Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 04. Nov. 2015 - 1 K 515/15
Tenor
Der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Der am 00.00.0000 geborene Kläger steht als Studienrat (Besoldungsgruppe A 13 ÜBesO NRW) im Dienst des beklagten Landes und war zunächst beim Stadtgymnasium E. eingesetzt. Nach seiner zwischenzeitlichen Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit war er zuletzt am Weiterbildungskolleg der Stadt V. , Abendrealschule und ‑gymnasium, tätig.
2Der Kläger wurde am 00.00.0000 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat ernannt. Er besitzt die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Politik und Pädagogik.
3Am 00.00.0000 nahm der Kläger an einer Kundgebung der Partei „Pro NRW“ in L. teil und äußerte sich in diesem Rahmen in einer öffentlichen Rede zu dem Thema Islamismus. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er Lehrer sei und sich als bekennender Homosexueller durch den Islamismus bedroht fühle. Daraufhin untersagte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit Verfügung vom 00.00.0000 mit sofortiger Wirkung – und unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – die Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten des Stadtgymnasiums in E. einschließlich der Kontaktaufnahme zu Schülerinnen und Schülern.
4Den hiergegen gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (1 L 574/13) gab das erkennende Gericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 statt. Die gegen diese Entscheidung zunächst gerichtete Beschwerde zum OVG NRW (6 B 809/13) nahm der Beklagte später zurück. Auf die ebenfalls vom Kläger erhobene Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3328/12) hin wurde der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 mit Urteil vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Den insoweit gestellten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wies das OVG NRW mit Beschluss vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) zurück.
5Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde die Probezeit des Klägers um ein Jahr bis zum 00.00.0000 verlängert. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3816/13).
6Außerdem wurde von der Bezirksregierung B. aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens unter anderem wegen des Auftritts bei der Kundgebung von „Pro NRW“ ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Gegen diese Disziplinarverfügung richtete der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht Münster (13 K 3135/13.O), welches die Disziplinarverfügung mit Urteil vom 13. Mai 2014 aufhob.
7Mit Wirkung ab dem 00.00.0000 wurde der Kläger – mit seinem Einverständnis – durch Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 an das Weiterbildungskolleg V. versetzt.
8Am 00.00.0000 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
9Mit Schreiben an die Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 beantragte der Kläger, schnellstmöglich aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung wegversetzt zu werden. Zur Begründung führt er aus, dass sich die Bezirksregierung, wie in rechtskräftigen Gerichtsurteilen festgestellt, ihm gegenüber seit 00.00.0000 durch mehrere eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht habe. Insbesondere sei die Fürsorgepflicht ihm gegenüber eklatant verletzt und erheblich in seine Grundrechte eingegriffen worden. Auch habe ihn der Dienstherr durch rechtswidrige Androhungen daran gehindert, seine persönliche Integrität als Lehrer gegen verleumderische Vorwürfe der sexuellen Belästigung zu verteidigen. Sein Vertrauen in die Bezirksregierung B. sei irreversibel beschädigt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich.
10Im Rahmen eines diesbezüglichen Anhörungsgespräches am 00.00.0000 in den Räumlichkeiten der Bezirksregierung B. wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinem Versetzungswunsch zu entsprechen. Der Kläger führte aus, dass er eine Namensänderung beim Landrat des Kreises V. vornehmen lasse und in L. ausschließlich unter seinem neuen Namen C. (früher: L1. ) vorgestellt werden wolle, um Anfeindungen, denen er zuweilen im Netz und in sozialen Netzwerken ausgesetzt sei, zukünftig zu entgehen.
11Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin aus persönlichen Gründen mit Wirkung vom 00.00.0000 an das L. -Kolleg, Weiterbildungskolleg der Stadt L. versetzt. Gleichzeitig wurde der Kläger für die Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 in vollem Stundenumfang von 22 Wochenstunden dorthin abgeordnet.
12In der Sendung U1. „Nationalsozialismus – Thema Auschwitz vermitteln“, die am 00.00.0000 um 00.00. Uhr auf X. gesendet wurde, äußerte sich der Kläger im Rahmen eines Telefonanrufs in folgender Weise:
13„Ich selber bin ja auch Lehrer, Gymnasiallehrer, und privat bin ich ein großer Freund des Staates Israel und ein Freund des Judentums, bin auch bekennend Homosexuell, also gehöre auch zu den klassischen Opfern im Grunde des Nationalsozialismus.
14Trotzdem muss ich sagen, dass Auschwitz mich als Kind wenig berührt hat emotional und heute nervt es mich wirklich, wie stark das auch in der Schule im Lehrplan steht und wie übermäßig Schüler, zumindest am Gymnasium auch, damit genervt werden meines Erachtens. Natürlich machen die Schüler brav mit in der Schule, aber hinter vorgehaltener Hand erlebe ich doch, dass Schüler auch wirklich sagen ‚es reicht langsam. Wir kriegen das jedes Jahr wirklich viel zu oft dahergebraten und müssen da und da wieder einen Ausflug machen, wieder eine Gedenkstätte besuchen‘ und ich finde..."
15[Moderatorin unterbricht: Welche Fächer unterrichten Sie kurz, Herr L1. ? Welche Fächer unterrichten Sie?]
16„Ähm… Deutsch, Politik und Pädagogik.“
17[Moderatorin: Das heißt, Sie sind auch einer der vermittelnden Lehrer?]
18„Ja, Geschichtslehrer sicherlich noch viel mehr, ja… ähm… also was ich persönlich meine ist, dass Auschwitz uns eigentlich… ähm… daran hindert, wachsam zu sein. Wir haben so große Probleme heutzutage mit dem Islamismus, dem IS-Terrorismus, mit allen möglichen Arten von Terrorismus und ich… ähm… weiß auch wirklich, dass die Juden heutzutage in meinem Freundeskreis Angst haben vor radikalen Muslimen, weil deren Antisemitismus viel viel größer ist als jeder andere Antisemitismus in Deutschland und das wird einfach nicht thematisiert, weil wir einfach einen Stock im Arsch haben, meines Erachtens in Deutschland und immer denken, dass wenn Gefahr ist, die zuallererst von rechts kommt. Und natürlich ist auch Gefahr von rechts da, selbstverständlich ist das der Fall. Aber meines Erachtens… ähm… ist die Gefühlswelt der jungen Menschen heute eine andere, nämlich dass radikale Muslime unsere Werte bedrohen, die Gleichberechtigung der Frau, die Gleichberechtigung von Homosexuellen und, wie gesagt, auch von Juden und… ähm… das ist eine Fehlgewichtung…“
19[Moderatorin unterbricht: Das heißt, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?]
20„Also, mich persönlich… ähm… interessiert Auschwitz privat überhaupt nicht mehr. Ich… ähm… beschäftige mich lieber mit dem IS-Terrorismus, mit Islamismus, mit… Ähm… mir geht sogar emotional die Massentierhaltung viel näher als Auschwitz. Alle 6 Millionen, … ähm… alle 20 Minuten sterben 6 Millionen Tiere, das geht mir emotional viel näher. Und die jungen Menschen, ist egal, ob es Vegetarier sind, sehen das auch so… (?)“
21[Moderatorin wirft in die Äußerungen ein: Also das ist mir ein bisschen krass, ehrlich gesagt.]
22„Ja, das ist Ihre Wertung. Man muss die Wertung der Leute, auch von jungen Menschen, ernst nehmen. Das ist Ihre Wertung. Ich respektiere auch die Wertung aller Anrufer. (?)“
23[Moderatorin bricht ab und leitet zum nächsten Gesprächspartner über.]
24In einem Anhörungsgespräch am 00.00.0000 bei der Bezirksregierung B. unter Beteiligung eines Personalratsmitglieds wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung der Dienstgeschäfte anlässlich seiner Äußerungen in der Sendung bei X. am 00.00.0000 in Bezug auf den Holocaust zu verbieten; gleichzeitig wurde ihm – unter Belehrung über sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen – Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er sich erst hierzu äußern wolle, wenn ihm eine schriftliche Begründung für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorläge. Sodann sprach Frau S. G. im Namen des Beklagten mündlich ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus, da aufgrund der von dem Kläger getätigten Äußerungen bei X. , insbesondere wegen der Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und dem Holocaust, ein Verstoß gegen seine Wohlverhaltenspflicht vermutet werde. Die weitere Begründung dieses mündlich erteilten Verwaltungsakts werde ihm binnen einer Woche gegeben. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Weiterhin wurde ihm von Frau S. G. im Namen des Beklagten verboten, ab sofort das L. -Kolleg zu betreten. Der Kläger antwortete, dass ihn dies bereits aus einem vorherigen Verbot bekannt sei und er sich daran halten werde. Schließlich wurde klargestellt, dass es sich hierbei nicht um eine Disziplinarmaßnahme handele.
25In dem anschließend ergangenen Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde dem Kläger mit sofortiger Wirkung sowie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) aus zwingenden dienstlichen Gründen bis auf weiteres die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und ihm zugleich bis auf weiteres untersagt, das L. -Kolleg zu betreten oder mit den Schülerinnen und Schülern Kontakt aufzunehmen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger dienstlich nicht vertretbar sei und schwerwiegende Nachteile für den Dienstherrn sowie für die Öffentlichkeit zu befürchten seien, die nicht anders abgewendet werden könnten. Es lägen hinreichende und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass er ein Dienstvergehen von schwerwiegender Art begangen habe, indem er in der Sendung U. am 00.00.0000 auf X. in seinen Äußerungen eine vergleichende Betrachtung der Massentierhaltung und des nationalsozialistischen Massenmords in Auschwitz getätigt und damit den Holocaust verharmlost habe. Das durch diese Äußerungen in der Öffentlichkeit praktizierte Verhalten erfordere vor einer abschließenden Prüfung zwingend die Verhinderung der weiteren Dienstausübung, da durch den in der Öffentlichkeit aufgekommenen Verdacht einer Straftat bzw. eines Dienstvergehens das Vertrauen in die dienstliche Tätigkeit des Klägers als Lehrer insgesamt in Frage gestellt sei. Dabei hätten Beamtinnen und Beamte ihre Aufgaben unparteiisch sowie gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Sie müssten sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Dies schließe die Vermeidung eines durch eigenes Verhalten in vorhersehbarer und zurechenbarer Weise gesetzten Anscheins ein, sich mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut zu identifizieren. Hierfür genüge jede Form des Relativierens des Völkermordes oder Bagatellisierens seines Unrechtsgehalts. Durch seine Aussage, welche die während des NS-Regimes verfolgten Personenkreise und die ihnen gegenüber begangenen Straftaten, insbesondere die systematische Judenvernichtung, auf eine Stufe mit Tieren in der Massentierhaltung und den dortigen Vorgehensweisen stelle, habe der Kläger eine Wertung vorgenommen, die ein Herunterspielen und Verharmlosen des Holocausts darstelle. Dies komme einer Relativierung des menschenverachtenden Massenmordes in einer „geschmacklosen" Art und Weise gleich und untergrabe die Grundlagen der demokratischen Staatsordnung. Eine derartige Äußerung stünde zugleich in unmittelbarem Widerspruch zu seiner Lehrtätigkeit im Fach Politik und werde dem Umstand nicht gerecht, dass sich Beamte gemäß § 34 BeamtStG mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen hätten. Im Gegenteil ließen die getätigten Äußerungen auf eine unzumutbare charakterliche Grundeinstellung sowie eine tiefe Missachtung der dem Beamten auferlegten Pflicht zur Verfassungstreue schließen. Schon wegen seiner Tätigkeit als Politiklehrer hätte ihm bewusst gewesen sein müssen, welchen Stellenwert der 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung habe. Dies sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, weil die konkrete Eignung zu bejahen sei, das psychische Klima aufzuhetzen; dabei genüge die Verhetzung eines aufnahmebereiten Publikums. Da es sich bei der Radiosendung auf X. um eine Live-Sendung gehandelt habe, sei ein nahezu unbegrenzter Personenkreis für die Äußerungen erreichbar gewesen. Ferner seien die Äußerungen im Widerspruch zur beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht geeignet, das Ansehen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein -Westfalen, massiv und nachhaltig zu schädigen. Ein innerdienstliches Verhalten sei gegeben, da er sich bei X. als Gymnasiallehrer und als Politiklehrer des Landes Nordrhein-Westfalen am Standort V. vorgestellt habe. Im Interesse des Ansehens der öffentlichen Verwaltung sowie im Interesse des Schutzes der Schülerinnen und Schüler könne eine weitere Ausübung des Dienstes nicht verantwortet werden. Insbesondere dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, die öffentliche Verwaltung dulde in ihren Reihen menschenverachtende Äußerungen dieser Art. Zudem bestünde vorliegend die Gefahr, dass der Kläger eine Relativierung des Holocausts durch die wiederholte Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und der menschenverachtenden Ermordung von Juden auch in seinem Politikunterricht vornehme und damit das beamtenrechtliche Neutralitätsgebot missachte. Gleichzeitig liege aufgrund seiner Äußerungen, dass das Thema in den Lehrplänen einen zu großen Raum einnehme und er sich lieber mit Themen wie Islamismus und Terrorismus beschäftigen würde, die Vermutung nahe, dass er dem Thema im Rahmen seines Unterrichts nicht den entsprechenden Raum einräumen und so dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule hinreichend Beachtung schenken werde. Im Rahmen des Ermessens sei das Individualinteresse des Klägers an der weiteren Ausübung seines Amtes mit den Belangen des Gemeinwohls in Form des Interesses der Öffentlichkeit am Schutz des Ansehens des Beamtentums, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, abgewogen und letzterem der Vorrang eingeräumt worden. Dabei habe man berücksichtigt, dass der Kläger sich im Nachgang der Äußerungen von diesen weder distanziert noch diese relativiert habe. Die sofortige Wirksamkeit des Verbots durch Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung sei erforderlich, um der drohenden Wiederholungsgefahr im Unterricht Rechnung zu tragen.
26Im Rahmen eines weiteren Dienstgesprächs bei der Bezirksregierung L. wurde dem Kläger am 00.00.0000 eröffnet, dass unabhängig vom Ausgang der laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Einsatz als Lehrer am Weiterbildungskolleg L. im Interesse des Schulfriedens wie auch in seinem persönlichen Interesse faktisch nicht mehr möglich sei. Denn sein Radiobeitrag und die nachfolgende Presseberichterstattung hätten dazu geführt, dass von Seiten des Lehrerkollegiums, der Elternschaft wie auch des Personalrates eine positive Integration seiner Person in das ansonsten sehr integrationsbereite Kollegium nicht mehr möglich sei. Der Kläger konnte diese Analyse nachvollziehen und war damit einverstanden, nicht dort eingesetzt zu werden. Daraufhin wurden weitere potentielle Einsatzmöglichkeiten nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren erörtert: Der Kläger lehnte einen weiteren Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus den Gründen seines Versetzungsantrages ab. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Bezirksregierung L. sowie die Bezirksregierung E1. aufgrund fehlenden Bedarfs aktuell keine Einsatzmöglichkeit an einem Weiterbildungskolleg in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erkennen könnten.
