Spalte 2 der Tabelle in Nr. 3.1 der GIRL 0,15 (entsprechend 15% der Jahresstunden). Zur Beantwortung der Frage, ob die Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruch erfüllt sei, bedürfe es nach Nr. 4.2 der GIRL im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens grundsätzlich für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkungen maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) der Bestimmung der Kenngröße für die Gesamtbelastung, die sodann mit den Immissionswerten nach Nr. 3.1 der GIRL zu vergleichen sei. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ergebe sich dabei als Summe der gemäß Nr. 4.5 der GIRL durch eine Geruchsausbreitungsrechnung zu ermittelnden Kenngröße für die Zusatzbelastung (d.h. der voraussichtlich von der zur Genehmigung gestellten Anlage auf jede Beurteilungsfläche einwirkenden Geruchsimmissionen) und der gemäß Nr. 4.4 der GIRL durch eine Rasterbegehung oder eine Geruchsausbreitungsrechnung zu ermittelnden Kenngröße für die vorhandene Belastung (d.h. der von anderen als der zur Genehmigung gestellten Anlage auf jede Beurteilungsfläche im Beurteilungsgebiet einwirkenden Geruchsimmissionen). Auf Grundlage der beschriebenen Methodik habe der Sachverständige für das Wohnanwesen des Klägers eine von der Anlage verursachte Zusatzbelastung ermittelt, ausgedrückt als relative Häufigkeit der Geruchsstunden von 13 %. Daneben seien vom Sachverständigen bei einem Ortstermin keine anderen relevanten Emittenten ermittelt worden, die als Vorbelastung im Sinne der GIRL zu werten wären. Da damit die Gesamtbelastung in Bezug auf Geruchsimmissionen am Wohnhaus des Klägers den einschlägigen Immissionswert von 0,15 (= 15 % der Jahresstunden) unterschreite, sei von einem ausreichenden Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruch auszugehen. Demzufolge könne es vorliegend auch dahinstehen, ob bei Betriebsleiterwohnungen in einem von vornherein grundsätzlich schon nicht wohnverträglichen Industriegebiet im Einzelfall nicht sogar noch höhere Geruchshäufigkeiten zulässig sein könnten. Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungen des Sachverständigen seien vom Kläger nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht erkennbar.

9

Der Widerspruchsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. Juni 2015 zugestellt.

10

Der Kläger hat am 23. Juli 2014 Klage erhoben und trägt ergänzend und vertiefend vor, die Genehmigung vom 21. Oktober 2011 sei formell und materiell rechtswidrig und verletze ihn seinen Rechten. Die standortbezogene Vorprüfung zur Ursprungsgenehmigung vom 21. Oktober 2011 entspreche nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Die jeweiligen Vorprüfungen hätten vielmehr zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen gewesen sei. Die Ausführungen in der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 genügten nicht den Anforderungen des § 3c UVPG an die erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls. Die besondere Empfindlichkeit des Gebiets, in dem die Anlagen errichtet worden seien, ergebe sich unter anderem daraus, dass es im Naturpark Rhein-Westerwald liege, die damals bestehenden landwirtschaftlichen Nutzungen für den Bereich des Vorhabens zu beachten seien, das nahegelegene Gewässer des Burbachs als Nebenbach des Saynbachs sowie das FFH-Gebiet Brexbach- und Saynbachtal betroffen sein könnten. Darüber hinaus seien die übrigen Immissionen für diese Gebiete nicht betrachtet worden. Die Genehmigung verstoße gegen das nachbarschützende Bestimmtheitsgebot und gegen die immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten nach § 5 Abs. 1 BlmSchG. Die für das Emissionsverhalten der Biogasanlage und Klärschlammlagerung maßgebenden Substratmengen und die zur Geruchsminderung notwendigen organisatorischen Maßnahmen, wie die Abdeckung der Mistlagerfläche, seien der Genehmigung und den Genehmigungsunterlagen nicht zu entnehmen. Weiterhin seien die Anforderungen an die Austrittsbedingungen und die Schornsteinhöhe nicht bestimmt. Die Ursprungsgenehmigung regele lediglich die Schornsteinhöhe von mindestens 10 m. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen verstießen gegen die Abwehrpflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG. Wesentlich für die Geruchsbelastung seien neben den Lagerflächen die Emissionen aus der Biogasanlage und der Klärschlammtrocknung. Die Emissionen aus der Biogasanlage und der Klärschlammtrocknung stammten neben den Be- und Entladevorgängen der Anlagen aus den gefassten Quellen, also aus den Schornsteinen. Die Nebenbestimmungen zu den Austrittsbedingungen der Schornsteine für die Biogasanlage und die Klärschlammtrocknung genügten nicht den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen. Trotz der fehlenden Festsetzung bestimmter Schornsteinhöhen und Austrittsgeschwindigkeiten in der Genehmigung gehe diese von bestimmten Bedingungen aus. Mangels entsprechender Vorgaben im Genehmigungsbescheid unterschätze das Gutachten damit systematisch die im legalen Betrieb infolge der variablen Austrittsbedingungen möglichen Immissionen. Die Ursprungsgenehmigung lege für den Schadstoff Formaldehyd einen zu hohen Grenzwert fest. Formaldehyd sei seit dem 1. April 2015 im Anhang VI der Verordnung 2008/1272/EG über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen in der Kategorie 1B eingestuft: „wahrscheinlich karzinogen beim Menschen". Mit der Einstufung von Formaldehyd als krebsgefährdend und erbgutverändernd gälten aufgrund der Nr. 5.2.7.1.1 Abs. 3 TA Luft neue Anforderungen. Es fehle eine FFH-Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet Brexbach- und Saynbachtal.

