Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Nov. 2018 - 8 K 5254/15

ECLI:ECLI:DE:VGGE:2018:1115.8K5254.15.00
bei uns veröffentlicht am15.11.2018

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten – bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 μg/m3 im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.

2

Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.

3

Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:

4

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5

Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.

6

In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.

7

Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.

8

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.

14

Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.

17

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.

18

Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).

19

II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

20

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).

21

Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).

22

1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.

23

Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.

24

Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.

25

2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.

26

Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.

27

Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.

28

Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.

29

Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.

30

Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.

31

3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).

32

a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.

33

Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.

34

Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.

35

Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).

36

Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.

37

Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).

38

Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).

39

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.

40

b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.

41

Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.

42

In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.

43

Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.

44

Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).

45

Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.

46

Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).

47

Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.

48

Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.

49

Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

52

Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018

53

Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

(1) Ist für Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 nach den geltenden Rechtsvorschriften keine öffentliche Bekanntmachung vorgeschrieben, so hat die zuständige Behörde die im Einzelfall getroffene Entscheidung mit Rechtsbehelfsbelehrung einer oder mehreren genau zu bezeichnenden Personen oder Vereinigungen bekannt zu geben, wenn dies beantragt wird

1.
vom Antragsteller des Verwaltungsaktes nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder
2.
von demjenigen, an den die Behörde den Verwaltungsakt nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 gerichtet hat.
Die Kosten der Bekanntgabe hat der Antragsteller zu tragen.

(2) Über Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder deren Unterlassen entscheidet im ersten Rechtszug das Oberverwaltungsgericht, auch wenn kein Fall des § 47 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vorliegt. Ist eine Gestaltungs- oder Leistungsklage oder ein Antrag nach § 47 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht statthaft, ist § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden. Bei länderübergreifenden Plänen und Programmen ist das Oberverwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, die die Entscheidung über die Annahme des Plans oder Programms getroffen hat, ihren Sitz hat.

(3) Hat eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf nach Absatz 2 mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Satz 1 gilt nicht für Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach § 10 des Baugesetzbuches.

(4) Im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b findet § 73 Absatz 4 Satz 3 bis 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, auch in den Fällen seines Absatzes 8, keine Anwendung.

(5) Eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Satz 1 gilt nicht im Anwendungsbereich des § 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(6) Absatz 2 Satz 1 und 3 sowie die Absätze 4 und 5 gelten auch für Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Dieses Gesetz gilt für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, die nach dem 25. Juni 2005 ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Abweichend von Satz 1 ist § 6 nur auf solche in Satz 1 genannten Rechtsbehelfe anzuwenden, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind.

(2) Dieses Gesetz gilt für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 6,

1.
die am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt haben oder
2.
die nach diesem Zeitpunkt ergangen sind oder hätten ergehen müssen.

(3) Folgende Anerkennungen gelten als Anerkennungen im Sinne dieses Gesetzes fort:

1.
Anerkennungen
a)
nach § 3 dieses Gesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010,
b)
nach § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010 und
c)
auf Grund landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010,
die vor dem 1. März 2010 erteilt worden sind, sowie
2.
Anerkennungen des Bundes und der Länder nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 3. April 2002 geltenden Fassung.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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Tenor

Als für den Rechtsstreit zuständiges Gericht wird das Finanzgericht Bremen bestimmt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller verlegte Ende 2001 seinen Wohnsitz von X nach Y. Seinen in X betriebenen Gewerbebetrieb meldete er zum 31. Dezember 2001 ab. In der Folgezeit wurde er in diesem Betrieb u.a. als Angestellter der späteren Betriebsinhaber tätig, die den Betrieb jeweils unter ihrer Wohnsitzadresse angemeldet hatten. Im Jahr 2008 meldete der Antragsteller den Betrieb unter seiner Wohnsitzadresse in Y an.

2

Für die Jahre 2001 bis 2008 veranlagte das Finanzamt C den Antragsteller zur Einkommensteuer. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller den Gewerbebetrieb weiterhin als Einzelunternehmer betrieben habe und die nachfolgenden Betriebsinhaber nur "Strohmänner" gewesen seien. Es erließ u.a. Gewerbesteuermessbescheide, Gewerbesteuerbescheide und Zinsbescheide zur Gewerbesteuer für die Jahre 2001 bis 2008. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) dieser Bescheide. Dies lehnte das neu gegründete Finanzamt D (FA D) mit Bescheid vom 14. Februar 2013 ab.

3

Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht Bremen (FG B) mit Schriftsatz vom 31. Mai 2013 u.a., die Gewerbesteuermessbeträge und Gewerbesteuer für die Jahre 2001 bis 2008 von der Vollziehung auszusetzen. Als Antragsgegner bezeichnete er das FA D. Daraufhin erfasste das FG B ein AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuermessbeträge, Gewerbesteuer und Zinsen zur Gewerbesteuer 2001 bis 2008 (Az. 3 V 20/13 (4)). Daneben waren bei anderen Senaten des FG B noch zwei weitere AdV-Verfahren des Antragstellers wegen der Einkommen- (Az. 1 V 33/13 (5)) und Umsatzsteuer (Az. 2 V 36/13 (5)) anhängig.

4

Im Juli 2013 verlegte der Antragsteller seinen Wohnsitz und den Sitz seines Betriebs in die Gemeinde Z in Niedersachsen, die zum Bezirk des Finanzamts E (FA E) gehört. Daraufhin übernahm das FA E die Zuständigkeit für die Besteuerung des Antragstellers in Sachen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag.

5

Mit jeweils gesondertem Beschluss vom 17. Oktober 2013 erklärte sich das FG B für die drei genannten AdV-Verfahren unzuständig und verwies diese Verfahren an das Niedersächsische Finanzgericht (FG N). Das FG N entschied mit Beschlüssen vom 3. Februar 2014 und vom 17. November 2014 über die AdV-Anträge wegen Umsatz- und Einkommensteuer.

6

Mit Schreiben vom 13. November 2014 forderte das FG N das FG B auf, seinen Verweisungsbeschluss für das AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuermessbeträge, Gewerbesteuer und Zinsen zur Gewerbesteuer 2001 bis 2008 zu überprüfen und aufzuheben. In diesem Schreiben führte das FG N u.a. aus, die Beteiligten seien --anders als in den AdV-Verfahren wegen Einkommen- und Umsatzsteuer-- vor der Verweisung nicht gehört worden. Das FG B äußerte sich zu diesem Schreiben nicht.

7

Nachdem das FA E mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 die Einsprüche des Antragstellers gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2008, die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2008 und die Gewerbesteuermessbescheide 2001 bis 2008 als unbegründet zurückgewiesen und der Antragsteller hiergegen beim FG N Klage erhoben hatte, entschied das FG N mit Beschluss vom 20. Januar 2015 auch über die Aussetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2001 bis 2008.

8

Mit Beschluss vom 3. März 2015 hat sich das FG N für das verbliebene AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen für unzuständig erklärt und den Bundesfinanzhof (BFH) angerufen, um das örtlich zuständige Gericht zu bestimmen. Mit Schreiben vom 25. März 2015 hat der Antragsteller gegenüber dem FG N erklärt, dass er seinen AdV-Antrag in dieser Sache zurücknimmt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Anrufung des BFH ist zulässig. Sie führt zur Bestimmung des FG B als dem in der Sache zuständigen Gericht.

10

1. Die Bestimmung des zuständigen FG durch den BFH ist gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dann zulässig, wenn verschiedene FG, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

11

a) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Das FG B hat sich in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2013 u.a. für das AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen für unzuständig erklärt. Ebenso hat sich das FG N mit Beschluss vom 3. März 2015 für dieses AdV-Verfahren für unzuständig erklärt. Beide Beschlüsse sind unanfechtbar (§ 70 Satz 2 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--). Zudem ist eines der beiden FG für den Rechtsstreit zuständig.

12

b) Das Bestimmungsverfahren nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist nicht deshalb unzulässig, weil der Antragsteller mit Schreiben vom 25. März 2015 gegenüber dem FG N die Rücknahme seines AdV-Antrags erklärt hat oder deshalb, weil für die Durchführung dieses Verfahrens ggf. kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

13

Das Bestimmungsverfahren dient allein dazu, die Zuständigkeit eines erkennenden Gerichts für ein noch nicht abgeschlossenes gerichtliches Verfahren zu begründen (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 39 FGO Rz 133; Beschluss des Bayerischen Obersten Landgerichts vom 31. Januar 1996 1Z AR 5/96, BayObLGZ 1996, 14, unter II.1.), das dann seinerseits alle prozessualen und materiellen Voraussetzungen des gerichtlichen Verfahrens prüft (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1987 I ARZ 650/86, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport 1987, 757; Steinhauff in HHSp, § 39 FGO Rz 151).

14

Das hier verbliebene AdV-Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Rücknahme eines AdV-Antrags führt zwar dazu, dass das Verfahren als nicht anhängig gewesen gilt (Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz 937); insoweit besitzt der vom zuständigen Gericht zu erlassende Einstellungsbeschluss (§ 72 Abs. 2 Satz 2 FGO analog) nur deklaratorische Bedeutung. Allerdings kommt diese verfahrensbeendende Wirkung nur einer wirksamen Rücknahmeerklärung zu. Insbesondere diese Prüfung bleibt dem zuständigen Gericht vorbehalten.

15

Aus dem gleichen Grund ist es unerheblich, dass dem verbliebenen AdV-Verfahren ggf. das Rechtsschutzbedürfnis deshalb fehlen könnte, weil die Gewerbesteuerbescheide im Verhältnis zu den Gewerbesteuermessbetragsbescheiden und die Zinsbescheide im Verhältnis zu den betreffenden Steuerbescheiden Folgebescheide sind (vgl. BFH-Beschluss vom 22. April 1998 IV B 66/97, BFH/NV 1998, 1520, unter 1.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 36). Auch diese Prüfung ist, sollte es hierauf noch ankommen, vom zuständigen Gericht vorzunehmen.

16

2. Für die Entscheidung über das verbliebene AdV-Verfahren ist das FG B örtlich zuständig.

17

a) Grundsätzlich ist ein Beschluss, durch den der Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen wird, gemäß § 70 Satz 2 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend. Dies hat regelmäßig zur Folge, dass das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, an den Verweisungsbeschluss gebunden ist und auch dem BFH in einem solchen Fall eine eigenständige Prüfung verwehrt ist, welches FG tatsächlich zuständig ist. Diesem Beschluss kommt jedoch insbesondere dann keine Bindungswirkung zu, wenn er auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber den Verfahrensbeteiligten beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2009 X S 42/08, BFH/NV 2009, 780, unter II.2.a).

18

So verhält es sich hier. Das FG B hat den Rechtsstreit an das FG N verwiesen, ohne zuvor die Verfahrensbeteiligten hierzu anzuhören. Den dem Senat vorliegenden Akten ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass das FG B den Beteiligten des verbliebenen AdV-Verfahrens Gelegenheit gegeben hat, zu der beabsichtigten Verweisung Stellung zu nehmen. Dass das FG B den Beteiligten in den anderen AdV-Verfahren wegen Einkommen- und Umsatzsteuer vor der Verweisung rechtliches Gehör gewährt hat, ändert hieran nichts; nach § 70 Satz 2 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG hat die Anhörung für jedes zu verweisende Verfahren zu erfolgen.

19

b) Die somit dem Senat eröffnete Überprüfungsmöglichkeit führt zu dem Ergebnis, dass das FG B örtlich zuständig ist.

20

aa) Für die Bestimmung der Zuständigkeit des Gerichts kommt es auf die Umstände im Zeitpunkt der Antragstellung an (Steinhauff in HHSp, § 38 FGO Rz 45).

21

Danach ist das FG B örtlich zuständig, und zwar unabhängig davon, ob sich die örtliche Zuständigkeit im AdV-Verfahren nach § 38 Abs. 1 FGO analog (so Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 38 Rz 2; Steinhauff in HHSp, § 38 FGO Rz 12; so wohl auch Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 38 FGO Rz 1) oder nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO (so Dumke in Schwarz/Pahlke, FGO, § 38 Rz 1a; so wohl auch von Beckerath in Beermann/Gosch, FGO § 38 Rz 3) beurteilt (dies ebenso offen lassend BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 780, unter II.2.b bb).

22

Geht man von einer analogen Anwendung des § 38 Abs. 1 FGO aus, ist das FG örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche sich der Antrag richtet, ihren Sitz hat. Da der Antragsteller seinen AdV-Antrag gegen das FA D gerichtet hat und dieses seinen Sitz offensichtlich im Bezirk des FG B hat, wäre hiernach das FG B zuständig. Wendet man hingegen § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO an, ist örtlich zuständig das Gericht der Hauptsache. Wird der gerichtliche AdV-Antrag --wie hier-- vor der Klageerhebung eingereicht, ist Gericht der Hauptsache dasjenige, das über die zugrundeliegende Klage zu entscheiden hätte (vgl. Gosch in Beermann/Gosch, FGO § 69 Rz 247). Dies wäre hier im Zeitpunkt der Antragstellung ebenfalls das FG B gewesen.

23

bb) Nach § 70 Satz 1 FGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG wird die örtliche Zuständigkeit des FG durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt (sog. perpetuatio fori; vgl. BFH-Urteil vom 25. Januar 2005 I R 87/04, BFHE 209, 9, BStBl II 2005, 575, unter II.2.c aa; Senatsbeschluss vom 26. November 2009 III B 10/08, BFH/NV 2010, 658, Rz 11; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 70 FGO Rz 4). Das FG B wäre daher --vorbehaltlich der Ausführungen unter dd-- selbst dann zuständig geblieben, wenn das FA E infolge einer Änderung der hierfür maßgeblichen Umstände für die Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen zuständig geworden wäre.

24

Abgesehen davon ist die diesbezügliche Zuständigkeit beim FA D verblieben. Die Zuständigkeit des FA D ergab sich aus § 22 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), weil Bremen die Zuständigkeit für die Verwaltung der Gewerbesteuer nicht nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes den Gemeinden übertragen hat, sondern dort die Landesfinanzbehörden zuständig sind (vgl. § 2 des Bremischen Abgabengesetzes vom 15. Mai 1962, Bremisches Gesetzblatt 1962, 139; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 22 Rz 20 f.). Danach ist das FA zuständig, zu dessen Bezirk die hebeberechtigte Gemeinde gehört (§ 22 Abs. 2 Satz 1 AO) bzw. für den Fall, dass die hebeberechtigte Gemeinde zu mehreren Finanzamtsbezirken gehört, das Betriebsfinanzamt (§ 22 Abs. 2 Satz 2 AO).

25

Diese Zuständigkeit ist nicht nach § 26 AO auf eine andere Finanzbehörde übergegangen. § 26 AO gilt für den Übergang der örtlichen Zuständigkeit zwischen Finanzbehörden durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände, nicht aber für den Fall, dass sich die sachliche Zuständigkeit ändert (so im Ergebnis auch Sunder-Plassmann in HHSp, § 26 AO Rz 12; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 22 Rz 20 f.; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 26 AO Rz 2; König/Wünsch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 16 Rz 12, § 26 Rz 7). Sollte daher der Antragsteller im Zuge seines Wechsels nach Niedersachsen auch seinen Betrieb (Betriebsstätte) in eine andere Gemeinde in Niedersachsen verlegt haben, wäre die Zuständigkeit für die Gewerbesteuer (gebietsgebundene Steuer) auf die in Niedersachsen belegene hebeberechtigte Gemeinde übergegangen (vgl. § 1 des Gesetzes zur Übertragung der Festsetzung und Erhebung der Realsteuern auf die hebeberechtigten Gemeinden vom 22. Dezember 1981, Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1981, 423). Damit hätte sich --unabhängig davon, ob es überhaupt eine verbandsmäßige Zuständigkeit gibt (vgl. dazu Sunder-Plassmann in HHSp, Vor §§ 16-29 AO Rz 11)-- jedenfalls auch die sachliche Zuständigkeit geändert.

26

Im Übrigen ist im Streitfall kein Zuständigkeitswechsel für die bereits abgelaufenen Erhebungszeiträume 2001 bis 2008 eingetreten. Für stehende Gewerbebetriebe legt § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) als hebeberechtigte Gemeinde diejenige fest, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung dieses Gewerbes unterhalten wird (sog. gebietsgebundene Steuer; Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 4 Rz 1; Blümich/Gosch, § 4 GewStG Rz 5). Zudem ergibt sich aus § 28 Abs. 1 Satz 2 GewStG, dass diese Hebeberechtigung nicht dadurch entfällt, dass die Betriebsstätte nach Ablauf des Erhebungszeitraums in eine andere Gemeinde verlegt wird.

27

Nach alledem ist das FA D für die Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen zuständig geblieben.

28

cc) Die Ausführungen des FG B in seinem Verweisungsbeschluss vom 17. Oktober 2013 führen zu keinem anderen Ergebnis. Diese Ausführungen betreffen ebenso wie der dort zitierte Beschluss des FG Münster vom 9. Juli 2009  5 V 902/09 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1663) nicht die Frage, welches FG in einem AdV-Verfahren örtlich zuständig ist, sondern die Frage, welches FA in einem gerichtlichen AdV-Verfahren der richtige Antragsgegner und damit passivlegitimiert ist.

29

dd) Die einmal begründete örtliche Gerichtszuständigkeit besteht allerdings nur fort, solange keine Änderung des Streitgegenstands des betreffenden Verfahrens eintritt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 9, BStBl II 2005, 575, unter II.2.c bb; Schallmoser in HHSp, § 70 FGO Rz 13). Im Streitfall ergibt sich aber auch unter diesem Gesichtspunkt keine andere Gerichtszuständigkeit.

30

Eine zu einem gerichtlichen Zuständigkeitswechsel führende Änderung des Streitgegenstandes nimmt der BFH insbesondere dann an, wenn während des gerichtlichen Verfahrens von einem anderen als dem bisher beklagten FA ein Änderungsbescheid erlassen wird, der nach § 68 FGO Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens wird (BFH-Beschluss vom 9. November 2004 V S 21/04, BFHE 207, 511, BStBl II 2005, 101, unter II.). Im Streitfall ist aber weder vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, dass ein solcher Fall eingetreten ist.

31

Ebenso ist weder vorgetragen noch sonst aus den dem Senat vorliegenden Akten erkennbar, dass der Antragsteller seinen Antrag in dem verbliebenen AdV-Verfahren auf das FA E als Antragsgegner umgestellt und hierdurch eine Änderung des Streitgegenstandes vorgenommen hat. Insbesondere ist eine derartige Antragsänderung nicht schon darin zu sehen, dass der Antragsteller in seiner Antragsrücknahme vom 25. März 2015 den Rechtsstreit unter Nennung des FA E bezeichnet hat. Dies deutet vielmehr auf eine bloße Wiederholung der im Verweisungsbeschluss des FG B vom 17. Oktober 2013 genannten Verfahrensbeteiligten hin.

32

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 780, unter II.3.).

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Immissions- und Emissionswerten einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.

(1a) Über die Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union hinaus kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festlegung von Immissionswerten für weitere Schadstoffe einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.

(2) Die in Rechtsverordnungen nach Absatz 1 festgelegten Maßnahmen sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen; soweit planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen sind, haben die zuständigen Planungsträger zu befinden, ob und inwieweit Planungen in Betracht zu ziehen sind.

(3) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates in Rechtsverordnungen von Behörden zu erfüllende Pflichten begründen und ihnen Befugnisse zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einräumen, soweit diese für die Beurteilung und Kontrolle der in den Beschlüssen gestellten Anforderungen erforderlich sind.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Immissions- und Emissionswerten einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.

(1a) Über die Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union hinaus kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festlegung von Immissionswerten für weitere Schadstoffe einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.

(2) Die in Rechtsverordnungen nach Absatz 1 festgelegten Maßnahmen sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen; soweit planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen sind, haben die zuständigen Planungsträger zu befinden, ob und inwieweit Planungen in Betracht zu ziehen sind.

(3) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates in Rechtsverordnungen von Behörden zu erfüllende Pflichten begründen und ihnen Befugnisse zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einräumen, soweit diese für die Beurteilung und Kontrolle der in den Beschlüssen gestellten Anforderungen erforderlich sind.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.

2

Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.

3

Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:

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5

Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.

6

In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.

7

Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.

8

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.

14

Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.

17

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.

18

Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).

19

II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

20

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).

21

Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).

22

1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.

23

Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.

24

Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.

25

2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.

26

Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.

27

Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.

28

Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.

29

Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.

30

Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.

31

3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).

32

a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.

33

Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.

34

Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.

35

Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).

36

Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.

37

Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).

38

Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).

39

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.

40

b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.

41

Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.

42

In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.

43

Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.

44

Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).

45

Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.

46

Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).

47

Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.

48

Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.

49

Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

52

Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018

53

Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.

2

Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.

3

Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:

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5

Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.

6

In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.

7

Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.

8

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.

14

Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.

17

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.

18

Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).

19

II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

20

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).

21

Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).

22

1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.

23

Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.

24

Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.

25

2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.

26

Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.

27

Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.

28

Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.

29

Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.

30

Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.

31

3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).

32

a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.

33

Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.

34

Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.

35

Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).

36

Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.

37

Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).

38

Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).

39

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.

40

b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.

41

Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.

42

In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.

43

Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.

44

Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).

45

Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.

46

Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).

47

Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.

48

Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.

49

Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

52

Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018

53

Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.

2

Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.

3

Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:

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Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.

6

In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.

7

Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.

8

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.

14

Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.

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I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.

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Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).

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II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).

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Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).

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1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.

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Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.

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Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.

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2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.

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Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.

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Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.

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Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.

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Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.

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Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.

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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).

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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.

33

Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.

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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.

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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).

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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.

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Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).

38

Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).

39

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.

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b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.

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Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.

42

In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.

43

Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.

44

Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).

45

Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.

46

Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).

47

Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.

48

Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.

49

Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

52

Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018

53

Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.

2

Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.

3

Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:

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5

Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.

6

In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.

7

Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.

8

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.

14

Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.

17

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.

18

Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).

19

II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.

20

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).

21

Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).

22

1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.

23

Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.

24

Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.

25

2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.

26

Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.

27

Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.

28

Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.

29

Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.

30

Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.

31

3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).

32

a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.

33

Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.

34

Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.

35

Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).

36

Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.

37

Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).

38

Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).

39

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.

40

b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.

41

Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.

42

In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.

43

Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.

44

Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).

45

Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.

46

Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).

47

Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.

48

Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.

49

Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

52

Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018

53

Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde des Klägers eingestellt.

II. Auf die Beschwerde des Beklagten hin erhält die Nummer I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 folgende Fassung:

„1. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen zugänglich macht, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird.

2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.

3. Dem Beklagten wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. Platz greifen sollen, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird.“%2. Im Übrigen werden der Vollstreckungsantrag des Klägers und die Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen.%2. Unter Abänderung der Nummer II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 fallen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug zu zwei Fünfteln dem Kläger, zu drei Fünfteln dem Beklagten zur Last. Die Beigeladene trägt ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene zu je einem Viertel zu tragen. Dem Kläger fallen ferner jeweils die Hälfte der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zur Last. Diese Beteiligten haben ihrerseits je ein Viertel der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren über die Vollstreckung des Urteils, das das Bayerische Verwaltungsgericht München am 9. Oktober 2012 im Verfahren M 1 K 12.1046 auf eine Klage des Klägers - einer anerkannten Vereinigung im Sinn von § 3 UmwRG - hin erlassen hat.

1. Der Tenor dieses Urteils lautet in seiner Nummer I wie folgt:

„Der Beklagte wird verpflichtet, den für München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³, des über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 µg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von München enthält.“

Der in seiner Erstfassung vom September 2004 stammende, durch Schreiben des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 28. Dezember 2004 in Kraft gesetzte Luftreinhalteplan für die Stadt München wurde im Oktober 2007 zum ersten Mal, im August 2008 zum zweiten Mal und im September 2010 zum vierten Mal fortgeschrieben. Die im April 2012 erfolgte dritte Fortschreibung hatte eine Beteiligung des Münchener Umlandes zum Gegenstand.“

Nach den Feststellungen im Urteil vom 9. Oktober 2012 belief sich die NO2-Belastung in München - bezogen auf den Jahresmittelwert (vgl. § 3 Abs. 2 der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV) - im Jahr 2011 an der Messstelle Landshuter Allee auf 85 µg/m³, an der Messstelle Stachus auf 76 µg/m³ und an der Messstelle Prinzregenten Straße auf 61 µg/m³. Ferner wurde danach der Tagesmittelgrenzwert für Partikel PM10 von 50 µg/m³ (§ 4 Abs. 1 der 39. BImSchV) im Jahr 2011 an der Messstelle Landshuter Allee 48-mal überschritten.

Den Entscheidungsgründen zufolge genügte der Luftreinhalteplan für München in der Fassung der vierten Fortschreibung den sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl Nr. L 152 vom 11.6.2008, S. 1), aus § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. BImSchV ergebenden Anforderungen nicht. Selbst der Beklagte gehe nicht davon aus, dass das dort genannte Instrumentarium geeignet sei, die Grenzwerte einzuhalten. Nach den durchgeführten Immissionsprognosen sei ohne weitere Maßnahmen weder im Jahr 2015 noch im Jahr 2020 damit zu rechnen, dass insbesondere an der Messstation Landshuter Allee der sich auf das Jahresmittel beziehende NO2-Grenzwert eingehalten werde. Zwar seien die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht verpflichtet, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Grenzwertüberschreitungen mehr komme. Die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssten aber jedenfalls geeignet sein, eine solche Überschreitung auszuschließen; es genüge nicht, dass die zuständige Behörde lediglich Bemühungen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte unternehme und überhaupt einen Luftreinhalteplan aufstelle oder fortschreibe. Dass der Erlass eines Luftreinhalteplans mit weitergehenden Maßnahmen tatsächlich oder rechtlich unmöglich sei, sei nicht ersichtlich. Angesichts der Vielzahl möglicher Maßnahmen, die in der mündlichen Verhandlung diskutiert worden seien, stünden dem Beklagten weitere, naturgemäß einschneidendere Maßnahmen zur Verringerung der Werte zur Verfügung; die vom Kläger angeführte räumliche Ausdehnung der Umweltzone sei nur eine davon. Bei der Auswahl der Maßnahmen und der hiervon negativ Betroffenen verfüge die Behörde allerdings über einen Gestaltungsspielraum, der einen Anspruch des von einer Überschreitung des Immissionsgrenzwerts Betroffenen ebenso wie eines Umweltverbandes auf eine bestimmte Maßnahme regelmäßig ausschließe.

Die von ihm gegen dieses Urteil eingelegte, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 22 BV 12.2450 geführte Berufung nahm der Beklagte am 8. April 2014 zurück, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten mit Schreiben vom 4. April 2014 darauf hingewiesen hatte, dass die Klage nach dem damaligen Stand der Meinungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs als zulässig und begründet erscheine, so dass die Berufung zurückzuweisen sein könnte.

2. In der Folgezeit wurde der Luftreinhalteplan für München zweimal fortgeschrieben.

2.1 Die fünfte Fortschreibung datiert vom Mai 2014. Danach wurden an den im Stadtgebiet von München bestehenden Messstationen u. a. folgende Schadstoffkonzentrationen festgestellt:

Partikel PM10:

LÜB - Stationen

Jahresmittel 2010

µg/m³

Jahresmittel 2011

µg/m³

Jahresmittel 2012

µg/m³

Jahresmittel 2013

µg/m³

Anzahl der Überschreitungen*) 2010

Anzahl der Überschreitungen*) 2011

Anzahl der Überschreitungen*) 2012

Anzahl der Überschreitungen*) 2013

Stachus

32

31

26

26

47

35

[11] 14

[17] 19

Landshuter Allee

38

36

29

31

65

48

[17] 27

[30] 39

Prinzregenten Straße

28

25

-

-

31

17

-

-

Johanneskirchen

22

21

16

18

23

9

4

8

Loth Straße

24

22

18

20

27

11

5

11

*) bezogen auf den Tagesmittelwert

Die in eckige Klammern gesetzten Angaben haben - hier ebenso wie nachfolgend - die Zahl der Tage zum Gegenstand, um die das nach § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV zulässige Kontingent an Überschreitungstagen aufgrund der Ausbringung von Streusalz überstiegen wurde (vgl. § 25 der 39. BImSchV).

Stickstoffdioxid NO2:

LÜB - Stationen

Jahresmittel 2010

µg/m³

Jahresmittel 2011

µg/m³

Jahresmittel 2012

µg/m³

Jahresmittel 2013

µg/m³

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2010

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2011

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2012

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2013

Stachus

74

76

60

64

8

6

1

0

Landshuter Allee

99

85

81

81

192

50

27

50

Prinzregenten Straße

68

61

-

-

8

7

-

-

Johanneskirchen

28

23

22

22

0

0

0

0

Loth Straße

35

33

31

31

2

2

0

0

Moosach

39

39

35

-

2

2

0

-

Die fünfte Fortschreibung des Luftreinhalteplans enthält 20 Maßnahmen, die teils neu sind, zum Teil aber - wie diese Ausarbeitung auf Seite 37 selbst einräumt - bereits früher im Luftreinhalteplan thematisiert, aufgrund aktueller Entwicklungen und Fortschritte jedoch wiederum aufgegriffen worden seien. Nur vieren dieser Maßnahmen spricht die fünfte Fortschreibung ein quantifizierbares Minderungspotenzial in Bezug auf Luftschadstoffe (teilweise allerdings nur für NOx) zu. Es sind die Maßnahmen M 1 (Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung an der Landshuter Allee auf 50 km/h mit strenger Überwachung), M 4 (Fortführung des Optimierungsprogramms für Grüne Wellen), M 5 (Entwicklung und Simulation von Verkehrssteuerungsmaßnahmen für das umweltorientierte Verkehrsmanagement) und M 17 (Planung einer Verkehrsbeeinflussungsanlage mit intelligenter Verkehrssteuerung auf der BAB 96 zwischen den Anschlussstellen Gräfelfing und dem Autobahnende in München- Sendling).

2.2 Die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München stammt vom Dezember 2015. Die im Stadtgebiet gemessenen Schadstoffkonzentrationen stellten sich danach - soweit vorliegend von Belang - im Jahr 2014 wie folgt dar:

Partikel PM10:

LÜB-Stationen

Jahresmittel [µg/m³]

Anzahl der Überschreitungen beim Tagesmittelwert

LandshuterAllee

27

[16] 17

Stachus

23

[13] 14

Loth Straße

18

8

Johanneskirchen

16

6

Stickstoffdioxid NO2:

LÜB-Stationen

Jahresmittel [µg/m³[

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h-Mittelwert

LandshuterAllee

83

24

Stachus

62

0

Loth Straße

31

0

Johanneskirchen

22

0

Diese Fortschreibung räumt gleichfalls ein, dass sie außer neuen Maßnahmen auch solche enthält, die bereits im bestehenden Luftreinhalteplan bzw. in seinen Fortschreibungen thematisiert, aufgrund „aktueller Entwicklungen und Fortschritte[…] jedoch erneut aufgegriffen“ worden seien (Seite 30). Keine der in ihr aufgelisteten 20 Maßnahmen enthält bezifferte Angaben über das mit ihrer Umsetzung einhergehende Immissionsminderungspotenzial hinsichtlich der Luftschadstoffe „Partikel PM10“ und „Stickstoffdioxid (NO2)“; bei zwölf von ihnen wurde die Frage nach dem Minderungspotenzial mit den Worten „[derzeit] nicht quantifizierbar“, „nicht konkret bezifferbar“, „soll durch das Projekt ermittelt werden“ oder unter Verwendung ähnlicher Formulierungen beantwortet.

Unter prognostischem Blickwinkel führte die sechste Fortschreibung aus, eine Einhaltung des NO2-Immissionsgrenzwerts für das Jahresmittel an der Landshuter Allee sei ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich erst nach 2030 möglich; an der Messstation am Stachus stehe eine Einhaltung voraussichtlich ab 2025 zu erwarten. Die Immissionsprognosen beruhten im Wesentlichen auf der Erneuerung der Fahrzeugflotte sowie den quantifizierbaren Maßnahmen wie dem Lkw-Durchfahrtsverbot und der Umweltzone. Maßnahmen, deren Wirkungen sich nicht belastbar abschätzen ließen (hierzu gehörten solche, die den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie die Förderung des Fahrradverkehrs zum Ziel hätten), seien bei der Immissionsprognose nicht berücksichtigt worden.

3. Am 18. November 2015 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht,

dem Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen unter Fristsetzung ein angemessenes Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro anzudrohen,

hilfsweise,

gegen das Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen ein angemessenes Zwangsgeld festzusetzen.

Am 21. Juni 2016 erließ das Verwaltungsgericht daraufhin folgenden, dem Beklagten am 29. Juni 2016 als Fernkopie und am 30. Juni 2016 als Postexemplar zugestellten Beschluss:

Dem Antragsgegner wird für den Fall, dass er seiner Verpflichtung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung dieses Beschlusses nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,- Euro angedroht.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Anträge seien unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO so auszulegen, dass der Beklagte als Rechtsträger des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz Vollstreckungsschuldner sei.

Die Vollstreckung eines zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans verpflichtenden Urteils bestimme sich nach § 172 VwGO, da diese Vorschrift auch die Erzwingung solcher hoheitlichen Maßnahmen umfasse, mit denen die öffentliche Hand eine dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare, allein ihr vorbehaltene spezifische Regelungsbefugnis in Anspruch nehme.

Soweit im Stadtgebiet der Beigeladenen keine Überschreitung der Grenzwerte für Partikel PM10 mehr vorliege, ziehe das nicht die Unzulässigkeit des Vollstreckungsantrags nach sich. Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens bilde nämlich die Frage, ob die Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zur Gänze befolgt worden sei. Es müsse insgesamt geprüft werden, ob der für München geltende Luftreinhalteplan so geändert worden sei, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Partikel PM10 enthalte. Sei das nicht der Fall, müsse ein Zwangsgeld angedroht werden.

Der Umstand, dass die Vollstreckungsmaßnahme „innerhalb desselben Rechtsträgers“ erfolgen solle, nehme dem Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da dem Kläger andernfalls die Möglichkeit genommen würde, effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Überdies sei davon auszugehen, dass nicht nur das Zwangsgeld als solches, sondern gerade dessen Androhung den jeweiligen Vollstreckungsschuldner zur Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils motivieren solle.

Der Antrag habe in der Sache deshalb Erfolg, da der Beklagte der ihm durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegten Verpflichtung grundlos nicht nachgekommen sei.

Dieses Urteil sei vollstreckungsfähig, da sich aus ihm die Verpflichtungen des Beklagten in hinreichend bestimmter Weise ergäben. Jene Entscheidung habe den Gestaltungsspielraum des Beklagten beachtet und einen Anspruch darauf, dass er zu einer bestimmten Maßnahme verpflichtet werde, verneint. Der Vollstreckungsfähigkeit des Urteils sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die Entscheidungsgründe verbindliche Vorgaben enthielten, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten seien.

Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage, bei der die Bindung an die dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zugrunde liegende Rechtsauffassung entfallen würde, ergebe sich nicht daraus, dass Dieselfahrzeuge die Vorgaben der Euro-5- und der Euro-6-Norm zwar unter den vorgesehenen Testbedingungen, nicht aber im tatsächlichen Fahrbetrieb einhalten könnten. Denn diese tatsächliche Gegebenheit habe schon bei Erlass des zu vollstreckenden Urteils bestanden; die Euro-6-Norm sei überdies erst am 1. September 2014 verbindlich geworden. Neu sei lediglich die Erkenntnis, dass diese Normen bereits im Zeitpunkt der Rechtskraft jenes Urteils nicht eingehalten worden seien; das lasse seine Bindungswirkung jedoch nicht entfallen. Die Frage, wie schnell die Verminderung des Schadstoffausstoßes von Dieselfahrzeugen voranschreite, sei nicht entscheidungserheblich, da dem Beklagten unabhängig hiervon Maßnahmen zur Verfügung stünden, die zum Ausschluss der Grenzwertüberschreitung geeignet seien. Auch unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei es ihm zumutbar, solche einschneidenden Maßnahmen - bis hin zu einem Verkehrsverbot oder Ähnlichem - zu ergreifen.

Die Tatsache, dass offenbar einige Hersteller von Dieselfahrzeugen die Software dergestalt beeinflusst hätten, dass Fahrzeuge zwar bei Testmessungen, nicht aber im Realbetrieb die Vorgaben der Euro-5- und der Euro-6-Norm hätten einhalten können, vermöge die Säumnis des Beklagten ebenfalls nicht zu rechtfertigen, da dieser Umstand für die Nichterfüllung der Vorgaben des Urteils vom 9. Oktober 2012 nicht ursächlich sei.

Wenn dem Beklagten in diesem Urteil aufgegeben worden sei, einen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte geeigneten Luftreinhalteplan aufzustellen und den Zeitraum ihrer Überschreitung „möglichst kurz zu halten“, so folge hieraus in Verbindung mit Aussagen in der seinerzeit vorliegenden vierten Fortschreibung des Luftreinhalteplans, dass eine „schnellstmögliche Einhaltung“ der Grenzwerte jedenfalls dann nicht bejaht werden könne, wenn sie weder im Jahr 2015 noch im Jahr 2020 in Aussicht stehe.

Durch das zu vollstreckende Urteil sei dem Beklagten ferner aufgegeben worden,

„einschneidendere“ als die in der vierten Fortschreibung erwähnten Maßnahmen - insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone - zu prüfen und sie ggf. in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Verlangt werde mithin ein Katalog an wirksamen Maßnahmen, die geeignet seien, die Grenzwerte so schnell wie möglich - nach den Entscheidungsgründen vor 2015 bzw. 2020 - einzuhalten.

Die Ungeeignetheit der in der sechsten Fortschreibung enthaltenen Maßnahmen ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte selbst nicht davon ausgehe, sie seien zur Einhaltung der Grenzwerte tauglich. Die von ihm als zentral verstandene Maßnahme M 1 (sie hat die „gutachterliche Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid- Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“ zum Gegenstand) diene bestenfalls zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen, stelle aber selbst keine Maßnahme dar, die die Emissionen reduzieren könne. Die Maßnahmen M 2 bis M 20 seien viel zu unkonkret bzw. angesichts der Tatsache, dass die anhaltende Grenzwertüberschreitung hauptsächlich von Dieselfahrzeugen verursacht werde, nicht geeignet, effektiv zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte beizutragen.

4. Mit der von ihm eingelegten Beschwerde beantragte der Beklagte:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 wird aufgehoben. Der Antrag wird abgelehnt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei das Urteil vom 9. Oktober 2012 mangels ausreichender inhaltlicher Bestimmtheit nicht vollstreckbar. Hieran ändere der bei Verbescheidungsurteilen erforderliche Rückgriff auf die Entscheidungsgründe nichts, da auch aus ihnen nicht hervorgehe, mit welchen Maßnahmen oder in welchem Zeitraum das im Urteilstenor vorgegebene Ziel zu erreichen sei. Die einzigen insoweit belangreichen Ausführungen fänden sich in den beiden letzten Sätzen der Randnummer 33 des Urteils. Wie ein Vergleich mit dem nahezu identischen Parallelfall verdeutliche, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 11. Mai 2016 (9 E 448/16 - juris) befunden habe, reichten sie nicht aus, um die Vollstreckungsfähigkeit des hier inmitten stehenden Urteils bejahen zu können. Bereits in einem Schreiben vom 16. Dezember 2013 habe der beschließende Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anlässlich seiner Befassung mit der gegen das Urteil vom 9. Oktober 2012 eingelegten Berufung im Übrigen Zweifel an der Vollstreckungsfähigkeit dieser Entscheidung angemeldet.

Der im angefochtenen Beschluss enthaltene Hinweis darauf, dass eine Einhaltung der Grenzwerte im Jahr 2015 oder im Jahr 2020 keine „schnellstmögliche Einhaltung“ darstelle, stelle schon deshalb keine taugliche Konkretisierung dar, da zwei unterschiedliche, zudem fünf Jahre auseinander liegende Zeitpunkte genannt würden. Zudem ergebe sich aus diesem Kriterium allenfalls eine Negativabgrenzung dergestalt, der sich entnehmen lasse, wann der Beklagte seinen Pflichten nicht nachgekommen sei. Dazu, um dem Vollstreckungsschuldner hinreichend bestimmte Vorgaben zu erteilen, durch deren Erfüllung er sich einem Vollstreckungsverfahren erfolgreich entziehen könne, sei diese Aussage nicht geeignet.

Der Annahme, das Urteil vom 9. Oktober 2012 sehe in der Ausweitung der Umweltzone eine taugliche Maßnahme, stehe entgegen, dass sich das Verwaltungsgericht auf die Feststellung beschränkt habe, diese (vom Kläger angeführte) Maßnahme existiere und sei möglicherweise geeignet. Tatsächlich seien dem Beklagten keine Maßnahmen bekannt, die zum Ausschluss von Grenzwertüberschreitungen geeignet seien.

Sollte das Urteil vom 9. Oktober 2012 gleichwohl als vollstreckungsfähig angesehen werden, habe der Beklagte die sich aus dieser Entscheidung ergebende Verpflichtung durch die seither vorgenommene zweimalige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München erfüllt. Der Beklagte verweist insoweit auf die auf der Landshuter Allee eingeführte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h sowie darauf, dass seit Oktober 2012 die Einfahrt in die Umweltzone nur noch Fahrzeugen mit grüner, nicht aber mit gelber oder roter Plakette erlaubt sei. Weitergehende Verpflichtungen ließen sich weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen jenes Urteils entnehmen. Zudem bedürften die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen zunächst der Umsetzung; messbare Auswirkungen auf die Umwelt ließen sich deshalb erst mit deutlicher Verzögerung feststellen.

Auch der Beklagte verkenne nicht, dass sich in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO der Inhalt des zu vollstreckenden Urteils über dessen notwendige Auslegung hinaus auch durch eine gewisse Fortschreibung konkretisieren lassen müsse, falls Unklarheiten sich anhand der Urteilsurkunde selbst nicht beseitigen ließen. Wenn § 172 VwGO das Gericht des ersten Rechtszugs zum Vollstreckungsorgan erkläre, werde damit auch dem Umstand Rechnung getragen, dass in derartigen Vollstreckungsverfahren nicht selten ein „Weiterdenken“ der Erwägungen notwendig werde, die der zu vollstreckenden Entscheidung zugrunde lagen, um feststellen zu können, was der Beklagte schulde und ob er seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. Die zwangsläufig allgemein gehaltene Fassung von Verbescheidungsurteilen könne es im Licht des Art. 19 Abs. 4 GG erfordern, im Vollstreckungsverfahren die einem solchen Urteil zugrunde liegenden Überlegungen und Wertungen näher zu präzisieren, um zu verhindern, dass sich derartige Entscheidungen im Unverbindlichen erschöpften. Dies dürfe aber über die in dem zu vollstreckenden Urteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinausgehen und setze deshalb voraus, dass diese Feststellungen, Überlegungen und Wertungen selbst bereits Grundlage der Erwägungen in jenem Urteil gewesen seien. Da in dem Erkenntnisverfahren, das dem Urteil vom 9. Oktober 2012 vorangegangen sei, keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob die schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung diskutierten Maßnahmen tatsächlich möglich, geeignet und verhältnismäßig seien, müssten sie zunächst Gegenstand eines neuen Erkenntnisverfahrens sein; denn vom Vollstreckungsschuldner dürfe nichts rechtlich Unmögliches verlangt werden.

Aufgrund der Reichweite und Eingriffsintensität gelte das namentlich für eine Sperrung von (Innen-)Stadtbereichen für Kraftfahrzeuge. Erst ein neues Erkenntnisverfahren könne die nötige Plattform für die Prüfung bieten, ob hierfür eine Ermächtigungsgrundlage bestehe und ob das planerische Gestaltungsermessen u. U. auf die Verpflichtung zur Aufnahme dieser Maßnahmen in die weitere Fortschreibung des streitigen Luftreinhalteplans reduziert sei.

