Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Nov. 2018 - 8 K 5068/15
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten – bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 μg/m3 im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger Umweltverband. Er begehrt die Änderung des durch die Bezirksregierung Düsseldorf erlassenen Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ vom 15. Oktober 2011 zwecks Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft (µg/m³) im Stadtgebiet der Beigeladenen.
3Aufgrund von Grenzwertüberschreitungen hinsichtlich der Belastung durch Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid an verkehrlichen Belastungsschwerpunkten im Stadtgebiet der Beigeladenen wurde durch die Bezirksregierung Düsseldorf mit Wirkung zum 4. August 2008 der regionale Luftreinhalteplan Ruhrgebiet – Bereich „Westliches Ruhrgebiet“ in Kraft gesetzt.
4Im Jahr 2009 ließ der Beklagte eine Belastungskarte für das Stadtgebiet der Beigeladenen im Hinblick auf die dortige Verteilung der NO2-Belastung erstellen, die im Zuge der nachfolgenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans abgedruckt wurde (dort Seite 32, Abb. 2.2.3/2):
5 6Angesichts fortdauernder Überschreitungen der Grenzwerte wurde durch die Bezirksregierung Düsseldorf zum 15. Oktober 2011 der überarbeitete und ergänzte Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West" in Kraft gesetzt; zugleich traten die Regelungen des früheren Luftreinhalteplans aus dem Jahr 2008 außer Kraft mit Ausnahme der Regelung zu den Umweltzonen, die zum 31. Dezember 2011 außer Kraft trat.
7Zu Stickstoffdioxid heißt es im Einführungskapitel des vorgenannten Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ unter Ziff. 1.3.2 (Seiten 14 f.):
8„Stickstoffdioxid kann die menschliche Gesundheit nachhaltig schädigen. Als kurzfristige Effekte erhöhter Stickstoffdioxid-Belastungen wurden vor allem Beeinträchtigungen der Atemwege, Wirkungen auf Herz und Kreislauf und erhöhte Sterblichkeitsraten (alle Todesursachen sowie Mortalität aufgrund von Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen) festgestellt.
9Eine langfristige Belastung gegenüber erhöhten Stickstoffdioxid-Konzentration [sic] in der Außenluft führt zu einer Zunahme der Sterblichkeit (alle Todesursachen, Herz- und Atemwegserkrankungen) sowie insbesondere zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion und einer Erhöhung der Häufigkeit von infektionsbedingten Atemwegserkrankungen wie Husten oder Bronchitis.
10Ein Ergebnis der unter Kap. 1.3.1 angesprochenen „Feinstaubkohortenstudie Frauen in NRW“ besagt, dass mit einer Zunahme der NO2-Konzentration um 15 µg/m³ das relative Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu versterben, um die Hälfte steigt.
11Allgemein muss pro Zunahme der NO2-Langzeitbelastung um 10 µg/m³ mit einem Anstieg der Häufigkeit von Bronchitissymptomen oder des Auftretens von Bronchitis um ca. 10 % gerechnet werden.
12Besonders betroffen sind vor allem gesundheitlich vorgeschädigte Personen mit Atemwegserkrankungen sowie Kinder und Jugendliche. Aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Sterblichkeit nehmen in der Bevölkerung mit ansteigender Stickstoffdioxidkonzentration zu.
13Auch für Stickstoffdioxid konnte bisher kein Schwellenwert, bei dessen Unterschreitung langfristige Wirkungen auf die menschliche Gesundheit ausgeschlossen werden können, ermittelt werden. Allerdings tragen auch vergleichsweise geringfügige Reduzierungen der Belastung zu einer Verbesserung des Gesundheitsschutzes bei.“
14Zur Auswertung der damaligen Untersuchungsergebnisse betreffend die NO2-Jahresmittelwerte im Untersuchungsgebiet heißt es im vorgenannten Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2011 sodann unter Ziff. 2.2.5 (Seite 40):
15„Das Ergebnis der oben vorgestellten Modellierung zeigt, dass nicht nur einzelne wenige Straßenabschnitte im Ruhrgebiet, sondern ganze Straßennetze aufgrund der Belastung bei der Maßnahmenplanung zu berücksichtigen sind.“
16In Kapitel 3 enthält der geltende Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ eine Ursachenanalyse. Unter anderem wird die Emittentengruppe des Verkehrs in Ziff. 3.2.2 (Seiten 47 ff.) betrachtet, die im Stadtgebiet der Beigeladenen neben der Industrie die Hauptquelle für NOx-Emissionen darstellt (siehe dazu die zusammenfassende Darstellung der relevanten Quellen in Ziff. 3.2.8, v. a. Seiten 62 f. und Tab. 3.2.8/1). Im Bereich des Verkehrs verursacht wiederum der Straßenverkehr den Hauptanteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (zu diesem Fazit siehe Tab. 3.2.2/2 und Seiten 54 f.); die prozentualen Beiträge der einzelnen Verursachergruppen sowie des regionalen Hintergrundniveaus werden in Ziff. 3.3 (Seiten 64 ff.) für einzelne Messpunkte berechnet. Für das Stadtgebiet der Beigeladenen wird in Ziff. 3.3.2 (Seiten 71 f.) zusammenfassend festgehalten, dass die Quellen des Straßenverkehrs (lokaler und urbaner Anteil in Summe) mit bis zu 74 % den höchsten Beitrag an der NOx-Belastung leisten und neben dem regionalen Hintergrund die Industrie den drittgrößten Anteil an der NOx-Gesamtbelastung beiträgt. Während sich der Beitrag des sonstigen Verkehrs (u. a. Offroad-Verkehr, Schienen und Schiffsverkehr) zur NOx-Gesamtbelastung auf 2 bis 9 % belaufe, sei der Beitrag aus dem Hausbrand und Kleinfeuerungen mit einem Anteil von maximal rund 5 % (in der Vogelheimer Straße) zu vernachlässigen.
17Zur Aufteilung des Straßenverkehrs auf verschiedene Fahrzeuggruppen heißt es in Ergänzung der tabellarisch gelisteten Ergebnisse (dazu Tab. 3.2.2/1, Seite 48) zusammenfassend (Seite 47 unten):
18„Im Teilplangebiet West wird insgesamt eine Jahresfahrleistung von ca. 8.022 Mio. FZkm/a erbracht. Den höchsten Anteil (88,1 %) hat der Pkw-Verkehr. Die schweren Nutzfahrzeuge >3,5 t (LKW, Lastzüge, Sattelzüge und Busse) erbringen zusammen 6,7 % der Jahresfahrleistung. Den Rest bilden die leichten Nutzfahrzeuge und Kräder. Mit 6,2 % Jahresfahrleistung verursachen die schweren Nutzfahrzeuge ohne Busse 42,4 % NOx- und 32,5 % der PM10-Emissionen.“
19Kapitel 5 beinhaltet die fortgeschriebenen sowie die neuen Maßnahmen der Luftreinhalteplanung. Hierzu zählen neben der stufenweisen Einführung einer großflächigen „grünen“ Umweltzone (unter Ziff. 5.3.1, Seiten 85 ff.), die mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 schließlich ein Einfahrtverbot in die Umweltzone Ruhrgebiet für Fahrzeuge der Schadstoffgruppen 1 bis 3 (d. h. Fahrzeuge ohne oder mit roter bzw. gelber Plakette) einrichten sollte, im Einzelnen die folgenden 25 regionalen Maßnahmen (unter Ziff. 5.3.2, Seiten 113 ff.; dort jeweils mit näherer Erläuterung):
20Bezeichnung |
Maßnahme |
R.1 |
Mobilitätsmanagement als Beitrag zur Luftreinhaltung |
R.2 |
VRR-Tickets |
R.3 |
Angebot ÖPNV [Anm.: Öffentlicher Personennahverkehr]-FirmenTicket öffentliche Institutionen |
R.4 |
Angebot ÖPNV-FirmenTicket für Unternehmen |
R.5 |
Optimierung des individuellen Parkraummanagements |
R.6 |
Anreize zur ÖPNV-Nutzung |
R.7 |
Verdichtung des beschilderten Radverkehrsnetzes NRW/ Neubau, Ausbau und Instandhaltung von Radwegen und Bahntrassenradwegen |
R.8 |
Neubeschaffung von Bussen ÖPNV |
R.9 |
Vergabe von Fahrleistungen im ÖPNV und Schülerverkehr |
R.10 |
Lkw-Routenplanung |
R.11 |
Umweltbewusstes Fahren |
R.12 |
Förderung umweltfreundlicher Dienstfahrten und -gänge |
R.13 |
Förderung eines möglichst umweltfreundlichen Mobilitätsverhaltens in den Unternehmen |
R.14 |
Landes- und Regionalplanung |
R.15 |
Bauleitplanung |
R.16 |
Staubmindernde Maßnahmen bei Baustellen |
R.17 |
Emissionsarme Baumaschinen |
R.18 |
Energieversorgung |
R.19 |
Einzelraumfeuerungsanlagen für feste Brennstoffe |
R.20 |
Betrieb von Einzelraumfeuerungsanlagen |
R.21 |
Die Städte nehmen nach Möglichkeit am Zertifizierungsverfahren „European Energy Award“ (EEA) teil. |
R.22 |
Zur Luftreinhalteplanung im Ruhrgebiet wird eine abgestimmte Pressearbeit durchgeführt. |
R.23 |
Konzept zur Identifizierung maßgeblicher bestehender Quellen immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen (PM10 und NO2) |
R.24 |
Kontrolle der verkehrlichen Maßnahmen |
R.25 |
Umsetzungsüberprüfung der Maßnahmen des Luftreinhalteplans |
Desweiteren sieht der Plan auch lokale Maßnahmen für das Stadtgebiet der Beigeladenen vor (unter Ziff. 5.3.3.2, Seiten 133 ff.; dort jeweils mit näherer Erläuterung):
22Bezeichnung |
Maßnahme |
E.1 |
Überprüfung der Anpassung der Lärmschutzwand zur Hombrucher Straße |
E.2 |
Untersuchung Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A40 |
E.3 |
Teilsperrung Anschlussstelle Essen-Frillendorf |
E.4 |
Verlegung Anschlussstelle Essen-Frillendorf |
E.5 |
Durchfahrtverbot Gladbecker Straße (B224) für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht in Fahrtrichtung Süden |
E.6 |
Entlastung der Umleitungsstrecke Hafenstraße |
E.7 |
Nahverkehrsplan (NVP) |
E.8 |
ÖPNV-Bevorrechtigung/Vorrangschaltung Lichtsignalanlagen |
E.9 |
Umsetzung Radverkehrsnetz |
E.10 |
Umsetzung Radwegekonzept und Handlungsprogramm „Neue Wege zum Wasser“ |
E.11 |
Umsetzung Umweltfreundliches Verkehrskonzept |
E.12 |
Vorrangiger Einsatz schadstoffarmer Reinigungs- und Entsorgungsfahrzeuge in stark belasteten Bereichen bzw. Optimierung der Abfalleinsammlung und Straßenreinigung durch Verlegung auf verkehrsarme Zeitpunkte |
E.13 |
Einrichtung Vorrangschaltung auf der B224 |
E.14 |
Photovoltaikanlagen auf stadteigenen Gebäuden |
E.15 |
Energieeffizienz im Konzern Stadt Essen |
E.16 |
Energetische Gebäudemodernisierung |
E.17 |
Beteiligung am europäischen Bündnis „Konvent der Bürgermeister/-innen“ |
E.18 |
Beteiligung am Projekt ÖKOPROFIT |
E.19 |
Durchführung von Begrünungsmaßnahmen |
E.20 |
Efeubepflanzungen Gladbecker Straße |
E.21 |
Verkehrsüberwachung |
E.22 |
Ausbau des Erdgas-Tankstellennetzes und Erdgasfahrzeuge |
Mit dem Ziel einer Einhaltung u. a. des NO2-Grenzwerts erfolgt unter Ziff. 5.5 (Seiten 149 ff.) sodann eine Abwägung der Maßnahmen, die den Straßenverkehr – dort vor allem die schweren Nutzfahrzeuge – in den Blick nimmt. Dabei unterlägen die getroffenen Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit folgenden Erwägungen (zum nachstehenden Zitat vgl. Seiten 152 ff.):
24„Insbesondere Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, d.h. Maßnahmen, die zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs (z. B. das Anlegen von Bike&Ride-Plätzen) beitragen, werden als besonders wirkungsvoll eingeschätzt und können nachhaltig die Immissionsbelastung senken. Der Luftreinhalteplan enthält hierzu viele Einzelmaßnahmen. Ein schneller Erfolg kann hier jedoch nicht erwartet werden, da gerade in diesem Fall auch ein breiter gesellschaftlicher Umdenkungsprozess erforderlich ist, der zu Verhaltensänderungen führt. Um diesen Prozess wirksam anzustoßen und zu beschleunigen, sind weit größere Anstrengungen als bisher, insbesondere auch finanzieller Natur, von Nöten […].
25[…] Eine wesentliche kurz- bis mittelfristig wirkende Maßnahme ist die Einrichtung einer großflächigen zusammenhängenden Umweltzone. Diese bewirkt eine flächendeckende Reduzierung der verkehrsbedingten Schadstoffemissionen und damit einhergehend eine unmittelbare Verbesserung der Luftqualität. Durch den großflächigen Ansatz der Umweltzone werden kleinräumige Ausweichverkehre nahezu ausgeschlossen. Dadurch wird die Umverteilung der Verkehrs- und Immissionsbelastung verhindert, die ansonsten zu neuen Hot Spots führen kann.
26Die ansonsten verfügbaren Mittel, sowohl verkehrlicher als auch anderer Art, werden in diesem Plan bereits weitestgehend ausgeschöpft. […]“
27In Kapitel 7 (vgl. Seiten 170 ff. des Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“) werden Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Luftqualität aufgelistet, namentlich
28- Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1),
29- Besteuerung von Dienstwagen – falsche Anreize (Ziff. 7.2),
30- Stärkerer Ausbau des ÖPNV einschließlich finanzieller Unterstützung (Ziff. 7.3),
31- Finanzieller Spielraum der Kommunen für weitergehende Maßnahmen der Luftreinhaltung – insbesondere Ausbau ÖPNV (Ziff. 7.4),
32- Verschärfung der Emissionshöchstmengen-Richtlinie (National Emission Ceilings-Richtlinie, 2001/81/EG) – NEC-Richtlinie (Ziff. 7.5),
33- Vorziehen der verbindlichen Einführung der Euro-6-Norm (Ziff. 7.6),
34- Verlängerung des Förderprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.7),
35- Förderung der Nachrüstung von SCRT-Filtersystemen im Bereich der ÖPNV-Flotten (Ziff. 7.8),
36- Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.9),
37- Reduktion von Schiffsemissionen und Begrenzung der Binnenschiffsemissionen, Regelungen für kleine Feuerungsanlagen (Ziff. 7.10).
38Darüber hinaus wurden im Stadtgebiet der Beigeladenen u. a. die folgenden planunabhängigen Maßnahmen ergriffen (vgl. Seiten 4 ff. in Band I der Gerichtsakte, Bl. 112-114):
39Bezeichnung (durch das Gericht) |
Maßnahme |
B.1 |
Projekt „Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzepte der Stadt Essen (IEEK)“ mit dem Ziel der Verringerung von CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 |
B.2 |
Engagement in zahlreichen Projekten zur Förderung der Elektromobilität (z. B. Pedelecs für Dienstfahrten, öffentliche Ladestationen) |
B.3 |
Einführung des Sozialtickets im VRR-Gebiet |
B.4 |
Ausbau des Fahrradverleihsystems „metropolradruhr“ |
B.5 |
Beteiligung am Ausbau des Regionalen Radschnellweges Ruhr |
B.6 |
Teilnahme an den Pilotprojekten „effizient mobil“ und „Mobil.Pro.Fit“ |
B.7 |
Neufassung der Dienstanweisung für die Nutzung städtischer Kraftfahrzeuge mit der Vorgabe einer ressourcenschonende Fahrweise |
B.8 |
Elektrofahrzeuge bei zwei Stadttöchtern |
B.9 |
Schulung von 200 städtischen Hausmeistern zum energiesparenden Verhalten |
B.10 |
Thermalbefliegung des Stadtgebietes |
B.11 |
Kostenlose Energie- und Förderberatung für Wohnungs- und Gebäudeeigentümer durch die Klimaagentur Essen |
B.12 |
Umsetzung von Effizienzmaßnahmen im kommunalen Gebäudebestand |
B.13 |
Deckung des Wärmeverbrauchs städtischer Liegenschaften zunehmend durch Holzpellets, Solarthermie, Nahwärme aus Biomasse und Kraft-Wärme-Kopplung |
B.14 |
Strombezug der Stadt zu 100 % aus erneuerbaren Energien |
B.15 |
Strategie Essen.2030: umfassende Maßnahmen und deren Umsetzung in fünf Handlungsfeldern mit breiter Einbindung der gesamten Stadtgesellschaft, um Megatrends der demografischen und klimatischen Veränderungen innerhalb der Metropolregion Ruhr wirksam begegnen zu können (v. a. Optimierung des Einsatzes immer knapper werdender Ressourcen) |
Die Messwerte entwickelten sich an den Messpunkten im Stadtgebiet der Beigeladenen in den Jahren 2005 bis 2017 wie folgt:
41 42Im Hinblick auf die prognostisch für das Jahr 2018 zu erwartenden Messwerte im Jahresmittel hat der Beklagte auf Nachfrage des Gerichts Abschätzungen vorgelegt, indem einerseits die Werte aus 2016 und 2020 linear verknüpft und andererseits die gleitenden Zwölfmonatsmittelwerte für die Stationen im Stadtgebiet der Beigeladenen mit Überschreitungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018 dargestellt wurden. Dies führt im Ergebnis zu folgender Übersicht:
43Messstation |
Lineare Abschätzung des Jahresmittelwertes NO2 für das Jahr 2018 in µg/m3 |
Gleitender 12-Monatsmittelwert für NO2 zwischen 1. Juli 2017 und 30. Juni 2018 in µg/m3 |
EMAL Alfredstraße 9/11 |
47 |
47 |
EWER Brückstraße |
---* |
39 |
VEAE Gladbecker Straße |
41 |
40 |
EKRS Krayer Straße 213 |
41 |
43 |
* (Die Prognose ging noch von einer Umsetzung des Verkehrskonzepts Essen-Werden aus, die jedoch mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen [OVG NRW] vom 11. April 2018 – 8 B 1463/17 – im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes untersagt wurde.)
45Angesichts der andauernden Grenzwertüberschreitungen im Stadtgebiet der Beigeladenen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 13. August 2015 an die Bezirksregierung Düsseldorf. Er rügte, dass die bislang ergriffenen Maßnahmen zur Verhinderung einer Grenzwertüberschreitung bei Stickstoffdioxid offenkundig nicht ausreichend seien und beantragte, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet enthalte.
46Der Staatssekretär des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) reagierte auf diese Eingabe in seinem auf den 3. September 2015 datierten Antwortschreiben dahingehend, dass die angesprochenen Fälle eine grundsätzliche Problematik bezogen auf die Luftschadstoffbelastung in Nordrhein-Westfalen im Ganzen aufwiesen, zu der ungeachtet der gesonderten Stellungnahmen einzelner Bezirksregierungen Stellung genommen werden solle. Die Überschreitung der NO2-Grenzwerte signalisiere, dass insbesondere an viel befahrenen Straßen der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Eine wichtige Rolle bei der Erreichung der Immissionswerte spielten die Luftreinhaltepläne. Häufig seien aus Sicht des Umweltschutzes sinnvolle und auch angemessene Maßnahmen denkbar, die jedoch nicht realisiert werden könnten, weil es an dem Einvernehmen der Beteiligten und gleichzeitig einer Rechtsgrundlage für eine zwangsweise Durchsetzung durch die Bezirksregierungen fehle. Hierzu würden zurzeit auf Ebene der Landesregierung die in der Diskussion befindlichen erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, darunter auch diejenigen des Klägers; insbesondere die legislativen Schritte ließen jedoch kurzfristig keinen Effekt erwarten. Andererseits müsse auch auf Regierungsebene das Erforderliche veranlasst werden, wenn deutlich sei, dass die Handlungsoptionen der Behörden zur Gewährleistung eines angemessenen Gesundheitsschutzes nicht ausreichend seien.
47Vom 18. September bis 17. Oktober 2018 hat der Beklagte einen Entwurf der Planergänzung 2018 für das Stadtgebiet der Beigeladenen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ öffentlich ausgelegt. Darin ist in Kapitel 5.3 (Seiten 51 ff. des Planergänzungsentwurfs) eine nach Maßnahmen-Paketen aufgegliederte Fortschreibung des bisherigen Maßnahmenkatalogs vorgesehen:
48Maßnahmen-Paket 1: ÖPNV |
E.23 VRR: Umsetzung des S-Bahn Konzeptes im Ruhrgebiet |
E.24 VRR: RRX-Vorlaufbetrieb |
E.25 VRR: Ausbau des RRX in den Zielzustand zur Stärkung des SPNV im Ruhrgebiet |
E.26 VRR: Maßnahmen zum Abbau von Hürden im Bereich des Ticketing |
E.27 Ruhrbahn und Stadt Essen: Maßnahmen im Bereich Ticketing (Angebot eines Sozialtickets, KombiTicket für Veranstaltungen, Ticket-Angebote im Rahmen „Modellstadt Essen“) |
E.28 Ruhrbahn und Stadt Essen: Ausweitung des Angebotes |
E.29 IHK zu Essen: Firmen-Ticket |
E.30 HWK Düsseldorf: Firmenticket für die Mitarbeiter der Handwerkskammer |
E.31 Stadt Essen und Ruhrbahn: Realisierung der Straßenbahn „Bahnhofstangente“ |
E.32 Ruhrbahn und Stadt Essen: Verknüpfung des Neubürgermarketings der Stadt Essen mit kostenlosen ÖPNV-Angeboten |
E.33 Lückenschluss der Straßenbahnlinie 105 |
E.34 Ruhrbahn und Stadt Essen: Neubeschaffung von Bussen im ÖPNV |
E.35 Stadt Essen: Maßnahmen zur Erneuerung der Fahrgastschiffe der Weißen Flotte Baldeney (Umrüstung der dieselbetriebenen Fahrgastschiffe, Beschaffung eines mit Methanol angetriebenen Fahrgastschiffes) |
Maßnahmen-Paket 2: Förderung des Radverkehrs |
E.36 Stadt Essen und Straßen NRW: Ausbau der Radverkehr-Infrastruktur (Regionaler Radschnellweg Ruhr [RS1], Radwegtrasse in Nord-Süd-Richtung, Einrichtung von Fahrradstraßen, Weiterentwicklung des Radroutennetzes zur Abstimmung auf RS1 und Radschnellweg Mittleres Ruhrgebiet [RSMR], Ausbau der Planungs- und Baukapazitäten zum Ausbau des Radverkehrsnetzes, Ausbau attraktiver Radabstellanlagen) |
E.37 Stadt Essen: Ausbau des Fahrradverleihsystems "metropolrad-ruhr“ |
E.38 Stadt Essen: Durchführung öffentlichkeitswirksamer Aktionen für den Radverkehr (Fortführung der Projekte „Stadtradeln“ und „Radeln ohne Alter“ |
E.39 Stadt Essen: Optimierung an LSA für den Radverkehr („Grüne Welle“ für den Alltags-Radverkehr, „Grüner Pfeil“ an Ampeln für rechtsabbiegende Radfahrer) |
E.40 Stadt Essen: Zustand der bestehenden Radwege verbessern |
E.41 Stadt Essen: Gewährung von Arbeitgeberdarlehen zur Anschaffung eines Fahrrades/Pedelecs |
E.42 Stadt Essen: Sichere Kinderwege / Kindgerechte Nahmobilität |
Maßnahmen-Paket 3: Verkehrsmanagement |
E.43 Stadt Essen: Neues Verkehrskonzept im Stadtteil Essen-Werden |
E.44 Stadt Essen: Einsatz von Lastenrädern und Elektrofahrzeugen für Kurier und Paketdienste (KEP) |
E.45 Stadt Essen: Umweltsensitive LSA-Steuerung |
Maßnahmen-Paket 4: Elektro-Mobilität |
E.46 Stadt Essen: Umstellprogramm städtischer Dienstfahrzeuge auf Elektrofahrzeuge |
E.47 Stadt Essen: Ausbau der Ladeinfrastruktur |
E.48 Stadt Essen: Unterstützung zur Einführung von Elektro-Taxen in Essen |
E.49 IHK zu Essen: Förderung der Elektromobilität |
E.50 HWK Düsseldorf und KH Essen: Selbsthilfegruppe E-Mobilität im Bereich „Leichte Nutzfahrzeuge“ |
E.51 KH Essen und HWK Düsseldorf: Förderung der Elektromobilität im Handwerk |
Maßnahmen-Paket 5: Intermodale Angebote & Mobilitätsmanagement |
E.52 VRR, Ruhrbahn und Stadt Essen: Mobilitätsmanagement |
E.53 Ruhrbahn und Stadt Essen: Schaffung von intermodalen Verknüpfungen im ÖPNV |
E.54 Stadt Essen: Förderung des CarSharing-Angebotes |
E.55 Stadt Essen: Ausbau des Bike & Ride-Angebotes |
E.56 KH Essen und HWK Düsseldorf: EnergieEffizienzNetzwerk Essener Innungsbetriebe und Unternehmerfrauen |
E.57 Stadt Essen: Absenkung des Anteils des motorisierten Individualverkehrs zugunsten alternativer Verkehrsmittel |
E.58 LANUV NRW: Einrichtung eines Pendlerportals |
E.59 LANUV NRW: Nutzung von emissionsarmen Antrieben im Fuhrpark des LANUV |
Maßnahmen-Paket 6: Informationsmanagement |
E.60 Stadt Essen: Beratung privater Haushalte durch den Energiesparservice Essen |
E.61 IHK zu Essen: Informationsveranstaltungen |
E.62 IHK zu Essen: Artikelreihe Elektromobilität in Kammerzeitschrift MEO |
E.63 HWK Düsseldorf und KH Essen: Regelmäßige Mitgliederinformation |
E.64 KH Essen und HWK Düsseldorf: Zukunftskongress „Vision:M“ |
E.65 KH Essen: BAU-TAGE des Essener Handwerks |
Maßnahmen-Paket 7: Partnerschaft & Kooperationen |
E.66 Stadt Essen, KH Essen, HWK Düsseldorf und IHK zu Essen: Selbstverpflichtungssystem „Partnerschaft für effiziente und umweltgerechte Mobilität“ |
E.67 Stadt Essen und KH Essen: „Masterplan Klimaschutz im Handwerk“ – Schwerpunkt Mobilität |
Im Zuge der Auswertung der „Ursachen für die Grenzüberschreitung“ wird in Kapitel 3 des Entwurfs der Planergänzung 2018 (dort Seite 30) ermittelt, dass die Jahres-Gesamtemissionen für NOx im Stadtgebiet der Beigeladenen ca. 2.469 t/a betragen, wovon 48 % vom Verkehr, 40 % aus Industrieanlagen und 12 % aus Kleinfeuerungsanlagen emittiert werden. Zum Verhältnis der verkehrsbedingten Auswirkungen gegenüber den Emissionen der Industrie und deren jeweiligem Anteil an der gesamten Immissionsbelastung heißt es an gleicher Stelle (a. a. O.):
50„Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus. Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige nahe gelegene Quellen relevant.“
51In der Emittentengruppe des Verkehrs wird der weitaus größte Teil der NOx-Emissionen (vgl. hierzu a. a. O., Seite 26 bzw. dortige Tab. 3.2.2/2) durch den Straßenverkehr verursacht. Zu diesem verhält sich der Entwurf der Planergänzung 2018 im Besonderen wie folgt (dort Seite 24):
52„Im Stadtgebiet Essen wird insgesamt eine Jahresfahrleistung von ca. 2.451 Mio. FZkm/a erbracht. Der höchste Anteil (ca. 90 %) davon besteht aus Pkw-Verkehr, der ca. 67 % der NOx-Emissionen verursacht. Ungefähr 80 % dieser Emissionen entfallen auf Diesel-Pkw. Die Gesamtmenge der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs beträgt 1.036,5 t/a.
53Die schweren Nutzfahrzeuge >3,5 t (Lkw, Lastzüge, Sattelzüge und Busse) erbringen zusammen ca. 4,5 % der Jahresfahrleistung. Den Rest bilden die leichten Nutzfahrzeuge (4 %) und Kräder. Mit 4 % Jahresfahrleistung verursachen die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 18 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs.“
54Zu den Anteilen der verschiedenen Verursachergruppen sowie des regionalen Hintergrundniveaus an der NOx-Belastung an den einzelnen Messpunkten mit Überschreitungen im Stadtgebiet der Beigeladenen (EFRO = Hausackerstraße, EKRS = Krayer Straße, EMAL = Alfredstraße, VEAE = Gladbecker Straße, EWER = Brückstraße) wird auf die folgende Abbildung Nr. 3.3/1 im Entwurf der Planergänzung 2018 (Seite 35; zu den Abkürzungen siehe die dortige Legende) verwiesen:
55 56In Kapitel 4 setzt sich der Entwurf der Planergänzung 2018 mit der „Voraussichtliche[n] Belastung im Jahr 2020 ohne weitere Maßnahmen“ auseinander. Die zusammenfassende Darstellung der Entwicklung des Emissionsszenarios stellt fest (a. a. O., Seite 37):
57„Die NOX-Emissionen des Straßenverkehrs verringern sich im gesamten Stadtgebiet von 1.036,5 t im Jahr 2016 auf 736,0 t im Jahr 2020. Dies entspricht einer Reduktion um ca. 29 %. Dieser prognostizierte Rückgang ist die Folge der fortschreitenden technischen Flottenentwicklung (natürliche Flottenmodernisierung/-erneuerung) nach HBEFA.“
58Zu den erwarteten Immissionswerten heißt es sodann (a. a. O., Seite 40):
59„Aus den Berechnungen unter Berücksichtigung der Reduktion des städtischen Hintergrundniveaus (also regionales Hintergrundniveau und städtischer Beitrag zum Hintergrundniveau) ergibt sich insgesamt, umgerechnet in NO2, eine Minderung von 2016 auf 2020 von etwa 3 μg/m³.
60[…] Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2-Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 um ungefähr 10 bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Dies entspricht einer Reduktion um 6‑10 μg/m³, je nach betrachtetem Straßenabschnitt im vorliegenden Luftreinhalteplan. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2-Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten zu erwarten. Lediglich an den primär durch städtischen Straßenverkehr belasteten Stellen Alfredstraße und Martin-Luther-Straße kann allein aufgrund der lokalen Entwicklung und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus keine Grenzwerteinhaltung erwartet werden.“
61Eine gesonderte Stellung nimmt die Messstation Hausackerstraße ein (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 67):
62„Neben der Überschreitung an der Alfredstraße ist in 2020 weiterhin nicht mit einer Grenzwerteinhaltung an der Messstation Essen-Frohnhausen, die maßgeblich durch die BAB 40 beeinflusst wird, zu rechnen. An dieser sind die Möglichkeiten Maßnahmen zu ergreifen durch die geschützte Warenfreiheit nach dem Vertrag über die Arbeitsweise in der Europäischen Union (AEUV) allerdings stark eingeschränkt.
63Denkbar ist eine Reduktion der zulässigen Geschwindigkeit auf 80 km/h. Eine weitere Absenkung unter 80 km/h ist vor dem Hintergrund der dann deutlich ansteigenden Emissionen des Schwerlastverkehrs nicht sinnvoll. Allerdings ist durch die vorhandenen Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA) bereits jetzt eine Deckelung der Geschwindigkeit vorgesehen. Im ersten Halbjahr 2018 wurde an den VBA in Fahrtrichtung Dortmund bzw. Fahrtrichtung Duisburg in den verkehrsreichen Zeiten die maximale Geschwindigkeit nahezu durchgängig auf 60 bzw. 80 km/h festgesetzt.“
64In Kapitel 6.2 befasst sich der Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 80 f.) mit Abschätzungen zum erwarteten Jahr der Grenzwerteinhaltung. Der Beklagte geht infolge der im Stadtgebiet der Beigeladenen noch umzusetzenden Maßnahmen davon aus, dass durch die Wirkung der Einzelmaßnahmen in Verbindung mit dem Rückgang der Hintergrundbelastung und der Flottenerneuerung eine Einhaltung des Grenzwerts für NO2-Immissionen im Jahresmittel bis ins Jahr 2020 an fast allen Problempunkten zu prognostizieren ist (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 81, dort nachstehende Tab. 6.2/4):
65 66Erläuternd wird im Planergänzungsentwurf 2018 (dort Seite 80) festgestellt:
67„Bei Umsetzung von lokal wirkenden emissionsmindernden Maßnahmen wäre auch eine frühere Grenzwerteinhaltung möglich.
68Für die Alfredstraße und die Martin-Luther-Straße ist ohne zusätzliche Maßnahmen bis zum Jahr 2020 keine Einhaltung der Grenzwerte zu erwarten. […] An der Martin-Luther-Straße wird durch den vorgesehenen Austausch der Busflotte im ÖPNV der Grenzwert im Jahr 2020 bereits eingehalten. An der Alfredstraße reicht dies aber nicht zu einer Grenzwerteinhaltung, da an dieser kein lokaler Busverkehr vorhanden ist.“
69Im Hinblick auf die Alfredstraße sind nach den weiteren Ausführungen im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Tab. 6.3/1, Seite 82) weitere Maßnahmen erforderlich, um dort ebenfalls eine Grenzwerteinhaltung im Jahr 2020 zu erzielen. Im Zuge des sog. Maßnahmenbündels B sollen hierzu neben einer 100 %-igen Umsetzung der Software-Updates und Rückkaufprämien der Vorlaufbetrieb für den Rhein-Ruhr-Express (RRX), das S-Bahn Konzept im Ruhrgebiet, die Ausweitung des Angebots im ÖPNV sowie die Maßnahmen des Masterplans Verkehr beitragen.
70In Kapitel 7 des Entwurfs der Planergänzung 2018 setzt sich der Beklagte u. a. auch mit der Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten auf der Alfredstraße auseinander (hierzu Seite 87 ff.). Auszugsweise heißt es zu streckenbezogenen Fahrverboten:
71„Die vollständige Sperrung von Streckenabschnitten im Bereich der Alfredstraße für Dieselfahrzeuge gleichgültig welcher Kategorie ist mangels Eignung unverhältnismäßig.
72[…] Die Alfredstraße ist als Teil der Bundesstraße 224 zentrale Zubringerstraße in die Innenstadt und nimmt zeitgleich einen hohen Anteil der zentralen auf der Nord-Süd-Achse verlaufenden Durchgangsverkehre zwischen den Essener Stadtteilen und den umgebenden Autobahnen auf. Dies führt zu hohen Schadstoffemissionen auf der Alfredstraße. […]
73Die Alfredstraße wurde als Bundesstraße (B 224) gezielt ausgebaut, um eine hohe Verkehrslast zu ermöglichen und zu bündeln. Die Bündelung großer Verkehrsströme ermöglicht im umliegenden Straßennetz deutlich reduzierte Verkehrsstärken. […] Ein Fahrverbot würde zu erheblichen Verkehrsverlagerungen u.a. des Wirtschafts- und Güterverkehrs führen. Im Umfeld sind jedoch keine vergleichbaren Straßen vorhanden, die den Wirtschafts- und Güterverkehr entsprechend ungefährlich und verträglich abwickeln können. […]
74Aufgrund der bereits heute hohen Belastung des gesamten Verkehrsnetzes wird es an vielen Stellen zu zusätzlichen Überlastungen kommen. Staus und Stop-and-Go-Verkehre werden im gesamten südlichen Stadtgebiet zunehmen. Durch die Sperrung der kürzesten Verbindung wird der Verkehrsaufwand in Personenkilometer je Tag durch die Umwegfahrten insgesamt zunehmen. In der Summe muss von rund 148.000 zusätzlichen am Tag gefahrenen Kilometern ausgegangen werden. Gleichzeitig sinkt die Durchschnittsgeschwindigkeit aufgrund der erhöhten Stauwahrscheinlichkeit auf den Ausweichstrecken. Die Schadstoffemissionen im Stop-and-Go-Verkehr sind deutlich höher als bei fließendem Verkehr. Ebenso ist es plausibel, die Zunahme der Lärmemissionen an den betroffenen Straßenabschnitten anzunehmen.“
75Sodann setzt sich der Beklagte auch mit der „Einführung einer Umweltzone im Bereich um die Alfredstraße für Dieselfahrzeuge mit Schadstoffnorm unterhalb von Euro 6/VI und Benzinfahrzeuge unterhalb von Euro 3“ auseinander:
76„Insgesamt waren zum 31. Dezember 2016 ca. 583.000 Personen in Essen gemeldet und ca. 285.000 Pkw zugelassen (Stand 1. Januar 2018). Zudem sind Pendler aus den umliegenden Kommunen betroffen. Nach Schätzungen sind dies werktäglich rund 152.000 Personen, die in die Stadt Essen einpendeln. Pendler in NRW nutzen zu ca. 70 % das Auto als Fortbewegungsmittel. Dies sind weitere rund 106.000 Fahrzeuge, die je nach Ziel im Essener Stadtgebiet von einem solchen Verbot betroffen sein könnten.
77Aus den Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes (Stand 1. Januar 2018) für die Stadt Essen in Kombination mit jeweiliger Schadstoffklasse des zugelassenen Wagens lässt sich feststellen, dass von den ca. 285.000 Pkw momentan 52.000 Diesel den Schadstoffnormen Euro 1‑5 zuzuordnen sind. Bei den aus auswärtigen Kommunen einpendelnden Bürgern ist von einem höheren Anteil an Dieselfahrzeugen auszugehen, da die Pendelstrecken hier üblicherweise größer und Dieselfahrzeuge auf langen Strecken wirtschaftlicher zu betreiben sind. […] Setzt man die gleiche Verteilung für die Fahrzeuge an, die aus umliegenden Kommunen nach Essen einfahren, so ist von weiteren ungefähr 20.000 betroffenen Fahrzeugen auszugehen. Hinzu kommen weiterhin rund 16.000 leichte Nutzfahrzeuge, Lkw und Lastzüge, die überwiegend per Dieselmotor angetrieben werden und in großen Teilen nicht der Schadstoffnorm Euro VI zuzuordnen sind.
78[…] Sollten die durch die Umweltzone im Kernstadtbereich nicht mehr nutzbaren Fahrzeuge nicht durch Benzin-Pkw der Schadstoffklassen Euro 3 und neuer bzw. Diesel-Pkw der Schadstoffklasse Euro 6 ersetzt werden, so müssten die zuvor mit dem MIV [Anm.: motorisierten Individualverkehr] durchgeführten Fahrten durch den ÖPNV aufgefangen werden. Insbesondere würden sich diese Umsteiger während der Hauptverkehrszeiten bemerkbar machen. Ein solches Szenario ist unter den heute bereits teilweise angespannten Verhältnissen im ÖPNV schwer vorstellbar.
79[…] Zunächst ist einmal festzustellen, dass der Grenzwert bis zum Prognosejahr 2020 für alle detaillierter betrachteten Belastungsschwerpunkte mit Ausnahme der Alfredstraße eingehalten wird (eine Sonderstellung nimmt die Messstation EFRO ein, vgl. Kap. 5.3.2). […] Im Rahmen der Abwägung zur Verhältnismäßigkeit ist daher insgesamt davon auszugehen, dass auch bei unvollständiger Umsetzung der Maßnahmen aus dem Diesel-Gipfel der Grenzwert in 2020 in der Alfredstraße ebenfalls nahezu eingehalten wird.
80Angesichts dieser sehr geringen Überschreitung und der massiven Auswirkungen eines Verbots auf viele Bevölkerungsgruppen und stark eingreifenden Beschränkungen für die Allgemeinheit ist auch die Fallvariante eines zonalen Dieselfahrverbotes nicht angemessen und mithin unverhältnismäßig. […]
81Bezogen auf die Situation in Essen ist also zu berücksichtigen, dass nach aktueller Datenlage auch ohne die Einführung einer Fahrverbotszone der Grenzwert […] an fünf der sechs erkannten Belastungsschwerpunkte spätestens im Jahr 2020 sicher eingehalten wird (vgl. Tab. 6.2/2) und dies auch im Falle einer vollständigen Umsetzung der Maßnahmen aus dem Diesel-Gipfel inkl. der geplanten Maßnahmen im ÖPNV für die Alfredstraße gilt (vgl. Tab. 6.3/1, Maßnahmenpaket B). Selbst bei einer bezogen auf die Umsetzung aus dem Diesel-Gipfel pessimistischen Betrachtung ergäbe sich als benötigte Minderungswirkung aus einem Verkehrsverbot an der Alfredstraße („Blaue Umweltzone“) bezogen auf den Grenzwert von 40 μg/m³ im Jahr 2020 absolut lediglich ein Wert von 3 μg/m³ (Umsetzungsquote Software-Updates 50 %) und damit relativ lediglich um ca. 7 %. Auch bei der Bewertung der früheren Grenzwerteinhaltung von höchstens bis zu zwei Jahren an der Alfredstraße ist zu berücksichtigen, dass dieser relative Abstand zur Situation mit Fahrverboten aufgrund der permanent fortschreitenden Flottenerneuerung kontinuierlich abnimmt, so dass im Zeitverlauf noch geringere relative Minderungen resultieren. In der Gesamtabwägung werden diese Vorteile als nicht so gewichtig eingestuft, dass sie vor dem Hintergrund der aufgezeigten vielfältigen resultierenden Einschränkungen im vorliegenden Fall und der bestehenden Chance einer Grenzwerteinhaltung in 2020 noch als angemessen anzusehen wären.
82[…] Auch eine isolierte Einführung eines Fahrverbots für Diesel-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 wird nicht als verhältnismäßig angesehen. Insofern ist wesentlich zu berücksichtigen, dass nach HBEFA diese Fahrzeuge im Realbetrieb ein besseres Emissionsverhalten aufweisen als solche der Abgasnorm Euro 5 […].“
83Der Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, dass der fortgeschriebene Luftreinhalteplan betreffend das Stadtgebiet der Beigeladenen zum 2. Januar 2019 in Kraft treten soll.
84Der Kläger hat am 18. November 2015 Klage zum Verwaltungsgericht Düsseldorf erhoben. Dieses hat sich mit Beschluss vom 24. November 2015 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen.
85Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus:
86Spätestens seit dem 1. Januar 2010 habe nach der Luftqualitätsrichtlinie der verpflichtende Grenzwert von 40 µg/m³ für Stickstoffdioxid im Jahresmittel eingehalten werden müssen. Gleichwohl werde dieser Grenzwert im Stadtgebiet der Beigeladenen seit Jahren – sowohl an den Messpunkten als voraussichtlich auch darüber hinaus in Straßenabschnitten verteilt über die gesamten Stadtgebiete – überschritten. Die Überschreitungen seien ein Indiz dafür, dass die im Luftreinhalteplan 2011 bisher enthaltenen Maßnahmen nicht geeignet seien, die Grenzwertüberschreitung bezüglich des Schadstoffs Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten. Hierfür müsse die gesamte Planung ein kohärentes Gesamtkonzept erkennen lassen, das auf die schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung ziele. Dies setze eine umfassende Abschätzung des Wirkungspotenzials einzelner Maßnahmen und eine hierauf basierende Immissionsprognose voraus, wann der Grenzwert prognostisch eingehalten werde. Diesen Maßstäben würde der bestehende Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ schon deshalb nicht gerecht, weil dieser selbst nicht prognostiziere, bis wann an allen Messstellen der NO2-Grenzwert eingehalten werden könne. Entsprechend den Forderungen der EU-Kommission sei eine anhaltende Überschreitung der verbindlichen Immissionsgrenzwerte bis 2020 oder danach, wie sie der Beklagte anstrebe, nicht mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung vereinbar. Der Beklagte habe die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
87Eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung erfordere eine deutliche Reduktion der Verkehrsmengen insbesondere von Dieselfahrzeugen. Neben der Beschränkung des LKW-Durchfahrtverkehrs seien vor allem allgemeine Fahrverbote in Betracht zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) – seien Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge rechtlich zulässig, ohne dass es einer vorherigen Änderung des Bundes- oder Landesrechts bedürfe. Die Verlagerung von Verkehr (sog. Ausweichverkehr) sei hierbei nicht von vornherein unzulässig. Sofern es hierdurch an anderer Stelle zu Grenzwertüberschreitungen komme, sei diesen mit Verkehrsbeschränkungen auf den betroffenen Straßenzügen zu begegnen. Sollten als Folge dessen faktisch immer mehr Straßen zu beschränken sein, so sei ein zonales Verkehrsverbot umzusetzen. Die im Stadtgebiet der Beigeladenen bestehende „grüne Umweltzone“ sei hingegen zur Verminderung der NO2-Immissionen unzureichend, da eine nennenswerte NOx-Minderung bei Dieselfahrzeugen erst mit Euro 6/VI verbunden sei, grüne Plaketten jedoch bereits an Dieselfahrzeuge mit Abgasstandard Euro 4/IV vergeben würden. Die auf europäischer und nationaler Ebene bestehenden Regulierungs- und Umsetzungsdefizite im Bereich von Abgasnormen oder bei der Privilegierung von Dieselfahrzeugen minderten nicht die Verpflichtung des Beklagten zum Aufstellen wirksamer Luftreinhaltepläne.
88Die Aufnahme von Diesel-Fahrverboten in den fortgeschriebenen Luftreinhalteplan verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung dienende Maßnahme könne nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (z. B. wegen zu hoher Kosten) ausgeschlossen werden; allenfalls könne bei der Realisierung ein Vorgehen durch stufenweise Verschärfung unter Gewährung von Übergangsfristen gerechtfertigt sein. Gleichwohl sei ein schrittweises Vorgehen im Sinne einer Annäherung an die Grenzwerte „in Tippelschritten“ nicht ausreichend, solange wirksamere Maßnahmen nicht geprüft würden. Der Verzicht auf eine wirksame Maßnahme setze zwangsläufig das gleichzeitige Ergreifen einer vergleichbar wirksamen Alternativmaßnahme voraus, wenn die Luftqualitätsziele sonst nicht erreicht würden. Schützenswerte Belange könnten bei der konkreten Ausgestaltung von Fahrverboten durch Übergangsfristen oder Ausnahmevorschriften berücksichtigt werden.
89Entgegen der Auffassung des Beklagten werde es bei derart hohen Grenzwertüberschreitungen wie vorliegend nicht genügen, auf freiwillige Placebo-Lösungen wie Software-Updates oder wenige andere Maßnahmen zu setzen, um den Grenzwert spätestens im Jahr 2019 einzuhalten. Ungeachtet dessen ergebe sich die Motivation für sog. Hardware-Nachrüstungen erst durch die Einführung von Fahrverboten. Im Übrigen gehe der Beklagte auch von falschen Annahmen aus und entsprächen die den Prognosen im Planentwurf 2018 zugrunde gelegten Annahmen zur allgemeinen Flottenmodernisierung sowie zur Wirkung von Software-Updates und Rückkaufprämien weder der Realität noch lägen sie auf der sicheren Seite. Eine signifikante Senkung der Immissionsbelastung habe es im Jahr 2018 nicht gegeben. Nicht zuletzt, weil weiterhin Dieselfahrzeuge mit Abschalteinrichtungen akzeptiert würden, lägen die Realemissionen selbst bei Euro 6-Fahrzeugen immer noch deutlich über dem zulässigen Grenzwert. Darüber hinaus habe der Beklagte neben orientierenden Messungen durch Messcontainer oder Passivsammler mathematische Ausbreitungsrechnungen durchzuführen, welche Auskunft über die Verbreitung der Luftschadstoffe auch in anderen Straßen im Stadtgebiet geben könnten. Dies sei vorliegend durch den Plangeber nicht geschehen und eine aktuelle Belastungskarte bzw. Ausbreitungsrechnung für das gesamte Stadtgebiet der Beigeladenen sei nicht vorgelegt worden.
90Der Kläger hatte zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält. Diesen Antrag hat der Kläger im Anschluss an die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 (s. o.) in zeitlicher wie auch inhaltlicher Hinsicht konkretisiert.
91Der Kläger beantragt,
92den Beklagten zu verurteilen, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten – bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
93hilfsweise,
94den Beklagten zu verurteilen, den für das Stadtgebiet der Beigeladenen geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
95Der Beklagte beantragt,
96die Klage abzuweisen.
97Er widerspricht zunächst einer nach seiner Auffassung nicht sachdienlichen Änderung der Klageanträge. Der nunmehr angekündigte Hauptantrag sei unzulässig, weil ein Anspruch auf Aufnahme konkreter Einzelmaßnahmen in den Luftreinhalteplan nicht geltend gemacht werden könne. Bei der Auswahl der Maßnahmen verfüge die Behörde vielmehr über einen planerischen Gestaltungsspielraum.
98Im Übrigen sei die Klage jedenfalls unbegründet. Der Beklagte arbeite aktuell – unter Berücksichtigung des Prüfungsprogramms des Bundesverwaltungsgerichts von Februar 2018 – an einer Teilfortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 sowie an der Umsetzung weiterer Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der NO2-Grenzwerte. Gemessen an den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts in zeitlicher Hinsicht stehe eine Luftreinhalteplanung, bei der mit einer Einhaltung der Grenzwerte bis zum Jahr 2020 zu rechnen sei, nicht im Widerspruch zu den unionsrechtlichen Vorgaben. Außerdem bedeute die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung, dass bei der Aufstellung des Luftreinhalteplans zunächst alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen mit Ausnahme von Fahrverboten zu berücksichtigen und in ihrer Wirksamkeit zu bewerten seien, bevor Fahrverbote in Erwägung gezogen werden könnten. Der Gestaltungsspielraum sei hierbei durch die Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden beschränkt. Zum einen setzten weitergehende Maßnahmen (z. B. Anhebung der Steuersätze für Dieselfahrzeuge) vielfach die Schaffung von entsprechendem Bundes- oder Europarecht voraus, zum anderen gebe der Luftreinhalteplan der planaufstellenden Behörde als interner Plan keine zusätzlichen Zuständigkeiten zur Umsetzung von Maßnahmen. Habe die planaufstellende Behörde alle realistisch zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausgeschöpft und fehle es an der rechtlichen oder tatsächlichen Möglichkeit für weitergehende Maßnahmen, sei ihr die Erreichung der Grenzwerte unmöglich.
99Zusammengefasst liege dem Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde, das auf (Emissions-) Messungen und Kartierungen sowie Ursachenanalysen zur Luftbelastungssituation vor Ort basiere. Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung nach mehreren Jahren lasse sich jedoch nur durch empirisches Herantasten und Messen fassen. Von einer passiven Inkaufnahme der NO2-Grenzwertüberschreitungen könne jedenfalls keine Rede sein. Insgesamt werde eine landesweite Stickstoffdioxid-Minderungsstrategie verfolgt, die die Absenkung der landesweiten NO2-Hintergrundbelastung zum Ziel habe. Dies benötige allerdings einen angemessenen Zeitrahmen, um messbare Ergebnisse zu erzielen. Die großflächige zusammenhängende Umweltzone für das Ruhrgebiet bewirke als wesentliche kurz- bis mittelfristig wirkende Maßnahme eine flächendeckende Reduzierung der verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen unter gleichzeitiger Vermeidung kleinräumiger Ausweichverkehre.
100Auch im Rahmen der aktuell laufenden Teilfortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen seien vielfältige weitere kommunale Maßnahmen vorgesehen. Gleiches gelte für den „Masterplan Verkehr Essen 2018“ der Beigeladenen. Prognostisch sei nach diesen Planungen bei einer Fortführung der bestehenden „Grünen Umweltzone“ und dem Fortschreiten der Flottenmodernisierung mit einer Grenzwerteinhaltung auf den betrachteten Straßenabschnitten zwischen 2017 und 2023 auszugehen. Im Prognosejahr 2020 könne lediglich an den primär durch städtischen Straßenverkehr belasteten Stellen Alfredstraße und Martin-Luther-Straße sowie zudem an der überwiegend durch die Bundesautobahn 40 belasteten Messstation Hausackerstraße der Grenzwert nicht allein aufgrund der erwarteten Entwicklung und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus eingehalten werden. Hierfür sei eine Vielzahl neuer Maßnahmen angestoßen worden, die im Ergebnis im Rahmen des Möglichen zur Grenzwerteinhaltung im Jahr 2020 führten. Ergänzend zu den vorhandenen Messstellen habe das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) Modellrechnungen an den verkehrlichen Belastungsschwerpunkten (Hotspots) durchgeführt. Aktuelle Karten zur Darstellung der NO2-Belastung könnten allerdings nicht vorgelegt werden.
101Da der Schutz der menschlichen Gesundheit in Art. 2 Abs. 2 GG einem einfachen Gesetzesvorbehalt unterliege, sei er einer Abwägung zugänglich. Deshalb habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen, darunter insbesondere Aspekten der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und verkehrsrechtlichen Interessen, sowie der privaten Interessen (Eigentumsgarantie, Berufsfreiheit, Freizügigkeit und allgemeine Handlungsfreiheit) zu erfolgen. Unter Beachtung dieser Vorgaben habe sich die planaufstellende Behörde im vorliegenden Fall am Verursacherprinzip orientiert und demgemäß in dem zulässigen Maße den lokalen und urbanen Straßenverkehr in Anspruch genommen, der hauptsächlich zu den Überschreitungen des NO2-Grenzwertes beitrage. Dass diese Maßnahmen wirkten, lasse sich an der zwischenzeitlichen Einhaltung der Grenzwerte für Feinstaub (PM10) erkennen; bei Überschreitungen des Grenzwertes für NO2 bedürfe es hingegen generell eines längeren Zeitraums, um zu einem Absinken der Werte zu gelangen.
102Demgegenüber seien sowohl streckenbezogene als auch zonale Dieselfahrverbote unverhältnismäßig. Dies gelte nicht nur infolge der nur geringfügigen Überschreitungen im Prognosejahr 2020, sondern auch vor dem Hintergrund, dass der zu erwartende Ausweichverkehr zu regelmäßigen Beeinträchtigungen im Verkehrsfluss und damit zu erheblich erhöhten Immissionen an anderen Stellen bzw. Verkehrsverlagerungen auf Straßen führen würde, die nicht über dieselben Qualitätsstandards verfügten wie die ausgebauten Hauptverkehrslinien. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Stadtzentrum hinausgehende Größe der Umweltzone im Stadtgebiet der Beigeladenen; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge, die ca. den Faktor 10 – im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 – mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge, müsste durch Übergangsregelungen und Ausnahmemöglichkeiten abgefedert werden, um verhältnismäßig zu sein. Zudem bedürfe es zunächst einer Frist, in der sich die Betroffenen auf ein entsprechendes Fahrverbot einstellen könnten. In diesem Zeitraum müssten Ausweichverkehre geplant und organisiert werden, Schilder für die Abgrenzung einer Fahrverbotszone bestellt, geliefert und montiert werden und müsste die Möglichkeit bestehen, Ausnahmeanträge zu stellen und zu bescheiden.
103Die Beigeladene hat weder einen Antrag gestellt noch eine inhaltliche Stellungnahme abgegeben.
104Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 25) Bezug genommen.