11

Der Kläger beantragt,

den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb der Klärschlammtrocknungs- und Biogasanlage in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2014 aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 und führt ergänzend aus, die mit Schriftsatz vom 16. Januar 2017 erstmals vorgebrachte angebliche Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfungen sei nach Maßgabe von § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG verspätet. Die Dokumentation zur UVP-Vorprüfung stamme vom 20. Juli 2011 und bestätige die ordnungsgemäße Durchführung dieser Vorprüfung. Sie ende mit der zutreffenden Feststellung, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen auf eines der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Schutzgebiete möglich erscheinen, und komme zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer UVP entbehrlich sei. Das Betriebsgelände liege zwar innerhalb des Gebiets des Naturparks Rhein-Westerwald, jedoch nicht innerhalb einer der nach § 3 der Landesverordnung über den Naturpark Rhein-Westerwald festgelegten 5 Kernzonen. Das Betriebsgelände liege weder innerhalb des FFH-Gebiets Brexbach- und Saynbachtal noch unmittelbar in seiner Nähe (Abstand mehr als 1 km). Der Bescheid sei auch bestimmt, da zu der Genehmigung auch die zugehörigen Antrags- und Planunterlagen - wozu auch die Immissionsprognosen zählten – gehörten und ihr Inhalt hieraus zu ermitteln sei. Die Beigeladene zu 1. sei verpflichtet, ihre Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass die in der Immissionsprognose genannten Ableitungsbedingungen tatsächlich gegeben seien. Der Kläger sei an seinem Wohnanwesen ausreichend vor von der streitgegenständlichen Anlage verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen durch erhebliche Geruchsbelästigungen geschützt. In dem Gutachten der Fa. C. GmbH vom 24. Juli 2015 sei eine Neuberechnung der im Beurteilungsgebiet auftretenden Geruchsimmissionen unter Berücksichtigung folgender geruchsmindernder Maßnahmen vorgenommen worden: - Abdeckung der Feststoffannahme, - Änderung der Inputstoffe, - Änderung der Fahrsiloanlage, - Verbesserung der Ableitbedingungen der Klärschlammtrocknungsanlage. Es komme zu dem Ergebnis, dass sich an der nahegelegenen Wohnnutzung bezüglich Geruchsimmissionen eine Zusatzbelastung zwischen 10 und 14 % der Jahresstunden ergebe, die zugleich der Gesamtbelastung entspreche. Der Immissionswert für Gewerbe- und Industriegebiete von 0,15 (entsprechend 15 %) nach Nr. 3.1 der GIRL sei damit eingehalten bzw. werde sogar noch unterschritten. In der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 sei kein zu hoher Emissionsgrenzwert für Formaldehyd festgelegt worden, vielmehr sei der seinerzeit geltende Wert sei festgelegt worden. Im Hinblick auf die Änderung des Rechts seien nachträgliche Anforderungen bereits verfügt worden. Da nach den insoweit einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Maßstäben dem baurechtlichen Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme genüge getan sei, könnten die Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Sie verweist auf die Ausführungen des Beklagten und führt ergänzend unter anderem aus, es lägen von C. zwei Geruchsausbreitungsprognosen und eine Nachberechnung einer Geruchsausbreitungsprognose vor. Es handele sich dabei um die Immissionsprognose vom 7. Februar 2011, die den Bebauungsplanakten beiliege. Des Weiteren liege die Nachberechnung vom 13. Januar 2015 und das Immissionsschutzgutachten vom 24. Juli 2015 vor, welches im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 erstellt worden sei. Die Immissionsprognose vom 7. Februar 2011 sei auf der Grundlage des Scoopingtermins überarbeitet worden zu der Prognose vom 20. Mai 2011. Letztere gelange am Messpunkt IP 1 zu einer Belastung von 13 % der Jahresstunden. Bei IP 1 handele es sich um einen Messpunkt, der den Standort der Betriebsleiterwohnung des Klägers bezeichne. Diese Nachberechnung sei nach intensiver Prüfung seitens der SGD und weiteren Erläuterungen des Gutachters Grundlage der Genehmigung geworden. Die Nachberechnung vom 13. Januar 2015 weise für den Standort der Betriebsleiterwohnung des Klägers eine Jahresstundenbelastung von 15 % aus. Dies beruhe darauf, dass der Emissionsfaktor Gasverwertung BHKW ursprünglich mit 2.600 GE/m³ angesetzt worden sei, richtigerweise aber mit 3.000 GE/m³ hätte angesetzt werden müssen. Auch der Emissionsansatz der Klärschlammtrocknungsanlage sei wegen eines Umrechnungsfehlers unzutreffend gewesen. Die Immissionsprognose vom 24. Juli 2015 sei auf die Verhandlung in der öffentlichen Sitzung des Gerichts vom 31. März 2015 zurückzuführen und in Abstimmung mit dem Gutachter des Klägers erstellt worden. Im Rahmen dieser Untersuchung seien gegenüber dem Ursprungsgutachten geruchsmindernde Maßnahmen berücksichtigt worden, die bereits umgesetzt seien. Dies sei die Abdeckung der Feststoffannahme, so dass Geruchsemissionen nur noch während der Befüllung aufträten. Durch die Änderung der Inputstoffe verringere sich der Emissionsfaktor für die Silage von 4,6 auf 4,1 GE/m²*s. Durch die Änderung der Fahrsiloanlage seien die Anschnittfläche verkleinert und damit die Geruchsemissionen reduziert worden. Auch seien die Ableitungsbedingungen der Klärschlammtrocknung verbessert worden. Die Immissionsprognose mit Datum vom 24. Juli 2015 weise für den Standort der Betriebsleiterwohnung des Klägers einen Wert von 11 % der Jahresgeruchsstunden aus. Diese Verminderung gegenüber der Nachberechnung vom 13. Januar 2015 ergebe sich aus den Änderungen, die sie zwischenzeitlich durchgeführt habe und die durch die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 vorgegeben worden seien. Die umgesetzten Maßnahmen hätten eine Verbesserung der Geruchsbelastungssituation zur Folge und das Gutachten vom 24. Juli 2015 weise dies richtigerweise aus.