Die vom Verwaltungsgericht gesetzte Frist von einem Jahr sei im Übrigen viel zu kurz bemessen. Angesichts der Vielzahl der einzuschaltenden öffentlichen Stellen und der Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung benötige eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans einen Zeitraum, der deutlich über einem Jahr liege. Zu bedenken sei auch, dass das Gutachten, dessen Einholung die sechste Fortschreibung als Maßnahme M 1 enthalte, um die Jahresmitte 2017 und damit fast gleichzeitig mit dem Ablauf der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist vorzulegen sei. Erst wenn dieses Gutachten vorliege, werde zu prüfen und zu entscheiden sein, welche der dort genannten Vorschläge realisiert werden könnten; im Anschluss daran sei die Überarbeitung des Luftreinhalteplans zu erstellen.

Die Maßnahmen auf lokaler Ebene zur Reduktion der Immissionen seien im Übrigen beinahe erschöpft. Nur eine drastische Reduzierung der Fahrzeugmenge und/oder eine Verbesserung des Emissionsverhaltens von Kraftfahrzeugen (insbesondere solcher mit Dieselantrieb) könnten eine deutliche Verbesserung der Situation bewirken. Solche Maßnahmen seien nach derzeitiger Rechtslage indes unverhältnismäßig. Eine wesentliche Verbesserung der NO2-Belastungssituation durch die Umstellung der Fahrzeugflotte auf die Euro-6- bzw. die Euro-VI-Norm sei erst deutlich nach dem Ende des laufenden Jahrzehnts anzunehmen, da die vorhandene Fahrzeugflotte auf Jahre hinaus das Emissionspotenzial bestimmen werde.

5. Der Kläger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Urteil vom 9. Oktober 2012 sei deshalb vollstreckungsfähig, weil die dem Beklagten darin auferlegte Verpflichtung, einen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid geeigneten Luftreinhalteplan aufzustellen, in den Entscheidungsgründen dahingehend konkretisiert werde, dass „einschneidendere“ Maßnahmen als die in der vierten Fortschreibung enthaltenen geboten seien; zu ihnen gehöre insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) ausgeführt, dass dem Verwaltungsgericht die Option („machen kann“) zustehe, hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen verbindliche Vorgaben zu machen; diese seien alsdann auch im Vollstreckungsverfahren zu beachten. Das bedeute indes nicht, dass das Tatsachengericht alle in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen im Urteil erwähnen müsse; dies verbiete sich sowohl aus Gründen der Gewaltenteilung als auch mit Blickrichtung auf die Komplexität der Luftreinhalteplanung.

Bereits die Tatsache, dass die Umweltzone in München immer noch so groß sei wie im Jahr 2012, erhelle, dass der Beklagte die ihm durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt habe. Darüber hinaus gebe es nicht einmal ein Konzept dafür, welche Maßnahmen zu ergreifen seien, damit die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden könnten. Dass zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils auch (ggf. zeitlich, örtlich und sachlich begrenzte) Verkehrsbeschränkungen zählten, sei allen Beteiligten bewusst, jedoch weigere man sich beharrlich, die entsprechenden Konsequenzen insbesondere für den Verkehr mit Dieselfahrzeugen zu ziehen.

Für eine Beschränkung des Diesel-Kraftfahrzeugverkehrs bedürfe es keiner Novellierung der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (35. BImSchV). Denn jedenfalls hinsichtlich der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Einzelstraßen im Stadtgebiet der Beigeladenen könne ein solches Verkehrsverbot durch das Zeichen 251 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung, dem ein Zusatzzeichen „Gilt für Diesel“ bzw. „Alle außer Diesel frei“ o. ä. beizufügen sei, ausgesprochen werden. Härtefällen könne mit einer Allgemeinverfügung begegnet werden. Als Alternative zur Verlautbarung eines Durchfahrtsverbots für Dieselfahrzeuge komme eine Beschilderung in Betracht, wie sie im Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 11. März 2016 als rechtlich zulässig bezeichnet worden sei. Die Pflicht, derartige Maßnahmen zu ergreifen, sei die rechtlich zwingende Konsequenz daraus, dass auf Bundesebene von der Schaffung der „Blauen Plakette“ abgesehen worden sei. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte keine auf deren Einführung abzielende Initiative im Bundesrat ergriffen habe.

Der Hinweis der Beigeladenen darauf, dass sich das zu vollstreckende Urteil nicht dazu äußere, unter welchen Voraussetzungen sie ihr Einvernehmen zu straßenverkehrsbehördlichen Maßnahmen des Beklagten zu erteilen habe, sei unbehelflich, da es bereits an der Bereitschaft des Beklagten fehle, straßenbehördliche Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen und um das Einvernehmen der Beigeladenen hierzu zu ersuchen. Das Einvernehmen dürfe im Übrigen nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen verweigert werden; andernfalls sei es nach den zu § 36 Abs. 1 BauGB entwickelten Grundsätzen zu ersetzen.

6. Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an. Sie verweist auf ihre Ausführungen in dem Berufungszulassungsverfahren 22 ZB 16.1475, das ebenfalls die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Luftreinhalteplans für München zum Gegenstand hat. Ergänzend hierzu macht sie geltend, die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 richte sich nicht nach § 172 VwGO, sondern nach § 894 Satz 1 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Mangels einer Tenorierung, angesichts derer die Fiktion des § 894 Satz 1 ZPO eintreten könne, sei jene Entscheidung nicht vollstreckungsfähig. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 172 VwGO habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen abgelehnt.

Unabhängig hiervon sei es nicht Aufgabe des Vollstreckungsverfahrens, unterlassene konkrete Maßnahmen anzuführen, deren Benennung das Urteil vom 9. Oktober 2012 gescheut habe.

Der Beklagte könne deshalb nicht säumig sein, weil er ohne das nach § 47 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 BImSchG erforderliche Einvernehmen der Beigeladenen und ohne Erstreckung der Rechtskraft des Urteils vom 9. Oktober 2012 auf sie keine Maßnahmen der Luftreinhalteplanung treffen könne. Rechtskraftwirkung entfalte ein Verbescheidungsurteil nämlich dann nicht, wenn es zu einer Rechtsvoraussetzung keine verbindlichen Ausführungen enthalte. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Beigeladene ihr Einvernehmen zu Luftreinhaltemaßnahmen des Beklagten erteilen müsse, verhalte sich das zu vollstreckende Urteil indes nicht.

Eine grundlose Säumnis des Beklagten sei ferner zum einen deshalb zu verneinen, weil seit dem Erlass des zu vollstreckenden Urteils zwei Fortschreibungen des Luftreinhalteplans in Kraft getreten seien. Zum anderen sei eine Erweiterung der Umweltzone - die einzige vom Verwaltungsgericht konkret angesprochene Maßnahme - angesichts der bisher nicht eingeführten „Blauen Plakette“ rechtlich unmöglich.

7. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Januar 2017 legte auch der Kläger gegen den Beschluss vom 21. Juni 2016 Beschwerde ein. Dieses Rechtsmittel nahm er in der am 16. Februar 2017 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durchgeführten mündlichen Verhandlung zurück.

8. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift, wegen des Vorbringens der Beteiligten und des Verfahrensgangs im Übrigen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

II.

Das Verfahren über die Beschwerde des Klägers war nach der Rücknahme dieses Rechtsmittels entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die zulässige Beschwerde des Beklagten ist nur teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht ging zu Unrecht davon aus, dem Beklagten dürfe ein Zwangsgeld für den Fall angedroht werden, dass er die gesamte ihm im Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegte Verpflichtung nicht binnen Jahresfrist erfüllen sollte. Von ihm können in Vollzug jener Gerichtsentscheidung gegenwärtig nur Handlungen verlangt werden, die der Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung dieses Plans dienen (vgl. die Nummern 1 bis 3 der neu gefassten Nummer I des Tenors des angefochtenen Beschlusses). Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, die darüber hinausgehenden, aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 resultierenden Pflichten des Beklagten seien derzeit im Vollstreckungswege durchsetzbar, war der Beschluss vom 21. Juni 2016 deshalb unter gleichzeitiger diesbezüglicher Ablehnung des Vollstreckungsantrags des Klägers abzuändern. Andererseits musste die Beschwerde zurückgewiesen werden, soweit sie darauf abzielte, die erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes zur Gänze abzuwenden, da das Urteil vom 9. Oktober 2012 dem Grunde nach vollstreckbar ist und der Beklagte die ihm darin auferlegte Verpflichtung insoweit, als das von ihm gegenwärtig verlangt werden kann, nicht in dem gebotenen Umfang erfüllt hat.

1. Rechtsgrundlage für die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012

Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO.

Dies entspricht nicht nur der - soweit ersichtlich - übereinstimmenden Auffassung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die sich bisher mit der Vollstreckung von gleich oder ähnlich tenorierten, die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechenden Urteilen zu befassen hatten (VG Stuttgart, B.v. 14.8.2009 - 13 K 511/09 - juris Rn. 32; VG Wiesbaden, B.v. 11.1.2016 - 4 N 1727/15.WI - juris Rn. 28; VG Hamburg, B.v. 18.7.2016 - 9 V 1062/16 - juris Rn. 5; VG Sigmaringen, B.v. 24.11.2016 - 1 K 5134/15 - BA S. 11 f.; im Ergebnis ebenso, ohne die Frage überhaupt zu problematisieren, HessVGH, B.v. 11.5.2016 - 9 E 448/16 - juris Rn. 17 f., 25 f., 29 und 35; B.v. 11.5.2016 - 9 E 450/16 - juris Rn. 17, 25 f., 29 und 34); ein Rückgriff auf die - allerdings nur entsprechend anwendbare – Vorschrift des § 172 VwGO ist auch von der Sache her geboten. Denn zu vollstrecken ist vorliegend eine gerichtliche Entscheidung, die die öffentliche Gewalt lediglich dazu verurteilt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, die jedoch keinen kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt festsetzt, bis zu dem der geschuldete Erfolg herbeigeführt sein muss, und die darüber hinaus die Wahl der einzusetzenden Mittel vollständig dem - freilich stets pflichtgemäß auszuübenden - Ermessen der zuständigen Behörde überlässt. In solchen Fällen kann es in deutlich höherem Maß als in anderen Vollstreckungsverfahren ungewiss sein, ob die öffentliche Verwaltung der ihr gerichtlich auferlegten Verpflichtung vollständig nachgekommen ist. Das gilt namentlich dann, wenn sie seit dem Erlass der zu vollstreckenden Entscheidung gewisse Handlungen vorgenommen (hier: den verfahrensgegenständlichen Luftreinhalteplan tatsächlich fortgeschrieben) hat, jedoch Streit darüber besteht, ob diese Maßnahmen ausreichen (die Behörde m.a.W. den „Erfüllungseinwand“ erhebt), oder sie behauptet, weitergehende Schritte könnten von ihr deshalb nicht verlangt werden, weil das zur Verfügung stehende Handlungsinstrumentarium ausgeschöpft sei (vgl. zur grundsätzlichen Beachtlichkeit sowohl des Erfüllungseinwands als auch der Behauptung, die Vornahme der im zu vollstreckenden Titel rechtskräftig auferlegten Handlung sei dem Schuldner unmöglich, im Vollstreckungsverfahren sowie zur fehlenden Beschränkung des Vollstreckungsschuldners auf die Geltendmachung dieses Einwands im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO: Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 23 m.w.N.; Gruber in MK zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 888 Rn. 13 m.w.N.). In derartigen Konstellationen kann das Vollstreckungsverfahren einen Grad an Komplexität aufweisen, der sich signifikant von jenen Fallgestaltungen unterscheidet, in denen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, die Vollstreckung von nicht dem Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO unterfallenden Leistungsurteilen bestimme sich nach den §§ 887 f. ZPO (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 14.1.1999 - 8 C 98.2131 - juris Rn. 2, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Beseitigung eines straßenrechtlichen Überbaus; B.v. 2.4.2001 - 8 C 01.587 - VGH n.F. 54, 74/75, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Beseitigung der Überteerung eines Grundstücks; B.v. 7.3.2002 - 4 C 02.188 - BayVBl 2003, 375, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Lieferung von den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechendem Wasser; B.v. 9.3.2009 - 7 C 08.3151 - juris Rn. 17 f., betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Änderung eines Schulzeugnisses; B.v. 6.4.2009 - 7 C 09.763 - juris Rn. 13, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Zulassung als Mieter von Hochschulräumen). Es erscheint deshalb angemessen, für die Klärung der Stichhaltigkeit des „Erfüllungs-“ bzw. des „Unmöglichkeitseinwands“ in Fällen der hier inmitten stehenden Art ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung zu stellen, das dem Vollstreckungsschuldner dann, wenn sich ein Einwand der vorbezeichneten Art als (teilweise) nicht zutreffend erweist, Gelegenheit belässt, den ihm durch die zu vollstreckende Entscheidung auferlegten Pflichten innerhalb der gemäß § 172 Satz 1 VwGO zu setzenden Frist nachzukommen, ohne dass es bereits in diesem Stadium (was letztlich zu Lasten der Allgemeinheit ginge) zu einer Zwangsgeldfestsetzung kommt. Eine solche Folge aber wäre dann unabweisbar, würde sich die Vollstreckung eines Gerichtsurteils, das zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichtet, gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO von vornherein nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung bestimmen; denn die alsdann anzuwendende Vorschrift des § 888 ZPO schließt in ihrem Absatz 2 die Androhung eines Zwangsmittels ausdrücklich aus. Die Absicht des Gesetzgebers, die öffentliche Gewalt vor der „scharfen“ zivilprozessualen Vollstreckung zu verschonen - hierin muss das tragende Motiv für die Schaffung des § 172 VwGO gesehen werden (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2011, § 172 Rn. 11) -, gebietet deshalb die vorrangige Heranziehung von § 172 VwGO gerade in Fällen der inmitten stehenden Art.

Trotz der teilweisen Ablehnung des Vollstreckungsantrags durch das Beschwerdegericht kann der Kläger aus diesem Grund auch nicht mit dem im ersten Rechtszug gestellten, auf die sofortige Festsetzung eines Zwangsgelds abzielenden Hilfsantrag durchdringen.

Unzutreffend ist die Auffassung der Beigeladenen, die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 bestimme sich nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 894 ZPO. Dahinstehen kann, ob ein Luftreinhalteplan überhaupt als eine Willenserklärung (bzw. - mit Blickrichtung auf die darin erwähnten Maßnahmen - als ein Bündel von Willenserklärungen) angesehen werden kann. Einem Rückgriff auf die Vorschrift des § 894 ZPO steht jedenfalls entgegen, dass das zu vollstreckende Urteil die in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München aufzunehmenden Handlungen nicht derart detailgenau umschrieben hat, dass davon ausgegangen werden könnte, mit dem Eintritt der Rechtskraft einer solchen Entscheidung stehe der neue Inhalt des Plans bereits in einer Weise fest, die geeignet wäre, die sich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebende Vollzugspflicht auszulösen. Hieran ändert der Umstand nichts, dass das Ermessen des Beklagten, wie er dem Urteil vom 9. Oktober 2012 gerecht wird, dahingehend eingeschränkt ist, dass er nach Ausräumung der derzeit noch bestehenden straßenverkehrsrechtlichen Ungewissheiten nicht mehr rechtsfehlerfrei davon absehen kann, in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (nachfolgend „Dieselfahrzeuge“ genannt) einzuarbeiten. Denn selbst insoweit bedarf es noch vom Beklagten vorzunehmender Feststellungen darüber, hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) derartige Verkehrsverbote ohne Verstoß gegen anderweitige Vorgaben der Rechtsordnung angeordnet werden können, in welchem sachlichen und zeitlichen Umfang dies zu geschehen hat, und welche Ausnahmen von einem solchen Verkehrsverbot zugelassen werden müssen.

Bei alledem verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit von Verfassungs wegen gehalten sind, „die Vollstreckungsvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung so auszulegen und anzuwenden, dass ein wirkungsvoller Schutz der Rechte des Einzelnen auch gegenüber der Verwaltung gewährleistet ist“ (BVerfG, B.v. 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - DVBl 1999, 1646). § 172 VwGO steht daher dem Einsatz anderer nach § 167 VwGO in Verbindung mit der Zivilprozessordnung möglicher Zwangsmittel nicht entgegen (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O. S. 1646). Ist etwa aufgrund vorangegangener Erfahrungen, aufgrund eindeutiger Bekundungen oder aufgrund mehrfacher erfolgloser Zwangsgeldandrohungen klar erkennbar, dass die Behörde unter dem Druck des Zwangsgeldes nicht einlenkt, gebietet es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, von der nach § 167 VwGO möglichen „entsprechenden“ Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O. S. 1646). Die Durchführung des nach § 172 Satz 1 VwGO einer Zwangsgeldfestsetzung obligatorisch vorgeschalteten Androhungsverfahrens steht deshalb der gebotenen effektiven Durchsetzung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen auch gegenüber der öffentlichen Hand nicht entgegen.

2. Vollstreckbarkeit des Urteils vom 9. Oktober 2012

Dieses Urteil statuiert eine Verpflichtung des Beklagten, deren Inhalt und Umfang sich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs, in Ansehung dessen dieses Ziel zu verwirklichen ist, sowie hinsichtlich eines einzelnen zu diesem Zweck zu ergreifenden Mittels - nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München - im Weg der Auslegung eindeutig bestimmen lässt; es ist deshalb vollstreckbar.

2.1 Räumliche Reichweite der im Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegten Verpflichtung

Eindeutig ist der dem Beklagten in diesem Urteil erteilte Rechtsbefehl zunächst hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs. Die Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für München so zu ändern, dass die im Tenor des zu vollstreckenden Urteils genannten drei Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden, beschränkt sich nicht auf den näheren Umgriff derjenigen beiden öffentlichen Verkehrsflächen in München, an denen sich die Messstationen befinden, die auch in jüngerer Zeit noch Grenzwertüberschreitungen registriert haben (d.h. auf den Stachus sowie einen bestimmten Abschnitt der Landshuter Allee). Desgleichen ist diesem Urteil eine Begrenzung seines Regelungsgehalts auf das innerhalb des Mittleren Rings liegende Stadtgebiet der Beigeladenen (d.h. die bereits vorhandene Umweltzone) fremd. Nach dem eindeutigen, keiner relativierenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Nummer I des Tenors des zu vollstreckenden Urteils umfasst die auferlegte Verpflichtung vielmehr das gesamte „Stadtgebiet von München“.

2.2 Sachliche Reichweite der zu vollstreckenden Verpflichtung

Eindeutig ist ferner die sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebende Verpflichtung des Beklagten, die bisherige Überschreitung der im Tenor dieser Entscheidung genau bezeichneten Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (Partikel PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) abzustellen.

Spürbar eingeschränkt wird die Weite dieser Verpflichtung durch den Umstand, dass das Urteil nicht die „sofortige“, sondern nur die „schnellstmögliche“ Einhaltung dieser Grenzwerte verlangt. Es bringt damit zum Ausdruck, dass der Beklagte nur die Aufnahme solcher Maßnahmen in den Luftreinhalteplan schuldet, zu deren Durchführung die nach den einschlägigen Bestimmungen hierfür zuständigen Träger öffentlicher Gewalt (vgl. § 40 Abs. 1 und § 47 Abs. 6 BImSchG) tatsächlich und rechtlich in der Lage sind. Eine weitere Eingrenzung ergibt sich aus dem ebenfalls in die Nummer I des Urteilstenors ausdrücklich aufgenommenen Kriterium der „Erforderlichkeit“ der jeweiligen Maßnahme. „Erforderlich“ sind nach allgemeinem verwaltungsrechtlichem Sprachgebrauch nur solche Handlungen der öffentlichen Gewalt, bei denen sich die Relation zwischen ihrer Eignung, das zu verwirklichende Ziel zu erreichen, und den damit für die Allgemeinheit oder für Einzelne einhergehenden Belastungen vorteilhafter als bei zur Verfügung stehenden Alternativmaßnahmen darstellt. Der Gesichtspunkt der „Erforderlichkeit“ einer Maßnahme umschreibt damit einen Teilaspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dessen Beachtung der öffentlichen Verwaltung bei der Auswahl der in einen Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen und ihrer näheren Ausgestaltung durch § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG überdies ausdrücklich aufgegeben wird.

Für die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 ergeben sich hieraus bedeutsame Konsequenzen. Behauptet der Vollstreckungsschuldner, er habe mit den seit dem Erlass des zu vollstreckenden Urteils ergriffenen Maßnahmen das ihm (derzeit) zur Verfügung stehende Instrumentarium ausgeschöpft, während der Vollstreckungsgläubiger - wie vorliegend - eine Vielzahl weiterer Handlungsoptionen aufführt, die ohne rechtfertigenden Grund nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen worden seien, so besteht die Gefahr, dass das Vollstreckungsverfahren unter Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits mit Sachfragen überfrachtet wird (so zu Recht BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 54). Denn die Beantwortung der Frage, ob dieses Vorbringen des Vollstreckungsgläubigers zutrifft, setzt nicht nur die Prüfung voraus, ob die von ihm benannten Maßnahmen zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind; wegen der sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebenden Verpflichtung der zuständigen Behörden, die in einen Luftreinhalteplan aufgenommenen Aussagen umzusetzen (vgl. dazu z.B. Fisahn in Kotulla, BImSchG, Stand November 2004, § 40 Rn. 18; Scheidler in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1 Teil II, § 40 BImSchG Rn. 27; Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand September 2010, § 47 BImSchG Rn. 29 f.; Jarass BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 40 Rn. 11 und § 47 Rn. 52 - 55), müssen sowohl die materielle Rechtmäßigkeit der jeweils in Streit stehenden Maßnahme als auch ihre Vollzugsfähigkeit zumindest in allen wesentlichen Punkten bereits vor ihrer Einstellung in den Plan geklärt sein. Bejaht oder verneint das Gericht in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO die Existenz eines weiteren, vom Vollstreckungsschuldner bisher nicht berücksichtigten Instruments zur Luftreinhaltung (mit der daraus resultierenden Pflicht zur Aufnahme dieses Instruments in einen Plan nach § 47 Abs. 1 BImSchG), so übernimmt es die Verantwortung nicht nur für die materielle Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme einschließlich ihrer Verhältnismäßigkeit, sondern auch für ihre rechtliche und tatsächliche Vollziehbarkeit.

Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeit ist es zu verstehen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) angemerkt hat, der Vollstreckungsfähigkeit einer gerichtlichen Entscheidung der vorliegenden Art werde dadurch Rechnung getragen, dass die Entscheidung hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben machen könne, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten seien. Dieser Aussage kommt Beachtlichkeit auch im vorliegenden Zusammenhang zu, da die Tenorierung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 (4 K 165/12.WI - juris), das der Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) zugrunde lag, mit der Entscheidungsformel des vorliegend verfahrensgegenständlichen Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 im Wesentlichen übereinstimmt. Den vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Weg, verbindliche Vorgaben hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen bereits in die das Erkenntnisverfahren abschließende Entscheidung aufzunehmen, hat das zu vollstreckende Urteil allerdings nicht beschritten. Insbesondere kann der in Abschnitt 2.5 der Entscheidungsgründe dieses Urteils enthaltene Hinweis auf die aus der Sicht des Verwaltungsgerichts bestehende Option einer Ausdehnung der Umweltzone nicht als eine solche Vorgabe verstanden werden; die dortigen Darlegungen dienen vielmehr lediglich dazu, beispielhaft aufzuzeigen, dass dem Beklagten weitere, bisher nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Aus den knappen Ausführungen in der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) kann entgegen der Auffassung, die in den Beschlüssen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Mai 2016 (9 E 448/16 - juris; 9 E 450/16 - juris) zum Ausdruck gelangt, indes nicht hergeleitet werden, gerichtliche Entscheidungen, die die öffentliche Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichten, seien nur dann - und auch das nur insoweit - vollstreckbar, als sie zumindest in den Entscheidungsgründen eine oder mehrere Maßnahme(n) benennen, die dieser Plan zwingend zu enthalten hat.

Einer solchen Annahme steht zunächst entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Randnummer 56 des Urteils vom 5. September 2013 (a.a.O.) davon spricht, dass eine solche Entscheidung verbindliche Vorgaben der dort näher bezeichneten Art machen „kann“. Mehr noch fällt ins Gewicht, dass das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar zuvor - nämlich in den Randnummern 54 f. der Entscheidungsgründe des gleichen Urteils - die Ordnungsgemäßheit des Klageantrags, der dem in jenem Revisionsverfahren zu überprüfenden Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 (4 K 165/12.WI - juris Rn. 15) zugrunde lag (er stimmt mit dem in der Streitsache M 1 K 12.1046 gestellten Klageantrag - abgesehen von der hier vorgenommenen zusätzlichen Einbeziehung der Immissionsgrenzwerte nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV - praktisch wortgleich überein), als dem Bestimmtheitserfordernis genügend bezeichnet hat. Diese Einstufung erfolgte ausdrücklich auch mit Blickrichtung auf das Postulat der Vollstreckbarkeit der auf einen solchen Antrag hin ergehenden gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 5.9.2013 a.a.O. Rn. 54 a.E.). Da gerade bei Leistungsklagen - eine solche lag sowohl dem vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden anhängig gemachten Verfahren 4 K 165/12.WI als auch dem hier zu vollstreckenden Urteil des Verwaltungsgerichts München zugrunde - ein Klageantrag nur zulässig ist, wenn er zu einer vollstreckungsfähigen Entscheidung führen kann (Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2006, § 82 Rn. 7), darf nicht davon ausgegangen werden, ein Urteil, das einen vom Bundesverwaltungsgericht als hinreichend bestimmt bezeichneten Klageantrag unverändert übernimmt, sei unvollstreckbar. Die Bedeutung des Hinweises in der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) kann deshalb nur darin gesehen werden, dass die - fakultative - Benennung von Maßnahmen, die der verurteilte Träger öffentlicher Gewalt beim Erlass oder bei der Fortschreibung eines Luftreinhalteplans in Betracht zu ziehen hat, in den Entscheidungsgründen eines diesbezüglichen Urteils dessen Vollstreckung erleichtert, weil das Vollstreckungsverfahren hierdurch von materiellrechtlichen Fragen entlastet wird, ohne dass die Vollstreckbarkeit derartiger Erkenntnisse unabdingbar von der Aufnahme einschlägiger Aussagen in die Gründe der Entscheidung abhängt.

Damit in Einklang steht, dass auch die Zivilgerichte es als für die Vollstreckung eines Urteils ausreichend ansehen, wenn darin die geschuldete Handlung lediglich in Gestalt des zu erzielenden, bestimmt bezeichneten Erfolgs umschrieben wird (Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 5 mit umfangreichen Nachweisen in der Fn. 12).

Bestätigt wird das vorstehend dargestellte Ergebnis ferner durch den Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) davon spricht, die Gerichte könnten den für die Erstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden verbindliche Vorgaben „im Sinne eines Bescheidungsurteils“ hinsichtlich der „in Betracht zu ziehenden“ Maßnahmen erteilen. Dem Bundesverwaltungsgericht steht insoweit mithin nicht die Fallgestaltung vor Augen, dass ein Träger öffentlicher Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verurteilt wurde, der nach den Vorgaben des erkennenden Gerichts (mögen sie sich im Tenor oder in den Gründen der Entscheidung finden) konkrete, bereits vom Gericht verbindlich vorgegebene Maßnahmen auf jeden Fall zu enthalten hat; denn in dieser Konstellation liegt gerade kein Bescheidungs-, sondern ein „klassisches“ Leistungsurteil vor. Für Bescheidungsaussprüche ist demgegenüber kennzeichnend, dass sie die öffentliche Verwaltung dazu verpflichten, bestimmte Prüfungen oder Erwägungen vorzunehmen. Betreibt der obsiegende Rechtsschutzsuchende die Vollstreckung aus einem Urteil der letztgenannten Art mit der Begründung, die zuständige Behörde habe die geschuldete Prüfung bzw. die vorzunehmenden Erwägungen nicht in einer den Vorgaben des Gerichts entsprechenden Weise durchgeführt bzw. sei hierbei zu nicht rechtskonformen Ergebnissen gelangt, so können sich in einem solchen Vollstreckungsverfahren Sach- und Rechtsfragen stellen, die sich u. U. nur graduell von denen unterscheiden, die dann aufgeworfen sind, wenn das erkennende Gericht - wie im Urteil vom 9. Oktober 2012 geschehen - von „Vorgaben im Sinne eines Bescheidungsurteils“ gänzlich abgesehen hat.

Begrenzt ist der Nutzen von „Prüfaufträgen“, „Erwägungsgeboten“ oder ähnlichen Vorgaben im Sinn der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312), die der öffentlichen Verwaltung nur eine verfahrensrechtliche Verpflichtung sowie eine Begründungslast auferlegen, ohne das Ergebnis der geschuldeten Vergewisserung vorwegzunehmen, schließlich in all den Fällen, in denen das zu vollstreckende Urteil den zuständigen Träger öffentlicher Gewalt - wie vorliegend der Fall - dazu verpflichtet, aus der Gesamtheit des tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums eine nicht näher beschriebene Auswahl zu treffen, um der Nichteinhaltung verbindlicher Immissionsgrenzwerte ein Ende zu setzen. Etwaige gerichtliche Hinweise über in diesem Zusammenhang in Betracht kommende Handlungsoptionen würden in derartigen Konstellationen stets nur beispielhaften Charakter tragen und andere zielführende Maßnahmen nicht ausschließen. Rügt der Vollstreckungsgläubiger, der Vollstreckungsschuldner habe ein Urteil der vorbezeichneten Art deshalb nicht vollständig erfüllt, weil er Instrumente nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen habe, die rechtlich zulässig und tatsächlich realisierbar seien, ohne dass das erkennende Gericht sie in den Gründen der rechtskräftig gewordenen Entscheidung als „in Betracht zu ziehende Maßnahmen“ erwähnt hat, so stellt sich im Vollstreckungsverfahren ebenfalls die Notwendigkeit, einem derartigen - entscheidungserheblichen - Vorbringen nachzugehen. Auch dieser Umstand erhellt, dass die Vollstreckungsfähigkeit eines Urteils, das die öffentliche Gewalt zur schnellstmöglichen Einhaltung von genau bezeichneten Immissionsgrenzwerten im Weg der Luftreinhalteplanung verpflichtet, nicht damit „stehen oder fallen“ kann, ob die Entscheidungsgründe eines solchen Erkenntnisses verbindliche Vorgaben „über in Betracht zu ziehende“ Maßnahmen enthalten.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das in § 172 VwGO erwähnte „Gericht des ersten Rechtszuges“ in nach dieser Vorschrift durchzuführenden Verfahren - ebenso wie das gemäß § 887 Abs. 1, § 888 Abs. 1 Satz 1 und § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Fall ist - zutreffender Auffassung zufolge als Prozess-, nicht aber als Vollstreckungsgericht tätig wird (Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 167 Rn. 94; Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2011, § 172 Rn. 7). Die Befugnisse des im Vollstreckungsverfahren tätigen Prozessgerichts - z.B. zur Auslegung des zu vollstreckenden Titels - aber reichen weiter als diejenigen anderer Vollstreckungsorgane (Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 5; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, vor § 704 Fn. 127). Insbesondere kann es dann, wenn Inhalt und Grenzen des im Erkenntnisverfahren zugesprochenen Anspruchs im Hinblick auf künftige Entwicklungen noch nicht in vollem Umfang eindeutig bezeichnet werden konnten, die nötige Bestimmung selbst vornehmen, soweit dies aus dem Titel einschließlich der Entscheidungsgründe oder aufgrund allgemein zugänglicher, leicht und sicher feststellbarer anderer Urkunden, auf die der Titel verweist, möglich ist (BGH, B.v. 4.3.1993 - IX ZB 55/92 - BGHZ 122, 16/18). Statthaft - und ggf. auch geboten - sind deshalb im Verfahren nach § 172 VwGO die Konkretisierung eines zu vollstreckenden Urteils, das die Behörde zu bauaufsichtlichen Maßnahmen gegen einen Grundstücksnachbarn des Vollstreckungsgläubigers verpflichtet, dahingehend, dass diesem Gebot nicht bereits durch den Erlass einer bauaufsichtlichen Verfügung, sondern erst durch deren Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs entsprochen wird (OVG NW, B.v. 20.2.1992 - 10 E 1357/91 - NVwZ-RR 1992, 518), ferner die in einem solchen Verfahren getroffene Feststellung, dass die Übertragung eines bestimmten konkret-funktionellen Amtes der rechtskräftig ausgesprochenen Verpflichtung zur Beschäftigung eines Beamten auf einem nach der Besoldungsgruppe A 14 bewerteten Dienstposten nicht genügt (NdsOVG, B.v. 12.9.2006 - 5 OB 194/06 - NVwZ-RR 2007, 139), und die Aussage, dass ein Urteil, das eine Straßenverkehrsbehörde zu einer „spürbaren“ und „effektiven“ Verringerung der von einer Straße ausgehenden Geräusche verpflichtet, so zu verstehen ist, dass eine Lärmreduzierung um mindestens 3 bis 5 dB(A) angestrebt werden muss (BayVGH, B.v. 12.7.2007 - 11 C 06.868 - juris Rn. 28 - 30).

2.3 Unionsrechtliche Determinanten für die gerichtliche Handhabung des Vollstreckungsrechts in Fällen der vorliegenden Art

Eine gerichtliche Entscheidung der hier inmitten stehenden Art jedenfalls dem Grunde nach als vollstreckungsfähig anzusehen, ist auch unter unionsrechtlichem Blickwinkel geboten. Im Urteil vom 19. November 2014 (C-404/13 - NVwZ 2015, 419) hat der Europäische Gerichtshof die Verpflichtung der Gerichte der Mitgliedstaaten betont, dann gegenüber der zuständigen nationalen Behörde „jede erforderliche Maßnahme“ wie z.B. eine Anordnung (im englischen Originaltext: „any necessary measure, such as an order in the appropriate terms“) zu erlassen, damit diese Behörde einen nach der Richtlinie 2008/50/EG erforderlichen Plan gemäß den darin vorgesehenen Bedingungen erstellt, falls dieser Mitgliedstaat die sich aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der genannten Richtlinie ergebenden Anforderungen (zu ihnen gehört u. a. die Pflicht zur Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im Jahresmittel ab dem 1.1.2010) verfehlt und er um keine Fristverlängerung gemäß Art. 22 der Richtlinie 2008/50/EG nachgesucht hat.

Liegt - wie hier - bereits ein rechtskräftiges Urteil vor, das die zuständige Behörde zum Erlass eines richtlinienkonformen Luftreinhalteplans verpflichtet, so kann die nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. November 2014 (a.a.O.) gebotene gerichtliche „order in the appropriate terms“ nur darin bestehen, für eine effektive Durchsetzung dieses Urteils im Vollstreckungswege Sorge zu tragen. Die Verweisung des obsiegenden Rechtsschutzsuchenden auf die Möglichkeit einer erneuten Klage wäre mit den in dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs statuierten Pflichten der Gerichte des betroffenen Mitgliedstaats zum einen wegen des damit verbundenen weiteren Zeitverlusts, zum anderen - und vor allem - deswegen nicht vereinbar, weil die Befolgung eines solches Urteils zunächst wiederum von der diesbezüglichen Bereitschaft des Beklagten und der Beigeladenen abhinge; sollte sie weiterhin nicht (in genügendem Maß) bestehen, würde sich die Problematik der Durchsetzung derartiger Entscheidungen erneut stellen.

2.4 Anforderungen an die Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens bei der Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung der inmitten stehenden Art

Notwendiges Korrelat der Erfordernisse, die sich aus dem Postulat der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts sowie dem Gebot der Wirksamkeit der Vollstreckung von gegen die öffentliche Verwaltung ergangenen Gerichtsentscheidungen (BVerfG, B.v. 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - DVBl 1999, 1646) für den Umfang der vorliegend veranlassten Sach- und Rechtsprüfung ergeben, ist eine Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens, die die Rechte der Beteiligten - insbesondere den Anspruch des Vollstreckungsschuldners und anderer durch Vollstreckungsmaßnahmen nachteilig Betroffener auf rechtliches Gehör - in besonders sorgfältiger Weise wahrt. Die eingehende schriftsätzliche Aufbereitung des Streitstoffs im ersten Rechtszug und im Beschwerdeverfahren, vor allem aber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in beiden Instanzen dienen diesem Zweck.

2.5 Grenzen der gerichtlichen Befugnisse in derartigen Vollstreckungsverfahren

Bei alledem darf nicht verkannt werden, dass das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen kann. Das folgt nicht zuletzt daraus, dass in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts besteht. Dies schließt es vor allem aus, im Vollstreckungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Vollstreckungsschuldner bisher noch ungenutzte Möglichkeiten zur Erfüllung der ihm rechtskräftig auferlegten Verpflichtung zur Verfügung stehen, rechtliche Fragen zu beantworten, die gemäß § 137 Abs. 1 VwGO letztinstanzlich der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen, sofern sie höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt wurden und sich das zutreffende Normverständnis nicht unmittelbar und zweifelsfrei aus dem geschriebenen Recht ergibt; durch eine gegenläufige Vorgehensweise würde den unterliegenden Beteiligten eine von Gesetzes wegen grundsätzlich eröffnete Rechtsmittelmöglichkeit abgeschnitten.

3. Keine gesonderte Zwangsgeldandrohung hinsichtlich des Stundenmittelwerts für Stickstoffdioxid und des Tagesmittelwerts für Partikel PM10

Die Beschwerde des Beklagten hat zunächst insoweit Erfolg, als sich die Androhung eines Zwangsgelds vorliegend auf den Teil des Urteils vom 9. Oktober 2012 zu beschränken hat, durch den dem Beklagten die Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bezeichneten Immissionsgrenzwerts im Stadtgebiet von München aufgegeben wurde.

Nach den glaubhaften Angaben, die sich u. a. in der Tabelle 2/7 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München (Seite 16) finden und deren Richtigkeit der Kläger nicht in Abrede gestellt hat, wurde der in § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV für Partikel PM10 festgesetzte Grenzwert von 50 µg/m³ am Stachus letztmals im Jahr 2010 und an der Landshuter Allee zuletzt im Jahr 2011 öfter als an 35 Tagen im Jahr nicht eingehalten. Für zutreffend erachtet der Verwaltungsgerichtshof ferner die Angabe des Beklagten, dass die im Jahr 2013 an der Landshuter Allee registrierten 39 Überschreitungstage gemäß § 25 der 39. BImSchV deshalb auf 30 zu reduzieren sind, weil die im Lauf jenes Jahres zu verzeichnende Nichteinhaltung des 50-µg/m³-Kriteriums an neun Tagen auf der Ausbringung von Streusalz beruhte. Dass die Grenzwerte für Partikel PM10 im Gebiet der Beigeladenen mittlerweile eingehalten werden, hat der Kläger eingangs des Abschnitts I des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 27. April 2016 im Übrigen ausdrücklich eingeräumt.

Allerdings geht der Beklagte selbst davon aus, ungeachtet dieser positiven Entwicklung könnten in den nächsten Jahren bei ungünstigen meteorologischen Bedingungen einzelne Überschreitungen des in § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV festgesetzten Grenzwerts nicht ganz ausgeschlossen werden (vgl. z.B. Seite 13 f., Seite 17 und Seite 76 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München). Abhängig vom weiteren Verlauf der Witterung kann eine solche Gegebenheit bereits im Jahr 2017 eintreten. Ob es hierzu kommt, muss freilich - wie die mündliche Verhandlung ergeben hat - als in jeder Hinsicht offen gelten.

Der Beklagte hat ferner glaubhaft darauf hingewiesen, dass an der Landshuter Allee im Jahr 2016 erstmals auch der Stundenmittelwert für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 1 der 39. BImSchV) nur noch weniger häufig überschritten wurde, als das von Rechts wegen zulässig ist. Insoweit ist derzeit freilich ebenfalls ungesichert, ob es sich hierbei um einen einmaligen Befund oder um eine dauerhafte Entwicklung handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es dahinstehen, wie es sich auf den Fortbestand der Pflicht des Beklagten zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München mit dem Ziel der Einhaltung der in § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV festgesetzten Immissionsgrenzwerte auswirkt, dass eine Nichteinhaltung dieser beiden Grenzwerte aktuell nicht mehr mit Sicherheit bejaht werden kann. Denn der Kläger besitzt an der Androhung eines Zwangsgeldes mit dem Ziel der Aufnahme von Maßnahmen in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, die der schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV dienen, derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis. Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge, wie sie der Beklagte in Befolgung des Urteils vom 9. Oktober 2012 nach näherer Maßgabe dieser Beschwerdeentscheidung vorzubereiten und nach Ausräumung der insoweit derzeit bestehenden rechtlichen Unklarheiten in den Luftreinhalteplan aufzunehmen hat, werden nämlich allen erkennbaren Umständen nach bewirken, dass an den hiervon betroffenen Straßen(abschnitten) außer der Stickstoffdioxidkonzentration auch die Belastung mit Partikeln PM10 weiter zurückgehen wird. Dies folgt allein schon aus der Verringerung des Verkehrsaufkommens, das mit einem Ausschluss von Dieselfahrzeugen von der Benutzung bestimmter Strecken einhergeht. Sofern der Beklagte derartige Verkehrsverbote - wie er dies nach dem Urteil vom 9. Oktober 2012 schuldet - so ausgestaltet, dass sie auch während derjenigen Zeitabschnitte im Tagesverlauf gelten, während derer an den insoweit problematischen Straßen(abschnitten) eine besonders hohe Stickstoffdioxidbelastung der Luft zu verzeichnen ist, werden solche Maßnahmen aller Voraussicht nach auch bewirken, dass der Immissionsgrenzwert nach § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV auf Dauer nicht mehr häufiger überschritten werden wird, als dies von Rechts wegen zulässig ist.

4. Nichterfüllung der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtungen hinsichtlich des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV

Jedenfalls hinsichtlich der Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für die Stadt München so zu ändern, dass der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird, ist der Beklagte dem Rechtsbefehl, der sich diesbezüglich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergibt, bisher nicht gerecht geworden.

Dabei ist auch der verfassungsrechtliche Hintergrund zu beachten, von dem dieses Urteil ausgeht: Denn aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) folgt die Pflicht der staatlichen Organe, sich schützend und fördernd vor diese Rechtsgüter zu stellen (BVerfG, U.v. 25.2.1975 - 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 - BVerfGE 39, 1/41; U.v. 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77 - BVerfGE 46, 160/164; B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30/57; B.v. 14.1.1981 - 1 BvR 612/72 - BVerfGE 56, 54/73; U.v. 15.2.2006 - 1 BvR 357/05 - BVerfGE 115, 118/152 sowie jüngst BVerfG, B.v. 26.7.2016 - BvL 8/15 - NJW 2017, 53 Rn. 69). Dass dieses Grundrecht durch die nunmehr bereits seit mehr als sieben Jahre andauernde unzulässig hohe NO2-Belastung zahlreicher Straßen(abschnitte) in gravierender Weise beeinträchtigt wird, hat der Kläger im Vollstreckungsverfahren überzeugend aufgezeigt. Zu verweisen ist insofern namentlich auf die Ausführungen in dem aus dem Jahr 2013 stammenden Bericht der Weltgesundheitsorganisation „Review of evidence on health aspects of air pollution“, auf den die Klagebevollmächtigten auf Seite 29 ihres Schriftsatzes vom 27. April 2016 verwiesen haben. Dieser Ausarbeitung zufolge (vgl. namentlich die Ausführungen auf der dortigen Seite 73) haben viele seit dem Jahr 2004 publizierte Studien Zusammenhänge zwischen kurzzeitigen Schwankungen der NO2-Konzentration und Veränderungen hinsichtlich der Zahl der Todesfälle, der Krankenhausaufnahmen und dem Auftreten von Atemwegssymptomen dokumentiert; weitere nunmehr veröffentlichte Untersuchungen würden Verknüpfungen zwischen der NO2-Langzeitexposition und der Mortalität sowie der Morbidität aufzeigen. Sowohl die Kurzals auch die Langzeitstudien hätten zudem ergeben, dass diese Wirkungen bei Konzentrationen einträten, die im Bereich der gegenwärtig geltenden unionsrechtlichen Grenzwerte oder sogar unter ihnen lägen (vgl. zur Vielzahl der seit 2005 gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die - u. a. in Bezug auf Stickstoffdioxid - Zusammenhänge zwischen nachteiligen gesundheitlichen Folgen und einem Belastungsniveau aufzeigen, das unterhalb der Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation liegt, auf denen die im Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten Grenzwerte beruhen, Seite 182 sowie - speziell in Bezug auf Stickstoffdioxid - Seite 185 des Berichts „Review of evidence on health aspects of air pollution“). Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, die - wie das in Abschnitt 6.4 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts des vom Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros geschehen ist - Maßnahmen in Erwägung ziehen, die dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrag für menschliches Leben und menschliche Gesundheit allenfalls mit Blickrichtung auf einen kleinen Teil der betroffenen Bevölkerung gerecht werden, stellen keine ausreichenden Schritte zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils dar.