105Entscheidungsgründe:
106Die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits liegt beim erkennenden Gericht. Eine von der grundsätzlichen sachlichen Eingangszuständigkeit des Verwaltungsgerichts gemäß § 45 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abweichende, erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ergibt sich vorliegend insbesondere nicht aus § 7 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) und Satz 2 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz; nachfolgend: UmwRG) in der aktuell gültigen Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 23. August 2017 (BGBl. I, Seite 3290). Einer damit einhergehenden gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit während des anhängigen Klageverfahrens steht vorliegend der aus § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG folgende Grundsatz entgegen, dass die (sachliche) Zuständigkeit des Gerichts durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt wird (Grundsatz der „perpetuatio fori“). Um von diesem prozessualen Grundsatz abzuweichen, hätte es einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung bedurft.
107Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 12; VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 17.
108Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. Die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit des erkennenden Verwaltungsgerichts entsprach der Rechtslage (§ 45 VwGO) im Zeitpunkt der Klagerhebung am 18. November 2015, die bis einschließlich zum 1. Juni 2017 fortgalt. Demgegenüber wurden § 7 Abs. 2 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG erstmals durch das Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I, Seite 1298) mit Wirkung zum 2. Juni 2017 (vgl. Art. 18 des Änderungsgesetzes) in Kraft gesetzt, ohne dass die Übergangsvorschrift in § 8 Abs. 2 UmwRG erkennbar die gesetzliche Änderung einer zuvor begründeten Gerichtszuständigkeit normiert. Auch wenn die begehrte Fortschreibung eines Luftreinhalteplans als eine Entscheidung über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG zu verstehen sein sollte (vgl. hierzu § 2 Abs. 7, § 35 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 2.2. in Anlage 5 und Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG]), ergeben sich weder aus dem Wortlaut des für Pläne allein einschlägigen § 8 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. UmwRG noch aus der Historie der Gesetzesänderung,
109siehe u. a. die Begründung der Überleitungsregelung im Regierungsentwurf (BT-Drs. 18/9526, Seite 46) sowie ferner die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 26. April 2017 (BT-Drs. 18/12146, Seite 16),
110Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber hier eine Ausnahme von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ für am Stichtag (2. Juni 2017) noch anhängige Altverfahren schaffen wollte.
111Im Ergebnis ebenfalls VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 26.
112Die novellierte Fassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes findet schließlich auch nicht deshalb Anwendung, weil es nach ihrem Inkrafttreten am 2. Juni 2017 zu einer Änderung des Streitgegenstands gekommen wäre.
113Zur Möglichkeit eines Zuständigkeitswechsels bei Streitgegenstandsänderung siehe etwa BFH, Beschluss vom 29. Juni 2015 – III S 12/15 –, juris Rn. 29 f. m. w. N., sowie Lückemann in: Zöller, Zivilprozessordnung, Kommentar, 32. Aufl. 2018, § 17 GVG Rn. 6.
114Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es vorliegend an einer Klageänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO, die ohne die – hier verweigerte – Einwilligung des Beklagten nur unter der Voraussetzung der Sachdienlichkeit zulässig wäre. Die vorliegende Klage war sowohl nach der gewählten Formulierung des zunächst angekündigten Klageantrags, den der Kläger nun als Hilfsantrag weiterverfolgt, als auch nach dem weiteren Vortrag zur Sache von Anfang an – und ist es auch jetzt noch – auf die Verpflichtung des Beklagten zu einer Änderung des derzeit bestehenden Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen gerichtet. Auf diesem Wege wollte und will der Kläger einem nach seiner Ansicht rechtswidrigen Unterlassen des Beklagten entgegenwirken. Dies soll seiner Vorstellung nach durch eine gerichtliche Verpflichtung des Beklagten zu weitergehenden Maßnahmen erfolgen, die die schnellstmögliche Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid im Stadtgebiet der Beigeladenen zum Ziel haben. Dass der Kläger die aus seiner Sicht gebotenen Maßnahmen im Nachhinein – erstmals mit Schriftsatz vom 23. April 2018 (vgl. Band III der Gerichtsakte, Bl. 317) – durch sprachliche Ergänzung des ursprünglichen Antrags unter Formulierung eines im Wortlaut abweichenden Hauptantrags konkretisiert hat, führt nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes. Denn die nun konkret verlangten Maßnahmen waren zum einen bereits im ursprünglichen, deutlich weiter reichenden Antrag als Minus enthalten. Zum anderen hat der Kläger auch den jetzigen Hauptantrag dahingehend offen formuliert, die Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zu beachten, ohne eine ausschließlich hierauf beschränkte Verpflichtung durch das Gericht anstelle der schon ursprünglich begehrten Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu verlangen. Darüber hinaus hat er lediglich einen Zeitpunkt für die Fortschreibung in seinen Antrag aufgenommen, was den Klagegrund für sich genommen nicht ändert.
115Im Ergebnis übereinstimmend ebenfalls schon VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 30 f.
116Die Klage hat Erfolg, da sie zulässig und begründet ist.
117Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Trotz der fehlenden Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in der bis zum 1. Juni 2017 geltenden Fassung und ungeachtet der offenen Frage, ob das Gesetz in der seitdem geänderten Fassung – über die Zuständigkeitsproblematik (s. o.) hinausgehend – auf bereits anhängige Klagen betreffend die Fortschreibung von Luftreinhalteplänen über § 8 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. UmwRG Anwendung findet, fehlt es dem Kläger, bei dem es sich um einen im Sinne von § 3 UmwRG anerkannten Umweltschutzverband handelt, jedenfalls nicht an der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 18 und 38 ff.
119Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Änderung des streitbefangenen Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ für das Stadtgebiet der Beigeladenen bis zum 1. April 2019 dahingehend, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und hierbei die Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten beachtet.
120Seiner Entscheidung legt das Gericht die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage zu Grunde. Damit waren bei der Rechtsfindung weder die vom Bundeskabinett am Tag der mündlichen Verhandlung beschlossene Absichtserklärung,
121abrufbar auf der Homepage der Bundesregierung, https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bundesimmissionsschutzgesetz-angepasst-1550292,
122noch der diesbezügliche Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drs. 575/18) zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zu berücksichtigen. Dieser sieht in Art. 1 die Einfügung eines Absatzes 4a) in § 47 BImSchG vor, wonach Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid unter anderem für Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 6/VI grundsätzlich nicht möglich sind (Satz 2 Buchstaben a) und f)) und im Übrigen in der Regel nur in Gebieten in Betracht kommen, in denen der Wert von 50 µg/m³ im Jahresmittel überschritten worden ist (Satz 1). Da das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, lässt die Kammer offen, ob die vorstehende Regelung – sollte sie in Kraft treten – aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts, hier konkret der Vorgaben der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (sog. Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, Seite 1), außer Acht zu lassen wäre.
123So bereits VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 33 f.
124Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
125Diese Voraussetzungen eines klägerischen Anspruchs auf Änderung des streitbefangenen Luftreinhalteplans im Hinblick auf die – ausgehend vom klägerischen Begehren allein geltend gemachte – Einhaltung des Grenzwerts für NO2 im Stadtgebiet der Beigeladenen liegen hier vor.
126Der rechtsverbindliche Immissionsgrenzwert für NO2 (dazu 1.) wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten (dazu 2.). Der hierfür aktuell geltende Luftreinhalteplan des Beklagten aus dem Jahr 2011 enthält nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung der NO2-Belastung mit dem Ziel der Grenzwerteinhaltung (dazu 3.). Der Luftreinhalteplan ist daher so zu ändern, dass er Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des maßgeblichen Grenzwerts erwarten lassen (dazu 4.). Diesbezüglich ist in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans ein zonales Verkehrsverbot aufzunehmen, das nach Ablauf etwaiger Übergangsfristen mindestens Dieselkraftfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 6/VI sowie Fahrzeuge mit Ottomotor unterhalb der Abgasnorm Euro 3/III erfasst (dazu 5.). Der Aufnahme eines solchen Konzepts für ein zonales Verkehrsverbot in den Luftreinhalteplan stehen keine rechtlichen Hindernisse entgegen (dazu 6.). Die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen hat bis zum 1. April 2019 zu erfolgen (dazu 7.). Darüber hinaus hat der Beklagte im Zuge der Planfortschreibung eine aktuelle Belastungskarte für das gesamte Stadtgebiet der Beigeladenen zu erstellen (dazu 8.).
1271. Bei der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) vom 2. August 2010 (BGBl. I, Seite 1065), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18. Juli 2018 (BGBl. I, Seite 1222), die unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG dient, handelt es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 48a Abs. 1 BImSchG, in der Immissionsgrenzwerte u. a. für NO2 festgelegt werden. Nach § 3 Abs. 1 dieser Verordnung beträgt der über eine volle Stunde gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 zum Schutz der menschlichen Gesundheit 200 µg/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr. Der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 beträgt 40 µg/m³ (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV). Diese Werte entsprechen den in Abschnitt B des Anhangs XI der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und bereits zum 1. Januar 2010 für die Mitgliedstaaten verbindlichen Grenzwerten für NO2. Sie wurden inhaltlich identisch erstmals bereits in Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Abschnitt I. in Anhang II der Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft (ABl. L 163, Seite 41) festgelegt.
1282. Der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beigeladenen seit Jahren überschritten.
129Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen, worauf der Beklagte und die Beigeladene zu Recht hinweisen, insbesondere in der jüngeren Vergangenheit tendenziell rückläufig sind und der NO2-Grenzwert zuletzt an einer Mehrzahl von Messstationen im Stadtgebiet der Beigeladenen eingehalten werden konnte, wie der im Tatbestand dargestellten Übersicht entnommen werden kann, wurde der Grenzwert ausweislich der aktuell zur Verfügung gestellten Daten auch noch im Jahr 2017 an fünf Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dies gilt namentlich für den Messcontainer VEAE Gladbecker Straße 244 (41 µg/m³) sowie die NO2-Passivsammler EMAL Alfredstraße 9/11 (47 µg/m³), EKRS Krayer Straße 213 (45 µg/m³), EWER Brückstraße 29 (41 µg/m³) und EFRO Hausackerstraße 11 (49 µg/m³). Darüber hinaus wurden von Seiten des LANUV NRW die Belastungswerte im Jahr 2016 für die Martin-Luther-Straße (49 µg/m³) und Stauderstraße (41 µg/m³) modelliert (vgl. Seite 14 des Entwurfs der Planergänzung 2018 hinsichtlich des Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ für das Stadtgebiet der Beigeladenen); aktuellere Rechenwerte liegen dem Gericht insoweit nicht vor.
130Für das Jahr 2018 hat der Beklagte im Sinne einer Abschätzung der jüngsten Entwicklungen die gleitenden Zwölfmonatsmittelwerte für den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018 betreffend vier der o. g. fünf Messpunkte dargestellt. Danach wird der NO2-Grenzwert in 2018 weiterhin an den Messstationen EMAL Alfredstraße 9/11 (47 µg/m3) und EKRS Krayer Straße 213 (43 µg/m3) überschritten. Für den Messpunkt VEAE Gladbecker Straße 244 hat die Kammer entsprechend der Vorgehensweise des Beklagten anhand der insoweit öffentlich zugänglichen Monatsberichte der letzten 12 Monate,
131abrufbar für die einzelnen Monate im Internet unter https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/luft/immissionen/berichte-und-trends/monatswerte/,
132eine Betrachtung für die Monate Oktober 2017 bis September 2018 vorgenommen. Diese gelangt – abweichend von der Betrachtung des Zeitraums Juli 2017 bis Juni 2018 durch den Beklagten (40 µg/m3) – zu einem unverändert fortbestehenden NO2-Messwert von (abgerundet) 41 µg/m3. Hinsichtlich des Messpunktes EFRO Hausackerstraße 11 in Essen-Frohnhausen wurde eine Abschätzung für das Jahr 2018 von Seiten des Beklagten nicht vorgelegt.
1333. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten aus dem Jahr 2011 legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid im Stadtgebiet der Beigeladenen fest.
134Wird der in § 3 der 39. BImSchV festgelegte Immissionsgrenzwert – wie hier – überschritten, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Hierdurch werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen aus Art. 13 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt. Nach der letztgenannten Vorschrift sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass für Gebiete oder Ballungsräume, in denen Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert überschreiten, Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden Grenzwerte einzuhalten (Unterabs. 1), und im Falle der Überschreitung von Grenzwerten geeignete Maßnahmen in die Luftqualitätspläne aufzunehmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann (Unterabs. 2). Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen unter anderem die in Anlage XI festgelegten Grenzwerte für NO2 von dem dort unter B. genannten Zeitpunkt an (1. Januar 2010) nicht mehr überschritten werden dürfen.
135Bei der konkreten Ausgestaltung des hinsichtlich der NO2-Belastung fortgeschriebenen Luftreinhalteplans, etwa bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen, verfügt die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde über einen planerischen Gestaltungsspielraum als Ausfluss der Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG.
136Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 55, 59, Beschluss vom 29. März 2007 – 7 C 9.06 –, BVerwGE 128, 278 = juris Rn. 27 a. E.; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 8 A 2751/09 –, juris Rn. 50; siehe auch EuGH, Urteil vom 25. Juli 2008 – C-237/07 (Janecek/Freistaat Bayern) –, juris Rn. 46, und VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15.WI –, juris Rn. 92.
137Diese planerische Gestaltungsfreiheit ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
138vgl. Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 31, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 34,
139welcher die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten.
140An diesem Minimierungsgebot müssen sich die Planung der Behörde und die von ihr zu treffende Entscheidung ausrichten; es ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt.
141Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 59.
142Dieses Verständnis entspricht auch den Vorstellungen des Gerichtshofs der Europäischen Union,
143vgl. Urteil vom 25. Juli 2008 – C-237/07 (Janecek/Freistaat Bayern) –, juris Rn. 46 m. w. N.,
144wonach der Ausübung des planerischen Spielraums hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen, die der Luftreinhalteplan enthalten muss, gemessen am Ziel der Verringerung der Grenzwertüberschreitung und der Beschränkung ihrer Dauer unter Berücksichtigung des Ausgleichs, der zwischen diesem Ziel und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen sicherzustellen ist, Grenzen gesetzt sind, die vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können.
145Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Hierbei genügt nach der zitierten bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung indessen nicht schon ein insgesamt – für sich genommen begrüßenswerter und positiver – rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit der schnellstmöglichen Wahrung des Grenzwerts erfüllt die Luftreinhalteplanung die unionsrechtlichen Anforderungen aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG.
146Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 29, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 32, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH mit Urteilen vom 5. April 2017 – C-488/15 (Europäische Kommission/Bulgarien) –, juris Rn. 69, und vom 22. Februar 2018 – C-336/16 (Kommission/Polen) –, juris Rn. 62, 65.
147Im Zuge der Umsetzung von Maßnahmen mit dem Ziel der Grenzwerteinhaltung werden zwar gewisse Übergangszeiträume aus praktisch-faktischen Gründen akzeptiert, weil zwischen deren Erlass und der tatsächlichen Einhaltung des Grenzwerts zwangsläufig eine gewisse Zeitspanne liegt.
148Zu dieser Problematik Giesberts, NVwZ 2018, 1276 (1277 f.).
149Diese Betrachtung ändert aber nichts an der bestehenden (Rechts-)Verletzung des Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG, da für die Feststellung eines diesbezüglichen Verstoßes die Nichteinhaltung des Grenzwerts genügt und eine gewisse Dauer der Überschreitung nicht verlangt wird.
150Siehe hierzu EuGH, Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 (Europäische Kommission/Bulgarien) –, juris Rn. 69.
151Auf der Grundlage der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
152vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 35,
153und der dort in Bezug genommenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union,
154vgl. Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 (Europäische Kommission/Bulgarien) –, juris Rn. 115,
155verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG resultierende Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
156Ebenfalls verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die vorgenannte Vorschrift, wenn darin lediglich Maßnahmen festgelegt werden, aufgrund derer der Grenzwert für Stickstoffdioxid erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden kann, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung des Grenzwertes herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalem Anteil an der Überschreitung des NO2-Grenzwerts vermissen lässt.
157So BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 32.
158Im Zuge der durchzuführenden einzelfallbezogenen Untersuchung ist auch die Länge des Zeitraums zu betrachten, während dem eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält.
159Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 31, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 34, unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 (Europäische Kommission/Bulgarien) –, juris Rn. 115; siehe mit ähnlicher Begründung auch Hofmann, NVwZ 2018, 928 (934), und Giesberts, NVwZ 2018, 1276 (1277 f.).
160Entgegen der Auffassung des Beklagten ist damit gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass eine Grenzwerteinhaltung im Laufe des Jahres 2020 ohne Weiteres den unionsrechtlichen Anforderungen genügt. Die Formulierung „jedenfalls“ macht deutlich, dass hier äußerste Grenzen benannt wurden, in denen eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung nicht mehr angenommen werden kann. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird der Beklagte bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d. h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen, noch vor dem 1. Januar 2020 anzustreben haben. Anders ausgedrückt ist es geboten, auch solche Maßnahmen in Betracht zu ziehen, mit denen der Grenzwert innerhalb weniger Monate und damit noch im Laufe des Jahres 2019 eingehalten werden kann. Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines hochwertigen Guts dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im Laufe des bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
161So im Ergebnis bereits VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 28 a. E.
162Dies bedeutet, dass der Beklagte vorrangig Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die vor dem Beginn des Jahres 2020 wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später, etwa im Verlauf des Jahres 2020, Wirksamkeit entfalten. Eine derartige spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht, wenn die Möglichkeit zur früheren Minderung der NO2-Immissionsbelastung besteht und die diesbezüglich notwendigen Maßnahmen rechtlich zulässig, d. h. insbesondere auch verhältnismäßig sind.
163Nur ein derartiges Verständnis entspricht dem allgemeinen Begriffsverständnis einer schnellstmöglichen Zielerreichung, wie sie sowohl § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG als auch Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG ihrem übereinstimmenden Wortlaut nach („so kurz wie möglich“) verlangen. Dies gilt nicht zuletzt auch in Anbetracht des langen Zeitraums von nahezu 20 Jahren, der zur Einhaltung u. a. der NO2-Grenzwerte zur Verfügung stand (vgl. Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Abschnitt I. in Anhang II der Richtlinie 1999/30/EG). Der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m3, der dem Beklagten als solcher in dem gesamten Zeitraum bekannt war, ist spätestens seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten. Gegen die – auf Grundlage von Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG maximal mögliche – Verlängerung der Umsetzungsfrist bis zum 1. Januar 2015, die im Übrigen bereits seit nahezu vier Jahren abgelaufen wäre, hat die Europäische Kommission in Bezug auf das Stadtgebiet der Beigeladenen Einwände erhoben,
164vgl. Art. 1 Nr. 3 des Beschlusses der Kommission vom 20. Februar 2013 – C(2013)900 – betreffend die Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland über die Verlängerung der Frist für das Erreichen der NO2-Grenzwerte in 57 Luftqualitätsgebieten, Volltext im Internet abrufbar unter http://ec.europa.eu/environment/air/quality/legislation/pdf/NO2_DE1_de.pdf.
165Wird der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m3 gleichwohl – wie hier im Stadtgebiet der Beigeladenen – entgegen der unionsrechtlichen Verpflichtung in einem erheblichen Zeitraum wie den vergangenen nahezu neun Jahren weiterhin überschritten, ist die prognostizierte Einhaltung erst innerhalb von weiteren zwei Jahren nicht mehr „so kurz wie möglich“ im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG, solange gleichzeitig effektivere Maßnahmen außer Ansatz gelassen werden. Diese wären zumindest vorübergehend zu ergreifen, bis andere mittel- und langfristige Maßnahmen eine Absenkung der NO2-Belastung unter den Grenzwert auch ohne derart stark belastende und einschneidende Maßnahmen erlauben.
166Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ des Beklagten aktuell nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan in der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen, da allein veröffentlichten und damit rechtsgültigen Fassung aus dem Jahr 2011 enthält keine Maßnahmen, deren Umsetzung die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lässt.
167Der Luftreinhalteplan genügt in seiner derzeit geltenden Fassung bereits deswegen nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen, weil er selbst nicht ermittelt, bis wann die getroffenen Maßnahmen prognostisch eine Grenzwerteinhaltung erwarten lassen bzw. ob sie überhaupt dazu führen können. Mit Ausnahme einer Maßnahme (Sperrung der Gladbecker Straße für den LKW-Durchgangsverkehr, -7 µg/m³) fehlt es vollständig an Wirkungsprognosen des NO2-Minderungspotenzials. Einzelne andere Maßnahmen (Park & Ride, Verkehrsverflüssigung, Jobticket und ÖPNV-Förderung) werden lediglich pauschal mit einer Reduzierung der NO2-Belastung von -1 µg/m³ angegeben, jedoch ohne konkreten zeitlichen Horizont, bis wann mit einer Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten NO2-Grenzwertes gerechnet wird.
168Über das abstrakte Prognosejahr 2015 hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung aus dem Jahr 2011 nicht entnehmen (zum Prognosejahr 2015 siehe die dortigen Seiten 76 und 167). Es ist lediglich davon die Rede (a. a. O., Seite 152), dass die Gesamtheit aller im Plan enthaltenen Maßnahmen zur Grenzwerteinhaltung erforderlich sei.
169Überdies enthält der Luftreinhalteplan eine Vielzahl von Maßnahmen, die von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können, weil sie etwa auf ein geändertes Verkehrsverhalten abzielen, zuvor politischer Leitentscheidungen oder Förderzusagen bedürfen oder Unternehmen, Landesbehörden etc. betreffen, die die in ihre Zuständigkeit fallenden Entscheidungen entweder noch gar nicht getroffen oder aber jedenfalls noch nicht vollständig umgesetzt haben. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig.
170Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 35.
171Die im Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ festgelegten Maßnahmen haben ferner nachweislich trotz des langen Zeitraums von sieben Jahren seit seinem Inkrafttreten (zum 15. Oktober 2011, vgl. Seite 178 des Plans) bislang nicht zur Zielerreichung geführt. Dabei steht außer Frage, dass jede Maßnahme für sich genommen sowie das Konzept in seiner Gesamtheit aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes durchaus begrüßenswert sind.
172In diesem Zusammenhang haben der Beklagte mit dem aktuell andauernden Verfahren der Planfortschreibung (siehe Entwurf der Planergänzung 2018 in der Fassung der Offenlage vom 19. September 2018, Beiakte Hefte 15 und 16) und die Beigeladene durch ihre ergänzende Aufstellung des Masterplans Verkehr 2018 für ihr Stadtgebiet (vgl. hierzu Beiakte Heft 21) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Luftreinhalteplans aus dem Jahr 2011 enthaltenen Maßnahmen nach Ablauf von nunmehr sieben Jahren seit seinem Inkrafttreten (s. o.) nicht als ausreichend erachten, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts (noch) – zumal so schnell wie möglich – zu erreichen. Einer näheren, detaillierten Betrachtung der einzelnen im Luftreinhalteplan 2011 festgelegten Maßnahmen bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.
173Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union,
174vgl. Urteile vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 (Kommission/Italien) –, juris Rn. 63 f., vom 1. Oktober 1998 – C-71/97 (Kommission/Spanien) –, juris Rn. 15, und vom 4. März 2010 – C-297/08 (Kommission/Italien) –, juris Rn. 82,
175ist es im Übrigen unerheblich, ob der Mitgliedstaat, dem der Verstoß zuzurechnen ist, diesen mit Absicht oder fahrlässig begangen hat oder ob er auf technischen Schwierigkeiten beruht, denen sich der Mitgliedstaat möglicherweise gegenüber sah. Eine Berufung des Mitgliedstaates auf unüberwindliche Schwierigkeiten, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, kommt allenfalls in besonderen Fällen, namentlich beim Vorliegen höherer Gewalt, in Betracht,
176siehe – bezugnehmend auf die o. g. Rechtsprechung des EuGH – ebenfalls: BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 29, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 32,
177und gilt auch dann nur für den Zeitraum, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist.
178Vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 – C-1/00 (Kommission/Frankreich) –, juris Rn. 131 m. w. N.
179Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen vorliegend – ungeachtet der unstreitig bestehenden Möglichkeit zu einer kurzfristigeren Reaktion,
180siehe hierzu nur die Ausführungen des Beklagten im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 90), dass bei Umsetzung lokal wirkender emissionsmindernder Maßnahmen auch eine frühere Grenzwerteinhaltung möglich wäre –
181indessen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der zwischenzeitlichen Erkenntnis, dass auch moderne Dieselfahrzeuge aufgrund herstellerseitiger Manipulationen im Realbetrieb deutlich mehr NO2 emittieren als sie dürften, was erst Ende des Jahres 2015 bekannt geworden ist (sog. Diesel- oder Abgasskandal).
182Vgl. Umweltbundesamt, Pressemitteilung vom 25. April 2017, „Stickoxid-Belastung durch Diesel-Pkw noch höher als gedacht“: Hiernach emittiert ein Euro 5-Diesel-Pkw durchschnittlich 906 mg NOx/km (Grenzwert: 180 mg NOx/km), ein Euro 4-Diesel-Pkw durchschnittlich 674 mg NOx/km (Grenzwert: 250 mg NOx/km) und ein Euro 6-Diesel-Pkw ohne verbindlichen „RDE-Straßentest“ bei der Zulassung im Mittel 507 mg NOx/km (Grenzwert: 80 mg NOx/km), im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/stickoxid-belastung-durch-diesel-pkw-noch-hoeher).
1834. Folge der vorstehenden Feststellung, dass der geltende Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid festlegt, ist die Verpflichtung des Beklagten, den Plan im Hinblick auf die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen dahingehend zu ändern, dass er die hierfür erforderlichen Maßnahmen enthält. Hierauf hat der Kläger gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG einen Anspruch. Schon wegen des bestehenden Anpassungsbedarfs hat der Kläger mit seiner Klage dem Grunde nach Erfolg.
184Die aktuell nur im Entwurf vorliegende Planergänzung aus dem Jahr 2018, die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch im laufenden Planaufstellungsverfahren befindet, ist demgegenüber nicht Grundlage der gerichtlichen Entscheidung zur Erforderlichkeit einer Fortschreibung, da das Verfahren im Entscheidungszeitpunkt noch nicht rechtswirksam abgeschlossen und der fortgeschriebene Luftreinhalteplan noch nicht in Kraft getreten ist. Sie kann insoweit nicht Grundlage der von der Kammer vorzunehmenden Prüfung sein, ob der Beklagte zu einem weiteren Tätigwerden verpflichtet ist, weil die dort getroffenen Maßnahmen im Entscheidungszeitpunkt noch nicht festgeschrieben wurden und daher aktuell noch nicht als Bestandteil eines gültigen Luftreinhalteplans zur Zielerreichung beitragen. Gleichwohl hat die Kammer die dortigen Ausführungen im Sinne weiterführender Hinweise und Erwägungen des Beklagten zum Verfahrensstand in das Verfahren einbezogen und sich mit der dortigen Einschätzung und Bewertung der weiteren tatsächlichen wie rechtlichen Möglichkeiten auseinander gesetzt.
185Die von dem Beklagten zur Aufnahme in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet der Beigeladenen stellen jedoch ebenfalls noch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (dazu a). Der Beklagte muss in seine Planergänzung vielmehr zusätzliche Regelungen für Verkehrsverbote betreffend Fahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen aufnehmen (dazu b).
186a) Der von dem Beklagten vorgelegte Entwurf der Planergänzung 2018 zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ im Hinblick auf das Stadtgebiet der Beigeladenen ist in seiner Gesamtheit nicht geeignet, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts im Jahresmittel zu gewährleisten.
187Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass der Beklagte durch die beabsichtigte Fortschreibung Maßnahmen auf den Weg zu bringen beabsichtigt, die geeignet sind, mittel- oder langfristig zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 an allen stark mit Stickstoffdioxid belasteten Stellen im Stadtgebiet der Beigeladenen, darunter vor allem an den bekannten Messstandorten und modellierten Straßenzügen, eingehalten wird. Hiervon geht auch der Beklagte selbst nicht aus, wenn er ausführt (siehe hierzu im Entwurf der Planergänzung 2018, Seiten 75, 80 und 87), der Grenzwert für NO2 könne an der Mehrzahl der betroffenen Messpunkte (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen.
188Eine – von dem Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 an der Mehrzahl der betroffenen Messpunkte nach dann zehnjähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist nach den vorstehenden Ausführungen zum zeitlichen Horizont nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union zu spät und stellt bereits für sich genommen nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
189Mit demselben Ergebnis auch VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 32.
190Vor diesem Hintergrund genügt auch der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten – wie im Stadtgebiet der Beigeladenen über die letzten Jahre erkennbar – nicht, um eine schnellstmögliche Einhaltung des Jahresgrenzwertes für Stickstoffdioxid im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen herbeizuführen.
191Dessen ungeachtet bestehen Zweifel an der Nachvollziehbarkeit und Plausibilität der vorgelegten Prognosen, soweit darin Eingangsdaten verwendet wurden, deren vollständige Erreichung bzw. Umsetzung bis ins Jahr 2020 realistischerweise nicht erwartet werden kann bzw. nach aktueller Prognosesituation ungewiss ist.
192In diesem Zusammenhang erkennt die Kammer, dass der Umfang der gerichtlichen Kontrolle eines Luftreinhalteplans – vergleichbar sonstigen Planungsentscheidungen – Einschränkungen unterliegt. Dies liegt zum einen in den prognostischen Elementen begründet, die der Planung im Hinblick auf die Schadstoffentwicklung und Wirkung der von ihr festgelegten Maßnahmen zugrunde liegen, und ist zum anderen Folge der planerischen Gestaltungsfreiheit, die der Behörde bei der Auswahl und Ausgestaltung der im Luftreinhalteplan festgelegten Maßnahmen zusteht. Um der prognostischen Natur der Planungsentscheidung gerecht zu werden – wie generell bei der Überprüfung solcher Prognosen –, muss die gerichtliche Kontrolle auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung abstellen. Dieser fällt hier ausnahmsweise mit dem aktuellen Entscheidungszeitpunkt zusammen, weil die endgültige Beschlussfassung über den fortzuschreibenden Plan erst noch bevorsteht. Inhaltlich beschränkt sich – wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu sonstigen planerischen Entscheidungen hinreichend geklärt ist – die gerichtliche Überprüfung derartiger Prognosen darauf, ob die Prognose von zutreffenden Werten, Daten und Zahlen ausgeht, auf realistischen Annahmen beruht, methodisch einwandfrei erarbeitet worden ist und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist.
193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 3 B 78.11 –, juris Rn. 11, unter Bezugnahme auf Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, BVerwGE 72, 38 = juris Rn. 56; siehe stellvertretend zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Prognoseentscheidungen auch etwa BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 – 7 A 2.15 –, BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 40, und vom 9. Juni 2010 – 9 A 20.08 –, juris Rn. 73, jeweils m. w. N.
194Auch unter Berücksichtigung dieses beschränkten gerichtlichen Kontrollmaßstabs bestehen Zweifel an den vorgenommenen Prognosen, die im Übrigen trotz des im Entscheidungszeitpunkt, d. h. Ende des Jahres 2018, noch andauernden Verfahrens der Planfortschreibung für ihre Prognose auf Daten eines zwei Jahre zurückliegenden Analysejahres (2016) zurückgreifen.
195Von der Aufnahme eines Konzepts zu Verkehrsverboten für Kraftfahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen in den fortgeschriebenen Luftreinhalteplan kann nicht schon deshalb abgesehen werden, weil die fortdauernde Überschreitung des NO2-Grenzwerts auch ohne zusätzliche Maßnahmen im gesamten Stadtgebiet so kurz wie möglich gehalten würde. Denn den Berechnungen des LANUV NRW, wonach bis ins Jahr 2020 als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) sowohl das regionale Hintergrundniveau als auch die städtische NO2-Belastung an den Belastungsschwerpunkten mit der Folge sinkt, dass der Grenzwert auch ohne Einführung eines Fahrverbots an den meisten Messpunkten im Laufe des Jahres 2020 eingehalten werden soll, ist im Ergebnis nicht zu folgen, abgesehen davon, dass eine Grenzwerteinhaltung erst im Jahre 2020 ohnehin nicht „schnellstmöglich“ wäre.
196Im Übrigen führt der Beklagte selbst aus (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seiten 40 f., 75, 80), dass bis 2020 ohne zusätzliche Maßnahmen an der Alfredstraße und der Martin-Luther-Straße keine Grenzwerteinhaltung zu erwarten ist. Daneben ist dem Beklagten auch bekannt, dass an der Messstation Essen-Frohnhausen im Jahr 2020 ebenfalls noch nicht mit einer Grenzwerteinhaltung zu rechnen sein wird (vgl. a. a. O., Seite 67), zumal hierfür bislang keine wirksamen Maßnahmen mit dem erforderlichen Minderungspotenzial in die beabsichtigte Fortschreibung aufgenommen wurden. Ungeachtet der im Übrigen für das Jahr 2020 prognostizierten Grenzwerteinhaltung sei darauf hingewiesen, dass mit der Umsetzung von lokal wirkenden emissionsmindernden Maßnahmen – wie der Beklagte im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 80) selbst betont – „auch eine frühere Grenzwerteinhaltung“ (als im Jahr 2020) an der Gladbecker Straße, der Krayer Straße und der Stauderstraße möglich wäre.
197An der Belastbarkeit der zugrunde liegenden Prognosen hat die Kammer nicht unerhebliche Zweifel. Nach den vorangestellten Maßstäben hat das Gericht die der Prognoseentscheidung zugrunde gelegten Annahmen und Eingangsdaten auf ihre Nachvollziehbarkeit bzw. Richtigkeit zu untersuchen. Dies hat die Kammer ausgehend vom aktuellen Entscheidungszeitpunkt getan.
198Im Ergebnis ist festzustellen, dass den im Planergänzungsentwurf 2018 enthaltenen Wirkungsprognosen zur NO2-Belastungsentwicklung bis ins Jahr 2020 keine hinreichend konservativen Annahmen zugrunde gelegt wurden. Diese liegen – bezogen auf den Zeitpunkt der Planfortschreibung Ende des Jahres 2018 als Ausgangszeitpunkt für die weitere Prognose – erkennbar nicht auf der sicheren Seite. Dies hat zur Folge, dass selbst mit Blick auf das – für sich genommen schon verspätete (s. o.) – Prognosejahr 2020 keine verlässliche Annahme möglich ist, die Umsetzung sämtlicher geplanter Maßnahmen sei unter Berücksichtigung des allgemeinen Rückgangs der Belastungssituation geeignet, die NO2-Belastung an allen Straßenzügen – darunter auch der Alfredstraße unter Einschluss des Maßnahmenbündels B (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 82) – bis zu diesem Zeitpunkt auf oder unter den Grenzwert abzusenken.
199Die große Mehrzahl der festgelegten Maßnahmen in den Bereichen Öffentlicher Personennahverkehr, Förderung des Radverkehrs, Verkehrsmanagement, Elektro-Mobilität, Intermodale Angebote und Mobilitätsmanagement, Informationsmanagement sowie Partnerschaft und Kooperationen (vgl. im Einzelnen den im Tatbestand abgedruckten Maßnahmenkatalog weiterer 45 Maßnahmen im Entwurf der Planergänzung, Seiten 52 ff.) sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer, angewiesen, um eine weitere Reduzierung der NO2-Belastung erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr, weshalb es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer ankommt. Ob die verschiedenen Maßnahmen tatsächlich von diesen angenommen werden, ist nicht ansatzweise empirisch belegt und nach Einschätzung der Kammer als insgesamt ungewiss anzusehen. Insbesondere erlaubt es keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen noch im Jahr 2019 tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Immissionen im Stadtgebiet der Beigeladenen beitragen können. Da viele dieser Maßnahmen ein geändertes Verkehrsverhalten sowie einen vorangegangenen gesellschaftlichen Umdenkprozess voraussetzen, der Jahre oder sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird, sind sie eher mittel- oder langfristig als kurzfristig ausgerichtet.
200Vgl. zu den vorstehenden Erwägungen ebenfalls VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 36.
201NO2-Minderungspotenziale, die nicht konkret bezifferbar sind, weil die zugrunde liegenden Maßnahmen ausschließlich auf eine Anreizfunktion beschränkt sind oder deren Eintritt ungewiss ist bzw. allenfalls längerfristige Effekte hervorrufen (vgl. z. B. weitere denkbare Maßnahmen Abschn. 5.3.3.1 bis 5.3.3.7 im Entwurf der Planergänzung 2018, Seiten 68 ff.), haben danach außer Betracht zu bleiben. Entsprechendes gilt für solche Maßnahmen, deren Umsetzung an Bedingungen geknüpft ist oder die reine Absichtsbekundungen darstellen, sowie schließlich auch für diejenigen Vorhaben des Beklagten, für die im Rahmen des Planergänzungsverfahrens 2018 bislang nur sehr pauschale und ungenaue Abschätzungen zur NO2-Immissionsreduktion vorgenommen wurden. Letzteres betrifft namentlich (mit einem angenommenen Reduktionspotenzial von jeweils < 0,5 µg/m³) die geplante Umsetzung des S‑Bahn-Konzepts im Ruhrgebiet, den Vorlaufbetrieb des Rhein-Ruhr-Express (RRX), die Ausweitung des Angebots im ÖPNV und die Umsetzung des Masterplans Verkehr 2018 der Beigeladenen (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seiten 79 f.). Belastbare Prognosewerte liegen diesbezüglich nicht vor, zumal die Wirkung sämtlicher Vorhaben – ungeachtet der begrüßenswerten Überlegungen hierzu – in erheblichem Maße davon abhängt, wie gut sie in der Bevölkerung aufgenommen werden (s. o.).
202Auch die wesentliche Annahme der durchgeführten Prognoserechnungen, dass die NOx-Emissionen zwischen 2016 und 2020 – bei im Wesentlichen gleich bleibenden Fahrleistungen – merklich um 29 % über alle Bereiche hinweg zurückgehen, darunter ‑18 % bei Personenkraftwagen (Pkw), -36 % bei leichten Nutzfahrzeugen (lNfz), ‑57 % bei Bussen, -10 % bei Krädern und -54 % bei schweren Nutzfahrzeugen ohne Busse (sNoB) – lässt keinen sicheren Rückschluss auf die erwarteten Minderungspotenziale zu. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund dessen, dass der prognostizierte Rückgang als Folge der fortschreitenden technischen Flottenentwicklung (natürliche Flottenmodernisierung/-erneuerung) eingeschätzt wird, vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 37 unter Bezugnahme auf die Datenerhebungen des beauftragten Ingenieurbüros AVISO GmbH. Denn die von der Aviso GmbH diesbezüglich aufgestellten Prognosen basieren auf Eingangsdaten aus dem Jahr 2016. Eine Aktualisierung der Daten zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt hat nicht stattgefunden. Die auf Basis der für 2016 verfügbaren Eingangsdaten prognostizierten Entwicklungen der Flottenmodernisierung und -erneuerung sind aber überholt und damit nicht mehr tragfähig. Die Prognose ist nicht mehr auf der sicheren Seite. Dies zeigt sich bereits anhand der bis zum Jahre 2018 statistisch erfassten Entwicklung der im Stadtgebiet der Beigeladenen zugelassenen Fahrzeugflotte (statische Fahrzeugflotte).
203Die Entwicklung des Bestandes der statischen Pkw-Flotte im Stadtgebiet der Beigeladenen zwischen 2015 und 2018 lässt sich der nachstehenden Tabelle entnehmen.
204Bestand an PKW |
Nach Kraftstoffarten |
Darunter dieselangetriebene Pkwnach Emissionsgruppen |
|||||||
Jahr |
Insgesamt |
Benzin |
Diesel |
Euro 1 |
Euro 2 |
Euro 3 |
Euro 4 |
Euro 5 |
Euro 6 |
2018 |
285.071 |
201.491 |
77.238 |
149 |
2.282 |
7.642 |
14.928 |
27.167 |
24.624 |
Anteil anGesamt |
100,00% |
72,55% |
27,81% |
0,05% |
0,80% |
2,68% |
5,24% |
9,53% |
8,64% |
2017 |
282.160 |
197.534 |
78.681 |
153 |
2.637 |
8.695 |
16.851 |
31.894 |
18.020 |
Anteil anGesamt |
100,00% |
70,01% |
27,89% |
0,05% |
0,93% |
3,08% |
5,97% |
11,30% |
6,39% |
2016 |
277.737 |
195.904 |
75865 |
167 |
2.985 |
9.489 |
18.213 |
35.294 |
9.313 |
Anteil anGesamt |
100,00% |
69,43% |
27,32% |
0,06% |
1,07% |
3,42% |
6,56% |
12,71% |
3,35% |
2015 |
274.031 |
195.437 |
72.695 |
188 |
3.393 |
10.375 |
19.470 |
35.853 |
3.014 |
Anteil anGesamt |
100,00% |
69,26% |
26,53% |
0,07% |
1,24% |
3,79% |
7,11% |
13,08% |
1,10% |
Diese Tabelle ist das Ergebnis einer Auswertung der tabellarischen Zusammenstellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes zum „Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern nach Zulassungsbezirken“ für die Jahre 2015 bis 2018, jeweils zum 1. Januar, im Internet abrufbar unter https://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2018/fz1_2018_xls.xls?__blob=publicationFile&v=3 (2018, dort Arbeitsblatt „Pkw“, Zeile „Nordrhein-Westfalen, 05113 Essen, Stadt“ sowie Spalten „Nach Kraftstoffarten“ sowie „Darunter dieselangetriebene Pkw nach Emissionsgruppen, Euro 6“), https://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2017/fz1_2017_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (2017, dort Seite 48 f.), https://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2016/fz1_2016_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=9 (2016, auch dort Seite 48 f.) und https://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2015/fz1_2015_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (2015, wiederum Seite 48 f.).
206Ausgehend von den tabellarisch zusammengestellten Werten stellt sich die Entwicklung der statischen Dieselfahrzeugflotte bei Pkw der Abgasnorm Euro 6 im Zulassungsbezirk der Beigeladenen unter der günstigen Annahme einer sich annähernd linear fortsetzenden Entwicklung bis ins Jahr 2020 danach wie folgt dar:
207 208Die hiernach anzunehmende (statische) Flottenstärke von etwa 39.400 Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 6 in 2020 im Zulassungsbezirk der Beigeladenen entspräche im gleichen Jahr einem Anteil von etwa 13,5 % am Gesamtbestand der zugelassenen Pkw im Zulassungsbezirk (ca. 292.900 Pkw im Trend 2020).
209Ausgehend von der Annahme der Beigeladenen, dass für Abschätzungen zur Entwicklung der dynamischen Fahrzeugzusammensetzung (d. h. Fahrzeugzusammensetzung, die sich im Plangebiet real auf der Straße bewegt) auch ein Vergleich der statischen Flotten verschiedener Jahre herangezogen werden kann – vgl. hierzu Stellungnahme der Beigeladenen vom 2. November 2018 samt Anlagen (Band V der Gerichtsakte, Bl. 756) –, lassen die Bestandszahlen der statischen Fahrzeugflotte im Stadtgebiet der Beigeladenen für Euro 6-Diesel-Pkw im Jahr 2018 im Vergleich zu den Vorjahren nicht den sicheren Rückschluss zu, der für das Jahr 2020 avisierte Prognosewert von nahezu 23 % Dieselfahrzeugen der Emissionsgruppe Euro 6 am Dieselgesamtbestand (gegenüber etwa 5 % in 2016) könne bei der dynamischen Zusammensetzung erreicht werden.
210Siehe zu diesen Prozentwerten betreffend die (dynamische) Flottenzusammensetzung auf Innerortsstraßen für den Zulassungsbezirk der Beigeladenen in der Fahrzeugkategorie Pkw, Analysejahr 2016 und Trend 2020: Aviso GmbH, Schlussbericht „Emissionsberechnungen im Rahmen der Aufstellung eines Luftreinhalteplans für das Plangebiet in der Kommune Essen“, Stand: November 2017, Seite 12, Bild 3.2 (Beiakte Heft 25).
211So verschiebt sich die Zusammensetzung der statischen Fahrzeugflotte dieselangetriebener Pkw im Stadtgebiet der Beigeladenen seit dem Jahr 2016 zwar hin zu solchen der Emissionsgruppe Euro 6,
212siehe hierzu die von der Beigeladenen im Klageverfahren vorgelegte Übersicht zu den „Kfz-Zulassungsdaten, Vergleich 1. Januar 2016 und 1. Januar 2018“, Anlage 1 zum Schriftsatz vom 2. November 2018 (Band V der Gerichtsakte, Bl. 756 f.),
213doch verläuft diese Entwicklung – trotz eines im Wesentlichen gleich bleibenden Anteils der Diesel-Pkw am Fahrzeuggesamtbestand – unterhalb der Prognose des Beklagten. Trotz des anhaltenden Anstiegs ist die annähernd lineare – und zuletzt leicht degressive – Zunahme von Dieselfahrzeugen der neuesten Abgasnorm Euro 6 deutlich niedriger als von der Beklagten erwartet. Ausgehend von einem etwa 5 %-igen Anteil von Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 6 an der dynamischen Fahrzeugflotte im Jahr 2016 ist folglich – unter Berücksichtigung der statistischen Werte aus 2018 – keine Steigerung auf nahezu 23 % zu erwarten.
214Entsprechendes gilt für die Entwicklung des Anteils aller Euro 4/5/6 Diesel-Pkw an dem Gesamtbestand der zugelassenen Pkw im Zulassungsbezirk der Beigeladenen, wobei der Anteil der Diesel-Pkw seit dem Jahr 2015 insgesamt bei 27 bis 28 % unverändert geblieben ist. Hinsichtlich der statischen Fahrzeugflotte im Zulassungsbezirk ist hier zwischen den Jahren 2015 und 2018 nur eine geringfügige Steigerung des Anteils der Euro 4/5/6 Diesel am Gesamtbestand von 21,3 % auf 23,4 % zu verzeichnen, im Falle der Euro 6-Diesel-Pkw wiederum mit degressiver Tendenz in 2018. Ausgehend von einem Anteil der Diesel-Pkw mit Euro 4/5/6 von 32,8 % an der dynamischen Flottenzusammensetzung auf Innerortsstraßen im Jahr 2016,
215siehe hierzu wiederum: Aviso GmbH, Schlussbericht „Emissionsberechnungen im Rahmen der Aufstellung eines Luftreinhalteplans für das Plangebiet in der Kommune Essen“, Stand: November 2017, Seite 12, Bild 3.2 (Beiakte Heft 25),
216ist für die Kammer – vor dem Hintergrund der statistischen Werte aus 2018 – nicht zu erkennen, dass bis zum Jahr 2020 noch eine Zunahme auf die prognostizierten 39,3 % wahrscheinlich ist, nachdem die Hälfte des ursprünglichen Prognosezeitraums bereits verstrichen ist.
217Nach allem hat es der Beklagte angesichts des zeitlichen Verlaufs der Planfortschreibung versäumt, im Zuge des Planergänzungsverfahrens die Ausgangswerte der getroffenen Prognosen aus dem Jahr 2016 im aktuellen Zeitpunkt, d. h. nach der Hälfte des zugrunde gelegten Prognosezeitraums durch tragfähige aktuelle Eingangsdaten zu ersetzen.
218Als nicht belastbar hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung für das Stadtgebiet der Beigeladenen erscheint im Übrigen der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen als Folge freiwilliger Absprachen der Bundesregierung mit deutschen Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017.
219Vgl. wiederum im Ergebnis schon VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 35 a. E.
220Hierbei handelt es sich, ebenso wie bei der derzeit nicht einschätzbaren Zahl an Hardware-Nachrüstungen von Euro 5- und Euro 6-Dieselfahrzeugen, um Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
221vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 35; darauf bezugnehmend auch bereits VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 79, 81.
222Der Betrachtung im Entwurf der Planergänzung 2018 liegen die Annahmen zugrunde (vgl. zum Nachstehenden die dortige Seite 76), dass die Software-Updates für Diesel-Pkw nach dem Diesel-Gipfel 2017 in Nordrhein-Westfalen eine Immissionsminderung von durchschnittlich 25 % pro Diesel-Pkw bewirkten, wobei 50 % oder 100 % aller Diesel-Pkw Euro 5 und 6 dieses Software-Update erhielten. Zudem würden in Nordrhein-Westfalen 25 % der Diesel-Pkw Euro 1-4 als Folge der vereinbarten Rückkaufprämie für diese Fahrzeuge durch 75 % Diesel-Pkw Euro 6 und 25 % Diesel-Pkw Euro 6d ersetzt.
223Auch diese Annahmen liegen nicht auf der sicheren Seite, weil es zum einen an wissenschaftlich fundierten Nachweisen für die Minderungswirkung von Software-Updates fehlt und zum anderen die prognostizierte Zahl der hiermit ausgerüsteten Fahrzeuge mit hoher Wahrscheinlichkeit überschätzt wird.
224Die zu erzielende Emissionsreduktion von 25 bis 30 % beruht lediglich auf der Zielvereinbarung gemäß der zwischen Bund, Ländern und (deutscher) Automobilindustrie getroffenen Verständigung im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“ am 2. August 2017,
225siehe hierzu Ergebnisprotokoll zum „Nationalen Forum Diesel“ vom 2. August 2017, im Internet abrufbar unter https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/170802-ergebnisprotokoll-nationales-diesel-forum.pdf?__blob=publicationFile.
226Dem lagen offenbar die Schätzungen des Umweltbundesamtes zugrunde, das auf Basis von Auswertungen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu den nachgebesserten Fahrzeugen im Rahmen des von diesem angeordneten Rückrufs bei der Volkswagen AG eine NOx-Emissionsminderung durch Software-Updates in einer Größenordnung zwischen 2 % und 45 % angenommen hat, mit einem gewichteten Mittel bei rund 25 %. Da nach Einschätzung des Umweltbundesamtes bei diesem Rückruf nicht alle NOx-Minderungspotenziale durch Software-Updates voll ausgeschöpft worden sein dürften, sei mit einer softwareseitigen Nachbesserung bei einem Euro 5-Flottendurchdringungsgrad von 40 bis 60 % – der gegebenenfalls aber höher liegen könnte – eine durchschnittliche NOx-Minderung deutlich unter 50 %, gleichzeitig allerdings über 25 % zu erwarten. Als Folge dessen sei innerhalb der Euro 5-Diesel-Pkw bei flottenweiter Betrachtung von einer NOx-Minderung zwischen 10 % (Annahme: 25 % Minderung x 40 % Flottendurchdringung) und 30 % (50 % Minderung x 60 % Flottendurchdringung) auszugehen.
227Vgl. Umweltbundesamt, „Ergänzung der Bewertung zu marktverfügbaren fahrzeugseitigen NOx-Nachrüsttechnologien und Bewertung der Nachbesserung“, Stand: Juni 2017, Seiten 5 f., im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/uba_bericht_nachruestung_ii_0.pdf; in Entsprechung hierzu wurde auch im Endbericht der IVU Umwelt GmbH vom 5. März 2018 zur „Begutachtung der Wirkung von fahrzeugtechnischen Umrüstmaßnahmen bei Dieselfahrzeugen auf die Luftqualität hinsichtlich der Stickoxidkonzentration in Berlin und München“, im Internet abrufbar unter https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/gutachten-dieselnachruestung-luftqualitaet-berlin-muenchen.pdf?__blob=publicationFile., das NOx/NO2-Emissionsminderungspotenzial lediglich nach der Vorgabe des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur als Auftraggeber mit 30 % angesetzt.
228Im Nachgang der o. g. Verständigung hat das Umweltbundesamt die generelle Wirkung von Software-Updates sodann – nach eigenen Angaben unter optimistischen Annahmen – mit 15 % oder 25 % geschätzt,
229vgl. Umweltbundesamt, „Wirkung der Beschlüsse des Diesel-Gipfels auf die NO2-Gesamtkonzentration“, Stand: 18. August 2017, zu den Schätzungen siehe Seiten 2 und 4, zu den optimistischen Annahmen siehe Seiten 3 und 7, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/wirkung_der_beschluesse_des_diesel-gipfels_auf_die_no2-gesamtkonzentration.pdf,
230jedoch keine nachvollziehbaren Untersuchungen zur tatsächlichen Emissionsminderung durch Software-Updates bei anderen Herstellern vorgelegt. Dies haben auch weder der Beklagte noch die Beigeladene getan. Demgegenüber belegt eine von dem Kläger im Klageverfahren vorgelegte Untersuchung
231betreffend „NOx- und CO2-Messungen im realen Fahrbetrieb. Wirksamkeit von Software-Updates und Hardware-Nachrüstungen“ vom 15. August 2018 (Anlage K21, vgl. Band III der Gerichtsakte, Bl. 494 ff.), zudem im Internet abrufbar unter https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Verkehr/dieselgate/EKI/2018-08-15_Bericht_Software-Updates_Hardware-Nachr%C3%BCstungen_final.pdf,
232dass Software-Updates – anders als den deutlich wirksameren Hardware-Nachrüstungen – nur unter optimalen (äußeren) Bedingungen ein bis zu 30 %-iges Minderungspotenzial zukommen kann. Gleichzeitig wird darin festgestellt, dass es an einem entsprechenden Reduktionspotenzial insbesondere bei niedrigeren Temperaturen als den im Labor bzw. auf dem Prüfstand üblichen 20 bis 30 Grad Celsius,
233zu dieser Angabe und gleichzeitig bestätigend für die (ohne Software-Update) erheblich ansteigenden NOx-Emissionen mit sinkender Außentemperatur siehe die Pressemitteilung des Umweltbundesamtes vom 25. April 2017, „Stickoxid-Belastung durch Diesel-Pkw noch höher als gedacht. Auch Euro-6-Diesel stoßen sechs Mal mehr Stickstoffoxide aus als erlaubt“, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/stickoxid-belastung-durch-diesel-pkw-noch-hoeher,
234mangelt. Ausgehend von der gewöhnlichen Jahresdurchschnittstemperatur in der Bundesrepublik Deutschland,
235diese liegt bei etwa 10 Grad Celsius – siehe hierzu Umweltbundesamt, Trends der Lufttemperatur, Stand: 9. Mai 2018, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/trends-der-lufttemperatur, sowie Statista GmbH, tabellarische Aufarbeitung „Jahre mit der höchsten Durchschnittstemperatur in Deutschland von 1881 bis 2017 (in Grad Celsius)“, Stand: 2018, im Internet abrufbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164050/umfrage/waermste-jahre-in-deutschland-nach-durchschnittstemperatur/,
236und der somit hälftig unter dieser Temperatur erbrachten Fahrleistungen,
237vgl. Umweltbundesamt, Pressemitteilung vom 25. April 2017, „Stickoxid-Belastung durch Diesel-Pkw noch höher als gedacht. Auch Euro-6-Diesel stoßen sechs Mal mehr Stickstoffoxide aus als erlaubt“, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/stickoxid-belastung-durch-diesel-pkw-noch-hoeher,
238ist daher zu befürchten, dass der Minderungseffekt bei niedrigeren Temperaturen erheblich geringer ausfällt bzw. – wie in einem der untersuchten Fälle – die NO2-Realemissionen bei sinkenden Außentemperaturen nach dem Software-Update gegenüber den Ergebnissen auf dem Prüfstand sogar ansteigen.