16

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Sie führt im Wesentlichen aus, zutreffend sei, dass der Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage" bislang nicht in Kraft getreten sei, es fehle an der Ausfertigung und Bekanntmachung. Die Genehmigung verletze den Kläger jedoch nicht in seinen Rechten, wie sich aus den zutreffenden Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. ergebe.

18

Das zunächst unter dem Aktenzeichen 4 K 708/14.KO geführte Verfahren hat – wie auch das Parallelverfahren 4 K 707/14.KO - nach der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 im Hinblick auf mit sachverständiger Unterstützung geführte Einigungsgespräche geruht und ist unter dem vorliegenden Aktenzeichen 4 K 399/16.KO wieder aufgerufen worden.

19

Die nachterminlichen Vergleichsgespräche sind gescheitert. Die Beigeladene zu 1. legte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz eine weitere Immissionsprognose vom 4. Mai 2017 vor.

20

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten (10 Hefte und 2 Ordner), die Aufstellungsakten zu dem Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage“ (2 Ordner) und die Gerichtsakten 7 L 24/13.KO, 7 L 39/13.KO, 7 L 68/13.KO und 7 L 289/13.KO sowie 4 K 398/16.KO (4 K 707/16.KO); sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

22

Der zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erlassene Genehmigungsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom 21. Oktober 2011 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Klärschlammtrocknung und einer Biogasanlage in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er war daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die auf den geplanten Regelungen des Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage“ (1.) fußende Genehmigung ist nicht in eine Genehmigung im Außenbereich umzudeuten (2.). Ihr liegen im Hinblick auf die nicht heranzuziehenden Festlegungen des Bebauungsplans „Sondergebiet Biogasanlage“ keine ausreichenden Immissionsgutachten zugrunde (3.). Zudem weist die der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsimmissionsprognose eine unzumutbare Belastung für das Grundstück des Klägers aus (4.). Diese wurde bisher nicht durch eine andere Prognose mit für den Betreiber verbindlich vorgegebener Betriebsweise in der Genehmigung ersetzt, so dass die Gewährleistung des Immissionsschutzes durch die Genehmigung selbst bisher nicht sichergestellt ist (5.). Danach können die weiteren Einwendungen des Klägers dahingestellt bleiben (6.).

23

Rechtsgrundlage für die erteilte Genehmigung sind die §§ 5, 6, 10 BImSchG. Danach ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Anlage zu erteilen, wenn von ihr keine schädlichen Immissionen ausgehen und im Übrigen keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

24

1. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen des § 30 oder des § 33 BauGB für die Anlage liegen nicht vor.

25

Die von der Genehmigungsbehörde zugrunde gelegte bauplanungsrechtliche Grundlage des § 30 BauGB ist nicht gegeben, da der Ortsgemeinderat der Beigeladenen zu 2. den Bebauungsplan „Sondergebiet Biogasanlage“ zwar am 15. August 2011 als Satzung beschlossen hat, dieser jedoch bis zur mündlichen Verhandlung der Kammer weder von der Ortsbürgermeisterin ausgefertigt noch öffentlich bekannt gemacht wurde. Damit ist der Bebauungsplan nicht wirksam geworden.

26

Ebenso liegen die Voraussetzungen des § 33 BauGB für die hier erteilte Genehmigung nicht vor. Zwar hat die Beigeladene zu 1. die nach § 33 Abs. 1 BauGB erforderliche Erklärung zur Anerkennung der Festsetzungen (Bl. 123 der Antragsunterlagen) abgegeben. Jedoch hat der Bebauungsplan keine Planreife erreicht.