Das Verwaltungsgericht hat im Beschluss vom 21. Juni 2016 zutreffend aufgezeigt, dass auch die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht als ausreichende Erfüllung dieses Urteils anerkannt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Verwaltungsgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen in Abschnitt II.3.b der Gründe jener Entscheidung Bezug.

Ausgenommen von dieser Verweisung ist die Kritik, die das Verwaltungsgericht im zweiten bis vierten Satz des letzten Absatzes auf Seite 15 des Beschlussumdrucks an der formalen Ausgestaltung der „funktionalen Leistungsbeschreibung“ geübt hat, die zum Zweck der Umsetzung der Maßnahme M 1 aus der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans erstellt worden sei. Wäre - wie das die sechste Fortschreibung insoweit vorsieht - die Einholung eines Gutachtens, das der „Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid-Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“ dient, tatsächlich geboten, um den Luftreinhalteplan für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung insbesondere des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV ändern zu können, so wäre nichts dagegen zu erinnern, dass die Leistungsbeschreibung weder einen Kopf noch ein Datum trägt und sie nicht unterschrieben ist.

Tatsächlich kann jedoch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - die Einholung eines solchen Gutachtens nicht als eine Maßnahme anerkannt werden, die für eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung bisher überschrittener Grenzwerte geeignet und erforderlich ist. Zum Einen hat das diesbezügliche Vorgehen des Beklagten zu vermeidbaren Verzögerungen bei den eigentlich erforderlichen Maßnahmen geführt (4.1). Zudem reichen die bereits jetzt absehbaren Ergebnisse des eingeholten Gutachtens nicht aus, das durch das zu vollstreckende Urteil vorgegebene Ziel zu erreichen (4.2).

4.1 Vermeidbare Zeitverluste auf Grund des gemäß der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München einzuholenden Gutachtens

Die Erstellung einer solchen Ausarbeitung würde nur dann eine der rechtskonformen Umsetzung des Urteils vom 9. Oktober 2012 dienende Handlung darstellen, wenn sie erforderlich wäre, um bei den verantwortlichen Entscheidungsträgern vorhandene Wissensdefizite entweder hinsichtlich der Ursachen der fortdauernden Nichteinhaltung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bezeichneten Immissionsgrenzwerts oder aber darüber zu beheben, welche Handlungsmöglichkeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen, um diesem rechtswidrigen Zustand so rasch als möglich ein Ende zu setzen. Hiervon kann indes keine Rede sein.

4.1.1 Herausragende Bedeutung des mit Dieselfahrzeugen abgewickelten Straßenverkehrs für die Stickstoffdioxidbelastung der Luft schon umfassend und zweifelsfrei bekannt

Bereits im Schreiben vom 18. Dezember 2014 an die Regierung von Oberbayern hat das Bayerische Landesamt für Umwelt festgehalten, der Maßnahme M 1 in der damals in Aussicht genommenen Fassung des Entwurfs der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht zustimmen zu können, obgleich seinerzeit - anders als im endgültigen Wortlaut dieser Fortschreibung - noch in Aussicht genommen war, außer lediglich verkehrssteuernden Maßnahmen auch Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote zum Gegenstand des Gutachtensauftrags zu machen (vgl. die dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz der Klagebevollmächtigten beigefügte Anlage Ast. 7). Die Entbehrlichkeit dahingehender erneuter Studien hat das Landesamt für Umwelt mit folgenden Worten begründet:

„Gerade für München liegen bereits umfangreiche Untersuchungen vor. Im anliegenden Vortrag von Herrn K* … vom 21.10.2014 zum Erfahrungsaustausch Luftreinhalteplanung bei der Regierung von Oberbayern ist auf Folie 6 übersichtlich dargestellt, wie sich die Immissionsbelastung von Stickstoffdioxid im Hauptstraßennetz von München verteilt. Uns stellt sich die Frage, zu welchen neuen Erkenntnissen eine weitere teure Untersuchung führen soll.“

Dass - und in welch herausragendem Ausmaß - das erforderliche Fachwissen über die Ursachen der verfahrensgegenständlichen Luftverunreinigungen und die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Schritte innerhalb des öffentlichen Dienstes selbst vorhanden ist, bestätigt eindrucksvoll vor allem die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellte, am 25. März 2015 abgeschlossene Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“.

Diese Studie, deren wichtigste Ergebnisse Eingang in Abschnitt 2.5 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München gefunden haben, zeigt detailgenau auf, in welchem Umfang Dieselfahrzeuge (verschiedener Kategorien) zur Belastung der Luft an der Landshuter Allee mit Stickstoffdioxid beitragen. Mit einem Anteil von fast 68% sei der lokale Kraftfahrzeugverkehr auf dieser Straße mit Abstand der größte Verursacher der NO2-Immissionen (Seite 2 der Studie vom 25.3.2015). Rechne man den durch Kraftfahrzeuge hervorgerufenen Beitrag „aus dem städtischen Hintergrund“ hinzu, ergebe sich, dass insgesamt ca. 81% des NO2- Immissionswerts an der Landshuter Allee durch den Kraftfahrzeugverkehr hervorgerufen würden (Seite 2 der Studie vom 25.3.2015). 91% der auf den lokalen Verkehr zurückzuführenden NO2-Immissionen wiederum werden durch Dieselfahrzeuge (Diesel-Pkw und schwere Nutzfahrzeuge) hervorgerufen (Seite 10 der Studie vom 25.3.2015).

Dieser Verantwortungsanteil des mit Dieselfahrzeugen abgewickelten Straßenverkehrs an der NO2-Belastung der Luft an der Landshuter Allee ist noch um jene Immissionen zu erhöhen, die nicht durch den lokalen Verkehr verursacht werden, sondern die aus dem städtischen und dem regionalen Hintergrund stammen. In diese Hintergrundbelastung, deren Anteil vom Bayerischen Landesamt für Umwelt auf 32% veranschlagt wurde (vgl. u. a. Seite 10 der Studie vom 25.3.2015, Abbildung 8), geht gleichfalls ein hoher verkehrsbedingter Anteil ein. Denn jedenfalls die „städtische Hintergrundbelastung“ mit Stickstoffdioxid stellt sich ebenfalls ganz überwiegend als verkehrsbedingt dar, wie den in der fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München enthaltenen, die Verhältnisse im Jahr 2012 wiedergebenden Tabellen 2/12 bis 2/15 entnommen werden kann. Die darin enthaltenen Aussagen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anteil einzelner Verursacherarten (in Prozenten) an der NO2-Gesamtbelastung:

LÜB-Station

lokaler Verkehr

verkehrsbedingteHintergrundbelas- tung aus dem städtischen Raum

von genehmigungsbedürf- tigen Anlagen ausdem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung

von nichtgenehmigungsbe- dürftigen Anlagen aus dem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung

sonstige Einflüsseauf die ausdem städtischen Raum stammende Hintergrundbelas- tung

regionale Hintergrund- Belastung

Stachus

51,0

22,5

0,5

2,7

0,0

23,2

Landshuter Allee

67,8

13,3

0,3

1,7

0,0

16,9

Johanneskirchen

0,0

33,3

1,1

5,1

0,0

60,6

Loth Straße

11,4

37,2

1,1

4,7

0,0

45,6

Welch herausragende Rolle Dieselfahrzeugen an der verkehrsbedingten Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid zukommt, zeigt schließlich auch eine emissionsbezogene Betrachtungsweise. Nach den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt sind 75% der an der Landshuter Allee zu verzeichnenden, durch Kraftfahrzeuge hervorgerufenen NO2-Emissionen auf Personenkraftwagen mit Dieselantrieb und 23% auf schwere Nutzfahrzeuge zurückzuführen; lediglich 2% der verkehrsbedingten Stickstoffdioxidemissionen werden danach von Personenkraftwagen mit Benzinmotoren verursacht (Seite 6 der Studie vom 25.3.2015, Abbildung 5).

Der Beklagte geht selbst davon aus, dass die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Bezug auf die Landshuter Allee in München ermittelten Ursachen für die NO2- Belastung der Luft keine atypische Gegebenheit widerspiegeln, sondern sie zumindest dem Grunde nach verallgemeinerungsfähig sind. Denn eingangs des Abschnitts 2.5 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München hat er festgehalten:

„Die bisherigen Verursacheranalysen der Luftreinhaltepläne in Deutschland zeigen deutlich, dass die NO2-Belastung an verkehrsbezogenen Messstellen maßgeblich von Kraftfahrzeugen (Kfz), insbesondere von Diesel-Kfz, verursacht wird.“

Auf die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellte Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“ bezieht sich diese Fortschreibung im unmittelbaren Anschluss daran nur, um die Richtigkeit dieses ubiquitären Befunds exemplarisch zu verdeutlichen.

4.1.2 Wissen um die Unausweichlichkeit der Begrenzung des Dieselanteils am Straßenverkehr zum Zweck der Einhaltung der NO2-Immissionswerte bereits vorhanden

Auch hinsichtlich der zur Bekämpfung der Grenzwertüberschreitungen bei NO2 in Betracht kommenden Handlungsoptionen selbst bestehen innerhalb der öffentlichen Verwaltung keine Kenntnisdefizite, die durch Sachverständigengutachten behoben werden müssten. Am 16. Februar 2016 hat der LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, der sich aus Amtsträgern der Umweltverwaltungen des Bundes und der Länder zusammensetzt, eine mit „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“ überschriebene Ausarbeitung vorgelegt, in der die aus fachlicher Sicht gebotenen Schritte dargestellt werden. Auch für dieses Fachgremium steht danach fest, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid, wie sie an etwa zwei Dritteln der in Deutschland an verkehrsreichen Straßen errichteten Messstationen zu verzeichnen seien, der motorisierte Straßenverkehr ist, und dass vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (Kernsätze 1 und 2 der LAI- Ausarbeitung). Zusätzliche Maßnahmen müssten deswegen vor allem hier ansetzen, um eine hohe Wirksamkeit zu entfalten und der gesetzlichen Vorgabe entsprechen zu können, die Überschreitungen so schnell wie möglich zu vermeiden (Kernsatz 3 der LAI-Ausarbeitung). Prioritärer Maßstab für die Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen habe der Schutz der Gesundheit der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Bevölkerung zu sein; dem Schutz dieser Menschen müsse Vorrang vor den Belangen der von Maßnahmen Betroffenen beigemessen werden (Kernsatz 4 der LAI-Ausarbeitung). Die Planung und Umsetzung zusätzlicher, auch einschneidender Maßnahmen sei vor dem Hintergrund des seitens der EU-Kommission gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens unausweichlich, wobei die erforderlichen Schritte zeitnah eingeleitet und stringent verwirklicht werden müssten (Kernsätze 5 und 6 der LAI-Ausarbeitung). Angesichts des beträchtlichen Handlungsdrucks komme einer möglichst schnellen Umsetzbarkeit von Maßnahmen große Bedeutung zu; da die Möglichkeiten zur kurzfristigen Verbesserung der Fahrzeugflotte mit Blick auf die NOx-Emissionen begrenzt seien, müsse in den besonders belasteten Gebieten zusätzlich das Kfz-Verkehrsaufkommen gesenkt werden (Kernsatz 8 Teil 1 der LAI-Ausarbeitung). Da die unionsrechtlichen Abgasgrenzwerte für Dieselpersonenkraftfahrzeuge der Schadstoffklasse „Euro 5“ mit Blickrichtung auf eine NO2-Minderung unwirksam seien, die Richtlinie 2008/50/EG jedoch eine Ergebnisverpflichtung statuiere, habe die EU-Kommission ausdrücklich ein „Verbot von Dieselfahrzeugen in einigen städtischen Gebieten“ als mögliche Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte benannt (Seite 7 der LAI-Ausarbeitung). Auch der Europäische Gerichtshof habe im Urteil vom 19. November 2014 (C-404/13 - NVwZ 2015, 419) klargestellt, dass die Grenzwerte nicht mehr überschritten werden dürften. Da dies gleichfalls einer Ergebnisverpflichtung entspreche, sei das planerische Ermessen dann eingeschränkt, „wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt“ (Seite 8 der LAI-Ausarbeitung).

Zutreffend festgehalten hat der LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“ in seiner Ausarbeitung vom 16. Februar 2016 in diesem Zusammenhang ferner, dass sich der von Rechts wegen geschuldete Erfolg innerhalb überschaubarer Zeit nicht als Folge eines veränderten NO2-Emissionsverhaltens von Dieselfahrzeugen einstellen wird. Denn die derzeit auf den Markt gelangenden Diesel-Pkw der Schadstoffklasse „Euro 6“ würden die durch diese Norm beabsichtigte Minderung der NOx- Emissionen bei Weitem nicht erreichen; insbesondere die im Jahr 2013 auf den Markt gelangten Kraftfahrzeuge dieser Schadstoffklasse würden zum Teil ähnlich hohe, in Einzelfällen sogar höhere Realemissionen verursachen, als sie im „Handbuch Emissionsfaktoren für städtische Fahrbedingungen“ im Mittel für Euro-5-Fahrzeuge angegeben würden (Seite 9 der LAI-Ausarbeitung). Was den NO2-Ausstoß anbetreffe (hierauf kommt es, wie der Verwaltungsgerichtshof ergänzend anmerkt, von Rechts wegen ausschließlich an), so könne „anhand der derzeitigen Datenlage keine gesicherte Schlussfolgerung in Richtung eines relevanten Rückgangs des NO2- Anteils am NOx im Abgas von Euro-6-Fahrzeugen gezogen werden“ (Seite 10 der LAI-Ausarbeitung).

4.1.3 Wissen um die Auswirkungen von Verkehrsbeschränkungen und -verboten für Dieselfahrzeuge

Aufgrund eigener Sachkunde in der Lage ist der Beklagte darüber hinaus schließlich, die Auswirkungen von Maßnahmen zu bewerten, die der Bekämpfung unzulässig hoher Stickstoffdioxidkonzentrationen in der Luft dienen. So hat das Bayerische Landesamt für Umwelt in Abschnitt 6 der Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“ detailgenau aufgezeigt, wie sich ein Ausschluss (bestimmter Arten) derartiger Fahrzeuge von der Benutzung der Landshuter Allee auf die dortige NO2-Konzentration auswirken würde. Dass diese Behörde die Konsequenzen bestimmter Maßnahmen für die Belastung der Luft mit Schadstoffen exakt zu quantifizieren vermag, zeigt ferner die Stellungnahme, die das Bayerische Landesamt für Umwelt am 22. August 2012 gegenüber der Regierung von Oberbayern zu der Frage abgegeben hat, wie sich eine Verlängerung von Lärmschutzwänden, die Einführung von Geschwindigkeitsbeschränkungen sowie der Stufen 1 bis 3 der Umweltzone auf die NO2- und PM10-Belastung an der BAB 96 in München- Laim auswirken würden.

4.1.4 Wissen um die Problematik der rechtlichen Zulässigkeit insbesondere von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Das Ausmaß der innerhalb des öffentlichen Dienstes vorhandenen Sachkunde dokumentiert sich u. a. in den im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eingereichten Schriftsätzen der Landesanwaltschaft Bayern, in denen die - vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund eigener Rechtsüberzeugung geteilten - Bedenken aufgezeigt wurden, die u. U. dagegen sprechen, dass sich Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge bereits mit dem gegenwärtig zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung in zweifelsfrei rechtskonformer Weise verlautbaren lassen.

4.2 Keine hinreichende Eignung der im eingeholten Gutachten in Aussicht genommenen Vorschläge zur Zielerreichung.

Bereits der Entwurf des zweiten Zwischenberichts des Gutachtens, das in Umsetzung der Maßnahme M 1 aus der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München eingeholt wurde, rechtfertigt darüber hinaus die Aussage, dass diese Ausarbeitung keine Beiträge enthalten wird, auf die sich der Beklagte stützen könnte, um dem Urteil vom 9. Oktober 2012 jedenfalls jetzt nachzukommen.

Der Entwurf eines zweiten Zwischenberichts des Sachverständigenbüros diskutiert in seinem Abschnitt 6 drei - jeweils in mehreren Varianten betrachtete - Maßnahmen, durch die sich die Stickstoffdioxidbelastung in Teilen des Gebiets der Beklagten verringern lasse. Keiner dieser Ansätze kann indes als hinreichend geeignet angesehen werden, das zu vollstreckende Urteil umzusetzen.

4.2.1 Keine hinreichende Eignung von Dosierungen des Verkehrszuflusses

Ausweislich der Ausführungen auf Seite 24 will der Entwurf des zweiten Zwischenberichts eine Dosierung des Verkehrszuflusses in (nicht exakt bezeichnete) zentrale oder zentrumsnahe Bereiche des Stadtgebiets der Beigeladenen durch „eine Erhöhung von Widerständen an Knoten“ erreichen. Da auf Seite 25 der gleichen Ausarbeitung von einer Erhöhung des „Widerstands“ für in bestimmte Richtungen fahrende Verkehrsteilnehmer an der Kreuzung der Prinzregenten Straße und des Leuchtenbergrings um 15 Sekunden die Rede ist und im Anschluss daran (Abschnitt 6.1.2 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts) untersucht wird, wie sich eine Erhöhung der Abbiegewiderstände an allen Knotenpunkten im Verlauf der Prinzregenten Straße auf die verkehrliche Frequentierung dieser Straße auswirken würde, kann als gesichert gelten, dass das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro insoweit eine Verlängerung der Rotphasen von Lichtsignalanlagen in Erwägung gezogen hat.

Der Entwurf des zweiten Zwischenberichts räumt in Abschnitt 6.1.1 selbst ein, dass der Erfolg einer solchen Maßnahme, würde sie sich nur auf eine einzige Lichtsignalanlage im Verlauf der untersuchten Prinzregenten Straße beschränken, „sehr gering“ bliebe, da sich der Verkehr alsdann zum größten Teil auf die Einstein Straße verlagern würde, die ihrerseits bereits hohe Immissionswerte aufweise. Eingangs des Abschnitts 6.2 hält die gleiche Ausarbeitung ferner fest, eine gezielte Zuflussdosierung, die einen gesamten Streckenzug umfasse, würde gleichfalls „nur eine kleinräumige Entlastung“ bewirken; würden die Rotphasen entlang der gesamten Prinzregenten Straße verlängert, wäre die ganze Einstein Straße bis zum Max-Weber Platz von einer Verkehrsverlagerung betroffen (Entwurf des zweiten Zwischenberichts, Seite 26).

Ein derartiges Ausweichverhalten der motorisierten Verkehrsteilnehmer könnte nach Auffassung des vom Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros verhindert werden, wenn die „Widerstände“ an allen Knotenpunkten der Straßen, die radial auf den Mittleren Ring zulaufen, verlängert würden; dies zöge eine gleichmäßige Erhöhung der Reisezeit nach sich, ohne dass schnellere Alternativrouten zur Verfügung stünden. Im Entwurf des zweiten Zwischenberichts wird angenommen, dass durch eine derartige „gleichmäßige Erhöhung der Reisezeit der motorisierte Individualverkehr (MIV) unattraktiver wird und dies zu einer Reduktion des Kfz-Verkehres führt“ (Seite 29 dieser Ausarbeitung). Dass dieser Effekt zeitnah eintritt, ist allerdings sehr unsicher.

4.2.2 Keine hinreichende Eignung einer Sperrung der Altstadt der Beigeladenen für Kraftfahrzeuge

Nicht zielführend ist der Ansatz, das gesamte innerhalb des Altstadtrings der Beigeladenen liegende Gebiet für Kraftfahrzeuge (generell oder für solche bestimmter Art) zu sperren, wie dies das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro in Abschnitt 6.4 des Entwurfs seines zweiten Zwischenberichts zur Diskussion stellt.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die für Stickstoffdioxid geltenden Immissionsgrenzwerte an keiner einzigen innerhalb des Altstadtrings liegenden Straße überschritten werden. Der Beklagte hat in die Anlage 2 zur fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München als Abbildungen A 2/1 und A 2/2 grafische Darstellungen aufgenommen, aus denen hervorgeht, wie hoch Hauptverkehrsstraßen im Gebiet der Beigeladenen nach dem Ergebnis eines Screenings, das im Jahr 2010 im Rahmen der „Machbarkeitsstudie Umweltorientiertes Verkehrsmanagement München - Simulationsstudie“ durchgeführt worden sei, im Jahresmittel mit Stickstoffdioxid belastet sind. Die innerhalb des Altstadtrings liegende Fläche des Stadtgebiets weist keine einzige einschlägige Eintragung auf. Ebenfalls keine einzige innerhalb des Altstadtrings liegende Straße enthält ferner die Tabelle 4-2, die Bestandteil der vorerwähnten Simulationsstudie ist; in ihr werden diejenigen Straßenabschnitte aufgeführt, die im Gebiet der Beigeladenen die höchste NO2-Gesamtbelastung aufweisen. Sollten an einzelnen Straßen innerhalb der Altstadt gleichwohl Überschreitungen des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzten Grenzwerts festzustellen sein, so spräche angesichts der geringen Frequentierung der Altstadt durch Lastkraftwagen (vgl. dazu S. 39 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts des beauftragten Sachverständigenbüros) sowie angesichts der wegen der zahlreichen dort befindlichen, ausgedehnten Fußgängerzonen und des fehlenden Durchgangsverkehrs nicht besonders hohen Verkehrsbelastung dieses Stadtteils nichts dafür, dass es sich um ein flächenhaft auftretendes Problem handelt.

Zwar erhofft der Entwurf des zweiten Zwischenberichts als Folge einer Sperrung der Altstadt der Beigeladenen eine Verkehrsentlastung des Altstadtrings selbst, auf dem es abschnittsweise (wie z.B. am Stachus) zu Überschreitungen des Immissionsgrenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV kommt, sowie wesentlicher radialer Zufahrtsstrecken zur Altstadt, für die ausweislich der vorerwähnten Tabelle 4-2 partiell der gleiche Befund gilt. Es fehlt jedoch jede - auch nur ansatzweise - Begründung dafür, dass es mangels anderweitiger Handlungsalternativen geboten und verhältnismäßig ist, den Bewohnern der Altstadt und den dort ansässigen Gewerbebetrieben jene Belastungen aufzuerlegen, die mit einem Benutzungsverbot für Kraftfahrzeuge einhergehen, um hinsichtlich des Altstadtrings sowie in Bezug auf außerhalb der Altstadt liegende, auf sie zuführende Straßen eine Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung zu erzielen.

4.2.3 Keine hinreichende Eignung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge auf dem gesamten Mittleren Ring und der ganzen hiervon umschlossenen Fläche

Der im Entwurf des zweiten Zwischenberichts erörterte Vorschlag, auf und innerhalb des Mittleren Rings ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge zu erlassen, geht von dem zutreffenden Ansatz aus, dass sich Maßnahmen zur Bekämpfung unzulässig hoher NO2-Konzentrationen gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ganz vorrangig gegen den Verkehr mit Dieselfahrzeugen zu richten haben, da diese Emissionsquelle nach dem Vorgesagten im weitaus größten Umfang zur Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid beiträgt. Unzureichend ist jedoch der räumliche Ansatz, den das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro insoweit gewählt hat.

Der Vorschlag greift insofern eindeutig zu kurz, als er von Maßnahmen hinsichtlich des außerhalb des Mittleren Rings liegenden Stadtgebiets vollständig absieht. Dies stellt deshalb keine pflichtgemäße Erfüllung des Urteils vom 9. Oktober 2012 dar, weil diese Entscheidung eine Änderung des Luftreinhalteplans dahingehend verlangt, dass die einschlägigen Immissionsgrenzwerte „im [gesamten] Stadtgebiet von München“ schnellstmöglich eingehalten werden, und der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzte Immissionsgrenzwert auch außerhalb des Mittleren Rings überschritten wird. Aus der Abbildung A 2/1, die sich in der Anlage 2 zur fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München findet, geht hervor, dass die danach höchstzulässige Konzentration für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nach dem im Jahr 2010 durchgeführten Screening u. a. an zahlreichen Straßen im Stadtteil Milbertshofen, einigen Straßen im Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl (namentlich an der Dülfer Straße) sowie an Teilen der Verdi- und der Fürstenrieder Straße überschritten wurde. Soweit das seinerzeitige Screening zu einer Nichteinhaltung des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV auch für wesentliche Teile des Ortszentrums von München-Pasing gelangte, erscheint es vorstellbar, dass dieser Befund als Folge der insoweit geschaffenen Umfahrungsstrecke ganz oder partiell gegenstandslos geworden sein könnte. Im Übrigen muss jedoch nicht zuletzt deshalb von der prinzipiellen Fortdauer dieser rechtswidrigen Zustände ausgegangen werden, weil die Messungen, die im Herbst 2016 im Auftrag der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Gebiet der Beigeladenen durchgeführt wurden, bestätigt haben, dass die höchstzulässige Jahresmittelwertkonzentration an Stickstoffdioxid auch außerhalb des Mittleren Rings an mehreren Stellen überschritten wird. Aus dem Entwurf des hierüber vorbereiteten Berichts, den der Kläger als Anlage zum Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10. Februar 2017 in das Vollstreckungsverfahren eingeführt hat, geht hervor, dass u. a. an der Verdi- und der Dülfer Straße ein höherer NO2- Jahresmittelwert als 40 µg/m³ gemessen worden sei; gleiches gelte für einen Abschnitt der Dachauer Straße im Bereich des Stadtteils Moosach.

5. Rechtskonform ausgestaltete Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge als einzige dem zu vollstreckenden Urteil gerecht werdende Handlungsmöglichkeit

Aus einer zusammenschauenden Würdigung des Vorgesagten folgt, dass dem Beklagten andere Möglichkeiten als eine Verringerung der Zahl der Dieselfahrzeuge, die auf den zu hoch mit Stickstoffdioxid belasteten Straßen bzw. in ihrem nächsten Umgriff verkehren, nicht zur Verfügung stehen, um das durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 vorgegebene Ziel - wie geschuldet - schnellstmöglich zu erreichen. Auf den Umstand, dass „nur eine drastische Reduktion der Fahrzeugmenge … eine deutliche Verbesserung der Situation bewirken“ kann, hat der Beklagte auf Seite 19 der Beschwerdebegründung vom 29. Juli 2016 selbst hingewiesen. Dies trifft mit der Einschränkung zu, dass mit dahingehenden Maßnahmen gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zumindest in erster Linie die Halter und Fahrer von Dieselfahrzeugen in die Pflicht zu nehmen sind.

5.1 Keine ausreichende Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils durch Maßnahmen zur Verbesserung des Emissionsverhaltens von Dieselfahrzeugen

Als weitere Handlungsoption hat der Beklagte in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorstehenden Zitat eine Verbesserung des Emissionsverhaltens von Kraftfahrzeugen (insbesondere solchen mit Dieselantrieb) erwähnt. Das trifft insofern fraglos zu, als eine drastische Reduzierung des NO2-Ausstoßes von Fahrzeugen mit Selbstzündungsmotor den effizientesten und - im Vergleich zu Verkehrsverboten - zugleich deutlich weniger stark in Freiheitsrechte Betroffener eingreifenden Lösungsansatz darstellen würde. Der Annahme, der Beklagte könne dem Urteil vom 9. Oktober 2012 durch diesbezügliche Schritte gerecht werden, steht indes entgegen, dass ihm keinerlei Regelungsbefugnisse zustehen, mit deren Hilfe er auf den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen Einfluss zu nehmen vermag.

Es käme deshalb in Vollzug des Urteils vom 9. Oktober 2012 lediglich in Betracht, dass der Beklagte sich in einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans selbst verpflichtet, seinen eigenen Fuhrpark sowie den Fahrzeugbestand von Rechtssubjekten des Privatrechts, auf die er einen dahingehenden Einfluss auszuüben vermag (d. h. vor allem staatlicher Eigengesellschaften), schnellstmöglich mit Fahrzeugen auszustatten, die ein optimales NO2-Emissionsverhalten aufweisen. Der Annahme, der Beklagte könne auf diese Weise das zu vollstreckende Urteil erfüllen, ohne zusätzliche, einschneidendere Maßnahmen zu ergreifen, steht jedoch bereits der - gemessen am Gesamtbestand - nicht ins Gewicht fallende Anteil staatseigener Fahrzeuge im Raum München entgegen.

Die Aufnahme von Umstellungsmaßnahmen der vorbezeichneten Art in Bezug auf den Fuhrpark der Beigeladenen und derjenigen Privatrechtssubjekte, auf die die Beigeladene diesbezüglich Einfluss auszuüben vermag (dazu gehören vor allem ihre Stadtwerke), würde voraussetzen, dass die Beigeladene entweder von sich aus hierzu bereit wäre oder der Beklagte eine solche Umrüstung ihr gegenüber erzwingen könnte. Denn auch insoweit kommt dem Gesichtspunkt Bedeutung zu, dass wegen der aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG folgenden Verpflichtung, in Luftreinhaltepläne aufgenommene Maßnahmen auch tatsächlich zu realisieren, ihre rechtliche und tatsächliche Umsetzbarkeit gesichert sein muss.

Ob zumindest eine der vorgenannten Voraussetzungen erfüllt ist, kann in vorliegendem Zusammenhang auf sich beruhen. Der Bejahung einer Verpflichtung der Beigeladenen zu einer forcierten Umstellung ihres Fahrzeugbestands steht jedenfalls entgegen, dass gegenwärtig für zahlreiche Kommunalfahrzeuge (namentlich für solche, die eine hohe Masse aufweisen, wie das z.B. im Bereich der städtischen Verkehrsbetriebe, der Müllabfuhr und der Feuerwehr der Fall ist) andere ausgereifte Antriebstechniken als Dieselmotoren noch nicht zur Verfügung stehen.

5.2 Fehlende Eignung einer Erweiterung der im Gebiet der Beigeladenen bestehenden Umweltzone zur ausreichenden Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils

Rechts- und ermessensfehlerfrei hat der Beklagte vor diesem Hintergrund auch davon abgesehen, in den Luftreinhalteplan für die Stadt München die Verpflichtung der Beigeladenen aufzunehmen, diejenigen Straßenabschnitte in ihrem Stadtgebiet, an denen Überschreitungen der Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV zu verzeichnen sind, zu Umweltzonen im Sinn von § 45 Abs. 1f StVO zu erklären. Selbst dann nämlich, wenn in eine solche Zone nur Fahrzeuge mit grüner Plakette einfahren dürfen, wäre eine derartige Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung dieser Grenzwerte ungeeignet. Denn die grüne Plakette erhalten Dieselfahrzeuge dann, wenn sie die Anforderungen der Euro-4-Norm/Euro-IV-Norm erfüllen oder sie zwar nur der Euro-3-Norm/Euro-III-Norm genügen, jedoch mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind (vgl. dazu Seite 19 der vierten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München sowie Knauff in GK-BImSchG, Stand September 2011, § 40 Rn. 46). Dieselfahrzeuge, die der Euro-4-Norm/Euro-IV-Norm unterfallen, weisen im Vergleich aller Schadstoffgruppen jedoch den bei weitem höchsten NO2-Ausstoß auf (vgl. z.B. die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, Seite 27 Abbildung 2/14).

5.3 Materielle Rechtmäßigkeit und Vollziehbarkeit von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Als verbleibende Handlungsoption, um dem Urteil vom 9. Oktober 2012 gerecht zu werden, steht dem Beklagten mithin allein die Möglichkeit zu Gebote, die Zahl der Dieselfahrzeuge zu verringern, die auf den von NO2-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen verkehren.

Die Zuständigkeit, die zu diesem Zweck erforderlichen Verkehrsverbote für solche Fahrzeuge zu erlassen und die in Zusammenhang damit erforderlichen Ausnahmen zu genehmigen, liegt entweder nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 11 ZustGVerk bei der Beigeladenen als örtlicher oder gemäß Art. 4 Abs. 1 ZustGVerk bei ihr als unterer Straßenverkehrsbehörde. Da die Beigeladene insoweit im übertragenen Wirkungskreis handelt (vgl. Art. 6 Satz 1 ZustGVerk), kann ihr der Beklagte gemäß Art. 109 Abs. 2 GO - vorbehaltlich der sich aus Art. 109 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GO ergebenden Einschränkungen - Vorgaben auch hinsichtlich der Ausübung eines ihr insoweit ggf. verbleibenden Ermessens erteilen.

Jedenfalls in Gestalt der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG steht der Beigeladenen eine Befugnisnorm zu Verfügung, um Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge nach ihrer Aufnahme in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans durch den Erlass dahingehender straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen umzusetzen. Ob derartige Anordnungen zusätzlich auf § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO gestützt werden können, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Vertiefung.

-Bei methodisch korrekter Vorgehensweise, die den einzelnen, unzulässig hoch mit Stickstoffdioxid belastete Straßenabschnitt zum Ausgangspunkt der Prüfung nimmt, ob dort ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich seines räumlichen, sachlichen und zeitlichen Umfangs erforderlich, geeignet und angemessen ist, und bei der die gleichen Prüfungsschritte dann vorgenommen werden, wenn ein solches Verkehrsverbot auf andere, selbst nicht von NO2- Grenzwertüberschreitungen betroffene Straßen(abschnitte) erstreckt werden soll, kann nicht davon gesprochen werden, derartige Eingriffe in den Straßenverkehr seien von vornherein unverhältnismäßig. Denn die damit einhergehenden - ggf. erheblichen - Beschränkungen grundrechtlich verbürgter Freiheiten von Verkehrsteilnehmern müssen in Relation zu der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der betroffenen Anwohner gesetzt werden, die aus unzulässig hohen Stickstoffdioxidkonzentrationen resultiert. Angesichts der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt (vgl. zum Rang des menschlichen Lebens als oberstem Verfassungswert BVerfG, U.v. 25.2.1975 - 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 - BVerfGE 39, 1/42; U.v. 15.2.2006 - 1 BvR 357/05 - BVerfGE 115, 118/152), wird von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitten) deshalb allenfalls in atypisch gelagerten Ausnahmefällen vollständig abgesehen werden dürfen.

Entgegen dem Vorbringen des Beklagten kann auch nicht davon gesprochen werden, ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge sei deshalb ungeeignet (und damit rechtswidrig), weil sich seine Einhaltung nicht überwachen lasse. Die Überwachung mag teilweise aufwändig oder nur weitmaschig möglich sein. Dass sie ihre Wirkung wesentlich verfehlen würde, ist nicht nachvollziehbar. Da praktisch alle schweren Nutzfahrzeuge ab einer gewissen Größenordnung mit Dieselmotoren ausgestattet sind, können sie bei polizeilichen Verkehrskontrollen, die auf einer von einem solchen Verbot betroffenen Straße stattfinden, gezielt angehalten und daraufhin überprüft werden, ob sie ggf. unter eine Ausnahme von einem derartigen Verkehrsverbot fallen. Aber auch kleinere Nutzfahrzeuge sowie bestimmte Arten bzw. Typen von Personenkraftwagen verfügen derart häufig über Dieselantrieb, dass sie gezielt kontrolliert werden können. Zudem entspricht es verbreiteter polizeilicher Praxis, zum Zwecke der Verkehrskontrollen eine „Langsamfahrstelle“ einzurichten; Dieselfahrzeuge werden sich hierbei vielfach bereits durch ihr Motorengeräusch oder durch einschlägige auf dem Fahrzeug angebrachte Modellbezeichnungen („TDI“ o.ä.) identifizieren lassen. Unabhängig von alledem hat nach § 11 Abs. 6 FZV jeder Fahrer eines Kraftfahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil I mit sich zu führen und sie zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen; die vom jeweiligen Fahrzeug benötigte Kraftstoffart ist aus der Eintragung im Feld P3 dieses Dokuments ersichtlich.

6. Derzeit noch bestehende rechtliche Ungewissheiten im Zusammenhang mit Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Obwohl der Beklagte nach alledem das Urteil vom 9. Oktober 2012 bisher nicht ausreichend befolgt hat, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof gehindert, die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Androhung der Festsetzung eines Zwangsgelds für den Fall zu bestätigen, dass der Beklagte den Luftreinhalteplan für die Stadt München nicht bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 durch Aufnahme desjenigen Handlungsinstruments (nämlich von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge) fortschreibt, durch das allein er nach dem Vorgesagten dem Rechtsbefehl gerecht werden kann, der ihm durch das zu vollstreckende Urteil erteilt wurde. Denn im Hinblick auf die sich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebende Pflicht, derartige Verkehrsverbote auch tatsächlich anzuordnen, darf eine solche Zwangsmittelandrohung nur ergehen, wenn bereits jetzt die Rechtmäßigkeit auch der Handlungen, die die öffentliche Verwaltung im Vollzug eines solchen Plans vorzunehmen hätte, in jeder Hinsicht zweifelsfrei feststünde. Diesbezügliche Bedenken bestehen zum einen hinsichtlich der Frage, ob das geltende Recht ausreichende Befugnisnormen bereithält, um in allen Fällen, in denen das ggf. geboten ist, Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge rechtskonform zulassen zu können (6.1). Vor allem aber ist zweifelhaft, ob solche Verbote mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung einwandfrei bekanntgegeben werden können (6.2).

6.1 Erforderlichkeit und rechtliche Bewältigung von Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Die Verpflichtung, die dem Beklagten durch das zu vollstreckende Urteil auferlegt wurde, schließt es nicht aus, Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zuzulassen, sofern das nachweislich erforderlich ist, damit eine solche Maßnahme ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angeordnet werden kann, und auch unter Berücksichtigung der jeweils bewilligten Ausnahme(n) zugunsten der Anwohner das im konkreten Fall höchstmögliche Schutzniveau gewahrt bleibt.

Dass partiell Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge unumgänglich sein werden, erscheint im Hinblick darauf nicht zweifelhaft, dass mit derartigen Fahrzeugen zum Teil Transportbedürfnisse abgewickelt werden, die von derart großer Bedeutung für die Allgemeinheit sind, dass das lückenlose Unterbleiben derartiger Verkehrsvorgänge auf von einem einschlägigen Verbot betroffenen Straßen u. U. nicht ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht gefordert werden kann. In den Blick zu nehmen sind insbesondere die Fälle, in denen für einen Beförderungsvorgang weder andere Verkehrsmittel als Dieselfahrzeuge noch Alternativstrecken zur Verfügung stehen. Nicht von vornherein ausschließbar erscheint es ferner, dass aus den gleichen Gründen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auch im Individualinteresse geboten sein könnten. Angesichts der herausgehobenen Bedeutung, die den Schutzgütern „menschliches Leben und menschliche Gesundheit“ nach der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt, werden Ausnahmen freilich stets nur dann rechtsfehlerfrei zugelassen werden können, wenn sich das betroffene Allgemein- oder Einzelinteresse gegen den aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzanspruch der von unzulässig hohen Stickstoffdioxidbelastungen betroffenen Straßenanwohner durchsetzen kann. Sofern danach Durchbrechungen eines solchen Verkehrsverbots dem Grunde nach in Betracht kommen, werden sie ggf. in gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht zu begrenzen sein.

Dass an die Zulassung von Ausnahmen von einschlägigen Verkehrsverboten ein strenger Maßstab anzulegen ist, zeigt § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG, der derartige Sonderregelung selbst dann, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert, von unaufschiebbaren und überwiegenden Gründen abhängig macht. Ein ebenfalls gemeinwohlbezogener Ansatz liegt der ersten Alternative des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV zugrunde. Sollte ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge unzumutbare Folgen ausschließlich zu Lasten Einzelner zeitigen, würde die zweite Alternative der letztgenannten Vorschrift dann ausreichende Möglichkeiten eröffnen, um einer solchen Fallgestaltung Rechnung zu tragen, wenn „von und zu bestimmten Einrichtungen“ stattfindende Verkehrsvorgänge inmitten stehen. Denn § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV ist so aufgebaut, dass sich die im Vordersatz dieser Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale auf die beiden im Anschluss daran normierten Fallgestaltungen beziehen.

Nicht zweifelsfrei erscheint demgegenüber, ob das geltende Recht eine Befugnisnorm zur Verfügung stellt, um Ausnahmen von einem Verkehrsverbot auch dann zulassen zu können, wenn eine solche Entscheidung im ausschließlichen überwiegenden Individualinteresse erforderlich sein sollte, die begünstigten Fahrten jedoch nicht „von und zu bestimmten Einrichtungen“ führen, wie § 1 Abs. 2 der 35. ImSchV das voraussetzt. Derartige Fallgestaltungen ließen sich zwar unschwer durch Rückgriff auf die allgemeine Ausnahmevorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO lösen. Es ist indes nicht zweifelsfrei, ob diese Bestimmung auf Verkehrsverbote anwendbar ist, die ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG finden. Für Verkehrsverbote, wie sie in Umweltzonen im Sinn von § 45 Abs. 1f StVO gelten, hat dies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (B.v. 8.12.2009 - OVG 11 S. 50.09 - juris Rn. 9) unter Hinweis auf den aus seiner Sicht abschließenden Charakter der in § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV eröffneten Ausnahmemöglichkeiten ausdrücklich verneint; die engen tatbestandlichen Bestimmungen dieser Normen dürften nicht durch die in § 46 Abs. 1 und 2 StVO enthaltenen, weitgefassten Ausnahmevorschriften unterlaufen werden.

Diesen Erwägungen lässt sich sachliches Gewicht nicht absprechen. Andererseits dürfen Maßnahmen, die der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie der Durchsetzung des Geltungsanspruchs der Richtlinie 2008/50/EG und der dort normierten Immissionsgrenzwerte auch in der Bundesrepublik Deutschland dienen, schlechthin nicht daran scheitern, dass die deutsche Rechtsordnung u. U. nicht für alle Härtefälle, die in diesem Zusammenhang zu bewältigen sein können, hinreichende Ausnahmevorschriften bereithält. Auch bestünde die Gefahr der Umgehung des § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV dann nicht, wenn § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO in der Verwaltungspraxis nur in den Fällen herangezogen würde, in denen ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge ohne Zulassung einer Ausnahme im Einzelfall eine Härte nach sich zöge, die ihrerseits nicht mehr als verfassungskonform angesehen werden könnte, die beiden erstgenannten Bestimmungen indes tatbestandlich nicht einschlägig sind.

Angesichts des vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 8. Dezember 2009 (OVG 11 S. 50.09 - juris Rn. 9) eingenommenen Standpunkts käme einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO auch hinsichtlich solcher Verkehrsverbote für anwendbar erklären würde, die sich auf § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG stützen, wohl grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. In einem Hauptsacherechtsstreit, in dem sich diese Frage in entscheidungserheblicher Weise stellt, wäre wegen ihrer Bedeutung für den Verwaltungsvollzug die Zulassung der Revision in Erwägung zu ziehen. Es erschiene vor diesem Hintergrund nicht angemessen, würde sich der Verwaltungsgerichtshof in einem Vollstreckungsverfahren, in dem eine Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen ist, in einer an der Rechtskraft seines Beschlusses teilnehmenden Weise zu der inmitten stehenden Problematik äußern.