239Siehe hierzu erneut die von der Klägerin vorgelegte Untersuchung betreffend „NOx- und CO2-Messungen im realen Fahrbetrieb. Wirksamkeit von Software-Updates und Hardware-Nachrüstungen“ vom 15. August 2018, Seiten 16 ff. (a. a. O.).
240Gegenteilige Erkenntnisse auf Grundlage einer substantiierten und nachprüfbaren Tatsachenbasis für die NOx-Minderungswirkung von Software-Updates auch bei niedrigeren Temperaturen als 20 bis 30 Grad Celsius haben weder der Beklagte noch die Beigeladene vorgelegt. Mit Blick auf die vorstehenden Feststellungen und zudem die fehlenden Erkenntnisse zum tatsächlichen Wirkungsgrad von Software-Updates im Realbetrieb muss der Prognoserechnung vor diesem Hintergrund eine deutlich zurückhaltendere Schätzung zugrunde gelegt werden.
241Gleiches gilt für die bis zum Jahr 2020 prognostizierte Zahl der mit einem Software-Update ausgerüsteten Fahrzeuge. Der Beklagte legt seiner Betrachtung zugrunde, dass 50 % oder 100 % „aller Diesel-Pkw Euro 5 und Euro 6“ ein solches Update erhalten (siehe hierzu samt Zitat: Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 76). Nach dem Fahrzeugbestand 2018 sind im Bundesgebiet ca. 9,4 Mio. Dieselfahrzeuge der – mit Software-Updates auf Basis der o. g. Verständigung vom 2. August 2017 allein nachzurüstenden – Abgasnormen Euro 5 und 6 zugelassen.
242Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt, „Fahrzeugzulassungen (FZ). Bestand an Kraftfahrzeugen nach Umwelt-Merkmalen“, Stand: 1. Januar 2018, im Internet abrufbar unter https://www.kba.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2018/fz13_2018_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2; siehe auch die Kurzübersicht „Bestand an Pkw in den Jahren 2009 bis 2018 nach ausgewählten Kraftstoffarten“, im Internet abrufbar unter https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/Umwelt/b_umwelt_z.html?nn=663524.
243Hiervon sollten gemäß der genannten Vereinbarung,
244siehe abermals: Ergebnisprotokoll vom 2. August 2017, im Internet abrufbar unter https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/170802-ergebnisprotokoll-nationales-diesel-forum.pdf?__blob=publicationFile,
245bis Ende 2018 zunächst 5,3 Mio. Fahrzeuge ein Software-Update erhalten; später wurde dieser Zielwert erhöht auf insgesamt 6,3 Mio. Diesel-Pkw. Nach dem letzten bekannten (Zwischen-)Stand zur laufenden Umsetzung konnten bislang 3,2 Mio. Pkw umgerüstet werden,
246vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ingrid Remmers, Jörg Cezanne, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3902 – betreffend das Thema: „Dieselskandal – Fristgemäße Umsetzung und Wirksamkeit der freiwilligen Software-Updates“ (in: BT-Drs. 19/4198, Seite 1),
247darunter 2,46 Mio. Diesel-Pkw infolge des verpflichtenden Rückrufs aufgrund der Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes gegenüber der Volkswagen AG,
248vgl. BT-Drs. 18/13669, Seite 4 unten.
249Weil ein erheblicher Teil der Umrüstungen allerdings schon in den Jahren 2016 und 2017 stattfand,
250zum Beispiel waren 1,94 Mio. Diesel-Pkw aufgrund des Rückrufs von Fahrzeugen der Volkswagen AG bereits zum 28. August 2017 umgerüstet (vgl. BT-Drs. 18/13669, Seite 4 unten),
251und sich daher bereits in der zweiten Jahreshälfte 2017 sowie im Jahr 2018 ausgewirkt hat, wird das verbleibende Reduktionspotenzial für die kommenden Jahre bis 2020 von der Kammer als gering eingeschätzt. Dies gilt nicht zuletzt in Anbetracht des Umstandes, dass eine vollständige tatsächliche Umsetzung nicht abzusehen ist, solange für die Fahrzeuginhaber, die bislang noch nicht die Möglichkeit eines freiwilligen Software-Updates wahrgenommen haben, kein weiterer Anreiz besteht, das diesbezügliche Angebot in Anspruch zu nehmen. Die Hersteller sind insoweit – ungeachtet ihrer fristgerechten Einreichung der Software-Nachbesserungen beim Kraftfahrt-Bundesamt – auf freiwillige Rückmeldungen der Kunden angewiesen, was bislang – mit Ausnahme der verpflichtenden Rückrufe, wie die vorgenannten Zahlen belegen – nur geringfügige Wirkungen zeigt. Darüber hinaus werden herstellerseitig nicht alle betroffenen Autos umgerüstet, weil sich ein Update für einige Modelle wirtschaftlich nicht lohnt.
252Vgl. hierzu beispielhaft Handelsblatt, Artikel auf der Homepage vom 27. August 2018 mit dem Titel „Software-Update. Warum der Zeitplan für die Diesel-Nachrüstung scheitern wird“, im Internet abrufbar unter https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/software-update-warum-der-zeitplan-fuer-die-diesel-nachruestung-scheitern-wird/22949992.html?ticket=ST-2265138-1EJS0TIeDRcZESrwcDSi-ap2.
253Schließlich ist die vorgenannte Verständigung im Zuge des Diesel-Gipfels 2017 zur Durchführung von Software-Updates nur mit den deutschen Automobilherstellern getroffen worden, wohingegen deren internationale Wettbewerber, von denen etwa ein Drittel des Fahrzeugbestandes in Deutschland stammt,
254vgl. hierzu Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Bewertung des Ergebnisprotokolls, Seite 5, im Internet abrufbar unter https://www.umwelt.niedersachsen.de/download/122502/_Nationales_Forum_Diesel_am_02.08.2017_-_Bewertung_des_Ergebnisprotokolls.pdf,
255lediglich dringend – im Ergebnis aber unverbindlich – aufgefordert wurden, mit vergleichbaren Maßnahmen ihren Beitrag zur Schadstoffminderung und damit für den Gesundheits- und Klimaschutz zu leisten.
256Siehe wiederum Ergebnisprotokoll zum „Nationalen Forum Diesel“ vom 2. August 2017, im Internet abrufbar unter https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/170802-ergebnisprotokoll-nationales-diesel-forum.pdf?__blob=publicationFile.
257Entsprechendes wie für die Software-Updates gilt im Ergebnis auch für die vereinbarten Rückkaufprämien, deren Wirkung insgesamt geringer eingeschätzt wird.
258Vgl. Umweltbundesamt, „Wirkung der Beschlüsse des Diesel-Gipfels auf die NO2-Gesamtkonzentration“, Stand: 18. August 2017, Seite 4, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/wirkung_der_beschluesse_des_diesel-gipfels_auf_die_no2-gesamtkonzentration.pdf.
259Die vorstehenden Erwägungen werden zudem durch eine aktuelle Ausarbeitung bestätigt, die sich damit befasst, inwieweit die Maßnahmen des „Nationalen Forums Diesel“ am 2. August 2017 innerhalb eines Jahres zu einer Verbesserung der NO2-Belastungssituation beigetragen haben. Einer von Seiten des Klägers vorgelegten Studie der Universität Duisburg-Essen aus Oktober 2018 zufolge,
260siehe hierzu Dudenhöffer/Neuberger, „Stickdioxidbelastungen nur wenig verbessert. Diesel-Fahrverbote bleiben lange.“, Stand: 24. Oktober 2018 (Anlage K19, Band IV der Gerichtsakte, Bl. 603 ff.),
261lässt sich auf Basis einer Auswertung der ersten neun Monate des Jahres 2018 weiterhin nur ein geringfügiger Rückgang der NOx-Emissionen erkennen, der bei hoch belasteten Stationen (45-49 µg/m³) – wie hier im Stadtgebiet der Beigeladenen vorhanden (gemäß der letzten im Jahresmittel vorliegenden Messergebnisse 2017: Alfredstraße, Krayer Straße und Hausackerstraße) – ohne weitere Maßnahmen gemäß einer Hochrechnung auf die kommenden Jahre erst im Jahr 2022 zu einer Grenzwerteinhaltung führen würde. Von einem sichtbaren oder sogar gegenüber den Vorjahren erhöhten Minderungseffekt der Maßnahmen des sog. Diesel-Gipfels 2017 kann vor diesem Hintergrund – wie sich der tabellarischen Aufstellung der Messwerte von 2005 bis 2017 im Tatbestand entnehmen lässt – nicht ausgegangen werden.
262Soweit der Beklagte im Zuge des Planergänzungsverfahrens 2018 für das Stadtgebiet der Beigeladenen zusätzlich Maßnahmenkombinationen betrachtet hat (siehe v. a. Maßnahmenbündel A und B für die Alfredstraße, dazu a. a. O., Seite 82), führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn auch in diese Betrachtungen sind bei sämtlichen Fallvarianten unterschiedliche Erfolgsprognosen für die Software-Updates (von mindestens 50 %) und die Rückkaufprämie einerseits sowie für nicht konkret bezifferbare Maßnahmen andererseits eingeflossen, weshalb die vorstehenden Ausführungen auch insoweit Anwendung finden.
263Der generelle Rückgang des regionalen Hintergrundniveaus zwischen 2016 (22 µg/m³ NO2) und 2020 um etwa 3 µg/m³ NO2 (vgl. zu dieser Annahme: Entwurf der Planergänzung 2018, Seiten 40 und 74) ist demgegenüber nachvollziehbar. Nach überschlägiger Berechnung anhand der gleitenden Zwölfmonatsmittelwerte im Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 (Berechnung entsprechend der Tab. 3.1/1, abgedruckt a. a. O., Seite 23, anhand der vom LANUV NRW zur Verfügung gestellten Messwerte aus den letzten 12 Monaten,
264abrufbar für die einzelnen Monate im Internet unter https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/luft/immissionen/berichte-und-trends/monatswerte/)
265beläuft sich der Jahresmittelwert für das regionale Hintergrundniveau im Rhein-Ruhr-Gebiet auf etwa 20,5 µg/m³ NO2, d. h. der aktuelle Rückgang liegt etwa zur Halbzeit des Prognosezeitraums (2016 bis 2020) innerhalb der prognostizierten Tendenz.
266Dies alleine genügt jedoch nicht, um die bestehenden Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten. Bereits im Juni 2017 hat das Umweltbundesamt festgestellt, dass der Grenzwert von 40 µg/m³ selbst an Straßen nicht vor dem Jahr 2025 mit Sicherheit einhalten werden könne, die zuletzt (im Jahr 2016) vergleichsweise moderate NO2-Grenzwertüberschreitungen aufwiesen, ohne zusätzliche Nachbesserung und Nachrüstung von Euro 5- und Euro 6-Diesel-Pkw sowie dem Ausschluss eines Teils der Diesel-Flotte (d. h. nicht nachgebesserter/nachgerüsteter Diesel-Pkw sowie Diesel-Pkw Euro 4 und älter) umzusetzen.
267Vgl. hierzu Umweltbundesamt, „Ergänzung der Bewertung zu marktverfügbaren fahrzeugseitigen NOx-Nachrüsttechnologien und Bewertung der Nachbesserung“, Stand: Juni 2017, Seite 2, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/uba_bericht_nachruestung_ii_0.pdf.
268Mit Blick auf eine möglichst schnelle Umsetzbarkeit von Maßnahmen und wegen der begrenzten Möglichkeiten zur kurzfristigen Reduzierung der NOx-Emissionen im Übrigen ist daher gemeinhin anerkannt, dass in den besonders belasteten Gebieten das Kfz-Verkehrsaufkommen gesenkt werden muss.
269Siehe zu dieser Schlussfolgerung stellvertretend etwa LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, Bericht vom 16. Februar 2016 betreffend „Handlungsbedarf und ‑empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, Seiten 3 und 11, im Internet abrufbar unter www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; siehe auch bereits die dahingehenden Feststellungen im Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ des Beklagten, Seiten 152 f.
270Dies trifft auch auf die Mehrzahl der mit Stickstoffdioxid besonders belasteten Streckenabschnitte im Stadtgebiet der Beigeladenen zu, für die noch im Jahr 2018 Überschreitungen anhand der gleitenden Zwölfmonatswerte abgeschätzt wurden (s. o. in Abschnitt 2. dieser Entscheidung). Der über das Kalenderjahr gemittelte NO2-Grenzwert von 40 µg/m³ wird auch im Jahr 2020 trotz des bis dahin angenommenen Rückgangs des regionalen Hintergrundniveaus um weitere 1,5 µg/m³ prognostisch an der Alfredstraße sowie an der Krayer Straße überschritten. Lediglich an der Gladbecker Straße dürfte der Jahresgrenzwert im Jahr 2020 unter Berücksichtigung einer NO2-Minderung in dieser Höhe knapp eingehalten werden; insoweit ist aber im Zuge einer zurückhaltenden Betrachtung ebenfalls zu berücksichtigen, dass der an diesem Messpunkt durch ein Lkw-Fahrverbot initiierte Rückgang der letzten Jahre im Jahr 2018 stagniert (s. o.) und insoweit eine sorgfältige Prüfung im Jahr 2019 angezeigt erscheinen dürfte. Hinzu treten schließlich der Messpunkt Hausackerstraße sowie der modellierte Straßenzug Martin-Luther-Straße, für welche der Kammer lediglich ein Messwert aus dem Jahr 2017 (im erstgenannten Fall) bzw. ein Prognosewert aus dem Jahr 2016 (im letztgenannten Fall) vorliegen. Ausgehend von einem Rückgang der regionalen Hintergrundbelastung bis in das Jahr 2020 von etwa 2 bis 3 µg/m³ ist auch hier in beiden Fällen weiterhin eine deutliche Grenzwertüberschreitung im Prognosejahr 2020 zu erwarten. Den vorstehenden Ausführungen steht die vom Beklagten im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 79, 2. Spalte in der Tab. 6.2/2) angenommene „Prognose-Situation (Grüne Umweltzone)“ für das Jahr 2020 vor dem Hintergrund des hier allein betrachteten Rückgangs des regionalen Hintergrundniveaus nicht entgegen.
271Kurzfristige signifikante Effekte im Hinblick auf die Stickstoffdioxidbelastung bereits im Laufe des Jahres 2019 im Stadtgebiet der Beigeladenen lässt schließlich auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“,
272im Internet abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html,
273nicht erwarten, das in dem Entwurf der Planergänzung 2018 noch nicht berücksichtigt wurde. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts bleiben Fragen offen. So kann beispielsweise in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u. a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht endgültig mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen bislang skeptisch gegenüberstanden. Die Beigeladene zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u. a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter aller Voraussicht nach beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beigeladenen positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden.
274Vgl. VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 38; dort unter Hinweis auf einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 6. Oktober 2018 mit dem Titel: „Reicht der Diesel-Plan nicht aus?“
275b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass die von dem Beklagten und der Beigeladenen bereits ergriffenen Maßnahmen sowie das in dem aktuellen Entwurf der Planergänzung 2018 aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend sind, sind bei der notwendigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere geeignete, gegebenenfalls auch belastendere Maßnahmen in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen. Die Handlungsmöglichkeiten des Beklagten sind insoweit – entgegen der Formulierung im Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ (dort Seite 154) – noch nicht ausgeschöpft. In Ermangelung von Alternativen erweist sich vor allem ein Konzept für Verkehrsverbote betreffend Fahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen als allein gebotene und damit zwingende Maßnahme, um die andauernde Überschreitung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, wie es sowohl § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG als auch Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG verlangen. Der planerische Gestaltungsspielraum des Beklagten ist vorliegend insoweit eingeschränkt.
276Die grundsätzlich bestehende planerische Gestaltungsfreiheit wird diesbezüglich durch die normative Zielvorgabe der schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwertes gemäß den zuvor genannten Vorschriften begrenzt. Allein hieran ist das in einem Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept zu messen. Bleibt dieses nach den bisherigen Planungen – wie hier – hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen.
277Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 36; in gleicher Weise auch schon VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 85.
278Da vorliegend auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der von dem Beklagten geplanten Maßnahmen keine schnellstmögliche Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts zu erwarten ist (dazu bereits die vorstehenden Abschnitte 3. und 4.a) dieser Entscheidung) und gleichzeitig keine anderen, gleichermaßen hierzu geeigneten Maßnahmen vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, ist es unverzichtbar, trotz der weitreichenden wirtschaftlichen Belastungen und verkehrsrechtlichen sowie gesellschaftlichen Folgen Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen als Ultima Ratio in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen aufzunehmen. Nur auf diese Weise kann der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresmittelgrenzwerts für NO2 angesichts der – trotz vielfältiger Maßnahmen – weiterhin andauernden Überschreitungen im Stadtgebiet der Beigeladenen hinreichend Rechnung getragen werden.
279Um dieses Ziel zu erreichen, hat der fortzuschreibende Luftreinhalteplan eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen sowie einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Fahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die tatsächliche Umsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert ohne weitere Verzögerung eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung zur zeitnahen Verwirklichung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan. Nur so kann verhindert werden, dass sich die Erreichung des Grenzwerts nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die mit einem weiteren Abwarten verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts einerseits und mit Blick auf dessen jahrelange Überschreitungen andererseits nicht mehr hinnehmbar.
280Vgl. VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 43.
2815. In Anbetracht der vorstehenden Erkenntnisse ist in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans betreffend das Stadtgebiet der Beigeladenen – auch unter Berücksichtigung des planerischen Gestaltungsspielraums des Beklagten – ein zonales Verkehrsverbot aufzunehmen (dazu a), das – nach Ablauf von Übergangsfristen – mindestens Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (Dieselantrieb) der Abgasnormen Euro 5/V und älter sowie Fahrzeuge mit benzin- und gasbetriebenem Fremdzündungsmotor (Ottomotor) der Abgasnormen Euro 2/II und älter erfasst (dazu b).
282a) Die zu errichtende sog. „blaue Umweltzone“ muss in räumlicher Hinsicht mindestens – von Westen nach Osten betrachtet – die Essener Stadtteile Frohnhausen, Altendorf, Holsterhausen, Rüttenscheid, Westviertel, Nordviertel, Vogelheim, Altenessen-Süd, Altenessen-Nord, Südviertel, Stadtkern, Ostviertel, Südostviertel, Huttrop, Frillendorf, Steele, Kray und Leithe umfassen und in die Fahrverbotszone auch die Teilstrecke der BAB 40 durch das Stadtgebiet der Beigeladenen einschließen.
283Bei dieser räumlichen Ausdehnung befinden sich sowohl der Messpunkt Hausackerstraße unmittelbar oberhalb der BAB 40 in Essen-Frohnhausen (letzte Messung aus 2017: 49 µg/m³) als auch die vier städtischen Straßenzüge mit aktuellen Überschreitungen (in Klammern – soweit nicht anders angegeben – gleitende Zwölfmonatsmittelwert im jeweils genannten Zeitraum): Alfredstraße (Juli 2017 bis Juni 2018 = 47 µg/m³), Gladbecker Straße (Oktober 2017 bis September 2018 = 41 µg/m³), Krayer Straße (Juli 2017 bis Juni 2018 = 43 µg/m³) und Martin-Luther-Straße (modellierter Wert aus 2016 = 49 µg/m³) innerhalb der Fahrverbotszone.
284Siehe zu den Steckbriefen der vorgenannten Messorte im Stadtgebiet der Beigeladenen (Hausackerstraße, Alfredstraße, Gladbecker Straße, Krayer Straße) auf der Homepage des LANUV NRW, im Internet abrufbar unter https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/luft/immissionen/messorte-und-werte/.
285Darüber hinaus ist die Zone so bemessen, dass sie die Mehrzahl derjenigen Verdachtsstrecken im Stadtgebiet der Beigeladenen erfasst, zu deren NO2-Belastung keine aktuellen Werte vorliegen, darunter vier der von der Beigeladenen benannten Straßenzüge (vgl. E‑Mail des LANUV NRW vom 5. Oktober 2017 = Bl. 24 in BA10 = Band 1 der ergänzenden Vorgänge zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“): Hindenburgstraße (vor allem zwischen Hachestraße und Ottilienstraße/Vereinstraße), Vogelheimer Straße (zwischen Gladbecker Straße [Bundesstraße (B) 224] und Altenessener Straße), Friedrichstraße (ebenfalls B224, zwischen Schederhofstraße und Bismarckstraße/Alfredstraße) sowie Kruppstraße (zwischen Friedrichstraße und Bismarckplatz).
286Diese Verdachtsfälle wurden bislang von dem Beklagten nicht dahingehend untersucht, inwieweit die NO2-Belastung aktuell noch andauert. Bei der Festlegung der im Rahmen des aktuell laufenden Planergänzungsverfahrens 2018 zu untersuchenden Straßenabschnitte haben sich die Beigeladene sowie – für den Beklagten – die Bezirksregierung Düsseldorf und das LANUV NRW untereinander abgestimmt (vgl. Seite 2 im Schriftsatz des LANUV NRW an das Gericht vom 8. November 2018, Band IV der Gerichtsakte, Bl. 647). Hierbei wurden von neun zunächst ermittelten Verdachtspunkten im Essener Stadtgebiet, bei denen nicht sicher von einer Grenzwerteinhaltung ausgegangen werden konnte und zu denen die vier vorgenannten Stellen zählen, lediglich zwei Straßenabschnitte mit ImmisLuft1 modelliert. Die weiteren sieben Abschnitte wurden aus vielfältigen Gründen aufgrund der konkreten örtlichen Situation (z. B. Randbebauung vielfach unterbrochen) verworfen oder konnten wegen inhomogenen Straßenverlaufs (z. B. Baulücken, Einmündungen) nicht modelliert werden. Die letztgenannten Umstände, die eine Modellrechnung ausschließen, entbinden allerdings nicht von den erforderlichen Messungen, namentlich wenn nach der eigenen Einschätzung Anhaltspunkte für eine weiterhin andauernde Überschreitung des Jahresmittelgrenzwerts bestehen.
287Neben den vier von der Beigeladenen selbst genannten Stellen werden noch weitere 19 Verdachtsfälle von der o. g. Fahrverbotszone erfasst, die sich anhand einer Betrachtung der letzten verfügbaren Belastungskarte für das gesamte Stadtgebiet der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 (vgl. Seite 32 im Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“; abgedruckt im Tatbestand) ergeben. Dabei handelt es sich um
288(1) Altendorfer Straße, zwischen Haedenkampstraße und Hirtsieferstraße,
289(2) Altendorfer Straße, zwischen Kurt-Jooss-Straße und Mittelstraße,
290(3) Altenessener Straße, zwischen Krablerstraße und Wildpferdehut,
291(4) Altenessener Straße, zwischen Vogelheimer Straße und Wilhelm-Nieswandt-Allee,
292(5) Am Zehnthof, zwischen Pramenweg und Am Bocklerbaum,
293(6) Bismarckstraße, zwischen Friedrichstraße und Bismarckplatz,
294(7) Burggrafenstraße, zwischen Frillendorfer Straße und Elisenstraße,
295(8) Elisabethstraße, zwischen Elisenstraße und Ernestinenstraße,
296(9) Elisenstraße, zwischen Elisenplatz/Engelbertstraße und Burggrafenstraße,
297(10) Friedrich-Ebert-Straße, zwischen Kreuzeskirchstraße und Turmstraße,
298(11) Frillendorfer Straße, zwischen Elisenplatz/Engelbertstraße und Burggrafenstraße,
299(12) Helmholtzstraße, zwischen Sätzerstraße und Oberdorfstraße,
300(13) Hubertstraße, zwischen Schwelmhöfe/Fischweiher und Krayer Straße,
301(14) Hufelandstraße, zwischen Esmarchstraße/Cranachstraße und Ladenspelderstraße/Jennerstraße,
302(15) Krampestraße, zwischen Franziskanerstraße/Gerhard-Stötzel-Straße und Storpstraße/Eintrachtstraße,
303(16) Rubensstraße, zwischen Gemarkenstraße und Keplerstraße,
304(17) Ruhrallee, zwischen Moltkeplatz und Moltkestraße,
305(18) Steeler Straße, zwischen Oberschlesienstraße/Huttropstraße und Franziskanerstraße,
306(19) Von-Schmoller-Straße, zwischen Witteringstraße und Friedrich-List-Straße.
307Im Ergebnis stellt sich die danach mindestens erforderliche Fahrverbotszone im Stadtgebiet der Beigeladenen (rot markiert) unter Einschluss der BAB 40 (orange) bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Straßen, an denen Messpunkte oder Modellierungen aktuell Überschreitungen belegen (gelb), sowie unter Einbeziehung der wesentlichen weiteren Verdachtsstrecken (lila) wie folgt dar:
308 309Quelle des Kartenmaterials: Screenshot der interaktiven Karte des Stadtgebiets der Beigeladenen, im Internet abrufbar unter https://geo.essen.de/ein_blick_auf_stadtteile/; die farbigen Markierungen wurden zur Verdeutlichung des Umfangs der Fahrverbotszone und der örtlichen Lage der betroffenen Streckenabschnitte nachträglich durch das Gericht vorgenommen.
310b) Das Verkehrsverbot muss inhaltlich – nach Ablauf von Übergangsfristen (vgl. Abschnitt 7. dieser Entscheidung) und unter Berücksichtigung von Ausnahmeregelungen (vgl. Abschnitt 6. b) dieser Entscheidung) – mindestens Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (Dieselantrieb) der Abgasnormen Euro 5/V und älter sowie Fahrzeuge mit benzin- und gasbetriebenem Fremdzündungsmotor (Ottomotor) der Abgasnormen Euro 2/II und älter erfassen. Dies ergibt sich – ausgehend vom Verursacherprinzip (§ 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG) – anhand einer Betrachtung der durchschnittlichen NOx-Emissionen von Fahrzeugen verschiedener Abgasnormen. Nach der vorgenannten Vorschrift sind die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend dem Verursacheranteil unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen die Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
311Die Orientierung am Verursacherprinzip zwingt dazu, den Straßenverkehr als stärkste Verursachergruppe der NOx-Emissionen an den Belastungspunkten im Stadtgebiet der Beigeladenen vorrangig in Anspruch zu nehmen. Diese gehen nach den Angaben des Beklagten in dem Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 30) zu 48 % auf den Verkehr zurück, darunter wiederum 87 % auf den Straßenverkehr (a. a. O., Seite 26). Innerhalb des Straßenverkehrs werden ca. 67 % der NOx-Emissionen durch den Pkw-Verkehr verursacht, davon wiederum 80 % von Diesel-Pkw, und ca. 18 % der NOx-Emissionen durch schwere Nutzfahrzeuge (ohne Busse), obwohl diese nur 4 % der Jahresfahrleistung erbringen (vgl. hierzu a. a. O., Seiten 24 f.). Eine Darstellung der prozentual berechneten Beiträge der verschiedenen Verursachergruppen bezüglich der einzelnen Messstandorte findet sich in der Abbildung Nr. 3.3/1 aus dem Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 35), die im Tatbestand abgedruckt ist.
312Diese Zahlen entsprechen den Erhebungen auch in anderen Städten. Es ist mittlerweile allgemein bekannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen.
313Vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, im Internet abrufbar unter www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; desweiteren LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, Bericht vom 16. Februar 2016 betreffend „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, Seiten 8 ff., im Internet abrufbar unter www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungsbedarf_2_1503573109.pdf; weiterhin auch Bay. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, juris Rn. 107 ff. unter Berufung u. a. auf eine Studie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt vom 25. März 2015 zu Dieselfahrzeugen als Hauptverursachern der NO2-Belastung an stark befahrenen Straßen.
314Neben dem Straßenverkehr (48 %, s. o.) setzen sich die Jahres-Gesamtemissionen für NOx vorliegend zwar zu weiteren 40 % aus solchen der Industrieanlagen sowie zu 12 % aus Kleinfeuerungsanlagen zusammen (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 30). Doch ist bei der Beurteilung der Emissionen nach den Angaben des Beklagten (ebenfalls a. a. O.) zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, „lediglich“ auf den regionalen Hintergrund aus (weiterhin a. a. O.); dessen NO2-Niveau wurde im Basisjahr 2016 für die weitere Betrachtung im Planergänzungsverfahren 2018 mit 22 µg/m³ angenommen (s. o. und zudem a. a. O., Seite 22) und beläuft sich aktuell auf etwa 20,5 µg/m³ (s. o.). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant (vgl. a. a. O., Seite 30). Mit den Feststellungen im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 35) ist folglich davon auszugehen, dass das regionale Hintergrundniveau (mit 32 % bis 47 %) und der lokale Straßenverkehr (mit 45 % bis 55 %) an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung leisten.
315Innerhalb der Verursachergruppe des Straßenverkehrs weisen insbesondere Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (Dieselantrieb) der Abgasnormen Euro 5/V und älter sowie Fahrzeuge mit benzin- und gasbetriebenem Fremdzündungsmotor (Ottomotor) der Abgasnormen Euro 2/II und älter besonders hohe NOx-Emissionen auf,
316vgl. zur Erläuterung: Aviso GmbH und IFK, Universität Stuttgart, Schlussbericht „Identifizierung von Minderungspotenzialen und Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen im Rahmen der Stickoxidminderungsstrategie der Landesregierung NRW“, Stand: September 2016, Seiten 92 und 94 (vgl. Beiakte Heft 22).
317Dies geht deutlich aus der vorliegenden, nach Fahrzeugen der verschiedenen Abgasnormen differenzierenden Grafik hervor:
318 319Die Abbildung ist der Stellungnahme von Dr.-Ing. Reinhard Kolke, Leiter Test und Technik, ADAC e.V. zur Sachverständigenanhörung am 8. September 2016 in Berlin (vgl. Ausschuss-Drs. 18(31)37 des 5. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages), dortige Seite 10 (Abbildung 8), entnommen im Internet abrufbar unter https://www.bundestag.de/blob/438814/8e39f64400154d842f9a916b00fad645/sv_1_kolke-data.pdf; die darin enthaltenen roten Markierungen wurden zum Zwecke besserer Verständlichkeit und zur Verdeutlichung der besonders emissionsstarken Abgasnormklassen nachträglich durch das Gericht vorgenommen.
320In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die vorstehend hervorgehobenen Dieselfahrzeuge jüngeren Datums (v. a. Pkw der Abgasnormen Euro 4 und 5, jedoch auch solche mit Euro 6) im realen Fahrbetrieb – etwa bei Beschleunigungsvorgängen – deutlich mehr NOx-Emissionen ausstoßen als dies nach den Abgasnormen mit niedrigeren Grenzwerten im Typgenehmigungszyklus (Neuer Europäischer Fahrzyklus [NEFZ]) zulässig wäre.
321Siehe hierzu zusammenfassend etwa Seiten 5 und 10 in der vorgenannten Stellungnahme von Dr.-Ing. Reinhard Kolke, Leiter Test und Technik, ADAC e.V. (a. a. O.); ferner grafische Darstellung in der zugehörigen Anlage 1; LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, Bericht vom 16. Februar 2016 betreffend „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, Seiten 6 und 9, im Internet abrufbar unter www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf.
322Legt man diese Feststellungen zugrunde, verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags des Straßenverkehrs insgesamt und des hierin enthaltenen Anteils der Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 6/VI sowie der Fahrzeuge mit Ottomotor unterhalb der Abgasnorm Euro 3/III von dem Beklagten, diese Verursachergruppe als mit Abstand größten Emittenten von Stickstoffdioxid im Straßenverkehr als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen zur Verfügung stehen.
323Mit demselben Ergebnis einer vorrangigen Heranziehung v. a. von Dieselfahrzeugen: Bay. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15.WI –, juris Rn. 97.
324Diesem Ziel werden weder die in den Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ noch die in den Entwurf einer Planergänzung 2018 für das Stadtgebiet der Beigeladenen aufgenommenen Maßnahmen gerecht: Der Beklagte kann mit den von ihm bereits ergriffenen sowie mit der Änderung des Luftreinhalteplans angedachten Maßnahmen nicht nur keine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Stadtgebiet der Beigeladenen noch im Laufe des Jahres 2019 gewährleisten, sondern darüber hinaus auch keine flächendeckende Grenzwerteinhaltung an sämtlichen Belastungspunkten im Jahr 2020 in Aussicht stellen. Letzteres gilt mindestens für die Messpunkte Hausackerstraße und Alfredstraße sowie für den modellierten Straßenzug der Martin-Luther-Straße.
3256. Der Aufnahme des vorstehend skizzierten Verkehrsverbots in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat zwischenzeitlich ihre verkehrsrechtliche Zulässigkeit bejaht (dazu a). Die Festlegung eines zonalen Fahrverbots der vorgenannten Art ist im vorliegenden Einzelfall auch verhältnismäßig (dazu b).
326a) Für ein Fahrverbot fehlt es nicht an der aufgrund der damit einhergehenden Grundrechtseingriffe notwendigen (fach-)gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Dies hat bereits das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 27. Februar 2018,
327vgl. Urteile in den Verfahren 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rn. 16 ff., 33 f., und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rn. 19 ff., 36 f.,
328unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2-Grenzwerte fordert, und ihm zur effektiven Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsieht.
329Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden.
330Vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 48 ff., 56, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 51 ff., 57 (dort auch zur möglichen Gestaltung des Zusatzzeichens).
331Schließlich bestehen nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen. Die absehbaren Schwierigkeiten beim Vollzug eines Verkehrsverbots ohne eine Kennzeichnung der von dem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge („Blaue Plakette“) führen nicht zur Rechtswidrigkeit einer solchen Verbotsregelung. Sowohl im ruhenden als auch im fließenden Verkehr erscheinen stichprobenartige Kontrollen von Kraftfahrzeugen im Wege von Halterabfragen oder durch Einsichtnahme in die Zulassungsbescheinigung Teil 1 möglich und ausreichend wirksam. Zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots sind die Vollzugsbehörden verpflichtet.
332Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 60 ff., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 61 ff.
333b) Die in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmenden Regelungen zu einem zonalen Verkehrsverbot im Stadtgebiet der Beigeladenen müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein.
334Dies folgt nicht nur aus dem verfassungsrechtlichen Rang des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der jegliches staatliche Handeln als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips und Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers als Wesensmerkmal der Grundrechte beherrscht, sondern auch einfachgesetzlich aus § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit erfordert eine Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme und den durch diese herbeigeführten Belastungen und setzt diesen hierdurch eine Grenze.
335Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 36, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 39, jeweils m. w. N.
336Ausgehend von allgemeinen Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten (dazu aa) ist das hier vorgesehene zonale Verkehrsverbot (vgl. Abschnitt 5. dieser Entscheidung) verhältnismäßig. Es ist zur Erreichung eines legitimen Zwecks (dazu bb) geeignet (dazu cc) und erforderlich (dazu dd) und steht nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme (sog. Angemessenheit, dazu ee).
337aa) Die Verhältnismäßigkeit gebietet es, weitreichende Beschränkungen wie das hier vorgesehene zonale Verkehrsverbot nur unter Berücksichtigung der damit für die Betroffenen verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Folgen auszusprechen.
338Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 38 a. E., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 41 a. E.
339Gleichwohl sind Verkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nach der diesbezüglich zu Luftreinhalteplänen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
340vgl. Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 35 ff., 38 ff., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 38 ff., 41 ff.,
341nicht von vornherein unverhältnismäßig. Vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2-Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit auf der einen Seite und den Belastungen und Einschränkungen auf der anderen Seite, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer sowie darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet das Bundesverwaltungsgericht zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen.
342Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5/V dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5/V ist – aus Gründen des Vertrauens- bzw. Bestandsschutzes – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich.
343Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 38 ff., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 41 ff.
344Wie das in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmende Konzept eines zonalen Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen, wie es in den vorangegangen Ausführungen mangels Alternativen als rechtlich gebotenes Minimum dargestellt wurde, im Einzelnen ausgestaltet wird, obliegt dem Beklagten in Ausübung seines planerischen Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
345Insofern ist es Sache der Bezirksregierung als planaufstellender Behörde, zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Gewerbetreibende/Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen und andere Anlieger, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen oder Befreiungen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Dies kann neben dem Anliegerverkehr auch weitere berechtigte Interessengruppen (siehe zu einem entsprechenden Katalog bereits in Anhang 3 zur 35. BImSchV, ferner beispielsweise existenzerhaltender und zugleich unumgänglicher Zuliefererverkehr zu Gewerbebetrieben) erfassen. Bereits der Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ (dort Seite 102 ff.) enthielt für die grüne Umweltzone einen derartigen Ausnahmekatalog. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können einen Baustein zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbots darstellen.
346Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 42, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 45; dort jeweils auch dazu (siehe Rn. 58 f. bzw. Rn. 59 f.), dass diese Ausnahmen nicht durch Verkehrszeichen gekennzeichnet werden müssen.
347Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen oder Befreiungen wird der Beklagte diese jedoch grundsätzlich so auszugestalten haben, dass die unionsrechtlich vorgegebene Zielsetzung, den Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet einzuhalten, nicht in Frage gestellt wird. Das wäre vor allem der Fall, wenn der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots ausgehebelt würde. Stattdessen sollen wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge oder beispielsweise zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden.
348So auch VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 132.
349Abgesehen von zu regelnden Ausnahmen und Befreiungen, die der Verhältnismäßigkeit eines Verkehrsverbotes für Kraftfahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen dienen, sind keine Entschädigungsregelungen zugunsten der betroffenen Kraftfahrzeugeigentümer erforderlich, weil die hiermit verbundene verhältnismäßige Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs und dessen damit gegebenenfalls verbundener Marktwertverlust eine vom jeweiligen Eigentümer entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen.
350Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 45, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 48.
351bb) Ein verfassungsrechtlich nicht zu beanstandendes legitimes Ziel von Fahrverboten ist die Minderung der Schadstoffbelastung mit Stickstoffdioxid im Stadtgebiet der Beigeladenen und insofern vorrangig der Gesundheitsschutz der in dem Bereich aufhältigen Personen, zu denen neben Anwohnern, Besuchern und dort Erwerbstätigen auch die Verkehrsteilnehmer zählen. Dies entspricht dem vorrangigen Ziel der Richtlinie 2008/50/EG zur Vermeidung, Verhütung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt (vgl. Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie; zu diesem Schutzzweck siehe auch Erwägungsgrund Nr. 2) sowie zur Erhaltung der Luftqualität dort, wo sie gut ist, und zur Verbesserung der Luftqualität, wo das nicht der Fall ist (vgl. Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie; hierzu ebenfalls Erwägungsgrund Nr. 9).
352cc) Das vorgesehene zonale Verkehrsverbot ist zur Erreichung des vorgenannten Ziels geeignet. Denn es ist unstreitig dazu in der Lage, die gesundheitsschädliche Stickstoffdioxidbelastung (dazu (1)) binnen kurzer Zeit nachhaltig zu senken und damit dem Gesundheitsschutz zu dienen bzw. die Gesundheit der betroffenen Menschen zu fördern (dazu (2)).
353(1) Im Rahmen der Feststellungen sowohl in dem Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ (dort Seiten 9 f.; auszugsweise wiedergegeben im Tatbestand) als auch in dem Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seiten 9 f.) wird übereinstimmend darauf hingewiesen, dass Stickstoffdioxid die menschliche Gesundheit nachhaltig schädigen kann. Insbesondere kommt es hiernach durch eine erhöhte NO2-Belastung nachweislich zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion und einer Erhöhung der Häufigkeit von infektionsbedingten Atemwegserkrankungen sowie schließlich auch zu einem Anstieg der Gesamtsterblichkeit, der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit, der Krankenhausaufnahmen und Notfall-Konsultationen. Besonders betroffen sind davon vor allem gesundheitlich vorgeschädigte Personen mit Atemwegserkrankungen sowie Kinder und Jugendliche. Gleichzeitig hat der Beklagte in den o. g. Plänen selbst festgestellt, dass für Stickstoffdioxid bisher kein Schwellenwert habe ermittelt werden können, bei dessen Unterschreiten langfristige Wirkungen auf den Menschen ausgeschlossen werden können. Daher trägt nach dem dortigen Fazit (vgl. Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ und Entwurf der Planergänzung 2018, jeweils Seite 10) auch eine vergleichsweise geringfügige Reduzierung der Belastung zu einer Verbesserung des Gesundheitsschutzes bei.
354Die vorstehenden Annahmen des Beklagten entsprechen den allgemeinen Erkenntnissen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Stickstoffdioxid.
355Vgl. hierzu stellvertretend Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, „Stickstoffdioxid (NO2)“, Stand: Mai 2017, im Internet abrufbar unter https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/luft/faltblaetter/Stickstoffoxid_12Seiten_2017_170606_Web.pdf; ferner Umweltbundesamt, „Wie sehr beeinträchtigt Stickstoffdioxid (NO2) die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland? Ergebnisse der Studie zur Krankheitslast von NO2 in der Außenluft“, Stand: 8. März 2018, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/uba_factsheet_krankheitslasten_no2.pdf; siehe hierzu konkret: Umweltbundesamt, Abschlussbericht zum Thema „Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid- Exposition in Deutschland“, Stand: März 2018, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/abschlussbericht_no2_krankheitslast_final_2018_03_05.pdf, und LANUV NRW, Informationen zur Wirkung von Stickstoffdioxid, im Internet abrufbar unter https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/luft/immissionen/aktuelle-luftqualitaet/stickstoffdioxid-no2/#c5416.
356Diese Feststellungen werden auch nicht durch einzelne öffentliche Stellungnahmen,
357vgl. stellvertretend etwa die Aussagen des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin Hans Drexler, abgedruckt in einem Online-Artikel bei „heise online“ vom 13. Februar 2018, im Internet abrufbar unter https://www.heise.de/newsticker/meldung/Diesel-Debatte-Umweltmediziner-haelt-NO2-Grenzwert-fuer-ueberzogen-3966520.html,
358in Zweifel gezogen, wonach der unionsrechtlich determinierte Jahresmittelwert für die Stickstoffdioxidkonzentration in der Außenluft zu niedrig gewählt sei und auch höhere Konzentrationen von etwa 100 µg/m³ keinen krankmachenden Effekt haben dürften. Ohne derartige Aussagen weitergehend fachwissenschaftlich zu hinterfragen, beruht der Jahresmittelwert – wie auch andere Grenzwerte für Schadstoffe in der Außenluft – jedenfalls auf langfristigen, über Jahrzehnte hinweg in Studien beobachteten gesundheitlichen Auswirkungen auf die jeweils untersuchten Bevölkerungsgruppen (vgl. Hinweise hierzu in den vorstehenden Quellen). Darin konnten für sensible Bevölkerungsgruppen erhebliche gesundheitliche Risiken durch eine Langzeitbelastung festgestellt werden. Darüber hinaus entspricht der Grenzwert der aktuellen Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation im Hinblick auf Stickstoffdioxid.
359Siehe hierzu Word Health Organisation (WHO), Online-Bericht vom 2. Mai 2018 zum Thema „Ambient (outdoor) air quality and health“, dort Abschnitt „Nitrogen dioxide (NO2)“, im Internet abrufbar unter http://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/ambient-(outdoor)-air-quality-and-health; zu den zugrunde liegenden Erkenntnissen und Studien vgl. etwa WHO Regional Office for Europe, „Review of evidence on health aspects of air pollution – REVIHAAP Project. Technical Report”, Stand: 2013, Seiten 67 ff., im Internet (nur in englischer Sprache) abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0004/193108/REVIHAAP-Final-technical-report-final-version.pdf?ua=1.
360Zudem existieren auch fachwissenschaftliche Erkenntnisse, denen zufolge bereits ab einer langfristigen durchschnittlichen Exposition von 20 µg/m³ mit gesundheitsrelevanten Auswirkungen von Stickstoffdioxid gerechnet werden muss.
361Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Dokumentation „Einzelfragen zu Stickoxiden“, Az. WD 8 – 3000 – 016/18, Stand: 5. März 2018, Seiten 5 und 10, im Internet abrufbar unter https://www.bundestag.de/blob/550740/0ed69bc0c343c0a1ce7c485923dc167c/wd-8-016-18-pdf-data.pdf; Umweltbundesamt, „Stickstoffdioxid-Belastung: Hintergrund zu EU-Grenzwerten für NO2“, Stand: 20. Februar 2018, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/stickstoffdioxid-belastung-hintergrund-zu-eu.
362Letztlich handelt es sich um einen vom europäischen und nationalen Gesetzgeber festgeschriebenen Grenzwert. Da dieser unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative jedenfalls nicht evident fehlerhaft ist, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist er für den Beklagten bindend und von diesem – ebenfalls nach den normativen Vorgaben – so schnell wie möglich einzuhalten.
363(2) Ausgehend von dem Verursacherbeitrag (vgl. § 47 Abs. 4 BImSchG) verspricht das vorgesehene zonale Verkehrsverbot eine Verbesserung der Gesundheit betroffener Personen durch wirksame Senkung der Stickoxid- und damit Stickstoffdioxidbelastung an den zentralen Belastungspunkten im Stadtgebiet der Beigeladenen.
364Die von den Fahrzeugen (insbesondere von denen mit hohem Schadstoffausstoß, vgl. Abschnitt 5.b) dieser Entscheidung) emittierten Stickoxide (NOx) sind im Wesentlichen ein Gemisch aus Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid, die NO-Emissionen werden in der Luft durch chemische Prozesse in NO2(‑Immissionen) umgewandelt,
365vgl. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, „Stickstoffdioxid (NO2)“, Stand: Mai 2017, Seite 2, im Internet abrufbar unter https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/luft/faltblaetter/Stickstoffoxid_12Seiten_2017_170606_Web.pdf; siehe hierzu ebenfalls Seite 34 im Entwurf der Planergänzung 2018.
366Die Berechnungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) im vorliegenden Fall belegen, dass der NO2-Grenzwert für die Alfredstraße und die Martin-Luther-Straße – anders als ohne Maßnahmen – durch ein Dieselfahrverbot oder eine sog. „Blaue Umweltzone“ – wie die vorliegend von der Kammer zugrunde gelegte – bis zum Jahr 2020 eingehalten werden kann (siehe Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 79). Prognostisch kommt den Fahrverboten dort eine Minderungswirkung von 8 bzw. 5 µg/m³ (Alfredstraße) und 6 bzw. 5 µg/m³ (Martin-Luther-Straße) gegenüber der unveränderten Prognosesituation einer „Grünen Umweltzone“ zu.
367Wenngleich es bislang in der Praxis noch an einer verbindlichen Begutachtung und Bewertung des tatsächlichen Minderungspotenzials von Verkehrsverboten fehlt, entspricht dies den bislang gewonnenen Erfahrungs- und Prognosewerten. Auch vor dem Verwaltungsgericht Aachen (6 K 2211/15) wurde von Seiten des LANUV NRW erklärt, dass einem Dieselfahrverbot ein Minderungspotenzial im zweistelligen µg/m³-Bereich zukomme.
368Siehe hierzu VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 92, unter Bezugnahme auf das Protokoll einer Projektgruppensitzung zum dortigen Luftreinhalteplan vom 15. Mai 2017.
369Entsprechend bestätigen die Erkenntnisse des Umweltbundesamtes, dass ein Einfahrverbot für stark emittierende Diesel-Pkw nachweislich die effektivste Maßnahme zur Minderung der NO2-Belastung in Städten ist.
370Vgl. Umweltbundesamt, „Ergänzung der Bewertung zu marktverfügbaren fahrzeugseitigen NOx-Nachrüsttechnologien und Bewertung der Nachbesserung“, Stand: Juni 2017, Seite 4, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/uba_bericht_nachruestung_ii_0.pdf.
371Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union,
372vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-28/09 (Kommission/Österreich) –, juris Rn. 129,
373steht ebenfalls außer Frage, dass die Einführung von Maßnahmen zur Verringerung des Straßenverkehrs, zu denen auch ein sektorales Fahrverbot zählt, zu einer Reduzierung der Luftschadstoffe führt und so zur Verbesserung der Luftqualität beiträgt.
374Der hier angenommenen Eignung von Verkehrsverboten zur NO2-Reduzierung und damit zum Gesundheitsschutz steht auch schließlich nicht entgegen, dass Streckensperrungen nach allgemeiner Lebenserfahrung sowie auf Grundlage von Auswertungen in der Vergangenheit regelmäßig nicht zu einem Verzicht auf Fahrten mit stark emittierenden Fahrzeugen, sondern – jedenfalls hinsichtlich des Durchgangsverkehrs – zu Verkehrsverlagerungen auf andere, nicht gesperrte Strecken führen. Denn das Bundesverwaltungsgericht,
375vgl. Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 64 f., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 66 f.,
376hält derartige Ausweichverkehre bis zur Erreichung der Grenzwerte an anderen Stellen für hinnehmbar. Im Übrigen stellen Verkehrsverlagerungen die generelle Eignung eines Verkehrsverbots zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts an den derzeit betroffenen Belastungspunkten nicht in Frage, weil der Beklagte auf derartige Entwicklungen nötigenfalls durch eine Ausdehnung der Fahrverbotszone oder weitere streckenbezogene Fahrverbote reagieren müsste. In Anbetracht der Vielfältigkeit der potentiell eintretenden Effekte ist hinsichtlich des Maßstabs der Geeignetheit lediglich zu fordern, dass sich die betrachtete Maßnahme bei einer Nettobetrachtung als insgesamt zweckförderlich erweist.
377Siehe zum Vorstehenden schon eingehend Hofmann, NVwZ 2018, 928 (933 a. E.).
378Das ist vorliegend zu bejahen.
379dd) Ferner ist das vorgesehene zonale Verkehrsverbot auch erforderlich. Es sind, wie im Hinblick auf den Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ und den Entwurf der Planergänzung 2018 bereits dargelegt wurde, keine anderen Maßnahmen gleicher Eignung ersichtlich, die unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares – konkret messbares – Minderungspotential aufweisen und daher eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung zur Folge haben.
380Vor allem ist nicht festzustellen, dass die aktuell verfolgte Planergänzung, die nach den Angaben des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung zum 2. Januar 2019 in Kraft treten soll, ein gleich geeignetes Maßnahmenpaket enthält, das auch ohne Verkehrsverbote auf hinreichend belastbarer Grundlage die schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung sicherstellt. Dies gilt insbesondere für den gesamten Katalog aus 45 neuen kommunalen Maßnahmen in 7 Paketen im ergänzenden Planentwurf 2018, darüber hinaus jedoch ebenso für sämtliche in den weiteren Konzepten der Beigeladenen (z. B. Masterplan Verkehr 2018) enthaltenen Maßnahmen zum Abbau der vorhandenen NO2-Belastung. Aus der Vielzahl von Maßnahmen sind für die Kammer keine weiteren erkennbar, die einerseits vergleichbar kurzfristig wirken wie Verkehrsverbote und andererseits – wie diese – eine Reduzierung der NO2-Belastung im Jahresmittel um die gebotene Mehrzahl an µg/m³ versprechen. Demgemäß erkennt der Beklagte selbst (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 87), dass keine der im Zuge des Planergänzungsverfahrens erwogenen Maßnahmen – auch nicht in Kombination – ein vergleichbares Minderungspotential in einem vergleichsweise kurzen Wirkungszeitraum aufweist. Viele der neu angedachten Maßnahmen setzen im Gegenteil einen längeren Vorlauf oder sogar ein gesellschaftliches Umdenken und einen Wandel vom motorisierten Individualverkehr (Diesel/Benziner) hin zu Elektrofahrzeugen, ÖPNV, Fahrradnutzung und vermehrten Wegen zu Fuß voraus. Das wird jedoch mehrere Jahre, wenn nicht eher Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Ihnen kommt infolgedessen in der Prognosesituation – trotz der zu begrüßenden Ansätze – ein vor dem Hintergrund der normativen zeitlichen Vorgaben kaum messbares bzw. prognostizierbares Reduktionspotenzial bezüglich der Stickstoffdioxidbelastung zu.
381Siehe hierzu exemplarisch die Bewertung einzelner Maßnahmen im Detail im Verwaltungsvorgang der Bezirksregierung Düsseldorf, vgl. Band 3 aus dem Verfahren der Planergänzung 2018 = Beiakte Heft 12, Bl. 1381 f.
382In der Folge ist ein Verkehrsverbot die letzte verbleibende Möglichkeit zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Jahresgrenzwerts und damit einzig geeignete Maßnahme, den Zeitraum der Nichteinhaltung desselben so kurz wie möglich zu halten. Zudem liegt nur mit einem Verkehrsverbot die Prognosesituation nicht länger im Ungewissen aufgrund von Annahmen, die nicht auf der sicheren Seite liegen (z. B. Umsetzungsgrad der Software-Updates und Rückkaufprämie zu 100 %, dazu s. o.).
383Andere gleichermaßen effektive Maßnahmen wie ein Verkehrsverbot sind nicht ersichtlich und werden auch von dem Beklagten oder der Beigeladenen nicht benannt. Dies schließt auch eine Kombination von anderen Maßnahmen ein, da diese ein vergleichbares Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen.
384Zu weiteren möglichen/denkbaren Maßnahmen im Rahmen der Luftreinhaltung einschließlich der Abschätzung ihres jeweiligen NO2-Minderungspotenzials in Bezug auf das Stadtgebiet der Beigeladenen vgl. Projektsteckbriefe in dem in ihrem Auftrag erstellten „Masterplan Verkehr Essen 2018“, Seiten 53 ff., im Internet abrufbar unter https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/61/dokumente_7/verkehrsthemen/Masterplan_Verkehr_Essen_2018.pdf; ferner in Bezug auf Nordrhein-Westfalen: Aviso GmbH und IFK, Universität Stuttgart, Schlussbericht „Identifizierung von Minderungspotenzialen und Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen im Rahmen der Stickoxidminderungsstrategie der Landesregierung NRW“, Stand: September 2016, Seiten 107 ff. (vgl. Beiakte Heft 22); zur allgemeinen Möglichkeit inklusive Evaluierung des NO2-Minderungspotenzials siehe auch Umweltbundesamt, „Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung“, Stand: Mai 2014, Seiten 57 ff. und 105 ff., im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_26_2014_komplett_23.5.2014_0.pdf; zudem LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, Bericht vom 16. Februar 2016 betreffend „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, dort die zusammenfassende Darstellung möglicher Maßnahmen im Anhang (Seiten 22 ff.), im Internet abrufbar unter www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; weiterhin IVU Umwelt GmbH/Habermehl & Follmann Ingenieurgesellschaft mbH, Endbericht „Wirkungsanalyse verkehrsbezogener Maßnahmen in Darmstadt durch Modellierung“, Seiten 71 ff., im Internet abrufbar unter https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/wirkungsanalyse_verkehrsbezogener_massnahmen_in_darmstadt_durch_modellierung_-_maerz_2014.pdf; Umweltbundesamt, Stellungnahme zum Klageverfahren mit dem Az. 4 K 1613/15.WI vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 19. Juni 2018 (vgl. Band IV der Gerichtsakte, Bl. 657 ff. bzw. Band V, Bl. 670 ff.).
385Insbesondere kommen andere Maßnahmen mit bezifferbarem, nicht unwesentlichem NO2-Minderungspotenzial entweder aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht oder sind jedenfalls nicht gleichermaßen effektiv im Hinblick auf Umsetzbarkeit, Wirkung und den prognostizierten Zeithorizont bis zur Umsetzung und damit Einhaltung des Jahresgrenzwertes für Stickstoffdioxid:
386Eine Form von City-Maut ist im Entscheidungszeitpunkt rechtlich nicht möglich, da es an einem entsprechenden, jedoch unerlässlichen Landesgesetz fehlt. Ein solches müsste erst noch geschaffen werden, zumal die Umsetzung eines Mautsystems im Übrigen deutlich komplexer und damit weniger schnell und effektiv sein dürfte.