27

In der Planung der Beigeladenen zu 2. fehlen die nach den im August 2011 vorliegenden Unterlagen zwingend erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Vorkehrungen in Bezug auf das unmittelbar benachbarte Industriegebiet. Der Ortsgemeinderat der Beigeladenen zu 2. stützte sich bei der Abwägung am 15. August 2011 auf das Geruchsgutachten vom 7. Februar 2011. Dieses war nach dem Schreiben der SGD Nord an die Beigeladene zu 2. vom 11. Mai 2011 unzureichend, um die voraussichtlichen Geruchsbelastungen sachverständig prognostizieren zu können. Im vorliegenden Genehmigungsverfahren wurde ein überarbeitetes Gutachten vom 20. Mai 2011 vorgelegt, welches auch der Verbandsgemeindeverwaltung Rengsdorf im Zeitpunkt des Ortsgemeinderatsbeschlusses bekannt war. Dieses überarbeitete Gutachten stellt Belastungen für den Randbereich des Industriegebiets dar, welche erheblich über dem maßgeblichen Grenzwert liegen (siehe unten 4.) und nach dem Trennungsprinzip des § 50 BImSchG zwingend Vorkehrungen im Bebauungsplan erfordert hätten. Hier wären in Betracht gekommen: Verschiebung der überbaubaren Fläche vom nördlichen Rand des Sondergebietes (vorgesehener Abstand nur 3 m) nach Süden, Zufahrtsverbot in das Gebiet aus Richtung des Industriegebiets (ggf. mit Umsetzung durch Kappung der vorhandenen Wege durch einen Wall o.ä), räumliche Gliederung der unterschiedlichen Immissionsquellen der vorgesehenen Biogasanlage mit Klärschlammtrocknung je nach Belastung bereits in den planerischen Festsetzungen und/oder Begrünungsauflagen, ggf. kombiniert mit Immissionsschutzwall oder einer Mauer. Derartige gestalterische Vorkehrungen wurden nicht getroffen, so dass der Bebauungsplanentwurf bereits gegen § 50 BImSchG verstieß und die nach § 1 Abs. 3 BauGB notwendigen Vorkehrungen zum Schutz vor Immissionen weder planerisch oder durch textliche Festsetzungen vorgenommen hat. Damit lag und liegt keine materielle Planreife vor, da hier die Geltendmachung von Rechtsverstößen im Anzeigeverfahren zu erwarten war (vgl. Jäde in: Jäde-Dirnberger-Weiss, BauGB BauNVO Kommentar, § 33 BauGB Rn. 14). Der Entwurf stellt keine taugliche planungsrechtliche Grundlage für eine Genehmigung nach § 33 BauGB dar.

28

2. Der Beklagte hat eine auf § 35 BauGB fußende Genehmigung weder erteilt noch die erteilte Genehmigung in eine solche umgedeutet; dem Gericht ist es mangels Vorliegen der Voraussetzungen verwehrt, die Genehmigung entsprechend umzudeuten.

29

Nach dem Wortlaut der Genehmigung vom 21. Oktober 2011 und den vorliegenden Akten hat der Beklagte eine Genehmigung auf der Grundlage des § 35 BauGB nicht erteilt, da er von der Wirksamkeit des Bebauungsplans, hilfsweise von dessen Planreife ausging.

30

Es kommt vorliegend nicht darauf an, ob hier eine Genehmigung nach § 35 BauBG hätte erteilt werden können, worauf der Beklagte abstellt. Es ist zutreffend, wenn er ausführt, dass eine solche planungsrechtlich keinesfalls ausgeschlossen erscheint. Zumindest ist ein zwingender und nicht durch Einschränkungen des Betriebs oder Nebenbestimmungen behebbarer, sich aus § 35 BauGB ergebender Ausschlussgrund derzeit nicht ersichtlich.

31

Jedoch hat der Beklagte das Verfahren nicht in der Form betrieben, dass der hier angefochtenen Genehmigung 21. Oktober 2011 der § 35 BauGB als Grundlage unterlegt werden könnte. Es fehlt schon an dem notwendigen Einvernehmen der Beigeladenen zu 2., welches hier nicht ausdrücklich eingeholt wurde, was nach § 36 BauGB jedoch erforderlich ist. Weiterhin fehlt es in der Genehmigung an den nach § 17 i.V.m § 15 BNatSchG erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Flächeninanspruchnahme, deren Ausgestaltung auf einer ausreichenden Planung des jeweiligen Antragstellers und nach der naturschutzfachlichen Einschätzung der zuständigen Behörde zu erfolgen hat. Wie sich aus § 18 BNatSchG ergibt, ist eine solche Entscheidung in den von §§ 30, 33 BauGB erfassten Bereichen nicht (in gleichem Umfang) erforderlich. Die zuständige Genehmigungsbehörde hat die Genehmigung vom 21. Oktober 2011 bis zur mündlichen Verhandlung nicht selbst umgedeutet, insbesondere nicht in dem Schriftsatz vom 3. Februar 2017. Soweit der Beklagte die planungsrechtlichen Grundlagen darlegt, liegt darin keine eine Willenserklärung darstellende Umdeutung der Genehmigung. Zwar mag es zutreffen, dass die Beigeladene zu 1. unter bestimmten Bedingungen und Auflagen einen Anspruch auf Genehmigung einer Biogasanlage an dem jetzigen Ort hat. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Rechtsfehler der erteilten Genehmigung unbeachtlich wären. Zudem würden auch hier bisher die notwendigen Entscheidungen nach §§ 17 i.V.m. 15 BNatSchG fehlen.