Muss die Frage, ob das geltende Recht ausreichende Instrumente zur Verfügung stellt, um in allen Fällen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zulassen zu können, in denen das zur Vermeidung verfassungswidriger Härten u. U. geboten ist, derzeit aber als offen angesehen werden, so scheidet bereits aus diesem Grund eine unveränderte Bestätigung des angefochtenen Beschlusses aus. Denn da der Beklagte - wie aufgezeigt - dem zu vollstreckenden Urteil nur durch den Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge nachkommen kann, würde ihm ein ggf. rechtswidriges Verhalten abverlangt, wollte man ihn als verpflichtet ansehen, derartige Verbote bereits zu einem Zeitpunkt in die geschuldete Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufzunehmen, in dem noch ungeklärt ist, ob von derartigen Verboten in allen erforderlichen Konstellationen ggf. notwendige Ausnahmen zugelassen werden können.

6.2 Ungeklärte Möglichkeit einer rechtskonformen Bekanntgabe von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge sowie gruppenbezogener Ausnahmen hiervon

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ergehen auch Verkehrsverbote und -beschränkungen, die immissionsschutzrechtlichen Zielsetzungen dienen, „nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften“. Unabhängig davon, ob darin eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung auf das Straßenverkehrsrecht liegt, folgt aus dieser Vorschrift, dass die öffentliche Verwaltung bei einschlägigen Maßnahmen auf das Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts beschränkt ist.

Nach § 45 Abs. 4 Halbs. 1 StVO dürfen die in § 45 Abs. 3 StVO genannten Behörden (d.h. die Straßenverkehrs- und die Straßenbaubehörden) den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken. Es spricht alles dafür,

dass auch die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen dieser Bindung unterliegen, da - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden.

Da die Straßenverkehrs-Ordnung kein der Verlautbarung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge dienendes Verkehrszeichen kennt, ist eine rechtskonforme Bekanntgabe derartiger Verbote derzeit nur möglich, wenn sich eine dahingehende behördliche Anordnung mittels des vorhandenen Zeichenbestandes (unter Einschluss von Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt) in einer Weise zum Ausdruck bringen lässt, die den straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen genügt. Das setzt voraus, dass der objektive Aussagegehalt des Verkehrszeichens (bzw. der Kombination aus - ggf. mehreren - Verkehrs- und Zusatzzeichen) zum einen eindeutig ist und eine solche Beschilderung zum anderen so übersichtlich gestaltet werden kann, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.).

6.2.1 Bekanntgabe mittels des Zeichens 251 und eines Zusatzzeichens

Der Kläger schlägt zum einen vor, ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit Hilfe des Zeichens 251 der Straßenverkehrs-Ordnung unter Beifügung des Zusatzschilds „gilt nur für Diesel“ (oder mittels eines ähnlichen Texts) zu verlautbaren. Durch ein solches Zusatzzeichen würde eine allgemeine Beschränkung des durch das Zeichen 251 kundgemachten Verbots zum Ausdruck gebracht; dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu. Ebenfalls rechtmäßig wäre bei einer auf den Wortlaut der letztgenannten Bestimmung beschränkten Betrachtungsweise ein Zusatzzeichen, aus dem sich ergäbe, dass alle Kraftfahrzeuge, die über einen anderen Antrieb als einen Dieselmotor verfügen, von dem Verbot ausgenommen sind.

Dahinstehen kann, ob dem Einwand des Beklagten zu folgen ist, durch ein solches Zusatzschild werde angesichts des weitreichenden Umfangs der hierdurch bewirkten Beschränkung des Geltungsanspruchs des prinzipiellen Verkehrsverbots für Kraftwagen aller Art (bzw. - im Fall der zweiten vom Kläger zur Diskussion gestellten Ausgestaltung des Zusatzschildes - angesichts des erheblichen Umfangs der vom normativen Regelungsgehalt des Zeichens 251 zugelassenen Ausnahmen) dessen Wesensgehalt verändert. Denn unabhängig hiervon bestünde jedenfalls das Problem, dass § 39 Abs. 3 Satz 2 StVO „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen (d.h. Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen) nur zulässt, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Eine „andere Bestimmung“ im Sinn dieser Vorschrift könnte u. U. in der laufenden Nummer 26 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung gesehen werden. Nach der Nummer 1 der dortigen, sich auf die Zeichen 250 bis 259 - und damit auch auf das Zeichen 251 - beziehenden Erläuterungen können „andere Verkehrsarten“ durch „Verkehrszeichen gleicher Art mit Sinnbildern nach § 39 Absatz 7“ StVO verboten werden. Sollten Fahrzeuge mit Dieselantrieb als eine „Verkehrsart“ im Sinn dieser Bestimmung anzusehen sein, so könnte hieraus herzuleiten sein, dass sich auf solche Fahrzeuge beziehende Verkehrsverbote nicht in der vom Kläger befürworteten Weise verlautbart werden dürften. Denn weder würde die Kombination aus dem Zeichen 251 in Verbindung mit einem Zusatzzeichen, das eine der im vorstehenden Absatz beispielhaft erwähnten Aufschriften trägt, als ein den Zeichen 250 bis 259 gleichartiges Verkehrszeichen angesehen werden können, noch würde der Regelungsgehalt einer solchen Schilderkombination ausschließlich durch Sinnbilder kundgemacht.

6.2.2 Bekanntgabe durch die Zeichen 270.1 bzw. 270.2 und ein Zusatzzeichen

Zum anderen hat der Kläger zur Diskussion gestellt, den Beginn eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge durch das Zeichen 270.1 der Straßenverkehrs-Ordnung bekanntzugeben, dessen (sich auf alle Kraftfahrzeuge erstreckender) Regelungsgehalt wiederum durch ein Zusatzzeichen „gilt nur für Dieselfahrzeuge“ eingeschränkt oder dem ein Zusatzzeichen beigefügt werden könnte, demzufolge alle Kraftfahrzeuge mit anderem als Dieselantrieb von dem durch das Zeichen 270.1 bewirkten Verkehrsverbot ausgenommen sind.

Die laufende Nummer 44 des Anhangs 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung (vgl. dort Nummer 2 Satz 2) lässt es zwar ausdrücklich zu, Ausnahmen vom Geltungsanspruch des Zeichens 270.1 durch Zusatzzeichen zu verlautbaren. Bedenken gegen die rechtliche Tragfähigkeit dieser Lösung könnten sich jedoch daraus ergeben, dass die Zeichen 270.1 und 270.2 der Straßenverkehrs-Ordnung gemäß § 45 Abs. 1f StVO zur Kennzeichnung von „Umweltzonen“ dienen, und dass diese Vorschrift von einer wohl obligatorischen Verbindung dieser Zeichen mit dem Zusatzzeichen ausgeht, dessen äußere Gestalt und dessen Regelungsgehalt sich aus der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung ergeben. Unter einer „Umweltzone“ versteht der Verordnungsgeber danach ein Gebiet, in dem die Verkehrsteilnahme für alle Kraftfahrzeuge verboten ist, die nicht über eine der auf dem Zusatzzeichen nach der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung wiedergegebenen Plaketten verfügen. Auch in der Lebenswirklichkeit sind die Zeichen 270.1 bzw. 270.2 und das in der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs- Ordnung abgebildete Zusatzzeichen wohl derart ausnahmslos miteinander verknüpft, dass nicht gewährleistet ist, jeder Verkehrsteilnehmer, der sich mit der vom Kläger vorgeschlagenen, hiervon abweichenden Zeichenkombination konfrontiert sieht, werde den Bedeutungsgehalt der so kundgemachten Regelung innerhalb der kurzen Zeit zweifelsfrei erfassen, in der dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung für einen durchschnittlichen Kraftfahrer möglich sein muss (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.).

6.2.3 Bekanntgabe ggf. erforderlicher gruppenbezogener Ausnahmen

Ebenfalls nicht gesichert ist, ob sich mit dem vorhandenen Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung solche Ausnahmen von einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge rechtskonform bekanntgeben lassen, bei denen sich der Kreis der Begünstigten nur nach abstrakt-generellen Kriterien umschreiben lässt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag gegenwärtig nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit Vorgaben der Rechtsordnung, die schwerer wiegen als das Gebot der lückenlosen Geltung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge, geboten sein könnte, bestimmten Arten solcher Fahrzeuge die Verkehrsteilnahme auf für sie grundsätzlich gesperrten Straßen zu gestatten oder Fahrten zu bestimmten Zielen innerhalb des gesperrten Bereichs bzw. aus bestimmten Anlässen zuzulassen, ohne dass die Halter oder Fahrer solcher Fahrzeuge stets in der Lage sind, hierfür bei der Beigeladenen einzelfallbezogene oder eine Mehrzahl von Verkehrsvorgängen erfassende, durch Bescheid zu erteilende Ausnahmegenehmigungen zu beantragen. Ob all diese „gruppenbezogenen“ Ausnahmen - auch soweit nach dem Vorgesagten hierfür eine materielle Rechtsgrundlage vorhanden sein sollte - auf einem (weiteren) Zusatzschild zu den Zeichen, durch die das Verkehrsverbot als solches und seine auf Dieselfahrzeuge beschränkte Geltung verlautbart werden, so eindeutig und übersichtlich wiedergegeben werden können, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann (BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.), erscheint nicht gesichert. Einer Bekanntgabe der Ausnahmen gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG stünde, sofern das Verkehrsverbot durch das Zeichen 251 kundgemacht würde, wohl § 45 Abs. 4 Halbs. 1 StVO entgegen; der dort verankerte Grundsatz, wonach die Straßenverkehrs- und die Straßenbaubehörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, gilt auch für Ausnahmen von Verkehrsverboten (BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 20 - 23); angesichts des abschließenden Charakters dieser Regelung kommt eine Verlautbarung derartiger Ausnahmen durch öffentliche Bekanntmachung nur insoweit in Betracht, als sie ausdrücklich zugelassen ist (BVerwG, U.v. 13.3.2008 a.a.O. Rn. 25).

Dies ist zwar hinsichtlich des Zeichens 270.1 (vgl. die Nummer 2 Satz 2 zur laufenden Nummer 44 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung) der Fall. Ungesichert erscheint jedoch, ob insoweit der Grundsatz eingreift, dass sich Verkehrsteilnehmer auf die Vollständigkeit einer durch Verkehrszeichen bekanntgemachten Regelung verlassen können müssen (BVerwG, U.v. 13.3.2008 a.a.O. Rn. 25). Hiermit stünde es u.U. nicht in Einklang, wenn das Verkehrsverbot als solches durch ein Verkehrs- und die Beschränkung seines Geltungsbereichs auf Dieselfahrzeuge durch ein Zusatzzeichen verlautbart würden, die hiervon geltenden Ausnahmen indes aus den aufgestellten Zeichen nicht ersichtlich wären.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt bei alledem nicht außer Betracht, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Schreiben an den Minister für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg vom 11. März 2016 und an den Oberbürgermeister der Beigeladenen vom 6. Dezember 2016 die Auffassung vertreten hat, der Geltungsanspruch des in der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung als Ergänzung zum Zeichen 270.1 vorgesehenes Zusatzzeichens lasse sich „kurzfristig“ dadurch außer Kraft setzen, dass es zeitweilig abgedeckt werde; Härtefällen könne durch eine Ausnahmegenehmigung bzw. Allgemeinverfügung Rechnung getragen werden. Diese Aussagen beziehen sich jedoch dem ausdrücklichen Wortlaut beider Schreiben zufolge auf die Fallgestaltung, dass die örtlich zuständige Behörde zu dem Ergebnis gelangt, eine vorhandene Umweltzone werde „bei besonderen witterungsbedingten Ausnahmesituationen im Einzelfall“ nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht. Die Notwendigkeit, gruppenbezogene Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge dann in rechtskonformer Weise zu verlautbaren, wenn die zu begünstigenden Verkehrsteilnehmer aus praktischen Gründen nicht auf den Weg der Beantragung einer in Bescheidsform zu erteilenden Ausnahmegenehmigung verwiesen werden können, stellt sich indes nicht nur in zeitlich eng umgrenzten Ausnahmesituationen.

-7 Auswirkungen der vorbezeichneten Zweifelsfragen auf den Umfang der derzeitigen Durchsetzbarkeit des zu vollstreckenden Urteils

Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte stellen augenscheinlich keine Hindernisse dar, die dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge schlechthin entgegenstehen. Vielmehr handelt es sich um höchstrichterlich ungeklärte Fragen, die sich anhand des geschriebenen Rechts nicht völlig eindeutig beantworten lassen.

Es kann als gesichert gelten, dass diese Zweifel innerhalb überschaubarer Zeit ausgeräumt sein werden. Nicht fernliegend erscheint es insbesondere, dass zumindest ein Teil von ihnen durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geklärt werden dürfte, das voraussichtlich auf die Sprungrevision hin ergehen wird, die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. September 2016 (3 K 7695/15 - juris) eingelegt wurde. Denn das Verwaltungsgericht hat eine Kundgabe von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge mittels des Zeichens 251 und eines Zusatzzeichens, das den Geltungsanspruchs des durch dieses Zeichen verlautbarten Verkehrsverbots für Kraftwagen auf Dieselfahrzeuge beschränkt, ausdrücklich als zulässig angesehen.

Sollte durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgezeigt werden, dass dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge derzeit Hindernisse entgegenstehen, die sich daraus ergeben, dass das deutsche Recht gegenwärtig kein ausreichendes Instrumentarium zu ihrer Bekanntgabe zur Verfügung stellt, so wäre gleichfalls damit zu rechnen, dass dieser Mangel innerhalb überschaubarer Zeit behoben wird. Denn es ist sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Richtlinie 2008/50/EG unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, als auch im Licht des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen, dass die zu diesem Zweck alternativlos gebotenen Schutzmaßnahmen deswegen unterbleiben, weil die derzeit gültige Fassung der Straßenverkehrs-Ordnung kein Verkehrszeichen kennt, mit dessen Hilfe Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge (sowie die von ihnen ggf. geltenden Ausnahmen) kundgemacht werden können. Gleiches gälte, falls das geltende Recht keine ausreichenden Befugnisnormen dafür enthalten sollte, um sämtliche von Verfassungs wegen ggf. erforderlichen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge bewilligen zu können. Vielmehr kann als gesichert gelten, dass die zuständigen Stellen jedenfalls durch das Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission wegen der nunmehr seit dem Jahr 2010 andauernden Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt, dazu angehalten werden, die insoweit bestehenden (ohnehin nur marginalen) Defizite der inländischen Rechtsordnung zu beheben.

Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Ausgestaltung einer Zwangsgeldandrohung nach § 172 VwGO zusteht, entspricht es vor diesem Hintergrund, darauf Bedacht zu nehmen, dass die in Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge von dem Augenblick an ohne weitere Verzögerung in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufgenommen werden können, in dem die aufgezeigten Hindernisse ausgeräumt sein werden. Dies ist nur dann gesichert, wenn der Beklagte in jenem künftigen Zeitpunkt über ein Konzept verfügt, aus dem sich ergibt, in Bezug auf welche Straßen im Stadtgebiet der Beigeladenen, an denen es zu Überschreitungen des in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Immissionsgrenzwerts kommt, er Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan für München aufnehmen wird, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, die im Jahresmittel unzulässig hoch mit Stickstoffdioxid belastet sind, er von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots in den Luftreinhalteplan mit welcher Begründung abzusehen gedenkt. Vom Beklagten im Rahmen des anhängigen Vollstreckungsverfahrens die Erstellung eines solchen Konzepts als „Minus“ gegenüber der vom Verwaltungsgericht geforderten sofortigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu verlangen, ist von Rechts wegen umso mehr geboten, als zwischen der Aufnahme von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans und dem Erlass und der Bekanntgabe straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen, die solche Verbote zum Gegenstand haben, selbst bei der gebotenen unverzüglichen Umsetzung dieses Plans (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG) nochmals eine gewisse Zeitspanne vergehen wird.

7.1 Vollständige Erfassung der von einschlägigen Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitte) als notwendige erste Stufe des geschuldeten vorbereitenden Konzepts

Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Luftreinhalteplan für die Stadt München nach dem Wegfall der gegenwärtig inmitten stehenden rechtlichen Hemmnisse in der gemäß dem Urteil vom 9. Oktober 2012 geschuldeten Weise fortgeschrieben werden kann, ist das lückenlose Wissen darum, welche Straßen im Gebiet der Beigeladenen rechtswidrig hoch mit Stickstoffdioxid belastet sind. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu ausgeführt, diejenigen Hauptstraßen im Gebiet der Beigeladenen, auf denen die maximal zulässige NO2-Konzentration im Jahresmittel überschritten wird, seien bereits vollständig erfasst; hinsichtlich der Nebenstraßen bedürfe es einer solche Erfassung nicht, da erfahrungsgemäß dort keine Grenzwertüberschreitungen aufträten.

Bestandteil einer sachgerechten Vorbereitung der nach dem zu vollstreckenden Urteil geschuldeten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München ist es, dass der Beklagte dieses Straßenverzeichnis der Allgemeinheit zugänglich macht. Dies folgt bereits daraus, dass einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorauszugehen hat. Diese besitzt spätestens ab der Einleitung dieses Beteiligungsverfahrens einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, auf welchen Straßen(abschnitten) es zu Überschreitungen der einschlägigen Grenzwerte kommt, um beurteilen zu können, ob die zuständige Behörde einerseits alle betroffenen Teile der Bevölkerung in ihre Überlegungen einbezogen hat, sie andererseits aber von Maßnahmen absieht, die den motorisierten Straßenverkehr ohne sachlich rechtfertigenden Grund einschränken.

Wenn es der Verwaltungsgerichtshof vorliegend für ermessensgerecht ansieht, an der vom Verwaltungsgericht festgesetzten, am 29. Juni 2017 ablaufenden Frist hinsichtlich der geschuldete Teilhandlung „Bekanntgabe der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitte)“ festzuhalten, so ist hierfür einerseits maßgeblich, dass dem Beklagten bis zur Einleitung des Beteiligungsverfahrens nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG zwangsläufig eine längere Frist zugestanden werden muss. Denn die Durchführung der vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung setzt voraus, dass der Beklagte über ein sowohl zielführendes als auch den Vorgaben der Rechtsordnung genügendes Konzept über die näheren Modalitäten der dem Grunde nach geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge verfügt. Dies ist gegenwärtig weder der Fall noch kann die Erstellung eines solchen Konzepts selbst bei Anspannung aller Kräfte bis zum 29. Juni 2017 erwartet werden.

Nicht ermessensgerecht wäre es andererseits, es dem Beklagten zu gestatten, das Verzeichnis der Straßen, auf denen bzw. in deren Umgriff der Grenzwert nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV nicht eingehalten wird, der Allgemeinheit erst zeitgleich mit der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung zugänglich zu machen. Eine vorgezogene Bekanntgabe dieses Verzeichnisses trägt vielmehr dazu bei, den Betroffenen und der Allgemeinheit bereits vor dem Beginn des gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG erforderlichen Verfahrens einen den zuständigen Behörden vergleichbaren Kenntnisstand zu verschaffen. Sie werden damit bereits vorab in die Lage versetzt, gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, bestimmte Strecken seien zu Unrecht (nicht) in dieses Verzeichnis aufgenommen worden, da der durch § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV vorgegebene Grenzwert - nicht bzw. ebenfalls - überschritten werde. Das eigentliche Beteiligungsverfahren nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG kann auf diese Weise von Auseinandersetzungen darüber entlastet werden, in Bezug auf welche Straßen(abschnitte) ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge dem Grunde nach veranlasst ist. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb sachdienlich, weil die (Nicht-)Aufnahme von Straßen in das vorerwähnte Verzeichnis nicht auf Messungen, sondern auf Berechnungen beruht und es nicht fern liegt, dass die Richtigkeit dieser Berechnungen vor allem von dem Zeitpunkt an angezweifelt werden könnte, ab dem die Endfassung des Berichts über die Ergebnisse der Messungen vorliegt, die im Auftrag der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Gebiet der Beigeladenen durchgeführt wurden.

Wenn der Beklagte die Festsetzung eines Zwangsgeldes erst dann zu gewärtigen hat, falls er das Straßenverzeichnis nicht bis spätestens zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit zugänglich macht, so verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass dieses Verzeichnis Umweltinformationen im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG beinhaltet, hinsichtlich derer jedermann gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG verlangen kann, dass sie ihm nach Maßgabe dieses Gesetzes auch unabhängig von der vorgenannten Frist zugänglich gemacht werden. Da allein der Beklagte in zulässiger Weise Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. Juni 2016 eingelegt hat, durfte die in dieser Entscheidung gesetzte Frist jedoch auch hinsichtlich der hier inmitten stehenden Teilverpflichtung nicht zu seinen Ungunsten verkürzt werden.

7.2 Fristen für die Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung und die Erstellung der Endfassung des der Fortschreibung des Luftreinhalteplans dienenden Konzepts

Pflichtgemäßer Ermessensausübung entspricht es, die im angefochtenen Beschluss gesetzte Frist insoweit bis zum 31. August 2017 zu verlängern, als die Einleitung des Verfahrens nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG in Frage steht. Denn bis dahin muss es dem Beklagten möglich sein, die in Befolgung des Urteils vom 9. Oktober 2012 geschuldeten Überlegungen, auf welchen Straßen(abschnitten) ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit welchen Modalitäten zu erlassen ist, so weit zu konkretisieren, dass die Ergebnisse der Allgemeinheit zur Kenntnis gebracht werden können. Dies gilt zumal im Hinblick darauf, dass sich der Beklagte mit der Umsetzung der zu vollstreckenden Entscheidung bereits erheblich in Verzug befindet und der von Verfassungs wegen gebotene Schutz des Lebens und der Gesundheit der von rechtswidrigen Stickstoffdioxidimmissionen betroffenen Menschen es erfordert, zumindest die Erstellung des vorbereitenden Konzepts mit allem Nachdruck voranzutreiben, solange eine diesem Ziel dienende Fortschreibung des Luftreinhalteplans als solche nicht verlangt werden kann. Ebenfalls keinen weiteren Aufschub duldet die dem Beklagten obliegende Verpflichtung, innerhalb seines Verantwortungsbereichs jene langandauernde Verletzung des Rechts der Europäischen Union abzustellen, die in der Nichteinhaltung der sich aus der Richtlinie 2008/50/EG ergebenden Immissionsgrenzwerte liegt.

Dringlich ist aus den gleichen Gründen ferner die Erstellung jener Endfassung des ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge betreffenden Konzepts, in dem der Beklagte zum Ausdruck bringt, inwieweit er den Ergebnissen der Öffentlichkeitsbeteiligung Rechnung getragen hat. Da die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen zur vorläufigen Fassung des Konzepts gemäß § 47 Abs. 5a Satz 3 Halbs. 2 BImSchG nicht vor Mitte Oktober 2017 enden wird und u. U. mit einer großen Zahl von Äußerungen gerechnet werden muss, ist es ermessensgerecht, als Zeitpunkt für die späteste Präsentation der endgültigen Fassung des vorbereitenden Konzepts den 31. Dezember 2017 festzusetzen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene nur im zweiten Rechtszug einen Sachantrag gestellt hat, konnte sie lediglich insoweit anteilig zur Tragung der Gerichtskosten und zur teilweisen Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers herangezogen werden. Aus dem gleichen Grund war ihr auch nur hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens ein partieller Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen. Die unterschiedliche Höhe der Quoten, mit denen die Beteiligten im Vergleich der beiden Rechtszüge zueinander zur Kostentragung herangezogen wurden, rechtfertigt sich daraus, dass der Kostenanteil des Klägers hinsichtlich des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof um denjenigen Anteil zu erhöhen war, der auf die von ihm später wieder zurückgenommene Beschwerde entfällt.

Dr. Schenk Demling Ertl

(1) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde beschränkt oder verbietet den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 dies vorsehen. Die Straßenverkehrsbehörde kann im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Behörde Ausnahmen von Verboten oder Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs zulassen, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern.

(2) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde kann den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften auf bestimmten Straßen oder in bestimmten Gebieten verbieten oder beschränken, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerten beiträgt und soweit die für den Immissionsschutz zuständige Behörde dies im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse für geboten hält, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu vermindern oder deren Entstehen zu vermeiden. Hierbei sind die Verkehrsbedürfnisse und die städtebaulichen Belange zu berücksichtigen. § 47 Absatz 6 Satz 1 bleibt unberührt.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln, dass Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, sowie die hierfür maßgebenden Kriterien und die amtliche Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge festzulegen. Die Verordnung kann auch regeln, dass bestimmte Fahrten oder Personen ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, wenn das Wohl der Allgemeinheit oder unaufschiebbare und überwiegende Interessen des Einzelnen dies erfordern.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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Tenor

I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde des Klägers eingestellt.

II. Auf die Beschwerde des Beklagten hin erhält die Nummer I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 folgende Fassung:

„1. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen zugänglich macht, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird.

2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.

3. Dem Beklagten wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. Platz greifen sollen, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird.“%2. Im Übrigen werden der Vollstreckungsantrag des Klägers und die Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen.%2. Unter Abänderung der Nummer II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 fallen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug zu zwei Fünfteln dem Kläger, zu drei Fünfteln dem Beklagten zur Last. Die Beigeladene trägt ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene zu je einem Viertel zu tragen. Dem Kläger fallen ferner jeweils die Hälfte der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zur Last. Diese Beteiligten haben ihrerseits je ein Viertel der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren über die Vollstreckung des Urteils, das das Bayerische Verwaltungsgericht München am 9. Oktober 2012 im Verfahren M 1 K 12.1046 auf eine Klage des Klägers - einer anerkannten Vereinigung im Sinn von § 3 UmwRG - hin erlassen hat.

1. Der Tenor dieses Urteils lautet in seiner Nummer I wie folgt:

„Der Beklagte wird verpflichtet, den für München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³, des über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 µg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von München enthält.“

Der in seiner Erstfassung vom September 2004 stammende, durch Schreiben des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 28. Dezember 2004 in Kraft gesetzte Luftreinhalteplan für die Stadt München wurde im Oktober 2007 zum ersten Mal, im August 2008 zum zweiten Mal und im September 2010 zum vierten Mal fortgeschrieben. Die im April 2012 erfolgte dritte Fortschreibung hatte eine Beteiligung des Münchener Umlandes zum Gegenstand.“

Nach den Feststellungen im Urteil vom 9. Oktober 2012 belief sich die NO2-Belastung in München - bezogen auf den Jahresmittelwert (vgl. § 3 Abs. 2 der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV) - im Jahr 2011 an der Messstelle Landshuter Allee auf 85 µg/m³, an der Messstelle Stachus auf 76 µg/m³ und an der Messstelle Prinzregenten Straße auf 61 µg/m³. Ferner wurde danach der Tagesmittelgrenzwert für Partikel PM10 von 50 µg/m³ (§ 4 Abs. 1 der 39. BImSchV) im Jahr 2011 an der Messstelle Landshuter Allee 48-mal überschritten.

Den Entscheidungsgründen zufolge genügte der Luftreinhalteplan für München in der Fassung der vierten Fortschreibung den sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl Nr. L 152 vom 11.6.2008, S. 1), aus § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. BImSchV ergebenden Anforderungen nicht. Selbst der Beklagte gehe nicht davon aus, dass das dort genannte Instrumentarium geeignet sei, die Grenzwerte einzuhalten. Nach den durchgeführten Immissionsprognosen sei ohne weitere Maßnahmen weder im Jahr 2015 noch im Jahr 2020 damit zu rechnen, dass insbesondere an der Messstation Landshuter Allee der sich auf das Jahresmittel beziehende NO2-Grenzwert eingehalten werde. Zwar seien die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht verpflichtet, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Grenzwertüberschreitungen mehr komme. Die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssten aber jedenfalls geeignet sein, eine solche Überschreitung auszuschließen; es genüge nicht, dass die zuständige Behörde lediglich Bemühungen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte unternehme und überhaupt einen Luftreinhalteplan aufstelle oder fortschreibe. Dass der Erlass eines Luftreinhalteplans mit weitergehenden Maßnahmen tatsächlich oder rechtlich unmöglich sei, sei nicht ersichtlich. Angesichts der Vielzahl möglicher Maßnahmen, die in der mündlichen Verhandlung diskutiert worden seien, stünden dem Beklagten weitere, naturgemäß einschneidendere Maßnahmen zur Verringerung der Werte zur Verfügung; die vom Kläger angeführte räumliche Ausdehnung der Umweltzone sei nur eine davon. Bei der Auswahl der Maßnahmen und der hiervon negativ Betroffenen verfüge die Behörde allerdings über einen Gestaltungsspielraum, der einen Anspruch des von einer Überschreitung des Immissionsgrenzwerts Betroffenen ebenso wie eines Umweltverbandes auf eine bestimmte Maßnahme regelmäßig ausschließe.

Die von ihm gegen dieses Urteil eingelegte, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 22 BV 12.2450 geführte Berufung nahm der Beklagte am 8. April 2014 zurück, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten mit Schreiben vom 4. April 2014 darauf hingewiesen hatte, dass die Klage nach dem damaligen Stand der Meinungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs als zulässig und begründet erscheine, so dass die Berufung zurückzuweisen sein könnte.

2. In der Folgezeit wurde der Luftreinhalteplan für München zweimal fortgeschrieben.

2.1 Die fünfte Fortschreibung datiert vom Mai 2014. Danach wurden an den im Stadtgebiet von München bestehenden Messstationen u. a. folgende Schadstoffkonzentrationen festgestellt:

Partikel PM10:

LÜB - Stationen

Jahresmittel 2010

µg/m³

Jahresmittel 2011

µg/m³

Jahresmittel 2012

µg/m³

Jahresmittel 2013

µg/m³

Anzahl der Überschreitungen*) 2010

Anzahl der Überschreitungen*) 2011

Anzahl der Überschreitungen*) 2012

Anzahl der Überschreitungen*) 2013

Stachus

32

31

26

26

47

35

[11] 14

[17] 19

Landshuter Allee

38

36

29

31

65

48

[17] 27

[30] 39

Prinzregenten Straße

28

25

-

-

31

17

-

-

Johanneskirchen

22

21

16

18

23

9

4

8

Loth Straße

24

22

18

20

27

11

5

11

*) bezogen auf den Tagesmittelwert

Die in eckige Klammern gesetzten Angaben haben - hier ebenso wie nachfolgend - die Zahl der Tage zum Gegenstand, um die das nach § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV zulässige Kontingent an Überschreitungstagen aufgrund der Ausbringung von Streusalz überstiegen wurde (vgl. § 25 der 39. BImSchV).

Stickstoffdioxid NO2:

LÜB - Stationen

Jahresmittel 2010

µg/m³

Jahresmittel 2011

µg/m³

Jahresmittel 2012

µg/m³

Jahresmittel 2013

µg/m³

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2010

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2011

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2012

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2013

Stachus

74

76

60

64

8

6

1

0

Landshuter Allee

99

85

81

81

192

50

27

50

Prinzregenten Straße

68

61

-

-

8

7

-

-

Johanneskirchen

28

23

22

22

0

0

0

0

Loth Straße

35

33

31

31

2

2

0

0

Moosach

39

39

35

-

2

2

0

-

Die fünfte Fortschreibung des Luftreinhalteplans enthält 20 Maßnahmen, die teils neu sind, zum Teil aber - wie diese Ausarbeitung auf Seite 37 selbst einräumt - bereits früher im Luftreinhalteplan thematisiert, aufgrund aktueller Entwicklungen und Fortschritte jedoch wiederum aufgegriffen worden seien. Nur vieren dieser Maßnahmen spricht die fünfte Fortschreibung ein quantifizierbares Minderungspotenzial in Bezug auf Luftschadstoffe (teilweise allerdings nur für NOx) zu. Es sind die Maßnahmen M 1 (Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung an der Landshuter Allee auf 50 km/h mit strenger Überwachung), M 4 (Fortführung des Optimierungsprogramms für Grüne Wellen), M 5 (Entwicklung und Simulation von Verkehrssteuerungsmaßnahmen für das umweltorientierte Verkehrsmanagement) und M 17 (Planung einer Verkehrsbeeinflussungsanlage mit intelligenter Verkehrssteuerung auf der BAB 96 zwischen den Anschlussstellen Gräfelfing und dem Autobahnende in München- Sendling).

2.2 Die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München stammt vom Dezember 2015. Die im Stadtgebiet gemessenen Schadstoffkonzentrationen stellten sich danach - soweit vorliegend von Belang - im Jahr 2014 wie folgt dar:

Partikel PM10:

LÜB-Stationen

Jahresmittel [µg/m³]

Anzahl der Überschreitungen beim Tagesmittelwert

LandshuterAllee

27

[16] 17

Stachus

23

[13] 14

Loth Straße

18

8

Johanneskirchen

16

6

Stickstoffdioxid NO2:

LÜB-Stationen

Jahresmittel [µg/m³[

Anzahl der Überschreitungen beim 1-h-Mittelwert

LandshuterAllee

83

24

Stachus

62

0

Loth Straße

31

0

Johanneskirchen

22

0

Diese Fortschreibung räumt gleichfalls ein, dass sie außer neuen Maßnahmen auch solche enthält, die bereits im bestehenden Luftreinhalteplan bzw. in seinen Fortschreibungen thematisiert, aufgrund „aktueller Entwicklungen und Fortschritte[…] jedoch erneut aufgegriffen“ worden seien (Seite 30). Keine der in ihr aufgelisteten 20 Maßnahmen enthält bezifferte Angaben über das mit ihrer Umsetzung einhergehende Immissionsminderungspotenzial hinsichtlich der Luftschadstoffe „Partikel PM10“ und „Stickstoffdioxid (NO2)“; bei zwölf von ihnen wurde die Frage nach dem Minderungspotenzial mit den Worten „[derzeit] nicht quantifizierbar“, „nicht konkret bezifferbar“, „soll durch das Projekt ermittelt werden“ oder unter Verwendung ähnlicher Formulierungen beantwortet.

Unter prognostischem Blickwinkel führte die sechste Fortschreibung aus, eine Einhaltung des NO2-Immissionsgrenzwerts für das Jahresmittel an der Landshuter Allee sei ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich erst nach 2030 möglich; an der Messstation am Stachus stehe eine Einhaltung voraussichtlich ab 2025 zu erwarten. Die Immissionsprognosen beruhten im Wesentlichen auf der Erneuerung der Fahrzeugflotte sowie den quantifizierbaren Maßnahmen wie dem Lkw-Durchfahrtsverbot und der Umweltzone. Maßnahmen, deren Wirkungen sich nicht belastbar abschätzen ließen (hierzu gehörten solche, die den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie die Förderung des Fahrradverkehrs zum Ziel hätten), seien bei der Immissionsprognose nicht berücksichtigt worden.

3. Am 18. November 2015 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht,

dem Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen unter Fristsetzung ein angemessenes Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro anzudrohen,

hilfsweise,

gegen das Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen ein angemessenes Zwangsgeld festzusetzen.

Am 21. Juni 2016 erließ das Verwaltungsgericht daraufhin folgenden, dem Beklagten am 29. Juni 2016 als Fernkopie und am 30. Juni 2016 als Postexemplar zugestellten Beschluss:

Dem Antragsgegner wird für den Fall, dass er seiner Verpflichtung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung dieses Beschlusses nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,- Euro angedroht.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Anträge seien unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO so auszulegen, dass der Beklagte als Rechtsträger des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz Vollstreckungsschuldner sei.

Die Vollstreckung eines zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans verpflichtenden Urteils bestimme sich nach § 172 VwGO, da diese Vorschrift auch die Erzwingung solcher hoheitlichen Maßnahmen umfasse, mit denen die öffentliche Hand eine dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare, allein ihr vorbehaltene spezifische Regelungsbefugnis in Anspruch nehme.

Soweit im Stadtgebiet der Beigeladenen keine Überschreitung der Grenzwerte für Partikel PM10 mehr vorliege, ziehe das nicht die Unzulässigkeit des Vollstreckungsantrags nach sich. Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens bilde nämlich die Frage, ob die Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zur Gänze befolgt worden sei. Es müsse insgesamt geprüft werden, ob der für München geltende Luftreinhalteplan so geändert worden sei, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Partikel PM10 enthalte. Sei das nicht der Fall, müsse ein Zwangsgeld angedroht werden.

Der Umstand, dass die Vollstreckungsmaßnahme „innerhalb desselben Rechtsträgers“ erfolgen solle, nehme dem Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da dem Kläger andernfalls die Möglichkeit genommen würde, effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Überdies sei davon auszugehen, dass nicht nur das Zwangsgeld als solches, sondern gerade dessen Androhung den jeweiligen Vollstreckungsschuldner zur Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils motivieren solle.

Der Antrag habe in der Sache deshalb Erfolg, da der Beklagte der ihm durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegten Verpflichtung grundlos nicht nachgekommen sei.

Dieses Urteil sei vollstreckungsfähig, da sich aus ihm die Verpflichtungen des Beklagten in hinreichend bestimmter Weise ergäben. Jene Entscheidung habe den Gestaltungsspielraum des Beklagten beachtet und einen Anspruch darauf, dass er zu einer bestimmten Maßnahme verpflichtet werde, verneint. Der Vollstreckungsfähigkeit des Urteils sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die Entscheidungsgründe verbindliche Vorgaben enthielten, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten seien.

Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage, bei der die Bindung an die dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zugrunde liegende Rechtsauffassung entfallen würde, ergebe sich nicht daraus, dass Dieselfahrzeuge die Vorgaben der Euro-5- und der Euro-6-Norm zwar unter den vorgesehenen Testbedingungen, nicht aber im tatsächlichen Fahrbetrieb einhalten könnten. Denn diese tatsächliche Gegebenheit habe schon bei Erlass des zu vollstreckenden Urteils bestanden; die Euro-6-Norm sei überdies erst am 1. September 2014 verbindlich geworden. Neu sei lediglich die Erkenntnis, dass diese Normen bereits im Zeitpunkt der Rechtskraft jenes Urteils nicht eingehalten worden seien; das lasse seine Bindungswirkung jedoch nicht entfallen. Die Frage, wie schnell die Verminderung des Schadstoffausstoßes von Dieselfahrzeugen voranschreite, sei nicht entscheidungserheblich, da dem Beklagten unabhängig hiervon Maßnahmen zur Verfügung stünden, die zum Ausschluss der Grenzwertüberschreitung geeignet seien. Auch unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei es ihm zumutbar, solche einschneidenden Maßnahmen - bis hin zu einem Verkehrsverbot oder Ähnlichem - zu ergreifen.

Die Tatsache, dass offenbar einige Hersteller von Dieselfahrzeugen die Software dergestalt beeinflusst hätten, dass Fahrzeuge zwar bei Testmessungen, nicht aber im Realbetrieb die Vorgaben der Euro-5- und der Euro-6-Norm hätten einhalten können, vermöge die Säumnis des Beklagten ebenfalls nicht zu rechtfertigen, da dieser Umstand für die Nichterfüllung der Vorgaben des Urteils vom 9. Oktober 2012 nicht ursächlich sei.

Wenn dem Beklagten in diesem Urteil aufgegeben worden sei, einen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung der jeweiligen Immissionsgrenzwerte geeigneten Luftreinhalteplan aufzustellen und den Zeitraum ihrer Überschreitung „möglichst kurz zu halten“, so folge hieraus in Verbindung mit Aussagen in der seinerzeit vorliegenden vierten Fortschreibung des Luftreinhalteplans, dass eine „schnellstmögliche Einhaltung“ der Grenzwerte jedenfalls dann nicht bejaht werden könne, wenn sie weder im Jahr 2015 noch im Jahr 2020 in Aussicht stehe.

Durch das zu vollstreckende Urteil sei dem Beklagten ferner aufgegeben worden,

„einschneidendere“ als die in der vierten Fortschreibung erwähnten Maßnahmen - insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone - zu prüfen und sie ggf. in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Verlangt werde mithin ein Katalog an wirksamen Maßnahmen, die geeignet seien, die Grenzwerte so schnell wie möglich - nach den Entscheidungsgründen vor 2015 bzw. 2020 - einzuhalten.

Die Ungeeignetheit der in der sechsten Fortschreibung enthaltenen Maßnahmen ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte selbst nicht davon ausgehe, sie seien zur Einhaltung der Grenzwerte tauglich. Die von ihm als zentral verstandene Maßnahme M 1 (sie hat die „gutachterliche Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid- Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“ zum Gegenstand) diene bestenfalls zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen, stelle aber selbst keine Maßnahme dar, die die Emissionen reduzieren könne. Die Maßnahmen M 2 bis M 20 seien viel zu unkonkret bzw. angesichts der Tatsache, dass die anhaltende Grenzwertüberschreitung hauptsächlich von Dieselfahrzeugen verursacht werde, nicht geeignet, effektiv zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte beizutragen.

4. Mit der von ihm eingelegten Beschwerde beantragte der Beklagte:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 wird aufgehoben. Der Antrag wird abgelehnt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei das Urteil vom 9. Oktober 2012 mangels ausreichender inhaltlicher Bestimmtheit nicht vollstreckbar. Hieran ändere der bei Verbescheidungsurteilen erforderliche Rückgriff auf die Entscheidungsgründe nichts, da auch aus ihnen nicht hervorgehe, mit welchen Maßnahmen oder in welchem Zeitraum das im Urteilstenor vorgegebene Ziel zu erreichen sei. Die einzigen insoweit belangreichen Ausführungen fänden sich in den beiden letzten Sätzen der Randnummer 33 des Urteils. Wie ein Vergleich mit dem nahezu identischen Parallelfall verdeutliche, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 11. Mai 2016 (9 E 448/16 - juris) befunden habe, reichten sie nicht aus, um die Vollstreckungsfähigkeit des hier inmitten stehenden Urteils bejahen zu können. Bereits in einem Schreiben vom 16. Dezember 2013 habe der beschließende Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anlässlich seiner Befassung mit der gegen das Urteil vom 9. Oktober 2012 eingelegten Berufung im Übrigen Zweifel an der Vollstreckungsfähigkeit dieser Entscheidung angemeldet.

Der im angefochtenen Beschluss enthaltene Hinweis darauf, dass eine Einhaltung der Grenzwerte im Jahr 2015 oder im Jahr 2020 keine „schnellstmögliche Einhaltung“ darstelle, stelle schon deshalb keine taugliche Konkretisierung dar, da zwei unterschiedliche, zudem fünf Jahre auseinander liegende Zeitpunkte genannt würden. Zudem ergebe sich aus diesem Kriterium allenfalls eine Negativabgrenzung dergestalt, der sich entnehmen lasse, wann der Beklagte seinen Pflichten nicht nachgekommen sei. Dazu, um dem Vollstreckungsschuldner hinreichend bestimmte Vorgaben zu erteilen, durch deren Erfüllung er sich einem Vollstreckungsverfahren erfolgreich entziehen könne, sei diese Aussage nicht geeignet.

Der Annahme, das Urteil vom 9. Oktober 2012 sehe in der Ausweitung der Umweltzone eine taugliche Maßnahme, stehe entgegen, dass sich das Verwaltungsgericht auf die Feststellung beschränkt habe, diese (vom Kläger angeführte) Maßnahme existiere und sei möglicherweise geeignet. Tatsächlich seien dem Beklagten keine Maßnahmen bekannt, die zum Ausschluss von Grenzwertüberschreitungen geeignet seien.

Sollte das Urteil vom 9. Oktober 2012 gleichwohl als vollstreckungsfähig angesehen werden, habe der Beklagte die sich aus dieser Entscheidung ergebende Verpflichtung durch die seither vorgenommene zweimalige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München erfüllt. Der Beklagte verweist insoweit auf die auf der Landshuter Allee eingeführte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h sowie darauf, dass seit Oktober 2012 die Einfahrt in die Umweltzone nur noch Fahrzeugen mit grüner, nicht aber mit gelber oder roter Plakette erlaubt sei. Weitergehende Verpflichtungen ließen sich weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen jenes Urteils entnehmen. Zudem bedürften die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen zunächst der Umsetzung; messbare Auswirkungen auf die Umwelt ließen sich deshalb erst mit deutlicher Verzögerung feststellen.