387Vgl. zu den rechtlichen Anforderungen an die Einführung einer City-Maut näher Klinger, ZUR 2016, 591 (592 ff.), und Schröer/Kullick, NZBau 2012, 760 (760 f.).
388Ein LKW-Fahrverbot wäre ebenfalls erkennbar nicht gleichermaßen effektiv wie ein Verkehrsverbot für sämtliche Fahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen. Denn zum einen wird damit nur ein Teil der Hauptverursacher dieser Emissionen ausgeschlossen, mit der Folge eines begrenzten Minderungspotenzials und zudem eines größeren zeitlichen Vorlaufs bis zur Grenzwerteinhaltung. Im Ergebnis entscheidend ist aber zum anderen, dass die infolge der wegfallenden Fahrleistung schwerer Nutzfahrzeuge entstehenden Lücken – nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Beschleunigung im Verkehrsfluss – erfahrungsgemäß durch die verbleibenden Fahrzeuggruppen, d. h. mitunter ebenfalls stark emittierende Pkw, aufgefüllt werden,
389siehe hierzu Umweltbundesamt, „Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung“, Stand: Mai 2014, Seite 123, im Internet im Volltext abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_26_2014_komplett_23.5.2014_0.pdf; ferner zu dem allgemeinen Grundsatz, dass ausgesperrte Fahrzeuge zu einer Umschichtung bei der Flottenzusammensetzung führen: Aviso GmbH und IFK, Universität Stuttgart, Schlussbericht „Identifizierung von Minderungspotenzialen und Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen im Rahmen der Stickoxidminderungsstrategie der Landesregierung NRW“, Stand: September 2016, Seite 128 (in Beiakte Heft 22),
390was die Effizienz eines Lkw-Fahrverbots erheblich mindert. Für die Alfredstraße tritt hinzu, dass schwere Nutzfahrzeuge ohne Busse dort nur einen Anteil am Straßenverkehr von 3,0 % haben, wohingegen der Pkw-Verkehr mit 91 % den deutlichen Schwerpunkt bildet (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 33 in Tab. 3.2.7/1).
391Die Anschaffung neuer Euro VI Busse für den ÖPNV führt für sich genommen nicht zu einem erheblichen Minderungspotenzial und daher auch nicht zur Grenzwerteinhaltung. Insbesondere auf den am stärksten betroffenen städtischen Straßenabschnitten beträgt der Busanteil 0 % (Alfredstraße) bzw. nur 0,8 % (Martin-Luther-Straße), vgl. Tab. 3.2.7/1 im Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 33. Ungeachtet der Schlüssigkeit der darauf beruhenden Berechnungen (a. a. O., Seite 79) ist die betrachtete Wirkung dieser Maßnahme jedenfalls weder schnellstmöglich, da Fahrverbote bereits in 2019 wirken würden, noch im Hinblick auf das gesamte Stadtgebiet und die am stärksten belasteten Strecken gleichermaßen effektiv, da das Einsparpotential vergleichsweise gering ist.
392Entsprechendes gilt auch für den Messpunkt Hausackerstraße in Essen-Frohnhausen, dessen NO2-Belastungssituation, was die lokalen Kfz-Beiträge betrifft, nach den Einschätzungen des Beklagten im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 67) und gemäß der aktuellen Stellungnahme des LANUV NRW an das Gericht vom 8. November 2018 (dort Seite 5 = Band IV der Gerichtsakte, Bl. 650) überwiegend von den Emissionen der Bundesautobahn (BAB) 40 beeinflusst wird, die in Troglage unterhalb der Messstelle vorbeiführt, ohne dass eine immissionsseitige Differenzierung der Anteile der Beiträge möglich sei. Ein diesbezügliches Reduktionspotenzial durch die Erneuerung der Busflotte ist allerdings auszuschließen, weil auf der BAB 40 in dem betroffenen Abschnitt keine Busse des ÖPNV fahren.
393Vgl. zu letzterem die aktuellen Liniennetzpläne der Ruhrbahn für das Stadtgebiet der Beigeladenen, im Internet (getrennt nach Tag- und NachtNetz) abrufbar unter https://www.ruhrbahn.de/essen/fahrplan/liniennetzplaene.html.
394An einer mit Verkehrsverboten vergleichbaren Effektivität bei der Reduktion von Stickstoffdioxid fehlt es im Ergebnis auch, soweit die Einführung einer umweltsensitiven Lichtsignalanlagen (LSA)-Steuerung auf den betroffenen Streckenabschnitten in Betracht gezogen wird. Eine solche wird von der Beigeladenen an der Alfredstraße bislang nur zur Prüfung gestellt (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 59, Maßnahme E.45) und muss in Bezug auf die BAB 40 von vornherein ausscheiden. Gleichzeitig fehlt es an konkreten Erkenntnissen, wie schnell eine solche Regelung umsetzbar wäre und welche Auswirkungen auf die NO2-Belastung dadurch je nach konkreter Ausgestaltung zu erreichen wären. Nach den Erfahrungen aus anderen Verfahren ist allerdings auch hier ein deutlicher Vorlauf nötig für die gutachterliche Einschätzung, wie die Steuerung gestaltet sein müsste und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Außerdem liegt die Minderungswirkung hinsichtlich der NOx-Emissionen nach Auskunft des LANUV NRW vom 8. November 2018 (dort Seite 6 = Band IV der Gerichtsakte, Bl. 651) unterhalb von 1 %, weshalb für das Jahr 2020 keine Verbesserung gegenüber der aktuell prognostizierten Belastung bei unveränderten Rahmenbedingungen angegeben wird.
395Schließlich erachtet die Kammer ein umfassendes zonales Verkehrsverbot gegenüber streckenbezogenen Fahrverboten auf den vorgenannten Straßen mit Grenzwertüberschreitungen für geboten, weil letztere, worauf der Beklagte im Zuge des Planergänzungsverfahrens 2018 selbst ausführlich hinweist (vgl. Seiten 87 ff. im Entwurf), erhebliche kleinräumige Ausweichverkehre und damit Verkehrsverlagerungen innerhalb des Stadtgebiets zur Folge hätten. Da es sich bei den betroffenen Strecken in der Regel (z. B. Alfredstraße) um die Hauptverkehrslinien in die Innenstadt hinein bzw. aus dieser heraus handelt, ergäben sich verkehrsrechtliche Schwierigkeiten einerseits und eine erhebliche Verlagerung der Emissionsbelastung bei gleichzeitig erhöhtem Schadstoffausstoß andererseits. Hierbei hat die Kammer den Einwand des Beklagten im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Seite 88) berücksichtigt, dass umliegende Straßen nicht dieselbe Qualität wie die betroffenen Hauptverkehrslinien haben und der Charakter als zentrale Zubringerstraße in die Innenstadt – insbesondere auch für Durchgangsverkehre – dort nicht gleichermaßen umgesetzt werden kann. Nach den plausiblen und durch eine Betrachtung von aktuellen Satellitenbildern,
396im Internet abrufbar unter https://www.google.de/maps/place/Essen/@51.4408864,6.945979,22463m/data=!3m1!1e3!4m5!3m4!1s0x47b8c2b796abf639:0x6a00e111a4ad2c9d!8m2!3d51.4556432!4d7.0115552,
397von Seiten des Gerichts nachvollzogenen Erläuterungen des Beklagten (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 87 ff.) ermöglicht es der jeweilige Charakter der betroffenen Straßen – anders als der Charakter des umliegenden Straßennetzes mit reduzierten Verkehrsstärken –, große Verkehrsströme zu bündeln und eine hohe Verkehrslast aufzunehmen. Weil zu erwarten ist, dass nur wenige Personen den Bereich weiträumig umfahren können, ist hiernach zu befürchten, dass andere Straßen zusätzliche Verkehre aufnehmen müssen, obwohl sie schon heute stark belastet sind, und dass es zu erheblichen Verkehrsverlagerungen u. a. des Wirtschafts- und Güterverkehrs kommt, was wiederum den Verkehrsfluss und möglicherweise sogar die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. Dies wiederum hätte sinkende Durchschnittsgeschwindigkeiten, Staus, Stop & Go-Verkehr sowie viele gefahrene Mehrkilometer innerhalb des Stadtgebiets der Beigeladenen zur Folge. Im Ergebnis führten kleinräumige Verkehrsverlagerungen auf andere Straßenzüge im Stadtgebiet dort mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Grenzwertüberschreitungen.
398Zur Unzulässigkeit derartiger Auswirkungen siehe schon BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 64 f., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 66 f.; siehe hierzu bereits VG Mainz, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 3 K 988/16.MZ –, juris Rn. 46.
399Dass es von Seiten des Beklagten an konkreten Angaben dazu fehlt, in welchem Umfang und Ausmaß Ausweichverkehre zu erwarten sind, steht der vorstehenden Ergebnisbetrachtung nicht entgegen. Denn der Beklagte hat im Zuge des Planergänzungsverfahrens 2018 (vgl. Entwurf, Seiten 88 f.) am Beispiel der Alfredstraße nachvollziehbar aufgezeigt, auf welchen anderen Straßenabschnitten mit Verlagerungen der Verkehrsströme zu rechnen ist.
400Weiterhin erweist sich ein zonales gegenüber einem streckenbezogenen Fahrverbot als notwendig, um die zahlreichen Verdachtsfälle im Stadtgebiet der Beigeladenen einzubeziehen, die sich aus der Belastungskarte 2009 ergeben und die der Beklagte bislang – von wenigen Ausnahmen abgesehen – aktuell keiner Untersuchung unterzogen hat. In Ermangelung von aktuellen Untersuchungen der weiteren Verdachtsstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen kann eine flächendeckende Schadstoffbelastung mit Stickstoffdioxid an weiteren Hotspots nicht ausgeschlossen werden, die über die einzelnen Streckenabschnitte mit Messpunkten hinausgeht. Angesichts dessen, dass sämtliche in der Belastungskarte 2009 rot markierte Strecken die typischen Indizien für eine erhöhte NO2-Belastung (typischer Schluchtcharakter eines Innenstadt-Hotspots mit hoher Verkehrsbelastung wegen geschlossener Randbebauung und dadurch mangelhafter Durchlüftungssituation) aufweisen,
401was das Gericht mit Hilfe der öffentlich zugänglichen Satellitenbilder bei Google Maps nachvollzogen hat, im Internet abrufbar unter https://www.google.de/maps/place/Essen/@51.4408864,6.945979,22463m/data=!3m1!1e3!4m5!3m4!1s0x47b8c2b796abf639:0x6a00e111a4ad2c9d!8m2!3d51.4556432!4d7.0115552,
402vermag die Kammer auf Grundlage des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung nicht mit hinreichender Sicherheit zu erkennen, dass eine Grenzwertüberschreitung an diesen Stellen nicht länger existiert. Die pauschale Argumentation, an den dortigen Stellen dürfte wegen des allgemeinen Rückgangs der NO2-Belastung seit dem Jahr 2009 keine Grenzwertüberschreitung mehr existieren, ist nicht hinreichend substantiiert begründet worden. Die dringend erforderliche Aktualisierung der Belastungskarte für das gesamte Stadtgebiet nach Ablauf von nahezu 10 Jahren haben der Beklagte und der Beigeladene vermissen lassen. Im Gegenteil lässt sich – wie das Beispiel Martin-Luther-Straße zeigt, das als einer von nur zwei Verdachtsfällen im Zuge des Planergänzungsverfahrens 2018 modelliert wurde – nicht ausschließen, dass weitere Überschreitungen schon aktuell vorhanden sind oder jedenfalls durch einen möglichen Ausweichverkehr erneut akut werden. Selbst der im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten Belastungskarte 2009 mit abweichender Legende (Band V der Gerichtsakte, Bl. 800), die mit roter Markierung lediglich die in 2009 mit mehr als 45 µg/m³ belasteten Streckenabschnitte hervorhebt, lassen sich im Bereich der vorgesehenen Fahrverbotszone eine Mehrzahl solcher Straßenzüge entnehmen. In diesen Fällen sind – auch unter der Annahme eines generellen gleichmäßigen Rückgangs der NO2-Belastung an den damaligen Hauptbelastungspunkten – andauernde Grenzwertüberschreitungen in Straßenabschnitten verteilt über das Stadtgebiet der Beigeladenen nicht von der Hand zu weisen, denen der Beklagte gleichwohl nicht nachgegangen ist.
403Schließlich hat die Kammer auch den Sonderfall des Messpunktes Hausackerstraße Nr. 11 in Essen-Frohnhausen in den Blick zu nehmen, der unmittelbar oberhalb der in Troglage vorbeiführenden Bundesautobahn (BAB) 40 liegt.
404Zur örtlichen Lage siehe die Hinweise und Erläuterungen im Steckbrief für den Messort EFRO auf der Homepage des LANUV NRW, im Internet abrufbar unter https://www.lanuv.nrw.de/luqs/messorte/steckbrief.php?ort=EFRO.
405Entgegen der Auffassung des Beklagten sind Verkehrsverbote auf Autobahnen auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes der Freiheit der Warendurchfuhr innerhalb der Europäischen Union (vgl. Art. 28 bis 37 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) nicht generell auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,
406vgl. Urteile vom 15. November 2005 – C-320/03 (Kommission/Österreich) –, jurion Rn. 70 ff., 85, und vom 21. Dezember 2011 – C-28/09 (Kommission/Österreich) –, juris Rn. 119 ff., 125,
407können nationale Maßnahmen, die geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern, durch Gründe des Gemeinwohls, wie etwa den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, oder durch ein zwingendes Erfordernis u. a. des Umweltschutzes gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet sind, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zu dessen Erreichung erforderlich ist, d. h. in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen. Für die letztgenannte Anforderung kommt es nach der zitierten Rechtsprechung,
408vgl. hierzu Urteile vom 15. November 2005 – C-320/03 (Kommission/Österreich) –, jurion Rn. 86 f., und vom 21. Dezember 2011 – C-28/09 (Kommission/Österreich) –, juris Rn. 139 ff. (letzteres anhand einer Prüfung konkret bezeichneter Alternativen),
409entscheidend darauf an, ob andere, gegebenenfalls kombinierte Maßnahmen – wie etwa die Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen oder von an die verschiedenen LKW-Klassen anknüpfenden Mautsystemen oder aber ein Ökopunktesystem –, geeignet wären, die Stickstoffdioxidemissionen auf ein annehmbares Maß zu verringern.
410In dem von dem Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Verfahren, welches sich auf die Inntal-Autobahn in Österreich und damit auf eine zentrale Transitstrecke im innereuropäischen Fernverkehr bezog, fand maßgebliche Berücksichtigung, dass die österreichischen Behörden vor dem Erlass einer so einschneidenden Maßnahme wie der eines völligen Fahrverbots auf einem Autobahnabschnitt, der eine überaus wichtige Verbindung zwischen bestimmten Mitgliedstaaten darstellt, sorgfältig zu prüfen hatten, ob nicht auf Maßnahmen zurückgegriffen werden könnte, die den freien Verkehr weniger beschränken, und solche nur ausschließen durften, wenn ihre Ungeeignetheit im Hinblick auf den verfolgten Zweck eindeutig feststand.
411Vgl. hierzu vor allem EuGH, Urteil vom 15. November 2005 – C-320/03 (Kommission/Österreich) –, jurion Rn. 87 f.
412Diesen Maßstäben trägt die Kammer nach erfolgter Auseinandersetzung mit dem Fehlen möglicher alternativer Maßnahmen sowie durch die konkrete Ausgestaltung des vorgesehenen zonalen Verkehrsverbots hinreichend Rechnung.
413Denn aus der unionsrechtlichen Bedeutung der Warenverkehrsfreiheit folgt keineswegs ein absolutes Ausschlusskriterium für Fahrverbote auf Autobahnen, zumal hier Anwohner unmittelbar an einer das Stadtgebiet der Beigeladenen in West-Ost-Richtung schneidenden Bundesautobahn in erheblichem Maße von der Stickstoffdioxidbelastung (49 µg/m³ in 2017) betroffen sind. Ein weiterer Unterschied der vorliegenden Fallkonstellation gegenüber dem durch den Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Sachverhalt ist ferner, dass durch die dort getroffenen behördlichen Maßnahmen bestimmte Warengruppen von einem Transport über die Autobahn vollständig ausgenommen wurden,
414vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2005 – C-320/03 (Kommission/Österreich) –, jurion Rn. 24, und vom 21. Dezember 2011 – C-28/09 (Kommission/Österreich) –, juris Rn. 19 und 114,
415wohingegen das Verkehrsverbot vorliegend lediglich Fahrzeuge bestimmter Schadstoffklassen/Abgasnormen betrifft und demgemäß der Transport von Gütern jeglicher Art grundsätzlich möglich bleibt.
416Für die Minderung der von der Bundesautobahn ausgehenden NO2-Immissionen sieht weder der Entwurf der Planergänzung 2018 Lösungen vor noch haben der Beklagte oder die Beigeladene solche in ihren Schriftsätzen oder im Termin zur mündlichen Verhandlung benannt.
417Auf dem maßgeblichen Streckenabschnitt der BAB 40 in Höhe Essen-Frohnhausen ist bereits eine Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA) vorhanden, die eine Deckelung der Geschwindigkeit auf 60 oder 80 km/h zu verkehrsreichen Zeiten vorsieht (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 67). Eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung würde nicht nur zu verkehrsrechtlichen Schwierigkeiten führen und den Verkehrsfluss behindern, sondern wäre zudem mit deutlich ansteigenden Emissionen insbesondere des Schwerlastverkehrs verbunden (siehe hierzu a. a. O. und darüber hinaus die nachfolgend wiedergegebene Abb. 7.2.3.2/1 von der dortigen Seite 94, wonach das geringste NOx-Emissionsverhalten jedenfalls von Fahrzeugen der Abgasnormen Euro 4/5/6 im Bereich zwischen 60 und 80 km/h zu erwarten ist:)
418 419Als langfristige Maßnahme erwägt die Beigeladene selbst eine Abdeckelung der Autobahn (siehe auch Masterplan Verkehr Essen 2018, Seiten 120 f.), die jedoch im Vergleich zu einem Fahrverbot wegen des erheblich längeren Vorlaufs nicht annähernd schnell Wirkungen hervorrufen kann.
420Andere Möglichkeiten als ein Fahrverbot, um die verkehrsbedingte Stickstoffdioxidbelastung auf der Bundesautobahn schnellstmöglich zu senken, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
421Desweiteren ist der Beklagte für Fahrverbote auf der Autobahn („Anordnungen nach § 45 StVO zur Anbringung und Entfernung von Verkehrszeichen auf Autobahnen“) auch zuständig. Die Zuständigkeit liegt bei der jeweiligen Bezirksregierung als Straßenverkehrsbehörde (vgl. § 10 Abs. 2 der nordrhein-westfälischen Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung vom 5. Juli 2016 [GV.NRW Seite 527]). Der Bund ist hingegen allein Eigentümer der Bundesautobahnen (vgl. Art. 90 Abs. 1 GG) und Träger der Straßenbaulast (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Bundesfernstraßengesetzes [FStrG]), deren weitere Verwaltung im Auftrag des Bundes durch die Länder erfolgt (vgl. Art. 90 Abs. 3 GG). Die zuständige Straßenbaubehörde ist nach Nr. 54 (II. zu § 45 Abs. 3 StVO) der VwV-StVO vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 22. Mai 2017 lediglich „zu hören“, eines Einverständnisses vor allem des Bundes bedarf es – anders als bei der Widmung oder Aufstufung (vgl. § 2 Abs. 6 Satz 3 FStrG) – nicht. Die Klassifikationsstufe der BAB 40 als Autobahn (§ 2 Abs. 3a FStrG) wird durch das hier vorgesehene zonale Fahrverbot für stark emittierende Fahrzeuge nicht berührt.
422ee) Schließlich ist das von der Kammer vorgesehene zonale Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen im Stadtgebiet der Beigeladenen auch angemessen.
423An dieser Stelle ist der gebotene Interessenausgleich in Gestalt einer Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme und den durch diese herbeigeführten Belastungen vorzunehmen, d. h. die nähere Ausgestaltung des Verkehrsverbots muss für die hiervon betroffenen Personen angesichts des verfolgten Ziels zumutbar sein. Denn auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union können Luftreinhaltepläne nur auf der Grundlage eines Ausgleichs zwischen dem Ziel der Verringerung der Gefahr der Verschmutzung und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen erstellt werden.
424Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 37, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 40, jeweils unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 –, juris Rn. 93 m. w. N.
425Im Rahmen dieses Ausgleichs gegenläufiger Interessen sind insbesondere die Gefährdung der Gesundheit der in den Bereichen mit Grenzwertüberschreitungen aufhältigen Personen – darunter Innenstadtbewohner ebenso wie Verkehrsteilnehmer und Besucher der Stadt – einerseits und die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer – auch und gerade der Pendler – andererseits einzubeziehen. Daneben spielen weitere Gesichtspunkte wie die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang eingeschränkten Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren eine erhebliche Rolle.
426Hierzu im Wesentlichen schon VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 116.
427In Anbetracht der Mehrzahl nachweislich betroffener Straßenabschnitte, hierunter vor allem der BAB 40, sowie unter Berücksichtigung der ergänzenden, von dem Beklagten nur unzureichend untersuchten Verdachtsstrecken im Bereich der Innenstadt und entlang der BAB 40 sowie der B 224 ist ein zonales Verkehrsverbot für die betroffenen Stadtteile letztlich alternativlos (dazu (1)). Dieses muss zum Zwecke hinreichender Effektivität, insbesondere Wirksamkeit und Schnelligkeit, Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 6/VI und Fahrzeuge mit Ottomotor unterhalb der Abgasnorm Euro 3/III einschließen (dazu (2)).
428(1) Der Einwand des Beklagten, ein solches zonales Fahrverbot sei unverhältnismäßig, da mit Blick auf die Alfredstraße und die Martin-Luther-Straße nur relativ geringfügige sowie an allen übrigen Straßenabschnitten keine Überschreitungen des Grenzwerts im Prognosejahr 2020 zu erwarten seien, wohingegen ein solches Verbot massive Auswirkungen auf viele Bevölkerungsgruppen und starke Einschränkungen für die Allgemeinheit hätte, überzeugt nicht.
429Zwar verweist der einzelne durchschnittliche Käufer eines Dieselfahrzeugs zutreffend darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Im Zuge dessen ist der Kammer bewusst, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zu erwerben. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können. Ferner verkennt das Gericht auch nicht den Umstand, dass vielen Betroffenen Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Getäuschte Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
430Vgl. insoweit VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 117 f.
431Allerdings ist in die Abwägung einzubeziehen, dass die Nichterreichung einer grenzwertkonformen Luftqualität seit nahezu neun Jahren andauert und noch länger, namentlich seit nahezu 20 Jahren, die Möglichkeit bestand, hinreichende Vorkehrungen zu treffen, um den bereits im Jahr 1999 beschlossenen NO2-Grenzwert im Jahresmittel zum Zeitpunkt seiner verbindlichen Geltung oder spätestens in den darauf folgenden Jahren einzuhalten. Dies entspricht nicht zuletzt auch der Linie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union,
432vgl. Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 (Europäische Kommission/Bulgarien) –, juris Rn. 76; siehe hierzu zusammenfassend auch Hofmann, NVwZ 2018, 928 (934),
433wonach Schwierigkeiten eines Mitgliedstaates bei der Erfüllung der Richtlinienpflichten im Falle einer wiederholten und andauernden Überschreitung eines Grenzwerts außer Betracht bleiben.
434Nach der Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union,
435vgl. Urteile vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 (Kommission/Italien) –, juris Rn. 62 f. m. w. N., und vom 5. April 2017 – C-488/15 (Europäische Kommission/Bulgarien) –, juris Rn. 76,
436ist für die Frage der Verletzung von Art. 13 der Richtlinie 2008/50/EG ausschließlich eine objektive Perspektive entscheidend. Insofern ist es unerheblich, ob der Mitgliedstaat, dem der Verstoß zuzurechnen ist, diesen mit Absicht oder fahrlässig begangen hat oder ob er auf technischen Schwierigkeiten beruht, denen er sich möglicherweise gegenübersah. Ausgehend von der Feststellung, dass die Grenzwerte in der Richtlinie 2008/50/EG u. a. für Feinstaub und Stickoxide dem Schutz der menschlichen Gesundheit und damit einem Gut von rechtlich hohem Wert dienen, steht der Gewährleistung der Grenzwerteinhaltung auch nicht entgegen, dass hierzu massive wirtschaftliche und soziale Maßnahmen sowie Eingriffe in Grundrechte und -freiheiten erforderlich sind.
437Siehe zu diesem im Ergebnis erfolglosen Argument der Italienischen Republik: EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 (Kommission/Italien) –, juris Rn. 40.
438Denn diesen Einschränkungen steht auf der anderen Seite die Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung entgegen, die entgegen der Verpflichtung aus der Richtlinie 2008/50/EG bereits über viele Jahre andauert. Bei dem Gesundheitsschutz, dem über den Schutz in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) eine herausragende Bedeutung auch in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
439vgl. BVerfG, Urteil vom 25. Februar 1975 – 1 BvF 1/74 –, BVerfGE 39, 1 = Rn. 81; siehe auch Bay. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, juris Rn. 154; VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 120,
440handelt es sich um ein besonders hohes Schutzgut.
441Wie in dem vorangegangenen Abschnitt 6. b) cc) (1) ausführlich dargelegt, sind die von einer mittel- oder langfristigen NO2-Exposition ausgehenden Gesundheitsgefahren ganz erheblich und betreffen eine nicht näher bezifferbare Vielzahl von Personen. In ihrer Gesamtheit überwiegen sie im Zuge der hier anzustellenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls die für die Bevölkerung und die Wirtschaft entstehenden Belastungen durch das zonale Verkehrsverbot.
442Namentlich müssen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen trotz des tendenziellen (langsamen) Rückgangs der Überschreitungen in den letzten Jahren, nicht zuletzt angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2-Grenzwert im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten wurde, hinter diesem besonderen Schutzgut zurückstehen. Denn die in dem Gebiet aufhältige Bevölkerung, zu der neben den Anwohnern auch die Verkehrsteilnehmer selbst und ferner dort Erwerbstätige sowie Besucher der Stadt zählen, ist der mit Stickstoffdioxid belasteten Atemluft durchgehend ausgesetzt. Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls auch nur vorübergehende) Einführung eines zonalen Fahrverbotes zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit nicht nur grundsätzlich angemessen, sondern auch geboten und alternativlos.
443Mit demselben Ergebnis der Abwägung der gegenläufigen Belange schon VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 120 ff., das in diesem Kontext auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweist, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen (a. a. O., Rn. 123).
444Die Einführung eines Fahrverbots für stark NO2-emittierende Fahrzeuge wird zugleich dem Verursacheranteil dieser Fahrzeuge gerecht, vgl. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG. Der Straßenverkehr trägt nach den oben dargelegten prozentualen Anteilen überdurchschnittlich stark zu den Stickoxid-Emissionen im Stadtgebiet der Beigeladenen bei, darunter insbesondere Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (Dieselantrieb) unterhalb der Abgasnorm Euro 6/VI sowie Fahrzeuge mit benzin- und gasbetriebenem Fremdzündungsmotor (Ottomotor) unterhalb der Abgasnorm Euro 3/III. Dies hat zur Folge, dass sich der planerische Gestaltungsspielraum des Beklagten für rasch wirkende NO2-mindernde Handlungsalternativen auf die Einführung eines Verkehrsverbots für die genannten Fahrzeuge reduziert. Würde gleichwohl von derartigen erforderlichen und insgesamt bei entsprechender Ausgestaltung verhältnismäßigen Maßnahmen abgesehen, käme dies einer Flucht aus der Verantwortung gleich, die gerade auch im Unionsrecht nicht zulässig ist (s. o.).
445Angedeutet auch bei Hofmann, NVwZ 2018, 928 (935).
446Wo sich das Fahrverbot im Einzelfall für einen Betroffenen doch als unzumutbar darstellt, können schließlich – zum Zwecke des insoweit gebotenen Interessenausgleichs – Ausnahmegenehmigungen oder Befreiungen erteilt werden.
447Gleichzeitig steht vorliegend entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur eine unwesentlich frühere Einhaltung des Grenzwerts in Rede, da zum einen eine Zeitspanne von mindestens einem Jahr im Bereich des Gesundheitsschutzes nicht nur als unwesentlich zu charakterisieren ist und zum anderen eine Grenzwerteinhaltung im Laufe des Jahres 2020 längst nicht auf allen Straßen von dem Beklagten mit hinreichender Sicherheit und Verlässlichkeit prognostiziert werden kann. Auf die vorstehenden Ausführungen (siehe Abschnitt 4.a) dieser Entscheidung) wird Bezug genommen. Im Ergebnis ist ein zonales Verkehrsverbot die einzige verbleibende Möglichkeit, um schnellstmöglich die Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zu erreichen, zumal Unsicherheiten bei der Grenzwerteinhaltung nicht hinzunehmen sind.
448Namentlich führen die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht zeitnah zur Einhaltung des Jahresgrenzwertes. Im Falle der Alfredstraße geht der Beklagte selbst frühestens im Jahr 2020 von einer Grenzwerteinhaltung aus, und das auch nur unter der Annahme eines Maßnahmenpaketes, das etwa eine 100 %-ige Umsetzung von Software-Updates unterstellt. Davon ist nach dem oben Gesagten nicht auszugehen.
449Soweit der Beklagte im Entwurf der Planergänzung 2018 (dort Tab. 6.2/4 auf Seite 81) zum Teil eine Grenzwerteinhaltung vor 2020 darstellt, legt er nicht dar, dass diese Prognose auch im Entscheidungszeitpunkt noch unverändert zutrifft: Im Falle der Gladbecker Straße etwa sollte der Grenzwert im aktuell noch laufenden Jahr 2018 eingehalten werden. Legt man die jüngsten Zwölfmonatsmittelwerte (Oktober 2017 bis September 2018) zugrunde, wird dieses Ziel nicht erreicht. Als Folge dessen bleibt die Grenzwerteinhaltung auch im Jahr 2019 ungewiss, da seit 2017 kein Rückgang mehr zu verzeichnen ist. Entsprechendes gilt auch für die Krayer Straße im Hinblick auf die prognostizierte Grenzwerteinhaltung für das Jahr 2019, da hier seit dem Jahr 2013 kein Rückgang mehr zu verzeichnen ist und keine konkreten Maßnahmen getroffen wurden, die eine schnellstmögliche Schadstoffreduktion an dieser Stelle zur Folge hätten; auch diese Messstelle liegt im näheren Umfeld der BAB 40. Im Falle der Martin-Luther-Straße kann der Grenzwert nach der Prognose des Beklagten unter der Anordnung von Fahrverboten frühestens 2019 eingehalten werden, andernfalls nicht vor dem Jahr 2020. Insoweit stellt sich jedoch das Problem, dass die prognostizierte Umsetzung der Software-Updates und der Rückkaufprämie zu 100 % zum derzeitigen Stand nicht zu erwarten ist.
450Schließlich wird der Messpunkt an der Hausackerstraße/BAB 40 in Essen-Frohnhausen im Entwurf der Planergänzung 2018 prognostisch überhaupt nicht betrachtet, sondern aus der weiteren Prüfung ausgeschieden (siehe dortige Seite 67). Mit Blick auf die dortige NO2-Belastung ist ein Fahrverbot auf der BAB 40 trotz der damit einhergehenden Belastung angesichts der normativen Zielvorgaben unausweichlich. Denn ohne ein Fahrverbot im Streckenabschnitt Essen-Frohnhausen könnte der Grenzwert an dem betroffenen Messpunkt Hausackerstraße noch über Jahre nicht eingehalten werden. Der ausschließlich wirkende Rückgang der regionalen und städtischen Hintergrundbelastung wäre noch in mehreren Jahren nicht hoch genug, um zu einer Grenzwerteinhaltung zu führen; der Beklagte prognostiziert selbst lediglich einen Rückgang um 3 µg/m3 bis zum Jahr 2020 (vgl. Entwurf der Planergänzung 2018, Seite 40). Angesichts der in dem betroffenen Bereich befindlichen Wohnbebauung direkt oberhalb der Autobahn-Fahrstreifen kann eine solche weitere Verzögerung – nicht zuletzt in Anbetracht der verstrichenen Zeiträume – nicht mehr hingenommen werden. Hinter der hohen Bedeutung des Gesundheitsschutzes haben auch die überregionale Bedeutung der Bundesautobahn sowie die hohe Belastung des Fahrzeugverkehrs durch ein Fahrverbot in dieser konkreten Situation, die dadurch geprägt ist, dass eine Bundesautobahn unmittelbar von einer beidseitigen städtischen Wohnbebauung gesäumt wird, zurückzustehen.
451Ein streckenbezogenes Fahrverbot lediglich auf dem besonders stark betroffenen Autobahnabschnitt ist erkennbar dadurch ausgeschlossen, dass ein entsprechend kurzer Abschnitt, etwa von Autobahnabfahrt zur nächsten Auffahrt in beide Richtungen, kleinräumige Ausweichverkehre zur Folge hätte. Um dies zu vermeiden und gleichzeitig die Schadstoffbelastung an den Hotspots entlang der BAB 40 (v. a. auch Krayer Straße) zu senken sowie insgesamt eine positive Wirkung für die städtische Hintergrundbelastung zu erzielen, bedarf es zusätzlich eines großräumigen zonalen Verkehrsverbotes auf der Bundesautobahn im Bereich des Essener Stadtgebiets für besonders schadstoffintensive Fahrzeuge. Dies gilt nicht zuletzt auch mit Blick darauf, dass der Beklagte es bislang hat vermissen lassen, zu untersuchen, welche Teilstrecken gegebenenfalls noch von einer erhöhten NO2-Belastung betroffen sind; dem typischen Schluchtcharakter kommt insofern nur indizielle Wirkung zu, wohingegen an der besonders hohen Verkehrsbelastung der BAB 40 keine Zweifel bestehen dürften.
452Einem solchen Verkehrsverbot auf der Bundesautobahn steht die unionsrechtliche Warenverkehrsfreiheit nicht entgegen, da diese Maßnahme zum Gesundheitsschutz notwendig ist und andere Möglichkeiten nach dem oben Gesagten ausscheiden.
453Die räumliche Festlegung der Fahrverbotszone durch die Kammer berücksichtigt die besonders belasteten Bereiche im Stadtgebiet der Beigeladenen. Die Abgrenzung nach Stadtteilen empfiehlt sich, um eine klare Abgrenzbarkeit der Bereiche bei gleichzeitiger Erfassung sämtlicher Kernpunkte mit der Zone zu erreichen. Mit Blick auf die wenigen vereinzelten Hotspots im Essener Süden sowie im Nordwesten und Nordosten des Stadtgebietes der Beigeladenen erachtet die Kammer eine Reichweite der Fahrverbotszone („blaue Umweltzone“) entsprechend der aktuell gültigen grünen Umweltzone als zu großräumig.
454Gleichzeitig ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren oder zusätzlichen Erkenntnissen andernorts zu NO2-Grenzwertüberschreitungen kommen – der Beklagte gegebenenfalls auch eine von dem obigen Mindestumfang abweichende Bestimmung des Umfangs der Fahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird. Eine derartige Ausweitung aus Gründen etwa des Verkehrs- oder Umweltrechts steht im planerischen Gestaltungsspielraum des Beklagten.
455(2) Hinsichtlich der von dem zonalen Verkehrsverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
456vgl. Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 39 f., und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 42 f.,
457wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro 4/IV erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 3/III keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die neueren Euro 5/V-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen – so das Bundesverwaltungsgericht (weiterhin a. a. O.) – zonale Verbote aus Gründen des Bestandsschutzes jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht.
458Dem Verursacherbeitrag folgend hat die Kammer daher – unter Beachtung der Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts zur frühestmöglichen Einbeziehung von Euro 5-Dieselfahrzeugen in ein zonales Fahrverbot zum 1. September 2019 – auch diese Fahrzeuge in ihre Betrachtung einbezogen und beide Abgasnormen damit gleichermaßen erfasst.
459Eine isolierte Einführung eines Fahrverbots für Diesel-Fahrzeuge ausschließlich der Abgasnorm Euro 4 wäre hingegen nicht ausreichend und im Übrigen auch nicht verhältnismäßig, weil diese Fahrzeuge im Realbetrieb ein (deutlich) besseres Emissionsverhalten aufweisen als solche der Abgasnorm Euro 5.
460Vgl. hierzu etwa Aviso GmbH und IFK, Universität Stuttgart, Schlussbericht „Identifizierung von Minderungspotenzialen und Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen im Rahmen der Stickoxidminderungsstrategie der Landesregierung NRW“, Stand: September 2016, Seite 92, Bild 5.2 oben (in Beiakte Heft 22); ferner LAI-Ausschuss „Luftqualität/Wirkungsfragen/Verkehr“, Bericht vom 16. Februar 2016 betreffend „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, Seite 9, im Internet abrufbar unter www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungsbedarf_2_1503573109.pdf; siehe auch Pressemitteilung des Umweltbundesamtes vom 25. April 2017, „Stickoxid-Belastung durch Diesel-Pkw noch höher als gedacht. Auch Euro-6-Diesel stoßen sechs Mal mehr Stickstoffoxide aus als erlaubt“, im Internet abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/stickoxid-belastung-durch-diesel-pkw-noch-hoeher.
461Der Beklagte kann ungeachtet der vorstehenden Ausführungen selbstredend jederzeit das zonale Verkehrsverbot ausweiten, um im Rahmen seines planerischen Gestaltungsspielraums weitere Belastungsstrecken in die Zone einzubeziehen, die wirksame Verkehrsführung im Stadtgebiet zu gewährleisten oder zu erwartende Verlagerungseffekte auszugleichen. Maßgeblich ist auch hier die unionsrechtlich vorgegebene Zielsetzung, den Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet einzuhalten.
462Während der gesamten Zeit hat die Behörde bei ihrer Betrachtung gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
463vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 (Luftreinhalteplan Düsseldorf) –, juris Rn. 41, und – 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart) –, juris Rn. 44,
464die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen anhand aktueller Erhebungen zu berücksichtigen. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls – abhängig vom Umfang des Rückgangs – mit einem Verzicht auf die oder einer Verkleinerung der Fahrverbotszone oder mit einer Einschränkung der von ihr betroffenen Fahrzeugflotte zu reagieren.
4657. Nach den vorstehend beschriebenen Maßgaben des Gerichts hat der Beklage den Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“ für das Stadtgebiet der Beigeladenen fortzuschreiben. Hierfür hält die Kammer eine Frist bis zum 1. April 2019 für ausreichend und angemessen.
466Insbesondere ist es im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes erforderlich und geboten, das Planungsermessen des Beklagten auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
467Siehe hierzu bereits VG Köln, Urteil vom 8. November 2018 – 13 K 6684/15 –, juris Rn. 84.
468Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts vermag die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5a BImSchG) nicht zu erkennen, dass die im Tenor antragsgemäß ausgesprochene Frist zu kurz bemessen wäre. Im Gegenteil ist dem Beklagten die Wahrung einer mehrmonatigen Frist zuzumuten. Das Gericht sieht es nicht zuletzt vor dem Hintergrund des bereits weit fortgeschrittenen Verfahrens zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans als realistisch an, dass eine der Rechtsauffassung des Gerichts entsprechende Anpassung der bislang beabsichtigten Planergänzung zeitnah erfolgen kann, damit der fortgeschriebene Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 veröffentlicht werden und in Kraft treten kann. Der Beklagte hat durch das zur Zeit laufende Planergänzungsverfahren bereits die wesentlichen Schritte in die Wege geleitet, wenngleich es nach der notwendigen Überarbeitung und Anpassung an die gerichtlichen Vorgaben einer erneuten Auslegung des korrigierten Luftreinhalteplanentwurfs bedarf. Eine längere Frist als die hier vorgesehene bis zum 1. April 2019 würde dem Ziel eines zeitnahen Gesundheitsschutzes sowie den eindeutigen unionsrechtlichen Vorgaben zuwider laufen.
469Für die Umsetzung der Inhalte einer solchen Fortschreibung erachtet die Kammer aus praktischen Gründen eine weitere Zeitspanne im Anschluss an das Inkrafttreten der Fortschreibung für geboten. Auch unter Berücksichtigung der zahlreichen zu treffenden Vorkehrungen erscheint die Einrichtung der Fahrverbotszone im Stadtgebiet der Beigeladenen betreffend Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5/V sowie Fahrzeuge mit Ottomotor unterhalb der Euro 3/III-Norm durch den Beklagten bis spätestens zum 1. Juli 2019 möglich. Beginnend mit dem 1. September 2019 ist das zonale Fahrverbot auch auf Dieselkraftfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5/V auszuweiten.
470Insgesamt reicht für die notwendigen Vorbereitungshandlungen – beginnend mit der Urteilsverkündung am 15. November 2018 und unter Berücksichtigung einer ungefähr drei Wochen langen Dauer bis zur Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe sowie eines Puffers von weiteren zwei Wochen – eine etwa halbjährige Vorlaufzeit aus. Dies gilt auch im Hinblick auf den Einwand des Beklagten, dass es den Betroffenen möglich sein müsse, sich auf ein Fahrverbot einzustellen. Mit der Planung und Organisation von Ausweichverkehren, der Vorbereitung auf Ausnahmeanträge und der Bestellung von Schildern zur Abgrenzung der Fahrverbotszone kann zeitgleich zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans ebenfalls frühzeitig begonnen werden. Die weitere Organisation kann sodann in den verbleibenden Monaten des Jahres 2019 erfolgen.
471Eine derartige Zeitspanne von insgesamt mehr als einem halben Jahr zwischen der verbindlichen Ankündigung und der tatsächlichen Einführung des zonalen Verkehrsverbots im Stadtgebiet der Beigeladenen unter Einschluss der BAB 40 trägt auch hinreichend den Erwägungen des Gerichtshofs der Europäischen Union,
472vgl. Urteil vom 15. November 2005 – C-320/03 (Kommission/Österreich) –, jurion Rn. 90,
473Rechnung. Dieser hatte einen Übergangszeitraum von nur zwei Monaten bis zu dem vorgesehenen Zeitpunkt der Vollziehung eines Fahrverbots auf einer Autobahn für offensichtlich unzureichend gehalten, um es den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern in zumutbarer Weise zu ermöglichen, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Vorliegend ist diese Vorbereitung – zumal es sich nicht um ein vollständiges Transportverbot für bestimmte Warengruppen handelt – beginnend noch im Jahr 2018 möglich, da die Kammer die Mindestgröße der Fahrverbotszone sowie die Einbeziehung der BAB 40 konkret umrissen hat und sich die Verkehrsteilnehmer – noch vor der endgültigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans – hierauf einrichten können.
4748. Zusätzlich zu der gebotenen Aufnahme eines Konzepts zu einer Fahrverbotszone im Stadtgebiet der Beigeladenen in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan hat der Beklagte im Zuge der Planfortschreibung eine aktuelle Belastungskarte für das gesamte Stadtgebiet zu erstellen. Dabei hat er namentlich zu prüfen, ob angesichts der Vielzahl weiterer Verdachtspunkte möglicherweise auch außerhalb des Innenstadtbereichs entlang der BAB 40 und der B 224, der von der o. g. Zone abgedeckt wird, von einer flächenhaften Schadstoffbelastung auszugehen ist. Ziel der Planfortschreibung bzw. der darin ergriffenen Maßnahmen muss die Grenzwerteinhaltung im gesamten Stadtgebiet sein.
475Von der Untersuchung müssen insbesondere weitere drei Streckenabschnitte außerhalb der Fahrverbotszone erfasst sein, welche die Beigeladene im laufenden Verfahren der Planfortschreibung selbst als fortbestehende Verdachtsstrecken benannt hat (vgl. wiederum E‑Mail des LANUV NRW vom 5. Oktober 2017 = Bl. 24 in BA10 = Band 1 der ergänzenden Vorgänge zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“): B 224, vor allem zwischen Laupendahler Landstraße und Klemensborn (als Gegenstück zur Brückstraße auf der gegenüberliegenden Seite, an der ein Messpunkt liegt) sowie zwischen Kellerstraße und Kathagen (dort Velberter Straße), sowie desweiteren Frankenstraße, dort vor allem zwischen Rellinghauser Straße und Gottfried-Wilhelm-Straße. Auch diese wurden aus den bereits genannten Gründen bislang nicht näher untersucht (vgl. hierzu Abschnitt 5.a) in dieser Entscheidung bzw. Seite 2 im Schriftsatz des LANUV NRW an das Gericht vom 8. November 2018, Band IV der Gerichtsakte, Bl. 647).
476Hinzu treten weitere sechs Verdachtsfälle, die die Kammer der letzten verfügbaren Belastungskarte für das Stadtgebiet der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 (vgl. Seite 32 im Luftreinhalteplan „Ruhrgebiet 2011 – Teilplan West“; abgedruckt im Tatbestand) entnommen hat:
477(1) Franziskastraße, zwischen Julienstraße und Paulinenstraße,
478(2) Haus-Berge-Straße, zwischen Bocholder Straße/Friedrich-Lange-Straße und Hafenstraße,
479(3) Haus-Berge-Straße, zwischen Dinslaker Straße und Jahnplatz,
480(4) Huestraße, zwischen Westbergstraße/Ophoffstraße und Kleiner Bruch,
481(5) Matthias-Erzberger-Straße, zwischen Langemarckstraße und Friedhofstraße,
482(6) Schonnebeckhöfe, zwischen Gelsenkirchener Straße und Ückendorfer Straße.
483Im Zuge der Untersuchung des gesamten Stadtgebiets der Beigeladenen auf die Einhaltung des Grenzwertes sind besonders die vorgenannten Verdachtsstrecken in den Blick zu nehmen, was etwa – soweit möglich – durch eine Modellierung oder im Übrigen durch Messungen geschehen kann. Das Aufstellen etwa von NO2-Passivsammlern ist nach Angaben des LANUV NRW,
484vgl. die entsprechenden Angaben in der LANUV-Information „Luftqualitätsmessungen mit Passivsammlern“, im Internet abrufbar unter https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/luft/pdf/passivsammler.pdf,
485preisgünstig und relativ einfach zu handhaben. Gegebenenfalls sind im Anschluss an diese Untersuchung weitere örtliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn außerhalb der festgelegten Fahrverbotszone Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden; soweit andere geeignete Maßnahmen nicht existieren, sind hierbei gemäß den vorstehenden Ausführungen auch eine Ausdehnung der Fahrverbotszone oder einzelne streckenbezogene Fahrverbote in Betracht zu ziehen.
486Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
487Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.
488Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 Satz 2 ZPO und beschränkt sich in entsprechender Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kostenentscheidung. Die allgemeine Leistungsklage wird zwar von der letztgenannten Vorschrift nicht ausdrücklich erfasst, jedoch gilt der dortige Grundsatz nach Sinn und Zweck für eine Verpflichtung zu einem schlicht-hoheitlichen Handeln entsprechend. Die Kammer geht in Anlehnung an die gesetzgeberische Vorstellung davon aus, dass § 167 Abs. 2 VwGO auch für die bei Schaffung der Verwaltungsgerichtsordnung weitgehend nur für Geldleistungen geläufige,
489siehe zu dieser Feststellung BT-Drs. III/55, Seite 31 (zu § 40 VwGO-E) und OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. Februar 2016 – 1 P 8/16 –, juris Rn. 5 m. w. N.,
490jedoch zwischenzeitlich darüber hinaus anerkannte allgemeine Leistungsklage (vgl. § 43 Abs. 2, § 111, § 113 Abs. 4 VwGO) Anwendung findet.
491So im Ergebnis (in Bezug auf Luftreinhaltepläne) auch schon VG Hamburg, Urteil vom 5. November 2014 – 9 K 1280/13 –, juris Rn. 53 mit Begründung und w. N.; hierauf bezugnehmend: VG Düsseldorf, Urteil vom 13. September 2016 – 3 K 7695/15 –, juris Rn. 66 f.; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 123 f. m. w. N.; ohne Begründung ferner VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15.WI –, juris Rn. 114.
492Denn der Gesetzgeber,
493vgl. zum Nachstehenden: Begründung zum Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung, zu § 164, 2. Absatz, abgedruckt in: BT-Drs. III/55, Seite 48,
494begründete den Anwendungsbereich der Vorschrift (ursprünglich: § 164 Abs. 2 VwGO-E) dahingehend, dass die – ihrem Charakter nach bedingte – vorläufige Vollstreckbarkeit den Verpflichtungsurteilen, die den Erlass von Verwaltungsakten anbefehlen, wegen der weitgehenden Bedingungsfeindlichkeit der hoheitlichen Tätigkeit nicht wesensgemäß sei. In diesen Fällen könne den Interessen des Klägers bis zur endgültigen Entscheidung durch einstweilige Anordnungen nach § 123 VwGO (damals § 122 VwGO-E) ausreichend Rechnung getragen werden.
495Diese Erwägung gilt uneingeschränkt auch für allgemeine Leistungsklagen wie die vorliegende, in denen jedenfalls ein künftiges Handeln durch Verwaltungsakt innerbehördlich verpflichtend in einem Plan festgeschrieben wird.
496Siehe zur Anwendbarkeit des § 123 VwGO, wenn bereits eine noch nicht rechtskräftige Hauptsacheentscheidung ergangen ist, die jedoch nach § 167 Abs. 2 VwGO nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden kann: Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 18 a. E.; Puttler, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 57.
497Ein derartiges Verständnis steht auch nicht im Widerspruch zum Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts („effet utile“),
498vgl. allgemein zur Berücksichtigung des Effektivitätsgebotes im Zuge einer unionsrechtskonformen Auslegung: BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 21 und 46,
499weil die effektive Durchsetzung unionsrechtlicher Zielsetzungen hinreichende Berücksichtigung auch bei der gerichtlichen Geltendmachung eines Sofortvollzugs im Wege einer einstweiligen Anordnung finden kann, namentlich bei den Anforderungen an das Bestehen eines Anordnungsgrundes.
500Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Die Rechtssache hat insbesondere mit Blick einerseits auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Erfordernis der Aufnahme eines zonalen Verkehrsverbots für Fahrzeuge mit hohen NOx-Emissionen in die Fortschreibung eines Luftreinhalteplans bestehen kann, und zum anderen hinsichtlich der Zulässigkeit eines entsprechenden Fahrverbots auf einer Bundesautobahn grundsätzliche Bedeutung. Diese Fragestellungen sind in der Rechtsprechung – auch mit Blick auf die mehrfach zitierte bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung vom 27. Februar 2018 – noch nicht abschließend geklärt und bedürfen zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung einer obergerichtlichen Klärung.
501Vgl. zu diesen Anforderungen an die grundsätzliche Bedeutung: OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2016 – 8 A 1030/15 –, juris Rn. 27; Seibert, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Nov. 2018 - 8 K 5068/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Nov. 2018 - 8 K 5068/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.
- 2
Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.
- 3
Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:
- 5
Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.
- 6
In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.
- 7
Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.
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Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.
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Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.
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I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.
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Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).
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II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
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Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).
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1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.
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Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.
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Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.
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2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.
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Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.
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Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
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Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
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Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.
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Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.
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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).
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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
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Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.
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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.
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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).
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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.
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Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).
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Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
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b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.
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Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.
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In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.
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Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.
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Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).
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Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.
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Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).
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Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.
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Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018
- 53
Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).
Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.
(1) Ist für Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 nach den geltenden Rechtsvorschriften keine öffentliche Bekanntmachung vorgeschrieben, so hat die zuständige Behörde die im Einzelfall getroffene Entscheidung mit Rechtsbehelfsbelehrung einer oder mehreren genau zu bezeichnenden Personen oder Vereinigungen bekannt zu geben, wenn dies beantragt wird
- 1.
vom Antragsteller des Verwaltungsaktes nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder - 2.
von demjenigen, an den die Behörde den Verwaltungsakt nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 gerichtet hat.
(2) Über Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder deren Unterlassen entscheidet im ersten Rechtszug das Oberverwaltungsgericht, auch wenn kein Fall des § 47 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vorliegt. Ist eine Gestaltungs- oder Leistungsklage oder ein Antrag nach § 47 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht statthaft, ist § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden. Bei länderübergreifenden Plänen und Programmen ist das Oberverwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, die die Entscheidung über die Annahme des Plans oder Programms getroffen hat, ihren Sitz hat.
(3) Hat eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf nach Absatz 2 mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Satz 1 gilt nicht für Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach § 10 des Baugesetzbuches.
(4) Im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b findet § 73 Absatz 4 Satz 3 bis 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, auch in den Fällen seines Absatzes 8, keine Anwendung.
(5) Eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Satz 1 gilt nicht im Anwendungsbereich des § 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(6) Absatz 2 Satz 1 und 3 sowie die Absätze 4 und 5 gelten auch für Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1.
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
- 1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach - a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, - b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder - c)
landesrechtlichen Vorschriften
- 2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes; - 2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes; - 2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen; - 3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz; - 4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach - a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
landesrechtlichen Vorschriften
- 5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und - 6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
- 1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung, - 2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie - 3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).
(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
- 1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder - 2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
(1) Dieses Gesetz gilt für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, die nach dem 25. Juni 2005 ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Abweichend von Satz 1 ist § 6 nur auf solche in Satz 1 genannten Rechtsbehelfe anzuwenden, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind.
(2) Dieses Gesetz gilt für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 6,
- 1.
die am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt haben oder - 2.
die nach diesem Zeitpunkt ergangen sind oder hätten ergehen müssen.
(3) Folgende Anerkennungen gelten als Anerkennungen im Sinne dieses Gesetzes fort:
- 1.
Anerkennungen - a)
nach § 3 dieses Gesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010, - b)
nach § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010 und - c)
auf Grund landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010,
- 2.
Anerkennungen des Bundes und der Länder nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 3. April 2002 geltenden Fassung.
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
- 1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach - a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, - b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder - c)
landesrechtlichen Vorschriften
- 2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes; - 2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes; - 2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen; - 3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz; - 4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach - a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
landesrechtlichen Vorschriften
- 5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und - 6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
- 1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung, - 2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie - 3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).
(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
- 1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder - 2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
Tenor
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Als für den Rechtsstreit zuständiges Gericht wird das Finanzgericht Bremen bestimmt.
-
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tatbestand
- 1
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I. Der Antragsteller verlegte Ende 2001 seinen Wohnsitz von X nach Y. Seinen in X betriebenen Gewerbebetrieb meldete er zum 31. Dezember 2001 ab. In der Folgezeit wurde er in diesem Betrieb u.a. als Angestellter der späteren Betriebsinhaber tätig, die den Betrieb jeweils unter ihrer Wohnsitzadresse angemeldet hatten. Im Jahr 2008 meldete der Antragsteller den Betrieb unter seiner Wohnsitzadresse in Y an.