32

Zwar ist das Gericht grundsätzlich befugt und ggf. verpflichtet, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt nach § 47 VwVfG in einen rechtmäßigen umzudeuten (BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2017 – 8 C 1/16 –, juris), jedoch scheitert dies hier daran, dass die notwendigen Entscheidungen nach §§ 17 i.V.m. 15 BNatSchG im Hinblick auf den naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörde vom Gericht nicht ersetzt werden können. Zudem wären weitere Behörden wie die untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Neuwied zu beteiligen (§ 17 Abs. 1 S. 1 BNatSchG) und es fehlen für den Außenbereich ausreichende Unterlagen nach § 17 Abs. 4 BNatSchG. Weiterhin fehlt die Zustimmung der Landespflegebehörde (heute: untere Naturschutzbehörde) nach § 5 Abs. 4 der Landesverordnung über den „Naturpark Rhein-Westerwald“, welche für die Genehmigung von baulichen Anlagen im Außenbereich an dieser Stelle erforderlich ist. Ebenso fehlen die notwendigen Vorkehrungen zur Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 BImSchG im Hinblick auf das nördlich angrenzende Industriegebiet und damit auch das klägerische Anwesen (siehe unten 3. und 4.).

33

3. Weiterhin verstößt die Genehmigung vom 21. Oktober 2011 gegen die nachbarschützenden Normen der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 BImSchG.

34

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind u. a. Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Immissionen sind nach § 3 BImSchG unter Anderem auf Menschen einwirkende Luftverunreinigungen und die damit verbundenen Gerüche sowie Geräusche.

35

Die der Genehmigung zugrundeliegenden Gutachten zur Schall- und Geruchsprognose im Hinblick auf das Industriegebiet und insbesondere das klägerische Anwesen sind unzureichend und auf fehlerhafter Tatsachengrundlage erstellt worden und daher nicht geeignet, die Einhaltung der Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nachzuweisen. Sie gehen von in der Genehmigung nicht abgebildeten und damit nicht zutreffenden Voraussetzungen aus.

36

Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung plastisch und nachvollziehbar dargelegt hat, fahren auch in jüngster Zeit noch Lieferanten für die Biogasanlage durch das Industriegebiet und insbesondere die E.-Straße in Richtung der Biogasanlage. Sie halten vor dem Anwesen des Klägers und fragen nach der Einfahrt zur Biogasanlage, wobei die Lastkraftwagen bzw. landwirtschaftlichen Gespanne selbst neben Lärm auch eine nicht unerhebliche Geruchsfracht freisetzen. Die übrigen Beteiligten haben dies nicht bestritten und auch nicht dargelegt, dass etwa eine ausreichende Beschilderung zu der südlichen Einfahrt der Anlage vorhanden sei. Die Beigeladene zu 2. hat zugestanden, dass eine Widmung der neuen Erschließungsstraße von der K 113 aus zur Anlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vorlag (und erst mit Beschluss vom 22. Mai 2017 in die Wege geleitet wurde, vgl. den nachterminlichen Schriftsatz vom 24. Mai 2017). Die Beigeladene zu 1. hat zwar sei 20. Dezember 2012 auf die technisch unproblematische Zufahrt von der E.-Straße über das dortige Tor verzichtet, bestreitet jedoch nicht die vom Kläger geschilderten Vorkommnisse. Postalisch hat die Anlage die Adresse „E.-Straße ...“. Da in der Genehmigung, wie dargelegt, nicht wirksam auf die Erschließungsregelung des Bebauungsplanes verwiesen werden kann, bedurfte es eines eigenen und durch Auflagen bewehrten Konzepts, um die den Gutachten zugrundeliegenden Annahmen abzusichern. In der Genehmigung wurde weder ein Zufahrtsverbot von Norden zur Biogasanlage festgesetzt noch die Beigeladene zu 1. verpflichtet, das dortige Tor zu beseitigen und/oder entsprechende Vorkehrungen dafür zu treffen, dass keinerlei (ihr zuzurechnende) Fahrzeuge von Norden auf die Biogasanlage zufahren. Danach durfte der von Norden aus über das Industriegebiet mögliche und tatsächlich auch stattfindende Verkehr von und zu der Anlage bei den Gutachten zu Schall und Geruch nicht vernachlässigt werden. Dieser Verkehr ist der Biogasanlage zuzurechnen und hat damit auch Einfluss auf die Berechnung der Schall- und Geruchsbelastung, welche auf das Industriegebiet und insbesondere auf das Grundstück des Klägers einwirken.

37

An dem gleichen Mangel leiden auch die gutachtlichen Stellungnahmen vom 15. Januar 2015, 24. Juli 2015 und das nach der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gutachten vom 4. Mai 2017. Zudem sind diese Gutachten von dem Beklagten nicht zum Gegenstand der Genehmigung gemacht worden, so dass sie allenfalls geeignet sind, den aktuellen Betrieb zu beschreiben. Sie binden jedoch die Beigeladene zu 1. nicht in der Weise, dass sie sich an die dem Gutachten zugrundeliegenden Angaben zur Betriebsweise zwingend halten müsste, weil diese in der Genehmigung als verbindlich zugrunde gelegt worden wären. Hierzu genügt auch nicht die einseitige Erklärung der Beigeladenen zu 1. in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17. Mai 2017.

38

Im Übrigen entspricht die in den Gutachten unterstellte Aufteilung der Fläche und Gestaltung der emittierenden Anlagenteile ersichtlich nicht dem Luftbild und der Katasterkarte der verwirklichten Anlage. Nach letzteren befinden sich im nordöstlichen Bereich nur drei große Behälter und nicht vier. Auch die Anordnung der Gebäude und übrigen Anlagen stimmt nicht überein (siehe Prognose vom 20. Mai 2011 Anhang VI, S. 3; Gutachten vom 24. Juli 2015, Anhang S. 5; vgl. die Grafik unten S. 22 und die Katasterkarte in der Anlage S. 27). Daher ist nicht erkennbar, ob der Gutachter von einer geplanten Anlage oder der konkret gebauten Anlage bei seinem Gutachten und den zugeordneten Emissionen ausgeht.