Auch der Beklagte verkenne nicht, dass sich in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO der Inhalt des zu vollstreckenden Urteils über dessen notwendige Auslegung hinaus auch durch eine gewisse Fortschreibung konkretisieren lassen müsse, falls Unklarheiten sich anhand der Urteilsurkunde selbst nicht beseitigen ließen. Wenn § 172 VwGO das Gericht des ersten Rechtszugs zum Vollstreckungsorgan erkläre, werde damit auch dem Umstand Rechnung getragen, dass in derartigen Vollstreckungsverfahren nicht selten ein „Weiterdenken“ der Erwägungen notwendig werde, die der zu vollstreckenden Entscheidung zugrunde lagen, um feststellen zu können, was der Beklagte schulde und ob er seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. Die zwangsläufig allgemein gehaltene Fassung von Verbescheidungsurteilen könne es im Licht des Art. 19 Abs. 4 GG erfordern, im Vollstreckungsverfahren die einem solchen Urteil zugrunde liegenden Überlegungen und Wertungen näher zu präzisieren, um zu verhindern, dass sich derartige Entscheidungen im Unverbindlichen erschöpften. Dies dürfe aber über die in dem zu vollstreckenden Urteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinausgehen und setze deshalb voraus, dass diese Feststellungen, Überlegungen und Wertungen selbst bereits Grundlage der Erwägungen in jenem Urteil gewesen seien. Da in dem Erkenntnisverfahren, das dem Urteil vom 9. Oktober 2012 vorangegangen sei, keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob die schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung diskutierten Maßnahmen tatsächlich möglich, geeignet und verhältnismäßig seien, müssten sie zunächst Gegenstand eines neuen Erkenntnisverfahrens sein; denn vom Vollstreckungsschuldner dürfe nichts rechtlich Unmögliches verlangt werden.

Aufgrund der Reichweite und Eingriffsintensität gelte das namentlich für eine Sperrung von (Innen-)Stadtbereichen für Kraftfahrzeuge. Erst ein neues Erkenntnisverfahren könne die nötige Plattform für die Prüfung bieten, ob hierfür eine Ermächtigungsgrundlage bestehe und ob das planerische Gestaltungsermessen u. U. auf die Verpflichtung zur Aufnahme dieser Maßnahmen in die weitere Fortschreibung des streitigen Luftreinhalteplans reduziert sei.

Die vom Verwaltungsgericht gesetzte Frist von einem Jahr sei im Übrigen viel zu kurz bemessen. Angesichts der Vielzahl der einzuschaltenden öffentlichen Stellen und der Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung benötige eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans einen Zeitraum, der deutlich über einem Jahr liege. Zu bedenken sei auch, dass das Gutachten, dessen Einholung die sechste Fortschreibung als Maßnahme M 1 enthalte, um die Jahresmitte 2017 und damit fast gleichzeitig mit dem Ablauf der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist vorzulegen sei. Erst wenn dieses Gutachten vorliege, werde zu prüfen und zu entscheiden sein, welche der dort genannten Vorschläge realisiert werden könnten; im Anschluss daran sei die Überarbeitung des Luftreinhalteplans zu erstellen.

Die Maßnahmen auf lokaler Ebene zur Reduktion der Immissionen seien im Übrigen beinahe erschöpft. Nur eine drastische Reduzierung der Fahrzeugmenge und/oder eine Verbesserung des Emissionsverhaltens von Kraftfahrzeugen (insbesondere solcher mit Dieselantrieb) könnten eine deutliche Verbesserung der Situation bewirken. Solche Maßnahmen seien nach derzeitiger Rechtslage indes unverhältnismäßig. Eine wesentliche Verbesserung der NO2-Belastungssituation durch die Umstellung der Fahrzeugflotte auf die Euro-6- bzw. die Euro-VI-Norm sei erst deutlich nach dem Ende des laufenden Jahrzehnts anzunehmen, da die vorhandene Fahrzeugflotte auf Jahre hinaus das Emissionspotenzial bestimmen werde.

5. Der Kläger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Urteil vom 9. Oktober 2012 sei deshalb vollstreckungsfähig, weil die dem Beklagten darin auferlegte Verpflichtung, einen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid geeigneten Luftreinhalteplan aufzustellen, in den Entscheidungsgründen dahingehend konkretisiert werde, dass „einschneidendere“ Maßnahmen als die in der vierten Fortschreibung enthaltenen geboten seien; zu ihnen gehöre insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) ausgeführt, dass dem Verwaltungsgericht die Option („machen kann“) zustehe, hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen verbindliche Vorgaben zu machen; diese seien alsdann auch im Vollstreckungsverfahren zu beachten. Das bedeute indes nicht, dass das Tatsachengericht alle in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen im Urteil erwähnen müsse; dies verbiete sich sowohl aus Gründen der Gewaltenteilung als auch mit Blickrichtung auf die Komplexität der Luftreinhalteplanung.

Bereits die Tatsache, dass die Umweltzone in München immer noch so groß sei wie im Jahr 2012, erhelle, dass der Beklagte die ihm durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt habe. Darüber hinaus gebe es nicht einmal ein Konzept dafür, welche Maßnahmen zu ergreifen seien, damit die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden könnten. Dass zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils auch (ggf. zeitlich, örtlich und sachlich begrenzte) Verkehrsbeschränkungen zählten, sei allen Beteiligten bewusst, jedoch weigere man sich beharrlich, die entsprechenden Konsequenzen insbesondere für den Verkehr mit Dieselfahrzeugen zu ziehen.

Für eine Beschränkung des Diesel-Kraftfahrzeugverkehrs bedürfe es keiner Novellierung der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (35. BImSchV). Denn jedenfalls hinsichtlich der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Einzelstraßen im Stadtgebiet der Beigeladenen könne ein solches Verkehrsverbot durch das Zeichen 251 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung, dem ein Zusatzzeichen „Gilt für Diesel“ bzw. „Alle außer Diesel frei“ o. ä. beizufügen sei, ausgesprochen werden. Härtefällen könne mit einer Allgemeinverfügung begegnet werden. Als Alternative zur Verlautbarung eines Durchfahrtsverbots für Dieselfahrzeuge komme eine Beschilderung in Betracht, wie sie im Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 11. März 2016 als rechtlich zulässig bezeichnet worden sei. Die Pflicht, derartige Maßnahmen zu ergreifen, sei die rechtlich zwingende Konsequenz daraus, dass auf Bundesebene von der Schaffung der „Blauen Plakette“ abgesehen worden sei. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte keine auf deren Einführung abzielende Initiative im Bundesrat ergriffen habe.

Der Hinweis der Beigeladenen darauf, dass sich das zu vollstreckende Urteil nicht dazu äußere, unter welchen Voraussetzungen sie ihr Einvernehmen zu straßenverkehrsbehördlichen Maßnahmen des Beklagten zu erteilen habe, sei unbehelflich, da es bereits an der Bereitschaft des Beklagten fehle, straßenbehördliche Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen und um das Einvernehmen der Beigeladenen hierzu zu ersuchen. Das Einvernehmen dürfe im Übrigen nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen verweigert werden; andernfalls sei es nach den zu § 36 Abs. 1 BauGB entwickelten Grundsätzen zu ersetzen.

6. Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an. Sie verweist auf ihre Ausführungen in dem Berufungszulassungsverfahren 22 ZB 16.1475, das ebenfalls die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Luftreinhalteplans für München zum Gegenstand hat. Ergänzend hierzu macht sie geltend, die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 richte sich nicht nach § 172 VwGO, sondern nach § 894 Satz 1 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Mangels einer Tenorierung, angesichts derer die Fiktion des § 894 Satz 1 ZPO eintreten könne, sei jene Entscheidung nicht vollstreckungsfähig. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 172 VwGO habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen abgelehnt.

Unabhängig hiervon sei es nicht Aufgabe des Vollstreckungsverfahrens, unterlassene konkrete Maßnahmen anzuführen, deren Benennung das Urteil vom 9. Oktober 2012 gescheut habe.

Der Beklagte könne deshalb nicht säumig sein, weil er ohne das nach § 47 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 BImSchG erforderliche Einvernehmen der Beigeladenen und ohne Erstreckung der Rechtskraft des Urteils vom 9. Oktober 2012 auf sie keine Maßnahmen der Luftreinhalteplanung treffen könne. Rechtskraftwirkung entfalte ein Verbescheidungsurteil nämlich dann nicht, wenn es zu einer Rechtsvoraussetzung keine verbindlichen Ausführungen enthalte. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Beigeladene ihr Einvernehmen zu Luftreinhaltemaßnahmen des Beklagten erteilen müsse, verhalte sich das zu vollstreckende Urteil indes nicht.

Eine grundlose Säumnis des Beklagten sei ferner zum einen deshalb zu verneinen, weil seit dem Erlass des zu vollstreckenden Urteils zwei Fortschreibungen des Luftreinhalteplans in Kraft getreten seien. Zum anderen sei eine Erweiterung der Umweltzone - die einzige vom Verwaltungsgericht konkret angesprochene Maßnahme - angesichts der bisher nicht eingeführten „Blauen Plakette“ rechtlich unmöglich.

7. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Januar 2017 legte auch der Kläger gegen den Beschluss vom 21. Juni 2016 Beschwerde ein. Dieses Rechtsmittel nahm er in der am 16. Februar 2017 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durchgeführten mündlichen Verhandlung zurück.

8. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift, wegen des Vorbringens der Beteiligten und des Verfahrensgangs im Übrigen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

II.

Das Verfahren über die Beschwerde des Klägers war nach der Rücknahme dieses Rechtsmittels entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die zulässige Beschwerde des Beklagten ist nur teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht ging zu Unrecht davon aus, dem Beklagten dürfe ein Zwangsgeld für den Fall angedroht werden, dass er die gesamte ihm im Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegte Verpflichtung nicht binnen Jahresfrist erfüllen sollte. Von ihm können in Vollzug jener Gerichtsentscheidung gegenwärtig nur Handlungen verlangt werden, die der Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung dieses Plans dienen (vgl. die Nummern 1 bis 3 der neu gefassten Nummer I des Tenors des angefochtenen Beschlusses). Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, die darüber hinausgehenden, aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 resultierenden Pflichten des Beklagten seien derzeit im Vollstreckungswege durchsetzbar, war der Beschluss vom 21. Juni 2016 deshalb unter gleichzeitiger diesbezüglicher Ablehnung des Vollstreckungsantrags des Klägers abzuändern. Andererseits musste die Beschwerde zurückgewiesen werden, soweit sie darauf abzielte, die erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes zur Gänze abzuwenden, da das Urteil vom 9. Oktober 2012 dem Grunde nach vollstreckbar ist und der Beklagte die ihm darin auferlegte Verpflichtung insoweit, als das von ihm gegenwärtig verlangt werden kann, nicht in dem gebotenen Umfang erfüllt hat.

1. Rechtsgrundlage für die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012

Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO.

Dies entspricht nicht nur der - soweit ersichtlich - übereinstimmenden Auffassung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die sich bisher mit der Vollstreckung von gleich oder ähnlich tenorierten, die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechenden Urteilen zu befassen hatten (VG Stuttgart, B.v. 14.8.2009 - 13 K 511/09 - juris Rn. 32; VG Wiesbaden, B.v. 11.1.2016 - 4 N 1727/15.WI - juris Rn. 28; VG Hamburg, B.v. 18.7.2016 - 9 V 1062/16 - juris Rn. 5; VG Sigmaringen, B.v. 24.11.2016 - 1 K 5134/15 - BA S. 11 f.; im Ergebnis ebenso, ohne die Frage überhaupt zu problematisieren, HessVGH, B.v. 11.5.2016 - 9 E 448/16 - juris Rn. 17 f., 25 f., 29 und 35; B.v. 11.5.2016 - 9 E 450/16 - juris Rn. 17, 25 f., 29 und 34); ein Rückgriff auf die - allerdings nur entsprechend anwendbare – Vorschrift des § 172 VwGO ist auch von der Sache her geboten. Denn zu vollstrecken ist vorliegend eine gerichtliche Entscheidung, die die öffentliche Gewalt lediglich dazu verurteilt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, die jedoch keinen kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt festsetzt, bis zu dem der geschuldete Erfolg herbeigeführt sein muss, und die darüber hinaus die Wahl der einzusetzenden Mittel vollständig dem - freilich stets pflichtgemäß auszuübenden - Ermessen der zuständigen Behörde überlässt. In solchen Fällen kann es in deutlich höherem Maß als in anderen Vollstreckungsverfahren ungewiss sein, ob die öffentliche Verwaltung der ihr gerichtlich auferlegten Verpflichtung vollständig nachgekommen ist. Das gilt namentlich dann, wenn sie seit dem Erlass der zu vollstreckenden Entscheidung gewisse Handlungen vorgenommen (hier: den verfahrensgegenständlichen Luftreinhalteplan tatsächlich fortgeschrieben) hat, jedoch Streit darüber besteht, ob diese Maßnahmen ausreichen (die Behörde m.a.W. den „Erfüllungseinwand“ erhebt), oder sie behauptet, weitergehende Schritte könnten von ihr deshalb nicht verlangt werden, weil das zur Verfügung stehende Handlungsinstrumentarium ausgeschöpft sei (vgl. zur grundsätzlichen Beachtlichkeit sowohl des Erfüllungseinwands als auch der Behauptung, die Vornahme der im zu vollstreckenden Titel rechtskräftig auferlegten Handlung sei dem Schuldner unmöglich, im Vollstreckungsverfahren sowie zur fehlenden Beschränkung des Vollstreckungsschuldners auf die Geltendmachung dieses Einwands im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO: Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 23 m.w.N.; Gruber in MK zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 888 Rn. 13 m.w.N.). In derartigen Konstellationen kann das Vollstreckungsverfahren einen Grad an Komplexität aufweisen, der sich signifikant von jenen Fallgestaltungen unterscheidet, in denen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, die Vollstreckung von nicht dem Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO unterfallenden Leistungsurteilen bestimme sich nach den §§ 887 f. ZPO (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 14.1.1999 - 8 C 98.2131 - juris Rn. 2, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Beseitigung eines straßenrechtlichen Überbaus; B.v. 2.4.2001 - 8 C 01.587 - VGH n.F. 54, 74/75, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Beseitigung der Überteerung eines Grundstücks; B.v. 7.3.2002 - 4 C 02.188 - BayVBl 2003, 375, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Lieferung von den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechendem Wasser; B.v. 9.3.2009 - 7 C 08.3151 - juris Rn. 17 f., betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Änderung eines Schulzeugnisses; B.v. 6.4.2009 - 7 C 09.763 - juris Rn. 13, betreffend die Vollstreckung der Verpflichtung zur Zulassung als Mieter von Hochschulräumen). Es erscheint deshalb angemessen, für die Klärung der Stichhaltigkeit des „Erfüllungs-“ bzw. des „Unmöglichkeitseinwands“ in Fällen der hier inmitten stehenden Art ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung zu stellen, das dem Vollstreckungsschuldner dann, wenn sich ein Einwand der vorbezeichneten Art als (teilweise) nicht zutreffend erweist, Gelegenheit belässt, den ihm durch die zu vollstreckende Entscheidung auferlegten Pflichten innerhalb der gemäß § 172 Satz 1 VwGO zu setzenden Frist nachzukommen, ohne dass es bereits in diesem Stadium (was letztlich zu Lasten der Allgemeinheit ginge) zu einer Zwangsgeldfestsetzung kommt. Eine solche Folge aber wäre dann unabweisbar, würde sich die Vollstreckung eines Gerichtsurteils, das zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichtet, gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO von vornherein nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung bestimmen; denn die alsdann anzuwendende Vorschrift des § 888 ZPO schließt in ihrem Absatz 2 die Androhung eines Zwangsmittels ausdrücklich aus. Die Absicht des Gesetzgebers, die öffentliche Gewalt vor der „scharfen“ zivilprozessualen Vollstreckung zu verschonen - hierin muss das tragende Motiv für die Schaffung des § 172 VwGO gesehen werden (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2011, § 172 Rn. 11) -, gebietet deshalb die vorrangige Heranziehung von § 172 VwGO gerade in Fällen der inmitten stehenden Art.

Trotz der teilweisen Ablehnung des Vollstreckungsantrags durch das Beschwerdegericht kann der Kläger aus diesem Grund auch nicht mit dem im ersten Rechtszug gestellten, auf die sofortige Festsetzung eines Zwangsgelds abzielenden Hilfsantrag durchdringen.

Unzutreffend ist die Auffassung der Beigeladenen, die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 bestimme sich nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 894 ZPO. Dahinstehen kann, ob ein Luftreinhalteplan überhaupt als eine Willenserklärung (bzw. - mit Blickrichtung auf die darin erwähnten Maßnahmen - als ein Bündel von Willenserklärungen) angesehen werden kann. Einem Rückgriff auf die Vorschrift des § 894 ZPO steht jedenfalls entgegen, dass das zu vollstreckende Urteil die in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München aufzunehmenden Handlungen nicht derart detailgenau umschrieben hat, dass davon ausgegangen werden könnte, mit dem Eintritt der Rechtskraft einer solchen Entscheidung stehe der neue Inhalt des Plans bereits in einer Weise fest, die geeignet wäre, die sich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebende Vollzugspflicht auszulösen. Hieran ändert der Umstand nichts, dass das Ermessen des Beklagten, wie er dem Urteil vom 9. Oktober 2012 gerecht wird, dahingehend eingeschränkt ist, dass er nach Ausräumung der derzeit noch bestehenden straßenverkehrsrechtlichen Ungewissheiten nicht mehr rechtsfehlerfrei davon absehen kann, in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (nachfolgend „Dieselfahrzeuge“ genannt) einzuarbeiten. Denn selbst insoweit bedarf es noch vom Beklagten vorzunehmender Feststellungen darüber, hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) derartige Verkehrsverbote ohne Verstoß gegen anderweitige Vorgaben der Rechtsordnung angeordnet werden können, in welchem sachlichen und zeitlichen Umfang dies zu geschehen hat, und welche Ausnahmen von einem solchen Verkehrsverbot zugelassen werden müssen.

Bei alledem verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit von Verfassungs wegen gehalten sind, „die Vollstreckungsvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung so auszulegen und anzuwenden, dass ein wirkungsvoller Schutz der Rechte des Einzelnen auch gegenüber der Verwaltung gewährleistet ist“ (BVerfG, B.v. 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - DVBl 1999, 1646). § 172 VwGO steht daher dem Einsatz anderer nach § 167 VwGO in Verbindung mit der Zivilprozessordnung möglicher Zwangsmittel nicht entgegen (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O. S. 1646). Ist etwa aufgrund vorangegangener Erfahrungen, aufgrund eindeutiger Bekundungen oder aufgrund mehrfacher erfolgloser Zwangsgeldandrohungen klar erkennbar, dass die Behörde unter dem Druck des Zwangsgeldes nicht einlenkt, gebietet es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, von der nach § 167 VwGO möglichen „entsprechenden“ Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O. S. 1646). Die Durchführung des nach § 172 Satz 1 VwGO einer Zwangsgeldfestsetzung obligatorisch vorgeschalteten Androhungsverfahrens steht deshalb der gebotenen effektiven Durchsetzung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen auch gegenüber der öffentlichen Hand nicht entgegen.

2. Vollstreckbarkeit des Urteils vom 9. Oktober 2012

Dieses Urteil statuiert eine Verpflichtung des Beklagten, deren Inhalt und Umfang sich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs, in Ansehung dessen dieses Ziel zu verwirklichen ist, sowie hinsichtlich eines einzelnen zu diesem Zweck zu ergreifenden Mittels - nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München - im Weg der Auslegung eindeutig bestimmen lässt; es ist deshalb vollstreckbar.

2.1 Räumliche Reichweite der im Urteil vom 9. Oktober 2012 auferlegten Verpflichtung

Eindeutig ist der dem Beklagten in diesem Urteil erteilte Rechtsbefehl zunächst hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs. Die Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für München so zu ändern, dass die im Tenor des zu vollstreckenden Urteils genannten drei Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden, beschränkt sich nicht auf den näheren Umgriff derjenigen beiden öffentlichen Verkehrsflächen in München, an denen sich die Messstationen befinden, die auch in jüngerer Zeit noch Grenzwertüberschreitungen registriert haben (d.h. auf den Stachus sowie einen bestimmten Abschnitt der Landshuter Allee). Desgleichen ist diesem Urteil eine Begrenzung seines Regelungsgehalts auf das innerhalb des Mittleren Rings liegende Stadtgebiet der Beigeladenen (d.h. die bereits vorhandene Umweltzone) fremd. Nach dem eindeutigen, keiner relativierenden Auslegung zugänglichen Wortlaut der Nummer I des Tenors des zu vollstreckenden Urteils umfasst die auferlegte Verpflichtung vielmehr das gesamte „Stadtgebiet von München“.

2.2 Sachliche Reichweite der zu vollstreckenden Verpflichtung

Eindeutig ist ferner die sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebende Verpflichtung des Beklagten, die bisherige Überschreitung der im Tenor dieser Entscheidung genau bezeichneten Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (Partikel PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) abzustellen.

Spürbar eingeschränkt wird die Weite dieser Verpflichtung durch den Umstand, dass das Urteil nicht die „sofortige“, sondern nur die „schnellstmögliche“ Einhaltung dieser Grenzwerte verlangt. Es bringt damit zum Ausdruck, dass der Beklagte nur die Aufnahme solcher Maßnahmen in den Luftreinhalteplan schuldet, zu deren Durchführung die nach den einschlägigen Bestimmungen hierfür zuständigen Träger öffentlicher Gewalt (vgl. § 40 Abs. 1 und § 47 Abs. 6 BImSchG) tatsächlich und rechtlich in der Lage sind. Eine weitere Eingrenzung ergibt sich aus dem ebenfalls in die Nummer I des Urteilstenors ausdrücklich aufgenommenen Kriterium der „Erforderlichkeit“ der jeweiligen Maßnahme. „Erforderlich“ sind nach allgemeinem verwaltungsrechtlichem Sprachgebrauch nur solche Handlungen der öffentlichen Gewalt, bei denen sich die Relation zwischen ihrer Eignung, das zu verwirklichende Ziel zu erreichen, und den damit für die Allgemeinheit oder für Einzelne einhergehenden Belastungen vorteilhafter als bei zur Verfügung stehenden Alternativmaßnahmen darstellt. Der Gesichtspunkt der „Erforderlichkeit“ einer Maßnahme umschreibt damit einen Teilaspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dessen Beachtung der öffentlichen Verwaltung bei der Auswahl der in einen Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen und ihrer näheren Ausgestaltung durch § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG überdies ausdrücklich aufgegeben wird.

Für die Vollstreckung des Urteils vom 9. Oktober 2012 ergeben sich hieraus bedeutsame Konsequenzen. Behauptet der Vollstreckungsschuldner, er habe mit den seit dem Erlass des zu vollstreckenden Urteils ergriffenen Maßnahmen das ihm (derzeit) zur Verfügung stehende Instrumentarium ausgeschöpft, während der Vollstreckungsgläubiger - wie vorliegend - eine Vielzahl weiterer Handlungsoptionen aufführt, die ohne rechtfertigenden Grund nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen worden seien, so besteht die Gefahr, dass das Vollstreckungsverfahren unter Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits mit Sachfragen überfrachtet wird (so zu Recht BVerwG, U.v. 5.9.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 54). Denn die Beantwortung der Frage, ob dieses Vorbringen des Vollstreckungsgläubigers zutrifft, setzt nicht nur die Prüfung voraus, ob die von ihm benannten Maßnahmen zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind; wegen der sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebenden Verpflichtung der zuständigen Behörden, die in einen Luftreinhalteplan aufgenommenen Aussagen umzusetzen (vgl. dazu z.B. Fisahn in Kotulla, BImSchG, Stand November 2004, § 40 Rn. 18; Scheidler in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1 Teil II, § 40 BImSchG Rn. 27; Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand September 2010, § 47 BImSchG Rn. 29 f.; Jarass BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 40 Rn. 11 und § 47 Rn. 52 - 55), müssen sowohl die materielle Rechtmäßigkeit der jeweils in Streit stehenden Maßnahme als auch ihre Vollzugsfähigkeit zumindest in allen wesentlichen Punkten bereits vor ihrer Einstellung in den Plan geklärt sein. Bejaht oder verneint das Gericht in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO die Existenz eines weiteren, vom Vollstreckungsschuldner bisher nicht berücksichtigten Instruments zur Luftreinhaltung (mit der daraus resultierenden Pflicht zur Aufnahme dieses Instruments in einen Plan nach § 47 Abs. 1 BImSchG), so übernimmt es die Verantwortung nicht nur für die materielle Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme einschließlich ihrer Verhältnismäßigkeit, sondern auch für ihre rechtliche und tatsächliche Vollziehbarkeit.

Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeit ist es zu verstehen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) angemerkt hat, der Vollstreckungsfähigkeit einer gerichtlichen Entscheidung der vorliegenden Art werde dadurch Rechnung getragen, dass die Entscheidung hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben machen könne, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten seien. Dieser Aussage kommt Beachtlichkeit auch im vorliegenden Zusammenhang zu, da die Tenorierung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 (4 K 165/12.WI - juris), das der Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) zugrunde lag, mit der Entscheidungsformel des vorliegend verfahrensgegenständlichen Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 im Wesentlichen übereinstimmt. Den vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Weg, verbindliche Vorgaben hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen bereits in die das Erkenntnisverfahren abschließende Entscheidung aufzunehmen, hat das zu vollstreckende Urteil allerdings nicht beschritten. Insbesondere kann der in Abschnitt 2.5 der Entscheidungsgründe dieses Urteils enthaltene Hinweis auf die aus der Sicht des Verwaltungsgerichts bestehende Option einer Ausdehnung der Umweltzone nicht als eine solche Vorgabe verstanden werden; die dortigen Darlegungen dienen vielmehr lediglich dazu, beispielhaft aufzuzeigen, dass dem Beklagten weitere, bisher nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Aus den knappen Ausführungen in der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) kann entgegen der Auffassung, die in den Beschlüssen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Mai 2016 (9 E 448/16 - juris; 9 E 450/16 - juris) zum Ausdruck gelangt, indes nicht hergeleitet werden, gerichtliche Entscheidungen, die die öffentliche Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichten, seien nur dann - und auch das nur insoweit - vollstreckbar, als sie zumindest in den Entscheidungsgründen eine oder mehrere Maßnahme(n) benennen, die dieser Plan zwingend zu enthalten hat.

Einer solchen Annahme steht zunächst entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Randnummer 56 des Urteils vom 5. September 2013 (a.a.O.) davon spricht, dass eine solche Entscheidung verbindliche Vorgaben der dort näher bezeichneten Art machen „kann“. Mehr noch fällt ins Gewicht, dass das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar zuvor - nämlich in den Randnummern 54 f. der Entscheidungsgründe des gleichen Urteils - die Ordnungsgemäßheit des Klageantrags, der dem in jenem Revisionsverfahren zu überprüfenden Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 (4 K 165/12.WI - juris Rn. 15) zugrunde lag (er stimmt mit dem in der Streitsache M 1 K 12.1046 gestellten Klageantrag - abgesehen von der hier vorgenommenen zusätzlichen Einbeziehung der Immissionsgrenzwerte nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV - praktisch wortgleich überein), als dem Bestimmtheitserfordernis genügend bezeichnet hat. Diese Einstufung erfolgte ausdrücklich auch mit Blickrichtung auf das Postulat der Vollstreckbarkeit der auf einen solchen Antrag hin ergehenden gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 5.9.2013 a.a.O. Rn. 54 a.E.). Da gerade bei Leistungsklagen - eine solche lag sowohl dem vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden anhängig gemachten Verfahren 4 K 165/12.WI als auch dem hier zu vollstreckenden Urteil des Verwaltungsgerichts München zugrunde - ein Klageantrag nur zulässig ist, wenn er zu einer vollstreckungsfähigen Entscheidung führen kann (Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2006, § 82 Rn. 7), darf nicht davon ausgegangen werden, ein Urteil, das einen vom Bundesverwaltungsgericht als hinreichend bestimmt bezeichneten Klageantrag unverändert übernimmt, sei unvollstreckbar. Die Bedeutung des Hinweises in der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (a.a.O.) kann deshalb nur darin gesehen werden, dass die - fakultative - Benennung von Maßnahmen, die der verurteilte Träger öffentlicher Gewalt beim Erlass oder bei der Fortschreibung eines Luftreinhalteplans in Betracht zu ziehen hat, in den Entscheidungsgründen eines diesbezüglichen Urteils dessen Vollstreckung erleichtert, weil das Vollstreckungsverfahren hierdurch von materiellrechtlichen Fragen entlastet wird, ohne dass die Vollstreckbarkeit derartiger Erkenntnisse unabdingbar von der Aufnahme einschlägiger Aussagen in die Gründe der Entscheidung abhängt.

Damit in Einklang steht, dass auch die Zivilgerichte es als für die Vollstreckung eines Urteils ausreichend ansehen, wenn darin die geschuldete Handlung lediglich in Gestalt des zu erzielenden, bestimmt bezeichneten Erfolgs umschrieben wird (Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 5 mit umfangreichen Nachweisen in der Fn. 12).

Bestätigt wird das vorstehend dargestellte Ergebnis ferner durch den Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 56) davon spricht, die Gerichte könnten den für die Erstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden verbindliche Vorgaben „im Sinne eines Bescheidungsurteils“ hinsichtlich der „in Betracht zu ziehenden“ Maßnahmen erteilen. Dem Bundesverwaltungsgericht steht insoweit mithin nicht die Fallgestaltung vor Augen, dass ein Träger öffentlicher Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verurteilt wurde, der nach den Vorgaben des erkennenden Gerichts (mögen sie sich im Tenor oder in den Gründen der Entscheidung finden) konkrete, bereits vom Gericht verbindlich vorgegebene Maßnahmen auf jeden Fall zu enthalten hat; denn in dieser Konstellation liegt gerade kein Bescheidungs-, sondern ein „klassisches“ Leistungsurteil vor. Für Bescheidungsaussprüche ist demgegenüber kennzeichnend, dass sie die öffentliche Verwaltung dazu verpflichten, bestimmte Prüfungen oder Erwägungen vorzunehmen. Betreibt der obsiegende Rechtsschutzsuchende die Vollstreckung aus einem Urteil der letztgenannten Art mit der Begründung, die zuständige Behörde habe die geschuldete Prüfung bzw. die vorzunehmenden Erwägungen nicht in einer den Vorgaben des Gerichts entsprechenden Weise durchgeführt bzw. sei hierbei zu nicht rechtskonformen Ergebnissen gelangt, so können sich in einem solchen Vollstreckungsverfahren Sach- und Rechtsfragen stellen, die sich u. U. nur graduell von denen unterscheiden, die dann aufgeworfen sind, wenn das erkennende Gericht - wie im Urteil vom 9. Oktober 2012 geschehen - von „Vorgaben im Sinne eines Bescheidungsurteils“ gänzlich abgesehen hat.

Begrenzt ist der Nutzen von „Prüfaufträgen“, „Erwägungsgeboten“ oder ähnlichen Vorgaben im Sinn der Randnummer 56 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312), die der öffentlichen Verwaltung nur eine verfahrensrechtliche Verpflichtung sowie eine Begründungslast auferlegen, ohne das Ergebnis der geschuldeten Vergewisserung vorwegzunehmen, schließlich in all den Fällen, in denen das zu vollstreckende Urteil den zuständigen Träger öffentlicher Gewalt - wie vorliegend der Fall - dazu verpflichtet, aus der Gesamtheit des tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums eine nicht näher beschriebene Auswahl zu treffen, um der Nichteinhaltung verbindlicher Immissionsgrenzwerte ein Ende zu setzen. Etwaige gerichtliche Hinweise über in diesem Zusammenhang in Betracht kommende Handlungsoptionen würden in derartigen Konstellationen stets nur beispielhaften Charakter tragen und andere zielführende Maßnahmen nicht ausschließen. Rügt der Vollstreckungsgläubiger, der Vollstreckungsschuldner habe ein Urteil der vorbezeichneten Art deshalb nicht vollständig erfüllt, weil er Instrumente nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen habe, die rechtlich zulässig und tatsächlich realisierbar seien, ohne dass das erkennende Gericht sie in den Gründen der rechtskräftig gewordenen Entscheidung als „in Betracht zu ziehende Maßnahmen“ erwähnt hat, so stellt sich im Vollstreckungsverfahren ebenfalls die Notwendigkeit, einem derartigen - entscheidungserheblichen - Vorbringen nachzugehen. Auch dieser Umstand erhellt, dass die Vollstreckungsfähigkeit eines Urteils, das die öffentliche Gewalt zur schnellstmöglichen Einhaltung von genau bezeichneten Immissionsgrenzwerten im Weg der Luftreinhalteplanung verpflichtet, nicht damit „stehen oder fallen“ kann, ob die Entscheidungsgründe eines solchen Erkenntnisses verbindliche Vorgaben „über in Betracht zu ziehende“ Maßnahmen enthalten.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das in § 172 VwGO erwähnte „Gericht des ersten Rechtszuges“ in nach dieser Vorschrift durchzuführenden Verfahren - ebenso wie das gemäß § 887 Abs. 1, § 888 Abs. 1 Satz 1 und § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Fall ist - zutreffender Auffassung zufolge als Prozess-, nicht aber als Vollstreckungsgericht tätig wird (Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 167 Rn. 94; Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2011, § 172 Rn. 7). Die Befugnisse des im Vollstreckungsverfahren tätigen Prozessgerichts - z.B. zur Auslegung des zu vollstreckenden Titels - aber reichen weiter als diejenigen anderer Vollstreckungsorgane (Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 887 Rn. 5; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, vor § 704 Fn. 127). Insbesondere kann es dann, wenn Inhalt und Grenzen des im Erkenntnisverfahren zugesprochenen Anspruchs im Hinblick auf künftige Entwicklungen noch nicht in vollem Umfang eindeutig bezeichnet werden konnten, die nötige Bestimmung selbst vornehmen, soweit dies aus dem Titel einschließlich der Entscheidungsgründe oder aufgrund allgemein zugänglicher, leicht und sicher feststellbarer anderer Urkunden, auf die der Titel verweist, möglich ist (BGH, B.v. 4.3.1993 - IX ZB 55/92 - BGHZ 122, 16/18). Statthaft - und ggf. auch geboten - sind deshalb im Verfahren nach § 172 VwGO die Konkretisierung eines zu vollstreckenden Urteils, das die Behörde zu bauaufsichtlichen Maßnahmen gegen einen Grundstücksnachbarn des Vollstreckungsgläubigers verpflichtet, dahingehend, dass diesem Gebot nicht bereits durch den Erlass einer bauaufsichtlichen Verfügung, sondern erst durch deren Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs entsprochen wird (OVG NW, B.v. 20.2.1992 - 10 E 1357/91 - NVwZ-RR 1992, 518), ferner die in einem solchen Verfahren getroffene Feststellung, dass die Übertragung eines bestimmten konkret-funktionellen Amtes der rechtskräftig ausgesprochenen Verpflichtung zur Beschäftigung eines Beamten auf einem nach der Besoldungsgruppe A 14 bewerteten Dienstposten nicht genügt (NdsOVG, B.v. 12.9.2006 - 5 OB 194/06 - NVwZ-RR 2007, 139), und die Aussage, dass ein Urteil, das eine Straßenverkehrsbehörde zu einer „spürbaren“ und „effektiven“ Verringerung der von einer Straße ausgehenden Geräusche verpflichtet, so zu verstehen ist, dass eine Lärmreduzierung um mindestens 3 bis 5 dB(A) angestrebt werden muss (BayVGH, B.v. 12.7.2007 - 11 C 06.868 - juris Rn. 28 - 30).

2.3 Unionsrechtliche Determinanten für die gerichtliche Handhabung des Vollstreckungsrechts in Fällen der vorliegenden Art

Eine gerichtliche Entscheidung der hier inmitten stehenden Art jedenfalls dem Grunde nach als vollstreckungsfähig anzusehen, ist auch unter unionsrechtlichem Blickwinkel geboten. Im Urteil vom 19. November 2014 (C-404/13 - NVwZ 2015, 419) hat der Europäische Gerichtshof die Verpflichtung der Gerichte der Mitgliedstaaten betont, dann gegenüber der zuständigen nationalen Behörde „jede erforderliche Maßnahme“ wie z.B. eine Anordnung (im englischen Originaltext: „any necessary measure, such as an order in the appropriate terms“) zu erlassen, damit diese Behörde einen nach der Richtlinie 2008/50/EG erforderlichen Plan gemäß den darin vorgesehenen Bedingungen erstellt, falls dieser Mitgliedstaat die sich aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der genannten Richtlinie ergebenden Anforderungen (zu ihnen gehört u. a. die Pflicht zur Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im Jahresmittel ab dem 1.1.2010) verfehlt und er um keine Fristverlängerung gemäß Art. 22 der Richtlinie 2008/50/EG nachgesucht hat.

Liegt - wie hier - bereits ein rechtskräftiges Urteil vor, das die zuständige Behörde zum Erlass eines richtlinienkonformen Luftreinhalteplans verpflichtet, so kann die nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. November 2014 (a.a.O.) gebotene gerichtliche „order in the appropriate terms“ nur darin bestehen, für eine effektive Durchsetzung dieses Urteils im Vollstreckungswege Sorge zu tragen. Die Verweisung des obsiegenden Rechtsschutzsuchenden auf die Möglichkeit einer erneuten Klage wäre mit den in dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs statuierten Pflichten der Gerichte des betroffenen Mitgliedstaats zum einen wegen des damit verbundenen weiteren Zeitverlusts, zum anderen - und vor allem - deswegen nicht vereinbar, weil die Befolgung eines solches Urteils zunächst wiederum von der diesbezüglichen Bereitschaft des Beklagten und der Beigeladenen abhinge; sollte sie weiterhin nicht (in genügendem Maß) bestehen, würde sich die Problematik der Durchsetzung derartiger Entscheidungen erneut stellen.

2.4 Anforderungen an die Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens bei der Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung der inmitten stehenden Art

Notwendiges Korrelat der Erfordernisse, die sich aus dem Postulat der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts sowie dem Gebot der Wirksamkeit der Vollstreckung von gegen die öffentliche Verwaltung ergangenen Gerichtsentscheidungen (BVerfG, B.v. 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - DVBl 1999, 1646) für den Umfang der vorliegend veranlassten Sach- und Rechtsprüfung ergeben, ist eine Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens, die die Rechte der Beteiligten - insbesondere den Anspruch des Vollstreckungsschuldners und anderer durch Vollstreckungsmaßnahmen nachteilig Betroffener auf rechtliches Gehör - in besonders sorgfältiger Weise wahrt. Die eingehende schriftsätzliche Aufbereitung des Streitstoffs im ersten Rechtszug und im Beschwerdeverfahren, vor allem aber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in beiden Instanzen dienen diesem Zweck.

2.5 Grenzen der gerichtlichen Befugnisse in derartigen Vollstreckungsverfahren

Bei alledem darf nicht verkannt werden, dass das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen kann. Das folgt nicht zuletzt daraus, dass in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts besteht. Dies schließt es vor allem aus, im Vollstreckungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Vollstreckungsschuldner bisher noch ungenutzte Möglichkeiten zur Erfüllung der ihm rechtskräftig auferlegten Verpflichtung zur Verfügung stehen, rechtliche Fragen zu beantworten, die gemäß § 137 Abs. 1 VwGO letztinstanzlich der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen, sofern sie höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt wurden und sich das zutreffende Normverständnis nicht unmittelbar und zweifelsfrei aus dem geschriebenen Recht ergibt; durch eine gegenläufige Vorgehensweise würde den unterliegenden Beteiligten eine von Gesetzes wegen grundsätzlich eröffnete Rechtsmittelmöglichkeit abgeschnitten.

3. Keine gesonderte Zwangsgeldandrohung hinsichtlich des Stundenmittelwerts für Stickstoffdioxid und des Tagesmittelwerts für Partikel PM10

Die Beschwerde des Beklagten hat zunächst insoweit Erfolg, als sich die Androhung eines Zwangsgelds vorliegend auf den Teil des Urteils vom 9. Oktober 2012 zu beschränken hat, durch den dem Beklagten die Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bezeichneten Immissionsgrenzwerts im Stadtgebiet von München aufgegeben wurde.

Nach den glaubhaften Angaben, die sich u. a. in der Tabelle 2/7 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München (Seite 16) finden und deren Richtigkeit der Kläger nicht in Abrede gestellt hat, wurde der in § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV für Partikel PM10 festgesetzte Grenzwert von 50 µg/m³ am Stachus letztmals im Jahr 2010 und an der Landshuter Allee zuletzt im Jahr 2011 öfter als an 35 Tagen im Jahr nicht eingehalten. Für zutreffend erachtet der Verwaltungsgerichtshof ferner die Angabe des Beklagten, dass die im Jahr 2013 an der Landshuter Allee registrierten 39 Überschreitungstage gemäß § 25 der 39. BImSchV deshalb auf 30 zu reduzieren sind, weil die im Lauf jenes Jahres zu verzeichnende Nichteinhaltung des 50-µg/m³-Kriteriums an neun Tagen auf der Ausbringung von Streusalz beruhte. Dass die Grenzwerte für Partikel PM10 im Gebiet der Beigeladenen mittlerweile eingehalten werden, hat der Kläger eingangs des Abschnitts I des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 27. April 2016 im Übrigen ausdrücklich eingeräumt.

Allerdings geht der Beklagte selbst davon aus, ungeachtet dieser positiven Entwicklung könnten in den nächsten Jahren bei ungünstigen meteorologischen Bedingungen einzelne Überschreitungen des in § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV festgesetzten Grenzwerts nicht ganz ausgeschlossen werden (vgl. z.B. Seite 13 f., Seite 17 und Seite 76 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München). Abhängig vom weiteren Verlauf der Witterung kann eine solche Gegebenheit bereits im Jahr 2017 eintreten. Ob es hierzu kommt, muss freilich - wie die mündliche Verhandlung ergeben hat - als in jeder Hinsicht offen gelten.

Der Beklagte hat ferner glaubhaft darauf hingewiesen, dass an der Landshuter Allee im Jahr 2016 erstmals auch der Stundenmittelwert für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 1 der 39. BImSchV) nur noch weniger häufig überschritten wurde, als das von Rechts wegen zulässig ist. Insoweit ist derzeit freilich ebenfalls ungesichert, ob es sich hierbei um einen einmaligen Befund oder um eine dauerhafte Entwicklung handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es dahinstehen, wie es sich auf den Fortbestand der Pflicht des Beklagten zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München mit dem Ziel der Einhaltung der in § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV festgesetzten Immissionsgrenzwerte auswirkt, dass eine Nichteinhaltung dieser beiden Grenzwerte aktuell nicht mehr mit Sicherheit bejaht werden kann. Denn der Kläger besitzt an der Androhung eines Zwangsgeldes mit dem Ziel der Aufnahme von Maßnahmen in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, die der schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV dienen, derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis. Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge, wie sie der Beklagte in Befolgung des Urteils vom 9. Oktober 2012 nach näherer Maßgabe dieser Beschwerdeentscheidung vorzubereiten und nach Ausräumung der insoweit derzeit bestehenden rechtlichen Unklarheiten in den Luftreinhalteplan aufzunehmen hat, werden nämlich allen erkennbaren Umständen nach bewirken, dass an den hiervon betroffenen Straßen(abschnitten) außer der Stickstoffdioxidkonzentration auch die Belastung mit Partikeln PM10 weiter zurückgehen wird. Dies folgt allein schon aus der Verringerung des Verkehrsaufkommens, das mit einem Ausschluss von Dieselfahrzeugen von der Benutzung bestimmter Strecken einhergeht. Sofern der Beklagte derartige Verkehrsverbote - wie er dies nach dem Urteil vom 9. Oktober 2012 schuldet - so ausgestaltet, dass sie auch während derjenigen Zeitabschnitte im Tagesverlauf gelten, während derer an den insoweit problematischen Straßen(abschnitten) eine besonders hohe Stickstoffdioxidbelastung der Luft zu verzeichnen ist, werden solche Maßnahmen aller Voraussicht nach auch bewirken, dass der Immissionsgrenzwert nach § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV auf Dauer nicht mehr häufiger überschritten werden wird, als dies von Rechts wegen zulässig ist.