27Mit Schreiben vom 00.00.0000 berichtete die Leiterin des L. -Kollegs der Bezirksregierung L. von dem am 00.00.0000 stattgefundenen pädagogischen Tag in der Jugendherberge L. -S1. , zu dem auch der Kläger eingeladen war, um sich vor seinem Dienstantritt am 00.00.0000 einen ersten Einblick zu verschaffen. Nachdem sie den Kläger dem Kollegium vorgestellt habe, habe dieser auf dringende Anfrage der Bezirksregierung B. die Veranstaltung unverzüglich verlassen und sich noch am gleichen Tag in B. einfinden müssen. Daraufhin habe der Kläger unter den Blicken des gesamten Kollegiums den Raum verlassen. Später habe ihr ein Lehrer mitgeteilt, dass er den Kläger schon vorher einmal persönlich bei einer Veranstaltung erlebt und nun wieder erkannt habe. Außerdem hätten andere Lehrerinnen und Lehrer und sogar der Hausmeister am Abend zuvor Fernsehberichte über die Äußerungen des Klägers im X. -Programm gesehen und sich zwischenzeitlich im Internet entsprechend informiert, weshalb nun allgemein bekannt sei, dass es sich bei dem Kläger um den wegen seiner Äußerungen zum Holocaust vorläufig suspendierten Lehrer handele. Sie als Schulleiterin könne nachdrücklich versichern, dass ihr normalerweise sehr integrationsbereites und tolerantes Kollegium sich mit allen Kräften wehren und öffentlich dagegen verwahren würde, wenn der Kläger an das L. -Kolleg kommen sollte.
28Mit Bescheid vom 00.00.0000 widerrief die Bezirksregierung B. gegenüber dem Kläger ihre Abordnungs- und Versetzungsverfügung an das L. -Kolleg vom 00.00.0000 gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Später hob die Bezirksregierung B. diesen Bescheid mit einem weiteren Bescheid vom 00.00.0000 mangels vorheriger Personalratsbeteiligung auf und erließ gleichzeitig nach Mitzeichnung der Gleichstellungsbeauftragten am 00.00.0000 und Zustimmung des örtlichen Personalrats am 00.00.0000 einen neuen, inhaltlich gleichlautenden Bescheid, mit dem die Abordnungs- und Versetzungsverfügung des Klägers an das L. -Kolleg widerrufen wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Abordnung und Versetzung widerrufen würden, weil man aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewesen wäre, die entsprechenden Verfügungen nicht zu erlassen, und weil ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Das von dem Kläger am 00.00.0000 geführte Radiointerview auf X. habe zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass seine Identität unter seinem neuen Namen, entgegen seiner mit dem Versetzungsantrag ursprünglich verbundenen Intention, landesweit bekannt geworden sei. Aufgrund dessen sei nach Angaben der Schulleiterin des L. -Kollegs eine erhebliche Unruhe im dortigen Kollegium entstanden; in Folge der Presseberichterstattung bestünden nun Widerstände im Kollegium gegen die Integration seiner Person, zumal seine „Vorgeschichte" nun auch allen Studierenden bekannt geworden sei. Dadurch sei der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört und wäre im Falle seines Verbleibs an der Schule nachhaltig gefährdet. Darüber hinaus sei der Widerruf der Verfügungen auch zur Verhinderung eines drohenden Schadens für Individualrechtsgüter erforderlich, namentlich um eine Gefährdung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sowie möglicherweise weitere Folgen für seine Gesundheit aufgrund fortdauernder Bedrohungen und Anfeindungen auch an der neuen Schule zu vermeiden. Sein persönliches Interesse an einem „Neuanfang", der aufgrund der Vorfälle nun nicht mehr im gewünschten Maße stattfinden könne, müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung des Schulfriedens sowie an einer ordnungsgemäßen Unterrichtsteilung zurücktreten, zumal er die zu der Aufhebung führenden Gründe selbst herbeigeführt habe. Infolge der Aufhebung sei er nunmehr formal dem Weiterbildungskolleg V. zugewiesen, während sein Versetzungsantrag wieder auflebe; über diesen werde in Abhängigkeit von dem Ausgang der laufenden Verwaltungsstreitverfahren sowie der aktuellen Bedarfssituation entschieden. Ein Einsatz am Weiterbildungskolleg V. sei nicht vorgesehen.
29Mit Datum vom 00.00.0000 stellte die Bezirksregierung B. aufgrund der Äußerungen des Klägers in der Radiosendung Strafanzeige mit der Bitte um rechtliche Überprüfung. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Köln vom 19. April 2015 (121 Js 363/15) wurde sodann die Absicht mitgeteilt, das Verfahren gemäß § 170 der Strafprozessordnung einzustellen – die endgültige Einstellung erfolgte im 00.00.00. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Straftat, insbesondere eine Volksverhetzung im Sinne von § 130 des Strafgesetzbuches, nicht vorliege. Dabei, dass der Kläger im Rahmen der Telefondiskussion angegeben habe, dass ihn persönlich Auschwitz nicht mehr interessiere und ihm die Massentierhaltung sowie der Tod von sechs Millionen Tieren emotional viel näher gingen, handele es sich nur um die persönliche Meinung des Klägers, die von seiner Meinungsfreiheit gedeckt sei. Für das Tatbestandsmerkmal des Verharmlosens sei hingegen ein ausdrückliches quantitatives oder qualifiziertes Bagatellisieren von Art, Ausmaß, Folgen und Wertwidrigkeit einzelner oder der Gesamtheit nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen erforderlich.
30Bereits mit Bescheid vom 00.00.0000, dem Kläger zugestellt am 00.00.0000, leitete die Bezirksregierung B. gegen den Kläger wegen des Verdachts, ein Dienstvergehen begangen zu haben, ein Disziplinarverfahren ein. Zur Begründung wurde vorrangig auf seine Äußerungen in der Radiosendung bei X. Bezug genommen, darüber hinaus aber ebenfalls auf weitere Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen seiner Unterrichtstätigkeit: Dazu zählten insbesondere der Besuch einer Shisha-Bar während der Unterrichtszeit, nicht erteilter Unterricht am 00.00.00, 00.00.0000 und 00.00.0000 sowie das Verhalten des Klägers gegenüber Schülerinnen und Schülern bzw. Kolleginnen und Kollegen. Überdies wurden ihm mangelnde Professionalität und sein Verhalten am pädagogischen Tag 2015 vorgeworfen. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurden im 00.00.0000 zahlreiche Zeugen vernommen. Aufgrund der dortigen Erkenntnisse wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 00.00.0000 um den Pflichtverstoß ergänzt, es unterlassen zu haben, die Bezirksregierung B. zeitnah über die Aberkennung seines Doktortitels in Kenntnis gesetzt zu haben.
31Der Kläger hat bereits am 00.00.0000 gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt (1 L 217/15). Letzteren nahm der Kläger mit Schriftsatz an das erkennende Gericht vom 10. März 2015 zurück, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 11. März 2015 eingestellt wurde.
32Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass sowohl das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das ausgesprochene Hausverbot rechtswidrig seien. Für die formelle Rechtswidrigkeit des Hausverbots nehme er Bezug auf die Entscheidungen des erkennenden Gerichts und des OVG NRW in den früheren Verfahren 1 L 574/13 und 1 K 3328/12. Darüber hinaus sei das verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufzuheben, da die von dem Dienstherrn geäußerte Auffassung, es bestünde der Verdacht eines Dienstvergehens „schwerwiegender Art", schlichtweg falsch sei. Insbesondere seien die ihm zu Last gelegten Äußerungen im Kontext eines längeren, mehrminütigen Gespräches im Radio durch Art. 5 GG gedeckt und stellten demgemäß keinen Verstoß gegen Dienstpflichten dar. Im Bescheid hingegen würden einzelne Sätze nicht nur im falschen Wortlaut dokumentiert, sondern zudem vollkommen aus dem Zusammenhang des Gesprächs gerissen; eben dies habe in einem früheren Disziplinarverfahren bereits das Verwaltungsgericht Münster kritisiert. Für das Gespräch habe er sich zuvor handschriftliche Notizen als Gesprächsleitfaden gemacht, in deren Rahmen am Ende abschließende Distanzierungen von jeglichen Relativierungen des Holocausts vorgesehen gewesen seien; diese habe er jedoch leider nicht mehr für die Öffentlichkeit hörbar äußern können. Hieran trage er selbst keine Schuld, da er damit habe rechnen können, noch ein „letztes Wort" zugestanden zu bekommen. Nichtsdestotrotz sei auch durch den Beginn des öffentlichen Gesprächsausschnitts ersichtlich, dass er sich deutlich und unmissverständlich vom Nationalsozialismus distanziert habe. Sofern er gesagt habe, dass zahlreiche tagesaktuelle Grausamkeiten, etwa IS-Terrorismus und Massentierhaltung, ihm „emotional viel näher" gingen, habe er keineswegs den Verbrechensgehalt der Ereignisse von Auschwitz relativiert, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ihn die tagesaktuell auf der Welt passierenden Grausamkeiten gegenwärtig emotional stärker berührten als Ereignisse, die mehr als 70 Jahre zurücklägen. Damit habe er aber in keinster Weise zwischen Massentierhaltung und Holocaust einen Vergleich hinsichtlich des Unrechtsgehalts vorgenommen, sondern lediglich seine im Jahr °°°° fühlbare emotionale Betroffenheit abgeglichen. In diesem Zusammenhang bekenne er sich ausdrücklich dazu, dass er den Unrechtsgehalt von Auschwitz als größer einstufe als denjenigen der Massentierhaltung. Zudem habe er seine Äußerungen deutlich hörbar als „privat" zugeordnet. Dabei sei es auch – wie vom VG Münster im damaligen Disziplinarverfahren festgestellt – dienstrechtlich vollkommen irrelevant, dass er sich während des Radiogesprächs als Lehrer zu erkennen gegeben habe. Denn es sei legitim, wenn Lehrer zu bildungspolitischen Fragen in ihrer Freizeit öffentlich Positionen verträten, selbst wenn diese den Positionen des Dienstherrn klar widersprächen (z.B. „G8“ und „Kopfnoten“). Im Übrigen habe er nicht im Geringsten den Anschein hervorgerufen, ein Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu sein. Insoweit führe der besondere Wertgehalt des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, zumal er in keinster Weise Lehrer dazu aufgefordert habe, den bestehenden Lehrplan nicht mehr zu befolgen, oder dies für sich angedeutet habe. Das Weiterbildungskolleg V. habe er überhaupt nicht erwähnt. Ungeachtet seines privaten Desinteresses sei er durchaus der Meinung, dass Auschwitz auch in Zukunft in der Schule behandelt werden müsse. Lediglich bezüglich des Umfangs würde er sich von künftigen Lehrplänen eine Verschiebung zugunsten von Themen mit höherer weltpolitischer Aktualität wünschen, doch verhalte er sich zugleich in seiner Diensttätigkeit gegenüber dem aktuellen Lehrplan vollkommen loyal. Angesichts dessen ließe sich das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine Eignung, Schülerinnen und Schülern als Vorbild zu dienen, auch nicht als tiefgreifend erschüttert einstufen. Im Gegenteil ließe sich feststellen, dass der von ihm geäußerte Wunsch nach einem geringeren Umfang der Thematisierung des Holocausts von einer breiten Mehrheit der deutschen Bevölkerung geteilt werde. Nach einer im Januar 2015 von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten repräsentativen Umfrage befürworte eine große Mehrheit der Deutschen (81 Prozent), darunter insbesondere die Gruppe der unter 40-Jährigen, die Geschichte der Judenverfolgung hinter sich zu lassen und sich stattdessen gegenwärtigen Problemen zu widmen. Auf einer solchen, emotional geprägten Ebene seien seine Äußerungen bei X. angesiedelt gewesen, keineswegs auf einer historisch-analytischen Ebene. Lediglich seine hohe Empathie für das Leiden von Tieren in der Massentierhaltung dürfte von der Position der Durchschnittsbevölkerung abweichen, da er schon als Kleinkind streng vegetarisch aufgewachsen sei und sich seit dem Alter von 15 Jahren sogar streng vegan ernähre; in Anlehnung an das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten" im christlichen Glauben habe er für das Leiden von Tieren ein deutlich größeres Mitgefühl als die meisten anderen Menschen. Dieses habe er jedoch niemals in seine dienstliche Tätigkeit eingebracht und hinsichtlich derartiger Äußerungen werde er sich in Zukunft gerne mäßigen.
33Zur Bestätigung seiner Angaben, sich unmittelbar vor dem Radiointerview einen eigenen Gesprächsleitfaden vorbereitet zu haben, legt der Kläger ein DIN A4-Blatt mit folgenden Notizen vor:
34„bin Freund des Judentums und Israels und schwul; bin Opfer / Gegner des NS-Regimes; aber: Auschwitz wird zuviel in Schulen behandelt; Schülerinnen und Schüler genervt („es reicht!"); Auschwitz hindert uns daran, wachsam zu sein, lenkt uns von anderen Problemen ab; Islamismus, IS-Terrorismus, Boko Haram, Antisemitismus in Deutschland bei radikalen Muslimen; Juden haben Angst, Schwule auch; klarstellen: auch von rechts droht noch immer Gefahr/ nicht zu verharmlosen; Abschluss: Gesagtes soll Auschwitz nicht verharmlosen, Auschwitz war ein schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
35Die zur Begründung der Klage gemachten Ausführungen ergänzt der jüngst in das Verfahren eingetretene Prozessbevollmächtigte des Klägers dahingehend, dass nicht jeder Verdacht eines Dienstvergehens bereits einen zwingenden Grund für den Erlass eines Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte biete. Vielmehr komme dies nur dann in Betracht, wenn dem Beamten aufgrund hinreichender Anhaltspunkte eine Straftat oder ein Dienstvergehen von so schwerwiegender Art zur Last gelegt werden könne, dass bereits vor der abschließenden Prüfung die Verhinderung der weiteren Dienstausübung zwingend notwendig erscheine. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Im Übrigen sei einem Vermerk des Ermittlungsführers zu entnehmen, dass nach der bisherigen Untersuchung weder mit einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst noch mit seiner Rückstufung zu rechnen sei. Doch hätte der Beklagte zwingend klären und aktenkundig machen müssen, welche Erkenntnisse ihn zu der Überzeugung führten, dass bei einer Fortsetzung des Dienstes durch den Kläger mit schwerwiegenden Nachteilen des Dienstherrn oder für Dritte zu rechnen sei. Dass man mit der Suspendierung lediglich habe ein „Zeichen setzen“ wollen, entspräche aber nicht dem gesetzgeberischen Ziel – die darin geregelte Möglichkeit der fristlosen Freisetzung verlange vielmehr die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Gleichzeitig liefe es seiner Fürsorgepflicht entgegen, dass der Dienstherr zusätzlich noch mittels Pressemitteilung die Suspendierung in der Öffentlichkeit bekannt gemacht und zudem den Namen des Klägers im Fernsehen genannt habe. Dieser habe sich lediglich in einem Interview zur Fleischernährung geäußert und dabei seine persönliche Meinung vorgetragen. Diese sei durch Art. 5 GG geschützt, zumal es sich um eine Äußerung außerhalb des Dienstes gehandelt habe. Zudem habe er sich im Interview nur als Lehrer zu erkennen gegeben, einen direkten Bezug zu seinem Amt und zu seiner Stellung als Beamter aber nicht hergestellt. Das mitverfügte Hausverbot sei wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ebenfalls rechtswidrig.