39

4. Selbst bei Heranziehung des von der Beigeladenen im Verfahren vorgelegten Gutachtens vom 20. Mai 2011 ungeachtet der zu 3. dargelegten Mängel verstößt die Genehmigung in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 2011 – 8 A 11215/10.OVG – NVwZ-RR 2011, 439; BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1991 – 7 B 102/90 – NVwZ-RR 1991, 236). gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Darüber hinaus ist durch die Genehmigung nicht sichergestellt, dass von der Anlage keine schädlichen Immissionen ausgehen (4).

40

Auf der Grundlage der überarbeiteten Immissionsprognose vom 20. Mai 2011 wird der Kläger zur Überzeugung des Gerichts auf seinem Grundstück unzumutbaren Geruchsimmissionen im Sinne einer erheblichen Belästigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt, wenn die Biogas- und Klärschlammtrocknungsanlage im genehmigten Umfang betrieben wird. Dies ergibt sich zweifelsfrei entgegen der Annahme des Beklagten und des Gutachters der Beigeladenen zu 1. unmittelbar aus dem Gutachten vom 20. Mai 2011.

41

Für die gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG erforderliche Beurteilung von Geruchsimmissionen auf dem Grundstück der Klägers ist nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten und des Gerichts die GIRL (Geruchsimmissionsrichtlinie der der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008) als Entscheidungshilfe heranzuziehen. Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen, auch wenn diese für Rheinland-Pfalz nicht verbindlich eingeführt wurde (OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 7. Oktober 2009 – 1 A 10898/07.OVG – und vom 4. Juli 2006 – 8 C 11709/05.OVG – sowie Beschluss vom 15. Juni 2005 – 8 A 10548/05.OVG –; OVG Schleswig, Beschluss vom 13. März 2006 – 1 LA 5/06 –). Für die Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen aus einer Biogas-Anlage fehlen untergesetzliche, rechtsverbindliche Konkretisierungen. Allerdings ist es in der Rechtsprechung verbreitet anerkannt, dass eine Beurteilung nach Maßgabe der GIRL eine Bewertung von Geruchsbelästigungen auch aus Biogas-Anlagen (auch in Kombination mit einer Klärschlammtrocknung) ermöglicht. Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer für die Beurteilung von Gerüchen aus Biogas-Anlagen grundsätzlich an, weil die Geruchsquellen Grünfuttersilagen und Gülle in der Rindviehhaltung und beim Betrieb von Biogas-Anlagen vorkommen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Oktober 2009, Az.: 1 A 10898/07, Rn. 81 mwN, zitiert nach juris).

42

Nach der GIRL bestimmt sich das Maß der zumutbaren Geruchsbelastung einerseits und der gebotenen Rücksichtnahme andererseits maßgebend nach der bauplanungsrechtlichen Situation der emittierenden Anlage einerseits und des Immissionsortes andererseits (vgl. Ziffer 3.1 GIRL).

43

Das Grundstück des Klägers liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiet, wobei bereits an dieser Stelle klarzustellen ist, dass es nicht auf die konkrete Nutzung des Grundstücks und deren Empfindlichkeit gegenüber Immissionen ankommt. Daher ist es für den Ausgang dieses Verfahrens – entgegen der Annahme der Beigeladenen zu 1. – irrelevant, ob gegen die genehmigte Bebauung des Grundstücks mit einem Wohnhaus Einwendungen erhoben werden könnten und ob dieses aktuell im Einklang mit baurechtlichen Vorschriften und der Baugenehmigung genutzt wird. Selbst wenn das Grundstück unbebaut wäre, genösse es als qualifiziert nutzbares Grundstück im Industriegebiet den hierfür vorgesehenen Schutz.

44

Nach den Annahmen des Gutachters auf Seite 35 des überarbeiteten Gutachtens vom 20. Mai 2011 wird das Grundstück des Klägers durch Gerüche der hier im Streit stehenden Biogasanlage in einer Häufigkeit von 0,13 (= 13%) belastet. Dies unterstellt auch die hier angefochtene Genehmigung. Die Annahme einer Geruchsbelastung in einer Häufigkeit von 0,13 lässt sich jedoch mit den Feststellungen des Gutachtens im Übrigen nicht vereinbaren. Bei Analyse der Grafik auf Seite 33 des Gutachtens vom 20. Mai 2011 ist erkennbar, dass der Wert von 0,13 nur im nordöstlichen Bereich des klägerischen Grundstücks in mehr als 25 m Entfernung von dem Gelände der Anlage erreicht wird. Die übrigen Teile des Grundstücks des Klägers liegen in Geruchsquadraten, in denen 0,14 (nordwestlich), 0,17 (südöstlich) und 0,19 (südwestlich) aufgeführt ist. Dabei liegt das Wohnhaus des Klägers mit wesentlichen Teilen auch noch im südwestlichen Grundstücksteil (bis auf ca. 4 m an die südliche Grundstücksgrenze heranreichend). Im südwestlichen Teil ist eine Grenzgarage erkennbar.