- 2
-
Für die Jahre 2001 bis 2008 veranlagte das Finanzamt C den Antragsteller zur Einkommensteuer. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller den Gewerbebetrieb weiterhin als Einzelunternehmer betrieben habe und die nachfolgenden Betriebsinhaber nur "Strohmänner" gewesen seien. Es erließ u.a. Gewerbesteuermessbescheide, Gewerbesteuerbescheide und Zinsbescheide zur Gewerbesteuer für die Jahre 2001 bis 2008. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) dieser Bescheide. Dies lehnte das neu gegründete Finanzamt D (FA D) mit Bescheid vom 14. Februar 2013 ab.
- 3
-
Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht Bremen (FG B) mit Schriftsatz vom 31. Mai 2013 u.a., die Gewerbesteuermessbeträge und Gewerbesteuer für die Jahre 2001 bis 2008 von der Vollziehung auszusetzen. Als Antragsgegner bezeichnete er das FA D. Daraufhin erfasste das FG B ein AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuermessbeträge, Gewerbesteuer und Zinsen zur Gewerbesteuer 2001 bis 2008 (Az. 3 V 20/13 (4)). Daneben waren bei anderen Senaten des FG B noch zwei weitere AdV-Verfahren des Antragstellers wegen der Einkommen- (Az. 1 V 33/13 (5)) und Umsatzsteuer (Az. 2 V 36/13 (5)) anhängig.
- 4
-
Im Juli 2013 verlegte der Antragsteller seinen Wohnsitz und den Sitz seines Betriebs in die Gemeinde Z in Niedersachsen, die zum Bezirk des Finanzamts E (FA E) gehört. Daraufhin übernahm das FA E die Zuständigkeit für die Besteuerung des Antragstellers in Sachen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag.
- 5
-
Mit jeweils gesondertem Beschluss vom 17. Oktober 2013 erklärte sich das FG B für die drei genannten AdV-Verfahren unzuständig und verwies diese Verfahren an das Niedersächsische Finanzgericht (FG N). Das FG N entschied mit Beschlüssen vom 3. Februar 2014 und vom 17. November 2014 über die AdV-Anträge wegen Umsatz- und Einkommensteuer.
- 6
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Mit Schreiben vom 13. November 2014 forderte das FG N das FG B auf, seinen Verweisungsbeschluss für das AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuermessbeträge, Gewerbesteuer und Zinsen zur Gewerbesteuer 2001 bis 2008 zu überprüfen und aufzuheben. In diesem Schreiben führte das FG N u.a. aus, die Beteiligten seien --anders als in den AdV-Verfahren wegen Einkommen- und Umsatzsteuer-- vor der Verweisung nicht gehört worden. Das FG B äußerte sich zu diesem Schreiben nicht.
- 7
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Nachdem das FA E mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2014 die Einsprüche des Antragstellers gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2008, die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2008 und die Gewerbesteuermessbescheide 2001 bis 2008 als unbegründet zurückgewiesen und der Antragsteller hiergegen beim FG N Klage erhoben hatte, entschied das FG N mit Beschluss vom 20. Januar 2015 auch über die Aussetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2001 bis 2008.
- 8
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Mit Beschluss vom 3. März 2015 hat sich das FG N für das verbliebene AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen für unzuständig erklärt und den Bundesfinanzhof (BFH) angerufen, um das örtlich zuständige Gericht zu bestimmen. Mit Schreiben vom 25. März 2015 hat der Antragsteller gegenüber dem FG N erklärt, dass er seinen AdV-Antrag in dieser Sache zurücknimmt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Anrufung des BFH ist zulässig. Sie führt zur Bestimmung des FG B als dem in der Sache zuständigen Gericht.
- 10
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1. Die Bestimmung des zuständigen FG durch den BFH ist gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dann zulässig, wenn verschiedene FG, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
- 11
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a) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Das FG B hat sich in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2013 u.a. für das AdV-Verfahren wegen Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen für unzuständig erklärt. Ebenso hat sich das FG N mit Beschluss vom 3. März 2015 für dieses AdV-Verfahren für unzuständig erklärt. Beide Beschlüsse sind unanfechtbar (§ 70 Satz 2 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--). Zudem ist eines der beiden FG für den Rechtsstreit zuständig.
- 12
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b) Das Bestimmungsverfahren nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist nicht deshalb unzulässig, weil der Antragsteller mit Schreiben vom 25. März 2015 gegenüber dem FG N die Rücknahme seines AdV-Antrags erklärt hat oder deshalb, weil für die Durchführung dieses Verfahrens ggf. kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
- 13
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Das Bestimmungsverfahren dient allein dazu, die Zuständigkeit eines erkennenden Gerichts für ein noch nicht abgeschlossenes gerichtliches Verfahren zu begründen (vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 39 FGO Rz 133; Beschluss des Bayerischen Obersten Landgerichts vom 31. Januar 1996 1Z AR 5/96, BayObLGZ 1996, 14, unter II.1.), das dann seinerseits alle prozessualen und materiellen Voraussetzungen des gerichtlichen Verfahrens prüft (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1987 I ARZ 650/86, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport 1987, 757; Steinhauff in HHSp, § 39 FGO Rz 151).
- 14
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Das hier verbliebene AdV-Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Rücknahme eines AdV-Antrags führt zwar dazu, dass das Verfahren als nicht anhängig gewesen gilt (Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz 937); insoweit besitzt der vom zuständigen Gericht zu erlassende Einstellungsbeschluss (§ 72 Abs. 2 Satz 2 FGO analog) nur deklaratorische Bedeutung. Allerdings kommt diese verfahrensbeendende Wirkung nur einer wirksamen Rücknahmeerklärung zu. Insbesondere diese Prüfung bleibt dem zuständigen Gericht vorbehalten.
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Aus dem gleichen Grund ist es unerheblich, dass dem verbliebenen AdV-Verfahren ggf. das Rechtsschutzbedürfnis deshalb fehlen könnte, weil die Gewerbesteuerbescheide im Verhältnis zu den Gewerbesteuermessbetragsbescheiden und die Zinsbescheide im Verhältnis zu den betreffenden Steuerbescheiden Folgebescheide sind (vgl. BFH-Beschluss vom 22. April 1998 IV B 66/97, BFH/NV 1998, 1520, unter 1.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 36). Auch diese Prüfung ist, sollte es hierauf noch ankommen, vom zuständigen Gericht vorzunehmen.
- 16
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2. Für die Entscheidung über das verbliebene AdV-Verfahren ist das FG B örtlich zuständig.
- 17
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a) Grundsätzlich ist ein Beschluss, durch den der Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen wird, gemäß § 70 Satz 2 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend. Dies hat regelmäßig zur Folge, dass das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, an den Verweisungsbeschluss gebunden ist und auch dem BFH in einem solchen Fall eine eigenständige Prüfung verwehrt ist, welches FG tatsächlich zuständig ist. Diesem Beschluss kommt jedoch insbesondere dann keine Bindungswirkung zu, wenn er auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber den Verfahrensbeteiligten beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2009 X S 42/08, BFH/NV 2009, 780, unter II.2.a).
- 18
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So verhält es sich hier. Das FG B hat den Rechtsstreit an das FG N verwiesen, ohne zuvor die Verfahrensbeteiligten hierzu anzuhören. Den dem Senat vorliegenden Akten ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass das FG B den Beteiligten des verbliebenen AdV-Verfahrens Gelegenheit gegeben hat, zu der beabsichtigten Verweisung Stellung zu nehmen. Dass das FG B den Beteiligten in den anderen AdV-Verfahren wegen Einkommen- und Umsatzsteuer vor der Verweisung rechtliches Gehör gewährt hat, ändert hieran nichts; nach § 70 Satz 2 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG hat die Anhörung für jedes zu verweisende Verfahren zu erfolgen.
- 19
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b) Die somit dem Senat eröffnete Überprüfungsmöglichkeit führt zu dem Ergebnis, dass das FG B örtlich zuständig ist.
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aa) Für die Bestimmung der Zuständigkeit des Gerichts kommt es auf die Umstände im Zeitpunkt der Antragstellung an (Steinhauff in HHSp, § 38 FGO Rz 45).
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Danach ist das FG B örtlich zuständig, und zwar unabhängig davon, ob sich die örtliche Zuständigkeit im AdV-Verfahren nach § 38 Abs. 1 FGO analog (so Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 38 Rz 2; Steinhauff in HHSp, § 38 FGO Rz 12; so wohl auch Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 38 FGO Rz 1) oder nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO (so Dumke in Schwarz/Pahlke, FGO, § 38 Rz 1a; so wohl auch von Beckerath in Beermann/Gosch, FGO § 38 Rz 3) beurteilt (dies ebenso offen lassend BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 780, unter II.2.b bb).
- 22
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Geht man von einer analogen Anwendung des § 38 Abs. 1 FGO aus, ist das FG örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche sich der Antrag richtet, ihren Sitz hat. Da der Antragsteller seinen AdV-Antrag gegen das FA D gerichtet hat und dieses seinen Sitz offensichtlich im Bezirk des FG B hat, wäre hiernach das FG B zuständig. Wendet man hingegen § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO an, ist örtlich zuständig das Gericht der Hauptsache. Wird der gerichtliche AdV-Antrag --wie hier-- vor der Klageerhebung eingereicht, ist Gericht der Hauptsache dasjenige, das über die zugrundeliegende Klage zu entscheiden hätte (vgl. Gosch in Beermann/Gosch, FGO § 69 Rz 247). Dies wäre hier im Zeitpunkt der Antragstellung ebenfalls das FG B gewesen.
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bb) Nach § 70 Satz 1 FGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG wird die örtliche Zuständigkeit des FG durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt (sog. perpetuatio fori; vgl. BFH-Urteil vom 25. Januar 2005 I R 87/04, BFHE 209, 9, BStBl II 2005, 575, unter II.2.c aa; Senatsbeschluss vom 26. November 2009 III B 10/08, BFH/NV 2010, 658, Rz 11; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 70 FGO Rz 4). Das FG B wäre daher --vorbehaltlich der Ausführungen unter dd-- selbst dann zuständig geblieben, wenn das FA E infolge einer Änderung der hierfür maßgeblichen Umstände für die Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen zuständig geworden wäre.
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Abgesehen davon ist die diesbezügliche Zuständigkeit beim FA D verblieben. Die Zuständigkeit des FA D ergab sich aus § 22 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), weil Bremen die Zuständigkeit für die Verwaltung der Gewerbesteuer nicht nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes den Gemeinden übertragen hat, sondern dort die Landesfinanzbehörden zuständig sind (vgl. § 2 des Bremischen Abgabengesetzes vom 15. Mai 1962, Bremisches Gesetzblatt 1962, 139; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 22 Rz 20 f.). Danach ist das FA zuständig, zu dessen Bezirk die hebeberechtigte Gemeinde gehört (§ 22 Abs. 2 Satz 1 AO) bzw. für den Fall, dass die hebeberechtigte Gemeinde zu mehreren Finanzamtsbezirken gehört, das Betriebsfinanzamt (§ 22 Abs. 2 Satz 2 AO).
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Diese Zuständigkeit ist nicht nach § 26 AO auf eine andere Finanzbehörde übergegangen. § 26 AO gilt für den Übergang der örtlichen Zuständigkeit zwischen Finanzbehörden durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände, nicht aber für den Fall, dass sich die sachliche Zuständigkeit ändert (so im Ergebnis auch Sunder-Plassmann in HHSp, § 26 AO Rz 12; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 22 Rz 20 f.; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 26 AO Rz 2; König/Wünsch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 16 Rz 12, § 26 Rz 7). Sollte daher der Antragsteller im Zuge seines Wechsels nach Niedersachsen auch seinen Betrieb (Betriebsstätte) in eine andere Gemeinde in Niedersachsen verlegt haben, wäre die Zuständigkeit für die Gewerbesteuer (gebietsgebundene Steuer) auf die in Niedersachsen belegene hebeberechtigte Gemeinde übergegangen (vgl. § 1 des Gesetzes zur Übertragung der Festsetzung und Erhebung der Realsteuern auf die hebeberechtigten Gemeinden vom 22. Dezember 1981, Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1981, 423). Damit hätte sich --unabhängig davon, ob es überhaupt eine verbandsmäßige Zuständigkeit gibt (vgl. dazu Sunder-Plassmann in HHSp, Vor §§ 16-29 AO Rz 11)-- jedenfalls auch die sachliche Zuständigkeit geändert.
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Im Übrigen ist im Streitfall kein Zuständigkeitswechsel für die bereits abgelaufenen Erhebungszeiträume 2001 bis 2008 eingetreten. Für stehende Gewerbebetriebe legt § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) als hebeberechtigte Gemeinde diejenige fest, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung dieses Gewerbes unterhalten wird (sog. gebietsgebundene Steuer; Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 4 Rz 1; Blümich/Gosch, § 4 GewStG Rz 5). Zudem ergibt sich aus § 28 Abs. 1 Satz 2 GewStG, dass diese Hebeberechtigung nicht dadurch entfällt, dass die Betriebsstätte nach Ablauf des Erhebungszeitraums in eine andere Gemeinde verlegt wird.
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Nach alledem ist das FA D für die Gewerbesteuer 2001 bis 2008 nebst Zinsen zuständig geblieben.
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cc) Die Ausführungen des FG B in seinem Verweisungsbeschluss vom 17. Oktober 2013 führen zu keinem anderen Ergebnis. Diese Ausführungen betreffen ebenso wie der dort zitierte Beschluss des FG Münster vom 9. Juli 2009 5 V 902/09 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1663) nicht die Frage, welches FG in einem AdV-Verfahren örtlich zuständig ist, sondern die Frage, welches FA in einem gerichtlichen AdV-Verfahren der richtige Antragsgegner und damit passivlegitimiert ist.
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dd) Die einmal begründete örtliche Gerichtszuständigkeit besteht allerdings nur fort, solange keine Änderung des Streitgegenstands des betreffenden Verfahrens eintritt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 9, BStBl II 2005, 575, unter II.2.c bb; Schallmoser in HHSp, § 70 FGO Rz 13). Im Streitfall ergibt sich aber auch unter diesem Gesichtspunkt keine andere Gerichtszuständigkeit.
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Eine zu einem gerichtlichen Zuständigkeitswechsel führende Änderung des Streitgegenstandes nimmt der BFH insbesondere dann an, wenn während des gerichtlichen Verfahrens von einem anderen als dem bisher beklagten FA ein Änderungsbescheid erlassen wird, der nach § 68 FGO Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens wird (BFH-Beschluss vom 9. November 2004 V S 21/04, BFHE 207, 511, BStBl II 2005, 101, unter II.). Im Streitfall ist aber weder vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, dass ein solcher Fall eingetreten ist.
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Ebenso ist weder vorgetragen noch sonst aus den dem Senat vorliegenden Akten erkennbar, dass der Antragsteller seinen Antrag in dem verbliebenen AdV-Verfahren auf das FA E als Antragsgegner umgestellt und hierdurch eine Änderung des Streitgegenstandes vorgenommen hat. Insbesondere ist eine derartige Antragsänderung nicht schon darin zu sehen, dass der Antragsteller in seiner Antragsrücknahme vom 25. März 2015 den Rechtsstreit unter Nennung des FA E bezeichnet hat. Dies deutet vielmehr auf eine bloße Wiederholung der im Verweisungsbeschluss des FG B vom 17. Oktober 2013 genannten Verfahrensbeteiligten hin.
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3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 780, unter II.3.).
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung
- 1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert, - 2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, - 3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen, - 4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und - 5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.
(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
(1) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Immissions- und Emissionswerten einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.
(1a) Über die Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union hinaus kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festlegung von Immissionswerten für weitere Schadstoffe einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.
(2) Die in Rechtsverordnungen nach Absatz 1 festgelegten Maßnahmen sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen; soweit planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen sind, haben die zuständigen Planungsträger zu befinden, ob und inwieweit Planungen in Betracht zu ziehen sind.
(3) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates in Rechtsverordnungen von Behörden zu erfüllende Pflichten begründen und ihnen Befugnisse zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einräumen, soweit diese für die Beurteilung und Kontrolle der in den Beschlüssen gestellten Anforderungen erforderlich sind.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
(1) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Immissions- und Emissionswerten einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.
(1a) Über die Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union hinaus kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Festlegung von Immissionswerten für weitere Schadstoffe einschließlich der Verfahren zur Ermittlung sowie Maßnahmen zur Einhaltung dieser Werte und zur Überwachung und Messung erlassen. In den Rechtsverordnungen kann auch geregelt werden, wie die Bevölkerung zu unterrichten ist.
(2) Die in Rechtsverordnungen nach Absatz 1 festgelegten Maßnahmen sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen; soweit planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen sind, haben die zuständigen Planungsträger zu befinden, ob und inwieweit Planungen in Betracht zu ziehen sind.
(3) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates in Rechtsverordnungen von Behörden zu erfüllende Pflichten begründen und ihnen Befugnisse zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einräumen, soweit diese für die Beurteilung und Kontrolle der in den Beschlüssen gestellten Anforderungen erforderlich sind.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.
- 2
Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.
- 3
Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:
- 5
Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.
- 6
In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.
- 7
Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.
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Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.
- 9
Die Klägerin beantragt,
- 10
die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
- 11
Die Beklagte beantragt,
- 12
die Klage abzuweisen.
- 13
Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.
- 14
Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.
- 15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
- 16
Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.
- 17
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.
- 18
Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).
- 19
II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
- 21
Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).
- 22
1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.
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Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.
- 24
Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.
- 25
2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.
- 26
Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.
- 27
Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
- 28
Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
- 29
Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.
- 30
Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.
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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).
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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
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Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.
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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.
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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).
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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.
- 37
Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).
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Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
- 40
b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.
- 41
Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.
- 42
In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.
- 43
Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.
- 44
Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).
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Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.
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Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).
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Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.
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Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018
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Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.
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Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.
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Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:
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Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.
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In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.
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Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.
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Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.
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Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.
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I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.
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Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).
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II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
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Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).
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1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.
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Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.
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Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.
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2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.
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Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.
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Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
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Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
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Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.
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Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.
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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).
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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
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Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.
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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.
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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).
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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.
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Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).
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Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
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b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.
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Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.
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In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.
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Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.
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Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).
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Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.
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Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).
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Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.
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Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018
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Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.
- 2
Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.
- 3
Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:
- 5
Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.
- 6
In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.
- 7
Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.
- 8
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.
- 9
Die Klägerin beantragt,
- 10
die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
- 11
Die Beklagte beantragt,
- 12
die Klage abzuweisen.
- 13
Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.
- 14
Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.
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I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.
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Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).
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II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
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Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).
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1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.
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Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.
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Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.
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2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.
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Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.
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Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
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Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
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Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.
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Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.
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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).
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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
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Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.
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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.
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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).
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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.
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Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).
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Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
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b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.
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Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.
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In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.
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Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.
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Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).
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Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.
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Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).
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Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.
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Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018
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Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.
- 2
Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.
- 3
Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:
- 5
Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.
- 6
In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.
- 7
Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.
- 8
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.
- 9
Die Klägerin beantragt,
- 10
die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
- 11
Die Beklagte beantragt,
- 12
die Klage abzuweisen.
- 13
Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.
- 14
Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.
- 15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
- 16
Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.
- 17
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.
- 18
Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).
- 19
II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
- 20
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
- 21
Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).
- 22
1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.
- 23
Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.
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Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.
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2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.
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Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.
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Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
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Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
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Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.
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Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.
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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).
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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
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Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.
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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.
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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).
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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.
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Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).
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Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
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b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.
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Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.
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In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.
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Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.
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Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).
- 45
Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.
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Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).
- 47
Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.
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Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.
- 50
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 51
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
- 52
Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018
- 53
Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde des Klägers eingestellt.
II. Auf die Beschwerde des Beklagten hin erhält die Nummer I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 folgende Fassung:
„1. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen zugänglich macht, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird.
2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.
3. Dem Beklagten wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. Platz greifen sollen, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird.“%2. Im Übrigen werden der Vollstreckungsantrag des Klägers und die Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen.%2. Unter Abänderung der Nummer II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 fallen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug zu zwei Fünfteln dem Kläger, zu drei Fünfteln dem Beklagten zur Last. Die Beigeladene trägt ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene zu je einem Viertel zu tragen. Dem Kläger fallen ferner jeweils die Hälfte der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zur Last. Diese Beteiligten haben ihrerseits je ein Viertel der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Gründe
I.
LÜB - Stationen |
Jahresmittel 2010 µg/m³ |
Jahresmittel 2011 µg/m³ |
Jahresmittel 2012 µg/m³ |
Jahresmittel 2013 µg/m³ |
Anzahl der Überschreitungen*) 2010 |
Anzahl der Überschreitungen*) 2011 |
Anzahl der Überschreitungen*) 2012 |
Anzahl der Überschreitungen*) 2013 |
Stachus |
32 |
31 |
26 |
26 |
47 |
35 |
[11] 14 |
[17] 19 |
Landshuter Allee |
38 |
36 |
29 |
31 |
65 |
48 |
[17] 27 |
[30] 39 |
Prinzregenten Straße |
28 |
25 |
- |
- |
31 |
17 |
- |
- |
Johanneskirchen |
22 |
21 |
16 |
18 |
23 |
9 |
4 |
8 |
Loth Straße |
24 |
22 |
18 |
20 |
27 |
11 |
5 |
11 |
LÜB - Stationen |
Jahresmittel 2010 µg/m³ |
Jahresmittel 2011 µg/m³ |
Jahresmittel 2012 µg/m³ |
Jahresmittel 2013 µg/m³ |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2010 |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2011 |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2012 |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2013 |
Stachus |
74 |
76 |
60 |
64 |
8 |
6 |
1 |
0 |
Landshuter Allee |
99 |
85 |
81 |
81 |
192 |
50 |
27 |
50 |
Prinzregenten Straße |
68 |
61 |
- |
- |
8 |
7 |
- |
- |
Johanneskirchen |
28 |
23 |
22 |
22 |
0 |
0 |
0 |
0 |
Loth Straße |
35 |
33 |
31 |
31 |
2 |
2 |
0 |
0 |
Moosach |
39 |
39 |
35 |
- |
2 |
2 |
0 |
- |
LÜB-Stationen |
Jahresmittel [µg/m³] |
Anzahl der Überschreitungen beim Tagesmittelwert |
LandshuterAllee |
27 |
[16] 17 |
Stachus |
23 |
[13] 14 |
Loth Straße |
18 |
8 |
Johanneskirchen |
16 |
6 |
LÜB-Stationen |
Jahresmittel [µg/m³[ |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h-Mittelwert |
LandshuterAllee |
83 |
24 |
Stachus |
62 |
0 |
Loth Straße |
31 |
0 |
Johanneskirchen |
22 |
0 |
„einschneidendere“ als die in der vierten Fortschreibung erwähnten Maßnahmen - insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone - zu prüfen und sie ggf. in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Verlangt werde mithin ein Katalog an wirksamen Maßnahmen, die geeignet seien, die Grenzwerte so schnell wie möglich - nach den Entscheidungsgründen vor 2015 bzw. 2020 - einzuhalten.
II.
LÜB-Station |
lokaler Verkehr |
verkehrsbedingteHintergrundbelas- tung aus dem städtischen Raum |
von genehmigungsbedürf- tigen Anlagen ausdem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung |
von nichtgenehmigungsbe- dürftigen Anlagen aus dem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung |
sonstige Einflüsseauf die ausdem städtischen Raum stammende Hintergrundbelas- tung |
regionale Hintergrund- Belastung |
Stachus |
51,0 |
22,5 |
0,5 |
2,7 |
0,0 |
23,2 |
Landshuter Allee |
67,8 |
13,3 |
0,3 |
1,7 |
0,0 |
16,9 |
Johanneskirchen |
0,0 |
33,3 |
1,1 |
5,1 |
0,0 |
60,6 |
Loth Straße |
11,4 |
37,2 |
1,1 |
4,7 |
0,0 |
45,6 |
dass auch die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen dieser Bindung unterliegen, da - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden.
Dr. Schenk Demling Ertl
(1) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde beschränkt oder verbietet den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 dies vorsehen. Die Straßenverkehrsbehörde kann im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Behörde Ausnahmen von Verboten oder Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs zulassen, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern.
(2) Die zuständige Straßenverkehrsbehörde kann den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften auf bestimmten Straßen oder in bestimmten Gebieten verbieten oder beschränken, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerten beiträgt und soweit die für den Immissionsschutz zuständige Behörde dies im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse für geboten hält, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu vermindern oder deren Entstehen zu vermeiden. Hierbei sind die Verkehrsbedürfnisse und die städtebaulichen Belange zu berücksichtigen. § 47 Absatz 6 Satz 1 bleibt unberührt.
(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln, dass Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, sowie die hierfür maßgebenden Kriterien und die amtliche Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge festzulegen. Die Verordnung kann auch regeln, dass bestimmte Fahrten oder Personen ausgenommen sind oder ausgenommen werden können, wenn das Wohl der Allgemeinheit oder unaufschiebbare und überwiegende Interessen des Einzelnen dies erfordern.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.
(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleitung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger und nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltschutzverband. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen.
- 2
Für das Stadtgebiet der Beklagten wurde durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz im Jahr 2005 erstmals ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt. Dieser Luftreinhalte- und Aktionsplan wurde in der Folgezeit – auch in Bezug auf Stickstoffdioxidimmissionen – mehrfach fortgeschrieben. Aktuell gilt die von der Beklagten im März 2017 erstellte 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz für den Zeitraum 2016 bis 2020.
- 3
Nach den Messungen des Landesamtes für Umwelt wurde der seit 1. Januar 2010 geltende, über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an mehreren Messstellen im Innenstadtgebiet überschritten. Insoweit ist von folgenden Messergebnissen an den Messstationen im Stadtgebiet der Beklagten auszugehen:
- 5
Mit einer Grenzwert-Überschreitung ist jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Die Überschreitungen führt die Beklagte im Wesentlichen auf eine Veränderung der lokalen Zusatzbelastung durch den Straßenverkehr infolge einer Zunahme von Dieselfahrzeugen zurück.
- 6
In die Fortschreibung 2016 bis 2020 des Luftreinhalteplans nahm die Beklagte über die in den vorangegangenen Fassungen des Luftreinhalteplans getroffenen Maßnahmen hinaus u.a. den Austausch der alten Taxi-Dieselflotte gegen Taxis mit schadstoffarmem Antrieb, den Ausbau des Radwegenetzes und der Radabstellkapazitäten, die Verbesserung der Fußgängerinfrastruktur, die Förderung der Elektromobilität, die Inbetriebnahme weiterer Straßenbahnlinien, die Anschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen mit emissionsarmen oder emissionsfreien Abgasstandards, die Optimierung der Verkehrssteuerung bzw. die Entwicklung eines P+R-Konzepts als Maßnahmen auf kommunaler Ebene auf.
- 7
Bereits am 30. November 2011 hat die Klägerin – zunächst gerichtet gegen das Land Rheinland-Pfalz – Klage erhoben (3 K 1668/11.MZ). Nach Wechsel der Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung zum 1. Januar 2012 ging die Klage im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels auf die Beklagte über.
- 8
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor, der seit 1. Januar 2010 verbindliche, über ein Kalenderjahr zu mittelnde Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ werde im Stadtgebiet der Beklagten ausweislich der Ergebnisse der Messstationen nicht eingehalten. Auch die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für den Zeitraum 2016 bis 2020 enthalte nicht die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um den Zeitraum der Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten; vielmehr gehe die Fortschreibung selbst davon aus, dass eine signifikante Minderung der Stickstoffdioxidimmissionen erst ab einem Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6, mithin erst ab 2025 zu erwarten sei. Vor diesem Hintergrund müsse die Beklagte die Möglichkeit von Verkehrsbeschränkungen insbesondere für ältere Diesel-Pkw in Betracht ziehen. So komme auch ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich in von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen eine Verbesserung der Situation durch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens erreichen lasse. Verkehrsverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge – etwa strecken- oder zonenbezogen – seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der Umstand, dass in der Zwischenzeit die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet zurückgegangen sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte von der Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung befreit sei. So sei auch noch 2017 an zwei Messstellen (Parcusstraße, Große Langgasse) der über ein Kalenderjahr gemittelte Grenzwert von 40 µg/m³ überschritten worden. Außerdem zeige die Auswertung von Passivsammlern des Landesamtes für Umwelt, dass auch an anderen Stellen im Stadtgebiet der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – teilweise sogar mit steigender Tendenz – deutlich überschritten werde. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich einen Green City Plan Mainz – Masterplan M³ aufgestellt habe, der Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen vorsehe, sei nicht ersichtlich, dass die dort genannten Maßnahmen geeignet seien, damit spätestens im Jahr 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten. Hinsichtlich der als Maßnahme vorgesehenen Nachrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs mit SCR-Filtern könne nicht als gesichert angesehen werden, dass diese in dem von der Beklagten vorgesehenen Zeitfenster durchführbar sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass es an der Messstelle Parcusstraße gegenüber dem 2017 gemessenen, über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwert für Stickstoffdioxid (48 µg/m³) für 2018 zu einem Rückgang der Immissionen auf 46 µg/m³ komme. Vielmehr ließen neuere Auswertungen sogar auf einen Anstieg des NO2-Werts an dieser Messstation schließen.
- 9
Die Klägerin beantragt,
- 10
die Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan für Mainz so fortzuschreiben, dass dieser unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
- 11
Die Beklagte beantragt,
- 12
die Klage abzuweisen.
- 13
Sie trägt vor, bereits die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2011 bis 2015 habe zu einer Reduzierung des Kfz-Binnenverkehrs und zu einer Erhöhung der Fahrrad- sowie der ÖPNV-Nutzung geführt. Darüber hinaus enthalte die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 weitere Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung. Die Festsetzung eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge im Innenstadtgebiet sei nicht erforderlich. Die in dem Ende Juli 2018 verabschiedeten Green City Plan Mainz – Masterplan M³ vorgesehenen Maßnahmen führten bis Ende 2019 zu einer Stickstoffdioxidreduzierung von 7 – 8 µg/m³ und bis Juni 2020 sogar zu einer Reduzierung von 9 – 10 µg/m³. Diese Werte seien auf der Grundlage eines konservativen Ansatzes ermittelt worden. Die in dem Masterplan M³ berücksichtigten Maßnahmen, die vollumfänglich Bestandteil der aktuell laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 bis 2020 würden, seien geeignet, die Stickstoffdioxidimmissionen in dem genannten Umfang und Zeitraum zu reduzieren. Dies gelte im Besonderen für die beabsichtigte Nachrüstung der Busflotte mit SCR-Filtern. Hierfür sei am 20. September 2018 die Auftragsvergabe erfolgt; die Umrüstung solle nach Angaben des Herstellers bis zum 14. Dezember 2018 erfolgen. Zudem werde die Beschaffung von 23 Dieselbussen der Abgasnorm Euro 6 auf das Jahr 2018 vorgezogen; 2019 würden jeweils 4 Batterie- und 4 Brennstoffzellenbusse angeschafft. Von Belang sei ferner, dass infolge des Umbaus der Großen Langgasse und der damit verbundenen Verkehrsberuhigung eine Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid dort nicht mehr zu erwarten sei; die dort vorhandene Messstation sei abgebaut worden. Auch an der Messstation Parcusstraße sei für das Jahr 2018 relativ sicher mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidimmissionen auf einen Wert von 46 µg/m³ auszugehen, weshalb angesichts der prognostizierten Stickstoffdioxidreduzierung infolge der geplanten kurzfristigen Maßnahmen der Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ Ende 2019 eingehalten werden könne, ohne dass es eines Verkehrsverbots bedürfe. Soweit an Passivsammlern ebenfalls den Wert von 40 µg/m³ überschreitende Messergebnisse aufgetreten seien, handele es sich hierbei lediglich um orientierende Messungen mit einer Unsicherheit von bis zu 25 %. Diese Messwerte würden vom Landesamt für Umwelt nicht zur Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz verwendet und auch nicht an das Bundesumweltamt bzw. die Europäische Union weitergeleitet. Abzustellen sei allein auf das Ergebnis der ortsfesten Messungen, mithin der Messstationen. Überdies seien in der zwischenzeitlich begonnenen Fortschreibung des Luftreinhalteplans weitere, nicht im Masterplan enthaltene Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirkenden Materialen, die Sperrung der Rheinschiene für den Lkw-Durchgangsverkehr oder eine Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße und der Kaiserstraße vorgesehen, die ebenfalls zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxidimmissionen führten. Ein Verkehrsverbot sei überdies unverhältnismäßig und auch in der Umsetzung mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. So sei in Mainz bei einem Anteil an Diesel-Pkw von knapp 35 % eine extrem hohe Anzahl von Fahrzeugen betroffen. Gegen die Einführung eines Verkehrsverbots – welches aufgrund der in der Umgebung der Messstation Parcusstraße vergleichbar hohen Stickstoffdioxidbelastung wohl nur zonenweise in Betracht komme – sprächen erhebliche Vollzugsdefizite bei der Überwachung. Da eine auf der Grundlage der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz mögliche Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen („blaue Plakette“) politisch nicht durchsetzbar sei, sei eine wirksame Kontrolle verkehrsbeschränkender Maßnahmen kaum praktikabel.
- 14
Aufgrund von Kammerbeschlüssen vom 4. Juni 2012, 13. März 2014 und 14. Februar 2017 hat das Klageverfahren – zuletzt bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 7 C 26.16 über die Sprungrevision gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. September 2016 (3 K 7695/15) – geruht.
- 15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die Fortschreibungen des Luftreinhalteplans der Beklagten für die Zeiträume 2011 bis 2015 und 2016 bis 2020 sowie der Green City Plan Mainz – Masterplan M³ der Beklagten (Stand: 31. Juli 2018) – jeweils einschließlich der Verwaltungsvorgänge – lagen der Kammer vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
- 16
Die Klage hat Erfolg. Die Klägerin kann die Fortschreibung des Luftreinhalteplans der beklagten Stadt Mainz in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen.
- 17
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht auch das für die Entscheidung über den Rechtsstreit instanziell zuständige Gericht. Die zum 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Änderungen des Umweltrechtbehelfsgesetzes (UmwRG) für Klagen gegen Luftreinhaltepläne oder deren Unterlassen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG sowie § 2 Abs. 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung [UVPG] i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG) begründen hier nicht die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Das streitgegenständliche Klageverfahren wurde bereits Ende 2011 und damit vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig. Nach dem auch im Verwaltungsprozessrecht geltenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955 – I A 2.55 –, BVerwGE 2, 43 = juris Rn. 8), nunmehr in § 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – normierten Grundsatz der „perpetuatio fori“ wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine während der Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände – insbesondere eine nachträgliche gesetzliche Änderung der Zuständigkeit – nicht berührt. Es bedarf (umgekehrt) einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Normierung, wenn in Fällen einer gesetzlichen Änderung der Zuständigkeit von dem Grundsatz der „perpetuatio fori“ abgewichen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1955, a.a.O. = juris Rn. 12). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausweislich der hier einschlägigen Gesetzesmaterialien keinen Gebrauch gemacht.
- 18
Des Weiteren ist die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung steht ihr das Recht zu, einen Anspruch auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans (im Wege der Leistungsklage) gerichtlich durchzusetzen (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, BVerwGE 147, 312 = juris Rn. 38).
- 19
II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans dahingehend, dass dieser bis zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Mainz enthält.
- 20
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 47 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde – dies ist seit dem 1. Januar 2012 die beklagten Kommune (vgl. Nr. 1.5.6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes – ImSchZuVO –) – dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die in dem Luftreinhalteplan zu treffenden Maßnahmen müssen dabei geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
- 21
Die Voraussetzungen für einen auf dieser Rechtsgrundlage bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten liegen vor. Der vorliegend allein in Streit stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten überschritten (1.). Der derzeit geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest und enthält insbesondere keine Maßnahmen, die geeignet sind, den Zeitraum der Einhaltung der Überschreitung des Jahresgrenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten (2.). Der Luftreinhalteplan der Beklagten ist daher so fortzuschreiben, dass er diejenigen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts erwarten lassen; dabei hat die Beklagte auch ein Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen (3.).
- 22
1. Der zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbindliche Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet der Beklagten nicht eingehalten.
- 23
Nach § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV –), bei der es sich um eine Rechtsverordnung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 a BImSchG handelt und die u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (Luftqualitätsrichtlinie) dient, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Dieser Wert entspricht dem im Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG festgelegten und seit 1. Januar 2010 für die Mitgliedsstaaten geltenden Grenzwert für NO2.
- 24
Der hiernach verbindliche Jahresimmissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ wird im Stadtgebiet der Beklagten seit Jahren überschritten, wie die im Tatbestand aufgelisteten Messergebnisse an den in Mainz befindlichen Messstationen des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) des Landsamtes für Umwelt zeigen. Auch wenn die Grenzwertüberschreitungen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit rückläufig sind und zuletzt auch an der Messstation Rheinallee der Stickstoffdioxidgrenzwert eingehalten wird, wurde der Jahresgrenzwert noch im Jahr 2017 an zwei Messstationen im Stadtgebiet überschritten (Große Langgasse 42 µg/m³; Parcusstraße 48 µg/m³). Mit einer deutlichen Überschreitung ist nach den von den Klageparteien vorgelegten Zwischenmessergebnissen jedenfalls für die Parcusstraße auch im Jahr 2018 zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die bestehende Verpflichtung zur Einhaltung des Grenzwerts. Anders dürfte es sich für die Große Langgasse darstellen, die in den laufenden Sanierungsarbeiten als verkehrsberuhigter Bereich und teilweise mit stickstoffdioxidmindernden Baumaterialien ausgebaut werden soll.
- 25
2. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten legt nicht die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften, schnellstmöglichen Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid fest.
- 26
Bei Überschreitung des in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerts für NO2 ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörde, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so zu ändern, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Dabei müssen die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Auf diese Weise werden die für die Mitgliedstaaten verbindlichen Regelungen der Art. 13 Abs. 1 und 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.
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Die für den Erlass des Luftreinhalteplans zuständige Behörde verfügt bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dieser ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, beschränkt durch die normative Vorgabe, dass die festgelegten Maßnahmen es ermöglichen müssen, den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, NVwZ 2018, 890 = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, NVwZ 2018, 883 = juris Rn. 34). Innerhalb dieses Rahmens ist einzelfallbezogen der jeweilige Luftreinhalteplan zu würdigen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu berücksichtigen, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält (vgl. BVerwG, wie vor). Es genügt indes nicht ein etwaiger teilweiser rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der nicht dazu führt, dass der Grenzwert eingehalten wird; denn erst mit Wahrung des Grenzwerts erfüllt der Luftreinhalteplan die gesetzlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32, unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen die auf europäisches Recht zurückgehenden Regelungen des § 47 BImSchG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst ab den Jahren 2020 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2 -Grenzwerts vermissen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 32, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 35). Entsprechendes gilt, wenn die für eine zeitnahe Grenzwerteinhaltung vorgesehenen Maßnahmen von Bedingungen abhängig sind, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können.
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Ausgehend hiervon hat der Umstand, dass der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV normierte Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid – bereits seit dem 1. Januar 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit zwingend einzuhalten (vgl. Anhang XI Buchst. B der Richtlinie 2008/50/EG) – im Stadtgebiet der Beklagten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seit nahezu 9 Jahren und damit in einem erheblichen Zeitraum überschritten wird, besondere Berücksichtigung bei der Bestimmung der „so kurz wie möglich zu haltenden“ Dauer der Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu erfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 31, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 34, unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH; Hofmann, NVwZ 2018, 928, 934: Das schwierige Verhältnis des deutschen Immissionsschutzrechts zum europäischen Luftqualitätsrecht“; Giesberts, NVwZ 2018, 1276, 1277 f.: Diesel-Verkehrsverbote“ ausnahmsweise möglich!). An der zeitlichen Vorgabe muss sich die Planung der Behörde ausrichten; sie ist auch rechtlicher Maßstab für die angesichts des Gestaltungsspielraums der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21/12 –, a.a.O. = juris, Rn. 59). Eine Luftreinhalteplanung genügt ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung des dem Schutz eines Guts von rechtlich hohem Wert dienenden Grenzwerts daher nur dann, wenn sie all diejenigen Maßnahmen umfasst, die eine Einhaltung des hier maßgeblichen Grenzwerts für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ nunmehr wenigstens im bevorstehenden Jahr 2019 erwarten lassen.
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Diesen rechtlichen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan der Beklagten in seiner aktuellen Fassung (4. Fortschreibung 2016 – 2020 „Reduzierung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid“, ABl. Nr. 13 vom 31. März 2017, S. 1) nicht; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch im Kern unstreitig sein. Der Luftreinhalteplan führt in seinem Kapitel 7 zur Erfolgskontrolle selbst aus, dass die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (trotz der bereits durchgeführten Maßnahmen) kurzfristig nicht sichergestellt werden könne; der entscheidende Durchbruch bei der Reduzierung der NO2-Emissionen sei vielmehr erst zu erwarten, wenn die allgemein in Nutzung befindliche Fahrzeugflotte weitgehend aus Dieselfahrzeugen der Euro 6 Abgasnorm bestehe und diese Fahrzeuge die Grenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern im realen Fahrbetrieb einhielten, mithin erst etwa 2025 (vgl. S. 78 der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020). Darüber hinaus listet die geltende Fortschreibung des Luftreinhalteplans überwiegend Maßnahmen auf, deren Minderungspotential in Bezug auf NO2-Emissionen in der Zeit bis 2020 (bis teilweise 2030) wirken soll, so ihre Umsetzung denn überhaupt in der Hand der beklagten Kommune liegt (vgl. S. 75 ff. der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans). Soweit der Plan auch Maßnahmen mit einer zeitlich früheren Wirkung enthält, so ist insoweit festzustellen, dass deren Reduktionspotenzial bislang nicht zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid geführt hat. Letztlich hat die Beklagte aber mit der Aufstellung des Green City Plan Mainz – Masterplan M³ im Juli 2018 und der angekündigten Übernahme der dort beschriebenen Maßnahmen in die im Frühherbst 2018 begonnene weitere Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 27. Juli 2018) selbst zu erkennen gegeben, dass sie die in der geltenden Fassung des Plans aufgenommenen Maßnahmen nicht als ausreichend erachtet, um das Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu erreichen.
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Angesichts der Eindeutigkeit, dass die aktuelle Fassung des Luftreinhalteplans der Beklagten nicht die notwendigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 enthält, bedarf es keiner ins Einzelne gehenden Betrachtung der dort festgeschriebenen Maßnahmen, die nachweislich bislang nicht zur Zielerreichung geführt haben. Für die Verpflichtung hierzu ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Überschreitung des Grenzwerts vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wird oder ob sie auf technischen Schwierigkeiten beruht, auf die die Beklagte nicht unmittelbar einwirken kann. Allenfalls in Fällen höherer Gewalt kann sich die zuständige Behörde auf unüberwindliche Schwierigkeiten für den Zeitraum berufen, der zu deren Ausräumung erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 –, juris Rn. 63 f. m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 29, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 32). Derartige unüberwindliche Schwierigkeiten liegen indes nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass auch moderne Dieselfahrzeuge im Realbetrieb bzw. aufgrund herstellerseitiger Manipulationen deutlich mehr NO2 emittieren als allgemein erwartet bzw. erlaubt.
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3. Der geltende Luftreinhalteplan der Beklagten muss daher so geändert werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen ausweist, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen. Schon wegen des Anpassungsbedarfs hat die Klägerin mit ihrer Klage dem Grunde nach Erfolg. Die von der Beklagten zur Aufnahme in die begonnene Fortschreibung des Plans vorgesehenen weiteren Maßnahmen zur Stickstoffdioxidreduzierung im Stadtgebiet stellen nach Auffassung der Kammer jedoch kein ausreichendes Vorgehen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid im Jahr 2019 dar (a). Die Beklagte muss deshalb in ihren aktuell in Änderung begriffenen Luftreinhalteplan zusätzlich Regelungen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufnehmen (b).
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a) Die Kammer hat Zweifel daran, dass der von der Beklagten wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018), der den Green City Plan Mainz – Masterplan M³ (Stand: 31. Juli 2018) einschließen soll, in seiner Gesamtheit geeignet ist, eine schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwerts zu gewährleisten. Eine – von der Beklagten angenommene – Einhaltung des Immissionsgrenzwerts mit Hilfe der dort genannten Maßnahmen (erst) im Laufe des Jahres 2020 nach dann 10-jähriger Überschreitung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit eingeführten Grenzwerts ist indes zu spät und stellt nicht die gesetzlich geforderte schnellstmögliche Immissionsbegrenzung dar.
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Die Beklagte hat in den vorgenannten Masterplan M³, der als Grundlage für die Einwerbung von Fördermitteln aus dem Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017 – 2020“ nach dem sog. Dieselgipfel 2017 erarbeitet worden ist, ein Bündel von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen aufgenommen, die zu einer Reduzierung der NO2-Emissionen von 7 – 8 µg/m³ im Stadtgebiet bis Ende des Jahres 2019 führen sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018). Als zentrale Elemente der Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen sieht der Masterplan M³ (mit einem Reduktionspotenzial von 4 – 5 µg/m³ für den Innenstadtbereich) die Nachrüstung von insgesamt 97 Bussen der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) mit SCR-Filtern und die Ersatzbeschaffung von 23 Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 6 – beides bis Ende 2018 – sowie die Anschaffung von jeweils 4 Brennstoffzellen- und 4 Batteriebussen im Jahr 2019 vor (Maßnahmen V-2-6 und V-2-7, E-1-1 und E-1-2). Es bestehen Zweifel, ob in diesem eng gesetzten Zeitrahmen eine vollständige Umsetzung insbesondere der noch für das Ende des Jahres 2018 vorgesehenen Maßnahmen realistischerweise erwartet werden kann. Verzögerungen innerhalb eines kleinen Zeitfensters, die in verschiedentlicher Hinsicht denkbar sind (z.B. technische Umrüstschwierigkeiten, Liefer- und Handwerkerengpässe angesichts gestiegener Nachfrage), sind zum Stand der mündlichen Verhandlung nicht auszuschließen. Dies betrifft eine erfolgreiche Umrüstung und Einsatzfähigkeit der 97 Dieselbusse mit SCR-Filtern bis Ende des Jahres 2018. Aber auch hinsichtlich des Erwerbs von (nach Angaben des Geschäftsführers der MVG in der mündlichen Verhandlung zwischenzeitlich bestellten) Batterie- und Brennstoffzellenbussen zum Austausch von Dieselbussen des öffentlichen Personennahverkehrs im Jahr 2019 lässt sich infolge eines engen Marktes und der großen Nachfrage kaum ausschließen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung (der lediglich aus dem Ausland beziehbaren Fahrzeuge) und der anschließenden Inbetriebnahme der Fahrzeuge kommt. So sind zwischenzeitlich Schwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen sofortigen Einsatzbereitschaft von Batteriebussen bei anderen Verkehrsbetrieben bekannt geworden (vgl. etwa Hannoversche Allgemeine vom 6. März 2017: Elektrobusse zeigen noch immer Probleme; Kölnische Rundschau vom 16. Januar 2018: Unzuverlässig – Elektrobusse der Stadtwerke Bonn werden beim Hersteller nachgerüstet); hinzu kommt die notwendige Umschulung des Bedienpersonals.
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Neben den Zweifeln an einer tatsächlich kurzfristig gelingenden Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Umstellung der Dieselbusflotte des öffentlichen Personennahverkehrs der Beklagten bestehen jedoch auch Zweifel an einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts, wie sie die Beklagte mit ihrem Sofort- und Kurzfristmaßnahmenkomplex für Ende des Jahres 2019 erwartet. Ungeachtet eines wegen verzögerter Busumstellung im öffentlichen Personennahverkehr dann ohnehin geringeren Reduktionspotenzials: Die hinsichtlich der gesamten Sofort- und Kurzfristmaßnahmen des Masterplans M³ (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. September 2018) ermittelte Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen von 7 – 8 µg/m³ bis Ende 2019 würde nur sehr knapp die Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ angesichts des für das Jahr 2017 noch ermittelten Werts von 48 µg/m³ erreichen; die für das Jahr 2018 von den Parteien mitgeteilten Werte liegen zwischen 46 und 48,6 µg/m³ und bieten daher ebenfalls keinen Anlass für die Annahme einer grundsätzlich positiveren Ausgangslage. Noch ungünstiger stellt sich die Eignungsprognose nach dem Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans (Stand: Oktober 2018) dar, der bei der Umsetzung der Sofortmaßnahmen nach dem Masterplan von einem zu erwartenden Reduktionspotenzial von lediglich 6 – 7 µg/m³ an der besonders betroffenen Parcusstraße ausgeht (vgl. S. 96 des Entwurfs zur Fortschreibung). Der Masterplan betont selbst in deutlicher Weise, dass das angenommene Reduktionspotenzial nur bei konsequenter Umsetzung des Gesamtkonzepts erreicht werden kann (vgl. nur S. VIII des Masterplans). Daher ist insgesamt die Zielerreichung des verbindlichen Immissionsgrenzwerts auch für Ende des Jahres 2019 – unabhängig von der Frage der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen – als nicht ausreichend realistisch zu bezeichnen, ohne dass das Gericht Zweifeln an den (nach Angaben der Beklagten konservativ ermittelten) Prognosen im Einzelnen nachzugehen hätte.
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Auf die allgemeine Tendenz eines Abwärtstrends der gemessenen Stickstoffdioxidwerte bundesweit kann sich die Beklagte zur Stützung ihres Reduktionspotenzials auf den Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ nicht mit Erfolg berufen. Die Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungen ist jedenfalls dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn entgegenstehende Besonderheiten des Einzelfalls gegeben sind, so wie hier. Der Rückgang von 53 µg/m³ im Jahr 2016 auf 48 µg/m³ im Jahr 2017 in der besonders durch Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Parcusstraße muss nach Auffassung der Kammer auch im Zusammenhang gesehen werden mit den Umbauarbeiten in der Bahnhofstraße im Jahr 2017, die zu einer deutlichen Verringerung des kreuzenden Busverkehrs geführt haben. Deshalb dürfte für 2018 in der Parcusstraße eher wieder ein höherer Immissionsjahreswert im Raum stehen, so wie es auch in den Jahren 2009 bis 2016 gewesen ist (Werte zwischen 53 und 61 µg/m³; Ausnahmefall nach unten war lediglich das Jahr 2017 mit 48 µg/m³). Des Weiteren sind nach den an den Messstationen im Stadtgebiet ermittelten Jahresstickstoffdioxidwerten Anstiege jeweils in den Zeiträumen 2012 bis 2014 zu verzeichnen gewesen, die erst nach und nach wieder unter die früheren Werte gefallen sind. Insgesamt vermag daher der allgemeine Trend der (langsamen) Abnahme von Stickstoffdioxidwerten in den Städten die Zweifel an einer Einhaltung des Jahresgrenzwert im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten nicht grundsätzlich zu beseitigen. Als zu unsicher hinsichtlich seiner Wirkungsbeurteilung auf das Stadtgebiet der Beklagten erscheint auch der Hinweis auf Reduktionspotenziale durch Software-Updates bei Dieselfahrzeugen aufgrund freiwilliger Absprachen mit den Fahrzeugherstellern anlässlich des sog. Dieselgipfels 2017, die derzeit erst in einem etwa hälftigen Umfang von den betroffenen Kraftfahrzeugbesitzern nachgefragt worden sind (vgl. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19. Juli 2018: Diesel-Nachrüstung nur schleppend).
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Soweit darüber hinaus die Beklagte in ihrem Masterplan M³ weitere Sofort- und kurzfristige Maßnahmen vorgesehen hat, die ohnehin nur gemeinsam mit der Umstellung der Busflotte des eigenen öffentlichen Personennahverkehrs die Annahme eines Reduktionspotenzials von 7 – 8 µg/m³ für das Jahr 2019 ergeben können sollen (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2018), bestehen ebenfalls Zweifel an deren tatsächlichen zeitnahen Umsetzbarkeit und Wirkung. Viele dieser Maßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Vernetzung und Elektrifizierung des Verkehrs/öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Umsetzung oder Mitwirkung durch Dritte, insbesondere die Verkehrsteilnehmer angewiesen, um erfolgreich die Reduzierung von Stickstoffdioxidimmissionen erreichen zu können. In weiten Teilen sind sie auf eine Anreizfunktion beschränkt, etwa im Bereich der Maßnahmen zum Radverkehr. Auch insoweit kommt es im Kern auf die Teilnahmebereitschaft der Verkehrsteilnehmer an. Die tatsächliche Annahme dieser Maßnahmen ist daher als insgesamt ungewiss anzusehen und erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen tatsächlich zu einer Verminderung der NO2-Emmissionen noch im Jahr 2019 im Stadtgebiet der Beklagten beitragen können.
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Auch die zuletzt von der Beklagten in den Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) aufgenommenen Maßnahmen wie der Einsatz von Gehwegplatten aus photokatalytisch wirksamen Materialien, die Einführung eines Lkw-Durchfahrverbots auf der Rheinschiene oder die Neugestaltung des Parkraums in der Parcusstraße/Kaiserstraße (vgl. S. 91 des Entwurfs zur Fortschreibung), lassen keine andere belastbare Betrachtung zu. Mit der Listung diese Maßnahmen ist keinerlei Bewertung hinsichtlich des zu erwartenden Reduktionspotenzials an NO2 verbunden, teilweise ist der Zeitpunkt der Umsetzung nicht näher konkretisiert. Die Maßnahmen sind weitgehend auch nicht für die besonders von Stickstoffdioxidimmissionen betroffene Parcusstraße vorgesehen, so dass eine positive Wirkung für das Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts im Stadtgebiet der Beklagten nicht als verlässlich gegeben angesehen werden kann. Nicht zuletzt steht die Maßnahme betreffend das Lkw-Durchfahrtverbot auf der Rheinschiene nicht in der alleinigen Umsetzung durch die Beklagte, sondern hängt vom Einvernehmen des Landesbetriebs Mobilität ab (vgl. S. 92 des Entwurfs der Fortschreibung).
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Kurzfristige signifikante Sondereffekte zur zeitnahen Erreichung des NO2–Grenzwerts lässt auch das von der Bundesregierung am 1. Oktober 2018 beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ (abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/konzept-klarheit-fuer-dieselfahrer.html) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erwarten. Hinsichtlich der Umsetzung dieses Konzepts sind sehr viele Fragen offen. So kann bspw. in zeitlicher Hinsicht nicht abgeschätzt werden, wann die dort genannten Maßnahmen der Hardwarenachrüstung für Dieselfahrzeuge (Kommunalfahrzeuge über 3,5 t und Handwerker- und Lieferfahrzeuge) mit SCR-Filtern umgesetzt werden können. Ebenso unsicher ist, wie sich die Annahmebereitschaft der betroffenen Fahrzeughalter entwickeln wird, u.a. weil die Bundesregierung Fragen der Kostentragung noch nicht mit den Automobilherstellern geklärt hat, die Hardwarenachrüstungen eher skeptisch gegenüberstehen. Die Beklagte zählt auch nicht (jedenfalls derzeit nicht) zu den in dem Konzept genannten 14 (bzw. mittlerweile 15) besonders mit Stickstoffdioxidimmissionen belasteten Städten, in denen bestimmten Dieselfahrzeughaltern zur Vermeidung von Verkehrsbeschränkungen in den Städten die Möglichkeit von Fahrzeugumtauschangeboten oder alternativ Hardwarenachrüstungen eröffnet werden soll. Hier bestehen zahlreiche technische, rechtliche und kostenmäßige Unsicherheiten (u.a. Haftungsfragen), die das Annahmeverhalten der Dieselfahrzeughalter beeinflussen werden. Umfang und zeitlicher Rahmen einer NO2-Reduktion, die sich auch auf das Stadtgebiet der Beklagten positiv auswirken können, können daher derzeit nur als offen bezeichnet werden (so das Umweltbundesamt, vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Oktober 2018: Reicht der Diesel-Plan nicht aus?).