36Der Kläger beantragt,
37die Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Zur Begründung führt er aus, dass sowohl das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das ausgesprochene Hausverbot rechtmäßig seien. Die Ausübung des Hausrechts stünde zwar grundsätzlich der Schulleitung zu, richte sich aber gegen Störungen von außenstehenden Dritten oder Nutzern der öffentlichen Einrichtung. Demgegenüber ließen sich Konflikte wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens einer Lehrkraft als Angehörigem des Lehrkörpers nur im Wege dienstrechtlicher Maßnahmen lösen, weshalb das Verbot zum Betreten des Schulgebäudes gegenüber einer Lehrkraft nur von der Stelle ausgesprochen werden könne, die auch für das Verbot der Dienstausübung zuständig sei. Auch dafür seien die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben, da bei weiterer Dienstausübung des Klägers der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde und gewichtige Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die Beeinträchtigung des Dienstbetriebs sei in der erheblichen Unruhe in der Lehrer- und Schülerschaft aufgrund der Äußerungen des Klägers in der landesweit ausgestrahlten X. -Radiosendung sowie aufgrund der X. -Fernsehsendung „B1. T. " am 00.00.0000 entstanden. Dies werde auch durch eine Stellungnahme der Schulleiterin des L. -Kollegs bestätigt. Dem Kläger sei insbesondere vorzuwerfen, dass seine Äußerungen einen direkten Zusammenhang zwischen dem menschenverachtenden Massenmord in der Zeit des Nationalsozialismus und der Massentierhaltung herstellten, wodurch unweigerlich eine Wertung in Gestalt der Verharmlosung des Holocausts vorgenommen werde. Die schriftliche Dokumentation der Radioaussagen habe exakt den Äußerungen entsprochen, die tatsächlich für die Hörerschaft des Interviews akustisch wahrnehmbar gewesen wären. Hingegen stelle die Angabe des Klägers, dass es sich bei der im Radio getätigten Zahlenangabe im Rahmen der oben genannten Äußerungen nur um einen unglücklichen und versehentlichen Zahlendreher gehandelt haben solle, nur eine substanzlose Schutzbehauptung dar, die nicht überzeugen könne. Denn dies stünde im Widerspruch zu den bisherigen Erläuterungen des Klägers, den Gesprächsverlauf vorab mithilfe eines selbst verfassten Leitfadens umfassend geplant zu haben. Entgegen der Einschätzung des Klägers sei es gerade der Gesamtzusammenhang seiner Äußerungen gewesen, der zu der Annahme begründeter Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Dienstvergehens schwerwiegender Art geführt habe. Dass ihm schließlich am Ende des Interviews keine Zeit zu Klarstellungen gegeben worden sei, hätte der Kläger einkalkulieren müssen. Als Folge der Äußerungen des Klägers sei nunmehr aber auf Seiten des Dienstherrn und der Öffentlichkeit ein Vertrauensverlust in die dienstliche Zuverlässigkeit des Klägers als Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen entstanden. Insoweit habe es im direkten zeitlichen Nachgang eine Vielzahl telefonischer Beschwerden und intensive Reaktionen der Öffentlichkeit gegeben. Weiterhin habe auch ein materieller Dienstbezug bestanden, da der Kläger eine Einordnung der Äußerungen als rein private Sichtweise nicht gegeben, sondern im Gegenteil durch den Hinweis auf die zu große Breite in den bestehenden Lehrplänen den Eindruck vermittelt habe, dass er bei der Ausführung seines Lehrauftrages beeinträchtigt sei. Diesbezüglich genüge es, dass aus Sicht eines unbefangenen Betrachters der Eindruck einer inneren Abkehr von den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit der darin liegenden Befürchtung entstünde, er werde seinen dienstlichen Aufgaben als Lehrkraft nicht mehr unbefangen nachkommen. Die Äußerungen des Klägers seien in diesem Zusammenhang auch nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG gedeckt. Im Gegenteil habe der Verdacht bestanden, dass der Kläger eine Straftat in Form einer Verharmlosung des Holocaust gem. § 130 Abs. 3 StGB begangen habe. Im Übrigen bedürfe es für die Anordnung eines Verbots der Führung der Dienstgeschäfte keiner erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts, sondern es genüge, dass der Dienstvorgesetzte zu der begründeten Überzeugung gelange, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln verlangten. Das Hausverbot sei demgegenüber dadurch begründet, dass eine weitere Störung des Schulbetriebs bzw. die Gefahr einer Wiederholung zu befürchten sei. Ohne seine Anordnung wäre zu befürchten gewesen, dass der Kläger ungeachtet einer Lehrtätigkeit die Schule aufgesucht und weitere Äußerungen gegenüber Schülerinnen und Schülern, gegenüber dem Lehrerkollegium oder gegenüber der Presse vorgenommen hätte, gegebenenfalls zur Rechtfertigung seiner Äußerungen. Die Belastung des Beamten ergäbe sich ohnehin in erster Linie aus dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 1 K 3328/12, 1 L 574/13, 1 K 3816/13, 1 K 1482/15, 1 K 2645/15 sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs und die Personalakte des Klägers Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe:
43Die Klage ist zulässig und begründet.
44Insbesondere ist die Klage als Anfechtungsklage gegen das ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach wie vor statthaft und es besteht weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn das mit Bescheid vom 00.00.0000 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist nicht nach § 39 Satz 2 BeamtStG erloschen. Denn gegen den Kläger ist innerhalb der Dreimonatsfrist des § 39 Satz 2 BeamtStG, namentlich mit Verfügung vom 00.00.0000– dem Kläger zugestellt am 00.00.0000 – ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
45Die Klage ist auch begründet. Das von der Bezirksregierung B. verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei ist die mündlich nach dem Anhörungsgespräch vom 00.00.0000 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verfügung in der Fassung des Bescheides vom 00.00.0000 zugrunde zu legen.
46Das an den genannten Tagen verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte war zwar bei seinem Erlass rechtmäßig, ist aber jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung materiell rechtswidrig geworden.
47Zwar ist bei Anfechtungsklagen regelmäßig nur der Zeitpunkt des Bescheiderlasses Ausgangspunkt der rechtlichen Begutachtung, doch gilt abweichend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, wenn dem jeweiligen Verwaltungsakt – wie hier dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte – eine Dauerwirkung für einen längeren Zeitraum zukommt. Denn die zuständige Behörde und im Streitfall das Gericht müssen das ausgesprochene Verbot bis zum Ende der Geltungsdauer „unter Kontrolle halten“. Wenn sich herausstellt, dass Gründe, die ursprünglich für das Verbot sprachen, entweder widerlegt oder soweit entkräftet sind, dass sie nicht mehr den qualifizierten Anforderungen für den Erlass einer Verbotsverfügung genügen, ist die Verbotsverfügung aufzuheben.
48Vgl. VG E1. , Urteil vom 19. Dezember 2014 – 2 K 6786/14 –, juris; diesen Zeitpunkt hat in einem früheren Klageverfahren des Klägers schon VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 K 3328/12 – zugrunde gelegt.
49Rechtsgrundlage für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist § 39 Satz 1 BeamtStG. Danach kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden.
50Zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 39 Satz 1 BeamtStG liegen dann vor, wenn eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Beamten – im Augenblick und für die Dauer des Verbots – dienstlich nicht vertretbar ist. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist eine Notmaßnahme, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden. Dienstliche Belange, welche ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtfertigen, können sowohl durch ein dienstliches als auch durch ein außerdienstliches Verhalten des Beamten oder in seiner Person begründet sein, soweit sie sich auf die dienstlichen Bereiche auswirken können.
51Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschlüsse vom 3. April 2009 – 6 B 36/09 –, juris, und vom 26. April 2007 – 6 B 391/07 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. September 2011 – 12 K 3083/09 -, juris, Rn. 20 ff. sowie Beschluss vom 23. Juni 2009 – 1 L 228/09 -, (n.v.); VG München, Beschluss vom 17. April 2002 – M 5 S 02.1111 -, juris, Rn. 28.
52Der Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt als solcher grundsätzlich voller gerichtlicher Nachprüfung. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass der Dienstherr die fachlichen und politischen Ziele des Verwaltungshandelns aufgrund seines Organisationsrechts bestimmt und damit die dienstlichen Belange maßgebend prägt, so dass diese als Vorgaben auch in die wertende Entscheidung einfließen. Ferner ist der Charakter des Verbots als eine materiell-rechtlich vorgesehene Sofortmaßnahme, die Zwecken der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr dient, zu berücksichtigen.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 21/03 –, juris Rn. 10; Zängl, in: GKÖD, § 60 BBG a.F., Rn. 4 und 19; Plog/Wiedow, § 60 BBG a.F., Rn. 1 und 8.
54Hintergrund ist der Anspruch des Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung als einen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.
55Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.
56Die zu befürchtenden Nachteile müssen vor diesem Hintergrund so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
57Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2013– 6 A 2586/12 – und vom 30. Juli 2015 – 6 A 1454/13 –, beide juris m.w.N.
58Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 – 1 WB 67.78 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2015– 6 A 1454/13 –, juris.
60Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2013– 6 A 2586/12 – und vom 30. Juli 2015 – 6 A 1454/13 –, beide juris m.w.N.
62Gemessen an diesen Maßstäben lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte zwingende dienstliche Gründe in dem Sinne vor, dass die Bezirksregierung B. zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgehen durfte, eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger erscheine nicht angebracht. Dies gilt zum einen unter dem Gesichtspunkt der durch den Kläger begangenen Dienstpflichtverletzungen und zum anderen wegen des darin liegenden Zwecks der Gefahrenabwehr.
63Insbesondere stand das außerdienstliche Verhalten des Klägers in Form seines Radiointerviews bei X. am 00.00.0000 mit seinen Pflichten aus § 33 Abs. 2 BeamtStG (Gebot zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung) auch in Ansehung der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Meinungsfreiheit nicht in Einklang.
64Der Beamte steht zu seinem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Dieser Grundsatz hat nach Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 GG Verfassungsrang. Die sich aus diesem Dienst- und Treueverhältnis ergebenden einzelnen Rechte und Pflichten des Beamten werden teilweise in den §§ 33 ff. BeamtStG konkretisiert, wo seinem Handeln Grenzen gesetzt werden. Insoweit kommt es zur Kollision von zwei Grundentscheidungen der Verfassung, zum einen der Garantie eines für den Staat unentbehrlichen und diesen tragenden Beamtentums und zum anderen der individuellen Freiheitsrechte eines Beamten, hier dem Grundrecht freier Meinungsäußerung. Nach diesem Grundrecht hat jedermann das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Dieses Recht findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Beamtengesetze zählen. Dies hat zur Folge, dass die Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einschränkt, wobei die Grenze im Einzelfall von der Art und dem Inhalt der Äußerung, der Amtsstellung des Beamten und dem Bezug der Betätigung zu seinem Amt abhängig ist.
65Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. September 2007 - 2 BvR 1047/06 -, juris; VG N. , Urteil vom 16. Oktober 2009 - 4 K 1765/08 -, juris; VGH Mannheim, Urteil vom 26. November 1982 - 4 S 819/80 -, juris (Leitsatz).
66Gleichzeitig ist die Regelung in § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG zu berücksichtigen. Danach ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
67Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
68vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Januar 2001 – 1 BvQ 9/01 – und vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, beide juris,
69ist das Grundgesetz als Gegenentwurf zum nationalsozialistischen Unrechtsstaat und zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes konzipiert, in dem Auschwitz als Mahnung für die Zukunft verstanden werden soll. Es ist von seinem Aufbau bis in viele Details hin darauf ausgerichtet, aus den geschichtlichen Erfahrungen zu lernen und eine Wiederholung solchen Unrechts ein für alle Mal auszuschließen. Dabei kommt besonders dem 27. Januar als dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945, der staatlicherseits zum offiziellen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (sog. Holocaust-Gedenktag) bestimmt worden ist, ein besonderer Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zu: Mit der Begehung dieses Gedenktages wird Verantwortung für die Vergangenheit übernommen und bundesweit nicht nur der Opfer gedacht, sondern zugleich mahnend an die Folgen des Nationalsozialismus erinnert, um deren Wiederholung dauerhaft auszuschließen. Die Befürwortung der nationalsozialistischen Herrschaft und des während dieser Zeit begangenen Unrechts ist in Deutschland ein Angriff auf die Identität des Gemeinwesens nach innen mit friedensbedrohendem Potential.
70Aus den vorgenannten Umständen sind Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust, noch dazu an einem diesbezüglichen Gedenktag, mit anderen Meinungsäußerungen nicht vergleichbar. Bei der Strafvorschrift des § 130 Abs. 4 StGB – und entsprechendes dürfte für den hier relevanten § 130 Abs. 3 StGB gelten – handelt es sich vor diesem Hintergrund um eine spezielle Einschränkung der in Art. 5 GG grundsätzlich garantierten Meinungsfreiheit; derartige Vorschriften sind auch als nichtallgemeine Gesetze mit der Meinungsfreiheit vereinbar. Angesichts des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft unter deutscher Verantwortung über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der für die Identität der Bundesrepublik Deutschland prägenden Bedeutung dieser Vergangenheit, können Äußerungen, die dies gutheißen oder jedenfalls entsprechende Verbindungen herstellen, Wirkungen entfalten, denen nicht allein in verallgemeinerbaren Kategorien Rechnung getragen werden kann. Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung des nationalsozialistischen Regimes in den Jahren zwischen 1933 und 1945 Grenzen setzen, ist daher eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.
71Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, juris,
72Diese Grenzen werden durch verschiedene Äußerungen des Klägers in dem Radiointerview bei X. am 00.00.0000 in bedeutsamem Maße tangiert, und zwar auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit. Im Besonderen gilt dies für seine mit einem zahlenmäßigen Vergleich verdeutlichte Aussage, dass ihm die Massentierhaltung viel näher als Auschwitz ginge, weil alle 20 Minuten sechs Millionen Tiere sterben würden. Trotz des emotional-persönlichen Eindrucks erweckt die zahlenmäßige Gegenüberstellung für den Zuhörer den Eindruck, dass der Unrechtsgehalt des Holocaust und der systematischen Judenvernichtung herabgespielt wird. Dies zeigt sich sehr eindrucksvoll in der ersten Reaktion des in der Radiosendung bei X. eingeladenen Sachverständigen, zumal das Radio ein flüchtiges Medium ist, das einen zweiten, genaueren auditiven Eindruck nicht zulässt. Darüber hinaus sind auch die weiteren Äußerungen des Klägers, dass der Antisemitismus von radikalen Muslimen viel größer als jeder andere Antisemitismus in Deutschland sei und dass ihn Auschwitz privat überhaupt nicht mehr interessiere, sehr weit reichend und vermitteln dem Zuhörer einen dem besonderen Sinngehalt des Gedenktages widerstrebenden Eindruck.
73Alle diese Aussagen geben zwar einerseits einen persönlichen Meinungsstand wieder, widersprechen aber andererseits dem beamtenrechtlichen Gebot zur Mäßigung, das über Art. 33 Abs. 5 GG ebenfalls Verfassungsrang besitzt. Durch das gewählte Medium einer Live-Sendung im Radio, die einen unbestimmten Personenkreis erreicht, und gleichzeitig in Anbetracht der aktiven Meldung des Klägers zum Radiogespräch unter Vorbereitung eines Stichwortzettels, war das Mäßigungsgebot verletzt. Denn gerade als vermittelnder Lehrer für Politik und Deutsch einerseits und wegen der Sensibilität des Themas, noch an dem Holocaust-Gedenktag zudem, andererseits konnte von einer Einhaltung des dienstrechtlichen Gebots der Zurückhaltung nicht mehr die Rede sein, weshalb eine objektive Dienstpflichtverletzung vorliegt. Der dienstliche Zusammenhang war insoweit dadurch hergestellt, dass der Kläger gleich zu Beginn des Radiogesprächs und im Verlauf dessen auch auf Nachfrage der Moderatorin nochmals seine Rolle als vermittelnde Lehrkraft betont hat. Auf ein subjektives Verschulden kam es für die zunächst zu bejahende Rechtmäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte bei seinem Erlass im Übrigen nicht an, wenngleich auch das falsche Verständnis seiner Aussagen, insbesondere betreffend die zahlenmäßige Gegenüberstellung von Massentierhaltung und Holocaustopfern, zu erwarten war.
74Ungeachtet der festgestellten Dienstpflichtverletzung erschien es auch aus Gründen der Gefahrenabwehr wegen der medialen Wirkung der klägerischen Äußerungen und der durch diese hervorgerufenen Aufregung in der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft angezeigt, den Beamten „aus der Schusslinie zu nehmen“, um den Schulfrieden zu wahren und seine Person vor (weiterem) Schaden zu schützen. Nicht zuletzt soll das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach seinem Gesetzeszweck dazu dienen, der Behörde mindestens im Rahmen des Dreimonatszeitraums bis zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens Gelegenheit zu geben, die Sachlage aufzuklären und die hierfür benötigte Ruhe dadurch herzustellen, dass die Dienstausübung vorläufig untersagt wird. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte versteht sich seinem Zweck nach als eine Sofortmaßnahme von zunächst nur vorübergehender Dauer, die bis zur Entscheidung über die Einleitung u.a. eines förmlichen Disziplinarverfahrens eine einstweilige Regelung trifft; dies wird auch durch den Wortlaut der Regelung und die Systematik belegt.
75Siehe auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom25. März 2009 – 12 L 148/09 –, juris.
76Doch ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als Dauerverwaltungsakt spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig geworden.
77Im Gegensatz zu dem früheren Disziplinarverfahren als Folge einer Rede des Klägers bei einer Veranstaltung von „Pro NRW“ ist die Bezirksregierung B. zwar aktuell dem Erfordernis einer Aktualisierung (vgl. § 38 Abs. 4 BDG) und Anpassung des fortwirkenden Verbots der Führung der Dienstgeschäfte vor dem Hintergrund des Anspruchs des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung,
78vgl. unter anderem BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 – 2 BvR 80/77 -, juris, Rn. 41, bezogen auf eine vorläufige Dienstenthebung nach Disziplinarrecht,
79und dem im Disziplinarrecht geltenden Beschleunigungsgrundsatz (§ 4 LDG NRW) hinreichend nachgekommen.
80Zu den einzelnen Anforderungen an die Aktualisierung des Disziplinarverfahrens im Falle des Klägers ausdrücklich: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 K 3328/12 –.
81Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist die disziplinarrechtliche Bearbeitungsfrist von sechs Monaten (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW) seit Einleitung des Disziplinarverfahrens mit Verfügung vom 00.00.0000 noch nicht deutlich, sondern lediglich um etwa einen Monat überschritten und hat die Bezirksregierung B. den baldigen Abschluss des Disziplinarverfahrens angekündigt. Währenddessen hat der Beklagte im Rahmen disziplinarischer Ermittlungen zu den weiteren Vorwürfen, die neben dem Radiointerview erhoben wurden und die Unterrichtstätigkeit des Klägers betrafen, zahlreiche Zeugen vernommen, d.h. erhebliche Aufklärungsarbeit geleistet. Vor diesem Hintergrund kann anders als bei dem früher gegen den Kläger ausgesprochenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte keine Rede davon sein, dass die Rechtswidrigkeit der Suspendierung durch Zeitablauf und Dauer des Disziplinarverfahrens evident wäre.
82Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 – 2 BvR 80/77 -, juris, Rn. 45; zum damaligen Verfahren siehe erneut VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013– 1 K 3328/12 –.
83Das Verbot ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber aus anderen, materiell-inhaltlichen Gründen rechtswidrig.
84Wie § 39 Satz 2 BeamtStG belegt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass dem Verbotsverfahren ein auf die Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren zu folgen hat, wenn das Verbot länger andauern soll. Nur in diesem Falle kann im Vorgriff darauf rechtmäßigerweise ein Verbot nach § 39 BeamtStG ausgesprochen werden.
85Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.4.
86Nicht jeder Bagatellverstoß gegen Dienstpflichten stellt allerdings schon ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen dar, weil ein solches vielmehr ein entsprechendes disziplinarisches Gewicht der Dienstpflichtverletzung voraussetzt. Dies verdeutlicht schon § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, wonach ein Verhalten außerhalb des Dienstes – wie hier – nur dann ein Dienstvergehen ist, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
87Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2010– 1 K 5818/08 –.
88Dies zugrundegelegt ist die angegriffene Entscheidung der Bezirksregierung B. zwischenzeitlich rechtlich zu beanstanden. Die Bezirksregierung geht ausweislich der beigezogenen Disziplinarakte nach entsprechenden Ermittlungen zwischenzeitlich nicht mehr davon aus, dass die Äußerungen des Klägers in der Radiosendung zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen könnten. Entsprechende Feststellungen hat der zuständige Ermittlungsführer im Rahmen der Disziplinarakte im Rahmen einer undatierten E-Mail aufgenommen, wo davon die Rede ist, dass es „voraussichtlich nicht zur Höchstmaßnahme kommen wird“, man allerdings „ein Zeichen setzen“ wolle. Eine derartige Zielsetzung verfehlt den vom Gesetz zugedachten, zuvor dargelegten Zweck der Suspendierung jedoch. Immerhin sind im Hinblick auf die in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht des Dienstherrn die dienstlichen Gründe – besonders nach längerem Zeitablauf – nur zwingend, wenn es ihm nicht mehr zugemutet werden kann, die Dienstgeschäfte durch den Beamten fortsetzen zu lassen.
89Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.1.
90Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das von der Bezirksregierung B. angestoßene strafrechtliche Ermittlungsverfahren zwischenzeitlich im 00.00.00 eingestellt worden ist. Der entsprechenden Ankündigung der Staatsanwaltschaft Köln vom 19. April 2015 hatte die Bezirksregierung B. trotz aufwändiger, eigener Recherchen nicht widersprochen. Demgemäß war spätestens in diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Aussagen eine strafrechtliche Relevanz mit Blick auf § 130 Abs. 3 StGB angesichts der Betonung der persönlichen emotionalen Betroffenheit nicht aufwiesen.
91Zudem war in diesem Zeitpunkt, d.h. nach Ablauf mehrerer Monate, festzustellen, dass das zunächst akute mediale Interesse deutlich abgeklungen war, mit der Folge, dass das Verbot jedenfalls mit seinem vollen Umfang nicht mehr verhältnismäßig ist. Immerhin dauert die vollständige Suspendierung des Klägers nun bereits etwa neun Monate an. Nach dem Abklang des medialen Interesses bzw. der anfänglichen Aufregung wäre im Mindesten eine Reduzierung auf ein teilweises Verbot der Dienstausübung geboten gewesen. Bei einer Lehrkraft wäre dies etwa in der Gestalt vorstell- und durchführbar, dass das Verbot sich nur auf die selbstständige Erteilung von Unterricht erstreckt und dem Kläger zur Vermeidung eines fehlerhaften Einflusses auf Schülerinnen und Schüler ein Kollege an die Seite gestellt wird.
92Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2 a.E.
93Soweit der Beklagte im Disziplinarverfahren darüber hinaus weitere Vorwürfe aus der Unterrichtstätigkeit des Klägers anführt, bedürfen diese vorliegend keiner näheren Erörterung. Denn sie sind nicht zum Gegenstand der hier streitgegenständlichen Verfügung gemacht und insoweit nicht zur Begründung des ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte herangezogen worden.
94Als Annex zur dienstrechtlichen Maßnahme des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte ist auch das in derselben Verfügung gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot zu beanstanden. Zwar war hierfür – gemäß der Ausführung des Beklagten – die Bezirksregierung und nicht der Schulleiter sachlich zuständig, da es sich um eine Maßnahme gegenüber einem Angehörigen des Lehrkörpers zur Durchsetzung und Sicherstellung der beamtenrechtlichen Maßnahme gemäß § 39 BeamtStG handelte, nicht hingegen um eine Maßnahme im Sinne von § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SchulG zur Abwehr von Störungen des Schulbetriebs durch Außenstehende.
95Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2008 – 2 K 4088/07 –, juris m.w.N.; siehe auch LG Lüneburg, Beschluss vom 30. Juli 1977 – II Qs 9/77 –, NJW 1977, 1832.
96Infolge der Rechtswidrigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist allerdings auch das Haus-/Kontaktverbot im genannten Zeitpunkt als rechtswidrig anzusehen. Denn in solchen Fällen, in denen ein Hausverbot als Annex zu einer dienstrechtlichen Maßnahme verfügt wird, steht das Verbot in engem Zusammenhang zu dieser Maßnahme und teilt deren rechtliches Schicksal. Für die Dauer des Fortbestands soll es die Wahrung des hinter der dienstrechtlichen Verpflichtung stehenden Zwecks sicherstellen, vorliegend also neben dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auch jede andere Kontaktaufnahme des Klägers mit Schülerinnen und Schülern unterbinden. Dies war jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und Entscheidung der Kammer in entsprechender Anwendung der vorstehenden Gründe betreffend die Suspendierung nicht mehr geboten.
97Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 04. Nov. 2015 - 1 K 515/15
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Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
- 1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder - 2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der - a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt, - b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder - c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
- 2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.
(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).
(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.
(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Bezirksregierung B. vom rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am geborene Kläger steht als verbeamtete Lehrkraft (Studienrat, Besoldungsgruppe A 13 ÜBesO NRW) im Dienst des beklagten Landes. Nachdem er am 25. August 2010 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen worden war, wurde er zunächst beim Stadtgymnasium E. eingesetzt. Nach seiner zwischenzeitlichen Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit am 25. August 2014 war er zuletzt am Weiterbildungskolleg der Stadt V. , Abendrealschule und ‑gymnasium, tätig. Der Kläger besitzt die Lehrbefähigung für die Sekundarstufe I und II in den Fächern Deutsch, Pädagogik und Politik.
3In der ersten dienstlichen Beurteilung des früheren Schulleiters, Herrn Oberstudiendirektor V1. N. , während der Probezeit vom 20. Juli 2011 wurde im Gesamturteil die bisherige Bewährung festgestellt.
4Am 9. Juni 2012 nahm der Kläger an einer Kundgebung der Partei „Pro NRW“ in L. teil und äußerte sich in diesem Rahmen in einer öffentlichen Rede, die gefilmt und ins Internet eingestellt wurde, zu dem Thema Islamismus. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er Lehrer sei und sich als bekennender Homosexueller durch den Islamismus bedroht fühle.
5Daraufhin untersagte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit Verfügung vom mit sofortiger Wirkung – und unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – die Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten des Stadtgymnasiums in E. einschließlich der Kontaktaufnahme zu Schülerinnen und Schülern.
6Außerdem wurde der Kläger mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom darüber in Kenntnis gesetzt, dass aufgrund der Rede und des darin liegenden Verdachts eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei. Mit Blick auf die zwischenzeitliche Klageerhebung gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wurde das Disziplinarverfahren jedoch ausgesetzt und dies dem Kläger am mitgeteilt.
7Dem gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (1 L 574/13) gab das erkennende Gericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 statt. Hausverbot und Anordnung der Vornahme von Korrekturen seien bereits formell rechtswidrig, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte (unheilbar) materiell rechtswidrig, da der Beklagte das ebenfalls eingeleitete Disziplinarverfahren wegen der Klage des Klägers gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte durch Verfügung vom ausgesetzt hätte, statt – obwohl hierfür originär zuständig – das Disziplinarverfahren unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes zu betreiben. Die gegen diese Entscheidung zunächst gerichtete Beschwerde zum OVG NRW (6 B 809/13) nahm der Beklagte später zurück. Auf die ebenfalls vom Kläger erhobene Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3328/12) hin wurde der Bescheid der Bezirksregierung B. vom mit Urteil vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Den insoweit gestellten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) zurück.
8Mit Schreiben vom 10. Juni 2013 teilte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, seine regulär mit Ablauf des 24. August 2013 endende Probezeit aus dienstrechtlichen Gründen um ein Jahr bis zum 24. August 2014 zu verlängern, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Bewährung bis zum Ablauf der regulären Probezeit nicht festgestellt werden könne, da Besorgnisse im Hinblick auf seine charakterliche Eignung bestünden und er seit Juni 2012 keinen Dienst mehr verrichtet habe.
9Der Kläger nahm mit Schreiben vom 18. Juni 2013 dahingehend Stellung, dass die beabsichtigte Maßnahme schon deswegen rechtswidrig sei, weil es zu der beabsichtigten Verlängerung der Probezeit nur wegen seiner rechtswidrigen Suspendierung käme.
10Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom wurde die Probezeit des Klägers – nach Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten am 28. Mai 2013 und Zustimmung des Personalrates am 6. Juni 2013 – um ein Jahr bis zum 24. August 2014 verlängert. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass einerseits eine dienstliche Beurteilung zur etwaigen Feststellung der Bewährung vor Ablauf der regulären Probezeit nicht habe erstellt werden können. Andererseits bestünden in Anbetracht des Auftritts des Klägers bei der Veranstaltung von "Pro NRW" am , was seinerzeit zu einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte geführt habe, Zweifel an der charakterlichen Eignung für ein Amt im öffentlichen Schuldienst. Diese Bedenken ließen sich auch unter Berücksichtigung der mittlerweile vorgetragenen Reue nicht bis zum Ablauf der Regelprobezeit ausräumen. Im Übrigen sei wegen des dienstlichen wie auch außerdienstlichen Verhaltens aktuell noch ein Disziplinarverfahren anhängig, dessen Ergebnis noch ausstünde.
11Auf Bitte des Klägers nahm der ehemalige Schulleiter des Stadtgymnasiums E. , Oberstudiendirektor V1. N. , mit Schreiben vom 9. September 2013 eine allgemeine Einschätzung zu dessen Bewährung in der Probezeit vor. Auch in dem Zeitraum nach dem ersten Schulleitergutachten vom 20. Juli 2011 habe es bis zur rechtswidrigen Suspendierung des Klägers für ihn als Schulleiter weiterhin keinen Anlass gegeben, seine uneingeschränkte Bewährung für den Schuldienst in Zweifel zu ziehen und von der damals getroffenen Einschätzung „hat sich bewährt“ abzuweichen. Im Gegenteil hätten alle Aussagen des Zwischengutachtens aus seiner Sicht auch bis zum Sommer 2012 fortgeschrieben werden können.
12Mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2013 wurde der Kläger – mit seinem Einverständnis – durch Verfügung der Bezirksregierung B. vom an das Weiterbildungskolleg V. versetzt.
13In dem gegen den Kläger geführten Disziplinarverfahren stellte die Bezirksregierung B. mit Verfügung vom fest, dass der Kläger mit seinem Verhalten gegen die Wohlverhaltenspflicht, gegen die Pflicht zur Uneigennützigkeit und gegen die Pflicht zur politischen Mäßigung schuldhaft verstoßen und damit ein Dienstvergehen begangen habe. Gegen ihn wurde deshalb eine Geldbuße in Höhe von 1.000,- Euro festgesetzt. Im Einzelnen wurden dem Kläger drei Sachverhalte vorgeworfen: 1. Durch seine Äußerung im Dezember 2011 gegenüber einer Kollegin „Frau C., Herr L. und ich gehen heute Abend ins Bordell. Gehen Sie doch mit, ich lade Sie ein. Wollen Sie nicht mitgehen?" habe er Verstöße gegen die Pflicht zur Kollegialität und gegen die Wohlverhaltenspflicht begangen. 2. Nachdem der Kläger in einer Doppelstunde Politik im Mai 2012 in der 5. Klasse das Thema „Homosexualität und Heterosexualität" behandelt und ein Schüler Homosexuelle mehrfach als Perverse bezeichnet habe, habe sich der Kläger unter Verwendung des Briefkopfes der Schule schriftlich an die Mutter des Schülers gewandt, um sie darauf hinzuweisen, dass es bei fortdauerndem Fehlverhalten zu Ordnungsmaßnahmen kommen könne; andernfalls werde er straf- und zivilrechtliche Maßnahmen in Erwägung ziehen, zumal Erziehungsberechtigte, welche schulische Bestrebungen gegen Homophobie torpedierten, mit ähnlicher Konsequenz zu sanktionieren wären wie Erziehungsberechtigte, die schulische Bestrebungen gegen Rassismus und Antisemitismus torpedierten. Auch darin liege ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht und zudem gegen die Pflicht zur Uneigennützigkeit. 3. Der dritte Vorwurf betrifft die Rede, die der Kläger am auf einer Kundgebung von „Pro NRW“ gehalten hat und mit welcher er gegen das politische Mäßigungsgebot aus § 33 Abs. 2 BeamtStG verstoßen habe.
14Gegen diese Disziplinarverfügung richtete der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht Münster (13 K 3135/13.O), welches die Disziplinarverfügung mit Urteil vom 13. Mai 2014 aufhob. Im Rahmen des dortigen Klageverfahrens führte der Kläger zu dem Vorwurf in Bezug auf seine Kollegin unter anderem aus, dass die von unberechtigten Angriffen gegen seine Person gekennzeichnete Vorgeschichte des Konflikts nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Auch habe er die ihm vorgeworfene Äußerung so nicht getätigt. Bezüglich der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Schüler und seiner Mutter wies der Kläger darauf hin, dass letztere ihm beim Elternsprechtag vor dem zweiten Schreiben aggressiv mit unberechtigten Vorwürfen der Verleumdung und sexuellen Belästigung entgegengetreten sei. Schließlich räumte der Kläger seine Rede anlässlich der Veranstaltung von „Pro NRW" ein und bezeichnete sie als großen Fehler. Doch habe er sich hinreichend von der Gruppierung distanziert; der Inhalt seiner Rede sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ungeachtet dessen sei eine Disziplinarmaßnahme schon allein deswegen nicht mehr angezeigt, da er rechtswidrig suspendiert und in den Medien teilweise drastisch als Person und Beamter in Frage gestellt worden sei; dieser starke öffentliche Druck sei eine erhebliche Belastung gewesen.
15In der dienstlichen Beurteilung aus Anlass des Ablaufs der Probezeit vom 1. Juli 2014, die durch den stellvertretenden Schulleiter des Weiterbildungskollegs V. , Herrn Dr. W. , verfasst wurde, wurde dem Kläger im Gesamturteil bescheinigt, dass er sich „in der Probezeit in vollem Umfang bewährt“ habe. Daraufhin wurde der Kläger am 25. August 2014 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
16Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom wurde der Kläger auf seinen Antrag hin aus persönlichen Gründen mit Wirkung vom 1. August 2015 an das L. -Kolleg, Weiterbildungskolleg der Stadt L. versetzt. Gleichzeitig wurde der Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Juli 2015 in vollem Stundenumfang dorthin abgeordnet.
17Anlässlich der Äußerungen des Klägers in einer Radiosendung bei WDR 5 am in Bezug auf den Holocaust wurde ihm mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom mit sofortiger Wirkung sowie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus zwingenden dienstlichen Gründen bis auf weiteres die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und ihm zugleich bis auf weiteres untersagt, das L. -Kolleg zu betreten oder mit den Schülerinnen und Schülern Kontakt aufzunehmen. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 5. Februar 2015 Klage zum erkennenden Gericht (1 K 515/15) und stellte zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (1 L 217/15). Letzteren nahm der Kläger mit Schriftsatz an das erkennende Gericht vom 10. März 2015 zurück, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde.
18Mit Bescheid vom widerrief die Bezirksregierung B. gegenüber dem Kläger ihre Abordnungs- und Versetzungsverfügung an das L. -Kolleg vom 21. November 2014. Auch hiergegen erhob der Kläger am 15. Juni 2015 Klage zum erkennenden Gericht (1 K 2645/15).
19Der Kläger hat bereits am 14. August 2013 gegen die Verlängerung seiner Probezeit Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass Ursache für die ausgebliebene Unterrichtserteilung seit Mitte Juni 2012 ausschließlich ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten sei. Ungeachtet dessen habe er nach seiner ersten dienstlichen Beurteilung von Juli 2011 noch nahezu ein weiteres Jahr bis Mitte Juli 2012 im Rahmen der Probezeit unterrichtet; dieser Zeitraum hätte ohne weiteres von dem Schulleiter im Rahmen einer Beurteilung bewertet und für den restlichen Zeitraum fortgeschrieben werden können. Dass er sich bewährt habe, folge nicht zuletzt aus dem von ihm eingeholten Schreiben des Schulleiters vom 9. September 2013. Hingegen dürfe ihm aus dem rechtswidrigen Verhalten des Beklagten im Rahmen des Disziplinarverfahrens kein Nachteil entstehen. Die weitere Argumentation mit seinem einmaligen und spontanen Auftritt bei einer Veranstaltung von "Pro NRW" sei für eine Verlängerung der Probezeit völlig ungeeignet, da diesbezügliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung nicht ansatzweise dargelegt würden. Im Gegenteil wäre selbst ein Engagement für die Partei „Pro NRW“ durchaus mit den Pflichten eines Beamten vereinbar. Vor diesem Hintergrund habe die insoweit ergangene Disziplinarverfügung keinen Bestand gehabt, da sich auch die anderen in dieser Verfügung erhobenen Vorwürfe als haltlos erwiesen hätten. Denn aus politischen Äußerungen eines Lehrers in der Freizeit dürften keineswegs Rückschlüsse auf seine mangelnde Fachkompetenz gezogen werden, da sich Lehrer – anders als im Unterricht – durchaus polarisierend und grob vereinfachend zu politischen Sachverhalten äußern dürften. Die fehlende disziplinarrechtliche Relevanz ginge deutlich aus der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Münster betreffend die Disziplinarverfügung hervor. Auf Grundlage der dortigen Feststellungen fehle es dem stellvertretenden Schulleiter offensichtlich an der nötigen Beurteilungskompetenz, da die von diesem erhobenen Vorwürfe sich nicht ansatzweise feststellen ließen. Damit liege der dringende Verdacht einer Befangenheit nahe, was jedoch angesichts der Zuständigkeit des früheren Schulleiters, Herrn N. , ohnehin ohne Bedeutung sei. Zusammengefasst hätten sich seit dem ersten Schulleitergutachten von Juli 2011 keine Ereignisse ergeben, die Zweifel an seiner Eignung begründen könnten, so dass nichts gegen eine fiktive Nachzeichnung der Probezeit gemäß den Grundsätzen über die Beurteilung freigestellter Personalratsmitglieder spräche.
20Der Kläger hat ursprünglich beantragt, den Bescheid der Bezirksregierung B. vom 15. Juli 2013 aufzuheben.
21Nach seiner zwischenzeitlichen Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit macht der Kläger geltend, dass er das Verfahren unbedingt fortsetzen wolle, da er großen Wert auf eine verwaltungsgerichtliche Feststellung lege, dass die Verlängerung seiner Probezeit rechtswidrig gewesen sei. Auf Nachfrage des erkennenden Gerichts hat der Kläger sein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens dahingehend begründet, dass die dienstliche Beurteilung von Juli 2014, aufgrund welcher er auf Lebenszeit verbeamtet worden sei, nicht in gleichem Maße positiv ausfiele wie die Einschätzungen des damaligen Schulleiters im Schreiben von September 2013. Dies könne jedoch für die Chancen seiner künftigen Bewerbungen von entscheidender Bedeutung sein. Darüber hinaus sei es auch für die Allgemeinheit von Bedeutung, dass gerichtlich festgestellt werde, „dass ein Beamter nicht dadurch Nachteile in Form einer Probezeitverlängerung erleiden darf, dass der Dienstherr durch ein rechtswidrig erfolgtes Dienstverbot die rechtzeitige Feststellung der Bewährung torpediert hat.“ Insoweit mache er ausdrücklich ein Rehabilitationsinteresse geltend: Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 13. Mai 2014 festgestellt, habe er unter einer unsachlichen und undifferenzierten Medienberichterstattung leiden müssen, da er als Person wie auch als Beamter in der Öffentlichkeit erheblich in Frage gestellt worden sei. Schließlich legt der Kläger dar, dass er beabsichtigte, wegen der rechtswidrigen Verlängerung seiner Probezeit Schadensersatz von seinem Dienstherrn zu verlangen.
22Vor diesem Hintergrund beantragt der Kläger nunmehr,
23festzustellen, dass der Bescheid der Bezirksregierung B. vom rechtswidrig gewesen ist.
24Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Zur Begründung führt er aus, dass die Bewährung während der Probezeit nur abschließend festgestellt werden könne, wenn Eignung, Befähigung und fachliche Leistung auch im Zeitraum nach der ersten Beurteilung weiterhin erfüllt worden seien. Dies sei vorliegend jedoch nicht möglich gewesen, da der Kläger aufgrund des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte seit dem 20. Juni 2012 keinen Dienst mehr verrichtet habe. Doch könne nur der Dienstherr ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, inwieweit der Beamte den fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes und der Laufbahn entspreche. Die von dem Kläger vorgelegte Stellungnahme des ehemaligen Schulleiters sei aber weder durch die Dienststelle angefordert worden noch sei dieser im Übrigen zu einer solchen Beurteilung befugt gewesen, da dieser seit August 2012 dienstunfähig erkrankt sei. Ungeachtet dessen sei der Bericht im Sinne der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte bedenklich, da die Formulierungen jede gebotene Objektivität und Neutralität vermissen ließen. Die darin aufgestellte Behauptung, dass bis Sommer 2012 die uneingeschränkte Bewährung nicht in Zweifel zu ziehen gewesen sei, werde durch verschiedene Geschehnisse widerlegt, die Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers durchaus rechtfertigten. Diese Zweifel habe der stellvertretende Schulleiter des Stadtgymnasiums in seiner Stellungnahme dargelegt. Im Übrigen werde auf die Darstellung in der Disziplinarverfügung vom verwiesen. Insbesondere hätten wegen des Auftritts bei der Veranstaltung von "Pro NRW" am Zweifel an der charakterlichen Eignung für ein Amt im öffentlichen Schuldienst bestanden, zumal es sich bei dem Kläger um einen Politiklehrer handele, der sich naturgemäß mit politischen Parteien und mit extremen Bewegungen auseinandersetzen müsse. Trotz der Angabe des Klägers, seine Rede zu bereuen, hätten die Bedenken nicht bis zum Ablauf der Regelprobezeit ausgeräumt werden können, weil das Ergebnis des anhängigen Disziplinarverfahrens zum Zeitpunkt der Probezeitverlängerung noch ausgestanden habe. Selbst wenn sich vor Gericht Zweifel an der Angemessenheit der zwischenzeitlich verfügten Geldbuße ergeben hätten, blieben die der Disziplinarverfügung zu Grunde liegenden Umstände als im Rahmen der Probezeitverlängerung zu würdigende Tatsachen bestehen. Die maßgeblichen Sachverhalte würden auch unabhängig von einer disziplinarrechtlichen Würdigung in ihrer Gesamtschau erhebliche Zweifel an der charakterlichen Eignung indizieren, welche eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit im August 2013 nicht gerechtfertigt hätten. Die daraufhin ausgesprochene Verlängerung der Probezeit um ein Jahr entspräche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da der Kläger hierdurch die Gelegenheit erhalten habe, seine uneingeschränkte Bewährung und charakterliche Eignung unter Beweis zu stellen. Hingegen sei ein langjährig aufgrund seiner Personalratstätigkeit freigestellter Lebenszeitbeamter nicht mit einem in der Probezeit befindlichen Beamten vergleichbar. Im Hinblick auf die von dem Kläger geltend gemachten Interessen an der Fortsetzung des Verfahrens führt der Beklagte aus, dass die vom ehemaligen Schulleiter verfasste Erklärung vom keinesfalls als Grundlage für die Verbeamtung anerkannt werden könne. Insofern lägen die weiteren Ausführungen, inwieweit die verschiedenen Bewertungen nicht in gleichem Maße positiv ausgefallen seien, neben der Sache. Ferner seien die Erfolgsaussichten in künftigen Stellenbesetzungsverfahren nicht von der Aufhebung des Bescheides vom abhängig, weil eine Probezeitbeurteilung nicht für eine spätere Bewerbung herangezogen werden könne.