45

Der Immissionsgrenzwert für das hier vorliegende Industriegebiet liegt nach der Nr. 3.1 GIRL bei 0,15 Geruchsstunden und ist hier erheblich überschritten. Bei der Messung ist auf Grundstücke abzustellen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Nr. 4.4.6 der GIRL). Hierzu gehören in der Regel sämtliche Grundstücke in einem Industriegebiet, da dort innerhalb und außerhalb von Gebäuden gewerbliche Leistungen erbracht werden können. Die Messpunkte sind auch nicht auf die Bauwerke zu beziehen, sondern sollen sich gerade in ausreichendem Abstand hiervon (mehr als 1,5 m) befinden (Nr. 4.4.4 der GIRL) und zwar in einer Höhe, in der der Kopf eines erwachsenen Menschen zu erwarten ist (1,5 bis 2 m). Damit ist das gesamte Grundstück des Klägers als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen, so dass die Überschreitungen im südöstlichen und südwestlichen Teil des Grundstücks erheblich und relevant sind.

46

Wie die Beigeladene zu 1. und ihr Gutachter in dem Gutachten vom 13. Januar 2015 zugestanden haben, bildet das vorgenannte Gutachten vom 20. Mai 2011 den Betrieb der Anlage nicht zutreffend ab. Dies beruhte darauf, dass der Emissionsfaktor Gasverwertung BHKW ursprünglich mit 2.600 GE/m³ angesetzt worden war, nach Angaben des Gutachters hätte richtigerweise aber mit 3.000 GE/m³ angesetzt werden müssen. Auch der Emissionsansatz der Klärschlammtrocknungsanlage ist wegen eines Umrechnungsfehlers nach Angaben des Gutachters unzutreffend gewesen. Nach der sodann vorgelegten Stellungnahme vom 13. Januar 2015 (Grafik, Seite 4), welche die Änderungen durch die Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 (vgl. 4 K 398/16.KO) bereits einbezieht, muss der Kläger eine Geruchsfracht für sein Grundstück von 0,15 (im nordöstlichen Bereich), von 0,16 (im nordwestlichen Bereich), von 0,18 (im südöstlichen Bereich) bzw. von 0,20 (im südwestlichen Bereich) hinnehmen. Hierbei ist davon auszugehen, dass nach der GIRL das Grundstück insgesamt Beurteilungsgrundlage ist, nicht nur der nördliche Teil des Wohnhauses. Die Fracht von 0,20 Geruchsstunden ist nach den dargelegten Grundlagen (Nr. 3.1.1 der GIRL) nicht mehr tolerierbar.

47

Dabei kann dahinstehen, ob am Rande zum Außenbereich höhere Werte als die in Ziffer 3.1 der GIRL vorgesehenen 0,15 hingenommen werden müssten. Die Tolerierung eines 0,17 Geruchsstunden betragenden Wertes wäre allenfalls im Hinblick auf die im Außenbereich privilegierte landwirtschaftliche Nutzung denkbar. Zwar ist die Erzeugung von Biomasse Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB, nicht jedoch die Verwendung dieser Biomasse in einer Biogas-Anlage. Die Biogas-Anlage ist vielmehr bauplanungsrechtlich als Gewerbebetrieb zu beurteilen. Eine gewerbliche bzw. industrielle Nutzung der Bioenergie ist nicht in gleicher Weise privilegiert, sondern wird regelmäßig, wie hier auch in die Wege geleitet, durch eine ordnungsgemäße Bauleitplanung begleitet und damit im Innenbereich ausgeführt. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB liegen erkennbar nicht vor, da keine akzessorische Anlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb vorliegt. Dies gilt erst recht für die ebenfalls erheblich emittierende Klärschlammtrocknung, die als rein gewerbliche Anlage nur bei Gelegenheit im Hinblick auf die überschüssige Energie aus der Biogasanlage hier angesiedelt wurde.

48

Selbst wenn man hier nach der GIRL eine für den Außenbereich vorgesehene Einzelfallabwägung vornehmen würde, gäbe es vorliegend keine zugunsten der Biogasanlage sprechenden Umstände, die eine Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle von 0,15 rechtfertigen könnten. Insbesondere die räumliche Verteilung der Emissionsquellen auf dem Grundstück der Biogasanlage mit der Ansiedlung von erheblich emittierenden Anlagenteilen (Nachgärer, Endlager, Fermenter, Blockheizkraftwerk) in unmittelbarer Nähe des Industriegebiets zeugen bei gleichzeitig fehlenden Immissionsschutzanlagen (Wand/Wall/Begrünung) von einer auch in der Wertung des § 35 BauGB anzunehmenden Rücksichtslosigkeit der Anlage gegenüber dem benachbarten Industriegebiet und begründen damit ein Abwehrrecht des Klägers.

49

Wie oben dargelegt, haben auch die Anordnungen der Änderungsgenehmigung vom 14. März 2014 nicht dazu geführt, dass nunmehr von einer rechtmäßigen und den Nachbarn nicht unzumutbar beeinträchtigenden Genehmigung in Gestalt dieser Änderungsgenehmigung auszugehen wäre. Die prognostischen Werte überschreiten weiterhin die zulässige Schwelle von 0,15 Geruchsstunden erheblich.

50

5. Die der Genehmigung zugrunde liegenden Gutachten sind nicht durch eine andere Prognose mit für den Betreiber verbindlich vorgegebener Betriebsweise in der Genehmigung in einer Weise ersetzt worden, dass die Gewährleistung des Immissionsschutzes durch die Genehmigung selbst sichergestellt ist.