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte zwischenzeitlich insbesondere mit der beabsichtigten Aufnahme von Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan begonnen hat, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die geeignet sind, zur Reduzierung der NO2-Belastung im Stadtgebiet zu führen. Die Gesamtheit der in dem Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2016 – 2020 (Stand: Oktober 2018) einschließlich des integrierten Masterplans M³ gelisteten Vorhaben lässt jedoch nicht ausreichend sicher erwarten, dass (allein) durch sie der Jahresgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ schnellstmöglich bereits im Jahr 2019 eingehalten wird. Hiervon geht die Beklagte selbst aus, wenn sie etwa im Masterplan M³ ausführt, der Grenzwert für NO2 könne (erst) im Jahresmittel 2020 unterschritten werden, unter der Prämisse, dass die in diesem Plan dargelegten Annahmen und Projektionen im Ergebnis zutreffen (vgl. dort S. 72). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass der Jahresgrenzwert für NO2 im Jahr 2019 auch bei planmäßiger Umsetzung der vorgenannten Sofort- und kurzfristigen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann.
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b) Kann danach im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten in dem aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Mainz 2016 – 2020 „Anpassung Stickstoffdioxid“ (Stand: Oktober 2018) und dem darin eingeschlossenen Masterplan M³ aufgeführte Maßnahmenpaket zur Erreichung des Ziels der schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts im Jahr 2019 ausreichend ist, sind die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht ausgeschöpft. Sie wird bei der notwendigen Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans weitere geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts zu prüfen und dabei ein Konzept für Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotoren in den Luftreinhalteplan aufzunehmen haben. Nur auf diese Weise kann sie der seit dem 1. Januar 2010 dem Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Pflicht zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 bei dessen Überschreitung Rechnung tragen.
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Für diese Betrachtung spielt eine maßgebliche Rolle die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, wonach die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Zu den Emittenten von Stickstoffdioxid in Stadtgebieten zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung ebenfalls in den Blick zu nehmen sind, wenn keine anderen, zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts gleich geeigneten Maßnahmen für die Aufnahme in den Luftreinhalteplan zur Verfügung stehen. Letzteres ist vorliegend der Fall, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen: Die Beklagte kann mit den von ihr mit der Änderung ihres Luftreinhalteplans verfolgten (Sofort)Maßnahmen – auch unter Berücksichtigung der von ihr angestrebten Umrüstung der Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs – eine kurzfristige Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid in ihrem Stadtgebiet im Jahr 2019 nicht gewährleisten.
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In der öffentlichen Erörterung, belegt durch Erhebungen in unterschiedlichen Städten, ist mittlerweile anerkannt, dass wichtigster Verursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte der motorisierte Straßenverkehr ist und dass rund vier Fünftel dieses Verkehrsbeitrags von Dieselfahrzeugen stammen (vgl. insoweit nur Bundesumweltamt, Neun Fragen und Antworten zum Diesel, www.umweltbundesamt.de/themen/neun-fragen-antworten-diesel; LAI, Bericht vom 16. Februar 2016 „Handlungsbedarf und -empfehlungen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte“, S. 8 f., www.lai-immissionsschutz.de/documents/handlungs-bedarf_2_1503573109.pdf; vgl. auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten „Stationäre NO2-Messung Parcusstraße Mainz“ des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg vom 27. Juni 2016 (DOAS-Studie) kommt zu vergleichbaren Daten; so wurde festgestellt, dass an der Parcusstraße ungefähr 30 µg/m³ vom lokalen Straßenverkehr verursacht werden (vgl. S. 23 der DOAS-Studie; Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhältnis der verschiedenen Verkehrsträger an den Emissionen). Es steht nach den angesprochenen Erhebungen gleichermaßen fest, dass die allgemeine städtische Schadstoffbelastung („städtischer Hintergrund“) deutlich hinter dem verkehrlichen Anteil zurücksteht (vgl. nur S. 29, 45 des geltenden Luftreinhalteplans der Beklagten). Dieselfahrzeuge sind damit als Hauptemittenten für Stickstoffdioxid in städtischen Bereichen anzusehen. Schon von daher sind solchen Maßnahmen Grenzen gesetzt, die etwa auf die Begrenzung der Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen gerichtet sind; Belastungen durch den internationalen Schiffsverkehr auf dem Rhein sind ebenfalls schwer in den Zeitrahmen den § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG einzugliedern (vgl. zu beiden Gesichtspunkten auch Hofmann, NVwZ 2018, 928, 935). Vor diesem Hintergrund verringert sich der Spielraum der zuständigen Behörde für schnell wirkende Handlungsoptionen deutlich. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG verlangt angesichts des erheblichen Belastungsbeitrags insgesamt und des auf den Verkehr bezogenen Anteils durch Dieselfahrzeuge daher von der Beklagten, auch Maßnahmen für diese Verkehrsgruppe in ihren Luftreinhalteplan aufzunehmen (vgl. zur vorrangigen Heranziehung BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, 894 = juris Rn. 138; VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, juris Rn. 90; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. September 2018 – 4 K 1613/15 –, juris Rn. 97). Hierbei hat die Beklagte als anerkannt wirksamste Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid ein Konzept für Verkehrsverbote von Dieselfahrzeugen in den Luftreinhalteplan einzubeziehen. Dies ist geboten, weil sie nach den obigen Ausführungen derzeit keine anderen gleich effektiven Maßnahmen aufgezeigt hat, die sie umzusetzen bereit ist.
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Die Beklagte wird danach ein Konzept für Verkehrsverbote als Handlungsoption in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu integrieren haben, um dem mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert verfolgten Schutz der menschlichen Gesundheit in ihrem Stadtbereich schnellstmöglich Rechnung zu tragen. Die Pflicht zur Aufnahme in den Luftreinhalteplan ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG deutlich: Die zuständige Behörde hat einen Luftreinhalteplan vorzuhalten, der die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwerts bei dessen Überschreitung festlegt. Dabei hat die Beklagte – ihren Entscheidungsspielraum nutzend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – verschiedene Verkehrsverbotsmöglichkeiten zu erwägen und zu bestimmen, bei der sie auch die Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen berücksichtigen kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 41, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 44). Die Beklagte kann in Abhängigkeit von der Höhe der Grenzwertüberschreitungen einen Verzicht oder eine spätere Einführung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge je nach Abgasnormgruppe oder technischer Nachrüstung festlegen. Der Luftreinhalteplan hat auch insoweit eine Auflistung und Beschreibung aller beabsichtigten Maßnahmen und einen Zeitplan für deren Durchführung einschließlich einer Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität zu enthalten (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Anhang XV A. Nr. 8 der Richtlinie 2008/50/EG). Von der notwendigen Aufnahme von Verkehrsregelungen für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan ist – wie die Vorschrift des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG erkennbar werden lässt – die späterhin tatsächliche Durchsetzung der dort normierten Maßnahmen zu unterscheiden, die nur erforderlich ist, wenn und soweit der Immissionsgrenzwert weiterhin nicht eingehalten wird. Die Umsetzung von im Plan enthaltenen Maßnahmen steht und fällt letztlich mit der Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen. Die normative Verpflichtung, die Überschreitung des Grenzwerts möglichst schnell zu beenden, fordert jedoch eine Bewertung und Aufnahme der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung in den Luftreinhalteplan hier aber schon jetzt. Nur so kann verhindert werden, dass nach – wie hier – langjähriger Überschreitung des Grenzwerts und späterer erneuter Feststellung der Nichteinhaltung die Erreichung des Grenzwerts sich immer weiter in die Zukunft verschiebt. Die Weigerung der Beklagten, Dieselfahrverbote aufzunehmen, würde nämlich bedeuten, dass sie bei Nichterreichen des Grenzwerts mit den nun zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen erneut in die Änderung des Plans mit allen Verfahrensabschnitten nach § 47 Abs. 5 a BImSchG eintreten müsste, um sich dann erst mit Verkehrsverboten auseinanderzusetzen. Die damit verbundene weitere Verzögerung der Zielerreichung ist angesichts der Notwendigkeit der zeitnahen Einhaltung des zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerts und dessen bereits jahrelangem Überschreiten sowie der von § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Berücksichtigung des Verursacherprinzips nicht mehr hinnehmbar.
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Der Aufnahme eines Verkehrsverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan stehen ferner keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Für eine derartige Maßnahme fehlt es insbesondere nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 16 ff., 32 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 19 ff., 36 f.) zwischenzeitlich unter Auseinandersetzung mit den bundes- und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen ausdrücklich klargestellt. Zwar lassen die derzeit geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu ermöglichen, das die schnellstmögliche Einhaltung überschrittener NO2–Grenzwerte fordert, und ihm zur Durchsetzung zu verhelfen, sind die entgegenstehenden Vorschriften der 35. BImSchV entweder unionsrechtskonform auszulegen oder müssen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge entgegenstehen. Ermächtigungsgrundlage für eine solche Maßnahme ist § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Eine Umsetzung von Verkehrsverboten scheitert auch nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Für die Kennzeichnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge kann auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) in Verbindung mit einem geeigneten – neu zu schaffenden – Zusatzzeichen zurückgegriffen werden (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 48 ff., 56, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 51 ff., 57). Vollzugshindernisse, die auf ein normativ angelegtes Defizit zurückgehen, bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Die Vollzugsbehörden sind zur effektiven Kontrolle und konsequenten Durchsetzung eines Verkehrsverbots verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 60 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 61 ff.).
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Die Regelungen über Dieselverkehrsverbote in einem Luftreinhalteplan müssen verhältnismäßig ausgestaltet sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 35 ff., 38, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., 41). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Dieselverkehrsverbote zur Erreichung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid nicht von vornherein unverhältnismäßig, vielmehr muss (lediglich) die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von der für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständigen Behörde eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung des geltenden NO2–Grenzwerts verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeughalter und -nutzer und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind. Dabei unterscheidet diese Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 38 ff., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 41 ff.) zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und die ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinausgehen, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen, und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung, der die Kammer folgt, dahingehend, dass streckenbezogene Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne Übergangsfrist und damit sofort möglich sind. Hinsichtlich zonaler Verkehrsverbote ist zu unterscheiden: Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 5 dürfen ebenfalls ohne Übergangsfrist und damit sofort ausgeschlossen werden. Für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ist – unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ein Verkehrsverbot frühestens ab dem 1. September 2019 möglich. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen, ob und für welche Personengruppen (Gewerbetreibende, Anwohner) bzw. Einzelpersonen Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Auch in diesem Zusammenhang kann sie Übergangsfristen etwa für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 42, und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 45). Die konkrete Ausgestaltung eines Konzepts über Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge im Luftreinhalteplan in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht obliegt der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit selbst.
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Dabei hat die Beklagte aber weiter darauf zu achten, dass aufgrund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen der in Rede stehende Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. September 2018 vorgelegte Listung des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz über Passivsammelmessungen an verschiedenen Straßen im Stadtgebiet legt nahe, dass der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid nicht nur an der Parcusstraße, sondern auch an weiteren Stellen nur knapp erreicht oder gar überschritten wird. Auch diese Umstände hat die Beklagte, die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsträgerin für die Erstellung des Luftreinhalteplan, einzubeziehen, um ihrer Verpflichtung aus § 47 BImSchG und den europarechtlichen Grundlagen für das gesamte Stadtgebiet Genüge zu tun. Dass sie hierbei auf das Beibringen von Messdaten durch das Landesumweltamt angewiesen sein mag, ändert an ihrer Verantwortung für die Luftreinhalteplanung nichts. Der Gesichtspunkt des räumlichen Geltungsbereichs von Verkehrsverboten ist vor dessen Festlegung im Luftreinhalteplan auch mit Blick auf etwaige Verlagerungseffekte von Relevanz. Zwar sind Verkehrsverlagerungen infolge von Verkehrsbeschränkungen nicht generell unzulässig. Weil § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) die Einhaltung des NO2–Grenzwerts verlangt, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aber dann kein geeignetes Mittel zur Einhaltung des Grenzwerts mehr, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des Grenzwerts an anderer Stelle führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 (Düsseldorf) –, a.a.O. = juris Rn. 64 f., und vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 (Stuttgart) –, a.a.O. = juris Rn. 66 f.).
- 47
Auch wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der von der Beklagten in dem laufenden Änderungsverfahren zum Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und sich daher derzeit ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge als effektive Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwerts aufdrängt, steht der Klägerin kein Anspruch auf eine Verurteilung der Beklagten zur Aufnahme dieser bestimmten Maßnahme in den Luftreinhalteplan zu, sondern allein auf eine Verurteilung zu der beantragten Änderung mit dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Im Rahmen ihres Planungsermessens hat die Beklagte noch Feststellungen zu den Fragen, ob ein streckenbezogenes oder ein zonales Verkehrsverbot zur Zielerreichung erforderlich ist, wie der räumliche Geltungsbereich des Verkehrsverbots für den im gesamten Stadtgebiet einzuhaltenden Grenzwerts festzulegen ist, welche Dieselfahrzeuge ab welchem Zeitpunkt von dem Verkehrsverbot erfasst werden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu treffen sind.
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Unter Berücksichtigung vorstehender Maßgaben hat die Beklage den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Hierfür ist eine Frist bis zum 1. April 2019 zu gewähren, d.h. der fortgeschriebene Luftreinhalteplan muss ab diesem Datum wirksam sein. Angesichts der langjährigen Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwerts und der bereits angegangenen Vorbereitung der laufenden Fortschreibung des Luftreinhalteplans hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der zwingenden Verfahrensvorgaben des § 47 BImSchG (insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5 a BImSchG) die ausgesprochene Frist für ausreichend und angemessen.
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Der von der Beklagten unter Einbeziehung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge fortzuschreibende Luftreinhalteplan stellt die Grundlage für die anschließende Durchsetzung der in ihm festgelegten Maßnahmen durch die zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung dar (§ 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG). Die Änderung des Luftreinhalteplans durch die Beklagte verlangt jedoch – wie ausgeführt – noch weiteres Verwaltungshandeln. Ein vergleichbarer zeitlicher Bedarf wird auch für die Umsetzung der in dem geänderten Luftreinhalteplan dann niedergelegten Maßnahmen notwendig sein. Des Weiteren sieht die Kammer das Bestreben der Beklagten, kurzfristig die Busflotte des öffentlichen Personennahverkehrs, auf den an der besonders betroffenen Parcusstraße rund ein Viertel der verkehrlich verursachten Stickstoffdioxidkonzentrationen entfällt (vgl. S. 23 der DOAS-Studie), auf schadstoffärmere Fahrzeuge umzustellen. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagten ein gewisser zeitlicher Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet auch noch im Jahr 2019 zu Gute kommen. Sie wird jedoch spätestens ab dem 1. September 2019 Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge umsetzen müssen, wenn die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid aufgrund anderer schnellwirkender Maßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer (z.B. Umstieg auf öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung schadstoffärmerer Kraftfahrzeuge) im Mittel der ersten 6 Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden kann. Auf die Durchsetzung von Verkehrsverboten kann bei dann ggfls. nur noch geringfügiger Überschreitung des Grenzwerts verzichtet werden, wenn die Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine ebenso effektive, schnellstmöglich wirkende andere Maßnahme im genannten Zeitrahmen zum Einsatz bringt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 51
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
- 52
Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. Oktober 2018
- 53
Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG) Die Kammer orientiert sich an Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57) und nimmt dabei die Obergrenze des dort gezogenen Rahmens an (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 und 7 C 30/17 –).
(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie
- 1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum, - 2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße, - 3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen, - 4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen, - 5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie - 6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.
(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner
- 1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten, - 2.
in Luftkurorten, - 3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung, - 4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen, - 4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes, - 4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden, - 5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie - 6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen
- 1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen, - 2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen, - 2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen, - 3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen, - 4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie - 5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.
(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.
(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.
(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.
(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.
(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.
(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.
(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.
(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.
(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.
(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.
(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.
(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.
(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.
(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.
(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von
- 1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340), - 2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1), - 3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295), - 4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c, - 5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d, - 6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern, - 7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz, - 8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.
(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.
(1) Der Bund bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.
(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(3) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.
(4) Auf Antrag eines Landes kann der Bund die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in Bundesverwaltung übernehmen.
(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.
(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.
(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.
(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.
(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.
(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.
(1) Der Bund bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.
(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(3) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.
(4) Auf Antrag eines Landes kann der Bund die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in Bundesverwaltung übernehmen.
(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie
- 1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum, - 2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße, - 3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen, - 4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen, - 5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie - 6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.
(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner
- 1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten, - 2.
in Luftkurorten, - 3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung, - 4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen, - 4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes, - 4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden, - 5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie - 6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen
- 1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen, - 2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen, - 2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen, - 3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen, - 4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie - 5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.
(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.
(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.
(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.
(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.
(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.
(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.
(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.
(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.
(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.
(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.
(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.
(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.
(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.
(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.
(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von
- 1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340), - 2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1), - 3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295), - 4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c, - 5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d, - 6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern, - 7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz, - 8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.
(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.
(1) Eine Straße erhält die Eigenschaft einer Bundesfernstraße durch Widmung.
(2) Voraussetzung für die Widmung ist, dass der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstücks ist, oder der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt hat, oder der Träger der Straßenbaulast den Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 18f Abs. 1 oder in einem sonstigen gesetzlichen Verfahren erlangt hat.
(3) Durch privatrechtliche Verfügungen oder durch Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung über die der Straße dienenden Grundstücke oder Rechte an ihnen wird die Widmung nicht berührt.
(3a) Eine öffentliche Straße, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 oder 3 erfüllt, ist zur Bundesautobahn oder Bundesstraße, eine Bundesstraße, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 erfüllt, zur Bundesautobahn aufzustufen.
(4) Eine Bundesfernstraße, bei der sich die Verkehrsbedeutung geändert hat und bei der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 weggefallen sind, ist entweder unverzüglich einzuziehen, wenn sie jede Verkehrsbedeutung verloren hat oder überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen (Einziehung), oder unverzüglich dem Träger der Straßenbaulast zu überlassen, der sich nach Landesrecht bestimmt (Abstufung).
(5) Die Absicht der Einziehung ist drei Monate vorher in den Gemeinden, die die Straße berührt, öffentlich bekannt zu machen, um Gelegenheit zu Einwendungen zu geben. Von der Bekanntmachung kann abgesehen werden, wenn die zur Einziehung vorgesehenen Teilstrecken in den in einem Planfeststellungsverfahren ausgelegten Plänen als solche kenntlich gemacht worden sind oder Teilstrecken im Zusammenhang mit Änderungen von unwesentlicher Bedeutung (§ 74 Abs. 7 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) eingezogen werden sollen. Die Abstufung soll nur zum Ende eines Rechnungsjahres ausgesprochen und drei Monate vorher angekündigt werden.
(6) Über Widmung, Umstufung und Einziehung einer Bundesfernstraße entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht. Im Übrigen entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde. Abstufungen in eine Straße nach Landesrecht können nur nach vorheriger Zustimmung der betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörde erfolgen. Die Entscheidung kann auch in einem Planfeststellungsbeschluss nach § 17 mit der Maßgabe erfolgen, dass die Widmung mit der Verkehrsübergabe, die Umstufung mit der Ingebrauchnahme für den neuen Verkehrszweck und die Einziehung mit der Sperrung wirksam wird. Die oberste Landesstraßenbaubehörde hat vor einer Widmung oder Aufstufung das Einverständnis des Fernstraßen-Bundesamtes einzuholen. Die Entscheidung ist in einem vom Land zu bestimmenden Amtsblatt bekannt zu geben. Die Bekanntmachung nach Satz 6 ist entbehrlich, wenn die zur Widmung, Umstufung oder Einziehung vorgesehenen Straßen in den im Planfeststellungsverfahren ausgelegten Plänen als solche kenntlich und die Entscheidung mit dem Planfeststellungsbeschluss bekannt gemacht worden ist.
(6a) Wird eine Bundesfernstraße verbreitert, begradigt, unerheblich verlegt oder ergänzt, so gilt der neue Straßenteil durch die Verkehrsübergabe als gewidmet, sofern die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Wird im Zusammenhang mit einer Maßnahme nach Satz 1 der Teil einer Bundesfernstraße dem Verkehr auf Dauer entzogen, so gilt dieser Straßenteil durch die Sperrung als eingezogen. In diesen Fällen bedarf es keiner Ankündigung (Absatz 5) und keiner öffentlichen Bekanntmachung (Absatz 6).
(7) Mit der Einziehung entfallen Gemeingebrauch (§ 7) und widerrufliche Sondernutzungen (§ 8). Bei Umstufung gilt § 6 Abs. 1.
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
Tenor
I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde des Klägers eingestellt.
II. Auf die Beschwerde des Beklagten hin erhält die Nummer I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 folgende Fassung:
„1. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen zugänglich macht, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird.
2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.
3. Dem Beklagten wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen - unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe - für diese Verkehrsverbote ggf. Platz greifen sollen, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird.“%2. Im Übrigen werden der Vollstreckungsantrag des Klägers und die Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen.%2. Unter Abänderung der Nummer II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2016 fallen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug zu zwei Fünfteln dem Kläger, zu drei Fünfteln dem Beklagten zur Last. Die Beigeladene trägt ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene zu je einem Viertel zu tragen. Dem Kläger fallen ferner jeweils die Hälfte der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zur Last. Diese Beteiligten haben ihrerseits je ein Viertel der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Gründe
I.
LÜB - Stationen |
Jahresmittel 2010 µg/m³ |
Jahresmittel 2011 µg/m³ |
Jahresmittel 2012 µg/m³ |
Jahresmittel 2013 µg/m³ |
Anzahl der Überschreitungen*) 2010 |
Anzahl der Überschreitungen*) 2011 |
Anzahl der Überschreitungen*) 2012 |
Anzahl der Überschreitungen*) 2013 |
Stachus |
32 |
31 |
26 |
26 |
47 |
35 |
[11] 14 |
[17] 19 |
Landshuter Allee |
38 |
36 |
29 |
31 |
65 |
48 |
[17] 27 |
[30] 39 |
Prinzregenten Straße |
28 |
25 |
- |
- |
31 |
17 |
- |
- |
Johanneskirchen |
22 |
21 |
16 |
18 |
23 |
9 |
4 |
8 |
Loth Straße |
24 |
22 |
18 |
20 |
27 |
11 |
5 |
11 |
LÜB - Stationen |
Jahresmittel 2010 µg/m³ |
Jahresmittel 2011 µg/m³ |
Jahresmittel 2012 µg/m³ |
Jahresmittel 2013 µg/m³ |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2010 |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2011 |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2012 |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h- Mittelwert 2013 |
Stachus |
74 |
76 |
60 |
64 |
8 |
6 |
1 |
0 |
Landshuter Allee |
99 |
85 |
81 |
81 |
192 |
50 |
27 |
50 |
Prinzregenten Straße |
68 |
61 |
- |
- |
8 |
7 |
- |
- |
Johanneskirchen |
28 |
23 |
22 |
22 |
0 |
0 |
0 |
0 |
Loth Straße |
35 |
33 |
31 |
31 |
2 |
2 |
0 |
0 |
Moosach |
39 |
39 |
35 |
- |
2 |
2 |
0 |
- |
LÜB-Stationen |
Jahresmittel [µg/m³] |
Anzahl der Überschreitungen beim Tagesmittelwert |
LandshuterAllee |
27 |
[16] 17 |
Stachus |
23 |
[13] 14 |
Loth Straße |
18 |
8 |
Johanneskirchen |
16 |
6 |
LÜB-Stationen |
Jahresmittel [µg/m³[ |
Anzahl der Überschreitungen beim 1-h-Mittelwert |
LandshuterAllee |
83 |
24 |
Stachus |
62 |
0 |
Loth Straße |
31 |
0 |
Johanneskirchen |
22 |
0 |
„einschneidendere“ als die in der vierten Fortschreibung erwähnten Maßnahmen - insbesondere die räumliche Ausdehnung der Umweltzone - zu prüfen und sie ggf. in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Verlangt werde mithin ein Katalog an wirksamen Maßnahmen, die geeignet seien, die Grenzwerte so schnell wie möglich - nach den Entscheidungsgründen vor 2015 bzw. 2020 - einzuhalten.
II.
LÜB-Station |
lokaler Verkehr |
verkehrsbedingteHintergrundbelas- tung aus dem städtischen Raum |
von genehmigungsbedürf- tigen Anlagen ausdem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung |
von nichtgenehmigungsbe- dürftigen Anlagen aus dem städtischen Raum verursachteHintergrundbelastung |
sonstige Einflüsseauf die ausdem städtischen Raum stammende Hintergrundbelas- tung |
regionale Hintergrund- Belastung |
Stachus |
51,0 |
22,5 |
0,5 |
2,7 |
0,0 |
23,2 |
Landshuter Allee |
67,8 |
13,3 |
0,3 |
1,7 |
0,0 |
16,9 |
Johanneskirchen |
0,0 |
33,3 |
1,1 |
5,1 |
0,0 |
60,6 |
Loth Straße |
11,4 |
37,2 |
1,1 |
4,7 |
0,0 |
45,6 |
dass auch die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen dieser Bindung unterliegen, da - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden.
Dr. Schenk Demling Ertl
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Jahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen das beklagte Land und die Beigeladene jeweils zur Hälfte einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich Luftreinhaltung hat.
3Er begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet Köln in der Fassung der Ersten Fortschreibung von 2012 dahingehend, dass im Stadtgebiet der Beigeladenen der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) eingehalten wird.
4Im August 2015 wandte sich der Kläger an die Bezirksregierung Köln und rügte, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien, um eine Grenzwertüberschreitung bei NO2 zu verhindern. Er beantragte, den für Köln geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der in der 39. Verordnung zum BImSchG geregelten Grenzwerte für NO2 im gesamten Stadtgebiet enthalte.
5Das Umweltministerium (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft, wobei klar sei, dass insbesondere durch legislative Schritte kurzfristig kein Effekt zu erwarten sei. Die Bezirksregierung Köln wies in ihrem Schreiben vom 14. September 2015 an den Kläger darauf hin, dass derzeit das Bemühen, die NO2-Werte einzuhalten, erheblich durch die Sperrung der Rheinbrücke der A1 für LKW über 3,5 t, die Köln einen deutlichen LKW-Ausweichverkehr beschere, erschwert werde. Sie listete des Weiteren eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2012 (Entwicklung eines LKW-Führungskonzepts mit Transitverbot durch Köln für LKW über 7,5 t, Auslagerung des Fernbusbahnhofes zum Kölner Flughafen, Eröffnung einer U-Bahn-Linie, die zeitnah erfolgen solle, Vorantreiben des Projekts „ship to grid“ durch Bau von Stromtankstellen, Förderung des ÖPNV und der Elektromobilität, Busflottenmodernisierung und umweltsensitive Lichtsignal-Anlagensteuerung.) Weitere Maßnahmen, wie eine zweite Erweiterung der Umweltzone würden derzeit mit der Beigeladenen diskutiert. Anschließend werde die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans Köln ausgelotet. Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
6Der Kläger hat am 19. November 2015 Klage erhoben.
7Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt; er könne als nach § 3 UmwRG anerkannter Verband geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV entspreche, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Luftreinhalteplanung der Beklagten ermögliche keine schnellstmögliche Einhaltung der NO2 -Grenzwerte, sondern beschränke sich weitestgehend auf bereits bestehende Bemühungen, die nicht wesentlich intensiviert würden.
8Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Grenzwertüberschreitung (auch) in Köln sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte, die strikt zu beachten seien, stehe nicht unter einem allgemeinen politischen Vorbehalt. Bei der Festlegung der Grenzwerte hätten Verhältnismäßigkeitsaspekte bereits ihren Niederschlag gefunden. Zwar stehe dem Planungsträger hinsichtlich der Auswahl der Maßnahmen ein Wertungsspielraum zu. Es bestehe jedoch eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen – auch im fiskalischen Bereich und sonstiger nicht gesetzgebundener Maßnahmen - ; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Köln 2012 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklagte in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u.a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
9Soweit das beklagte Land an einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeite und dabei insbesondere Software-Updates einkalkuliere, sei darauf zu verweisen, dass die verpflichtenden Softaware-Updates bereits bis Mitte 2018 umgesetzt worden seien, ohne dass dies eine nennenswerte Minderung der Emissionswerte zur Folge gehabt hätte. An freiwilligen Software-Updates nehme hingegen kaum ein Autohalter teil. Hardware-Nachrüstungen erfolgten erst, wenn Fahrverbote verfügt worden seien. Insgesamt seien die bislang mitgeteilten Prognosedaten nicht nachvollziehbar.
10Der Kläger beantragt,
11das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 so zu ändern, dass dieser – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält,
12hilfsweise,
13das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet Köln enthält.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es bezweifelt die Klagebefugnis des Klägers und erwägt eine Präklusion seines Vorbringens. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Land habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; es komme auch ein schrittweises Vorgehen in Betracht. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten.
17Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Köln 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden in Köln bereits seit 2008 eingehalten.
18Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt das beklagte Land Folgendes aus: Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Durch das LKW-Führungskonzept nehme die Beigeladene seit vielen Jahren den LKW-Verkehr und seine Auswirkungen in den Blick. Neben dem LKW-Führungskonzept der Beigeladenen seien verschiedene konkrete LKW-Durchfahrtsverbote im Luftreinhalteplan vorgesehen und umgesetzt. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts des § 39 PBefG. Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Zu berücksichtigen sei, dass in Köln die KVB innerstädtisch jedenfalls in den Hauptverkehrszeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Eine sofortige Nachrüstung aller Busse sei unverhältnismäßig. Trotz finanzieller Schwierigkeiten werde die Busflotte der KVB stetig erneuert. Von den insgesamt 218 Bussen entsprächen 169 der Abgasstufe Euro VI bzw. Euro EEV-Standard, zwei Busse verfügten über Hybrid-Antrieb. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) seien auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Zudem sei fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt der NO2-Reduzierung eine solche flächendeckende Begrenzung überhaupt sinnvoll sei. Jedenfalls würden in Köln kontinuierlich Tempo 30-Zonen eingerichtet. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 - im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 - mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten ausgeschildert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alternativrouten regelmäßig zu mehr Fahr-km führten, was zu vermeiden sei. Vielmehr sei eine Verstetigung des Verkehrsflusses etwa durch Bau von Kreisverkehren anzustreben. Eine weitere Parkraumverknappung könne zu verstärktem Parksuchverkehr und Behinderungen des Verkehrsflusses führen, was sich nachteilig auf die Luftqualität auswirken könne. Das EmoG habe es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans für Köln noch nicht gegeben; jedoch sei die Freigabe von Busspuren für private Elektroautos kritisch zu sehen. Es sei beabsichtigt, in Köln das Abstellen von Car-Sharing-Elektrofahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu privilegieren. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe.
19Dem Luftreinhalteplan 2012 liege insgesamt ein kohärentes Gesamtkonzept zu Grunde. An der weiteren Fortschreibung werde gearbeitet, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 aufgestellten Grundsätze beachtet würden. Mit der Beigeladenen sei ein Runder Tisch mit allen maßgeblichen Stakeholdern ins Leben gerufen worden. Die Beigeladene habe u.a. bei der Firma Aviso ein Gutachten zur Ermittlung von NO2 -Minderungspotenzialen in Auftrag gegeben. Auch existiere ein Gutachten „Green City Masterplan der Stadt Köln“.
20Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sich das Verfahren erledigt habe. Das beklagte Land arbeite nämlich bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die bis zum 31. Dezember 2018 abgeschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten solle. Im fortgeschriebenen Plan sollten insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 umgesetzt werden. Auch habe der Kläger eine unzulässige Klageänderung vorgenommen. Die Klage sei auch unbegründet, denn bereits die Erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2012 lege die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen fest. Hinsichtlich der im Luftreinhalteplan festzulegenden Maßnahmen bestehe ein Auswahlermessen bzw. eine planerische Gestaltungsfreiheit. Eine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht gebe es nicht. Zudem bedürften Maßnahmen, die - wie Fahrverbote - in Grundrechte eingriffen, einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis. Vom Kläger angeregte Maßnahmen wie die Einführung einer blauen Plakette könnten nicht Inhalt eines Luftreinhalteplanes sein, da in einen solchen keine bloßen politischen Absichtserklärungen aufzunehmen seien. In Betracht kämen zudem nur Maßnahmen, die verhältnismäßig seien, also nur solche, die dem Verursacheranteil des Adressaten Rechnung trügen. Dabei seien Maßnahmen gegen alle Emittenten zu richten, auch solche, die sich außerhalb des Plangebiets bzw. des Zuständigkeitsbereichs der Planungsbehörde befänden. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Kölner Innenstadt berücksichtige nicht den sehr erheblichen, teilweise sogar überwiegenden Verursachungsanteil schwerer Nutzfahrzeuge, insbesondere auf Autobahnen. In besonderen Fällen könne sich die Behörde auf vorübergehende unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. auf höhere Gewalt berufen.
23Jedenfalls der wiederum fortgeschriebene Luftreinhalteplan sowie die geplanten Maßnahmen der Beigeladenen auf der Grundlage des Green City Masterplans ließen weitere Emissionsreduzierungen erwarten, sodass die Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich eingehalten würden. Hinsichtlich der sechs Messstellen, an denen 2017 der Jahresmittelwert für NO2 noch überschritten worden sei, seien an deren fünf die Werte bereits deutlich reduziert. Lediglich an der Messstelle Clevischer Ring sei der Jahresmittelwert deutlich zu hoch; dort sei allerdings eine außergewöhnliche Verkehrssituation (Sperrung Leverkusener Brücke, Sanierung Tunnel Kalk) eingetreten, die zu vorübergehenden unüberwindlichen Schwierigkeiten im obigen Sinne führe. Gleiches gelte für die Messstelle Weiden (Vollanschluss Frechen-Nord). Eine Dieselverkehrsbeschränkung für den Clevischen Ring führe nicht zu einer Einhaltung der jahresmittleren NO2 – Konzentrationen. Zudem bedürfe es umfangreicher Ausnahmen, etwa für Anwohner und Handwerker, deren Folgen sehr schwierig zu beziffern seien. Auch sei die Problematik des Ausweichverkehrs zu bedenken sowie weitere maßgebliche Verursacher wie Autobahnverkehr und Schifffahrt, dieselbetriebener Schienenverkehr, Braunkohlekraftwerke, umliegende Industrie- und Energieunternehmen sowie der Flugverkehr in den Blick zu nehmen. Da die in einem Luftreinhalteplan festzusetzenden Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten seien, seien Maßnahmen auch gegen die Bundesrepublik Deutschland, deren Behörden durch den Luftreinhalteplan auch gebunden seien, zu richten.
24Die NO2 – Belastungssituation stellte sich in Köln in den letzten Jahren wie folgt dar:
25NO2 – Jahresmittel 2014 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2015 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2016 (µg/m³) |
NO2 – Jahresmittel 2017 (µg/m³) |
|
Clevischer Ring |
63 |
66 |
63 |
62 |
Justinianstr. |
55 |
54 |
53 |
50 |
Neumarkt |
56 |
51 |
52 |
47 |
Turiner Straße |
47 |
46 |
43 |
43 |
Weiden |
57 |
52 |
53 |
50 |
Luxemburgerstr. |
54 |
50 |
49 |
46 |
Bergisch-Gladbacher Str. |
- |
42 |
41 |
40 |
Dellbrücker Hauptstr. |
42 |
41 |
40 |
38 |
Lindweiler Weg |
- |
42 |
43 |
40 |
Hauptstr. Porz |
45 |
40 |
41 |
39 |
Brühler Landstr. Meschenich |
43 |
40 |
40 |
38 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung Köln Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Das erkennende Gericht ist zunächst instanziell zuständig. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob durch die Änderungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) aus 2017 nunmehr für Klagen auf Erlass von Luftreinhalteplänen bzw. deren Fortschreibung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der Anlage 5 zum UVPG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet ist, da das vorliegende Klageverfahren vor der genannten Gesetzesänderung rechtshängig wurde. Im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG und den Rechtsgedanken der perpetuatio fori (§ 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -) ist weiterhin die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts gegeben.
29Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Leistungsklage ist zulässig. Der Kläger ist als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltschutzvereinigung klagebefugt. Er ist auch nicht etwa nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es dem Kläger nicht um einen Angriff auf die erste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet von Köln aus dem Jahr 2012 geht, sondern einen neuen geänderten Plan bzw. um das bisherige Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans von 2012.
31Die Klage ist auch nicht mangels Rechtsschutzinteresses bzw. infolge Erledigung im Hinblick darauf unzulässig geworden, dass das beklagte Land an der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen arbeitet und einen entsprechenden Entwurf demnächst offenzulegen gedenkt. Denn dem Kläger geht es um einen geänderten fortgeschriebenen Plan, der - anders als die derzeit geltende ersten Fortschreibung - die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält und in Kraft getreten ist.
32Auch liegt in dem nunmehr gestellten Hauptantrag keine (gar unzulässige) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO gegenüber dem ursprünglich angekündigten Hauptantrag des Klägers, den er jetzt als Hilfsantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, den für die Stadt Köln geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
33Durch die nunmehr erfolgte Aufnahme eines Datums, bis zu dem der Plan geändert werden soll, sowie der in der ursprünglichen Klagebegründung bereits erwähnten Aufnahme von Fahrverboten in den Plan ist der Streitgegenstand nicht geändert worden. Der Antrag ist lediglich konkretisiert, der Klagegrund, d.h. der Sachverhalt nicht geändert worden. Damit mussten weder die übrigen Beteiligten in eine etwaige Klageänderung einwilligen noch kommt es auf deren Sachdienlichkeit an, welche im Übrigen gegeben wäre.
34Die Klage ist auch begründet.
35Dabei legt das Gericht seiner Entscheidung die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende (Sach- und) Rechtslage zu Grunde.
36Damit war bei der Rechtsfindung nicht der - vom Bundeskabinett noch nicht einmal beschlossene - Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) durch Einfügung eines Absatzes 1a) zu § 40 BImSchG zu berücksichtigen. Offen bleiben mag, ob eine solche Regelung, die auf eine faktische teilweise Außerkraftsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, ABl. L 152, S. 1) zielte - so sie denn in Kraft träte -, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts außer Acht zu lassen wäre, wofür Überwiegendes spricht.
37Der Kläger hat einen Anspruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gegen das beklagte Land, den Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so fortzuschreiben, dass dieser bis zum 1. April 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 von µg/m³ enthält.
38Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde dann, wenn durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits geltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.
39Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen,
40Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - juris Rdn. 26 sowie vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 17 und 7 C 30.17 (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 20.
41Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben,
42BT-Drs. 14/8450 S. 14;
43die in den Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen müssen mithin (gesichert) rechtlich und tatsächlich umsetzbar sein,
44so klar: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 -, juris Rdn. 145.
45Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis,
46BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, a.a.O. m.w.N.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rdn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rdn. 15, 52.
47Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
48Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans sind hier gegeben.
49Der Grenzwert für NO2, um dessen Einhaltung es dem Kläger vorliegend alleine geht, wird im Stadtgebiet der Beigeladenen überschritten. Dieser ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 der auf Grundlage des § 48a Abs. 1 BImSchG erlassenen 39. Verordnung zur Durchführung des BImSchG – 39. BImSchV. Danach ist seit dem 1. Januar 2010 ein über ein Kalenderjahr gemittelter Immissionsschutzgrenzwert für NO2 von 40 μg/m3 einzuhalten. Der Gesetzgeber hat mit den vorgenannten gesetzlichen Regelungen die sich aus der Luftqualitätsrichtlinie ergebenden Pflichten in nationales Recht umgesetzt.
50Der Grenzwert von 40 μg/m3 für NO2 wurde - obwohl die Grenzwertüberschreitungen kontinuierlich rückläufig sind - auch noch im Jahr 2017 an vielen Messstellen im Stadtgebiet der Beigeladenen erheblich, zum Teil um mehr als 10 μg/m3, überschritten (nämlich am Clevischen Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße und Luxemburger Straße). Die Lage der als belastet ermittelten Gebiete erstreckt sich auf die Innenstadt, einen größeren Bereich um die Innenstadt herum und einzelne Gebiete in den äußeren Stadtteilen von Köln. Geschätzt erstrecken sich die Gebiete, in denen erhöhte Belastungen auftreten, auf eine Fläche von ca. 60 km2, S. 19 Beiakte 22.
51Liegt - wie hier - eine Grenzwertüberschreitung vor, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Verpflichtung der zuständigen Behörden, einen zur Einhaltung des Grenzwerts führenden Luftreinhalteplan entweder erstmals aufzustellen oder einen vorhandenen Plan so fortzuschreiben, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und damit den Anforderungen der 39. BImSchV entspricht. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen in den Luftreinhalteplan Maßnahmen aufgenommen werden, die - wie dargelegt - geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, verstößt eine Luftreinhalteplanung gegen die Verpflichtung, den Zeitraum einer Überschreitung des Grenzwerts „so kurz wie möglich“ zu halten, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden dieser Maßnahmen vor dem 1. Januar 2020 ausschließt und sie zudem von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und die vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Werden lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für NO2 erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte herbeiführen, ist die Luftreinhalteplanung, bei der auch die Länge des Zeitraums zu betrachten ist, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält, unzureichend,
53vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 - (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 34, 35, und - 7 C 26.16 - (Luftreinhalteplan Düsseldorf), juris Rdn. 32 jeweils unter Berufung auf Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. April 2017 – C-488/15 -, juris Rdn. 115.
54Ausgehend hiervon genügt der Luftreinhalteplan für das Stadtgebiet der Beigeladenen in seiner derzeit geltenden Fassung nicht den dargelegten rechtlichen Anforderungen.
55Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber in den Jahren 2014 bis 2017 an sechs Messstationen (Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Turiner Straße, Aachener Straße/Weiden und Luxemburger Straße) mit – im Jahr 2017 - 62, 50, 47, 43, 50 und 46 µg/m³ deutlich über dem seit fast neun Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³. An den Messstellen Bergisch-Gladbacher Straße, Dellbrücker Hauptstraße, Lindweiler Weg, Hauptstraße Porz und Brühler Landstraße wurde der Grenzwert 2017 knapp eingehalten.
56Ein teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedsstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften,
57EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – C-336/16 -, Rdn. 62 und 65.
58Der geltende Luftreinhalteplan Köln 2012 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ an den sechs Messstellen Justinianstraße, Neumarkt, Hohenstauffenring, Weiden, Clevischer Ring und Turiner Straße weiterhin eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu erwarten (vgl. Tab. 6.2/1, S. 119). Im Jahr 2015 seien ohne zusätzliche Maßnahmen weiterhin Grenzwertüberschreitungen für NO2 in den untersuchten Straßenabschnitten zu erwarten (Fazit, S. 121). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich dem Luftreinhalteplan in der geltenden Fassung nicht entnehmen. Es ist lediglich davon die Rede, das im Plan festgelegte Maßnahmenbündel sei nur in seiner Gesamtheit, einschließlich der in Kapitel 7 beschriebenen Maßnahmen geeignet, die Grenzwerte für NO2 einzuhalten, Seite 108, wobei jedoch diese in Kapitel 7 enthaltenen Maßnahmen u.a. den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 134 ff.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 136), die Verschärfung der NEC-Richtlinie (Ziff. 7.4, S. 136f.), Verlängerung des Förderungsprogramms zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselpartikelfiltern (Ziff. 7.5, S. 138f.), die Ausweitung des Mautsystems für LKW (Ziff. 7.8, S. 139) und die Reduktion und Begrenzung von Schiffsemissionen; Regelungen für kleinere Feuerungsanlagen (Ziff. 7.9, S. 139) vorsehen.
59Die genannten Maßnahmen stehen damit aber im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
60Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 -, juris Rdn. 35,
61verstößt indes eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitätsrichtlinie, die die derzeit am besten geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Grenzwerte nicht ergreift, sondern das Wirksamwerden von Bedingungen abhängig macht, deren Eintritt ungewiss ist und vom Plangeber nicht selbst herbeigeführt werden können. Effektive - in der Zuständigkeit des beklagten Landes bzw. der Beigeladenen selbst liegende - Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem beklagten Land die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war, indem es ausführt, dass die NOx-Emissionen der Diesel-PKW diejenigen des Otto-PKW um mehr als eine Größenordnung überschreiten (S. 135). Der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 140 f.) ist lediglich zu entnehmen, dass sich aus den Analysen der lufthygienischen Situation ergeben habe, dass insbesondere der Straßenverkehr maßgeblich zu lokalen Luftschadstoffbelastungen beitrage. Regional unterschiedlich leisteten auch die übrigen Verursacher zum Teil deutliche Beiträge. Neben der weiteren Reduzierung der Emissionen aus letztgenannten Quellen müssten daher insbesondere die Kfz-Emissionen reduziert werden – sei es durch Fahrverbote wie z.B. im Zusammenhang mit der Umweltzonenregelung oder durch Verbesserungen im Bereich der Lichtsignalanlagensteuerung.
62Soweit sich die Beigeladene hinsichtlich der Messstellen Clevischer Ring (Sanierung/Sperrung Leverkusener Brücke, Tunnel Kalk) und Weiden (noch nicht erfolgter Ausbau des Vollanschlusses Frechen-Nord) auf höhere Gewalt beruft, vermag sie hiermit nicht durchzudringen.
63Zwar mag sich ein Mitgliedstaat, der zeitweise auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, die ihn an der Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen hindern, grundsätzlich für den Zeitraum auf höhere Gewalt berufen können, der zur Ausräumung dieser Schwierigkeiten erforderlich ist,
64EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 – C-1/00 -, Rdn. 131. und vom 19. Dezember 2012 – C-68/11 -, Rdn. 64.
65Das kann aber nicht gelten, wenn er – wie hier - selbst diese Schwierigkeiten erst schafft, indem er die genannten Sperrungen vornimmt bzw. den Anschluss nicht baut und sich dann darauf beruft. Vor diesem Hintergrund bestand schon kein Anlass, den von der Beigeladenen angeregten Vorlagefragen nachzugehen, deren Beantwortung zudem größtenteils nicht in die Kompetenz des EuGH fiele.
66Damit muss - was auch unter den Beteiligten nicht ernsthaft umstritten ist - der Luftreinhalteplan fortgeschrieben werden.
67Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), an denen zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat und die in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Bezirksregierung Köln auch nochmals bestätigt worden sind, die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten. Mit 5,8 % Jahresfahrleistung verursachten die schweren Nutzfahrzeuge (ohne Busse) ca. 29,7 % der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs auf den Stadtstraßen. Die Busse des ÖPNV tragen bei einem Anteil von 0,4 % an der Jahresfahrleistung eine auch im Vergleich zu den anderen schweren Nutzfahrzeugen deutlich überproportionale Menge von etwa 3,9 % zu den NOx-Emissionen auf den Stadtstraßen bei, S. 24 Beiakte 22.
68Der Straßenverkehr verursachte im Stadtgebiet Köln 2016 den größten Anteil der verkehrsbedingten NOx-Emissionen (50 %), gefolgt vom Schiffs-Verkehr (40,3 %) und vom Flugverkehr mit 4,9 %, S. 26 Beiakte 22. Von den Jahres-Gesamtemissionen für NOx verursachte der Verkehr ca. 54,3 %, Industrieanlagen 41,1 %, Kleinfeuerungsanlagen ca. 4,6 %, S. 31 Beiakte 22. Bei der Beurteilung der Emissionen ist zu beachten, dass die meisten industriellen Emissionen über hohe Quellen (Schornsteine) emittiert werden. Diese Emissionen wirken sich, da sie weit getragen werden, auf den regionalen Hintergrund aus (der mit 22 µg/m³ angenommen wird, S. 34 Beiakte 22). Bei der Betrachtung der Immissionsbelastung in Straßenschluchten sind hingegen niedrige, nahegelegene Quellen relevant, S. 31 Beiakte 22. Neben dem regionalen Hintergrund und dem lokalen Kfz-Verkehr tragen noch weitere urbane Quellen zur Luftbelastung in den Straßen bei. Bei diesen Quellen handelt es sich um den Flug-, Offroad-, Schienen- und Schiffsverkehr, Industrie und Quellen aus nicht genehmigungsbedürftigen Kleinfeuerungsanlagen. Dazu kommen noch Anteile des Straßenverkehrs, der nicht unmittelbar in der betrachteten Straße fährt, S. 34 Beiakte 22. Das regionale Hintergrundniveau und der lokale Straßenverkehr leisten an den Messstandorten mit Grenzwertüberschreitung die höchsten Anteile an der NOx-Belastung, S. 36 Beiakte 22. Der lokale Kfz-Verkehr verursachte (je nach Hotspot) 2016 mit bis zu 52 % (Weiden) in den meisten Fällen den höchsten Beitrag an der Stickoxid-Belastung. Um den Grenzwert für NO2 in der Zukunft einzuhalten, müssen Minderungsmaßahmen nach den Feststellungen des LANUV insbesondere auf den lokalen Kfz-Verkehr bezogen sein, S. 41f. Beiakte 22.
69Im Jahr 2020 werden die schweren Nutzfahrzeuge nach der Prognose des LANUV mit rund 8,5 % Jahresfahrleistung ohne Busse ca. 19,4 % der NOx-Emissionen verursachen. Die Linienbusse werden bei nur 0,3 % der Fahrleistung auch weiterhin einen im Vergleich überproportionalen Beitrag zur verkehrlichen NOx-Belastung von ca. 2,5 % beitragen, S. 42 Beiakte 22. PKW werden der Prognose zu Folge 2020 69,5 % der NOx-Emissionen verursachen, S. 43 Beiakte 22. Das Hintergrundniveau wird sich um etwa 2 – 3 µg/m³ reduzieren, S. 65 Beiakte 22. Ohne Maßnahmen sinkt die zu erwartende NO2 – Belastung in den Straßenschluchten bis zum Jahr 2020 nach der Prognose des LANUV um 10 % bis 15 % als Folge der lokalen Entwicklungen (Modernisierung der Fahrzeugflotte) und durch die Abnahme des regionalen Hintergrundniveaus. Hiermit ist eine Einhaltung des Grenzwertes für den NO2 –Jahresmittelwert an den meisten betrachteten Belastungsschwerpunkten nicht zu erwarten, S. 46, 65 Beiakte 22.
70In den derzeitigen Überlegungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Stadtgebiet der Beigeladenen sind konkrete Maßnahmen gegen Industrieanlagen nicht vorgesehen, da sich etwaige relevante Immissionsbeiträge nicht eindeutig zuordnen ließen, sondern über weiträumige Verteilung in die Hintergrundbelastung eingingen. Auch seien keine Anlagen ermittelt worden, die einen für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes relevanten Beitrag verursachten, S. 55 Beiakte 22.
71Laut Entwurf sollen vielmehr folgende nationale Maßnahmen fest eingeplant und kommunale Maßnahmen als verbindlich erklärt werden:
72- Software-Update und Rückkaufprämie mit 50 % Umsetzung
73- LKW-Transitverbot
74- Masterplanmaßnahmen
75- Busflottenerneuerung
76- Baumaßnahmen L361n
77- Baumaßnahmen Mülheimer Brücke.
78Mit diesen Maßnahmen ist nach der Prognose des beklagten Landes jedoch nicht an allen Messstellen der Grenzwert sicher bis 2020 zu erreichen, S. 89 Beiakte 22. So erwartet das LANUV für die Maßnahmen „Software-Update und Rückkaufprämie“ bzw. Transitverbot (für schwere Nutzfahrzeuge) für die Messstellen Clevischer Ring, Justinianstraße, Neumarkt, Aachener Straße und Luxemburger Straße für das Jahr 2020 weiterhin Grenzwertüberschreitungen, S. 75 Beiakte 22.
79Nach den Berechnungen der vom LANUV beauftragten AVISO GmbH für einige Maßnahmen aus dem Masterplan ergeben sich an allen betrachteten Belastungsschwerpunkten NO2 –Immissionsreduktionen von unter 1 µg/m³ (bis zu 2%). Dabei stelle dieser Betrachtungsfall eine eher konservative Abschätzung dar, da eine Wirkung am Hotspot selbst in Form einer Reduzierung der lokalen Zusatzbelastung nicht vorgenommen worden sei. Nehme man an, dass neben der Reduktion der Hintergrundbelastung auch eine Reduktion der lokalen Zusatzbelastung erfolge, lägen die ermittelten NO2 –Immissionsminderungen bei bis zu 2,5 µg/m³ (bis zu 5 %), S. 3 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 78 Beiakte 22. Für das Jahr 2020 wird günstigstenfalls eine NO2 –Immissionsgesamtbelastung von 52 µg/m³ am Clevischen Ring, 45 µg/m³ an der Justinianstraße, 43 µg/m³ an der Luxemburger Straße sowie 44 µg/m³ am Neumarkt und an der Aachener Straße in Weiden prognostiziert (S. 6 Kurzbericht I, Beiakte 21, S. 81 Beiakte 22). Das günstigstenfalls erwartete Jahr der Einhaltung des NO2 –Grenzwertes liegt am Clevischen Ring bei > 2025, in der Justinianstraße, am Neumarkt und an der Aachener Straße 2023, an der Luxemburger Straße 2022 und in der Turiner Straße 2017 (S. 7 Kurzbericht I, Beiakte 21).
80Des Weiteren hat AVISO für die Aachener Straße prognostiziert, dass nach Fertigstellung der L361n, die für 2020 geplant ist, S. 85 Beiakte 22, eine NO2 –Immissionsminderung von 0,8 µg/m³ eintreten werde, S. 3 Kurzbericht II, Beiakte 21. Die Aktualisierung der Busflotte werde zu einer NO2 –Immissionsminderung von bis zu 2,4 µg/m³ führen, S. 4 Kurzbericht II, Beiakte 21. Der Bau der Anschlussstelle Frechen Nord sei für 2024 zu erwarten. Sie werde zu einer Reduktion der NO2 – Gesamtbelastung um 3,6 µg/m³ führen, S. 85 Beiakte 22. Im Rahmen einer groben Abschätzung sei die Einhaltung des NO2 –Grenzwertes für diese theoretische Maßnahme für 2022 zu erwarten, S. 5 Kurzbericht II, Beiakte 21.
81Soweit das beklagte Land einen weiteren Kurzbericht von AVISO vom Oktober 2018 vorgelegt hat (Bl. 614ff. GA), in dem Maßnahmenkombinationen betrachtet worden sind, krankt dieser bereits daran, dass in alle Fallvarianten ein Software-Update (50 %) und die Rückkaufprämie eingeflossen ist, mithin Maßnahmen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da sie in die Kompetenz des Bundes fallen. Eine Luftreinhalteplanung, die von derartigen Bedingungen abhängig gemacht wird, ist aber nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig,
82vgl. Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 35.