27Der Kläger erwidert auf das Vorbringen des Beklagten, dass das Recht zur dienstlichen Beurteilung dem lediglich dienstunfähig erkrankten Herrn N. nicht abgesprochen werden könne, da ein Schulleiter selbst nach Eintritt in den Ruhestand noch Auskunft über die Leistungen eines Beamten in der Vergangenheit abgeben und eine persönliche Leistungseinschätzung vornehmen könne.
28Hierauf erwidert der Beklagte wiederum, dass der stellvertretende Schulleiter die Rechte und Pflichten des Schulleiters bei dessen Verhinderung – wie vorliegend in dem Zeitraum seit dem 23. August 2012 – wahrnehme. Insofern sei der ehemalige Schulleiter Herr N. verpflichtet gewesen, seinen ständigen Vertreter intensiv über die Angelegenheiten der Schule und den Kläger zu informieren. Demgegenüber stelle das Schreiben des ehemaligen Schulleiters vom keine dienstliche Beurteilung im Sinne der Beurteilungsrichtlinien dar.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 1 K 3328/12, 1 L 574/13, 1 K 515/15, 1 K 1482/15, 1 K 2645/15 sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs und die Personalakte des Klägers Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist zulässig und begründet.
32Im Hinblick auf seinen zunächst angekündigten Antrag war der Kläger gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO berechtigt, die zunächst erhobene Anfechtungsklage zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog umzustellen. Denn die von dem Kläger angegriffene Verlängerung seiner Probezeit hat sich zwischenzeitlich durch seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit am 25. August 2014 erledigt. Anders als im Falle der Entlassung aufgrund der Nichtbewährung in der verlängerten Probezeit, bei der es für die Entscheidung einer fortdauernden Probezeit als Beurteilungszeitraum bedürfte,
33vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. April 1990 – 4 S 1940/88 –, juris,
34ist die Ableistung der Probezeit bzw. ihre Dauer nach der Einstellung als Beamter auf Lebenszeit nicht mehr von Bedeutung.
35Allerdings ist dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der von ihm geltend gemachten Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen rechtswidrigen Handelns des Dienstherrn ein berechtigtes Feststellungsinteresse zuzuerkennen. Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dem klagenden Beamten ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verlängerung seiner Probezeit auszusprechen, da insoweit nicht auszuschließen ist, dass diese sich im weiteren Berufsleben eines Beamten, insbesondere bei seiner ersten Beförderung, günstig auswirken könnte.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 1989 – 2 A 3/86 –, juris Rn. 12 a.E.
37Dieses Schadensersatzbegehren ist auch unter Berücksichtigung von § 839 Abs. 3 BGB bzw. dessen Rechtsgedanken nicht offensichtlich aussichtslos, da bei dem anwaltlich nicht vertretenen Kläger im Hinblick auf die unterlassene Möglichkeit, im August 2013 – ergänzend zu der hier anhängigen Klage – einen Antrag auf Lebenszeitanstellung zu stellen und auch insoweit gegebenenfalls Klage zu erheben, ein großzügiger Maßstab anzulegen ist. Gleichzeitig hat die Kammer berücksichtigt, dass auch ein derartiger Antrag wegen des andauernden Disziplinarverfahrens und der darauf gründenden Blockadehaltung der Bezirksregierung B. mit großer Wahrscheinlichkeit erfolglos geblieben wäre. Eine solche Verfahrensweise, in dem bereits anhängigen Klageverfahren die Rechtswidrigkeit der Probezeitverlängerung feststellen zu lassen, entspricht in Anbetracht dieser Gesamtumstände schließlich der Prozessökonomie.
38Auf die Untauglichkeit des weiteren klägerischen Vorbringens zur Begründung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses kam es vor diesem Hintergrund nicht an.
39Die nach den vorstehenden Ausführungen zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Denn der Bescheid der Bezirksregierung B. vom war (materiell) rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
40Die von § 14 Abs. 5 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) normierte Voraussetzung, dass die „Bewährung bis zum Ablauf der Probezeit nicht festgestellt werden kann“, wird durch die im Bescheid genannten Gründe nicht gedeckt, die darauf aufbauende Ermessensentscheidung ist rechtswidrig.
41Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage dieser Prognoseentscheidung ist dabei der Erlasszeitpunkt des Bescheides ausschlaggebend,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 1989 – 2 A 3/86 –, juris Rn. 15 m.w.N.
43Dem Dienstherrn kommt hinsichtlich der Entscheidung, ob er einen Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit entlässt oder seine Probezeit verlängert, ein Einschätzungsspielraum zu. Diese Entscheidung ist demnach gerichtlich lediglich daraufhin zu überprüfen, ob der gesetzliche Begriff der Bewährung oder die rechtlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger bzw. unvollständiger Sachverhalt zugrunde liegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind.
44Vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 24. April 2001– 2 BS 66/01 –, juris Rn. 9 m.w.N.
45Für die Feststellung der Bewährung oder Nichtbewährung eines Beamten in der Probezeit bedarf es einer genügend breiten Beurteilungsgrundlage. Der Dienstherr muss den Sachverhalt zureichend ermitteln und alle erheblichen Umstände in seine Entscheidung einbeziehen. Es muss eine umfassende Beurteilungsgrundlage vorhanden sein. Dabei kommt der dienstlichen Beurteilung des Beamten auf Probe eine besondere Bedeutung zu. Sie soll entsprechend der Rechtseinrichtung der dienstlichen Beurteilung in förmlicher Festlegung ein möglichst umfassendes Bild über die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Probebeamten vermitteln.
46Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. April 1990– 4 S 1940/88 –, juris Rn. 50.
47Auf Grundlage der Probezeitbeurteilung zur Feststellung der fachlichen Bewährung ist dabei stets auf die gesamte Probezeit abzustellen. Nach dem Sinn und Zweck der laufbahnrechtlichen Probezeit ist dem Beamten auf Probe grundsätzlich während der gesamten Probezeit die Möglichkeit zu geben, seine Eignung nachzuweisen. Ihm soll vor allem die Gelegenheit verschafft werden, die Mängel zu beseitigen, die bisher zu Zweifeln hinsichtlich seiner Bewährung Anlass gegeben haben.
48Vgl. BayVGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 3 CS 14.917 –, juris Rn. 44; Sächsisches OVG, Beschluss vom 24. April 2001 – 2 BS 66/01 –, juris Rn. 8.
49Gemessen an diesen Maßstäben erfüllen die von dem Beklagten im Bescheid vom angeführten Gründe für die Verlängerung der Probezeit die Voraussetzungen nicht, da sie keinen hinreichenden Anhalt bieten, dass die Bewährung des Klägers bis zum Ablauf seiner regulären Probezeit im August 2013 nicht festgestellt werden konnte. Die diesbezügliche Ermessensentscheidung war auch unter Beachtung der Einschätzungs- und Ermessensspielräume des Dienstherrn rechtswidrig.
50Dies gilt zunächst mit Blick auf das im letzten Jahr der regulären Probezeit andauernde Verbot der Führung der Dienstgeschäfte und die insoweit nach Angaben des Beklagten fehlende Möglichkeit, die in diesem Zeitpunkt vorgesehene dienstliche Beurteilung zur etwaigen Feststellung der Bewährung zu erstellen:
51Zwar war in dem genannten Zeitpunkt wegen der andauernden Suspendierung des Klägers eine Beurteilung tatsächlich ausgeschlossen, weshalb – trotz der zwischenzeitlich festgestellten Rechtswidrigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte mit Urteil der Kammer vom 26. Juni 2013 (1 K3328/12), später bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) – nicht erbrachte Leistungen faktisch nicht beurteilt werden können. Eine Ausnahme vergleichbar der Nachzeichnung bei der Freistellung von Personalratsmitgliedern - wie der Kläger vorschlägt - kommt nicht in Betracht, weil derartige Ausnahmefälle auf ein Minimum zu beschränken sind und weitere ungeschriebene Konstellationen alleine auf Basis von Treu und Glauben zu weitgehend wären; treuwidriges Verhalten ist regelmäßig vielmehr auf Sekundärebene einzubeziehen.
52Doch war jedenfalls die Sachverhaltsermittlung der Bezirksregierung B. vor der in ihr Ermessen gestellten Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit defizitär. Der Beklagte hat es versäumt, den Sachverhalt umfassend zu ermitteln, weil zumindest die – durch die von dem Kläger für das Klageverfahren eingeholte Stellungnahme des damaligen Schulleiters belegte – Möglichkeit bestanden hätte, das zweite Jahr der Probezeit des Klägers zu beurteilen. Immerhin war dem Kläger in seiner ersten dienstlichen Beurteilung vom 20. Juli 2011 im Gesamturteil die bisherige Bewährung innerhalb der Probezeit bescheinigt worden, weshalb es sich - spätestens nach Aufhebung des die Suspendierung regelnden Bescheides vom durch erstinstanzliches Urteil vom 26. Juni 2013 der erkennenden Kammer - aufgedrängt hätte, den nachfolgenden Zeitraum bis zu seiner Suspendierung, d.h. nahezu ein ganzes Jahr und damit fast ein Drittel seiner Probezeit, zu bewerten und auf diese Weise einen aktualisierten Berichtsstand zu seiner Bewährung innerhalb der Probezeit zu erhalten.
53Soweit der Beklagte hingegen aus dem vorangegangenen Auftritt des Klägers auf der Veranstaltung von „Pro NRW“ Rückschlüsse auf seine charakterliche Eignung zu ziehen beabsichtigte, ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass die dort getätigten Äußerungen keinen durchgreifenden dienstrechtlichen Bedenken unterlagen, sondern vielmehr von der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers gedeckt waren.
54So ausdrücklich festgestellt im Hinblick auf die Disziplinarverfügung gegen den Kläger und mit ausführlicher Begründung: VG Münster, Urteil vom13. Mai 2014 – 13 K 3135/13.O –, juris Rn. 82.
55Wenngleich sich die rechtliche Bewertung disziplinarrechtlich und dienstrechtlich im Allgemeinen unterscheiden kann, bestanden vorliegend vor dem Hintergrund von Art. 5 GG und aufgrund der Umstände keine Anhaltspunkte, die Eignung des Klägers als Lehrer schon wegen seiner Teilnahme an der Kundgebung und seinen in diesem Rahmen getätigten Äußerungen ernsthaft in Frage zu stellen.
56Dass bezüglich dieser Vorwürfe das Disziplinarverfahren im Zeitpunkt des Ablaufs der regulären Probezeit noch anhängig war, rechtfertigte ebenfalls nicht die Verlängerung der Probezeit. Denn auch insoweit ist wiederum zu berücksichtigen, dass – ungeachtet der späteren Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster – die erkennende Kammer die erhebliche Verzögerung erstinstanzlich bereits mit Urteil vom 26. Juni 2013 gerügt hatte. Die hierbei erhobenen Vorwürfe (Teilnahme an Kundgebung am ) lagen im Erlasszeitpunkt des Bescheides zur Verlängerung der Probezeit am bereits um mehr als ein Jahr zurück, weshalb zur Sachverhaltsermittlung ausreichend Gelegenheit auch deutlich vor Beendigung der Probezeit bestanden hätte.
57Soweit der Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens weitere Gründe anführt, sind diese nicht Gegenstand der ursprünglichen Verfügung zur Verlängerung der Probezeit des Klägers gewesen. Ein Nachschieben neuer Erwägungen erst im Prozess verbietet sich im Gegensatz zur bloßen Ergänzung jedoch, vgl. § 114 Satz 2 VwGO.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Soweit der Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° die Aufhebung der Abordnung betrifft, wird das Verfahren eingestellt.
Hinsichtlich der Aufhebung der Versetzung wird der Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° aufgehoben.
1
Tatbestand:
2Der am °°°°° geborene Kläger steht als Studienrat (Besoldungsgruppe A 13 ÜBesO NRW) im Dienst des beklagten Landes und war zunächst beim Stadtgymnasium E. eingesetzt. Nach seiner zwischenzeitlichen Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit war er zuletzt am Weiterbildungskolleg der Stadt V. , Abendrealschule und ‑gymnasium, tätig.
3Der Kläger wurde am 25. August 2010 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat ernannt. Er besitzt die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Politik und Pädagogik.
4Am 9. Juni 2012 nahm der Kläger an einer Kundgebung der Partei „Pro NRW“ in L. teil und äußerte sich in diesem Rahmen in einer öffentlichen Rede zu dem Thema Islamismus. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er Lehrer sei und sich als bekennender Homosexueller durch den Islamismus bedroht fühle. Daraufhin untersagte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit Verfügung vom 15. Juni 2012 mit sofortiger Wirkung – und unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – die Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten des Stadtgymnasiums in E. einschließlich der Kontaktaufnahme zu Schülerinnen und Schülern.
5Dem hiergegen gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (1 L 574/13) gab das erkennende Gericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 statt. Die gegen diese Entscheidung zunächst gerichtete Beschwerde zum OVG NRW (6 B 809/13) nahm der Kläger später zurück. Auf die ebenfalls vom Kläger erhobene Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3328/12) hin wurde der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 15. Juni 2012 mit Urteil vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Den insoweit gestellten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) zurück.
6Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 15. Juli 2013 wurde die Probezeit des Klägers um ein Jahr bis zum 24. August 2014 verlängert. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3816/13).
7Außerdem wurde von der Bezirksregierung B. aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens unter anderem wegen des Auftritts bei der Kundgebung von „Pro NRW“ ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Gegen diese Disziplinarverfügung richtete der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht Münster (13 K 3135/13.O), welches die Disziplinarverfügung mit Urteil vom 13. Mai 2014 aufhob.
8Mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2013 wurde der Kläger – mit seinem Einverständnis – durch Verfügung der Bezirksregierung B. vom 4. Oktober 2013 an das Weiterbildungskolleg V. versetzt.