4. Nichterfüllung der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtungen hinsichtlich des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV

Jedenfalls hinsichtlich der Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für die Stadt München so zu ändern, dass der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird, ist der Beklagte dem Rechtsbefehl, der sich diesbezüglich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergibt, bisher nicht gerecht geworden.

Dabei ist auch der verfassungsrechtliche Hintergrund zu beachten, von dem dieses Urteil ausgeht: Denn aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) folgt die Pflicht der staatlichen Organe, sich schützend und fördernd vor diese Rechtsgüter zu stellen (BVerfG, U.v. 25.2.1975 - 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 - BVerfGE 39, 1/41; U.v. 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77 - BVerfGE 46, 160/164; B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30/57; B.v. 14.1.1981 - 1 BvR 612/72 - BVerfGE 56, 54/73; U.v. 15.2.2006 - 1 BvR 357/05 - BVerfGE 115, 118/152 sowie jüngst BVerfG, B.v. 26.7.2016 - BvL 8/15 - NJW 2017, 53 Rn. 69). Dass dieses Grundrecht durch die nunmehr bereits seit mehr als sieben Jahre andauernde unzulässig hohe NO2-Belastung zahlreicher Straßen(abschnitte) in gravierender Weise beeinträchtigt wird, hat der Kläger im Vollstreckungsverfahren überzeugend aufgezeigt. Zu verweisen ist insofern namentlich auf die Ausführungen in dem aus dem Jahr 2013 stammenden Bericht der Weltgesundheitsorganisation „Review of evidence on health aspects of air pollution“, auf den die Klagebevollmächtigten auf Seite 29 ihres Schriftsatzes vom 27. April 2016 verwiesen haben. Dieser Ausarbeitung zufolge (vgl. namentlich die Ausführungen auf der dortigen Seite 73) haben viele seit dem Jahr 2004 publizierte Studien Zusammenhänge zwischen kurzzeitigen Schwankungen der NO2-Konzentration und Veränderungen hinsichtlich der Zahl der Todesfälle, der Krankenhausaufnahmen und dem Auftreten von Atemwegssymptomen dokumentiert; weitere nunmehr veröffentlichte Untersuchungen würden Verknüpfungen zwischen der NO2-Langzeitexposition und der Mortalität sowie der Morbidität aufzeigen. Sowohl die Kurzals auch die Langzeitstudien hätten zudem ergeben, dass diese Wirkungen bei Konzentrationen einträten, die im Bereich der gegenwärtig geltenden unionsrechtlichen Grenzwerte oder sogar unter ihnen lägen (vgl. zur Vielzahl der seit 2005 gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die - u. a. in Bezug auf Stickstoffdioxid - Zusammenhänge zwischen nachteiligen gesundheitlichen Folgen und einem Belastungsniveau aufzeigen, das unterhalb der Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation liegt, auf denen die im Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten Grenzwerte beruhen, Seite 182 sowie - speziell in Bezug auf Stickstoffdioxid - Seite 185 des Berichts „Review of evidence on health aspects of air pollution“). Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, die - wie das in Abschnitt 6.4 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts des vom Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros geschehen ist - Maßnahmen in Erwägung ziehen, die dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrag für menschliches Leben und menschliche Gesundheit allenfalls mit Blickrichtung auf einen kleinen Teil der betroffenen Bevölkerung gerecht werden, stellen keine ausreichenden Schritte zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils dar.

Das Verwaltungsgericht hat im Beschluss vom 21. Juni 2016 zutreffend aufgezeigt, dass auch die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht als ausreichende Erfüllung dieses Urteils anerkannt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Verwaltungsgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen in Abschnitt II.3.b der Gründe jener Entscheidung Bezug.

Ausgenommen von dieser Verweisung ist die Kritik, die das Verwaltungsgericht im zweiten bis vierten Satz des letzten Absatzes auf Seite 15 des Beschlussumdrucks an der formalen Ausgestaltung der „funktionalen Leistungsbeschreibung“ geübt hat, die zum Zweck der Umsetzung der Maßnahme M 1 aus der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans erstellt worden sei. Wäre - wie das die sechste Fortschreibung insoweit vorsieht - die Einholung eines Gutachtens, das der „Ermittlung der verkehrlichen Bedingungen und Auswirkungen verkehrssteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Minderung der Verkehrsmenge auf besonders belasteten Abschnitten sowie deren Stickstoffdioxid-Minderungspotentials und sonstiger Auswirkungen auf die Luftqualität“ dient, tatsächlich geboten, um den Luftreinhalteplan für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung insbesondere des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV ändern zu können, so wäre nichts dagegen zu erinnern, dass die Leistungsbeschreibung weder einen Kopf noch ein Datum trägt und sie nicht unterschrieben ist.

Tatsächlich kann jedoch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - die Einholung eines solchen Gutachtens nicht als eine Maßnahme anerkannt werden, die für eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung bisher überschrittener Grenzwerte geeignet und erforderlich ist. Zum Einen hat das diesbezügliche Vorgehen des Beklagten zu vermeidbaren Verzögerungen bei den eigentlich erforderlichen Maßnahmen geführt (4.1). Zudem reichen die bereits jetzt absehbaren Ergebnisse des eingeholten Gutachtens nicht aus, das durch das zu vollstreckende Urteil vorgegebene Ziel zu erreichen (4.2).

4.1 Vermeidbare Zeitverluste auf Grund des gemäß der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München einzuholenden Gutachtens

Die Erstellung einer solchen Ausarbeitung würde nur dann eine der rechtskonformen Umsetzung des Urteils vom 9. Oktober 2012 dienende Handlung darstellen, wenn sie erforderlich wäre, um bei den verantwortlichen Entscheidungsträgern vorhandene Wissensdefizite entweder hinsichtlich der Ursachen der fortdauernden Nichteinhaltung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV bezeichneten Immissionsgrenzwerts oder aber darüber zu beheben, welche Handlungsmöglichkeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen, um diesem rechtswidrigen Zustand so rasch als möglich ein Ende zu setzen. Hiervon kann indes keine Rede sein.

4.1.1 Herausragende Bedeutung des mit Dieselfahrzeugen abgewickelten Straßenverkehrs für die Stickstoffdioxidbelastung der Luft schon umfassend und zweifelsfrei bekannt

Bereits im Schreiben vom 18. Dezember 2014 an die Regierung von Oberbayern hat das Bayerische Landesamt für Umwelt festgehalten, der Maßnahme M 1 in der damals in Aussicht genommenen Fassung des Entwurfs der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht zustimmen zu können, obgleich seinerzeit - anders als im endgültigen Wortlaut dieser Fortschreibung - noch in Aussicht genommen war, außer lediglich verkehrssteuernden Maßnahmen auch Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote zum Gegenstand des Gutachtensauftrags zu machen (vgl. die dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz der Klagebevollmächtigten beigefügte Anlage Ast. 7). Die Entbehrlichkeit dahingehender erneuter Studien hat das Landesamt für Umwelt mit folgenden Worten begründet:

„Gerade für München liegen bereits umfangreiche Untersuchungen vor. Im anliegenden Vortrag von Herrn K* … vom 21.10.2014 zum Erfahrungsaustausch Luftreinhalteplanung bei der Regierung von Oberbayern ist auf Folie 6 übersichtlich dargestellt, wie sich die Immissionsbelastung von Stickstoffdioxid im Hauptstraßennetz von München verteilt. Uns stellt sich die Frage, zu welchen neuen Erkenntnissen eine weitere teure Untersuchung führen soll.“

Dass - und in welch herausragendem Ausmaß - das erforderliche Fachwissen über die Ursachen der verfahrensgegenständlichen Luftverunreinigungen und die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Schritte innerhalb des öffentlichen Dienstes selbst vorhanden ist, bestätigt eindrucksvoll vor allem die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellte, am 25. März 2015 abgeschlossene Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“.

Diese Studie, deren wichtigste Ergebnisse Eingang in Abschnitt 2.5 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München gefunden haben, zeigt detailgenau auf, in welchem Umfang Dieselfahrzeuge (verschiedener Kategorien) zur Belastung der Luft an der Landshuter Allee mit Stickstoffdioxid beitragen. Mit einem Anteil von fast 68% sei der lokale Kraftfahrzeugverkehr auf dieser Straße mit Abstand der größte Verursacher der NO2-Immissionen (Seite 2 der Studie vom 25.3.2015). Rechne man den durch Kraftfahrzeuge hervorgerufenen Beitrag „aus dem städtischen Hintergrund“ hinzu, ergebe sich, dass insgesamt ca. 81% des NO2- Immissionswerts an der Landshuter Allee durch den Kraftfahrzeugverkehr hervorgerufen würden (Seite 2 der Studie vom 25.3.2015). 91% der auf den lokalen Verkehr zurückzuführenden NO2-Immissionen wiederum werden durch Dieselfahrzeuge (Diesel-Pkw und schwere Nutzfahrzeuge) hervorgerufen (Seite 10 der Studie vom 25.3.2015).

Dieser Verantwortungsanteil des mit Dieselfahrzeugen abgewickelten Straßenverkehrs an der NO2-Belastung der Luft an der Landshuter Allee ist noch um jene Immissionen zu erhöhen, die nicht durch den lokalen Verkehr verursacht werden, sondern die aus dem städtischen und dem regionalen Hintergrund stammen. In diese Hintergrundbelastung, deren Anteil vom Bayerischen Landesamt für Umwelt auf 32% veranschlagt wurde (vgl. u. a. Seite 10 der Studie vom 25.3.2015, Abbildung 8), geht gleichfalls ein hoher verkehrsbedingter Anteil ein. Denn jedenfalls die „städtische Hintergrundbelastung“ mit Stickstoffdioxid stellt sich ebenfalls ganz überwiegend als verkehrsbedingt dar, wie den in der fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München enthaltenen, die Verhältnisse im Jahr 2012 wiedergebenden Tabellen 2/12 bis 2/15 entnommen werden kann. Die darin enthaltenen Aussagen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anteil einzelner Verursacherarten (in Prozenten) an der NO2-Gesamtbelastung:

LÜB-Station

lokaler Verkehr

verkehrsbedingteHintergrundbelas- tung aus dem städtischen Raum

von genehmigungsbedürf- tigen Anlagen ausdem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung

von nichtgenehmigungsbe- dürftigen Anlagen aus dem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung

sonstige Einflüsseauf die ausdem städtischen Raum stammende Hintergrundbelas- tung

regionale Hintergrund- Belastung

Stachus

51,0

22,5

0,5

2,7

0,0

23,2

Landshuter Allee

67,8

13,3

0,3

1,7

0,0

16,9

Johanneskirchen

0,0

33,3

1,1

5,1

0,0

60,6

Loth Straße

11,4

37,2

1,1

4,7

0,0

45,6

Welch herausragende Rolle Dieselfahrzeugen an der verkehrsbedingten Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid zukommt, zeigt schließlich auch eine emissionsbezogene Betrachtungsweise. Nach den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt sind 75% der an der Landshuter Allee zu verzeichnenden, durch Kraftfahrzeuge hervorgerufenen NO2-Emissionen auf Personenkraftwagen mit Dieselantrieb und 23% auf schwere Nutzfahrzeuge zurückzuführen; lediglich 2% der verkehrsbedingten Stickstoffdioxidemissionen werden danach von Personenkraftwagen mit Benzinmotoren verursacht (Seite 6 der Studie vom 25.3.2015, Abbildung 5).

Der Beklagte geht selbst davon aus, dass die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Bezug auf die Landshuter Allee in München ermittelten Ursachen für die NO2- Belastung der Luft keine atypische Gegebenheit widerspiegeln, sondern sie zumindest dem Grunde nach verallgemeinerungsfähig sind. Denn eingangs des Abschnitts 2.5 der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München hat er festgehalten:

„Die bisherigen Verursacheranalysen der Luftreinhaltepläne in Deutschland zeigen deutlich, dass die NO2-Belastung an verkehrsbezogenen Messstellen maßgeblich von Kraftfahrzeugen (Kfz), insbesondere von Diesel-Kfz, verursacht wird.“

Auf die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellte Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“ bezieht sich diese Fortschreibung im unmittelbaren Anschluss daran nur, um die Richtigkeit dieses ubiquitären Befunds exemplarisch zu verdeutlichen.

4.1.2 Wissen um die Unausweichlichkeit der Begrenzung des Dieselanteils am Straßenverkehr zum Zweck der Einhaltung der NO2-Immissionswerte bereits vorhanden

Auch hinsichtlich der zur Bekämpfung der Grenzwertüberschreitungen bei NO2 in Betracht kommenden Handlungsoptionen selbst bestehen innerhalb der öffentlichen Verwaltung keine Kenntnisdefizite, die durch Sachverständigengutachten behoben werden müssten. Am 16. Februar 2016 hat der LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, der sich aus Amtsträgern der Umweltverwaltungen des Bundes und der Länder zusammensetzt, eine mit „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“ überschriebene Ausarbeitung vorgelegt, in der die aus fachlicher Sicht gebotenen Schritte dargestellt werden. Auch für dieses Fachgremium steht danach fest, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid, wie sie an etwa zwei Dritteln der in Deutschland an verkehrsreichen Straßen errichteten Messstationen zu verzeichnen seien, der motorisierte Straßenverkehr ist, und dass vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (Kernsätze 1 und 2 der LAI- Ausarbeitung). Zusätzliche Maßnahmen müssten deswegen vor allem hier ansetzen, um eine hohe Wirksamkeit zu entfalten und der gesetzlichen Vorgabe entsprechen zu können, die Überschreitungen so schnell wie möglich zu vermeiden (Kernsatz 3 der LAI-Ausarbeitung). Prioritärer Maßstab für die Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen habe der Schutz der Gesundheit der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Bevölkerung zu sein; dem Schutz dieser Menschen müsse Vorrang vor den Belangen der von Maßnahmen Betroffenen beigemessen werden (Kernsatz 4 der LAI-Ausarbeitung). Die Planung und Umsetzung zusätzlicher, auch einschneidender Maßnahmen sei vor dem Hintergrund des seitens der EU-Kommission gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens unausweichlich, wobei die erforderlichen Schritte zeitnah eingeleitet und stringent verwirklicht werden müssten (Kernsätze 5 und 6 der LAI-Ausarbeitung). Angesichts des beträchtlichen Handlungsdrucks komme einer möglichst schnellen Umsetzbarkeit von Maßnahmen große Bedeutung zu; da die Möglichkeiten zur kurzfristigen Verbesserung der Fahrzeugflotte mit Blick auf die NOx-Emissionen begrenzt seien, müsse in den besonders belasteten Gebieten zusätzlich das Kfz-Verkehrsaufkommen gesenkt werden (Kernsatz 8 Teil 1 der LAI-Ausarbeitung). Da die unionsrechtlichen Abgasgrenzwerte für Dieselpersonenkraftfahrzeuge der Schadstoffklasse „Euro 5“ mit Blickrichtung auf eine NO2-Minderung unwirksam seien, die Richtlinie 2008/50/EG jedoch eine Ergebnisverpflichtung statuiere, habe die EU-Kommission ausdrücklich ein „Verbot von Dieselfahrzeugen in einigen städtischen Gebieten“ als mögliche Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte benannt (Seite 7 der LAI-Ausarbeitung). Auch der Europäische Gerichtshof habe im Urteil vom 19. November 2014 (C-404/13 - NVwZ 2015, 419) klargestellt, dass die Grenzwerte nicht mehr überschritten werden dürften. Da dies gleichfalls einer Ergebnisverpflichtung entspreche, sei das planerische Ermessen dann eingeschränkt, „wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt“ (Seite 8 der LAI-Ausarbeitung).

Zutreffend festgehalten hat der LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“ in seiner Ausarbeitung vom 16. Februar 2016 in diesem Zusammenhang ferner, dass sich der von Rechts wegen geschuldete Erfolg innerhalb überschaubarer Zeit nicht als Folge eines veränderten NO2-Emissionsverhaltens von Dieselfahrzeugen einstellen wird. Denn die derzeit auf den Markt gelangenden Diesel-Pkw der Schadstoffklasse „Euro 6“ würden die durch diese Norm beabsichtigte Minderung der NOx- Emissionen bei Weitem nicht erreichen; insbesondere die im Jahr 2013 auf den Markt gelangten Kraftfahrzeuge dieser Schadstoffklasse würden zum Teil ähnlich hohe, in Einzelfällen sogar höhere Realemissionen verursachen, als sie im „Handbuch Emissionsfaktoren für städtische Fahrbedingungen“ im Mittel für Euro-5-Fahrzeuge angegeben würden (Seite 9 der LAI-Ausarbeitung). Was den NO2-Ausstoß anbetreffe (hierauf kommt es, wie der Verwaltungsgerichtshof ergänzend anmerkt, von Rechts wegen ausschließlich an), so könne „anhand der derzeitigen Datenlage keine gesicherte Schlussfolgerung in Richtung eines relevanten Rückgangs des NO2- Anteils am NOx im Abgas von Euro-6-Fahrzeugen gezogen werden“ (Seite 10 der LAI-Ausarbeitung).

4.1.3 Wissen um die Auswirkungen von Verkehrsbeschränkungen und -verboten für Dieselfahrzeuge

Aufgrund eigener Sachkunde in der Lage ist der Beklagte darüber hinaus schließlich, die Auswirkungen von Maßnahmen zu bewerten, die der Bekämpfung unzulässig hoher Stickstoffdioxidkonzentrationen in der Luft dienen. So hat das Bayerische Landesamt für Umwelt in Abschnitt 6 der Studie „Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen - Untersuchung am Beispiel der Landshuter Allee, München“ detailgenau aufgezeigt, wie sich ein Ausschluss (bestimmter Arten) derartiger Fahrzeuge von der Benutzung der Landshuter Allee auf die dortige NO2-Konzentration auswirken würde. Dass diese Behörde die Konsequenzen bestimmter Maßnahmen für die Belastung der Luft mit Schadstoffen exakt zu quantifizieren vermag, zeigt ferner die Stellungnahme, die das Bayerische Landesamt für Umwelt am 22. August 2012 gegenüber der Regierung von Oberbayern zu der Frage abgegeben hat, wie sich eine Verlängerung von Lärmschutzwänden, die Einführung von Geschwindigkeitsbeschränkungen sowie der Stufen 1 bis 3 der Umweltzone auf die NO2- und PM10-Belastung an der BAB 96 in München- Laim auswirken würden.

4.1.4 Wissen um die Problematik der rechtlichen Zulässigkeit insbesondere von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Das Ausmaß der innerhalb des öffentlichen Dienstes vorhandenen Sachkunde dokumentiert sich u. a. in den im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eingereichten Schriftsätzen der Landesanwaltschaft Bayern, in denen die - vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund eigener Rechtsüberzeugung geteilten - Bedenken aufgezeigt wurden, die u. U. dagegen sprechen, dass sich Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge bereits mit dem gegenwärtig zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung in zweifelsfrei rechtskonformer Weise verlautbaren lassen.

4.2 Keine hinreichende Eignung der im eingeholten Gutachten in Aussicht genommenen Vorschläge zur Zielerreichung.

Bereits der Entwurf des zweiten Zwischenberichts des Gutachtens, das in Umsetzung der Maßnahme M 1 aus der sechsten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München eingeholt wurde, rechtfertigt darüber hinaus die Aussage, dass diese Ausarbeitung keine Beiträge enthalten wird, auf die sich der Beklagte stützen könnte, um dem Urteil vom 9. Oktober 2012 jedenfalls jetzt nachzukommen.

Der Entwurf eines zweiten Zwischenberichts des Sachverständigenbüros diskutiert in seinem Abschnitt 6 drei - jeweils in mehreren Varianten betrachtete - Maßnahmen, durch die sich die Stickstoffdioxidbelastung in Teilen des Gebiets der Beklagten verringern lasse. Keiner dieser Ansätze kann indes als hinreichend geeignet angesehen werden, das zu vollstreckende Urteil umzusetzen.

4.2.1 Keine hinreichende Eignung von Dosierungen des Verkehrszuflusses

Ausweislich der Ausführungen auf Seite 24 will der Entwurf des zweiten Zwischenberichts eine Dosierung des Verkehrszuflusses in (nicht exakt bezeichnete) zentrale oder zentrumsnahe Bereiche des Stadtgebiets der Beigeladenen durch „eine Erhöhung von Widerständen an Knoten“ erreichen. Da auf Seite 25 der gleichen Ausarbeitung von einer Erhöhung des „Widerstands“ für in bestimmte Richtungen fahrende Verkehrsteilnehmer an der Kreuzung der Prinzregenten Straße und des Leuchtenbergrings um 15 Sekunden die Rede ist und im Anschluss daran (Abschnitt 6.1.2 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts) untersucht wird, wie sich eine Erhöhung der Abbiegewiderstände an allen Knotenpunkten im Verlauf der Prinzregenten Straße auf die verkehrliche Frequentierung dieser Straße auswirken würde, kann als gesichert gelten, dass das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro insoweit eine Verlängerung der Rotphasen von Lichtsignalanlagen in Erwägung gezogen hat.

Der Entwurf des zweiten Zwischenberichts räumt in Abschnitt 6.1.1 selbst ein, dass der Erfolg einer solchen Maßnahme, würde sie sich nur auf eine einzige Lichtsignalanlage im Verlauf der untersuchten Prinzregenten Straße beschränken, „sehr gering“ bliebe, da sich der Verkehr alsdann zum größten Teil auf die Einstein Straße verlagern würde, die ihrerseits bereits hohe Immissionswerte aufweise. Eingangs des Abschnitts 6.2 hält die gleiche Ausarbeitung ferner fest, eine gezielte Zuflussdosierung, die einen gesamten Streckenzug umfasse, würde gleichfalls „nur eine kleinräumige Entlastung“ bewirken; würden die Rotphasen entlang der gesamten Prinzregenten Straße verlängert, wäre die ganze Einstein Straße bis zum Max-Weber Platz von einer Verkehrsverlagerung betroffen (Entwurf des zweiten Zwischenberichts, Seite 26).

Ein derartiges Ausweichverhalten der motorisierten Verkehrsteilnehmer könnte nach Auffassung des vom Beklagten beauftragten Sachverständigenbüros verhindert werden, wenn die „Widerstände“ an allen Knotenpunkten der Straßen, die radial auf den Mittleren Ring zulaufen, verlängert würden; dies zöge eine gleichmäßige Erhöhung der Reisezeit nach sich, ohne dass schnellere Alternativrouten zur Verfügung stünden. Im Entwurf des zweiten Zwischenberichts wird angenommen, dass durch eine derartige „gleichmäßige Erhöhung der Reisezeit der motorisierte Individualverkehr (MIV) unattraktiver wird und dies zu einer Reduktion des Kfz-Verkehres führt“ (Seite 29 dieser Ausarbeitung). Dass dieser Effekt zeitnah eintritt, ist allerdings sehr unsicher.

4.2.2 Keine hinreichende Eignung einer Sperrung der Altstadt der Beigeladenen für Kraftfahrzeuge

Nicht zielführend ist der Ansatz, das gesamte innerhalb des Altstadtrings der Beigeladenen liegende Gebiet für Kraftfahrzeuge (generell oder für solche bestimmter Art) zu sperren, wie dies das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro in Abschnitt 6.4 des Entwurfs seines zweiten Zwischenberichts zur Diskussion stellt.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die für Stickstoffdioxid geltenden Immissionsgrenzwerte an keiner einzigen innerhalb des Altstadtrings liegenden Straße überschritten werden. Der Beklagte hat in die Anlage 2 zur fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München als Abbildungen A 2/1 und A 2/2 grafische Darstellungen aufgenommen, aus denen hervorgeht, wie hoch Hauptverkehrsstraßen im Gebiet der Beigeladenen nach dem Ergebnis eines Screenings, das im Jahr 2010 im Rahmen der „Machbarkeitsstudie Umweltorientiertes Verkehrsmanagement München - Simulationsstudie“ durchgeführt worden sei, im Jahresmittel mit Stickstoffdioxid belastet sind. Die innerhalb des Altstadtrings liegende Fläche des Stadtgebiets weist keine einzige einschlägige Eintragung auf. Ebenfalls keine einzige innerhalb des Altstadtrings liegende Straße enthält ferner die Tabelle 4-2, die Bestandteil der vorerwähnten Simulationsstudie ist; in ihr werden diejenigen Straßenabschnitte aufgeführt, die im Gebiet der Beigeladenen die höchste NO2-Gesamtbelastung aufweisen. Sollten an einzelnen Straßen innerhalb der Altstadt gleichwohl Überschreitungen des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzten Grenzwerts festzustellen sein, so spräche angesichts der geringen Frequentierung der Altstadt durch Lastkraftwagen (vgl. dazu S. 39 des Entwurfs des zweiten Zwischenberichts des beauftragten Sachverständigenbüros) sowie angesichts der wegen der zahlreichen dort befindlichen, ausgedehnten Fußgängerzonen und des fehlenden Durchgangsverkehrs nicht besonders hohen Verkehrsbelastung dieses Stadtteils nichts dafür, dass es sich um ein flächenhaft auftretendes Problem handelt.

Zwar erhofft der Entwurf des zweiten Zwischenberichts als Folge einer Sperrung der Altstadt der Beigeladenen eine Verkehrsentlastung des Altstadtrings selbst, auf dem es abschnittsweise (wie z.B. am Stachus) zu Überschreitungen des Immissionsgrenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV kommt, sowie wesentlicher radialer Zufahrtsstrecken zur Altstadt, für die ausweislich der vorerwähnten Tabelle 4-2 partiell der gleiche Befund gilt. Es fehlt jedoch jede - auch nur ansatzweise - Begründung dafür, dass es mangels anderweitiger Handlungsalternativen geboten und verhältnismäßig ist, den Bewohnern der Altstadt und den dort ansässigen Gewerbebetrieben jene Belastungen aufzuerlegen, die mit einem Benutzungsverbot für Kraftfahrzeuge einhergehen, um hinsichtlich des Altstadtrings sowie in Bezug auf außerhalb der Altstadt liegende, auf sie zuführende Straßen eine Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung zu erzielen.

4.2.3 Keine hinreichende Eignung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge auf dem gesamten Mittleren Ring und der ganzen hiervon umschlossenen Fläche

Der im Entwurf des zweiten Zwischenberichts erörterte Vorschlag, auf und innerhalb des Mittleren Rings ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge zu erlassen, geht von dem zutreffenden Ansatz aus, dass sich Maßnahmen zur Bekämpfung unzulässig hoher NO2-Konzentrationen gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ganz vorrangig gegen den Verkehr mit Dieselfahrzeugen zu richten haben, da diese Emissionsquelle nach dem Vorgesagten im weitaus größten Umfang zur Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid beiträgt. Unzureichend ist jedoch der räumliche Ansatz, den das vom Beklagten beauftragte Sachverständigenbüro insoweit gewählt hat.

Der Vorschlag greift insofern eindeutig zu kurz, als er von Maßnahmen hinsichtlich des außerhalb des Mittleren Rings liegenden Stadtgebiets vollständig absieht. Dies stellt deshalb keine pflichtgemäße Erfüllung des Urteils vom 9. Oktober 2012 dar, weil diese Entscheidung eine Änderung des Luftreinhalteplans dahingehend verlangt, dass die einschlägigen Immissionsgrenzwerte „im [gesamten] Stadtgebiet von München“ schnellstmöglich eingehalten werden, und der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzte Immissionsgrenzwert auch außerhalb des Mittleren Rings überschritten wird. Aus der Abbildung A 2/1, die sich in der Anlage 2 zur fünften Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München findet, geht hervor, dass die danach höchstzulässige Konzentration für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nach dem im Jahr 2010 durchgeführten Screening u. a. an zahlreichen Straßen im Stadtteil Milbertshofen, einigen Straßen im Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl (namentlich an der Dülfer Straße) sowie an Teilen der Verdi- und der Fürstenrieder Straße überschritten wurde. Soweit das seinerzeitige Screening zu einer Nichteinhaltung des Grenzwerts nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV auch für wesentliche Teile des Ortszentrums von München-Pasing gelangte, erscheint es vorstellbar, dass dieser Befund als Folge der insoweit geschaffenen Umfahrungsstrecke ganz oder partiell gegenstandslos geworden sein könnte. Im Übrigen muss jedoch nicht zuletzt deshalb von der prinzipiellen Fortdauer dieser rechtswidrigen Zustände ausgegangen werden, weil die Messungen, die im Herbst 2016 im Auftrag der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Gebiet der Beigeladenen durchgeführt wurden, bestätigt haben, dass die höchstzulässige Jahresmittelwertkonzentration an Stickstoffdioxid auch außerhalb des Mittleren Rings an mehreren Stellen überschritten wird. Aus dem Entwurf des hierüber vorbereiteten Berichts, den der Kläger als Anlage zum Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10. Februar 2017 in das Vollstreckungsverfahren eingeführt hat, geht hervor, dass u. a. an der Verdi- und der Dülfer Straße ein höherer NO2- Jahresmittelwert als 40 µg/m³ gemessen worden sei; gleiches gelte für einen Abschnitt der Dachauer Straße im Bereich des Stadtteils Moosach.

5. Rechtskonform ausgestaltete Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge als einzige dem zu vollstreckenden Urteil gerecht werdende Handlungsmöglichkeit

Aus einer zusammenschauenden Würdigung des Vorgesagten folgt, dass dem Beklagten andere Möglichkeiten als eine Verringerung der Zahl der Dieselfahrzeuge, die auf den zu hoch mit Stickstoffdioxid belasteten Straßen bzw. in ihrem nächsten Umgriff verkehren, nicht zur Verfügung stehen, um das durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 vorgegebene Ziel - wie geschuldet - schnellstmöglich zu erreichen. Auf den Umstand, dass „nur eine drastische Reduktion der Fahrzeugmenge … eine deutliche Verbesserung der Situation bewirken“ kann, hat der Beklagte auf Seite 19 der Beschwerdebegründung vom 29. Juli 2016 selbst hingewiesen. Dies trifft mit der Einschränkung zu, dass mit dahingehenden Maßnahmen gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zumindest in erster Linie die Halter und Fahrer von Dieselfahrzeugen in die Pflicht zu nehmen sind.

5.1 Keine ausreichende Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils durch Maßnahmen zur Verbesserung des Emissionsverhaltens von Dieselfahrzeugen

Als weitere Handlungsoption hat der Beklagte in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorstehenden Zitat eine Verbesserung des Emissionsverhaltens von Kraftfahrzeugen (insbesondere solchen mit Dieselantrieb) erwähnt. Das trifft insofern fraglos zu, als eine drastische Reduzierung des NO2-Ausstoßes von Fahrzeugen mit Selbstzündungsmotor den effizientesten und - im Vergleich zu Verkehrsverboten - zugleich deutlich weniger stark in Freiheitsrechte Betroffener eingreifenden Lösungsansatz darstellen würde. Der Annahme, der Beklagte könne dem Urteil vom 9. Oktober 2012 durch diesbezügliche Schritte gerecht werden, steht indes entgegen, dass ihm keinerlei Regelungsbefugnisse zustehen, mit deren Hilfe er auf den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen Einfluss zu nehmen vermag.

Es käme deshalb in Vollzug des Urteils vom 9. Oktober 2012 lediglich in Betracht, dass der Beklagte sich in einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans selbst verpflichtet, seinen eigenen Fuhrpark sowie den Fahrzeugbestand von Rechtssubjekten des Privatrechts, auf die er einen dahingehenden Einfluss auszuüben vermag (d. h. vor allem staatlicher Eigengesellschaften), schnellstmöglich mit Fahrzeugen auszustatten, die ein optimales NO2-Emissionsverhalten aufweisen. Der Annahme, der Beklagte könne auf diese Weise das zu vollstreckende Urteil erfüllen, ohne zusätzliche, einschneidendere Maßnahmen zu ergreifen, steht jedoch bereits der - gemessen am Gesamtbestand - nicht ins Gewicht fallende Anteil staatseigener Fahrzeuge im Raum München entgegen.

Die Aufnahme von Umstellungsmaßnahmen der vorbezeichneten Art in Bezug auf den Fuhrpark der Beigeladenen und derjenigen Privatrechtssubjekte, auf die die Beigeladene diesbezüglich Einfluss auszuüben vermag (dazu gehören vor allem ihre Stadtwerke), würde voraussetzen, dass die Beigeladene entweder von sich aus hierzu bereit wäre oder der Beklagte eine solche Umrüstung ihr gegenüber erzwingen könnte. Denn auch insoweit kommt dem Gesichtspunkt Bedeutung zu, dass wegen der aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG folgenden Verpflichtung, in Luftreinhaltepläne aufgenommene Maßnahmen auch tatsächlich zu realisieren, ihre rechtliche und tatsächliche Umsetzbarkeit gesichert sein muss.

Ob zumindest eine der vorgenannten Voraussetzungen erfüllt ist, kann in vorliegendem Zusammenhang auf sich beruhen. Der Bejahung einer Verpflichtung der Beigeladenen zu einer forcierten Umstellung ihres Fahrzeugbestands steht jedenfalls entgegen, dass gegenwärtig für zahlreiche Kommunalfahrzeuge (namentlich für solche, die eine hohe Masse aufweisen, wie das z.B. im Bereich der städtischen Verkehrsbetriebe, der Müllabfuhr und der Feuerwehr der Fall ist) andere ausgereifte Antriebstechniken als Dieselmotoren noch nicht zur Verfügung stehen.

5.2 Fehlende Eignung einer Erweiterung der im Gebiet der Beigeladenen bestehenden Umweltzone zur ausreichenden Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils

Rechts- und ermessensfehlerfrei hat der Beklagte vor diesem Hintergrund auch davon abgesehen, in den Luftreinhalteplan für die Stadt München die Verpflichtung der Beigeladenen aufzunehmen, diejenigen Straßenabschnitte in ihrem Stadtgebiet, an denen Überschreitungen der Grenzwerte nach § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV zu verzeichnen sind, zu Umweltzonen im Sinn von § 45 Abs. 1f StVO zu erklären. Selbst dann nämlich, wenn in eine solche Zone nur Fahrzeuge mit grüner Plakette einfahren dürfen, wäre eine derartige Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung dieser Grenzwerte ungeeignet. Denn die grüne Plakette erhalten Dieselfahrzeuge dann, wenn sie die Anforderungen der Euro-4-Norm/Euro-IV-Norm erfüllen oder sie zwar nur der Euro-3-Norm/Euro-III-Norm genügen, jedoch mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind (vgl. dazu Seite 19 der vierten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München sowie Knauff in GK-BImSchG, Stand September 2011, § 40 Rn. 46). Dieselfahrzeuge, die der Euro-4-Norm/Euro-IV-Norm unterfallen, weisen im Vergleich aller Schadstoffgruppen jedoch den bei weitem höchsten NO2-Ausstoß auf (vgl. z.B. die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München, Seite 27 Abbildung 2/14).

5.3 Materielle Rechtmäßigkeit und Vollziehbarkeit von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Als verbleibende Handlungsoption, um dem Urteil vom 9. Oktober 2012 gerecht zu werden, steht dem Beklagten mithin allein die Möglichkeit zu Gebote, die Zahl der Dieselfahrzeuge zu verringern, die auf den von NO2-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen verkehren.

Die Zuständigkeit, die zu diesem Zweck erforderlichen Verkehrsverbote für solche Fahrzeuge zu erlassen und die in Zusammenhang damit erforderlichen Ausnahmen zu genehmigen, liegt entweder nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 11 ZustGVerk bei der Beigeladenen als örtlicher oder gemäß Art. 4 Abs. 1 ZustGVerk bei ihr als unterer Straßenverkehrsbehörde. Da die Beigeladene insoweit im übertragenen Wirkungskreis handelt (vgl. Art. 6 Satz 1 ZustGVerk), kann ihr der Beklagte gemäß Art. 109 Abs. 2 GO - vorbehaltlich der sich aus Art. 109 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GO ergebenden Einschränkungen - Vorgaben auch hinsichtlich der Ausübung eines ihr insoweit ggf. verbleibenden Ermessens erteilen.

Jedenfalls in Gestalt der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG steht der Beigeladenen eine Befugnisnorm zu Verfügung, um Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge nach ihrer Aufnahme in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans durch den Erlass dahingehender straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen umzusetzen. Ob derartige Anordnungen zusätzlich auf § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO gestützt werden können, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Vertiefung.

-Bei methodisch korrekter Vorgehensweise, die den einzelnen, unzulässig hoch mit Stickstoffdioxid belastete Straßenabschnitt zum Ausgangspunkt der Prüfung nimmt, ob dort ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich seines räumlichen, sachlichen und zeitlichen Umfangs erforderlich, geeignet und angemessen ist, und bei der die gleichen Prüfungsschritte dann vorgenommen werden, wenn ein solches Verkehrsverbot auf andere, selbst nicht von NO2- Grenzwertüberschreitungen betroffene Straßen(abschnitte) erstreckt werden soll, kann nicht davon gesprochen werden, derartige Eingriffe in den Straßenverkehr seien von vornherein unverhältnismäßig. Denn die damit einhergehenden - ggf. erheblichen - Beschränkungen grundrechtlich verbürgter Freiheiten von Verkehrsteilnehmern müssen in Relation zu der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der betroffenen Anwohner gesetzt werden, die aus unzulässig hohen Stickstoffdioxidkonzentrationen resultiert. Angesichts der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt (vgl. zum Rang des menschlichen Lebens als oberstem Verfassungswert BVerfG, U.v. 25.2.1975 - 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 - BVerfGE 39, 1/42; U.v. 15.2.2006 - 1 BvR 357/05 - BVerfGE 115, 118/152), wird von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitten) deshalb allenfalls in atypisch gelagerten Ausnahmefällen vollständig abgesehen werden dürfen.

Entgegen dem Vorbringen des Beklagten kann auch nicht davon gesprochen werden, ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge sei deshalb ungeeignet (und damit rechtswidrig), weil sich seine Einhaltung nicht überwachen lasse. Die Überwachung mag teilweise aufwändig oder nur weitmaschig möglich sein. Dass sie ihre Wirkung wesentlich verfehlen würde, ist nicht nachvollziehbar. Da praktisch alle schweren Nutzfahrzeuge ab einer gewissen Größenordnung mit Dieselmotoren ausgestattet sind, können sie bei polizeilichen Verkehrskontrollen, die auf einer von einem solchen Verbot betroffenen Straße stattfinden, gezielt angehalten und daraufhin überprüft werden, ob sie ggf. unter eine Ausnahme von einem derartigen Verkehrsverbot fallen. Aber auch kleinere Nutzfahrzeuge sowie bestimmte Arten bzw. Typen von Personenkraftwagen verfügen derart häufig über Dieselantrieb, dass sie gezielt kontrolliert werden können. Zudem entspricht es verbreiteter polizeilicher Praxis, zum Zwecke der Verkehrskontrollen eine „Langsamfahrstelle“ einzurichten; Dieselfahrzeuge werden sich hierbei vielfach bereits durch ihr Motorengeräusch oder durch einschlägige auf dem Fahrzeug angebrachte Modellbezeichnungen („TDI“ o.ä.) identifizieren lassen. Unabhängig von alledem hat nach § 11 Abs. 6 FZV jeder Fahrer eines Kraftfahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil I mit sich zu führen und sie zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen; die vom jeweiligen Fahrzeug benötigte Kraftstoffart ist aus der Eintragung im Feld P3 dieses Dokuments ersichtlich.

6. Derzeit noch bestehende rechtliche Ungewissheiten im Zusammenhang mit Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Obwohl der Beklagte nach alledem das Urteil vom 9. Oktober 2012 bisher nicht ausreichend befolgt hat, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof gehindert, die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Androhung der Festsetzung eines Zwangsgelds für den Fall zu bestätigen, dass der Beklagte den Luftreinhalteplan für die Stadt München nicht bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 durch Aufnahme desjenigen Handlungsinstruments (nämlich von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge) fortschreibt, durch das allein er nach dem Vorgesagten dem Rechtsbefehl gerecht werden kann, der ihm durch das zu vollstreckende Urteil erteilt wurde. Denn im Hinblick auf die sich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG ergebende Pflicht, derartige Verkehrsverbote auch tatsächlich anzuordnen, darf eine solche Zwangsmittelandrohung nur ergehen, wenn bereits jetzt die Rechtmäßigkeit auch der Handlungen, die die öffentliche Verwaltung im Vollzug eines solchen Plans vorzunehmen hätte, in jeder Hinsicht zweifelsfrei feststünde. Diesbezügliche Bedenken bestehen zum einen hinsichtlich der Frage, ob das geltende Recht ausreichende Befugnisnormen bereithält, um in allen Fällen, in denen das ggf. geboten ist, Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge rechtskonform zulassen zu können (6.1). Vor allem aber ist zweifelhaft, ob solche Verbote mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung einwandfrei bekanntgegeben werden können (6.2).

6.1 Erforderlichkeit und rechtliche Bewältigung von Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge

Die Verpflichtung, die dem Beklagten durch das zu vollstreckende Urteil auferlegt wurde, schließt es nicht aus, Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zuzulassen, sofern das nachweislich erforderlich ist, damit eine solche Maßnahme ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angeordnet werden kann, und auch unter Berücksichtigung der jeweils bewilligten Ausnahme(n) zugunsten der Anwohner das im konkreten Fall höchstmögliche Schutzniveau gewahrt bleibt.

Dass partiell Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge unumgänglich sein werden, erscheint im Hinblick darauf nicht zweifelhaft, dass mit derartigen Fahrzeugen zum Teil Transportbedürfnisse abgewickelt werden, die von derart großer Bedeutung für die Allgemeinheit sind, dass das lückenlose Unterbleiben derartiger Verkehrsvorgänge auf von einem einschlägigen Verbot betroffenen Straßen u. U. nicht ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht gefordert werden kann. In den Blick zu nehmen sind insbesondere die Fälle, in denen für einen Beförderungsvorgang weder andere Verkehrsmittel als Dieselfahrzeuge noch Alternativstrecken zur Verfügung stehen. Nicht von vornherein ausschließbar erscheint es ferner, dass aus den gleichen Gründen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auch im Individualinteresse geboten sein könnten. Angesichts der herausgehobenen Bedeutung, die den Schutzgütern „menschliches Leben und menschliche Gesundheit“ nach der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt, werden Ausnahmen freilich stets nur dann rechtsfehlerfrei zugelassen werden können, wenn sich das betroffene Allgemein- oder Einzelinteresse gegen den aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzanspruch der von unzulässig hohen Stickstoffdioxidbelastungen betroffenen Straßenanwohner durchsetzen kann. Sofern danach Durchbrechungen eines solchen Verkehrsverbots dem Grunde nach in Betracht kommen, werden sie ggf. in gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht zu begrenzen sein.

Dass an die Zulassung von Ausnahmen von einschlägigen Verkehrsverboten ein strenger Maßstab anzulegen ist, zeigt § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG, der derartige Sonderregelung selbst dann, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert, von unaufschiebbaren und überwiegenden Gründen abhängig macht. Ein ebenfalls gemeinwohlbezogener Ansatz liegt der ersten Alternative des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV zugrunde. Sollte ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge unzumutbare Folgen ausschließlich zu Lasten Einzelner zeitigen, würde die zweite Alternative der letztgenannten Vorschrift dann ausreichende Möglichkeiten eröffnen, um einer solchen Fallgestaltung Rechnung zu tragen, wenn „von und zu bestimmten Einrichtungen“ stattfindende Verkehrsvorgänge inmitten stehen. Denn § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV ist so aufgebaut, dass sich die im Vordersatz dieser Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale auf die beiden im Anschluss daran normierten Fallgestaltungen beziehen.