83Im Übrigen werden für 2020 für Justinianstraße (bestenfalls 43 µg/m³), Neumarkt (bestenfalls 41 µg/m³) und Luxemburger Straße (bestenfalls 42 µg/m³) weiterhin Grenzwertüberschreitungen prognostiziert, Bl. 626 GA. Lediglich für die Aachener Straße wird von einer „Punktlandung“ ausgegangen, bei der aber wiederum mit Software-Update und Rückkaufprämie kalkuliert wird, Bl. 622 GA. Für den Clevischen Ring prognostiziert AVISO für drei Varianten NO2 –Werte von 40 bzw. 38 µg/m³. Bei allen drei Varianten sind wiederum Software-Update und Rückkaufprämie einkalkuliert, alle drei einschlägigen Varianten rechnen im Übrigen mit einem Dieselfahrverbot (Variante 12, die zu einer Belastung von 40 µg/m³ führen soll, einem Dieselfahrverbot für Euro < 6, Varianten 13 und 14, die zu einer Gesamtbelastung von 38 µg/m³ führen sollen, einem solchen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge für alle Pkw und leichten Nutzfahrzeuge – die Ausnahmen werden bei den Dieselfahrverboten mit jeweils 20 % angesetzt), Bl. 624 GA. Soweit in einem weiteren Kurzbericht der AVISO vom November 2018 in die Betrachtung der Maßnahmenkombinationen zusätzlich eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Diesel PKW einbezogen worden ist, gilt das oben Gesagte sinngemäß: Diese Prognose ist unbrauchbar, weil auch insoweit Maßnahmen in Rede stehen, deren Eintritt ungewiss ist und die der Plangeber nicht selbst herbeiführen kann, da zum einen eine Verpflichtung zur Vornahme von Hardware-Nachrüstungen in die Kompetenz des Bundes fiele und zum anderen völlig ungewiss ist, wann solche Hardware-Nachrüstungen von der Industrie überhaupt angeboten werden und vom Kraftfahrbundesamt genehmigt werden würden.
84Danach ist festzustellen, dass auch im derzeitigen Planungsstadium kein Gesamtkonzept vorliegt, mit dem kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Kölner Stadtgebiet eingehalten werden kann. Der Luftreinhalteplan muss aber - wie ausgeführt - so fortgeschrieben werden, dass er die erforderlichen Maßnahmen enthält, die die schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts für NO2 erwarten lassen.
85Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten, wird das beklagte Land bei der Aufstellung des Gesamtkonzepts nach Auffassung des Gerichts eine Zielerreichung, d.h. eine Einhaltung des Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet der Beigeladenen zum 1. Januar 2020 anzustreben haben. Dies bedeutet, dass das beklagte Land in besonderem Maße Maßnahmen in Betracht ziehen muss, die bis zu diesem Zeitpunkt wirksam werden können und sich nicht auf solche Maßnahmen beschränken darf, die erst später Wirksamkeit entfalten. Eine spätere Zielsetzung würde dem Gebot der schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes nicht gerecht. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Grenzwert als solcher seit fast 20 Jahren bekannt und seit dem 1. Januar 2010 verbindlich einzuhalten ist, die Werte aber nach wie vor ganz erheblich überschritten werden.
86Das Gericht sieht es nach dem Stand der Fortschreibung als realistisch an, dass eine zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans am 1. April 2019 veröffentlicht und damit abgeschlossen werden kann. Im Sinne einer schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes sieht das Gericht es als erforderlich an, das Planungsermessen des beklagten Landes auf diesen Veröffentlichungszeitraum zu beschränken.
87Das Planungsermessen des beklagten Landes ist vorliegend ferner auch hinsichtlich einzelner, nach Rechtsauffassung des Gerichts zwingend in die anstehende Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufzunehmender Maßnahmen einzuschränken. Zwar steht dem beklagten Land grundsätzlich ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung einzelner Maßnahmen zu, weil normativ mit den Grenzwerten nur die einzuhaltenden Ziele vorgegeben sind. Dieser planerische Gestaltungsspielraum wird jedoch gleichzeitig durch die normativen Zielvorgaben begrenzt, sodass das im Luftreinhalteplan zum Ausdruck kommende Konzept hieran zu messen ist. Bleibt das Konzept hinter den Anforderungen zurück, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörden den erforderlichen Plan gemäß den europarechtlich vorgeschriebenen Bedingungen erstellen,
88vgl. BVerwG, Urteil v. 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 36.
89Da auch unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen der vom beklagten Land geplanten Maßnahmen eine Einhaltung des Grenzwertes nach den Prognosen des LANUV kurzfristig nicht möglich sein wird, sieht das Gericht es für das beklagte Land als unverzichtbar an, die vom Bundesverwaltungsgericht als Ultima Ratio benannten Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen.
90Die zusätzliche Einführung eines Fahrverbots für Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxidausstoß ist nicht nur geeignet, die Belastung der Luft im Kölner Stadtgebiet kurzfristig und signifikant zu reduzieren, sondern sie stellt zur Überzeugung des Gerichts auch die effektivste und am besten geeignete Maßnahme dar, ohne dass andere gleichwertige Maßnahmen zur Verfügung stehen.
91Nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen des Luftreinhalteplans entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 BImSchG zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Zu den Emittenten von NO2 zählen vor allem Dieselfahrzeuge, weshalb sie als Adressaten von Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung vorrangig in den Blick zu nehmen sind,
92vgl. den oben dargelegten Umstand, dass die Diesel-PKW in Köln 2016 bei einem Anteil von etwa 41 % der PKW-Fahrleistungen ca. 79,6 % der von PKW verursachten NOx-Emissionen emittierten sowie BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017, a.a.O. Rdn. 138
93Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Vorschrift des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sowie darauf, dass Luftreinhaltepläne die Behörden aller Träger öffentlicher Gewalt binden, auch Behörden des Bundes,
94vgl. Hansmann/Röckinghausen in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band III, Stand: September 2010, § 47 BImSchG Rdn. 29,
95der Ansicht ist, das beklagte Land müsse den Bund im Luftreinhalteplan verpflichten, etwa die Binnenschifffahrt mit Zuschüssen zu fördern, damit diese sauberere Dieselmotoren einbaut oder anderen Schiffkraftstoff zu verwendet, emissionsreduzierende Maßnahmen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen und der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zu ergreifen, maßgebliche Entscheidungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken zu treffen oder den Bundesverkehrswegeplan zu ändern, verfängt dies nicht.
96Denn ein Luftreinhalteplan kann - wie bereits dargelegt - nur dasjenige rechtlich zulässigerweise regeln, das in die Kompetenz des Plangebers fällt,
97in diesem Sinne auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 -, juris Rdn. 53.
98Nach den nachvollziehbaren Prognosen des LANUV scheiden streckenbezogene Fahrverbote für die Abschnitte Clevischer Ring, Aachener Straße/Weiden, Justinianstraße, Neumarkt und Luxemburger Straße aus, da es keine adäquaten Ausweichstrecken gibt. Eine Fahrverbotszone für Diesel Euro5/Diesel Euro 6 und schlechter wird vom LANUV demgegenüber als allein geeignete Maßnahme bezeichnet, um den Grenzwert für NO2 an fast allen Messstellen so schnell wie möglich zu erreichen, wobei von einem Reduzierungseffekt von 10 bis 5 µg/m³ bzw. 7 bis 4 µg/m³ (unter Berücksichtigung von Kombinationswirkungen) ausgegangen wird, S. 96 Beiakte 22 bzw. Bl. 792 GA. Dabei hat das LANUV jeweils eine Ausnahmequote von 20 % eingerechnet. Da eine Fahrverbotszone „Innenstadt“ nur drei der fünf neuralgischen Messstationen einschlösse, hat das LANUV als nächst größere Fahrverbotszone die aktuelle Umweltzone betrachtet. In diesem Fall lägen alle Messstellen mit Überschreitung in der Fahrverbotszone. Nach der Prognose des LANUV zu größeren Fahrverbotszonen oder einer Zone, die das gesamte Stadtgebiet umfasste, würden keine zusätzlichen kritischen Stellen mehr eingeschlossen und auch kein weiterer hoher Effekt über den urbanen Hintergrund ausgelöst, S. 114 Beiakte 22, Bl. 791 GA.
99Da Angaben dazu, ob und ggf. in welchem Ausmaß es zu Ausweichverkehren käme,
100vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 66, wonach etwaige Umlenkungen von Verkehrsströmen, die zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2 – Grenzwertes an anderer Stelle führen, eine Verkehrsbeschränkung ungeeignet erscheinen lassen,
101nicht vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge jedenfalls die heutige Kölner Umweltzone zu umfassen hat. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass – sollte es infolge von Ausweichverkehren andernorts zu NO2 – Grenzwertüberschreitungen kommen - das beklagte Land ggf. auch eine davon abweichende Bestimmung des Umfangs der Dieselfahrverbotszone in Betracht zu ziehen haben wird.
102Ein solches Fahrverbot ist auch erforderlich, da der planaufstellenden Behörde keine Mittel gleicher Eignung zur Verfügung stehen. Die Bezirksregierung Köln hat eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft. Keine der berechenbaren Maßnahmen weist nach den Feststellungen des LANUV unter einem vergleichbar kurzen Wirkungszeitraum ein vergleichbares - konkret messbares - Minderungspotential auf. Auch eine Kombination von anderen Maßnahmen wird - so das LANUV - das Minderungspotential nicht in dem für ein Fahrverbot prognostizierten kurzen Zeitraum erreichen, S. 95f. Beiakte 22, Bl. 786 GA.
103Ein solches Fahrverbot ist auch rechtlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu, ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts. Sie können auf die Ermächtigungsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützt werden,
104vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 19 ff.
105Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht. Diese sieht eine Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen mit einer roten, gelben oder grünen Plakette vor. Mit diesem bundeseinheitlichen Plakettensystem wird ein differenzierter Eingriff in den Fahrzeugverkehr zugelassen und die Überwachung von Fahrverboten sehr vereinfacht. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart der Fahrzeuge anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben oder unionsrechtskonform ausgelegt werden,
106vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 31, 37.
107Die Umsetzung unionsrechtlich gebotener Verkehrsverbote scheitert zudem nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften,
108vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 51 ff.
109Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.
110Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer „Blauen Plakette“, mit deren Schaffung indes auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist,
111vgl. die im Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. September 2018 - 4 K 1613/15.WI -, juris Rdn. 86 wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland sowie Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP, BTDrucks 19/5237 vom 23. Oktober 2018, S. 2),
112- deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung,
113vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 61ff.
114Verkehrsverbote sind als vom jeweiligen Eigentümer eines Kraftfahrzeugs entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verfassungskonform, soweit sie verhältnismäßig ausgestaltet werden,
115BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 48 f.
116Sowohl bei der Verhängung eines Fahrverbotes wie auch insbesondere bei der Einräumung von Ausnahmen hierzu ist dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen,
117vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 39ff.
118Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbotes, bei der der Planungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zukommt, sind dabei insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Gefährdung der Gesundheit der Innenstadtbewohner, die Beeinträchtigung der Mobilität der hiervon betroffenen Fahrzeugbesitzer - auch und gerade der Pendler -, die Versorgung der Bevölkerung, die Belange der gewerblichen Wirtschaft sowie der Umstand einer bislang unzureichenden Aufklärung über gesundheitliche und investive Risiken durch die Gesundheits- und Verkehrsbehörden bei gleichzeitiger staatlicher Förderung des Erwerbs von Dieselfahrzeugen in den vergangenen Jahren.
119Der einzelne durchschnittliche Käufer eines Diesel-Pkws verweist zu Recht darauf, gutgläubig ein vom Staat subventioniertes Fahrzeug mit entsprechender Fahrzeugtechnik gekauft zu haben. Das Gericht sieht auch, dass es möglicherweise insbesondere Haltern älterer Diesel-Fahrzeuge nicht ohne Weiteres möglich sein wird, sich aufgrund ihrer Einkommenssituation kurzfristig ein anderes, schadstoffarmes Fahrzeug zuzulegen. Besondere Beachtung verdienen hierbei auch gewerbliche Betriebe, für die die Nutzung ihres Fuhrparks von existentieller Bedeutung ist und die diesen nicht kurzfristig austauschen können.
120Das Gericht verkennt hierbei auch nicht den Umstand, dass vielen Dieselbesitzern Fahrzeuge verkauft wurden, die den gesetzlichen Anforderungen an deren Abgasreinigung nicht entsprechen. Betrogene Käufer sind hier jedoch darauf zu verweisen, sich an die sie betrügenden Verantwortlichen zu halten und gegen diese gegebenenfalls zivilrechtlich vorzugehen.
121Diesen Aspekten ist aber andererseits die Gefährdung der Gesundheit, insbesondere der Bewohner des Kölner Stadtgebiets gegenüberzustellen.
122Angesichts des bereits verstrichenen Zeitraums, in dem der NO2 – Grenzwert im Stadtgebiet von Köln überschritten worden ist und der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt,
123vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris Rdn. 154,
124vermögen die dem Schutz der Gesundheit gegenläufigen Interessen – auch angesichts des Umstandes, dass die Überschreitungen des NO2 – Grenzwertes in den letzten Jahren zurückgegangen sein mögen und der Zeitraum bis zur Einhaltung desselben nach Ansicht des beklagten Landes gering ist – nicht zu überwiegen.
125Im Übrigen lässt sich in diesem Kontext beispielsweise auf einkommensschwache Mieter einer Erdgeschosswohnung hinweisen, die ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in eine Wohnung im Grünen umzuziehen. Diese wie auch die übrigen Bewohner Kölns sind im Zweifel der stark belasteten Atemluft durchgehend, sieben Tage die Woche, ausgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Gesundheit der in Köln arbeitenden Menschen, der Besucher der Stadt sowie aller Verkehrsteilnehmer, die sich in den zahlreichen hoch belasteten Straßenkörpern aufhalten.
126Vor dem Hintergrund der erheblichen Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid ist die (gegebenenfalls nur vorübergehende) Einführung von Fahrverboten zur Sicherstellung gesetzlicher Grenzwerte und zum Schutz der Gesundheit aller, die sich in Köln aufhalten, nicht nur grundsätzlich verhältnismäßig, sondern auch geboten und alternativlos.
127Bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Fahrverbote wird das beklagte Land nach Auffassung des Gerichts ein zonenbezogenes Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 in den Luftreinhalteplan für die Stadt Köln aufzunehmen haben.
128Dabei ist - wie dargelegt - ein zonenbezogenes Fahrverbot als mit Abstand wirksamste Maßnahme zur Schadstoffminderung in den fortzuschreibenden Luftreinhalteplan aufzunehmen, die sich an den Grenzen der bestehenden Umweltzone in Köln orientiert.
129Hinsichtlich der von dem Fahrverbot betroffenen Fahrzeuggruppen und der zeitlichen Staffelung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an,
130Urteil vom 27. Februar 2018 - 7 C 30.17 – (Luftreinhalteplan Stuttgart), juris Rdn. 42f.,
131wonach es hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro-4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 keiner Übergangsfristen für die Einführung zonaler Fahrverbote bedarf. Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro-5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen - so das Bundesverwaltungsgericht - zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro-6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro-5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen.
132Vor dem Hintergrund der Verpflichtung, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten, sind Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-3 sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro-5 daher nach derzeitigen Erkenntnissen ab dem 1. April 2019 sowie für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro-5 ab dem 1. September 2019 einzuführen. Bei der Festlegung der Geltungsdauer dieser Verkehrsverbote wird das beklagte Land anhand aktueller Erhebungen die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die (oder einer späteren) Einführung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro-5 gerecht werden, oder eine Verkleinerung der Fahrverbotszone zu reagieren.
133Darüber hinaus ist zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot einzuräumen sind. Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen insbesondere der Abgasnorm Euro-5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen durch den Bund und die Hersteller bis zu dem genannten Termin geschaffen werden sollten.
134Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen wird das beklagte Land grundsätzlich diese so auszugestalten haben, dass der Schadstoffminderungseffekt des Fahrverbots nicht ausgehebelt wird, sondern vielmehr wirksame Anreize zur baldigen Um- bzw. Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge bzw. zur Bildung von Fahrgemeinschaften gesetzt werden. Dies erscheint beispielsweise durch grundsätzlich gebührenpflichtige und in der Regel auf nicht länger als sechs Monate befristete Ausnahmegenehmigungen möglich.
135Nach diesen Maßgaben wird das beklagte Land den Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 fortzuschreiben haben.
136Da die Klage hiernach mit dem Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
138Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
139Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
140Rechtsmittelbelehrung
141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
142Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
143Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
144Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
146Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
147Beschluss
148Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
14930.000,-- €
150festgesetzt.
151Gründe
152Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für das Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Unter Orientierung an Ziff. 34.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach für Verbandsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse regelmäßig Streitwerte von 15.000,-- bis 30.000,-- € vorgesehen sind, wird ein Streitwert in Höhe von 30.000,-- € der Bedeutung der Sache gerecht (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 ‑ 7 C 26.16 ‑ und ‑ 7 C 30.16 ‑, jeweils juris).
153Rechtsmittelbelehrung
154Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
155Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
156Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
157Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.
158Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.
(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.
(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.
(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:
- 1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6, - 2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, - 3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, - 6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und - 7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.
(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.
(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.
(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte
- 1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen, - 2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen, - 3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen, - 4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Wege der Vorabentscheidung ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014 - 2 L 79/14 -, juris Rn. 3 m. w. N.).
- 2
Nach § 718 Abs. 1 ZPO ist in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu verhandeln und zu entscheiden. Diese Vorschrift bezieht sich nicht nur auf den Fall, dass das Berufungsgericht erstmalig über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidet, sondern auch darauf, dass ein Beteiligter eine Entscheidung der ersten Instanz in der Hauptsache und wegen deren Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit anficht. Im letzteren Fall soll durch die Vorschrift des § 718 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit geschaffen werden, die Beteiligten vor den unter Umständen wirtschaftlich schwerwiegenden Auswirkungen einer fehlerhaften Vollstreckbarkeitsentscheidung in der erstinstanzlichen Entscheidung zu bewahren. Diese im Verwaltungsprozess gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend anwendbare Vorschrift ist auch im Verfahren auf Zulassung der Berufung analog anzuwenden (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014, a. a. O. Rn. 4). Die Befugnis des Senats, im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden, folgt bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 718 Abs. 1 ZPO im Stadium des Verfahrens auf Zulassung der Berufung daraus, dass in diesem Verfahren nur die prozessuale Handlungsmöglichkeit des Beschlusses zur Verfügung steht (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011 - 6 S 2904/11 -, juris Rn. 8; OVG NW, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 17 E 1024/13 -, juris Rn. 5; OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014, a. a. O.). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO liegen vor.
- 3
Der Antrag auf Vorabentscheidung ist auch begründet. Bei der Entscheidung über diesen Antrag ist nicht auf die Erfolgsaussichten des Antrags auf Zulassung der Berufung oder einer zugelassenen Berufung abzustellen. Prüfungsmaßstab für die Vorabentscheidung ist allein, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit mit den insoweit maßgebenden Bestimmungen der §§ 167 ff. VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO in Einklang steht (vgl. Pietzner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 167 Rn. 147). Das ist hier - wie die Antragstellerin zutreffend geltend macht - nicht der Fall, soweit das Verwaltungsgericht die auf eine allgemeine Leistungsklage hin erfolgte Verurteilung der Antragstellerin zur amtsangemessenen Beschäftigung der Antragsgegnerin für vorläufig vollstreckbar erklärt hat.
- 4
Nach § 167 Abs. 2 VwGO können Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Über den Wortlaut hinaus schließt es diese Regelung auch aus, Urteile auf allgemeine Leistungsklagen, die nicht auf die Verurteilung zu einer Geldleistung, sondern auf die Vornahme oder Unterlassung schlicht-hoheitlichen Handelns gerichtet sind, über den Kostenausspruch hinaus für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 11 m. w. N.; Pietzner, a. a. O. § 167 Rn. 135 m. w. N.; a. A.: HessVGH, Teilurteil vom 19. September 1989 - 2 S 576/89 -, juris Rn. 16 ff.). Das folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie soll im Interesse der Sicherung der Gewaltenteilung gewährleisten, dass in die Amtsführung der Behörde grundsätzlich nur mit rechtskräftigen Entscheidungen eingegriffen wird, und will mithin verhindern, dass die staatliche Verwaltung durch ein Urteil zu hoheitlichem Handeln angehalten wird, dessen Bestand - mangels Rechtskraft - noch in Frage steht (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 12; Pietzner, a. a. O.). Bei Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Anliegens kann es aber nicht entscheidend darauf ankommen, ob das hoheitliche Verwaltungshandeln in der Form eines Verwaltungsakts erfolgt; vielmehr gelten diese Grundsätze gleichermaßen, wenn eine Behörde durch ein Leistungsurteil - wie hier - verpflichtet werden soll, die Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit zu unterlassen oder hoheitliche Maßnahmen vorzunehmen, so dass § 167 Abs. 2 VwGO insoweit auch auf Urteile, die auf allgemeine Leistungsklagen ergehen, entsprechend anzuwenden ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O.).
- 5
Einer solchen ausdehnenden Anwendung steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 167 Abs. 2 VwGO die Leistungsklage nicht ausdrücklich erwähnt. Denn der Gesetzgeber ist beim Erlass des § 167 Abs. 2 VwGO davon ausgegangen, mit dieser Vorschrift alle verwaltungsgerichtlichen Urteile erfasst zu haben, die ein hoheitliches Handeln zum Gegenstand haben und ihrer Art nach vollstreckbar sind. Zum Zeitpunkt des Erlasses des § 167 Abs. 2 VwGO war die allgemeine Leistungsklage allenfalls als Geldleistungsklage geläufig, während die auf Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlicher Handlungen gerichtete Leistungsklage erst später in das Blickfeld von Rechtsprechung und Schrifttum gelangte (vgl. VGH BW, Beschluss vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 13; Pietzner, a. a. O. § 167 Rn. 135 sowie § 172 Rn. 18).
- 6
Mit dem Leistungsurteil des Verwaltungsgerichts ist der Antragstellerin ein schlicht-hoheitliches Handeln aufgegeben worden. Dass der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Anspruch in ihrer Beamtenstellung wurzelt, ändert daran nichts. Auch die Verurteilung zur amtsangemessenen Beschäftigung eines Beamten greift in die hoheitliche Verwaltung der Antragstellerin ein, auf deren Schutz § 167 Abs. 2 VwGO abzielt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der durch die vorläufige Vollstreckung des Urteils zugunsten der Antragsgegnerin geschaffene Zustand zu einem späteren Zeitpunkt für die Zukunft korrigiert werden könnte und in diesem Sinne nicht irreparabel wäre. Schließlich kann die Antragsgegnerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Verwaltungsgericht die Antragstellerin bereits durch einstweilige Anordnung vom 18. Dezember 2014 verpflichtet hatte, sie - die Antragsgegnerin - amtsangemessen zu beschäftigen. § 167 Abs. 2 VwGO betrifft ausschließlich die Vollstreckung aus Urteilen; der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist demgegenüber an das Vorliegen besonderer Voraussetzungen geknüpft und insbesondere nicht schon aufgrund des Nachweises bzw. der Glaubhaftmachung der materiellen Rechtsposition gerechtfertigt.
- 7
Eine Kostenentscheidung entfällt, da das Verfahren auf Erlass einer Zwischenentscheidung keine eigenständige Kostenfolge auslöst (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 27. Oktober 2014, a. a. O. Rn. 7 m. w. N.).
- 8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Ist bei einer Leistungsklage ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht durch Zwischenurteil über den Grund vorab entscheiden. Das Gericht kann, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, anordnen, daß über den Betrag zu verhandeln ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten, den Luftreinhalteplan der Freien und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass der Grenzwert (Jahresmittelwert) nach der Luftqualitätsrichtlinie, Richtlinie 2008/50/EG bzw. § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV für Stickstoffdioxid eingehalten wird.
- 2
Die Beklagte hat im Oktober 2004 einen Luftreinhalteplan erlassen (http://www.hamburg. de/contentblob/143556/data/luftreinhalteplan.pdf) sowie im Dezember 2005 einen Aktionsplan gegen Belastungen durch Feinstaub Hamburg/Habichtstraße (http://www.ham-burg.de/contentblob/143558/data/aktionsplan-feinstaub.pdf). Nachdem sich im Zuge der Planungen für eine Fortschreibung der Maßnahmen zur Verminderung der Feinstaubbelastung der Partikelgröße PM10 herausgestellt hatte, dass auch die europa- und bundesrechtlich vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) nicht eingehalten werden konnten, begann die Beklagte mit einer Fortschreibung eines integrierten Luftreinhalteplans. Die Fortschreibung erfolgte nach der Beteiligung von Behörden und anderen öffentlichen Stellen, der öffentlichen Auslegung und Bearbeitung der acht eingegangenen Stellungnahmen von Privaten und Verbänden sowie der Beteiligung der Bürgerschaft im Dezember 2012 (Amtl. Anz. vom 28.12.2012 – im Folgenden: Fortschreibung – http://www.hamburg.de/contentblob/3744850/data/fortschreibung-luftreinhalteplan.pdf). In der Fortschreibung werden die Rechtslage, die aktuellere Luftschadstoffbelastung in Hamburg, die bislang ergriffenen Maßnahmen auf nationaler und Hamburger Ebene, die mit der Fortschreibung vorgesehenen Maßnahmen sowie – soweit quantifizierbar – deren erwarteter Effekt und die Prognose zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte dargestellt. Die Fortschreibung sieht zur Reduzierung der NO2-Belastung und weiterer Luftschadstoffbelastungen insgesamt 80 Maßnahmen auf den Gebieten der Mobilität (38 Maßnahmen), der Schifffahrt (7 Maßnahmen) und der Energie (35 Maßnahmen) vor. Zugleich wird in der Fortschreibung (S. 70 f, 87) ausgeführt, dass allein mit den Hamburg zur Verfügung stehenden Maßnahmen die Immissionsgrenzwerte bis 2015, dem Ende der möglichen Verlängerungsfrist nach der Luftqualitätsrichtlinie für die Einhaltung der Grenzwerte, nicht eingehalten werden können. Es wird weiter auf die Regelungsmöglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene wie auch auf die vergleichbaren Probleme in anderen Großstädten Bezug genommen.
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Die Europäische Kommission erhob mit Beschluss vom 20. Februar 2013 in Kenntnis der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gegen die von der Bundesrepublik Deutschland mitgeteilte Verlängerung der Frist gemäß Anhang XI der Richtlinie 2008/50/EG für die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten u.a. insoweit Einwände, als für die Beklagte mitgeteilt worden war, dass die Frist für die Einhaltung des Jahresgrenzwertes für NO2 bis zum Jahr 2015 verlängert werde. Hinsichtlich der Verlängerung der Frist zur Einhaltung des Stundengrenzwertes im Gebiet der Beklagten erhob die Kommission dagegen keine Einwände.
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Die Kläger haben am 5. April 2013 Klage erhoben.
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Der Kläger zu 1) wohnt in der Max-Brauer-Allee. Er macht geltend, an seinem Wohnort und auf dem mit dem Fahrrad bewältigten Weg zur Arbeitsstätte in der A-Straße (entlang der Max-Brauer-Allee, B-Straße, C-Straße) werde der Immissionsgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ mit einem Wert von 65 µg/m³ im Jahresmittel (Max-Brauer-Allee 92) erheblich überschritten. Seine Gesundheit sei durch die andauernden NO2-Immissionen gefährdet. Mit den nach der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen sei nach den Feststellungen der Beklagten eine Reduzierung der Immissionen bis auf den gesetzlichen Grenzwert selbst bis zum Jahr 2026 nicht zu erreichen. Ihm stehe daher ein Anspruch aus § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 27, 3 der 39. BImSchV auf Aufnahme schneller wirkender und wirksamerer Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zu. Seine Klagebefugnis als Betroffener sei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie der deutschen Verwaltungsgerichte anerkannt. Nichts anderes ergebe sich aus einem Urteil des OVG Münster, in dem eine Klagebefugnis für eine Klage auf sogenannte planunabhängige Maßnahmen zur Verminderung der Luftschadstoffimmissionen gemäß § 45 BImSchG anerkannt werde. Die Möglichkeit zur Durchsetzung derartiger Maßnahmen stehe einer Klagebefugnis im Hinblick auf planabhängige Maßnahmen aufgrund des als drittschützend anerkannten § 47 BImSchG nicht entgegen. Auch fehle es insoweit nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn er könne sein Rechtsschutzziel mit planunabhängigen Maßnahmen nicht auf eindeutig einfachere Weise erreichen. Auch hinsichtlich dieser Maßnahmen stehe der Beklagten Ermessen zu. Zudem setze ein Einschreiten nach § 45 BImSchG nach wohl herrschender Auffassung voraus, dass die erforderliche Abhilfe bei Grenzwertüberschreitungen nicht über Pläne erreicht werden könne. Auch gehe die Beklagte selbst davon aus, dass die Einhaltung der Grenzwerte nur durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen erreicht werden könne. Dies setze eine Planung voraus.
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Der Kläger zu 2) ist ein anerkannter Umweltverband. Er beruft sich auf sein Recht, in den Fällen, in denen durch Unionsrecht substanziell verfahrensrechtliches und materiellrechtliches Umweltschutzrecht gesetzt worden sei, dessen Einhaltung gegenüber dem Staat gerichtlich durchzusetzen. Die Klagebefugnis von Umweltverbänden auf Erlass geeigneter Luftreinhaltepläne habe das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausdrücklich anerkannt.
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Die Kläger berufen sich auf einen Anspruch auf Ergreifung wirksamer Maßnahmen zum schnellstmöglichen Ausschluss der Überschreitung von Grenzwerten. Dieser ergebe sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 RL 2008/50 EG. Sie machen geltend, die Beklagte verletze Unionsrecht und dessen Umsetzung in innerstaatliches Recht (§ 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 27, 3 der 39. BImSchV), indem sie nicht alle Maßnahmen ergriffen habe, die möglich und verhältnismäßig seien, damit die Immissionsgrenzwerte für NO2 (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) spätestens bis zum Ende des Jahres 2015 im Gebiet der Beklagten eingehalten werden. Sowohl aus dem Luftreinhalteplan selbst, als auch aus einer Rüge durch die Europäische Kommission ergebe sich, dass die Beklagte ihren immissionsschutzrechtlichen Pflichten nicht genügt habe. Die Überschreitung des Jahresmittelwertes für NO2 ergebe sich zudem aus einem von der Beklagten selbst in Auftrag gegebenen Gutachten des Ingenieurbüros L. GmbH & Co KG (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg), das die Messwerte des Hamburger Luftmessnetzes nach den eigenen Angaben der Beklagten bestätige. Dem Anspruch stünden die Schwierigkeiten, die Grenzwerte einzuhalten, nicht entgegen. Diese seien bei der Novellierung des europäischen Luftreinhalterechts bekannt gewesen und hätten dazu geführt, dass in Art. 22 RL 2008/50 EG die Möglichkeit zur Verlängerung der Fristen für die Einhaltung der Grenzwerte normiert worden sei. Davon sei auch Gebrauch gemacht worden.
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Die Kläger vertreten die Auffassung, es stünden wirksamere Mittel zur Verminderung der NO2-Belastung zur Verfügung, wie etwa die Einführung einer City-Maut, einer Umweltzone und der Bau der Stadtbahn. Die City-Maut und die Umweltzonen seien in anderen Städten eingeführt worden und seien zur Minderung derartiger Immissionen – auch von Gerichten - allgemein anerkannt. Die Beklagte verwerfe derartige Maßnahmen ohne eingehende Diskussion als unverhältnismäßig. Die Kläger erkennen an, dass ihnen angesichts der Vielzahl möglicher Maßnahmen zur Luftreinhaltung kein Anspruch auf die Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zustehe. Die Beklagte könne sich aber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie bereits eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen habe. Der Anspruch der Kläger richte sich nicht nur auf die Einführung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung, sondern auf die Einführung von Maßnahmen, mit denen sich die Einhaltung der Grenzwerte erreichen lasse. Dazu seien die bislang von der Beklagten geplanten Maßnahmen nach deren eigenen Feststellungen in der Fortschreibung nicht ausreichend. Die Beklagte könne sich weiter nicht darauf berufen, dass die tatsächlich gemessenen Luftverunreinigungen hinter den der Luftreinhalteplanung zugrunde gelegten Luftverunreinigungen zurückblieben. Das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffbelastung und -prognose sei in §§ 13 ff der 39. BImSchV verbindlich vorgegeben. Die Grenzwertbildung und die Methodik der Erhebung seien als rechtliche Einheit zu betrachten. Soweit die Beklagte sich auf die Berücksichtigung getroffener, in ihren Auswirkungen aber nicht quantifizierbarer Maßnahmen berufe, gehe dies fehl, weil sich eben nicht feststellen lasse, dass diese Maßnahmen tatsächlich einen berücksichtigungsfähigen Effekt hätten. Die Beklagte könne schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass Maßnahmen wie die Einführung einer Umweltzone unverhältnismäßig seien. Einerseits verlangten sie nicht die Einführung einer Umweltzone, deren Einführung im Übrigen in allen Städten, in denen sie bislang Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden sei, für rechtmäßig gehalten worden sei. Standortspezifische Besonderheiten seien nicht erkennbar. Zwar sei nicht zu verkennen, dass ein Teil der Immissionen aus dem Hafenbetrieb stamme. Könne dieser Anteil jedoch nicht hinreichend schnell verringert werden, müsse auf andere Maßnahmen zurückgegriffen werden. Andererseits ergebe sich aus der 1. Fortschreibung des Luftreinhalteplans, dass die NO2-Belastung in den hauptbetroffenen Stadtteilen durch den straßenbezogenen Verkehr verursacht sei.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagte zu verpflichten, den derzeit in seiner Fassung der 1. Fortschreibung vom 28. Dezember 2012 gültigen Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt Hamburg so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält,
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hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu bescheiden, dass eine Änderung des gültigen Luftreinhalteplans die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des genannten Immissionswertes enthält.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die Klagen seien bereits unzulässig. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile anerkannt, dass Umweltverbänden aufgrund europäischen Rechts eine Klagebefugnis hinsichtlich des Erlasses von Luftreinhalteplänen zukomme. Auch sei § 47 BImSchG wohl nach der Rechtsprechung als drittschützend anzusehen. Die Klage des Klägers zu 1) sei mit dem angekündigten Klageantrag jedoch unzulässig, weil er der Sache nach ein Recht auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans aus Gründen des Gesundheitsschutzes geltend mache und daher darauf beschränkt sei, Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 in dem Bereich zu verlangen, in dem seine Gesundheit aktuell gefährdet sei. Ihm fehle es auch an einem Rechtsschutzinteresse, weil er Maßnahmen zu seinem Gesundheitsschutz einfacher durch eine Forderung von planunabhängigen Maßnahmen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG verfolgen könne. Die Klage beider Kläger sei mit den angekündigten Anträgen unzulässig, weil diese zu unbestimmt seien. Der Tenor einer Leistungsklage müsse grundsätzlich einen vollstreckbaren Inhalt haben. Daran fehle es, wenn – wie hier – nur das mit der eingeklagten Ergänzung des Luftreinhalteplans zu erreichende Ziel der Klage, nicht aber eine konkrete Maßnahme begehrt werde. Eine solche Tenorierung führe dazu, dass die sachliche Auseinandersetzung über die Geeignetheit und Hinlänglichkeit einer jeden Maßnahme in das Vollstreckungsverfahren verlagert werde, wenn die Kläger nach einem Erfolg ihrer Klage im Vollstreckungsverfahren jede von der Beklagten getroffene (oder unterlassene) Maßnahme prüfen lassen könnten.
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Die Klagen seien auch unbegründet. Den Klägern stehe kein Anspruch auf Aufnahme bestimmter Maßnahmen in den Luftreinhalteplan zu. Der Anspruch beschränke sich darauf, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der Maßnahmen enthalte, mit denen die Immissionsgrenzwerte in möglichst kurzer Zeit erreicht werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere das entsprechende Gebot eine Bewertung der zur Immissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf die zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus könne sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lasse. Auch insoweit werde aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen. Vielmehr könne nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden. Diesen Anforderungen genüge die Fortschreibung. Ein weitergehender Anspruch der Kläger sei weder der Anspruchsgrundlage zu entnehmen, noch mit dem planerischen Charakter der Luftreinhalteplanung vereinbar. Sie sei durch Rechtsnormen lediglich auf das Ziel der möglichst zeitnahen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte verpflichtet, die Wahl der Mittel bleibe ihr überlassen. Sie habe alle denkbaren und verhältnismäßigen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte in ihren Luftreinhalteplan aufgenommen. Die Zielerreichung hänge allerdings auch von Faktoren ab, auf die sie keinen Einfluss habe. Die Grenzwertüberschreitungen zeigten sich in Hamburg ausschließlich an den Standorten der verkehrsnahen Messstationen direkt am Straßenrand in 1,5 m Messhöhe, so auch in der Max-Brauer-Allee auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen. Bereits in wenigen Metern Entfernung in den Seitenstraßen nehme die NO2-Belastung so weit ab, dass sie nur noch geringfügig über der Hintergrundbelastung und deutlich unter den Grenzwerten liege. Es sei daher fraglich, ob die Prognose, die der Fortschreibung zugrunde liege, nicht von zu hohen Immissionswerten ausgehe. Zugleich habe sich die Luftqualität in Hamburg in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Eine aktuelle Veröffentlichung des Umweltbundesamtes aus dem Mai 2014 gehe davon aus, dass der NO2-Jahresmittelgrenzwert in Hamburg auch ohne die nach der Fortschreibung vorgesehenen Minderungsmaßnahmen im Jahr 2020 an den Verkehrsmessstationen eingehalten werde (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_35_2014_komplett.pdf, S. 295 - 302). Ursache für die bislang anhaltend hohe NO2-Belastung bei im Übrigen rückläufiger Schadstoffbelastung der Luft in den Städten seien vor allem die Zunahme an dieselgetriebenen Fahrzeugen und die Partikelfilterung, die teilweise mit einer erheblichen Zunahme des NO2-Ausstoßes einhergehe. Zwar werde bei der Nutzung von Dieselfahrzeugen, die die Euro-6-Norm erfüllen, die NO2-Belastung abnehmen. Die Umstellung auf die Euro-6-Norm für Dieselfahrzeuge werde aber erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen und sei von ihr kaum zu beeinflussen. Sie habe jedoch ein umfangreiches Paket an Maßnahmen in die Fortschreibung aufgenommen, darunter Maßnahmen zur Verschiebung des Modal Split durch Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausbau der Fahrradinfrastruktur, Ausbau von Mobilitätsservicepunkten mit Sharing-Angeboten und anderes. Auch habe sie Maßnahmen zur Fahrzeugflottenerneuerung mit NO2-armen Antrieben und zur Verkehrsverstetigung und damit zur Verminderung der Anfahr- und Beschleunigungsvorgänge vorgesehen. Der Umsetzungsstand der Maßnahmen werde in einem Monitoringprozess überwacht. Die Beklagte führt insoweit näher zum Stand der Umsetzung der geplanten Maßnahmen aus. Sie weist weiter darauf hin, dass neben den Maßnahmen, aufgrund derer bei Erstellung der Fortschreibung von einer konkret bezifferten Minderung der NO2-Belastung ausgegangen worden sei, durch einen erheblichen Teil der geplanten Maßnahmen eine Verminderung der NO2-Belastung eintreten werde, die noch nicht habe beziffert werden können, weil die Auswirkungen der Maßnahmen nicht hinreichend quantifizierbar gewesen seien, um nach den gesetzlichen Vorgaben in die Prognoseberechnung einbezogen werden zu können.
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Abschließend vertritt die Beklagte die Auffassung, die von den Klägern ins Feld geführten weiteren Maßnahmen zur NO2-Reduzierung seien nicht zu ergreifen. Dem Anspruch der Kläger werde mit den geplanten Maßnahmen genügt. Den von den Klägern, insbesondere dem Geschäftsführer der Klägerin zu 2) in einer Anhörung in der Hamburgischen Bürgerschaft genannten Maßnahmen – auf die sich die Beklagte angesichts der mangelnden Fassbarkeit aller denkbaren Maßnahmen beschränke – stünden Bedenken entgegen. Die Einführung einer nach der geltenden Gesetzeslage auf die Feinstaubreduzierung ausgerichteten Umweltzone sei ein ungeeignetes Mittel. Die stark NO2-emittierenden Fahrzeuge der Normen Euro-3 (mit Partikelfilter), Euro-4 und Euro-5 bekämen eine grüne Plakette und könnten durch die Einführung einer Umweltzone nicht an der Teilnahme am Straßenverkehr in Hamburg gehindert werden. Die mangelnde Eignung der Umweltzonen zur Verminderung der NO2-Immissionen habe letztlich auch der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) zugestanden. Die Einführung einer blauen Plakette in der 35. BImSchV, die mit einer NO2-Reduzierung einhergehen würde, stehe nicht in der Macht der Beklagten und sei daher gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG nicht in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Die Einführung einer City-Maut, deren Ausgestaltung im Übrigen noch unklar sei, bedürfe ebenfalls einer bundesrechtlichen Grundlage und könne daher gemäß § 47 Abs. 6 BImSchG nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Zur Reduzierung hafenbezogener Emissionen habe sie, die Beklagte bereits die wesentlichen Maßnahmen vorgesehen. Sie bemühe sich um die Landstromversorgung von Schiffen und um den Einsatz privater sogenannter „LNG-Bargen“ (Bargen, die über mit Flüssiggas betriebene Stromerzeuger verfügen), durch die im Hafen liegende Schiffe während der Liegezeit emissionsarm mit Strom versorgt werden können. Zur Stärkung des Radverkehrs unternehme sie bereits erhebliche Anstrengungen mit einem deutlichen Ausbau des „StadtRAD Hamburg – Systems“ und der geplanten Einführung der Alsterrouten. Den Bau einer Straßenbahn/Stadtbahn als drittes schienengebundenes Verkehrsmittel neben der S- und U-Bahn halte sie nicht für sinnvoll. Sie stärke allerdings den ÖPNV mit der Metro-Buslinie 5, die im Dezember 2014 den Betrieb aufnehme und mit der Planung einer U-Bahnlinie 5 sowie dem Ausbau bestehender Linien. Ob eine generelle Beschränkung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h auch auf den Hauptverkehrsstrecken überhaupt zu einer Verminderung der NO2-Belastung führen würde, sei nach den jüngsten Studien des Umweltbundesamtes (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikation-en/texte_26_2014_komplett_23.5.2014_0.pdf - Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung) sowie der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/23231/aviso-bericht-wirkung-tempo30-2012.pdf?command=downloadContent&filename=aviso-bericht-wirkung -tempo30-2012.pdf - Ersteinschätzung der Wirkung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen auf die NOx- und PM10-Emissionen) nicht klar. Eine Herabsetzung der NO2-Emissionen könne durch eine solche Maßnahme nur erreicht werden, wenn sie zur Verstetigung des Verkehrsflusses führe. Das sei für die Hauptverkehrszeiten nicht erkennbar. Zudem berge die Tempoverminderung auf den Hauptverkehrsstraßen das Risiko, dass die Bündelungswirkung der Hauptverkehrsstraßen verloren gehe und es zu Verlagerungseffekten in das nachgeordnete Netz der bestehenden Tempo-30-Zonen komme. Das sei mit dem Gebot des § 26 der 39. BImSchV zur Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität nicht vereinbar. Eine flächendeckende Gewichtsbeschränkung der Fahrzeuge im Sinne eines „LKW-Fahrverbotes“ sei gegenwärtig kein realisierbares Konzept, weil keine alternativen Transportkapazitäten für den Wirtschaftsverkehr zur Verfügung stünden. Lokale Einschränkungen des Verkehrs würden nach den Erfahrungen mit Baustellen lediglich zu einer Umlagerung des Verkehrs führen, nicht aber zu einer flächendeckenden Verminderung des Verkehrs. Eine Landesförderung für Euro-6-Fahrzeuge könne, selbst wenn man sie im Ergebnis befürworte, obwohl sie nach dem Beihilferecht der Europäischen Union nicht (mehr) vorgesehen sei, nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Zu ihrer Einführung bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage, zu deren Schaffung sie nicht durch einen Luftreinhalteplan verpflichtet werden könne.
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Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurden die von der Beklagten übersandten 11 Leitzordner Sachakten gemacht.
Entscheidungsgründe
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Die von den Klägern erhobene Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.).
I.
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Die Klage ist zulässig.
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Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Begehren des Klägers auf die Vornahme einer nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Amtshandlung der Verwaltung gerichtet ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb § 40 Rn. 8a). So liegt der Fall hier, denn der Luftreinhalteplan, dessen Änderung die Kläger begehren, ist kein Verwaltungsakt, sondern seiner Rechtsnatur nach einer Verwaltungsvorschrift ähnlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21/12, E 147, 312 m.w.N.).
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Der von den Klägern gestellte Klageantrag ist hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Dem Antrag ist zu entnehmen, welches konkrete Klageziel die Kläger erstreben, nämlich den Erlass eines Luftreinhalteplans, dessen Maßnahmen dazu führen, dass der Jahresmittelgrenzwert für NO2 so schnell wie möglich eingehalten wird. Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, dass die Vollstreckung eines stattgebenden Urteils Schwierigkeiten bereiten kann, wenn lediglich das Ziel der Luftreinhaltungsmaßnahmen durch das Urteil vorgegeben wird, nicht aber die zur Erreichung des Ziels von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen. Die Benennung allein des Ziels der Luftreinhaltung spiegelt jedoch die planerische Gestaltungsfreiheit wider, die das Gesetz der Beklagten einräumt (BVerwG, Urt. v.5.9.2013, a.a.O., m.w.N).
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Die Kläger sind klagebefugt. Für den Kläger zu 1) ergibt sich die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche (BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, a.a.O.) Klagebefugnis daraus, dass er als Anwohner der Max-Brauer-Allee von der an der Messstation Max-Brauer-Allee 92 gemessenen Überschreitung des über ein Jahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 betroffen ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität in der Fassung der Verordnung Nr. 1882/2003 müssen von Grenzwertüberschreitungen Betroffene die Möglichkeit haben, die zuständigen nationalen Behörden dazu zu bringen, einen Aktionsplan zu erstellen (Urt. v. 25.7.2008, C-237/07, juris). Diese aus Art. 249 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und früheren Judikaten abgeleitete, zu der Vorgängerrichtlinie der im vorliegenden Fall anwendbaren Richtlinie 2008/50/EG ergangene Rechtsprechung ist auf die Befugnis zur Klage auf Luftreinhaltepläne nach der aktuell geltenden Richtlinie und – in deren Umsetzung – nach § 47 Abs. 1 BImSchG, übertragbar. Die Luftqualitätspläne nach Art. 23 der Richtlinie 2008/50/EG bzw. Luftreinhaltepläne gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG sind an die Stelle der Aktionspläne nach Art. 7 Abs. 3 der Vorgängerrichtlinie getreten. Anhaltspunkte dafür, dass Individualrechtsschutz in Bezug auf Luftqualitätspläne nach der Richtlinie 2008/50/EG abweichend von der Vorgängernorm hätte ausgeschlossen werden sollen, liegen nicht vor. Auch den Regelungen zum Luftreinhalteplan nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber den Individualrechtsschutz bei der Umsetzung der Richtlinie hätte begrenzen wollen.
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Hinsichtlich der Klagebefugnis des Klägers zu 2), eines anerkannten Umweltverbandes, folgt das Gericht aus Gründen der Vereinheitlichung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 5.9.2013, a.a.O.). Danach können anerkannte Umweltverbände aus eigenem Recht Luftreinhaltepläne einklagen.
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Den Klägern steht schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Daran fehlt es regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen lassen (Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 42 Rn. 335). An solchen Umständen fehlt es hier. Das Rechtsschutzinteresse ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte (schon vor Klageerhebung) im Dezember 2012 eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans erlassen hat, in der die Maßnahmen bezeichnet werden, die sie zur Verminderung der NO2-Belastung zu ergreifen beabsichtigt. Dem Begehren der Kläger ist damit nicht bereits entsprochen. Sie berühmen sich eines Rechtes auf den Erlass des Luftreinhalteplans, der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresmittelgrenzwertes für diesen Luftschadstoff enthält und machen geltend, die aktuelle Fortschreibung genüge dem nicht. Ob das geltend gemachte Recht tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.
II.
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Die Klage hat in der Sache Erfolg. Den Klägern steht ein Anspruch auf Erlass eines Luftreinhalteplans zu, der Maßnahmen vorsieht, die zur baldigen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ führen.
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Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist § 47 Abs. 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift, mit der Deutschland Art. 23 Abs. 1 RL 2008/50/EG umsetzt, hat die zuständige Behörde dann, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48 a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Die Beklagte war danach verpflichtet, den Luftreinhalteplan aufzustellen bzw. den bestehenden Luftreinhalteplan fortzuschreiben (dazu 1.). Die Fortschreibung ist formell fehlerfrei erfolgt (dazu 2.). Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan jedoch nicht den Anforderungen (dazu 3.). Die Beklagte war daher zu verurteilen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt (dazu 4.).
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1. Die Beklagte war gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2004 fortzuschreiben oder einen neuen Plan zu erlassen, weil der durch die 39. BImSchV festgelegte Immissionsgrenzwert für die NO2-Belastung im Jahresmittel nicht eingehalten wurde. Die aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV) vom 2. August 2010 dient der Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Danach war die Beklagte verpflichtet, einen Luftreinhalteplan für NO2 aufzustellen, weil der Jahresmittelgrenzwert dafür selbst unter Berücksichtigung einer Toleranzmarge überschritten wurde. Nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV beträgt der zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 μg/m3. Dieser Grenzwert war gemäß Anlage 11 B der 39. BImSchV ab dem 1. Januar 2010 einzuhalten. Die Toleranzmarge beträgt 50 %, gilt aber nur im Zusammenhang mit einer nach § 21 der 39. BImSchV gewährten Fristverlängerung und es ist gemäß § 21 Abs. 4 Satz 2 der 39. BImSchV sicherzustellen, dass die Toleranzmarge eingehalten wird. Die Inanspruchnahme einer solchen Fristverlängerung hat die Beklagte zwar gemäß § 21 Abs. 2 der 39. BImSchV durch die Bundesregierung der Kommission mitgeteilt. Die Kommission hat dagegen jedoch innerhalb der neunmonatigen Frist nach § 21 Abs. 4 Satz 1 der 39. BImSchV im Hinblick auf den Jahresmittelgrenzwert Einwände erhoben, so dass die Fristverlängerung und damit die Toleranzmarge nicht gelten. Selbst unter Berücksichtigung der Toleranzmarge war aber ein Luftreinhalteplan für NO2 aufzustellen, weil der Jahresmittelgrenzwert in den Jahren bis einschließlich 2011 an drei der vier Verkehrsmessstellen (Habichtstraße 2010: 60 μg/m3, 2011: 61 μg/m3, Max-Brauer-Allee 2010: 70 μg/m3, 2011: 67 μg/m3, Stresemannstraße 2010: 66 μg/m3, 2011: 61 μg/m3) oberhalb von 60 µg/m3 und damit oberhalb der Toleranzmarge lag.
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2. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung zur Aufstellung des Luftreinhalteplans formell fehlerfrei nachgekommen. Sie hat den Luftreinhalteplan gemäß § 27 Abs. 4 der 39. BImSchV als integrierten Luftreinhalteplan aufgestellt, weil neben dem Jahresmittelgrenzwert für NO2 im Jahr 2010 an einer Messstation auch der Stundenmittelgrenzwert für NO2 und im Jahr 2011 die zulässige Zahl der Überschreitungen der Grenzwerte für die Feinstaubbelastung (PM10) überschritten worden waren. Die Fortschreibung enthält die nach Anlage 13 zur 39. BImSchV erforderlichen Angaben. Das Verfahren zum Erlass der Fortschreibung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die nach § 47 Abs. 5 a) BImSchG vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt und sind die fristgemäß eingegangenen Stellungnahmen bei der Erstellung des Plans berücksichtigt worden. Der Plan ist im Amtsblatt veröffentlicht und einen Monat öffentlich ausgelegt worden und der Öffentlichkeit im Internet zugänglich.
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3. Inhaltlich genügt der fortgeschriebene Luftreinhalteplan jedoch nicht den Anforderungen.
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a) Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Gemäß § 47 Abs. 4 BImSchG sind die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.
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Die in dem Luftreinhalteplan vorgesehenen Maßnahmen müssen dementsprechend nicht zu einer vollständigen und sofortigen Verhinderung der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten führen (vgl. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 47 Rn. 14). Diese Vorgabe entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu dem Inhalt von Aktionsplänen nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62 und ist auf die dem aktuellen Recht zugrunde liegende Vorschrift des Art. 23 RL 2008/50 EG übertragbar. Der Europäische Gerichtshof hat in der genannten Entscheidung weiter konkretisierend ausgeführt (Urt. v. 25.7.2008, C-237/07, Rn. 45 – 47, juris), aus dem Aufbau der Richtlinie, die eine integrierte Verminderung der Luftverschmutzung bezwecke, ergebe sich, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen haben, die geeignet sind, die Gefahr einer Überschreitung und ihre Dauer unter Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und der betroffenen Interessen auf ein Minimum zu reduzieren. Unter diesem Aspekt sei darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten über einen Ermessensspielraum verfügen, dass Art. 7 Abs. 3 RL 96/62 aber die Ausübung dieses Ermessens hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen, die der Aktionsplan enthalten muss, am Ziel der Verringerung der Gefahr der Überschreitung und der Beschränkung ihrer Dauer unter Berücksichtigung des Ausgleichs, der zwischen diesem Ziel und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen sicherzustellen ist, Grenzen setzt. Den Mitgliedstaaten obliege nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans und kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und aller betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren.
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Aus diesen Ausführungen lässt sich zunächst entnehmen, dass es für die Beurteilung, ob ein Luftreinhalteplan den Anforderungen des § 47 BImSchG und des zugrundeliegenden europäischen Rechts genügt, auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ankommt. Denn der Europäische Gerichtshof stellt ausdrücklich auf die Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und betroffenen Interessen ab. Dies kann sich nur auf den genannten Zeitpunkt beziehen, weil die zur Aufstellung des Luftreinhalteplans verpflichtete Behörde nur bis zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, die vorliegenden Umstände und betroffenen Interessen in ihre Entscheidung mit einzubeziehen. Die Wahl dieses Zeitpunktes als für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit des Luftreinhalteplans maßgeblich trägt auch dem Umstand Rechnung, dass das Gericht allein zur Kontrolle des von der Behörde erstellten Luftreinhalteplans berufen und in der Lage ist, nicht aber zur Ausübung eigenen planerischen Ermessens.