9Am 25. August 2014 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
10Mit Schreiben an die Bezirksregierung B. vom 25. August 2014 beantragte der Kläger, schnellstmöglich aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung wegversetzt zu werden. Zur Begründung führte er aus, dass sich die Bezirksregierung, wie in rechtskräftigen Gerichtsurteilen festgestellt, ihm gegenüber seit Juni 2012 durch mehrere eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht habe. Insbesondere sei die Fürsorgepflicht ihm gegenüber eklatant verletzt und erheblich in seine Grundrechte eingegriffen worden. Auch habe ihn der Dienstherr durch rechtswidrige Androhungen daran gehindert, seine persönliche Integrität als Lehrer gegen verleumderische Vorwürfe der sexuellen Belästigung zu verteidigen. Diese Vorgänge hätten für ihn eine erhebliche Belastung dargestellt und stellten dies auch weiterhin dar. Sein Vertrauen in die Bezirksregierung B. sei irreversibel beschädigt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Er beanspruche daher, sein Anliegen absolut prioritär gegenüber den üblichen Versetzungsanträgen zu behandeln. Als neue Einsatzorte kämen Weiterbildungskollege in nahezu allen Landkreisen der Regierungsbezirke E1. oder L. (mit Ausnahme des Landkreises L1. ) in Frage.
11Unter Angabe derselben Gründe bat der Kläger mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 auch bei dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW um seine Versetzung aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. . Ergänzend führte er an, dass er als bekennend homosexueller Lehrer am E2. Stadtgymnasium erheblichen homophoben Angriffen seitens des Kollegiums sowie Teilen der Schüler- und Elternschaft ausgesetzt gewesen sei. Dies sei durch sein Bekenntnis, mit einem HIV-positiven Mann in einer festen Beziehung zu leben, noch verstärkt worden. Sein Hauptwunsch sei es deshalb, in ein anderes Bundesland versetzt zu werden. Zumindest aber bitte er darum, ihn bereits mit Wirkung ab Februar 2015 in den Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierungen L. oder E1. zu versetzen. Als Schulformen kämen auch ein Berufskolleg oder ein Gymnasium in Betracht, solange im Voraus sichergestellt sei, dass er im Falle von Konflikten mit der Elternschaft aufgrund seiner offenen Homosexualität und seines fortbestehenden Zusammenlebens mit einem HIV-positiven Mann den nötigen Schutz durch die Schulleitung erfahren werde.
12Im Rahmen eines diesbezüglichen Anhörungsgespräches am 13. November 2014 in den Räumlichkeiten der Bezirksregierung B. wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinem Versetzungswunsch zu entsprechen; zunächst werde für die Dauer von fünf Monaten eine Abordnung erfolgen, eine Versetzung sei erst im Anschluss daran möglich. Der Kläger erklärte sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden und führte aus, dass er eine Namensänderung beim Landrat des Kreises V. vornehmen lasse. In L. wolle er ausschließlich unter seinem neuen Namen C. (früher: L2. ) vorgestellt werden, um Anfeindungen, denen er zuweilen im Netz und in sozialen Netzwerken ausgesetzt sei, zukünftig zu entgehen.
13Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 21. November 2014 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin aus persönlichen Gründen mit Wirkung vom 1. August 2015 an das L. -Kolleg, Weiterbildungskolleg der Stadt L. versetzt. Gleichzeitig wurde der Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Juli 2015 in vollem Stundenumfang von 22 Wochenstunden dorthin abgeordnet.
14In der Sendung Tagesgespräch „O. – U. B. vermitteln“, die am °°°° auf WDR 5 gesendet wurde, äußerte sich der Kläger im Rahmen eines Telefonanrufs in folgender Weise:
15„Ich selber bin ja auch Lehrer, Gymnasiallehrer, und privat bin ich ein großer Freund des Staates Israel und ein Freund des Judentums, bin auch bekennend Homosexuell, also gehöre auch zu den klassischen Opfern im Grunde des O. .
16Trotzdem muss ich sagen, dass B. mich als Kind wenig berührt hat emotional und heute nervt es mich wirklich, wie stark das auch in der Schule im Lehrplan steht und wie übermäßig Schüler, zumindest am Gymnasium auch, damit genervt werden meines Erachtens. Natürlich machen die Schüler brav mit in der Schule, aber hinter vorgehaltener Hand erlebe ich doch, dass Schüler auch wirklich sagen ‚es reicht langsam. Wir kriegen das jedes Jahr wirklich viel zu oft dahergebraten und müssen da und da wieder einen Ausflug machen, wieder eine Gedenkstätte besuchen‘ und ich finde..."
17[Moderatorin unterbricht: Welche Fächer unterrichten Sie kurz, Herr L2. ? Welche Fächer unterrichten Sie?]
18„Ähm… Deutsch, Politik und Pädagogik.“
19[Moderatorin: Das heißt, Sie sind auch einer der vermittelnden Lehrer?]
20„Ja, Geschichtslehrer sicherlich noch viel mehr, ja… ähm… also was ich persönlich meine ist, dass B. uns eigentlich… ähm… daran hindert, wachsam zu sein. Wir haben so große Probleme heutzutage mit dem Islamismus, dem IS-Terrorismus, mit allen möglichen Arten von Terrorismus und ich… ähm… weiß auch wirklich, dass die Juden heutzutage in meinem Freundeskreis Angst haben vor radikalen Muslimen, weil deren Antisemitismus viel viel größer ist als jeder andere Antisemitismus in Deutschland und das wird einfach nicht thematisiert, weil wir einfach einen Stock im Arsch haben, meines Erachtens in Deutschland und immer denken, dass wenn Gefahr ist, die zuallererst von rechts kommt. Und natürlich ist auch Gefahr von rechts da, selbstverständlich ist das der Fall. Aber meines Erachtens… ähm… ist die Gefühlswelt der jungen Menschen heute eine andere, nämlich dass radikale Muslime unsere Werte bedrohen, die Gleichberechtigung der Frau, die Gleichberechtigung von Homosexuellen und, wie gesagt, auch von Juden und… ähm… das ist eine Fehlgewichtung…“
21[Moderatorin unterbricht: Das heißt, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?]
22„Also, mich persönlich… ähm… interessiert B. privat überhaupt nicht mehr. Ich… ähm… beschäftige mich lieber mit dem IS-Terrorismus, mit Islamismus, mit… Ähm… mir geht sogar emotional die Massentierhaltung viel näher als B. . Alle 6 Millionen, … ähm… alle 20 Minuten sterben 6 Millionen Tiere, das geht mir emotional viel näher. Und die jungen Menschen, ist egal, ob es Vegetarier sind, sehen das auch so… (?)“
23[Moderatorin wirft in die Äußerungen ein: Also das ist mir ein bisschen krass, ehrlich gesagt.]
24„Ja, das ist Ihre Wertung. Man muss die Wertung der Leute, auch von jungen Menschen, ernst nehmen. Das ist Ihre Wertung. Ich respektiere auch die Wertung aller Anrufer. (?)“
25[Moderatorin bricht ab und leitet zum nächsten Gesprächspartner über.]
26In einem Anhörungsgespräch am 30. Januar 2015 bei der Bezirksregierung B. unter Beteiligung eines Personalratsmitglieds wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung der Dienstgeschäfte anlässlich seiner Äußerungen in der Sendung bei WDR 5 am °°°°° in Bezug auf den Holocaust zu verbieten; gleichzeitig wurde ihm – unter Belehrung über sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen – Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er sich erst hierzu äußern wolle, wenn ihm eine schriftliche Begründung für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorläge. Sodann sprach Frau Regierungsrätin G. im Namen des Beklagten mündlich ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus, da aufgrund der von dem Kläger getätigten Äußerungen bei WDR 5, insbesondere wegen der Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und dem Holocaust, ein Verstoß gegen seine Wohlverhaltenspflicht vermutet werde. Zudem wurde ihm verboten, ab sofort das L. -Kolleg zu betreten. Die weitere Begründung dieses mündlich erteilten Verwaltungsakts werde ihm binnen einer Woche gegeben.
27In dem anschließend ergangenen Bescheid der Bezirksregierung B. vom 30. Januar 2015 wurde dem Kläger mit sofortiger Wirkung sowie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) aus zwingenden dienstlichen Gründen bis auf weiteres die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und ihm zugleich bis auf weiteres untersagt, das L. -Kolleg zu betreten oder mit den Schülerinnen und Schülern Kontakt aufzunehmen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger dienstlich nicht vertretbar sei und schwerwiegende Nachteile für den Dienstherrn sowie für die Öffentlichkeit zu befürchten seien, die nicht anders abgewendet werden könnten. Es lägen hinreichende und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass er ein Dienstvergehen von schwerwiegender Art begangen habe, indem er in der Sendung Tagesgespräch am °°°°° auf WDR 5 in seinen Äußerungen eine vergleichende Betrachtung der Massentierhaltung und des nationalsozialistischen Massenmords in B. getätigt und damit den Holocaust verharmlost habe. Das durch diese Äußerungen in der Öffentlichkeit praktizierte Verhalten erfordere vor einer abschließenden Prüfung zwingend die Verhinderung der weiteren Dienstausübung, da durch den in der Öffentlichkeit aufgekommenen Verdacht einer Straftat bzw. eines Dienstvergehens das Vertrauen in die dienstliche Tätigkeit des Klägers als Lehrer insgesamt in Frage gestellt sei. Die getätigten Äußerungen stünden in unmittelbarem Widerspruch zu seiner Lehrtätigkeit im Fach Politik und würden dem Umstand nicht gerecht, dass sich Beamte gemäß § 34 BeamtStG mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen hätten. Dies sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, weil die konkrete Eignung zu bejahen sei, das psychische Klima aufzuhetzen; dabei genüge die Verhetzung eines aufnahmebereiten Publikums. Ferner seien die Äußerungen im Widerspruch zur beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht geeignet, das Ansehen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, massiv und nachhaltig zu schädigen. Ein innerdienstliches Verhalten sei gegeben, da er sich bei WDR 5 als Gymnasiallehrer und als Politiklehrer des Landes Nordrhein-Westfalen am Standort V. vorgestellt habe. Gleichzeitig liege aufgrund seiner Äußerungen, dass das U. in den Lehrplänen einen zu großen Raum einnehme und er sich lieber mit Themen wie Islamismus und Terrorismus beschäftigen würde, die Vermutung nahe, dass er dem U. im Rahmen seines Unterrichts nicht den entsprechenden Raum einräumen und so dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule hinreichend Beachtung schenken werde. Im Rahmen des Ermessens sei das Individualinteresse des Klägers an der weiteren Ausübung seines Amtes mit den Belangen des Gemeinwohls in Form des Interesses der Öffentlichkeit am Schutz des Ansehens des Beamtentums, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, abgewogen und letzterem der Vorrang eingeräumt worden. Dabei habe man berücksichtigt, dass der Kläger sich im Nachgang der Äußerungen von diesen weder distanziert noch diese relativiert habe.
28Gegen den vorgenannten Suspendierungsbescheid erhob der Kläger am 5. Februar 2015 Klage zum erkennenden Gericht (1 K 515/15) und stellte zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (1 L 217/15). Letzteren nahm der Kläger mit Schriftsatz an das erkennende Gericht vom 10. März 2015 zurück, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 11. März 2015 eingestellt wurde.
29Im Rahmen eines weiteren Dienstgesprächs bei der Bezirksregierung L. wurde dem Kläger am 19. Februar 2015 eröffnet, dass unabhängig vom Ausgang der laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Einsatz als Lehrer am Weiterbildungskolleg L. im Interesse des Schulfriedens wie auch in seinem persönlichen Interesse faktisch nicht mehr möglich sei. Denn sein Radiobeitrag und die nachfolgende Presseberichterstattung hätten dazu geführt, dass von Seiten des Lehrerkollegiums, der Elternschaft wie auch des Personalrates eine positive Integration seiner Person in das ansonsten sehr integrationsbereite Kollegium nicht mehr möglich sei. Der Kläger konnte diese Analyse nachvollziehen und war damit einverstanden, nicht dort eingesetzt zu werden. Daraufhin wurden weitere potentielle Einsatzmöglichkeiten nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren erörtert: Der Kläger lehnte einen weiteren Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus den Gründen seines Versetzungsantrages ab. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Bezirksregierung L. sowie die Bezirksregierung E1. aufgrund fehlenden Bedarfs aktuell keine Einsatzmöglichkeit an einem Weiterbildungskolleg in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erkennen könnten.
30Mit Schreiben vom 23. Februar 2015 berichtete die Leiterin des L. -Kollegs der Bezirksregierung L. von dem am 29. Januar 2015 stattgefundenen pädagogischen Tag in der Jugendherberge L. -S. , zu dem auch der Kläger eingeladen war, um sich vor seinem Dienstantritt am 2. Februar 2015 einen ersten Einblick zu verschaffen. Nachdem sie den Kläger dem Kollegium vorgestellt habe, habe dieser auf dringende Anfrage der Bezirksregierung B. die Veranstaltung unverzüglich verlassen und sich noch am gleichen Tag in B. einfinden müssen. Daraufhin habe der Kläger unter den Blicken des gesamten Kollegiums den Raum verlassen. Später habe ihr ein Lehrer mitgeteilt, dass er den Kläger schon vorher einmal persönlich bei einer Veranstaltung erlebt und nun wieder erkannt habe. Außerdem hätten andere Lehrerinnen und Lehrer und sogar der Hausmeister am Abend zuvor Fernsehberichte über die Äußerungen des Klägers im WDR 5-Programm gesehen und sich zwischenzeitlich im Internet entsprechend informiert, weshalb nun allgemein bekannt sei, dass es sich bei dem Kläger um den wegen seiner Äußerungen zum Holocaust vorläufig suspendierten Lehrer handele. Sie als Schulleiterin könne nachdrücklich versichern, dass ihr normalerweise sehr integrationsbereites und tolerantes Kollegium sich mit allen Kräften wehren und öffentlich dagegen verwahren würde, wenn der Kläger an das L. -Kolleg kommen sollte. Die Integration eines Lehrers mit einer derart problematischen politischen Einstellung sei gerade für eine Schule, die traditionell immer Leistungskurse in Soziologie, Philosophie und Geschichte anbiete, nicht erwünscht.
31Mit Bescheid vom 16. März 2015 widerrief die Bezirksregierung B. gegenüber dem Kläger ihre Abordnungs- und Versetzungsverfügung an das L. -Kolleg vom 21. November 2014 gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Das hiergegen gerichtete Klageverfahren beim erkennenden Gericht (1 K 1482/15) wurde mit Beschluss vom 13. Juli 2015 eingestellt, nachdem die Bezirksregierung B. den Bescheid mangels vorheriger Personalratsbeteiligung mit Verfügung vom 20. Mai 2015 aufgehoben hatte und alle Beteiligten das Verfahren daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten.