Nicht zweifelsfrei erscheint demgegenüber, ob das geltende Recht eine Befugnisnorm zur Verfügung stellt, um Ausnahmen von einem Verkehrsverbot auch dann zulassen zu können, wenn eine solche Entscheidung im ausschließlichen überwiegenden Individualinteresse erforderlich sein sollte, die begünstigten Fahrten jedoch nicht „von und zu bestimmten Einrichtungen“ führen, wie § 1 Abs. 2 der 35. ImSchV das voraussetzt. Derartige Fallgestaltungen ließen sich zwar unschwer durch Rückgriff auf die allgemeine Ausnahmevorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO lösen. Es ist indes nicht zweifelsfrei, ob diese Bestimmung auf Verkehrsverbote anwendbar ist, die ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG finden. Für Verkehrsverbote, wie sie in Umweltzonen im Sinn von § 45 Abs. 1f StVO gelten, hat dies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (B.v. 8.12.2009 - OVG 11 S. 50.09 - juris Rn. 9) unter Hinweis auf den aus seiner Sicht abschließenden Charakter der in § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV eröffneten Ausnahmemöglichkeiten ausdrücklich verneint; die engen tatbestandlichen Bestimmungen dieser Normen dürften nicht durch die in § 46 Abs. 1 und 2 StVO enthaltenen, weitgefassten Ausnahmevorschriften unterlaufen werden.

Diesen Erwägungen lässt sich sachliches Gewicht nicht absprechen. Andererseits dürfen Maßnahmen, die der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie der Durchsetzung des Geltungsanspruchs der Richtlinie 2008/50/EG und der dort normierten Immissionsgrenzwerte auch in der Bundesrepublik Deutschland dienen, schlechthin nicht daran scheitern, dass die deutsche Rechtsordnung u. U. nicht für alle Härtefälle, die in diesem Zusammenhang zu bewältigen sein können, hinreichende Ausnahmevorschriften bereithält. Auch bestünde die Gefahr der Umgehung des § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV dann nicht, wenn § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO in der Verwaltungspraxis nur in den Fällen herangezogen würde, in denen ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge ohne Zulassung einer Ausnahme im Einzelfall eine Härte nach sich zöge, die ihrerseits nicht mehr als verfassungskonform angesehen werden könnte, die beiden erstgenannten Bestimmungen indes tatbestandlich nicht einschlägig sind.

Angesichts des vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 8. Dezember 2009 (OVG 11 S. 50.09 - juris Rn. 9) eingenommenen Standpunkts käme einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO auch hinsichtlich solcher Verkehrsverbote für anwendbar erklären würde, die sich auf § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG stützen, wohl grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. In einem Hauptsacherechtsstreit, in dem sich diese Frage in entscheidungserheblicher Weise stellt, wäre wegen ihrer Bedeutung für den Verwaltungsvollzug die Zulassung der Revision in Erwägung zu ziehen. Es erschiene vor diesem Hintergrund nicht angemessen, würde sich der Verwaltungsgerichtshof in einem Vollstreckungsverfahren, in dem eine Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen ist, in einer an der Rechtskraft seines Beschlusses teilnehmenden Weise zu der inmitten stehenden Problematik äußern.

Muss die Frage, ob das geltende Recht ausreichende Instrumente zur Verfügung stellt, um in allen Fällen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zulassen zu können, in denen das zur Vermeidung verfassungswidriger Härten u. U. geboten ist, derzeit aber als offen angesehen werden, so scheidet bereits aus diesem Grund eine unveränderte Bestätigung des angefochtenen Beschlusses aus. Denn da der Beklagte - wie aufgezeigt - dem zu vollstreckenden Urteil nur durch den Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge nachkommen kann, würde ihm ein ggf. rechtswidriges Verhalten abverlangt, wollte man ihn als verpflichtet ansehen, derartige Verbote bereits zu einem Zeitpunkt in die geschuldete Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufzunehmen, in dem noch ungeklärt ist, ob von derartigen Verboten in allen erforderlichen Konstellationen ggf. notwendige Ausnahmen zugelassen werden können.

6.2 Ungeklärte Möglichkeit einer rechtskonformen Bekanntgabe von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge sowie gruppenbezogener Ausnahmen hiervon

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ergehen auch Verkehrsverbote und -beschränkungen, die immissionsschutzrechtlichen Zielsetzungen dienen, „nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften“. Unabhängig davon, ob darin eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung auf das Straßenverkehrsrecht liegt, folgt aus dieser Vorschrift, dass die öffentliche Verwaltung bei einschlägigen Maßnahmen auf das Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts beschränkt ist.

Nach § 45 Abs. 4 Halbs. 1 StVO dürfen die in § 45 Abs. 3 StVO genannten Behörden (d.h. die Straßenverkehrs- und die Straßenbaubehörden) den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken. Es spricht alles dafür,

dass auch die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen dieser Bindung unterliegen, da - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden.

Da die Straßenverkehrs-Ordnung kein der Verlautbarung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge dienendes Verkehrszeichen kennt, ist eine rechtskonforme Bekanntgabe derartiger Verbote derzeit nur möglich, wenn sich eine dahingehende behördliche Anordnung mittels des vorhandenen Zeichenbestandes (unter Einschluss von Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt) in einer Weise zum Ausdruck bringen lässt, die den straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen genügt. Das setzt voraus, dass der objektive Aussagegehalt des Verkehrszeichens (bzw. der Kombination aus - ggf. mehreren - Verkehrs- und Zusatzzeichen) zum einen eindeutig ist und eine solche Beschilderung zum anderen so übersichtlich gestaltet werden kann, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.).

6.2.1 Bekanntgabe mittels des Zeichens 251 und eines Zusatzzeichens

Der Kläger schlägt zum einen vor, ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit Hilfe des Zeichens 251 der Straßenverkehrs-Ordnung unter Beifügung des Zusatzschilds „gilt nur für Diesel“ (oder mittels eines ähnlichen Texts) zu verlautbaren. Durch ein solches Zusatzzeichen würde eine allgemeine Beschränkung des durch das Zeichen 251 kundgemachten Verbots zum Ausdruck gebracht; dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu. Ebenfalls rechtmäßig wäre bei einer auf den Wortlaut der letztgenannten Bestimmung beschränkten Betrachtungsweise ein Zusatzzeichen, aus dem sich ergäbe, dass alle Kraftfahrzeuge, die über einen anderen Antrieb als einen Dieselmotor verfügen, von dem Verbot ausgenommen sind.

Dahinstehen kann, ob dem Einwand des Beklagten zu folgen ist, durch ein solches Zusatzschild werde angesichts des weitreichenden Umfangs der hierdurch bewirkten Beschränkung des Geltungsanspruchs des prinzipiellen Verkehrsverbots für Kraftwagen aller Art (bzw. - im Fall der zweiten vom Kläger zur Diskussion gestellten Ausgestaltung des Zusatzschildes - angesichts des erheblichen Umfangs der vom normativen Regelungsgehalt des Zeichens 251 zugelassenen Ausnahmen) dessen Wesensgehalt verändert. Denn unabhängig hiervon bestünde jedenfalls das Problem, dass § 39 Abs. 3 Satz 2 StVO „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen (d.h. Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen) nur zulässt, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Eine „andere Bestimmung“ im Sinn dieser Vorschrift könnte u. U. in der laufenden Nummer 26 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung gesehen werden. Nach der Nummer 1 der dortigen, sich auf die Zeichen 250 bis 259 - und damit auch auf das Zeichen 251 - beziehenden Erläuterungen können „andere Verkehrsarten“ durch „Verkehrszeichen gleicher Art mit Sinnbildern nach § 39 Absatz 7“ StVO verboten werden. Sollten Fahrzeuge mit Dieselantrieb als eine „Verkehrsart“ im Sinn dieser Bestimmung anzusehen sein, so könnte hieraus herzuleiten sein, dass sich auf solche Fahrzeuge beziehende Verkehrsverbote nicht in der vom Kläger befürworteten Weise verlautbart werden dürften. Denn weder würde die Kombination aus dem Zeichen 251 in Verbindung mit einem Zusatzzeichen, das eine der im vorstehenden Absatz beispielhaft erwähnten Aufschriften trägt, als ein den Zeichen 250 bis 259 gleichartiges Verkehrszeichen angesehen werden können, noch würde der Regelungsgehalt einer solchen Schilderkombination ausschließlich durch Sinnbilder kundgemacht.

6.2.2 Bekanntgabe durch die Zeichen 270.1 bzw. 270.2 und ein Zusatzzeichen

Zum anderen hat der Kläger zur Diskussion gestellt, den Beginn eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge durch das Zeichen 270.1 der Straßenverkehrs-Ordnung bekanntzugeben, dessen (sich auf alle Kraftfahrzeuge erstreckender) Regelungsgehalt wiederum durch ein Zusatzzeichen „gilt nur für Dieselfahrzeuge“ eingeschränkt oder dem ein Zusatzzeichen beigefügt werden könnte, demzufolge alle Kraftfahrzeuge mit anderem als Dieselantrieb von dem durch das Zeichen 270.1 bewirkten Verkehrsverbot ausgenommen sind.

Die laufende Nummer 44 des Anhangs 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung (vgl. dort Nummer 2 Satz 2) lässt es zwar ausdrücklich zu, Ausnahmen vom Geltungsanspruch des Zeichens 270.1 durch Zusatzzeichen zu verlautbaren. Bedenken gegen die rechtliche Tragfähigkeit dieser Lösung könnten sich jedoch daraus ergeben, dass die Zeichen 270.1 und 270.2 der Straßenverkehrs-Ordnung gemäß § 45 Abs. 1f StVO zur Kennzeichnung von „Umweltzonen“ dienen, und dass diese Vorschrift von einer wohl obligatorischen Verbindung dieser Zeichen mit dem Zusatzzeichen ausgeht, dessen äußere Gestalt und dessen Regelungsgehalt sich aus der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung ergeben. Unter einer „Umweltzone“ versteht der Verordnungsgeber danach ein Gebiet, in dem die Verkehrsteilnahme für alle Kraftfahrzeuge verboten ist, die nicht über eine der auf dem Zusatzzeichen nach der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung wiedergegebenen Plaketten verfügen. Auch in der Lebenswirklichkeit sind die Zeichen 270.1 bzw. 270.2 und das in der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs- Ordnung abgebildete Zusatzzeichen wohl derart ausnahmslos miteinander verknüpft, dass nicht gewährleistet ist, jeder Verkehrsteilnehmer, der sich mit der vom Kläger vorgeschlagenen, hiervon abweichenden Zeichenkombination konfrontiert sieht, werde den Bedeutungsgehalt der so kundgemachten Regelung innerhalb der kurzen Zeit zweifelsfrei erfassen, in der dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung für einen durchschnittlichen Kraftfahrer möglich sein muss (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.).

6.2.3 Bekanntgabe ggf. erforderlicher gruppenbezogener Ausnahmen

Ebenfalls nicht gesichert ist, ob sich mit dem vorhandenen Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung solche Ausnahmen von einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge rechtskonform bekanntgeben lassen, bei denen sich der Kreis der Begünstigten nur nach abstrakt-generellen Kriterien umschreiben lässt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag gegenwärtig nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit Vorgaben der Rechtsordnung, die schwerer wiegen als das Gebot der lückenlosen Geltung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge, geboten sein könnte, bestimmten Arten solcher Fahrzeuge die Verkehrsteilnahme auf für sie grundsätzlich gesperrten Straßen zu gestatten oder Fahrten zu bestimmten Zielen innerhalb des gesperrten Bereichs bzw. aus bestimmten Anlässen zuzulassen, ohne dass die Halter oder Fahrer solcher Fahrzeuge stets in der Lage sind, hierfür bei der Beigeladenen einzelfallbezogene oder eine Mehrzahl von Verkehrsvorgängen erfassende, durch Bescheid zu erteilende Ausnahmegenehmigungen zu beantragen. Ob all diese „gruppenbezogenen“ Ausnahmen - auch soweit nach dem Vorgesagten hierfür eine materielle Rechtsgrundlage vorhanden sein sollte - auf einem (weiteren) Zusatzschild zu den Zeichen, durch die das Verkehrsverbot als solches und seine auf Dieselfahrzeuge beschränkte Geltung verlautbart werden, so eindeutig und übersichtlich wiedergegeben werden können, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann (BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.), erscheint nicht gesichert. Einer Bekanntgabe der Ausnahmen gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG stünde, sofern das Verkehrsverbot durch das Zeichen 251 kundgemacht würde, wohl § 45 Abs. 4 Halbs. 1 StVO entgegen; der dort verankerte Grundsatz, wonach die Straßenverkehrs- und die Straßenbaubehörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, gilt auch für Ausnahmen von Verkehrsverboten (BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 20 - 23); angesichts des abschließenden Charakters dieser Regelung kommt eine Verlautbarung derartiger Ausnahmen durch öffentliche Bekanntmachung nur insoweit in Betracht, als sie ausdrücklich zugelassen ist (BVerwG, U.v. 13.3.2008 a.a.O. Rn. 25).

Dies ist zwar hinsichtlich des Zeichens 270.1 (vgl. die Nummer 2 Satz 2 zur laufenden Nummer 44 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung) der Fall. Ungesichert erscheint jedoch, ob insoweit der Grundsatz eingreift, dass sich Verkehrsteilnehmer auf die Vollständigkeit einer durch Verkehrszeichen bekanntgemachten Regelung verlassen können müssen (BVerwG, U.v. 13.3.2008 a.a.O. Rn. 25). Hiermit stünde es u.U. nicht in Einklang, wenn das Verkehrsverbot als solches durch ein Verkehrs- und die Beschränkung seines Geltungsbereichs auf Dieselfahrzeuge durch ein Zusatzzeichen verlautbart würden, die hiervon geltenden Ausnahmen indes aus den aufgestellten Zeichen nicht ersichtlich wären.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt bei alledem nicht außer Betracht, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Schreiben an den Minister für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg vom 11. März 2016 und an den Oberbürgermeister der Beigeladenen vom 6. Dezember 2016 die Auffassung vertreten hat, der Geltungsanspruch des in der laufenden Nummer 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrs-Ordnung als Ergänzung zum Zeichen 270.1 vorgesehenes Zusatzzeichens lasse sich „kurzfristig“ dadurch außer Kraft setzen, dass es zeitweilig abgedeckt werde; Härtefällen könne durch eine Ausnahmegenehmigung bzw. Allgemeinverfügung Rechnung getragen werden. Diese Aussagen beziehen sich jedoch dem ausdrücklichen Wortlaut beider Schreiben zufolge auf die Fallgestaltung, dass die örtlich zuständige Behörde zu dem Ergebnis gelangt, eine vorhandene Umweltzone werde „bei besonderen witterungsbedingten Ausnahmesituationen im Einzelfall“ nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht. Die Notwendigkeit, gruppenbezogene Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge dann in rechtskonformer Weise zu verlautbaren, wenn die zu begünstigenden Verkehrsteilnehmer aus praktischen Gründen nicht auf den Weg der Beantragung einer in Bescheidsform zu erteilenden Ausnahmegenehmigung verwiesen werden können, stellt sich indes nicht nur in zeitlich eng umgrenzten Ausnahmesituationen.

-7 Auswirkungen der vorbezeichneten Zweifelsfragen auf den Umfang der derzeitigen Durchsetzbarkeit des zu vollstreckenden Urteils

Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte stellen augenscheinlich keine Hindernisse dar, die dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge schlechthin entgegenstehen. Vielmehr handelt es sich um höchstrichterlich ungeklärte Fragen, die sich anhand des geschriebenen Rechts nicht völlig eindeutig beantworten lassen.

Es kann als gesichert gelten, dass diese Zweifel innerhalb überschaubarer Zeit ausgeräumt sein werden. Nicht fernliegend erscheint es insbesondere, dass zumindest ein Teil von ihnen durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geklärt werden dürfte, das voraussichtlich auf die Sprungrevision hin ergehen wird, die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. September 2016 (3 K 7695/15 - juris) eingelegt wurde. Denn das Verwaltungsgericht hat eine Kundgabe von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge mittels des Zeichens 251 und eines Zusatzzeichens, das den Geltungsanspruchs des durch dieses Zeichen verlautbarten Verkehrsverbots für Kraftwagen auf Dieselfahrzeuge beschränkt, ausdrücklich als zulässig angesehen.

Sollte durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgezeigt werden, dass dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge derzeit Hindernisse entgegenstehen, die sich daraus ergeben, dass das deutsche Recht gegenwärtig kein ausreichendes Instrumentarium zu ihrer Bekanntgabe zur Verfügung stellt, so wäre gleichfalls damit zu rechnen, dass dieser Mangel innerhalb überschaubarer Zeit behoben wird. Denn es ist sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Richtlinie 2008/50/EG unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, als auch im Licht des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen, dass die zu diesem Zweck alternativlos gebotenen Schutzmaßnahmen deswegen unterbleiben, weil die derzeit gültige Fassung der Straßenverkehrs-Ordnung kein Verkehrszeichen kennt, mit dessen Hilfe Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge (sowie die von ihnen ggf. geltenden Ausnahmen) kundgemacht werden können. Gleiches gälte, falls das geltende Recht keine ausreichenden Befugnisnormen dafür enthalten sollte, um sämtliche von Verfassungs wegen ggf. erforderlichen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge bewilligen zu können. Vielmehr kann als gesichert gelten, dass die zuständigen Stellen jedenfalls durch das Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission wegen der nunmehr seit dem Jahr 2010 andauernden Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt, dazu angehalten werden, die insoweit bestehenden (ohnehin nur marginalen) Defizite der inländischen Rechtsordnung zu beheben.

Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Ausgestaltung einer Zwangsgeldandrohung nach § 172 VwGO zusteht, entspricht es vor diesem Hintergrund, darauf Bedacht zu nehmen, dass die in Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge von dem Augenblick an ohne weitere Verzögerung in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufgenommen werden können, in dem die aufgezeigten Hindernisse ausgeräumt sein werden. Dies ist nur dann gesichert, wenn der Beklagte in jenem künftigen Zeitpunkt über ein Konzept verfügt, aus dem sich ergibt, in Bezug auf welche Straßen im Stadtgebiet der Beigeladenen, an denen es zu Überschreitungen des in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Immissionsgrenzwerts kommt, er Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan für München aufnehmen wird, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, die im Jahresmittel unzulässig hoch mit Stickstoffdioxid belastet sind, er von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots in den Luftreinhalteplan mit welcher Begründung abzusehen gedenkt. Vom Beklagten im Rahmen des anhängigen Vollstreckungsverfahrens die Erstellung eines solchen Konzepts als „Minus“ gegenüber der vom Verwaltungsgericht geforderten sofortigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu verlangen, ist von Rechts wegen umso mehr geboten, als zwischen der Aufnahme von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans und dem Erlass und der Bekanntgabe straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen, die solche Verbote zum Gegenstand haben, selbst bei der gebotenen unverzüglichen Umsetzung dieses Plans (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG) nochmals eine gewisse Zeitspanne vergehen wird.

7.1 Vollständige Erfassung der von einschlägigen Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitte) als notwendige erste Stufe des geschuldeten vorbereitenden Konzepts

Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Luftreinhalteplan für die Stadt München nach dem Wegfall der gegenwärtig inmitten stehenden rechtlichen Hemmnisse in der gemäß dem Urteil vom 9. Oktober 2012 geschuldeten Weise fortgeschrieben werden kann, ist das lückenlose Wissen darum, welche Straßen im Gebiet der Beigeladenen rechtswidrig hoch mit Stickstoffdioxid belastet sind. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu ausgeführt, diejenigen Hauptstraßen im Gebiet der Beigeladenen, auf denen die maximal zulässige NO2-Konzentration im Jahresmittel überschritten wird, seien bereits vollständig erfasst; hinsichtlich der Nebenstraßen bedürfe es einer solche Erfassung nicht, da erfahrungsgemäß dort keine Grenzwertüberschreitungen aufträten.

Bestandteil einer sachgerechten Vorbereitung der nach dem zu vollstreckenden Urteil geschuldeten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München ist es, dass der Beklagte dieses Straßenverzeichnis der Allgemeinheit zugänglich macht. Dies folgt bereits daraus, dass einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorauszugehen hat. Diese besitzt spätestens ab der Einleitung dieses Beteiligungsverfahrens einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, auf welchen Straßen(abschnitten) es zu Überschreitungen der einschlägigen Grenzwerte kommt, um beurteilen zu können, ob die zuständige Behörde einerseits alle betroffenen Teile der Bevölkerung in ihre Überlegungen einbezogen hat, sie andererseits aber von Maßnahmen absieht, die den motorisierten Straßenverkehr ohne sachlich rechtfertigenden Grund einschränken.

Wenn es der Verwaltungsgerichtshof vorliegend für ermessensgerecht ansieht, an der vom Verwaltungsgericht festgesetzten, am 29. Juni 2017 ablaufenden Frist hinsichtlich der geschuldete Teilhandlung „Bekanntgabe der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitte)“ festzuhalten, so ist hierfür einerseits maßgeblich, dass dem Beklagten bis zur Einleitung des Beteiligungsverfahrens nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG zwangsläufig eine längere Frist zugestanden werden muss. Denn die Durchführung der vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung setzt voraus, dass der Beklagte über ein sowohl zielführendes als auch den Vorgaben der Rechtsordnung genügendes Konzept über die näheren Modalitäten der dem Grunde nach geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge verfügt. Dies ist gegenwärtig weder der Fall noch kann die Erstellung eines solchen Konzepts selbst bei Anspannung aller Kräfte bis zum 29. Juni 2017 erwartet werden.

Nicht ermessensgerecht wäre es andererseits, es dem Beklagten zu gestatten, das Verzeichnis der Straßen, auf denen bzw. in deren Umgriff der Grenzwert nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV nicht eingehalten wird, der Allgemeinheit erst zeitgleich mit der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung zugänglich zu machen. Eine vorgezogene Bekanntgabe dieses Verzeichnisses trägt vielmehr dazu bei, den Betroffenen und der Allgemeinheit bereits vor dem Beginn des gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG erforderlichen Verfahrens einen den zuständigen Behörden vergleichbaren Kenntnisstand zu verschaffen. Sie werden damit bereits vorab in die Lage versetzt, gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, bestimmte Strecken seien zu Unrecht (nicht) in dieses Verzeichnis aufgenommen worden, da der durch § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV vorgegebene Grenzwert - nicht bzw. ebenfalls - überschritten werde. Das eigentliche Beteiligungsverfahren nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG kann auf diese Weise von Auseinandersetzungen darüber entlastet werden, in Bezug auf welche Straßen(abschnitte) ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge dem Grunde nach veranlasst ist. Dies erscheint nicht zuletzt deshalb sachdienlich, weil die (Nicht-)Aufnahme von Straßen in das vorerwähnte Verzeichnis nicht auf Messungen, sondern auf Berechnungen beruht und es nicht fern liegt, dass die Richtigkeit dieser Berechnungen vor allem von dem Zeitpunkt an angezweifelt werden könnte, ab dem die Endfassung des Berichts über die Ergebnisse der Messungen vorliegt, die im Auftrag der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Gebiet der Beigeladenen durchgeführt wurden.

Wenn der Beklagte die Festsetzung eines Zwangsgeldes erst dann zu gewärtigen hat, falls er das Straßenverzeichnis nicht bis spätestens zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit zugänglich macht, so verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass dieses Verzeichnis Umweltinformationen im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG beinhaltet, hinsichtlich derer jedermann gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG verlangen kann, dass sie ihm nach Maßgabe dieses Gesetzes auch unabhängig von der vorgenannten Frist zugänglich gemacht werden. Da allein der Beklagte in zulässiger Weise Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. Juni 2016 eingelegt hat, durfte die in dieser Entscheidung gesetzte Frist jedoch auch hinsichtlich der hier inmitten stehenden Teilverpflichtung nicht zu seinen Ungunsten verkürzt werden.

7.2 Fristen für die Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung und die Erstellung der Endfassung des der Fortschreibung des Luftreinhalteplans dienenden Konzepts

Pflichtgemäßer Ermessensausübung entspricht es, die im angefochtenen Beschluss gesetzte Frist insoweit bis zum 31. August 2017 zu verlängern, als die Einleitung des Verfahrens nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG in Frage steht. Denn bis dahin muss es dem Beklagten möglich sein, die in Befolgung des Urteils vom 9. Oktober 2012 geschuldeten Überlegungen, auf welchen Straßen(abschnitten) ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge mit welchen Modalitäten zu erlassen ist, so weit zu konkretisieren, dass die Ergebnisse der Allgemeinheit zur Kenntnis gebracht werden können. Dies gilt zumal im Hinblick darauf, dass sich der Beklagte mit der Umsetzung der zu vollstreckenden Entscheidung bereits erheblich in Verzug befindet und der von Verfassungs wegen gebotene Schutz des Lebens und der Gesundheit der von rechtswidrigen Stickstoffdioxidimmissionen betroffenen Menschen es erfordert, zumindest die Erstellung des vorbereitenden Konzepts mit allem Nachdruck voranzutreiben, solange eine diesem Ziel dienende Fortschreibung des Luftreinhalteplans als solche nicht verlangt werden kann. Ebenfalls keinen weiteren Aufschub duldet die dem Beklagten obliegende Verpflichtung, innerhalb seines Verantwortungsbereichs jene langandauernde Verletzung des Rechts der Europäischen Union abzustellen, die in der Nichteinhaltung der sich aus der Richtlinie 2008/50/EG ergebenden Immissionsgrenzwerte liegt.

Dringlich ist aus den gleichen Gründen ferner die Erstellung jener Endfassung des ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge betreffenden Konzepts, in dem der Beklagte zum Ausdruck bringt, inwieweit er den Ergebnissen der Öffentlichkeitsbeteiligung Rechnung getragen hat. Da die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen zur vorläufigen Fassung des Konzepts gemäß § 47 Abs. 5a Satz 3 Halbs. 2 BImSchG nicht vor Mitte Oktober 2017 enden wird und u. U. mit einer großen Zahl von Äußerungen gerechnet werden muss, ist es ermessensgerecht, als Zeitpunkt für die späteste Präsentation der endgültigen Fassung des vorbereitenden Konzepts den 31. Dezember 2017 festzusetzen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene nur im zweiten Rechtszug einen Sachantrag gestellt hat, konnte sie lediglich insoweit anteilig zur Tragung der Gerichtskosten und zur teilweisen Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers herangezogen werden. Aus dem gleichen Grund war ihr auch nur hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens ein partieller Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen. Die unterschiedliche Höhe der Quoten, mit denen die Beteiligten im Vergleich der beiden Rechtszüge zueinander zur Kostentragung herangezogen wurden, rechtfertigt sich daraus, dass der Kostenanteil des Klägers hinsichtlich des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof um denjenigen Anteil zu erhöhen war, der auf die von ihm später wieder zurückgenommene Beschwerde entfällt.

Dr. Schenk Demling Ertl

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.

Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Gründe

1

Der Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Wege der Vorabentscheidung ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014 - 2 L 79/14 -, juris Rn. 3 m. w. N.).

2

Nach § 718 Abs. 1 ZPO ist in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu verhandeln und zu entscheiden. Diese Vorschrift bezieht sich nicht nur auf den Fall, dass das Berufungsgericht erstmalig über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidet, sondern auch darauf, dass ein Beteiligter eine Entscheidung der ersten Instanz in der Hauptsache und wegen deren Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit anficht. Im letzteren Fall soll durch die Vorschrift des § 718 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit geschaffen werden, die Beteiligten vor den unter Umständen wirtschaftlich schwerwiegenden Auswirkungen einer fehlerhaften Vollstreckbarkeitsentscheidung in der erstinstanzlichen Entscheidung zu bewahren. Diese im Verwaltungsprozess gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend anwendbare Vorschrift ist auch im Verfahren auf Zulassung der Berufung analog anzuwenden (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014, a. a. O. Rn. 4). Die Befugnis des Senats, im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden, folgt bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 718 Abs. 1 ZPO im Stadium des Verfahrens auf Zulassung der Berufung daraus, dass in diesem Verfahren nur die prozessuale Handlungsmöglichkeit des Beschlusses zur Verfügung steht (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011 - 6 S 2904/11 -, juris Rn. 8; OVG NW, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 17 E 1024/13 -, juris Rn. 5; OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014, a. a. O.). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO liegen vor.

3

Der Antrag auf Vorabentscheidung ist auch begründet. Bei der Entscheidung über diesen Antrag ist nicht auf die Erfolgsaussichten des Antrags auf Zulassung der Berufung oder einer zugelassenen Berufung abzustellen. Prüfungsmaßstab für die Vorabentscheidung ist allein, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit mit den insoweit maßgebenden Bestimmungen der §§ 167 ff. VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO in Einklang steht (vgl. Pietzner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 167 Rn. 147). Das ist hier - wie die Antragstellerin zutreffend geltend macht - nicht der Fall, soweit das Verwaltungsgericht die auf eine allgemeine Leistungsklage hin erfolgte Verurteilung der Antragstellerin zur amtsangemessenen Beschäftigung der Antragsgegnerin für vorläufig vollstreckbar erklärt hat.

4

Nach § 167 Abs. 2 VwGO können Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Über den Wortlaut hinaus schließt es diese Regelung auch aus, Urteile auf allgemeine Leistungsklagen, die nicht auf die Verurteilung zu einer Geldleistung, sondern auf die Vornahme oder Unterlassung schlicht-hoheitlichen Handelns gerichtet sind, über den Kostenausspruch hinaus für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 11 m. w. N.; Pietzner, a. a. O. § 167 Rn. 135 m. w. N.; a. A.: HessVGH, Teilurteil vom 19. September 1989 - 2 S 576/89 -, juris Rn. 16 ff.). Das folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie soll im Interesse der Sicherung der Gewaltenteilung gewährleisten, dass in die Amtsführung der Behörde grundsätzlich nur mit rechtskräftigen Entscheidungen eingegriffen wird, und will mithin verhindern, dass die staatliche Verwaltung durch ein Urteil zu hoheitlichem Handeln angehalten wird, dessen Bestand - mangels Rechtskraft - noch in Frage steht (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 12; Pietzner, a. a. O.). Bei Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Anliegens kann es aber nicht entscheidend darauf ankommen, ob das hoheitliche Verwaltungshandeln in der Form eines Verwaltungsakts erfolgt; vielmehr gelten diese Grundsätze gleichermaßen, wenn eine Behörde durch ein Leistungsurteil - wie hier - verpflichtet werden soll, die Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit zu unterlassen oder hoheitliche Maßnahmen vorzunehmen, so dass § 167 Abs. 2 VwGO insoweit auch auf Urteile, die auf allgemeine Leistungsklagen ergehen, entsprechend anzuwenden ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O.).

5

Einer solchen ausdehnenden Anwendung steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 167 Abs. 2 VwGO die Leistungsklage nicht ausdrücklich erwähnt. Denn der Gesetzgeber ist beim Erlass des § 167 Abs. 2 VwGO davon ausgegangen, mit dieser Vorschrift alle verwaltungsgerichtlichen Urteile erfasst zu haben, die ein hoheitliches Handeln zum Gegenstand haben und ihrer Art nach vollstreckbar sind. Zum Zeitpunkt des Erlasses des § 167 Abs. 2 VwGO war die allgemeine Leistungsklage allenfalls als Geldleistungsklage geläufig, während die auf Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlicher Handlungen gerichtete Leistungsklage erst später in das Blickfeld von Rechtsprechung und Schrifttum gelangte (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 13; Pietzner, a. a. O. § 167 Rn. 135 sowie § 172 Rn. 18).

6

Mit dem Leistungsurteil des Verwaltungsgerichts ist der Antragstellerin ein schlicht-hoheitliches Handeln aufgegeben worden. Dass der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Anspruch in ihrer Beamtenstellung wurzelt, ändert daran nichts. Auch die Verurteilung zur amtsangemessenen Beschäftigung eines Beamten greift in die hoheitliche Verwaltung der Antragstellerin ein, auf deren Schutz § 167 Abs. 2 VwGO abzielt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der durch die vorläufige Vollstreckung des Urteils zugunsten der Antragsgegnerin geschaffene Zustand zu einem späteren Zeitpunkt für die Zukunft korrigiert werden könnte und in diesem Sinne nicht irreparabel wäre. Schließlich kann die Antragsgegnerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Verwaltungsgericht die Antragstellerin bereits durch einstweilige Anordnung vom 18. Dezember 2014 verpflichtet hatte, sie - die Antragsgegnerin - amtsangemessen zu beschäftigen. § 167 Abs. 2 VwGO betrifft ausschließlich die Vollstreckung aus Urteilen; der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist demgegenüber an das Vorliegen besonderer Voraussetzungen geknüpft und insbesondere nicht schon aufgrund des Nachweises bzw. der Glaubhaftmachung der materiellen Rechtsposition gerechtfertigt.

7

Eine Kostenentscheidung entfällt, da das Verfahren auf Erlass einer Zwischenentscheidung keine eigenständige Kostenfolge auslöst (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014, a. a. O. Rn. 7 m. w. N.).

8

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Ist bei einer Leistungsklage ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht durch Zwischenurteil über den Grund vorab entscheiden. Das Gericht kann, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, anordnen, daß über den Betrag zu verhandeln ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten, den Luftreinhalteplan der Freien und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass der Grenzwert (Jahresmittelwert) nach der Luftqualitätsrichtlinie, Richtlinie 2008/50/EG bzw. § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV für Stickstoffdioxid eingehalten wird.

2

Die Beklagte hat im Oktober 2004 einen Luftreinhalteplan erlassen (http://www.hamburg. de/contentblob/143556/data/luftreinhalteplan.pdf) sowie im Dezember 2005 einen Aktionsplan gegen Belastungen durch Feinstaub Hamburg/Habichtstraße (http://www.ham-burg.de/contentblob/143558/data/aktionsplan-feinstaub.pdf). Nachdem sich im Zuge der Planungen für eine Fortschreibung der Maßnahmen zur Verminderung der Feinstaubbelastung der Partikelgröße PM10 herausgestellt hatte, dass auch die europa- und bundesrechtlich vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) nicht eingehalten werden konnten, begann die Beklagte mit einer Fortschreibung eines integrierten Luftreinhalteplans. Die Fortschreibung erfolgte nach der Beteiligung von Behörden und anderen öffentlichen Stellen, der öffentlichen Auslegung und Bearbeitung der acht eingegangenen Stellungnahmen von Privaten und Verbänden sowie der Beteiligung der Bürgerschaft im Dezember 2012 (Amtl. Anz. vom 28.12.2012 – im Folgenden: Fortschreibung – http://www.hamburg.de/contentblob/3744850/data/fortschreibung-luftreinhalteplan.pdf). In der Fortschreibung werden die Rechtslage, die aktuellere Luftschadstoffbelastung in Hamburg, die bislang ergriffenen Maßnahmen auf nationaler und Hamburger Ebene, die mit der Fortschreibung vorgesehenen Maßnahmen sowie – soweit quantifizierbar – deren erwarteter Effekt und die Prognose zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte dargestellt. Die Fortschreibung sieht zur Reduzierung der NO2-Belastung und weiterer Luftschadstoffbelastungen insgesamt 80 Maßnahmen auf den Gebieten der Mobilität (38 Maßnahmen), der Schifffahrt (7 Maßnahmen) und der Energie (35 Maßnahmen) vor. Zugleich wird in der Fortschreibung (S. 70 f, 87) ausgeführt, dass allein mit den Hamburg zur Verfügung stehenden Maßnahmen die Immissionsgrenzwerte bis 2015, dem Ende der möglichen Verlängerungsfrist nach der Luftqualitätsrichtlinie für die Einhaltung der Grenzwerte, nicht eingehalten werden können. Es wird weiter auf die Regelungsmöglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene wie auch auf die vergleichbaren Probleme in anderen Großstädten Bezug genommen.

3

Die Europäische Kommission erhob mit Beschluss vom 20. Februar 2013 in Kenntnis der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gegen die von der Bundesrepublik Deutschland mitgeteilte Verlängerung der Frist gemäß Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG für die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten u.a. insoweit Einwände, als für die Beklagte mitgeteilt worden war, dass die Frist für die Einhaltung des Jahresgrenzwertes für NO2 bis zum Jahr 2015 verlängert werde. Hinsichtlich der Verlängerung der Frist zur Einhaltung des Stundengrenzwertes im Gebiet der Beklagten erhob die Kommission dagegen keine Einwände.

4

Die Kläger haben am 5. April 2013 Klage erhoben.

5

Der Kläger zu 1) wohnt in der Max-Brauer-Allee. Er macht geltend, an seinem Wohnort und auf dem mit dem Fahrrad bewältigten Weg zur Arbeitsstätte in der A-Straße (entlang der Max-Brauer-Allee, B-Straße, C-Straße) werde der Immissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ mit einem Wert von 65 µg/m³ im Jahresmittel (Max-Brauer-Allee 92) erheblich überschritten. Seine Gesundheit sei durch die andauernden NO2-Immissionen gefährdet. Mit den nach der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen sei nach den Feststellungen der Beklagten eine Reduzierung der Immissionen bis auf den gesetzlichen Grenzwert selbst bis zum Jahr 2026 nicht zu erreichen. Ihm stehe daher ein Anspruch aus § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 27, 3 der 39. BImSchV auf Aufnahme schneller wirkender und wirksamerer Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zu. Seine Klagebefugnis als Betroffener sei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie der deutschen Verwaltungsgerichte anerkannt. Nichts anderes ergebe sich aus einem Urteil des OVG Münster, in dem eine Klagebefugnis für eine Klage auf sogenannte planunabhängige Maßnahmen zur Verminderung der Luftschadstoffimmissionen gemäß § 45 BImSchG anerkannt werde. Die Möglichkeit zur Durchsetzung derartiger Maßnahmen stehe einer Klagebefugnis im Hinblick auf planabhängige Maßnahmen aufgrund des als drittschützend anerkannten § 47 BImSchG nicht entgegen. Auch fehle es insoweit nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn er könne sein Rechtsschutzziel mit planunabhängigen Maßnahmen nicht auf eindeutig einfachere Weise erreichen. Auch hinsichtlich dieser Maßnahmen stehe der Beklagten Ermessen zu. Zudem setze ein Einschreiten nach § 45 BImSchG nach wohl herrschender Auffassung voraus, dass die erforderliche Abhilfe bei Grenzwertüberschreitungen nicht über Pläne erreicht werden könne. Auch gehe die Beklagte selbst davon aus, dass die Einhaltung der Grenzwerte nur durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen erreicht werden könne. Dies setze eine Planung voraus.

6

Der Kläger zu 2) ist ein anerkannter Umweltverband. Er beruft sich auf sein Recht, in den Fällen, in denen durch Unionsrecht substanziell verfahrensrechtliches und materiellrechtliches Umweltschutzrecht gesetzt worden sei, dessen Einhaltung gegenüber dem Staat gerichtlich durchzusetzen. Die Klagebefugnis von Umweltverbänden auf Erlass geeigneter Luftreinhaltepläne habe das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausdrücklich anerkannt.

7

Die Kläger berufen sich auf einen Anspruch auf Ergreifung wirksamer Maßnahmen zum schnellstmöglichen Ausschluss der Überschreitung von Grenzwerten. Dieser ergebe sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 RL 2008/50 EG. Sie machen geltend, die Beklagte verletze Unionsrecht und dessen Umsetzung in innerstaatliches Recht (§ 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 27, 3 der 39. BImSchV), indem sie nicht alle Maßnahmen ergriffen habe, die möglich und verhältnismäßig seien, damit die Immissionsgrenzwerte für NO2 (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) spätestens bis zum Ende des Jahres 2015 im Gebiet der Beklagten eingehalten werden. Sowohl aus dem Luftreinhalteplan selbst, als auch aus einer Rüge durch die Europäische Kommission ergebe sich, dass die Beklagte ihren immissionsschutzrechtlichen Pflichten nicht genügt habe. Die Überschreitung des Jahresmittelwertes für NO2 ergebe sich zudem aus einem von der Beklagten selbst in Auftrag gegebenen Gutachten des Ingenieurbüros L. GmbH & Co KG (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg), das die Messwerte des Hamburger Luftmessnetzes nach den eigenen Angaben der Beklagten bestätige. Dem Anspruch stünden die Schwierigkeiten, die Grenzwerte einzuhalten, nicht entgegen. Diese seien bei der Novellierung des europäischen Luftreinhalterechts bekannt gewesen und hätten dazu geführt, dass in Art. 22 RL 2008/50 EG die Möglichkeit zur Verlängerung der Fristen für die Einhaltung der Grenzwerte normiert worden sei. Davon sei auch Gebrauch gemacht worden.

8

Die Kläger vertreten die Auffassung, es stünden wirksamere Mittel zur Verminderung der NO2-Belastung zur Verfügung, wie etwa die Einführung einer City-Maut, einer Umweltzone und der Bau der Stadtbahn. Die City-Maut und die Umweltzonen seien in anderen Städten eingeführt worden und seien zur Minderung derartiger Immissionen – auch von Gerichten - allgemein anerkannt. Die Beklagte verwerfe derartige Maßnahmen ohne eingehende Diskussion als unverhältnismäßig. Die Kläger erkennen an, dass ihnen angesichts der Vielzahl möglicher Maßnahmen zur Luftreinhaltung kein Anspruch auf die Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zustehe. Die Beklagte könne sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie bereits eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen habe. Der Anspruch der Kläger richte sich nicht nur auf die Einführung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung, sondern auf die Einführung von Maßnahmen, mit denen sich die Einhaltung der Grenzwerte erreichen lasse. Dazu seien die bislang von der Beklagten geplanten Maßnahmen nach deren eigenen Feststellungen in der Fortschreibung nicht ausreichend. Die Beklagte könne sich weiter nicht darauf berufen, dass die tatsächlich gemessenen Luftverunreinigungen hinter den der Luftreinhalteplanung zugrunde gelegten Luftverunreinigungen zurückblieben. Das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffbelastung und -prognose sei in §§ 13 ff der 39. BImSchV verbindlich vorgegeben. Die Grenzwertbildung und die Methodik der Erhebung seien als rechtliche Einheit zu betrachten. Soweit die Beklagte sich auf die Berücksichtigung getroffener, in ihren Auswirkungen aber nicht quantifizierbarer Maßnahmen berufe, gehe dies fehl, weil sich eben nicht feststellen lasse, dass diese Maßnahmen tatsächlich einen berücksichtigungsfähigen Effekt hätten. Die Beklagte könne schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass Maßnahmen wie die Einführung einer Umweltzone unverhältnismäßig seien. Einerseits verlangten sie nicht die Einführung einer Umweltzone, deren Einführung im Übrigen in allen Städten, in denen sie bislang Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden sei, für rechtmäßig gehalten worden sei. Standortspezifische Besonderheiten seien nicht erkennbar. Zwar sei nicht zu verkennen, dass ein Teil der Immissionen aus dem Hafenbetrieb stamme. Könne dieser Anteil jedoch nicht hinreichend schnell verringert werden, müsse auf andere Maßnahmen zurückgegriffen werden. Andererseits ergebe sich aus der 1. Fortschreibung des Luftreinhalteplans, dass die NO2-Belastung in den hauptbetroffenen Stadtteilen durch den straßenbezogenen Verkehr verursacht sei.