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Den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs ist weiter zu entnehmen, dass nach europäischem Recht bei der Entscheidung über die in den Luftreinhalteplan aufzunehmenden Maßnahmen nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte abzustellen ist, sondern dass die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu geschehen hat und dass das Ziel der Luftreinhaltung zu einem Ausgleich mit jenen Interessen zu bringen ist. Ein solcher Ausgleich findet zwar nicht ausdrücklich in § 47 BImSchG und der 39. BImSchV seine Entsprechung. § 47 Abs. 4 BImSchG, der auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abstellt, betrifft lediglich die Verteilung der Belastung auf die unterschiedlichen Emittenten entsprechend ihrem Anteil an der Luftschadstoffbelastung. Das Gebot des Interessenausgleichs ist jedoch in der Vorgabe des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG enthalten, Maßnahmen zu treffen, die die Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich halten. Die Anbindung an das Mögliche ist im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 GG vorgegebene Rechtsstaatsprinzip und den daraus folgenden, im deutschen Recht staatliches Handeln beschränkenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel dahingehend zu verstehen, dass bei der Auswahl der Maßnahmen, die in den Luftreinhalteplan aufzunehmen sind, auch die entgegenstehenden Interessen zu berücksichtigen sind, soweit mit den zu planenden Maßnahmen in Rechte Dritter eingegriffen werden kann. Die Beschränkung auf das Mögliche bedeutet in gleicher Weise aber auch, dass die Behörde bei der Planung von Luftreinhaltemaßnahmen entgegenstehende öffentliche Interessen zu berücksichtigen hat. Die Luftreinhaltung zum Schutz der menschlichen Gesundheit (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV) stellt ein sehr gewichtiges, aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen (und staatlichen Aufgaben) genießendes Ziel dar. Allerdings geht das Gericht davon aus, dass dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen bei dem vorzunehmenden Ausgleich umso mehr an Gewicht zukommt, je gravierender die Gesundheitsgefährdung ist und je länger diese andauert.
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b) Diesen Maßstäben genügen die von der Beklagten in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Maßnahmen nicht.
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aa) Die Maßnahmen, die von der Beklagten in den Luftreinhalteplan aufgenommen und in ihrer Wirkung quantifiziert worden sind – Luftgütepartnerschaft, Erneuerung der Busflotte, Verschiebung des Modal-Splits zugunsten des Umweltverbundes – sowie die prognostizierte Flottenerneuerung des Kfz-Bestandes in Hamburg führen nicht zur Einhaltung des Grenzwertes nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV. Nach den eigenen Erwartungen der Beklagten (Fortschreibung, S. 87) ist der Jahresmittelgrenzwert an der Max-Brauer-Allee, dem Wohnort des Klägers zu 1), mit den vorgesehenen Maßnahmen bis zum Ende des Prognosezeitraums im Jahr 2026 nicht einzuhalten, während die Einhaltung des Grenzwertes an den Verkehrsmessstationen Kieler Straße (2017/2018), Stresemannstraße (2023) und Habichtstraße (2025) früher erreicht werden soll.
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bb) Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, bei einer noch regelkonformen Positionierung der Messinstrumente an den Verkehrsmessstationen entsprechend der Anlage 3 der 39. BImSchV (10 m entfernt vom Fahrbahnrand in 4 m Höhe, statt am Fahrbahnrand in 1,5 m Höhe) würde sich eine deutlich geringere NO2-Belastung ergeben. Dies gelte besonders für die Verkehrsmessstation an der Max-Brauer-Allee, die auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen aufgestellt sei. Die Beklagte hat die Aufstellungsorte selbst und regelkonform gewählt und auf die ermittelten Werte ihre Luftreinhalteplanung und die Immissionsprognosen gestützt. Die Wahl der Standorte für die Immissionsmessungen liegt – im Rahmen der rechtlichen Vorgaben– im Ermessen der Beklagten. Dieses hat sie fehlerfrei ausgeübt. Das Gericht hat weder einen Anlass noch das Recht zu prüfen, ob eine andere Wahl der Verkehrsmessstationen zu für die Beklagte günstigeren Werten der NO2-Belastung führen würde. Einer Beweiserhebung bedarf es insoweit nicht.
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Ebenso wenig kann die Beklagte mit Erfolg geltend machen, in die Immissionsprognosen seien die zahlreichen in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht quantifizierten Maßnahmen zur Luftreinhaltung nicht mit eingeflossen, es sei daher davon auszugehen, dass sich die NO2-Belastung stärker reduzieren werde, als dies prognostiziert worden sei. Einer Berücksichtigung dieser Annahme steht schon entgegen, dass es die Aufgabe der Beklagten bei der Erstellung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans gewesen wäre, die quantifizierbaren Auswirkungen der geplanten Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich zu quantifizieren und in die Prognosen einzustellen. Soweit nicht hinreichend konkret absehbar war, dass und in welchem Umfang die Maßnahmen zu einer Verminderung der Luftschadstoffbelastung führen würden und der Aufwand einer weiteren Konkretisierung oder die damit verbundenen Festlegungen nicht erbracht werden konnten und sollten, war es konsequent, diese Maßnahmen – wie geschehen – bei der Prognose der Entwicklung der Schadstoffbelastung unberücksichtigt zu lassen. Das Gericht ist nicht dazu berufen, die der Planungshoheit der Beklagten unterliegende Entscheidung, welche Maßnahmen bei der von ihr zu treffenden Immissionsprognose Berücksichtigung finden sollen, durch eigene Erwägungen zu ersetzen. Im Übrigen lassen die nach Erlass der Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgenommenen Messungen auch nicht erkennen, dass sich die Belastung an den Verkehrsmessstationen erheblich günstiger entwickelt hat, als dies prognostiziert worden ist. Die Beklagte hat die Ergebnisse der Messungen an den Verkehrsmessstationen bis einschließlich 2013 vorgelegt (Bl. 511 der Prozessakte). Daraus ergibt sich im Vergleich zur Prognose in der Fortschreibung (S. 87) an der Verkehrsmessstation Kieler Straße eine geringfügig günstigere tatsächliche Entwicklung im Vergleich zur Prognose, während die Prognose für die Habichtstraße in etwa eingetreten ist und die prognostizierte NO2-Verminderung an der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße nicht ganz erreicht worden ist. Nichts entscheidend anderes ergibt sich aus den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Diagrammen, die auch die NO2-Belastung an den Verkehrsmessstationen zum Ende des dritten Quartals 2014 wiedergeben (Bl. 748 der Prozessakte).
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Die Beklagte kann sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Umweltbundesamt in seiner im August 2014 veröffentlichten Studie (Texte 35/2014, Luftqualität 2020/2030: Weiterentwicklung von Prognosen für Luftschadstoffe unter Berücksichtigung von Klimastrategien, S. 301, 302) zu dem Ergebnis kommt, nach dem zugrunde gelegten Szenario werde an allen vier Verkehrsmessstationen der Jahresmittelgrenzwert für NO2 im Jahr 2020 eingehalten werden. Unabhängig davon, dass diese Studie im für die Beurteilung der Fortschreibung maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht existierte, weist sie erhebliche Unsicherheiten in der Berechnung der Schadstoffbelastung für die Verkehrsmessstationen auf. Die Studie selbst geht von einem Unsicherheitsbereich von 5 µg/m3 aus, was bei den Verkehrsmessstationen Max-Brauer-Allee und Habichtstraße für das Jahr 2020 zu einer Grenzwertüberschreitung führen würde.
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cc) Der Fortschreibung des Luftreinhalteplans und den vorgelegten Sachakten ist zu entnehmen, dass die geplanten Maßnahmen zur Verminderung der NO2-Immissionen nicht alle verhältnismäßigen Maßnahmen umfassen, um den zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten Jahresmittelgrenzwert für diese Luftschadstoffe möglichst zeitnah einzuhalten. Der von der Beklagten vorgenommene Ausgleich der widerstreitenden Ziele und Interessen berücksichtigt das Gewicht des Schutzes der menschlichen Gesundheit nicht hinreichend.
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Von einer Gesundheitsgefährdung war hier nach den nicht in Zweifel zu ziehenden Ausführungen der Beklagten im Luftreinhalteplan auszugehen, weil Stickoxide in einen Zusammenhang mit Atemwegs- und Herz-/Kreislauferkrankungen gebracht werden und es bereits im Bereich des Jahresmittelgrenzwertes von 40 μg/m3 zu einer verzögerten Lungenentwicklung von Kindern kommen soll (Fortschreibung, S. 5, 6). Dieser Grenzwert wurde an allen vier Verkehrsmessstationen weit überschritten.
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Dem Schutz der menschlichen Gesundheit durch Verminderung der Luftschadstoffbelastung dienen die von der Beklagten geplanten Maßnahmen.
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Es ist im Grundsatz auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei ihrer Auswahl den Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Verringerung der NO2-Belastung im Bereich des Straßenverkehrs gelegt hat. Gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sind Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Da die NO2-Belastung vorwiegend durch den Straßenverkehr und – in geringerem Maß durch den Schiffsverkehr und sonstige Emittenten wie Industrie und Hausbrand – verursacht wird (Fortschreibung S. 49) waren nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorwiegend Maßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs zu treffen.
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Es ist von der Planungshoheit der Beklagten auch gedeckt und mit dem Ziel des § 47 Abs. 1 BImSchG vereinbar, dass die Beklagte von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen abgesehen hat. Zwar geht das Gericht davon aus, dass verkehrsbeschränkende Maßnahmen, wie etwa Durchfahrtverbote durch besonders belastete Bereiche kurzfristig zu einer Minderung der NO2-Belastung hätten führen können. Die Beklagte hat dazu jedoch in nachvollziehbarer Weise unter Bezugnahme auf Untersuchungen für München ausgeführt, dass eine drastische Beschränkung des Verkehrs erforderlich gewesen wäre, um einen ausreichenden Minderungseffekt bei den NO2-Immissionen herbeizuführen und dass dann mit einer Verlagerung des Verkehrs zu rechnen gewesen wäre.
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Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte auf die Einführung einer Umweltzone im Hinblick auf den geringen zu erwartenden Effekt und die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen, die mit einer Umweltzone verbunden sind, verzichtet hat (Fortschreibung S. 73 – 75). Aus dem von ihr eingeholten Gutachten des Planungsbüros SVU vom 6.5.2010 zur verkehrlichen Bewertung der Auswirkungen der Einrichtung einer Umweltzone ergibt sich, dass die Einführung einer Umweltzone in anderen Städten zu einer deutlichen Abnahme der Rußkonzentration an den verkehrsbelasteten Messorten und im Gefolge in anderen Stadtgebieten geführt hat und dass dies in Zusammenhang mit einer durch die Umweltzone beschleunigten Erneuerung der Fahrzeugflotten sowohl bei PKW als auch bei Nutzfahrzeugen zu bringen war. Aus dem ebenfalls von der Beklagten eingeholten Gutachten des Ingenieurbüros L. vom Dezember 2010 (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg) ergibt sich jedoch, dass die Einführung einer Umweltzone die NO2-Emissionen lediglich um maximal 1,9 µg/m3 mindern würde. In einem weiteren Gutachten (Berechnung Kfz-bedingter Schadstoffemissionen und Immissionen in Hamburg Auswirkung Flottenveränderung 2015 vom September 2012) hatte das Gutachterbüro L. dargestellt, dass bei Diesel-PKW mit einer strengeren EURO-Norm bis EURO 4 die NO2Emissionen technologiebedingt aufgrund der verwendeten Dieselpartikelfiltersysteme teilweise ansteigen und erst ab der EURO 5-Norm sinken würden.
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Auf die Einführung einer City-Maut hat die Beklagte ebenfalls fehlerfrei verzichtet. Dabei kann offen bleiben, ob eine City-Maut zur Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Ziele zulässig wäre (zweifelnd: Schröer, Kullick, Auf dem Weg zur City-Maut, NZBau 2012, 760). Die Beklagte hat sich mit der City-Maut auseinandergesetzt und ihre Entscheidung ermessensfehlerfrei darauf gestützt, dass die City-Maut im Bereich des Güterverkehrs kaum Verminderungen bringen würde sowie, dass sich der PKW-Verkehr lediglich in andere dann stärker immissionsbelastete Bereiche verlagern würde. Außerdem stünden gegenüber verkehrsbeschränkenden Maßnahmen mildere Mittel zur Verfügung, nämlich der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, die verstärkte Verwendung emissionsarmer und -freier Antriebe in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs, im motorisierten Individualverkehr und im innerstädtischen Wirtschaftsverkehr, die Verbesserung des Mobilitätsmanagements und der Ausbau des Verkehrsmanagements, die Verminderung der Emissionen des Schiffsverkehrs durch Landstrom und emissionsärmere Schiffsantriebe sowie die Umsetzung der Energiewende durch Ausbau der Erneuerbaren Energien, neue emissionsärmere Kraftwerke und den Ausbau der emissionsfreien Fernwärme.
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Nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass die Beklagte davon abgesehen hat, im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet gewesen wären, die NO2-Belastung gezielt an den Verkehrsmessstationen kurzfristig zu senken, um so einen formal gesetzeskonformen Luftreinhalteplan zu erstellen. Es entspricht der Ratio der Richtlinie 2008/50 EG sowie von § 47 Abs. 1 BImSchG und der 39. BImSchV, die Luftschadstoffbelastung in dem gesamten Plangebiet auf die festgesetzten Grenzwerte zu beschränken. Die Regelungen dienen dem Gesundheitsschutz der Menschen in der betroffenen Region. Dem wird der Ansatz der Beklagten gerecht. Die Verkehrsmessstationen stellen lediglich ein Hilfsmittel zur Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte dar.
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Fehlerhaft ist die Fortschreibung des Luftreinhalteplans jedoch deswegen, weil die Beklagte die nicht verkehrsbeschränkenden Maßnahmen, die in ihrem Verantwortungsbereich möglich sind, nicht erkennbar mit dem gebotenen Nachdruck verfolgt hat, um eine zeitnahe Verminderung der NO2-Belastung zu erreichen. Da sie verkehrsbeschränkende Maßnahmen einerseits nicht in die Fortschreibung aufnehmen wollte, andererseits aber verpflichtet war, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung die Verminderung der NO2-Immissionen bis auf den Jahresmittelgrenzwert so zeitnah wie möglich zu erreichen, hätte es besonderer Anstrengungen im Bereich der sonstigen Maßnahmen bedurft. Dass solche Anstrengungen nicht unternommen worden sind, deutet sich bereits in der Vorgabe der Finanzbehörde vom 8. August 2012 und der darauf Bezug nehmenden Stellungnahme der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation vom 17. August 2012 (Band 3 der Sachakte) an. Die Finanzbehörde hat in ihrer Stellungnahme mitgeteilt, dass die im Luftreinhalteplan dargestellten Maßnahmen im Rahmen der Obergrenzen der jeweiligen Einzelpläne zu finanzieren seien. Zusätzliche Mittel für Maßnahmen zur Luftreinhaltung sollten also nicht zur Verfügung gestellt werden. Darauf hat die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in ihrer Stellungnahme Bezug genommen, in der sie ausgeführt hat, auch auf erneute Nachfrage der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt könnten keine weiteren Maßnahmen benannt werden. Solche seien entweder politisch nicht gewollt oder bedürften erheblicher Finanzmittel, was die Finanzbehörde in ihrer Stellungnahme ausgeschlossen habe. Damit hat die beklagte Freie und Hansestadt Hamburg den Blickwinkel für die Ermittlung von in die Fortschreibung aufzunehmenden Maßnahmen von vornherein auf solche Maßnahmen verengt, die aus den vor Erlass der Fortschreibung bereits vorliegenden Einzelplänen finanzierbar waren. Dementsprechend fehlen in der Fortschreibung Erwägungen dazu, aus welchen Gründen bei einem erhöhten Mitteleinsatz keine schneller greifenden Maßnahmen möglich oder verhältnismäßig gewesen wären. Dies betrifft beispielsweise den Flottenaustausch im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs und des Stadtrundfahrtverkehrs, von dem die Beklagte ausweislich der Maßnahmeblätter M 28 – 30 eine deutliche Reduzierung des Stickoxidausstoßes erwartet hat, der nach der Planung aber vorwiegend im Rahmen des kontinuierlichen Fahrzeugaustausches aus Eigenmitteln der betroffenen Betriebe erfolgen soll. In gleicher Weise gilt dies für den Flottenaustausch der behördeneigenen Fahrzeuge (Maßnahmeblatt M 27). Auch bei der Förderung des Radverkehrs (Maßnahmeblatt M 14) ist nicht erkennbar, dass die Beklagte über die ohnehin bereits vor der Befassung mit der Fortschreibung geplanten Maßnahmen hinaus weitergehende oder beschleunigte Anstrengungen in die Planung mit eingestellt hat. Für die Förderung des „Bike + Ride“ (Maßnahmeblatt 15) enthält die Fortschreibung sogar nur Maßnahmen, die bei Erlass der Fortschreibung schon abgeschlossen waren.
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c) Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Bereich anderer Rechtsträger, insbesondere der Europäischen Union und des Bundes, zu treffende Maßnahmen zur Begrenzung des Schadstoffausstoßes von Kraftfahrzeugen einen schnelleren und größeren Effekt auf die Entwicklung der Luftschadstoffbelastung haben könnten, als die der Beklagten möglichen Maßnahmen. Dieser Umstand kann Berücksichtigung finden, wenn die Beklagte es trotz Ausschöpfung aller möglichen und verhältnismäßigen Maßnahmen nicht vermag, die Einhaltung der Grenzwerte für Luftschadstoffe nach der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung sicherzustellen. Dies hat sie jedoch – wie ausgeführt – mit der Fortschreibung nicht unternommen. Die bloße Möglichkeit, dass andere Rechtsträger effektiver und schneller zur Einhaltung der Grenzwerte beizutragen vermögen, mindert die Anforderungen an die Beklagte nicht.
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4. Die Beklagte war daher zu verurteilen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht wegen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Beklagten darauf beschränkt, sie zu verpflichten Maßnahmen zu treffen, mit denen die schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21/12, E 147, 312; VG München, Urt. v. 9.10.2012, M 1 K 12.1046, juris; vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.11.2014, C-404/13, juris), wie es dem Antrag der Kläger entspricht. Eine gerichtliche Vorgabe einzelner Maßnahmen kommt nur in Betracht, wenn eine richtlinien- und gesetzeskonforme Änderung des Luftreinhalteplans ohne diese Maßnahmen nicht denkbar erscheint. Für die Beurteilung, welche Anforderungen bei der vorzunehmenden Änderung des Luftreinhalteplans an die darin aufzunehmenden Maßnahmen zu stellen sind, ist zudem auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abzustellen, denn die Verurteilung der Beklagten ist zukunftsgerichtet. Sie dient nicht dazu zu klären, welche Maßnahmen in der Vergangenheit zweckmäßigerweise hätten getroffen werden können oder müssen, sondern allein dazu, die Luftschadstoffbelastung in möglichst naher Zukunft auf die vorgegebenen Grenzwerte zu beschränken.
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Im Hinblick auf dieses Ziel wird die Beklagte zu prüfen haben, welche Maßnahmen ihr technisch, wirtschaftlich und rechtlich überhaupt möglich sind, um die NO2-Belastung in Hamburg möglichst kurzfristig auf den Jahresmittelgrenzwert nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV abzusenken und mit welchem Zeithorizont sie umsetzbar sind. Dabei wird sie Maßnahmen anderer Rechtsträger, von denen nicht sicher ist, ob und wann sie ergriffen werden und wie sie sich gegebenenfalls auswirken, nicht berücksichtigen können. Hinsichtlich der so zu ermittelnden Maßnahmen, zu denen ausdrücklich auch verkehrsbeschränkende Maßnahmen gehören können, wird sie zu gewichten haben, welche Maßnahmen unter Berücksichtigung ihres Beitrags zur Luftschadstoffverminderung und damit zum Gesundheitsschutz sowie im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung anderer öffentlicher oder privater Interessen in die Planung aufgenommen werden sollen. Bei dieser Gewichtung ist dem gesetzlich vorgegebenen und dem Gesundheitsschutz dienenden Ziel der NO2-Verminderung angesichts des seit nunmehr bereits annähernd fünf Jahren verbindlich einzuhaltenden Grenzwertes ein hoher Stellenwert einzuräumen. Dementsprechend wird es einer konkret nachvollziehbaren Begründung bedürfen, wenn effektive Minderungsmaßnahmen aus finanziellen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen nicht ergriffen werden sollen.
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Vorsorglich weist das Gericht allerdings darauf hin, dass die Beklagte nicht verpflichtet sein wird, Gesetzesinitiativen zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die Einführung einer City-Maut, wie es die Kläger vorschlagen, oder mit dem Ziel einer Aktualisierung der 35. Bundesimmissionsschutzverordnung, durch die die Voraussetzungen für eine auch heute noch effektive Umweltzone geschaffen werden könnten, in den zu ändernden Luftreinhalteplan aufzunehmen. Zu derartigen Bemühungen um ein legislatives Tätigwerden kann die Beklagte nicht verpflichtet werden. Eine an den Bund gerichtete Gesetzesinitiative ist nicht geeignet, das Ziel der Luftreinhalteplanung unmittelbar zu erreichen. Ebenfalls vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Einführung einer Umweltzone nach § 40 BImSchG in Verbindung mit der 35. BImSchV gegenwärtig wohl nicht als verhältnismäßig anzusehen sein wird, weil ihre Wirkung vornehmlich darin besteht, zu einem beschleunigten Flottenaustausch bei Kraftfahrzeugen zu führen, die unter der geltenden 35. BImSchV durchsetzbare Beschaffung von Fahrzeugen der Schadstoffklasse 4 aber bis zur Einführung einer Umweltzone ohnehin weitgehend erfolgt sein dürfte und jedenfalls bei Diesel-PKW nicht zu einer Verminderung des NO2-Ausstoßes führen würde (s.o. Nr. 2.b) cc)). Ob die Einführung einer von den Klägern erwogenen Stadtbahn angesichts des damit verbundenen Aufwandes sowie der Dauer bis zu einer damit möglicherweise zu erreichenden NO2-Verminderung und der schon nach dem bisherigen Luftreinhalteplan in der Fassung der 1. Fortschreibung vorgesehenen Ausrüstung des Öffentlichen Personennahverkehrs mit schadstofffreien Fahrzeugen ein verhältnismäßiges und damit zwingend in den zu ändernden Luftreinhalteplan aufzunehmendes Mittel zur Luftschadstoffminderung darstellen würde, scheint dem Gericht schließlich ebenfalls nicht festzustehen.
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5. Da die Klage mit dem Hauptantrag vollen Umfangs erfolgreich ist, bedurfte es einer Entscheidung über den Hilfsantrag nicht mehr.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit war entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kosten zu beschränken, weil der geänderte Luftreinhalteplan, der aufgrund des Urteils zu erlassen ist, Maßnahmen enthalten wird, die nach § 47 Abs. 6 BImSchG durchzusetzen sind. Damit entspricht die vorliegende Konstellation derjenigen einer Verpflichtungsklage, die auf den Erlass eines - durchzusetzenden – Verwaltungsaktes gerichtet ist und für die gemäß § 167 Abs. 2 VwGO die vorläufige Vollstreckbarkeit auf die Kosten beschränkt ist (vgl. auch Sodan/Ziekow, a.a.O. § 167 Rn. 20 ff.).
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Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Maßstäbe für die gerichtliche Beurteilung von Luftreinhalteplänen zuzulassen.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter – Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich der Luftreinhaltung hat. Sie begehrt die Änderung des 2012 durch die Bezirksregierung Düsseldorf erlassenen Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 zwecks Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) im Stadtgebiet der Beigeladenen.
3Zu Stickstoffdioxid heißt es im Einführungskapitel unter Ziff. 1.3.2 (S. 14 f.) des vorgenannten Luftreinhalteplans:
4„Als Reizgas mit stechend-stickigem Geruch wird NO2 bereits in geringen Konzentrationen wahrgenommen. Die Inhalation ist der einzig relevante Aufnahmeweg. Die relativ geringe Wasserlöslichkeit des NO2 bedingt, dass der Schadstoff nicht in den oberen Atemwegen gebunden wird, sondern auch in tiefere Bereiche des Atemtrakts (Bronchiolen, Alveolen) eindringt.Stickstoffdioxid kann die menschliche Gesundheit nachhaltig schädigen. Eine Erhöhung der Stickstoffdioxid-Konzentration in der Außenluft führt zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion und einer Erhöhung der Häufigkeit von infektionsbedingten Atemwegserkrankungen wie Husten oder Bronchitis. Pro Zunahme der NO2-Belastung um 10 µg/m³ muss mit einem Anstieg der Häufigkeit von Bronchitis-Symptomen oder des Auftretens von Bronchitis um ca. 10 % gerechnet werden.Besonders betroffen sind vor allem gesundheitlich vorgeschädigte Personen mit Atemwegserkrankungen sowie Kinder und Jugendliche. Aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Sterblichkeit nehmen in der Bevölkerung mit ansteigender Stickstoffdioxidkonzentration zu.Für Stickstoffdioxid konnten bisher keine Schwellenwerte für die Konzentration ermittelt werden, unterhalb derer eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann. Allerdings tragen auch vergleichsweise geringfügige Reduzierungen der Belastungen zu einer Verbesserung des Gesundheitsschutzes bei.Die „Feinstaub Kohorten Studie Frauen NRW“ weist darauf hin, dass sich mit einer Zunahme der NO2-Konzentration um 16 µg/m³ eine Zunahme der allgemeinen Sterblichkeit um 17 % ergab. Der Anstieg der spezifischen Mortalität für die Todesursache Herz-Kreislauf-Erkrankung war mit mehr als 50 % am engsten mit der Zunahme von NO2 assoziiert.“
5Der Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, der den ersten Luftreinhalteplan für das gesamte Stadtgebiet der Beigeladenen (von 2008) fortschreibt und ersetzt, stellt (in Kapitel 2 „Überschreitung von Grenzwerten“) unter Ziff. 2.3 (S. 23 f.) tabellarisch und textlich den Trend der NO2-Jahresmittelwerte im Untersuchungsgebiet von 2003 bis 2011 dar. Am Messpunkt Corneliusstraße sei der Jahresmittelwert bis zum Jahr 2008 (bis auf Werte über 70 µg/m³) kontinuierlich angestiegen und seit 2009 – also nach dem In-Kraft-Setzen des Luftreinhalteplans 2008 – rückläufig (2010 und 2011 noch deutlich über 60 µg/m³). Hingegen sei am Messpunkt Merowingerstraße (auch wegen verbesserter Messtechnik) kein Rückgang zu verzeichnen.
6In Kapitel 3 enthält der geltende Luftreinhalteplan eine Ursachenanalyse und in Kapitel 4 eine Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der Belastung. Kapitel 5 beinhaltet die fortgeschriebenen sowie die neuen Maßnahmen der Luftreinhalteplanung wie insbesondere die Förderung der Elektromobilität und des Radverkehrs (M 5/35 und 5/68), die flächenhafte Vergrößerung der Umweltzone (M 5/49), die Grüne Umweltzone ab dem 1. Juli 2014 (M 5/50), den Einsatz von emissionsgeminderten Baumaschinen (M 5/67) und Anreize zur ÖPNV-Nutzung (M 5/69). Kapitel 6 enthält die Prognose der Belastung unter Berücksichtigung der geplanten Maßnahmen; dort heißt es unter Ziff. 6.2 (S. 144 f.), dass sowohl für die Cornelius- als auch für die Merowingerstraße zwar Immissionsreduktionen zu erwarten seien, eine Einhaltung des NO2-Grenzwertes im Prognosejahr 2015 aber für keine der beiden Messpunkte prognostiziert werde. In Kapitel 7 werden Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Luftqualität aufgelistet, darunter der Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff, die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen und die Förderung der Nachrüstung von SCRT-Filtersystemen im Bereich der ÖPNV-Flotten.
7Die Messwerte entwickelten sich an der Corneliusstraße (DDCS) ausweislich der „Kurzfassungen Jahreskenngrößen“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW auf dessen Internetseite seit 2012 wie folgt:
8DDCS 2012 64 µg/m³ 2013 61 µg/m³ 2014 60 µg/m³ 2015 59 µg/m³
9Vor diesem Hintergrund wandte sich die Klägerin Mitte August 2015 an die Bezirksregierung Düsseldorf. Sie rügte, dass die bislang ergriffenen Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien und beantragte, den für Düsseldorf geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet enthalte.
10Der Staatssekretär des Umweltministeriums (MKULNV) NRW betonte in seinem Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft. Die Bezirksregierung Düsseldorf listete in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 11. September 2015 eine Reihe von Maßnahmen des Luftreinhalteplans 2013 (wie beispielsweise die Förderung der Elektromobilität und des Radverkehrs und die Attraktivitätssteigerung des ÖPNV) nebst Umsetzungsstand auf und verwies auf weitere Maßnahmen der Beigeladenen außerhalb des Luftreinhalteplans (wie beispielsweise die Entwicklung eines Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünungsprogramms). Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
11Die Klägerin hat am 18. November 2015 Klage erhoben.
12Zu deren Begründung führt sie aus: Aus dem europäischen Recht folge eine Ergebnisverpflichtung des Beklagten. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der Grenzwert für Stickstoffdioxid eingehalten werden; etwaige Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Überschreitung (auch) in Düsseldorf sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Es bestehe eine Pflicht zum Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen; eine Verengung auf finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklage in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die bisherigen Maßnahmen. Weder stelle er eine Fortschreibung der Planung in Aussicht noch intensiviere er bestehende Bemühungen deutlich. Als mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u. a. Car-Sharing, Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen, an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette sicherlich die 35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute bundesrechtlich möglich.
13Die Klägerin beantragt,
14den Beklagten zu verurteilen, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er wirft zunächst die Frage nach der Klagebefugnis und einer möglichen Präklusion der Klägerin (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG) auf, weil diese im Rahmen des 2012 durchgeführten Beteiligungsverfahrens zu dem in Rede stehenden Luftreinhalteplan keine Stellungnahme abgegeben hat.
18Die Klage sei auch unbegründet, denn er – der Beklagte – habe alle rechtlich zulässigen Maßnahmen aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur Zielerreichung führen. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen, die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst vorgenommen werden könnten. Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45 Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden bereits eingehalten.Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers führt der Beklagte Folgendes aus:Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe, müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung kommen. Die Ausdehnung des LKW-Routenkonzepts von 2005 sei geprüft worden. Für die Corneliusstraße und die Merowingerstraße sei ein LKW-Verbot mit „Lieferverkehr frei“ angeordnet; eine Ausdehnung auf die Ludenbergerstraße komme mangels Alternativroute nicht in Betracht. Der Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW und der Planungen zum Rhein-Ruhr-Express RRX eine große Rolle bei. Allerdings seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts (des § 39 PBefG). Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern. Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und zum Teil auch technische Grenzen. Für die neuen Busse gelte seit Januar 2014 ohnehin die Abgasstufe Euro VI, sodass die Minderungssysteme über die Fahrzeugflottenmodernisierungen sukzessive eingeführt würden. Die Rheinbahn habe in der Vergangenheit verschiedene, zum Teil sehr kostenintensive Technologien untersucht bzw. in Praxisversuchen getestet, um neue und umweltschonende Technologien zum Einsatz bringen zu können. Seit 2004 sei sie bestrebt, auf der Corneliusstraße ausschließlich die Busse mit dem höchsten technischen Abgasstandard einzusetzen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) sei auf den in Rede stehenden innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Auch der Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO („Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei. Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 – im Stadtverkehr bis zu Faktor 20 – mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten mit „entspannter“ lufthygienischer Belastung ausgeschildert werden; unter diesem Gesichtspunkt scheide der Lastring: Südring und Dorotheenstraße als Alternativroute für die Corneliusstraße aus. Die Blaue Plakette müsse durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von vorneherein nicht zu Gebote stehe. Schließlich verweist der Beklagte auf das durch die Beigeladene eingeholte Gutachten des Ingenieurbüros M. zur „Ermittlung von NO2-Minderungspotenzialen für die Situation auf der Düsseldorfer Corneliusstraße / Luftqualitätsstation DDCS“ von Mai 2016 („Anlage 7“ in der Beiakte Heft 4).
19Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Beiakten Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage hat Erfolg, denn sie ist zulässig (I.) und begründet (II.).
23I.Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zum Luftreinhalteplan Darmstadt) ist die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage, des konkret gestellten Antrags sowie der (aus § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO folgenden) Klagebefugnis der Klägerin geklärt.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 -, juris Rn. 18 ff., 52 ff. und 38 ff.
25Die Klägerin ist auch nicht wegen mangelnder Mitwirkung an dem 2012 durchgeführten Beteiligungsverfahren zu dem in Rede stehenden Luftreinhalteplan gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG präkludiert. Dabei kann die Auseinandersetzung über die Reichweite des Urteils des Europäischen Gerichtshofs
26vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 -, juris Rn. 77 ff.,
27zu den Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG unerörtert bleiben, denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung deutlich gemacht, dass der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nicht im Wege der Analogie auf Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention erstreckt werden könne.
28Vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 30 ff.
29Vor diesem Hintergrund kann erst recht eine den Rechtsschutz beschränkende Vorschrift wie § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG nicht zu Lasten der Klägerin zur Anwendung gebracht werden. Überdies fehlt es an der dort genannten Tatbestandsvoraussetzung der Berechtigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 (UmwRG), denn die Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen und die zugehörige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 47 Abs. 5 und 5a BImSchG ist weder eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 3 UVPG noch fällt sie unter § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UmwRG.Schließlich weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass es ihr nicht um einen Angriff auf den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, sondern um das Unterlassen einer Dynamisierung des Luftreinhalteplans, also um einen neuen geänderten Plan gehe.
30II.Die Klage ist auch begründet, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans für die Beigeladene dahingehend, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthalten muss.
31Nach § 47 Abs. 1 S. 1 BImSchG, der Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa in nationales Recht umsetzt, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 (BImSchG) festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen nach § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
32Gemäß Art. 13 Abs. 1 UAbs. 2 i. V. m. Anhang XI Buchst. B der vorgenannten Richtlinie, der durch § 48a Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV in nationales Recht umgesetzt wird, beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 µg/m³. Nach der oben angeführten Richtlinienbestimmung ist die Frist zur Einhaltung dieses Grenzwertes seit dem 1. Januar 2010 abgelaufen.
33Die NO2-Belastung im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber sowohl im Jahre 2014 mit 60 µg/m³ (Messstationen DDCS und DBIL) als auch 2015 mit 59 µg/m³ (Messstation DDCS) deutlich über dem seit mehr als sechseinhalb Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³.
34Im Hinblick auf diese andauernde Überschreitung ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 RL 2008/50/EG, § 47 Abs. 1 S. 1 und 3 und § 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 der 39. BImSchV die Pflicht des Beklagten, in den Luftreinhalteplan geeignete Maßnahmen aufzunehmen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das ausweislich des Immissionsgrenzwertes als noch zumutbar erachtete Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten; es ist zugleich rechtlicher Maßstab für die angesichts der Gestaltungsspielräume der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt. Auch insoweit wird aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; vielmehr kann auch hier – nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden.
35Vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 59.
36Der Zeitraum, der erforderlich ist, um die Überschreitung so kurz wie möglich zu halten, lässt sich dabei nicht abstrakt bestimmen. Er hängt von den jeweiligen örtlichen Umständen und den erforderlichen Maßnahmen ab. Der Zeitraum kann kürzer oder länger sein, je nachdem, wie viel Zeit die Umsetzung der Maßnahmen im Einzelfall erfordert. Ob die zuständige Behörde ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, lässt sich aber nur dann feststellen, wenn hinter der Planung ein Gesamtkonzept steht, das die Einhaltung der Werte zum Ziel hat. Es reicht nicht aus, sich in der Planung nur mit einzelnen Maßnahmen zu beschäftigen und dabei offen zu lassen, wann das Gesamtziel auf Grund welcher Maßnahmen erreicht sein wird. Sollte es punktuell mittelfristig rechtlich oder tatsächlich nicht möglich sein, das Ziel zu erreichen, wäre auch das in einem Luftreinhalteplan darzustellen.
37Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 1 K 154/12 -, juris Rn. 49.
38Ein Luftreinhalteplan ist erst dann effektiv, wenn er allen für die Reinhaltung der Luft (mit)verantwortlichen Stellen geeignete Handlungsoptionen aufzeigt, deren Wirksamkeit bewertet und so Grundlage dafür ist, sich für die eine(n) oder andere(n) Maßnahme(n) zu entscheiden, mit der absehbaren Folge, dass die Grenzwerte fristgemäß eingehalten werden.
39Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 30. Juni 2015 - 4 K 97/15.WI -, Rn. 94.
40Den beschriebenen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 nicht (mehr). In Bezug auf das vorliegend allein streitgegenständliche Reizgas Stickstoffdioxid vermisst die Kammer ein (auch die Zeit ab dem laufenden Jahr berücksichtigendes) Gesamtkonzept, dass alle effektiven – rechtlich oder tatsächlich nicht von vorneherein ausgeschlossenen – Maßnahmen auflistet, bewertet und über deren (Nicht)Umsetzung entscheidet; insbesondere fehlt auch die Angabe von konkreten Zeithorizonten hinsichtlich der Einhaltung des Grenzwertes.
41Der Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht darauf, für das „Prognosejahr 2015“ sowohl in der Corneliusstraße (DDCS: 64 µg/m³) als auch in der Merowingerstraße (DBIL: 62 µg/m³) zwar zu erwartende Immissionsreduktionen, jedoch keine Einhaltung des NO2-Grenzwertes zu konstatieren (vgl. Ziff. 6.2, S. 144 f.). Über das „Zieljahr 2015“ hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich auch der „Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 154 f.) nicht entnehmen; hier ist lediglich davon die Rede, dass die Einhaltung (…) die planaufstellenden Behörden und die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen auch weiterhin vor große Herausforderungen stelle.
42In dem Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, der durchaus beachtliche Maßnahmen zur Senkung der vom Straßenverkehr ausgehenden Schadstoffemissionen wie die Grüne Umweltzone enthält, fehlt allerdings eine differenzierte Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik von Dieselfahrzeugen, die unstreitig (gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen) überproportional an der Überschreitung des NO2-Grenzwertes beteiligt sind. Zwar enthält Kapitel 7 Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Luftqualität, darunter den Wegfall der staatlichen Förderung von Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 149 f.), die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 150 f.) und die Förderung der Nachrüstung von SCRT-Filtersystemen im Bereich der ÖPNV-Flotten (Ziff. 7.7, S. 153). Diese stehen jedoch im Kontext weiterer Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene. Effektive – in der Zuständigkeit des Beklagten bzw. der Beigeladenen selbst liegende – Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem Beklagten die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war.
43Jedenfalls die im September 2015 allgemein bekannt gewordene Problematik betreffend die Emissionen von Dieselfahrzeugen, die als solche für die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte irrelevant ist,
44vgl. VG München, Urteil vom 21. Juni 2016 - M 1 K 15.5714 -, juris Rn. 30,
45muss den Beklagten nunmehr allerdings zu einer aktuellen Bestandsaufnahme und Prüfung auch einschneidenderer Maßnahmen in Bezug auf Dieselfahrzeuge veranlassen, die deren hohem Verursachungsanteil (vgl. § 47 Abs. 4S. 1 BImschG) hinreichend Rechnung tragen. Diese Auseinandersetzung hat in einem geänderten bzw. fortgeschriebenen Luftreinhalteplan selbst zu erfolgen, denn die besonders effektive Maßnahme in Gestalt des von der Klägerin geforderten (beschränkten) Fahrverbots für (bestimmte) Dieselfahrzeuge ist rechtlich (und tatsächlich) nicht von vorneherein ausgeschlossen, wie letztlich auch der Beklagte schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
46Dass Beschränkungen des Straßenverkehrs mit dieselbetriebenen Fahrzeugen immense Minderungspotenziale beinhalten, ergibt sich ohne Weiteres aus dem von der Beigeladenen beauftragten und von dem Beklagten vorgelegten Gutachten des Ingenieurbüros M. zur „Ermittlung von NO2-Minderungspotenzialen für die Situation auf der Düsseldorfer Corneliusstraße / Luftqualitätsstation DDCS“ von Mai 2016.
47Auf die – unstreitig – fehlende Kompetenz des Beklagten zur Einführung einer Blauen Plakette (im Rahmen der 35. BImSchV), die sicherlich hinsichtlich Bundeseinheitlichkeit und Kontrollierbarkeit die bessere Lösung wäre, kann sich dieser gerade angesichts der auch ihn treffenden staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit) nicht mit Erfolg berufen. Denn die gegenwärtigen bundesrechtlichen Regelungen erlauben dem Beklagten und bzw. zusammen mit der Beigeladenen schon heute die Anordnung von Fahrverboten für (bestimmte) Dieselfahrzeuge.
48Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen das von der Klägerin zur Umsetzung vorgeschlagene Zeichen 251 aus der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) mit entsprechendem – auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge bezogenem – Zusatzzeichen hat weder der Beklagte vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich.
49Dass das genannte Verbotszeichen als solches zum (abschließenden) bundesrechtlichen Katalog der Verkehrszeichen gehört, ist ebenso offensichtlich wie der Umstand, dass es zur Umsetzung von in einem Luftreinhalteplan vorgesehenen Verkehrsbeschränkungen im Rahmen des § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG (wie auch die Zeichen 253, 255, 260 und das 2007 eingeführte Zeichen 270.1 zur Ausweisung einer Umweltzone) in Betracht kommt.
50Vgl. nur Scheidler in Feldhaus: Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, 2. Auflage, Stand der 192. Akt. Juni 2016, § 40 BImSchG Rn. 31; Fisahn / Raschke in Kotulla: Bundes-Immissionsschutz-gesetz, Kommentar und Vorschriftensammlung, Stand der 20. Lfg. Mai 2016, § 40 Rn. 18 Fn. 2.
51Bei den Zusatzzeichen, die gemäß § 39 Abs. 3 S. 1 StVO ebenfalls Verkehrszeichen sind, fehlt im Katalog der Verkehrszeichen – VzKat – (Anhang zu § 39 StVO) in Teil 8 („Zusatzzeichen“) ein auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge zugeschnittenes Exemplar. Mangels abschließender Aufzählung der Zusatzeichen steht es dem Verkehrsministerium des Beklagten (MBWSV NRW) jedoch – wie in der mündlichen Verhandlung durch diesen nochmals ausdrücklich bestätigt – frei, für Nordrhein-Westfalen andere als die in dem vorgenannten Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen zu genehmigen.
52Vgl. Janker / Hühnermann in Burmann / Heß / Hühnermann / Jahnke / Janker: Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 24. Auflage 2016, § 39 StVO Rn. 7 und die dort (vor Beginn der Kommentierung des § 39 StVO) abgedruckten VwV - StVO zu §§ 39 bis 43 Rn. 46 („ … Abweichungen von dem in diesem Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen sind nicht zulässig; andere Zusatzzeichen bedürfen der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.“).
53Könnte demnach das Zeichen 251 mit einem Zusatzzeichen „Diesel“ versehen werden, so ist es Aufgabe des Beklagten, etwaige – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (§ 47 Abs. 4 S. 1 BImSchG) gebotene – Beschränkungen auf bestimmte Dieselfahrzeuge (mit schlechterem Emissionsverhalten) durch eine allgemein verständliche und widerspruchsfreie Formulierung zum Ausdruck zu bringen.
54Wieso zusätzlich zu dem vorgenannten Verkehrszeichen nebst eindeutigem Zusatzzeichen eine „entsprechende Rechtsverordnung des Bundes nach § 40 Abs. 3 BImschG benötigt wird“, erschließt sich der Kammer nicht. Denn mit der 35. BImSchV existiert bereits eine derartige Regelung der Ausnahmen von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 BImSchG, die sich nicht etwa auf Umweltzonen beschränkt.
55Vgl. Knauff in Führ: Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, 2016, § 40 Rn. 37.
56Neben § 2 Abs. 3 der 35. BImSchV, der bestimmte Kraftfahrzeuge (wie beispielsweise Krankenwagen und Arztwagen mit entsprechender Kennzeichnung) unabhängig von der Kennzeichnung mit einer Plakette von (allen) in einem Luftreinhalteplan vorgesehenen Verkehrsverboten ausnimmt, ist insbesondere § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV anzuführen: Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde den Verkehr mit von Verkehrsverboten im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG betroffenen Fahrzeugen von und zu bestimmten Einrichtungen zulassen, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen notwendig ist, oder überwiegende und unaufschiebbare Interessen Einzelner dies erfordern, insbesondere wenn Fertigungs- und Produktionsprozesse auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden können. Ausnahmen nach dieser Bestimmung werden durch Verwaltungsakt, auch in Form der Allgemeinverfügung, zugelassen.
57Vgl. Knauff in Führ, a. a. O., § 40 Rn. 51; Amtliche Begründung zur Ersten Änderungsverordnung in BR-Drucks. 819/07, abgedruckt in Feldhaus, a. a. O., 35. BImSchV.
58Zusammen mit der Ermächtigung zu Ausnahmen in § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG, die durch die 35. BImSchV erweitert wird,
59vgl. Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, 11. Auflage 2015, § 40 Rn. 39,
60steht damit ein hinreichendes Instrumentarium zur Verfügung, um der Befürchtung des Beklagten zu begegnen, durch eine Sperrung der Innenstädte würden Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen gebracht, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Es versteht sich von selbst, dass die Ausnahmequote in alle Überlegungen im Rahmen der Änderung bzw. Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu etwaigen neuen Maßnahmen von vorneherein – (wie auch beim Gutachten des Ingenieurbüros M. ) gerade bei der Bestimmung der Minderungspotenziale – einzubeziehen ist.
61Gleiches gilt für die Frage, für welche Bereiche ein derartiges (beschränktes) Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge – gegebenenfalls nach noch festzulegenden landeseinheitlichen Kriterien – in Betracht kommt. Dabei sind nicht nur hinsichtlich des Reizgases Stickstoffdioxid mögliche Verlagerungseffekte zu berücksichtigen und zu bewerten. Selbstverständlich kann es nicht Ziel der Überlegungen sein, nur für eine bessere Luftqualität im Umfeld der Messstelle DDCS in der Corneliusstraße zu sorgen; vielmehr sind in diese (auch hinsichtlich eventueller Ausweichstrecken) alle in den Karten im jährlichen Luftmessbericht der Beigeladenen ausgewiesenen „NO2-Problemabschnitte“ der Hauptverkehrsstraßen einzubeziehen. Maßnahmen zur Entlastung einer Straße, die Verlagerungseffekte mit sich bringen, sind – wie im Rahmen des integrierten Umweltschutzes im Sinne des § 45 Abs. 2 Buchst. a) BImSchG – nicht von vorneherein ausgeschlossen,
62vgl. Jarass, a. a. O., § 45 Rn. 13,
63dürfen aber keinesfalls dazu führen, dass der Grenzwert an anderer Stelle noch weiter als bisher überschritten wird.
64Vgl. VG Sigmaringen, a. a. O., Rn. 53.
65Mit dem Argument der mangelnden Kontrollierbarkeit eines solchen Verkehrsverbots „mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge“ vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Zwar wäre auch unter diesem Gesichtspunkt eine systemkonforme Erweiterung der 35. BImSchV um eine Blaue Plakette sicherlich vorzugswürdig, aber die Felder 14 („Bezeichnung der nationalen Emissionsklasse“, z. B. EURO4) und P.3 („Kraftstoffart oder Energiequelle“ z. B. DIESEL) der Zulassungsbescheinigungen (Teil I) erlauben schon heute ohne Weiteres eine eindeutige und schnelle Zuordnung.
66Schließlich scheint der Kammer unter Berücksichtigung der Vorgabe „schnellstmöglich“ sowie der in dem vorliegenden Verfahren seitens des Beklagten bereits angestellten Überlegungen ein zeitlicher Orientierungsrahmen für die Änderung bzw. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 von etwa einem Jahr angemessen zu sein.
67III.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
68Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
69Vgl. zur Beschränkung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf die Kosten entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auch bei der hier vorliegenden Konstellation einer Leistungsklage auf Änderung eines Luftreinhalteplans: VG Hamburg, Urteil vom 5. November 2014 - 9 K 1280/13 -, juris Rn. 53 m. w. N.
70IV.Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und bedarf zur Wahrung der Rechtseinheit einer Klärung. Aus diesem Grund ist auch die Sprungrevision gemäß § 134 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Dies gilt vor allem für die Frage der inhaltlichen Anforderungen an einen Luftreinhalteplan hinsichtlich der Auseinandersetzung mit einem möglichen Verkehrsverbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge im Spannungsfeld der bundesrechtlichen Vorgaben des Immissionsschutz- und Straßenverkehrsrechts.
Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. März 2015 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 4.952,32 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
4Es kann dahinstehen, ob für die Anfechtungsklage gegen die mit Ordnungsverfügung vom 2. Dezember 2014 verhängte Fahrtenbuchauflage noch ein Rechtsschutzinteresse besteht oder ob sich diese durch Zeitablauf erledigt hat.
5Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2015 - 8 A 1892/14 -.
6Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die sich auf die Sachabweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht beziehen, liegen jedenfalls nicht vor.
71. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten bei dem hier in Rede stehenden erstmaligen Verkehrsverstoß (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h) weder unverhältnismäßig noch sonst ermessensfehlerhaft ist.
8Der Erlass einer Fahrtenbuchauflage setzt einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht voraus. Ein nur einmaliger unwesentlicher Verstoß, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Ungeeignet-heit des Kraftfahrers zulässt, genügt zum Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht. Auch für die im Einzelfall noch angemessene Dauer der Fahrtenbuchauflage kommt es wesentlich auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes an. Sachgerecht ist auch ein zusätzliches Abstellen auf die Frage, ob es sich um einen erstmaligen oder einen wiederholten - unaufgeklärt gebliebenen - Verkehrsverstoß handelt.
9Die Bemessung des Gewichts einer Verkehrszuwiderhandlung ist dabei an dem in Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) niedergelegten Punktesystem zu orientieren. Dabei ist bereits ab einem Punkt und auch schon bei der ersten derartigen Zuwiderhandlung von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
10Vgl. zur früheren Rechtslage nur BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9, OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 21, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 ‑ 3 B 94.99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2.
11Dies gilt umso mehr nach der Reform des Punktesystems zum 1. Mai 2014, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
12Vgl. BT-Drs. 17/12636, S. 1, 17.
13Mit der Umstellung des vormaligen 18-Punkte-Systems des Verkehrszentralregisters auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht in das Fahreignungsregister eingetragenen („neuen“) Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zur FeV ist die Bedeutung der (weiterhin) mit einem oder mehreren Punkten bewehrten Zuwiderhandlungen zumindest gleichgeblieben.
14Die Straßenverkehrsbehörde handelt nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie - wie der Beklagte - die Dauer der Fahrtenbuchauflage grundsätzlich an der vom Verordnungsgeber in der Anlage 13 zur FeV erfolgten Bewertung orientiert und auf eine weitere Binnendifferenzierung verzichtet.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2015 ‑ 8 B 868/15 -.
16Nach dem aktuell gültigen, vereinfachten Punktesystem deckt ein Punkt nunmehr eine größere Spanne von Geschwindigkeitsüberschreitungen (und anderen Verkehrsverstößen) ab als zuvor. Hinzu kommt, dass Punkte nur noch für Verkehrsverstöße vorgesehen sind, die die Verkehrssicherheit tatsächlich beeinträchtigen (s. o.). Um dieser Spannbreite insgesamt typisierend Rechnung zu tragen, bemisst der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage für alle mit einem Punkt bewerteten Zuwiderhandlungen einheitlich mit 12 Monaten, sofern es sich um einen Erstverstoß handelt. Soweit dies dazu führt, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen „am unteren Rand“ einer punktebewerteten Zuwiderhandlung nunmehr eine längere Fahrtenbuchauflage zur Folge haben als vor der Systemumstellung, bewegt sich die vom Beklagten mitgeteilte neue Verwaltungspraxis im Bereich zulässiger Typisierung. Bei derart häufig auftretenden Vorgängen darf sich die Verwaltungspraxis an einfach handhabbaren Kriterien ausrichten. Die mit einer Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten verbundene Belastung ist nicht erheblich und der hier in Rede stehenden, mit einem Punkt bewerteten Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h) noch angemessen.
17Einen ermessensleitenden Grundsatz, wonach die Untergrenze einer Fahrtenbuchauflage zwingend bei sechs Monaten angesetzt werden müsste, gibt es demgegenüber nicht. § 31a StVZO enthält keine Vorgaben für die Dauer der Fahrtenbuchauflage, sondern überlässt diese dem pflichtgemäß auszuübenden Ermessen der Verkehrsbehörde. Eine zwingende „Einstiegsdauer“ von sechs Monaten kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass das Bundesverwaltungsgericht eine solche Fahrtenbuchauflage mit der Begründung als verhältnismäßig angesehen hat, diese Zeitdauer liege „noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle“ und stelle daher keine übermäßige Belastung dar.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 11.
19Das Fehlen einer weiteren Differenzierung bei den mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstößen verstößt auch nicht deshalb gegen das vom Beklagten selbst gewählte System, weil dieser bei den mit zwei Punkten bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen danach unterscheidet, ob diese ein Fahrverbot von einem, zwei oder drei Monaten zur Folge haben. Denn für die mit nur einem Punkt bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen sind Fahrverbote bei erstmaliger Begehung in der Regel nicht vorgesehen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 Satz 2 Bußgeldkatalog-Verordnung ‑ BKat - i. V. m. Tabelle 1 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKat).
20Ausgehend davon hat der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten auch hinreichend begründet und seine Ermessenserwägungen bekannt gegeben. Soweit die der Ordnungsverfügung beigefügte Begründung in diesem Punkt unzureichend war, hat er diesen Mangel jedenfalls mit der Offenlegung seines Bewertungssystems im gerichtlichen Verfahren behoben und seine Ermessenserwägungen in zulässiger Weise ergänzt (vgl. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sowie § 114 Satz 2 VwGO). Einer weitergehenden Begründung dafür, warum die Dauer der Fahrtenbuchauflage nach dieser Praxis nunmehr mindestens ‑ im hier vorliegenden Fall eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes - auf 12 Monate bemessen wird, bedurfte es angesichts der obigen Annahmen und der vom Beklagten dargelegten, in sich schlüssigen Verwaltungspraxis nicht. Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einer noch zum alten Punktesystem ergangenen Entscheidung eine solche Begründung verlangt hat,
21vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10. Februar 2011 - 12 LB 318/08 -, DAR 2011, 339 = juris Rn. 20 ff., wohl auch Bay. VGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 11 CS 10.357 -, NJW 2011, 326 = juris Rn. 25,
22sieht der Senat hierzu im vorliegenden Fall keinen Anlass.
23Dass im Zuständigkeitsbereich anderer Straßenverkehrsbehörden andere Maßstäbe angewandt werden mögen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG besteht nur gegenüber dem konkret zuständigen Verwaltungsträger.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1987 - 1 C 19.85 -, BVerwGE 78, 192 = juris Rn. 35, m. w. N.
25Im Übrigen waren gewisse Unterschiede bei der Bemessung der Dauer von Fahrtenbuchauflagen in verschiedenen behördlichen Zuständigkeitsbereichen entgegen der Auffassung der Klägerin auch unter der Geltung des alten Punktesystems zu verzeichnen.
26Hat die Klägerin nach alledem die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage nicht ernstlich in Zweifel gezogen, ist auch die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung nicht in Frage gestellt. Gesonderte Rügen wurden insoweit nicht erhoben.
272. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
28Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren von Bedeutung wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
29Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 127.
30Diese Voraussetzungen sind vom Rechtsmittelführer darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat in ihrer Antragsbegründung bereits keine Frage bezeichnet, der sie grundsätzliche Bedeutung beimisst. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist mit den - vorstehend näher behandelten - Ausführungen der Zulassungsbegründung auch nicht sinngemäß dargelegt.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei legt der Senat in Anlehnung an Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013,
33vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013; abrufbar auch unter http://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf,
34für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,- € zu Grunde. Hinzu kommt der Betrag der ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzung.
35Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).