51

Insbesondere kann die Immissionsprognose vom 24. Juli 2015 (auch unabhängig von dem zu 3. Ausgeführten) nicht nachweisen, dass nach dem genehmigten Umfang der Anlagennutzung es ausgeschlossen ist, dass unzumutbare Belästigungen von der Anlage ausgehen. So ist schon die dort beschriebene und auf den Erkenntnissen der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2015 und den bilateralen Erörterungen der Gutachter beruhende nunmehr angenommene Anlagenbetriebsweise zwar rechtlich als Minus zur genehmigten Nutzung nicht ausgeschlossen. Sie ist jedoch nicht Inhalt der Genehmigung geworden und damit für die Beigeladene zu 1. nicht verbindlich festgelegt. Der Beklagte hat dieses Gutachten vom 24. Juli 2015 bisher nicht – etwa in Ersetzung des Gutachtens vom 20. Mai 2011 – zum Gegenstand der Genehmigung gemacht, so dass sich die Beigeladene zu 1. an die neue Betriebsweise halten kann, aber nicht muss. Im Übrigen zeigt auch dieses Gutachten vom 24. Juli 2015, dass das Grundstück des Klägers noch über die Erheblichkeitsschwelle hinaus mit Gerüchen belastet wird. In der Grafik S. 26 des Gutachtens vom 24. Juli 2015 (siehe nachfolgend abgebildet) werden erstmals die Umrisse des Wohnhauses des Klägers annähernd zutreffend als Bestand dargestellt, so dass eine Zuordnung der Geruchsquadrate einfacher möglich ist. Die Grenzgarage ist nicht abgebildet.

52

Abbildung Katasterkarte: ...

53

Auch die südliche Grundstücksgrenze lässt sich im Vergleich mit der Katasterkarte (siehe Anlage, S. 24) annähernd genau bestimmen. Danach hat das Grundstück des Klägers zumindest im südwestlichen Bereich noch eine Belastung mit 0,16 Geruchsstunden zu besorgen, so dass auch hierdurch ein für den Kläger zumutbarer Betrieb der Anlage nicht nachgewiesen ist.

54

Wie bereits dargelegt, ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorrangig auf die der Genehmigung zugrundeliegende Prognose vom 20. Mai 2011 abzustellen. Die Stellungnahme vom 13. Januar 2015, das Gutachten vom 24. Juli 2015 und das nach der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gutachten vom 4. Mai 2017 (auch dort wird auf Seite 26 für den südwestlichen Grundstücksteil eine Belastung von 0,16 angenommen) sind nicht Teil des Genehmigungsantrags geworden und nicht im Genehmigungsbescheid in Bezug genommen. Damit modifizieren sie auch nicht den gestellten Genehmigungsantrag oder sind Teil der Genehmigung geworden. Sie beschreiben eine tatsächliche Betriebsweise, umschreiben jedoch nicht den Umfang des genehmigten Betriebs, der von diesen Gutachten abweichen kann.

55

Ohne Änderung der Genehmigung vom 20. Oktober 2011 im Hinblick auf die zugrundeliegenden Gutachten ist diese weiterhin rechtswidrig. Die Ergänzung bzw. Änderung der Genehmigung ist Sache eines fortgesetzten Genehmigungsverfahrens, bei dem die Entscheidungen der Beigeladenen zu 2. vom 24. Mai 2017 und ggf. nachfolgend der Verbandsgemeinde Rengsdorf zu verkehrsrechtlichen Hinweisschildern berücksichtigt werden können.

56

6. Nach alledem bedarf es keiner näheren Prüfung der weiteren Einwendungen des Klägers insbesondere auch zu der UVP-Vorprüfung nach § 3a ff. UVPG. Insoweit ist lediglich darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der vom 20. Juli 2011 seitens der SGD Nord erfolgten Vorprüfung (Dokumentation Bl. 126 ff. d.A.) nicht auf die Lage der Anlage im Geltungsbereich der Landesverordnung über den „Naturpark Rhein-Westerwald“ abzustellen war, da nach dessen § 1 Abs. 2 Flächen innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes mit baulicher Nutzung nicht Bestandteil des Naturparks sind. Zu dem genannten Zeitpunkt durfte die Genehmigungsbehörde noch davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 2. den Bebauungsplan nicht nur beschließt, war tatsächlich am 15. August 2011 erfolgt ist. Vielmehr war seinerzeit auch zu erwarten, dass der Plan zeitnah ausgefertigt und bekanntgemacht werden würde. Da die UVP-Vorprüfung möglichst früh entweder vor oder zu Beginn des Genehmigungsverfahrens erfolgen soll (vgl. § 3a Abs. 1 UVPG), konnte der seinerzeit zu erwartende Verfahrensablauf zum Bebauungsplan einschließlich der anstehenden Bekanntmachung unterstellt werden; gegenteilige Anhaltpunkte waren am 20. Juli 2011 nicht ersichtlich. Die weiteren Einwendungen etwa zu den Grenzwerten bei Formaldehyd können dahingestellt bleiben.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 VwGO. Da die Beigeladene zu 2., anders als die Beigeladene zu 1., am Vorverfahren nicht förmlich beteiligt war, waren ihr insoweit keine Kosten aufzuerlegen. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 2. einem anderen Beteiligten oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da diese mit ihren Anträgen unterlegen sind.

58

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO

59

Anlage: Karte aus Geoportal (angenähert 1: 1000)

60

Abbildung Karte Geoportal ...

Beschluss

61

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.