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Die Kläger beantragen,

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die Beklagte zu verpflichten, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält,

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hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu bescheiden, dass eine Änderung des gültigen Luftreinhalteplans die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des genannten Immissionswertes enthält.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Sie ist der Auffassung, die Klagen seien bereits unzulässig. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile anerkannt, dass Umweltverbänden aufgrund europäischen Rechts eine Klagebefugnis hinsichtlich des Erlasses von Luftreinhalteplänen zukomme. Auch sei § 47 BImSchG wohl nach der Rechtsprechung als drittschützend anzusehen. Die Klage des Klägers zu 1) sei mit dem angekündigten Klageantrag jedoch unzulässig, weil er der Sache nach ein Recht auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans aus Gründen des Gesundheitsschutzes geltend mache und daher darauf beschränkt sei, Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 in dem Bereich zu verlangen, in dem seine Gesundheit aktuell gefährdet sei. Ihm fehle es auch an einem Rechtsschutzinteresse, weil er Maßnahmen zu seinem Gesundheitsschutz einfacher durch eine Forderung von planunabhängigen Maßnahmen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG verfolgen könne. Die Klage beider Kläger sei mit den angekündigten Anträgen unzulässig, weil diese zu unbestimmt seien. Der Tenor einer Leistungsklage müsse grundsätzlich einen vollstreckbaren Inhalt haben. Daran fehle es, wenn – wie hier – nur das mit der eingeklagten Ergänzung des Luftreinhalteplans zu erreichende Ziel der Klage, nicht aber eine konkrete Maßnahme begehrt werde. Eine solche Tenorierung führe dazu, dass die sachliche Auseinandersetzung über die Geeignetheit und Hinlänglichkeit einer jeden Maßnahme in das Vollstreckungsverfahren verlagert werde, wenn die Kläger nach einem Erfolg ihrer Klage im Vollstreckungsverfahren jede von der Beklagten getroffene (oder unterlassene) Maßnahme prüfen lassen könnten.

15

Die Klagen seien auch unbegründet. Den Klägern stehe kein Anspruch auf Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zu. Der Anspruch beschränke sich darauf, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der Maßnahmen enthalte, mit denen die Immissionsgrenzwerte in möglichst kurzer Zeit erreicht werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere das entsprechende Gebot eine Bewertung der zur Immissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf die zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus könne sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lasse. Auch insoweit werde aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen. Vielmehr könne nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden. Diesen Anforderungen genüge die Fortschreibung. Ein weitergehender Anspruch der Kläger sei weder der Anspruchsgrundlage zu entnehmen, noch mit dem planerischen Charakter der Luftreinhalteplanung vereinbar. Sie sei durch Rechtsnormen lediglich auf das Ziel der möglichst zeitnahen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte verpflichtet, die Wahl der Mittel bleibe ihr überlassen. Sie habe alle denkbaren und verhältnismäßigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte in ihren Luftreinhalteplan aufgenommen. Die Zielerreichung hänge allerdings auch von Faktoren ab, auf die sie keinen Einfluss habe. Die Grenzwertüberschreitungen zeigten sich in Hamburg ausschließlich an den Standorten der verkehrsnahen Messstationen direkt am Straßenrand in 1,5 m Messhöhe, so auch in der Max-Brauer-Allee auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen. Bereits in wenigen Metern Entfernung in den Seitenstraßen nehme die NO2-Belastung so weit ab, dass sie nur noch geringfügig über der Hintergrundbelastung und deutlich unter den Grenzwerten liege. Es sei daher fraglich, ob die Prognose, die der Fortschreibung zugrunde liege, nicht von zu hohen Immissionswerten ausgehe. Zugleich habe sich die Luftqualität in Hamburg in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Eine aktuelle Veröffentlichung des Umweltbundesamtes aus dem Mai 2014 gehe davon aus, dass der NO2-Jahresmittelgrenzwert in Hamburg auch ohne die nach der Fortschreibung vorgesehenen Minderungsmaßnahmen im Jahr 2020 an den Verkehrsmessstationen eingehalten werde (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_35_2014_komplett.pdf, S. 295 - 302). Ursache für die bislang anhaltend hohe NO2-Belastung bei im Übrigen rückläufiger Schadstoffbelastung der Luft in den Städten seien vor allem die Zunahme an dieselgetriebenen Fahrzeugen und die Partikelfilterung, die teilweise mit einer erheblichen Zunahme des NO2-Ausstoßes einhergehe. Zwar werde bei der Nutzung von Dieselfahrzeugen, die die Euro-6-Norm erfüllen, die NO2-Belastung abnehmen. Die Umstellung auf die Euro-6-Norm für Dieselfahrzeuge werde aber erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen und sei von ihr kaum zu beeinflussen. Sie habe jedoch ein umfangreiches Paket an Maßnahmen in die Fortschreibung aufgenommen, darunter Maßnahmen zur Verschiebung des Modal Split durch Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausbau der Fahrradinfrastruktur, Ausbau von Mobilitätsservicepunkten mit Sharing-Angeboten und anderes. Auch habe sie Maßnahmen zur Fahrzeugflottenerneuerung mit NO2-armen Antrieben und zur Verkehrsverstetigung und damit zur Verminderung der Anfahr- und Beschleunigungsvorgänge vorgesehen. Der Umsetzungsstand der Maßnahmen werde in einem Monitoringprozess überwacht. Die Beklagte führt insoweit näher zum Stand der Umsetzung der geplanten Maßnahmen aus. Sie weist weiter darauf hin, dass neben den Maßnahmen, aufgrund derer bei Erstellung der Fortschreibung von einer konkret bezifferten Minderung der NO2-Belastung ausgegangen worden sei, durch einen erheblichen Teil der geplanten Maßnahmen eine Verminderung der NO2-Belastung eintreten werde, die noch nicht habe beziffert werden können, weil die Auswirkungen der Maßnahmen nicht hinreichend quantifizierbar gewesen seien, um nach den gesetzlichen Vorgaben in die Prognoseberechnung einbezogen werden zu können.

16

Abschließend vertritt die Beklagte die Auffassung, die von den Klägern ins Feld geführten weiteren Maßnahmen zur NO2-Reduzierung seien nicht zu ergreifen. Dem Anspruch der Kläger werde mit den geplanten Maßnahmen genügt. Den von den Klägern, insbesondere dem Geschäftsführer der Klägerin zu 2) in einer Anhörung in der Hamburgischen Bürgerschaft genannten Maßnahmen – auf die sich die Beklagte angesichts der mangelnden Fassbarkeit aller denkbaren Maßnahmen beschränke – stünden Bedenken entgegen. Die Einführung einer nach der geltenden Gesetzeslage auf die Feinstaubreduzierung ausgerichteten Umweltzone sei ein ungeeignetes Mittel. Die stark NO2-emittierenden Fahrzeuge der Normen Euro-3 (mit Partikelfilter), Euro-4 und Euro-5 bekämen eine grüne Plakette und könnten durch die Einführung einer Umweltzone nicht an der Teilnahme am Straßenverkehr in Hamburg gehindert werden. Die mangelnde Eignung der Umweltzonen zur Verminderung der NO2-Immissionen habe letztlich auch der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) zugestanden. Die Einführung einer blauen Plakette in der 35. BImSchV, die mit einer NO2-Reduzierung einhergehen würde, stehe nicht in der Macht der Beklagten und sei daher gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG nicht in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Die Einführung einer City-Maut, deren Ausgestaltung im Übrigen noch unklar sei, bedürfe ebenfalls einer bundesrechtlichen Grundlage und könne daher gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Zur Reduzierung hafenbezogener Emissionen habe sie, die Beklagte bereits die wesentlichen Maßnahmen vorgesehen. Sie bemühe sich um die Landstromversorgung von Schiffen und um den Einsatz privater sogenannter „LNG-Bargen“ (Bargen, die über mit Flüssiggas betriebene Stromerzeuger verfügen), durch die im Hafen liegende Schiffe während der Liegezeit emissionsarm mit Strom versorgt werden können. Zur Stärkung des Radverkehrs unternehme sie bereits erhebliche Anstrengungen mit einem deutlichen Ausbau des „StadtRAD Hamburg – Systems“ und der geplanten Einführung der Alsterrouten. Den Bau einer Straßenbahn/Stadtbahn als drittes schienengebundenes Verkehrsmittel neben der S- und U-Bahn halte sie nicht für sinnvoll. Sie stärke allerdings den ÖPNV mit der Metro-Buslinie 5, die im Dezember 2014 den Betrieb aufnehme und mit der Planung einer U-Bahnlinie 5 sowie dem Ausbau bestehender Linien. Ob eine generelle Beschränkung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h auch auf den Hauptverkehrsstrecken überhaupt zu einer Verminderung der NO2-Belastung führen würde, sei nach den jüngsten Studien des Umweltbundesamtes (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikation-en/texte_26_2014_komplett_23.5.2014_0.pdf - Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung) sowie der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/23231/aviso-bericht-wirkung-tempo30-2012.pdf?command=downloadContent&filename=aviso-bericht-wirkung -tempo30-2012.pdf - Ersteinschätzung der Wirkung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen auf die NOx- und PM10-Emissionen) nicht klar. Eine Herabsetzung der NO2-Emissionen könne durch eine solche Maßnahme nur erreicht werden, wenn sie zur Verstetigung des Verkehrsflusses führe. Das sei für die Hauptverkehrszeiten nicht erkennbar. Zudem berge die Tempoverminderung auf den Hauptverkehrsstraßen das Risiko, dass die Bündelungswirkung der Hauptverkehrsstraßen verloren gehe und es zu Verlagerungseffekten in das nachgeordnete Netz der bestehenden Tempo-30-Zonen komme. Das sei mit dem Gebot des § 26 der 39. BImSchV zur Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität nicht vereinbar. Eine flächendeckende Gewichtsbeschränkung der Fahrzeuge im Sinne eines „LKW-Fahrverbotes“ sei gegenwärtig kein realisierbares Konzept, weil keine alternativen Transportkapazitäten für den Wirtschaftsverkehr zur Verfügung stünden. Lokale Einschränkungen des Verkehrs würden nach den Erfahrungen mit Baustellen lediglich zu einer Umlagerung des Verkehrs führen, nicht aber zu einer flächendeckenden Verminderung des Verkehrs. Eine Landesförderung für Euro-6-Fahrzeuge könne, selbst wenn man sie im Ergebnis befürworte, obwohl sie nach dem Beihilferecht der Europäischen Union nicht (mehr) vorgesehen sei, nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Zu ihrer Einführung bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage, zu deren Schaffung sie nicht durch einen Luftreinhalteplan verpflichtet werden könne.

17

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurden die von der Beklagten übersandten 11 Leitzordner Sachakten gemacht.

Entscheidungsgründe

18

Die von den Klägern erhobene Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.).

I.

19

Die Klage ist zulässig.

20

Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Begehren des Klägers auf die Vornahme einer nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Amtshandlung der Verwaltung gerichtet ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb § 40 Rn. 8a). So liegt der Fall hier, denn der Luftreinhalteplan, dessen Änderung die Kläger begehren, ist kein Verwaltungsakt, sondern seiner Rechtsnatur nach einer Verwaltungsvorschrift ähnlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21/12, E 147, 312 m.w.N.).

21

Der von den Klägern gestellte Klageantrag ist hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Dem Antrag ist zu entnehmen, welches konkrete Klageziel die Kläger erstreben, nämlich den Erlass eines Luftreinhalteplans, dessen Maßnahmen dazu führen, dass der Jahresmittelgrenzwert für NO2 so schnell wie möglich eingehalten wird. Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, dass die Vollstreckung eines stattgebenden Urteils Schwierigkeiten bereiten kann, wenn lediglich das Ziel der Luftreinhaltungsmaßnahmen durch das Urteil vorgegeben wird, nicht aber die zur Erreichung des Ziels von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen. Die Benennung allein des Ziels der Luftreinhaltung spiegelt jedoch die planerische Gestaltungsfreiheit wider, die das Gesetz der Beklagten einräumt (BVerwG, Urt. v.5.9.2013, a.a.O., m.w.N).

22

Die Kläger sind klagebefugt. Für den Kläger zu 1) ergibt sich die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche (BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, a.a.O.) Klagebefugnis daraus, dass er als Anwohner der Max-Brauer-Allee von der an der Messstation Max-Brauer-Allee 92 gemessenen Überschreitung des über ein Jahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 betroffen ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität in der Fassung der Verordnung Nr. 1882/2003 müssen von Grenzwertüberschreitungen Betroffene die Möglichkeit haben, die zuständigen nationalen Behörden dazu zu bringen, einen Aktionsplan zu erstellen (Urt. v. 25.7.2008, C-237/07, juris). Diese aus Art. 249 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und früheren Judikaten abgeleitete, zu der Vorgängerrichtlinie der im vorliegenden Fall anwendbaren Richtlinie 2008/50/EG ergangene Rechtsprechung ist auf die Befugnis zur Klage auf Luftreinhaltepläne nach der aktuell geltenden Richtlinie und – in deren Umsetzung – nach § 47 Abs. 1 BImSchG, übertragbar. Die Luftqualitätspläne nach Art. 23 der Richtlinie 2008/50/EG bzw. Luftreinhaltepläne gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG sind an die Stelle der Aktionspläne nach Art. 7 Abs. 3 der Vorgängerrichtlinie getreten. Anhaltspunkte dafür, dass Individualrechtsschutz in Bezug auf Luftqualitätspläne nach der Richtlinie 2008/50/EG abweichend von der Vorgängernorm hätte ausgeschlossen werden sollen, liegen nicht vor. Auch den Regelungen zum Luftreinhalteplan nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber den Individualrechtsschutz bei der Umsetzung der Richtlinie hätte begrenzen wollen.

23

Hinsichtlich der Klagebefugnis des Klägers zu 2), eines anerkannten Umweltverbandes, folgt das Gericht aus Gründen der Vereinheitlichung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 5.9.2013, a.a.O.). Danach können anerkannte Umweltverbände aus eigenem Recht Luftreinhaltepläne einklagen.

24

Den Klägern steht schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Daran fehlt es regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen lassen (Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 42 Rn. 335). An solchen Umständen fehlt es hier. Das Rechtsschutzinteresse ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte (schon vor Klageerhebung) im Dezember 2012 eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans erlassen hat, in der die Maßnahmen bezeichnet werden, die sie zur Verminderung der NO2-Belastung zu ergreifen beabsichtigt. Dem Begehren der Kläger ist damit nicht bereits entsprochen. Sie berühmen sich eines Rechtes auf den Erlass des Luftreinhalteplans, der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresmittelgrenzwertes für diesen Luftschadstoff enthält und machen geltend, die aktuelle Fortschreibung genüge dem nicht. Ob das geltend gemachte Recht tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

II.

25

Die Klage hat in der Sache Erfolg. Den Klägern steht ein Anspruch auf Erlass eines Luftreinhalteplans zu, der Maßnahmen vorsieht, die zur baldigen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ führen.

26

Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist § 47 Abs. 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift, mit der Deutschland Art. 23 Abs. 1 RL 2008/50/EG umsetzt, hat die zuständige Behörde dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Die Beklagte war danach verpflichtet, den Luftreinhalteplan aufzustellen bzw. den bestehenden Luftreinhalteplan fortzuschreiben (dazu 1.). Die Fortschreibung ist formell fehlerfrei erfolgt (dazu 2.). Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan jedoch nicht den Anforderungen (dazu 3.). Die Beklagte war daher zu verurteilen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt (dazu 4.).

27

1. Die Beklagte war gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2004 fortzuschreiben oder einen neuen Plan zu erlassen, weil der durch die 39. BImSchV festgelegte Immissionsgrenzwert für die NO2-Belastung im Jahresmittel nicht eingehalten wurde. Die aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV) vom 2. August 2010 dient der Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Danach war die Beklagte verpflichtet, einen Luftreinhalteplan für NO2 aufzustellen, weil der Jahresmittelgrenzwert dafür selbst unter Berücksichtigung einer Toleranzmarge überschritten wurde. Nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV beträgt der zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 μg/m3. Dieser Grenzwert war gemäß Anlage 11 B der 39. BImSchV ab dem 1. Januar 2010 einzuhalten. Die Toleranzmarge beträgt 50 %, gilt aber nur im Zusammenhang mit einer nach § 21 der 39. BImSchV gewährten Fristverlängerung und es ist gemäß § 21 Abs. 4 Satz 2 der 39. BImSchV sicherzustellen, dass die Toleranzmarge eingehalten wird. Die Inanspruchnahme einer solchen Fristverlängerung hat die Beklagte zwar gemäß § 21 Abs. 2 der 39. BImSchV durch die Bundesregierung der Kommission mitgeteilt. Die Kommission hat dagegen jedoch innerhalb der neunmonatigen Frist nach § 21 Abs. 4 Satz 1 der 39. BImSchV im Hinblick auf den Jahresmittelgrenzwert Einwände erhoben, so dass die Fristverlängerung und damit die Toleranzmarge nicht gelten. Selbst unter Berücksichtigung der Toleranzmarge war aber ein Luftreinhalteplan für NO2 aufzustellen, weil der Jahresmittelgrenzwert in den Jahren bis einschließlich 2011 an drei der vier Verkehrsmessstellen (Habichtstraße 2010: 60 μg/m3, 2011: 61 μg/m3, Max-Brauer-Allee 2010: 70 μg/m3, 2011: 67 μg/m3, Stresemannstraße 2010: 66 μg/m3, 2011: 61 μg/m3) oberhalb von 60 µg/m3 und damit oberhalb der Toleranzmarge lag.

28

2. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung zur Aufstellung des Luftreinhalteplans formell fehlerfrei nachgekommen. Sie hat den Luftreinhalteplan gemäß § 27 Abs. 4 der 39. BImSchV als integrierten Luftreinhalteplan aufgestellt, weil neben dem Jahresmittelgrenzwert für NO2 im Jahr 2010 an einer Messstation auch der Stundenmittelgrenzwert für NO2 und im Jahr 2011 die zulässige Zahl der Überschreitungen der Grenzwerte für die Feinstaubbelastung (PM10) überschritten worden waren. Die Fortschreibung enthält die nach Anlage 13 zur 39. BImSchV erforderlichen Angaben. Das Verfahren zum Erlass der Fortschreibung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die nach § 47 Abs. 5 a) BImSchG vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt und sind die fristgemäß eingegangenen Stellungnahmen bei der Erstellung des Plans berücksichtigt worden. Der Plan ist im Amtsblatt veröffentlicht und einen Monat öffentlich ausgelegt worden und der Öffentlichkeit im Internet zugänglich.

29

3. Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan jedoch nicht den Anforderungen.

30

a) Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Gemäß § 47 Abs. 4 BImSchG sind die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.

31

Die in dem Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen müssen dementsprechend nicht zu einer vollständigen und sofortigen Verhinderung der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten führen (vgl. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 47 Rn. 14). Diese Vorgabe entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu dem Inhalt von Aktionsplänen nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62 und ist auf die dem aktuellen Recht zugrunde liegende Vorschrift des Art. 23 RL 2008/50 EG übertragbar. Der Europäische Gerichtshof hat in der genannten Entscheidung weiter konkretisierend ausgeführt (Urt. v. 25.7.2008, C-237/07, Rn. 45 – 47, juris), aus dem Aufbau der Richtlinie, die eine integrierte Verminderung der Luftverschmutzung bezwecke, ergebe sich, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen haben, die geeignet sind, die Gefahr einer Überschreitung und ihre Dauer unter Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und der betroffenen Interessen auf ein Minimum zu reduzieren. Unter diesem Aspekt sei darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten über einen Ermessensspielraum verfügen, dass Art. 7 Abs. 3 RL 96/62 aber die Ausübung dieses Ermessens hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen, die der Aktionsplan enthalten muss, am Ziel der Verringerung der Gefahr der Überschreitung und der Beschränkung ihrer Dauer unter Berücksichtigung des Ausgleichs, der zwischen diesem Ziel und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen sicherzustellen ist, Grenzen setzt. Den Mitgliedstaaten obliege nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans und kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und aller betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren.

32

Aus diesen Ausführungen lässt sich zunächst entnehmen, dass es für die Beurteilung, ob ein Luftreinhalteplan den Anforderungen des § 47 BImSchG und des zugrundeliegenden europäischen Rechts genügt, auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ankommt. Denn der Europäische Gerichtshof stellt ausdrücklich auf die Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und betroffenen Interessen ab. Dies kann sich nur auf den genannten Zeitpunkt beziehen, weil die zur Aufstellung des Luftreinhalteplans verpflichtete Behörde nur bis zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, die vorliegenden Umstände und betroffenen Interessen in ihre Entscheidung mit einzubeziehen. Die Wahl dieses Zeitpunktes als für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit des Luftreinhalteplans maßgeblich trägt auch dem Umstand Rechnung, dass das Gericht allein zur Kontrolle des von der Behörde erstellten Luftreinhalteplans berufen und in der Lage ist, nicht aber zur Ausübung eigenen planerischen Ermessens.

33

Den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs ist weiter zu entnehmen, dass nach europäischem Recht bei der Entscheidung über die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte abzustellen ist, sondern dass die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu geschehen hat und dass das Ziel der Luftreinhaltung zu einem Ausgleich mit jenen Interessen zu bringen ist. Ein solcher Ausgleich findet zwar nicht ausdrücklich in § 47 BImSchG und der 39. BImSchV seine Entsprechung. § 47 Abs. 4 BImSchG, der auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abstellt, betrifft lediglich die Verteilung der Belastung auf die unterschiedlichen Emittenten entsprechend ihrem Anteil an der Luftschadstoffbelastung. Das Gebot des Interessenausgleichs ist jedoch in der Vorgabe des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG enthalten, Maßnahmen zu treffen, die die Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich halten. Die Anbindung an das Mögliche ist im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 GG vorgegebene Rechtsstaatsprinzip und den daraus folgenden, im deutschen Recht staatliches Handeln beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel dahingehend zu verstehen, dass bei der Auswahl der Maßnahmen, die in den Luftreinhalteplan aufzunehmen sind, auch die entgegenstehenden Interessen zu berücksichtigen sind, soweit mit den zu planenden Maßnahmen in Rechte Dritter eingegriffen werden kann. Die Beschränkung auf das Mögliche bedeutet in gleicher Weise aber auch, dass die Behörde bei der Planung von Luftreinhaltemaßnahmen entgegenstehende öffentliche Interessen zu berücksichtigen hat. Die Luftreinhaltung zum Schutz der menschlichen Gesundheit (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) stellt ein sehr gewichtiges, aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen (und staatlichen Aufgaben) genießendes Ziel dar. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen bei dem vorzunehmenden Ausgleich umso mehr an Gewicht zukommt, je gravierender die Gesundheitsgefährdung ist und je länger diese andauert.

34

b) Diesen Maßstäben genügen die von der Beklagten in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen nicht.

35

aa) Die Maßnahmen, die von der Beklagten in den Luftreinhalteplan aufgenommen und in ihrer Wirkung quantifiziert worden sind – Luftgütepartnerschaft, Erneuerung der Busflotte, Verschiebung des Modal-Splits zugunsten des Umweltverbundes – sowie die prognostizierte Flottenerneuerung des Kfz-Bestandes in Hamburg führen nicht zur Einhaltung des Grenzwertes nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV. Nach den eigenen Erwartungen der Beklagten (Fortschreibung, S. 87) ist der Jahresmittelgrenzwert an der Max-Brauer-Allee, dem Wohnort des Klägers zu 1), mit den vorgesehenen Maßnahmen bis zum Ende des Prognosezeitraums im Jahr 2026 nicht einzuhalten, während die Einhaltung des Grenzwertes an den Verkehrsmessstationen Kieler Straße (2017/2018), Stresemannstraße (2023) und Habichtstraße (2025) früher erreicht werden soll.

36

bb) Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, bei einer noch regelkonformen Positionierung der Messinstrumente an den Verkehrsmessstationen entsprechend der Anlage 3 der 39. BImSchV (10 m entfernt vom Fahrbahnrand in 4 m Höhe, statt am Fahrbahnrand in 1,5 m Höhe) würde sich eine deutlich geringere NO2-Belastung ergeben. Dies gelte besonders für die Verkehrsmessstation an der Max-Brauer-Allee, die auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen aufgestellt sei. Die Beklagte hat die Aufstellungsorte selbst und regelkonform gewählt und auf die ermittelten Werte ihre Luftreinhalteplanung und die Immissionsprognosen gestützt. Die Wahl der Standorte für die Immissionsmessungen liegt – im Rahmen der rechtlichen Vorgaben– im Ermessen der Beklagten. Dieses hat sie fehlerfrei ausgeübt. Das Gericht hat weder einen Anlass noch das Recht zu prüfen, ob eine andere Wahl der Verkehrsmessstationen zu für die Beklagte günstigeren Werten der NO2-Belastung führen würde. Einer Beweiserhebung bedarf es insoweit nicht.

37

Ebenso wenig kann die Beklagte mit Erfolg geltend machen, in die Immissionsprognosen seien die zahlreichen in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht quantifizierten Maßnahmen zur Luftreinhaltung nicht mit eingeflossen, es sei daher davon auszugehen, dass sich die NO2-Belastung stärker reduzieren werde, als dies prognostiziert worden sei. Einer Berücksichtigung dieser Annahme steht schon entgegen, dass es die Aufgabe der Beklagten bei der Erstellung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gewesen wäre, die quantifizierbaren Auswirkungen der geplanten Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich zu quantifizieren und in die Prognosen einzustellen. Soweit nicht hinreichend konkret absehbar war, dass und in welchem Umfang die Maßnahmen zu einer Verminderung der Luftschadstoffbelastung führen würden und der Aufwand einer weiteren Konkretisierung oder die damit verbundenen Festlegungen nicht erbracht werden konnten und sollten, war es konsequent, diese Maßnahmen – wie geschehen – bei der Prognose der Entwicklung der Schadstoffbelastung unberücksichtigt zu lassen. Das Gericht ist nicht dazu berufen, die der Planungshoheit der Beklagten unterliegende Entscheidung, welche Maßnahmen bei der von ihr zu treffenden Immissionsprognose Berücksichtigung finden sollen, durch eigene Erwägungen zu ersetzen. Im Übrigen lassen die nach Erlass der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgenommenen Messungen auch nicht erkennen, dass sich die Belastung an den Verkehrsmessstationen erheblich günstiger entwickelt hat, als dies prognostiziert worden ist. Die Beklagte hat die Ergebnisse der Messungen an den Verkehrsmessstationen bis einschließlich 2013 vorgelegt (Bl. 511 der Prozessakte). Daraus ergibt sich im Vergleich zur Prognose in der Fortschreibung (S. 87) an der Verkehrsmessstation Kieler Straße eine geringfügig günstigere tatsächliche Entwicklung im Vergleich zur Prognose, während die Prognose für die Habichtstraße in etwa eingetreten ist und die prognostizierte NO2-Verminderung an der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße nicht ganz erreicht worden ist. Nichts entscheidend anderes ergibt sich aus den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Diagrammen, die auch die NO2-Belastung an den Verkehrsmessstationen zum Ende des dritten Quartals 2014 wiedergeben (Bl. 748 der Prozessakte).

38

Die Beklagte kann sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Umweltbundesamt in seiner im August 2014 veröffentlichten Studie (Texte 35/2014, Luftqualität 2020/2030: Weiterentwicklung von Prognosen für Luftschadstoffe unter Berücksichtigung von Klimastrategien, S. 301, 302) zu dem Ergebnis kommt, nach dem zugrunde gelegten Szenario werde an allen vier Verkehrsmessstationen der Jahresmittelgrenzwert für NO2 im Jahr 2020 eingehalten werden. Unabhängig davon, dass diese Studie im für die Beurteilung der Fortschreibung maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht existierte, weist sie erhebliche Unsicherheiten in der Berechnung der Schadstoffbelastung für die Verkehrsmessstationen auf. Die Studie selbst geht von einem Unsicherheitsbereich von 5 µg/m3 aus, was bei den Verkehrsmessstationen Max-Brauer-Allee und Habichtstraße für das Jahr 2020 zu einer Grenzwertüberschreitung führen würde.

39

cc) Der Fortschreibung des Luftreinhalteplans und den vorgelegten Sachakten ist zu entnehmen, dass die geplanten Maßnahmen zur Verminderung der NO2-Immissionen nicht alle verhältnismäßigen Maßnahmen umfassen, um den zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten Jahresmittelgrenzwert für diese Luftschadstoffe möglichst zeitnah einzuhalten. Der von der Beklagten vorgenommene Ausgleich der widerstreitenden Ziele und Interessen berücksichtigt das Gewicht des Schutzes der menschlichen Gesundheit nicht hinreichend.

40

Von einer Gesundheitsgefährdung war hier nach den nicht in Zweifel zu ziehenden Ausführungen der Beklagten im Luftreinhalteplan auszugehen, weil Stickoxide in einen Zusammenhang mit Atemwegs- und Herz-/Kreislauferkrankungen gebracht werden und es bereits im Bereich des Jahresmittelgrenzwertes von 40 μg/m3 zu einer verzögerten Lungenentwicklung von Kindern kommen soll (Fortschreibung, S. 5, 6). Dieser Grenzwert wurde an allen vier Verkehrsmessstationen weit überschritten.

41

Dem Schutz der menschlichen Gesundheit durch Verminderung der Luftschadstoffbelastung dienen die von der Beklagten geplanten Maßnahmen.

42

Es ist im Grundsatz auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei ihrer Auswahl den Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung im Bereich des Straßenverkehrs gelegt hat. Gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Da die NO2-Belastung vorwiegend durch den Straßenverkehr und – in geringerem Maß durch den Schiffsverkehr und sonstige Emittenten wie Industrie und Hausbrand – verursacht wird (Fortschreibung S. 49) waren nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorwiegend Maßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs zu treffen.

43

Es ist von der Planungshoheit der Beklagten auch gedeckt und mit dem Ziel des § 47 Abs. 1 BImSchG vereinbar, dass die Beklagte von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen abgesehen hat. Zwar geht das Gericht davon aus, dass verkehrsbeschränkende Maßnahmen, wie etwa Durchfahrtverbote durch besonders belastete Bereiche kurzfristig zu einer Minderung der NO2-Belastung hätten führen können. Die Beklagte hat dazu jedoch in nachvollziehbarer Weise unter Bezugnahme auf Untersuchungen für München ausgeführt, dass eine drastische Beschränkung des Verkehrs erforderlich gewesen wäre, um einen ausreichenden Minderungseffekt bei den NO2-Immissionen herbeizuführen und dass dann mit einer Verlagerung des Verkehrs zu rechnen gewesen wäre.

44

Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte auf die Einführung einer Umweltzone im Hinblick auf den geringen zu erwartenden Effekt und die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen, die mit einer Umweltzone verbunden sind, verzichtet hat (Fortschreibung S. 73 – 75). Aus dem von ihr eingeholten Gutachten des Planungsbüros SVU vom 6.5.2010 zur verkehrlichen Bewertung der Auswirkungen der Einrichtung einer Umweltzone ergibt sich, dass die Einführung einer Umweltzone in anderen Städten zu einer deutlichen Abnahme der Rußkonzentration an den verkehrsbelasteten Messorten und im Gefolge in anderen Stadtgebieten geführt hat und dass dies in Zusammenhang mit einer durch die Umweltzone beschleunigten Erneuerung der Fahrzeugflotten sowohl bei PKW als auch bei Nutzfahrzeugen zu bringen war. Aus dem ebenfalls von der Beklagten eingeholten Gutachten des Ingenieurbüros L. vom Dezember 2010 (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg) ergibt sich jedoch, dass die Einführung einer Umweltzone die NO2-Emissionen lediglich um maximal 1,9 µg/m3 mindern würde. In einem weiteren Gutachten (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg Auswirkung Flottenveränderung 2015 vom September 2012) hatte das Gutachterbüro L. dargestellt, dass bei Diesel-PKW mit einer strengeren EURO-Norm bis EURO 4 die NO2Emissionen technologiebedingt aufgrund der verwendeten Dieselpartikelfiltersysteme teilweise ansteigen und erst ab der EURO 5-Norm sinken würden.

45

Auf die Einführung einer City-Maut hat die Beklagte ebenfalls fehlerfrei verzichtet. Dabei kann offen bleiben, ob eine City-Maut zur Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Ziele zulässig wäre (zweifelnd: Schröer, Kullick, Auf dem Weg zur City-Maut, NZBau 2012, 760). Die Beklagte hat sich mit der City-Maut auseinandergesetzt und ihre Entscheidung ermessensfehlerfrei darauf gestützt, dass die City-Maut im Bereich des Güterverkehrs kaum Verminderungen bringen würde sowie, dass sich der PKW-Verkehr lediglich in andere dann stärker immissionsbelastete Bereiche verlagern würde. Außerdem stünden gegenüber verkehrsbeschränkenden Maßnahmen mildere Mittel zur Verfügung, nämlich der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, die verstärkte Verwendung emissionsarmer und -freier Antriebe in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs, im motorisierten Individualverkehr und im innerstädtischen Wirtschaftsverkehr, die Verbesserung des Mobilitätsmanagements und der Ausbau des Verkehrsmanagements, die Verminderung der Emissionen des Schiffsverkehrs durch Landstrom und emissionsärmere Schiffsantriebe sowie die Umsetzung der Energiewende durch Ausbau der Erneuerbaren Energien, neue emissionsärmere Kraftwerke und den Ausbau der emissionsfreien Fernwärme.

46

Nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass die Beklagte davon abgesehen hat, im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet gewesen wären, die NO2-Belastung gezielt an den Verkehrsmessstationen kurzfristig zu senken, um so einen formal gesetzeskonformen Luftreinhalteplan zu erstellen. Es entspricht der Ratio der Richtlinie 2008/50 EG sowie von § 47 Abs. 1 BImSchG und der 39. BImSchV, die Luftschadstoffbelastung in dem gesamten Plangebiet auf die festgesetzten Grenzwerte zu beschränken. Die Regelungen dienen dem Gesundheitsschutz der Menschen in der betroffenen Region. Dem wird der Ansatz der Beklagten gerecht. Die Verkehrsmessstationen stellen lediglich ein Hilfsmittel zur Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte dar.

47

Fehlerhaft ist die Fortschreibung des Luftreinhalteplans jedoch deswegen, weil die Beklagte die nicht verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, die in ihrem Verantwortungsbereich möglich sind, nicht erkennbar mit dem gebotenen Nachdruck verfolgt hat, um eine zeitnahe Verminderung der NO2-Belastung zu erreichen. Da sie verkehrsbeschränkende Maßnahmen einerseits nicht in die Fortschreibung aufnehmen wollte, andererseits aber verpflichtet war, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung die Verminderung der NO2-Immissionen bis auf den Jahresmittelgrenzwert so zeitnah wie möglich zu erreichen, hätte es besonderer Anstrengungen im Bereich der sonstigen Maßnahmen bedurft. Dass solche Anstrengungen nicht unternommen worden sind, deutet sich bereits in der Vorgabe der Finanzbehörde vom 8. August 2012 und der darauf Bezug nehmenden Stellungnahme der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation vom 17. August 2012 (Band 3 der Sachakte) an. Die Finanzbehörde hat in ihrer Stellungnahme mitgeteilt, dass die im Luftreinhalteplan dargestellten Maßnahmen im Rahmen der Obergrenzen der jeweiligen Einzelpläne zu finanzieren seien. Zusätzliche Mittel für Maßnahmen zur Luftreinhaltung sollten also nicht zur Verfügung gestellt werden. Darauf hat die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in ihrer Stellungnahme Bezug genommen, in der sie ausgeführt hat, auch auf erneute Nachfrage der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt könnten keine weiteren Maßnahmen benannt werden. Solche seien entweder politisch nicht gewollt oder bedürften erheblicher Finanzmittel, was die Finanzbehörde in ihrer Stellungnahme ausgeschlossen habe. Damit hat die beklagte Freie und Hansestadt Hamburg den Blickwinkel für die Ermittlung von in die Fortschreibung aufzunehmenden Maßnahmen von vornherein auf solche Maßnahmen verengt, die aus den vor Erlass der Fortschreibung bereits vorliegenden Einzelplänen finanzierbar waren. Dementsprechend fehlen in der Fortschreibung Erwägungen dazu, aus welchen Gründen bei einem erhöhten Mitteleinsatz keine schneller greifenden Maßnahmen möglich oder verhältnismäßig gewesen wären. Dies betrifft beispielsweise den Flottenaustausch im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs und des Stadtrundfahrtverkehrs, von dem die Beklagte ausweislich der Maßnahmeblätter M 28 – 30 eine deutliche Reduzierung des Stickoxidausstoßes erwartet hat, der nach der Planung aber vorwiegend im Rahmen des kontinuierlichen Fahrzeugaustausches aus Eigenmitteln der betroffenen Betriebe erfolgen soll. In gleicher Weise gilt dies für den Flottenaustausch der behördeneigenen Fahrzeuge (Maßnahmeblatt M 27). Auch bei der Förderung des Radverkehrs (Maßnahmeblatt M 14) ist nicht erkennbar, dass die Beklagte über die ohnehin bereits vor der Befassung mit der Fortschreibung geplanten Maßnahmen hinaus weitergehende oder beschleunigte Anstrengungen in die Planung mit eingestellt hat. Für die Förderung des „Bike + Ride“ (Maßnahmeblatt 15) enthält die Fortschreibung sogar nur Maßnahmen, die bei Erlass der Fortschreibung schon abgeschlossen waren.

48

c) Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Bereich anderer Rechtsträger, insbesondere der Europäischen Union und des Bundes, zu treffende Maßnahmen zur Begrenzung des Schadstoffausstoßes von Kraftfahrzeugen einen schnelleren und größeren Effekt auf die Entwicklung der Luftschadstoffbelastung haben könnten, als die der Beklagten möglichen Maßnahmen. Dieser Umstand kann Berücksichtigung finden, wenn die Beklagte es trotz Ausschöpfung aller möglichen und verhältnismäßigen Maßnahmen nicht vermag, die Einhaltung der Grenzwerte für Luftschadstoffe nach der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung sicherzustellen. Dies hat sie jedoch – wie ausgeführt – mit der Fortschreibung nicht unternommen. Die bloße Möglichkeit, dass andere Rechtsträger effektiver und schneller zur Einhaltung der Grenzwerte beizutragen vermögen, mindert die Anforderungen an die Beklagte nicht.

49

4. Die Beklagte war daher zu verurteilen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht wegen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Beklagten darauf beschränkt, sie zu verpflichten Maßnahmen zu treffen, mit denen die schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21/12, E 147, 312; VG München, Urt. v. 9.10.2012, M 1 K 12.1046, juris; vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.11.2014, C-404/13, juris), wie es dem Antrag der Kläger entspricht. Eine gerichtliche Vorgabe einzelner Maßnahmen kommt nur in Betracht, wenn eine richtlinien- und gesetzeskonforme Änderung des Luftreinhalteplans ohne diese Maßnahmen nicht denkbar erscheint. Für die Beurteilung, welche Anforderungen bei der vorzunehmenden Änderung des Luftreinhalteplans an die darin aufzunehmenden Maßnahmen zu stellen sind, ist zudem auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abzustellen, denn die Verurteilung der Beklagten ist zukunftsgerichtet. Sie dient nicht dazu zu klären, welche Maßnahmen in der Vergangenheit zweckmäßigerweise hätten getroffen werden können oder müssen, sondern allein dazu, die Luftschadstoffbelastung in möglichst naher Zukunft auf die vorgegebenen Grenzwerte zu beschränken.

50

Im Hinblick auf dieses Ziel wird die Beklagte zu prüfen haben, welche Maßnahmen ihr technisch, wirtschaftlich und rechtlich überhaupt möglich sind, um die NO2-Belastung in Hamburg möglichst kurzfristig auf den Jahresmittelgrenzwert nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV abzusenken und mit welchem Zeithorizont sie umsetzbar sind. Dabei wird sie Maßnahmen anderer Rechtsträger, von denen nicht sicher ist, ob und wann sie ergriffen werden und wie sie sich gegebenenfalls auswirken, nicht berücksichtigen können. Hinsichtlich der so zu ermittelnden Maßnahmen, zu denen ausdrücklich auch verkehrsbeschränkende Maßnahmen gehören können, wird sie zu gewichten haben, welche Maßnahmen unter Berücksichtigung ihres Beitrags zur Luftschadstoffverminderung und damit zum Gesundheitsschutz sowie im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung anderer öffentlicher oder privater Interessen in die Planung aufgenommen werden sollen. Bei dieser Gewichtung ist dem gesetzlich vorgegebenen und dem Gesundheitsschutz dienenden Ziel der NO2-Verminderung angesichts des seit nunmehr bereits annähernd fünf Jahren verbindlich einzuhaltenden Grenzwertes ein hoher Stellenwert einzuräumen. Dementsprechend wird es einer konkret nachvollziehbaren Begründung bedürfen, wenn effektive Minderungsmaßnahmen aus finanziellen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen nicht ergriffen werden sollen.

51

Vorsorglich weist das Gericht allerdings darauf hin, dass die Beklagte nicht verpflichtet sein wird, Gesetzesinitiativen zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die Einführung einer City-Maut, wie es die Kläger vorschlagen, oder mit dem Ziel einer Aktualisierung der 35. Bundesimmissionsschutzverordnung, durch die die Voraussetzungen für eine auch heute noch effektive Umweltzone geschaffen werden könnten, in den zu ändernden Luftreinhalteplan aufzunehmen. Zu derartigen Bemühungen um ein legislatives Tätigwerden kann die Beklagte nicht verpflichtet werden. Eine an den Bund gerichtete Gesetzesinitiative ist nicht geeignet, das Ziel der Luftreinhalteplanung unmittelbar zu erreichen. Ebenfalls vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Einführung einer Umweltzone nach § 40 BImSchG in Verbindung mit der 35. BImSchV gegenwärtig wohl nicht als verhältnismäßig anzusehen sein wird, weil ihre Wirkung vornehmlich darin besteht, zu einem beschleunigten Flottenaustausch bei Kraftfahrzeugen zu führen, die unter der geltenden 35. BImSchV durchsetzbare Beschaffung von Fahrzeugen der Schadstoffklasse 4 aber bis zur Einführung einer Umweltzone ohnehin weitgehend erfolgt sein dürfte und jedenfalls bei Diesel-PKW nicht zu einer Verminderung des NO2-Ausstoßes führen würde (s.o. Nr. 2.b) cc)). Ob die Einführung einer von den Klägern erwogenen Stadtbahn angesichts des damit verbundenen Aufwandes sowie der Dauer bis zu einer damit möglicherweise zu erreichenden NO2-Verminderung und der schon nach dem bisherigen Luftreinhalteplan in der Fassung der 1. Fortschreibung vorgesehenen Ausrüstung des Öffentlichen Personennahverkehrs mit schadstofffreien Fahrzeugen ein verhältnismäßiges und damit zwingend in den zu ändernden Luftreinhalteplan aufzunehmendes Mittel zur Luftschadstoffminderung darstellen würde, scheint dem Gericht schließlich ebenfalls nicht festzustehen.

52

5. Da die Klage mit dem Hauptantrag vollen Umfangs erfolgreich ist, bedurfte es einer Entscheidung über den Hilfsantrag nicht mehr.

III.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit war entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kosten zu beschränken, weil der geänderte Luftreinhalteplan, der aufgrund des Urteils zu erlassen ist, Maßnahmen enthalten wird, die nach § 47 Abs. 6 BImSchG durchzusetzen sind. Damit entspricht die vorliegende Konstellation derjenigen einer Verpflichtungsklage, die auf den Erlass eines - durchzusetzenden – Verwaltungsaktes gerichtet ist und für die gemäß § 167 Abs. 2 VwGO die vorläufige Vollstreckbarkeit auf die Kosten beschränkt ist (vgl. auch Sodan/Ziekow, a.a.O. § 167 Rn. 20 ff.).

54

Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Maßstäbe für die gerichtliche Beurteilung von Luftreinhalteplänen zuzulassen.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der  außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.


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Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. März 2015 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 4.952,32 € festgesetzt.


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