32Gleichzeitig mit der Aufhebung des bisherigen Aufhebungsbescheids mit der genannten Verfügung vom 20. Mai 2015 erließ die Bezirksregierung B. – nach Mitzeichnung der Gleichstellungsbeauftragten auf der Vorlage an den Personalrat am 8. Mai 2015 und Zustimmung des örtlichen Personalrats am 13. Mai 2015 – einen neuen, inhaltlich gleichlautenden Bescheid, mit dem die Abordnungs- und Versetzungsverfügung des Klägers an das L. -Kolleg widerrufen wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Abordnung und Versetzung als rechtmäßige, den Kläger begünstigende Verwaltungsakte für die Zukunft widerrufen würden, weil man aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewesen wäre, die entsprechenden Verfügungen nicht zu erlassen, und weil ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Das von dem Kläger nach Zustellung der Verfügungen (9. Dezember 2014) am °°°°° geführte Radiointerview auf WDR 5 habe zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass seine Identität unter seinem neuen Namen, entgegen seiner mit dem Versetzungsantrag ursprünglich verbundenen Intention, landesweit bekannt geworden sei. Aufgrund dessen sei nach Angaben der Schulleiterin des L. -Kollegs eine erhebliche Unruhe im dortigen Kollegium entstanden; in Folge der Presseberichterstattung bestünden nun Widerstände im Kollegium gegen die Integration seiner Person, zumal seine „Vorgeschichte" nun auch allen Studierenden bekannt geworden sei. Dadurch sei der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört und wäre im Falle seines Verbleibs an der Schule nachhaltig gefährdet. Hierbei handele es sich um eine Tatsache, durch die die Bezirksregierung berechtigt gewesen wäre, im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung die Abordnung und Versetzung des Klägers abzulehnen. Immerhin sei dem Versetzungsantrag ursprünglich vor dem Hintergrund der geäußerten Besorgnis des Klägers über massive persönliche Bedrohungen im Rahmen der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht zugestimmt worden. Weil seine Identität nunmehr jedoch landesweit bekannt geworden sei, wäre die Maßnahme einer Versetzung in einen anderen Regierungsbezirk als nicht mehr geeignet eingeschätzt worden, um ihm einen Neuanfang zu ermöglichen. Darüber hinaus sei der Widerruf der Verfügungen auch zur Verhinderung eines drohenden Schadens für Individualrechtsgüter erforderlich, namentlich um eine Gefährdung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sowie möglicherweise weitere Folgen für seine Gesundheit aufgrund fortdauernder Bedrohungen und Anfeindungen auch an der neuen Schule zu vermeiden. Schließlich sei die Aufhebung der Abordnung und der Versetzung auch verhältnismäßig, da das persönliche Interesse an einem „Neuanfang", der aufgrund der Vorfälle nun nicht mehr im gewünschten Maße stattfinden könne, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung des Schulfriedens sowie an einer ordnungsgemäßen Unterrichtsteilung zurücktreten müsse, zumal er die zu der Aufhebung führenden Gründe selbst herbeigeführt habe. Infolge der Aufhebung der Abordnung und der Versetzung sei er nunmehr formal dem Weiterbildungskolleg V. zugewiesen, während sein Versetzungsantrag wieder auflebe; über diesen werde in Abhängigkeit von dem Ausgang der laufenden Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstreitverfahren sowie der aktuellen Bedarfssituation entschieden. Ein Einsatz am Weiterbildungskolleg V. sei nicht vorgesehen.
33Mit Datum vom 19. März 2015 stellte die Bezirksregierung B. aufgrund der Äußerungen des Klägers in der Radiosendung Strafanzeige mit der Bitte um rechtliche Überprüfung. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft L. vom 19. April 2015 (°°°°°) wurde sodann die Absicht mitgeteilt das Verfahren gemäß § 170 der Strafprozessordnung einzustellen – die endgültige Einstellung erfolgte im Mai 2015. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Straftat, insbesondere eine Volksverhetzung im Sinne von § 130 des Strafgesetzbuches, nicht vorliege. Dabei, dass der Kläger im Rahmen der Telefondiskussion angegeben habe, dass ihn persönlich B. nicht mehr interessiere und ihm die Massentierhaltung sowie der Tod von sechs Millionen Tieren emotional viel näher gingen, handele es sich nur um die persönliche Meinung des Klägers, die von seiner Meinungsfreiheit gedeckt sei. Für das Tatbestandsmerkmal des Verharmlosens sei hingegen ein ausdrückliches quantitatives oder qualifiziertes Bagatellisieren von Art, Ausmaß, Folgen und Wertwidrigkeit einzelner oder der Gesamtheit nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen erforderlich.
34Bereits mit Bescheid vom 1. April 2015, dem Kläger zugestellt am 8. April 2015, leitete die Bezirksregierung B. gegen den Kläger wegen des Verdachts, ein Dienstvergehen begangen zu haben, ein Disziplinarverfahren ein. Zur Begründung wurde vorrangig auf seine Äußerungen in der Radiosendung bei WDR 5 Bezug genommen, darüber hinaus aber ebenfalls auf weitere Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen seiner Unterrichtstätigkeit: Dazu zählten insbesondere der Besuch einer Shisha-Bar während der Unterrichtszeit, nicht erteilter Unterricht am 9. Januar, 16. Januar und 23. Januar 2015 sowie das Verhalten des Klägers gegenüber Schülerinnen und Schülern bzw. Kolleginnen und Kollegen. Überdies wurden ihm mangelnde Professionalität und sein Verhalten am pädagogischen Tag 2015 vorgeworfen. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurden im August 2015 zahlreiche Zeugen vernommen. Aufgrund der dortigen Erkenntnisse wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 10. August 2015 um den Pflichtverstoß ergänzt, es unterlassen zu haben, die Bezirksregierung B. zeitnah über die Aberkennung seines Doktortitels in Kenntnis gesetzt zu haben.
35Der Kläger hat am 15. Juni 2015 Klage gegen die Aufhebung seiner Abordnung und späteren Versetzung an das L. -Kolleg erhoben.
36Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass die Bezirksregierung B. sich ihm gegenüber in den letzten Jahren durch eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht, in Grundrechte eingegriffen und dabei insbesondere die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht verletzt habe. Das höchst einseitige und unfaire Vorgehen sei insbesondere im Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 13. Mai 2015 gerügt worden, auf das er Bezug nehme. Die ausschließlich vom Dienstherrn verschuldeten Vorgänge hätten für ihn eine erhebliche Belastung dargestellt und stellten dies auch weiterhin noch dar. Als bekennend homosexueller Lehrer sei er am E2. Stadtgymnasium erheblichen homophoben Angriffen seitens des Kollegiums sowie Teilen der Schüler- und Elternschaft ausgesetzt gewesen. Dies sei durch sein Bekenntnis, mit einem HIV-positiven Mann in einer festen Beziehung zu leben, noch verstärkt worden. Dass seinem Versetzungswunsch zunächst entsprochen worden sei, habe seinen Grund entgegen der Darstellung der Bezirksregierung nicht darin, dass er Bedrohungen durch Gegner seiner politischen Ansichten ausgesetzt gewesen wäre. Gleich zu Beginn des Anhörungsgesprächs am 13. November 2015 habe man ihm die Anordnung bzw. Versetzung nach L. angeboten, ohne dass er in diesem Zeitpunkt etwas von den Bedrohungen oder seiner geplanten Namensänderung geäußert hätte. Die letztgenannten Informationen habe er erst im Verlauf des weiteren Gesprächs bekannt gegeben. Die Abordnung und Versetzung nach L. habe er ausschließlich aufgrund des durch die Bezirksregierung B. verschuldeten immensen Vertrauensverlustes gewollt. Dieser bestünde auch weiterhin fort und habe sich durch die erneute, erkennbar rechtswidrige Verfügung eines Dienstverbots vom 30. Januar 2015 noch immens verschärft. Vorliegend streite der Grundsatz des Vertrauensschutzes beim Widerruf begünstigender Verwaltungsakte zu seinen Gunsten. Weder habe ein Widerrufsvorbehalt noch eine Auflage bestanden, sich außerdienstlich nicht mehr öffentlich provokant äußern zu dürfen. Im Vertrauen auf die bevorstehende Abordnung und spätere Versetzung habe er bereits Ende Januar 2015 wesentliche Dispositionen getroffen, unter anderem seine Wohnung am ehemaligen Dienstort V. gekündigt und an seinem neuen Dienstort L. eine Eigentumswohnung erworben. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung die Entfernung einer Konfliktpartei von einer Dienststelle ermessensfehlerhaft, wenn diese – wie vorliegend – „kein Verschulden an der Entstehung oder der Fortdauer des Konflikts trifft". Schon nach seiner Suspendierung im Jahr 2013 sei festgestellt worden, dass seine Äußerungen zu Unrecht beanstandet worden und dass die Spannungen im Kollegium vorrangig durch die undifferenzierte mediale Berichterstattung entstanden wären; das gleiche gelte auch im aktuellen Fall. Dass seine Äußerungen keine Straftat darstellten, ginge aus dem Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft L. hervor. Dafür, dass die Äußerungen im Weiteren auch dienstrechtlich keineswegs zu beanstanden seien, nehme er auf seine Klagebegründung im Verfahren 1 K 515/15 betreffend das Dienstverbot Bezug. Schließlich sei ihm ein Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus Gründen der Besorgnis der Befangenheit nicht mehr möglich. Nahezu wöchentlich hätten ihm Schüler oder Eltern mit Dienstaufsichtsbeschwerden und Presseöffentlichkeit gedroht, weil sie sich von ihm als Lehrkraft ungerecht behandelt fühlten oder aus sachfremden persönlichen Gründen Aversionen gegen ihn hegten. Doch könne ein Lehrer nur dann mit hinreichender Souveränität gegenüber Schülern und Eltern auftreten und auch nur dann seine Aufgaben z.B. im Bereich der Notengebung „unbefangen" ausführen, wenn er die Gewissheit habe, sich im Falle solch unberechtigter Angriffe seitens der Schüler- oder Elternschaft auf die Erfüllung der Fürsorgepflicht durch den Dienstherrn verlassen zu können. Da sich die Bezirksregierung B. über seine Person in der Presse wiederholt rechtswidrig-verurteilend, ja geradezu „abfällig" geäußert habe, sei seine Autorität bei Schülern und Eltern schwer beschädigt worden. Ungeachtet dessen hätte die Möglichkeit bestanden, zu milderen Maßnahmen zu greifen: So könnte etwa das Kollegium des L. -Kollegs über die verzerrende Wirkung der Medienberichte hinsichtlich seiner Person und die ihm zustehende Meinungsäußerungsfreiheit aufgeklärt werden, zumal wenn bis zu seinem Wiedereinsatz einige Zeit verstrichen sei. Dass eine Aufklärung im Rahmen der Fürsorgepflicht möglich sei, habe sich in dem aktuellen Fall eines Lehrers in C. gezeigt; dort sei die Bezirksregierung L. gegenüber verzerrenden Mediendarstellungen standhaft geblieben und habe den betroffenen Lehrer wirksam in Schutz genommen. Alternativ wäre anstelle des Widerrufs und des damit verbundenen „Rückfalls" in den Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. zunächst auch ein Verbleib an einer anderen Schule im Raum L. , d.h. im Einzugsbereich seines Wohnortes, angezeigt. Das Verhältnis zwischen der Bezirksregierung B. und ihm sei jedenfalls als irreparabel zerrüttet zu betrachten. Da seine „Vorgeschichte" durch Internet-Suchmaschinen überall und von jedem recherchierbar sei, könne auch in Frage gestellt werden, ob seine Bekanntheit am L. -Kolleg überhaupt die Entfernung von dieser Schule und die Zuweisung zu einer anderen Schule rechtfertige. Er selbst behalte sich auch für die Zukunft das Recht vor, sich außerdienstlich in den Medien provozierend und polarisierend zu „heiklen" politischen Themen zu äußern und als radikaler Veganer zur philosophischen Diskussion um eine Vergleichbarkeit von Holocaust und Massentierhaltung beizutragen. Ein ungewollter Schulwechsel aber wirke sanktionsartig, wodurch sich Beamte hinsichtlich der Ausübung ihres Rechts gemäß Art. 5 GG „eingeschüchtert" fühlen könnten. Demgegenüber hätten die Gründe für seine Namensänderung überhaupt nichts mit dem Versetzungsantrag zu tun. Da er als mehrfacher Buchautor auch mit Gesicht auf Buchcovern zu sehen und regelmäßig landesweit auf politischen Veranstaltungen aufgetreten sei bzw. auch künftig auftreten werde, wäre das von dem Beklagten angedeutete „Versteckspiel" ohnehin nicht erfolgsversprechend gewesen. Im Hinblick auf seine umstrittenen Äußerungen seien auch die Begleitumstände zu berücksichtigen: Diese seien im Rahmen eines mehrminütigen Gesprächs gefallen, zu dessen Beginn er sich eindeutig und unmissverständlich von jeglichen Sympathien für menschenverachtende Ideologien distanziert habe. Bereits das Verwaltungsgericht Münster habe seine politische Gesinnung nach gründlicher Recherche und Analyse zutreffend eingeschätzt und im Urteil vom 13. Mai 2014 zu Recht hervorgehoben, dass er seit Jahren dem „linken" Lager zugehöre und überzeugter Grünen-Wähler sei. Auch die im laufenden Disziplinarverfahren gegen ihn erhobenen Vorwürfe hinsichtlich seines Unterrichts seien haltlos. Eine eventuell bevorstehende Disziplinarverfügung werde vom Verwaltungsgericht Münster – wie schon in der Vergangenheit geschehen – aufgehoben werden. Ferner beträfen die auf seinen Unterricht bezogenen Vorwürfe nur das Weiterbildungskolleg V. und seien auch nicht an die Öffentlichkeit geraten, sodass hier kein Zusammenhang mit eventuell aufgetretenen Aversionen im dortigen Kollegium gesehen werden könne. Seine Begründung ergänzt der Kläger zuletzt dahingehend, dass der Personalrat des L. -Kollegs, obwohl wegen der bereits laufenden Abordnung zu diesem Zeitpunkt erforderlich, nicht an der Entscheidung über die Aufhebung beteiligt worden sei. Dass der Dienstherr sich aber gewissermaßen aussuche, welchen Personalrat er beteilige, könne nicht im Sinne des Gesetzes sein.
37Der Kläger hat zunächst angekündigt, zu beantragen, die Verfügung der Bezirksregierung B. vom °°°°° (in vollem Umfang, d.h. bezüglich Abordnung und Versetzung) aufzuheben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten infolge des zwischenzeitlichen Zeitablaufs der Abordnung mit Ablauf des 31. Juli 2015 das Verfahren insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
38Der Kläger beantragt nunmehr,
39die Verfügung der Bezirksregierung B. vom °°°°° betreffend den Widerruf der Versetzung aufzuheben.
40Der Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Zur Begründung führt er unter Wiederholung der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumentation aus, dass die Abordnungs- und die Versetzungsverfügung wegen nachträglich eingetretener Tatsachen hätten widerrufen werden können. Vorliegend habe das von dem Kläger nach Bekanntgabe seiner Abordnung und Versetzung zum L. -Kolleg am °°°°° auf WDR 5 gegebene Radiointerview zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass die Identität des Klägers und sein neuer Name, entgegen seiner ursprünglichen Intention, landesweit bekannt geworden seien. Daraufhin seien im Kollegium des L. -Kollegs erhebliche Widerstände gegen die Integration des Klägers entstanden, weshalb der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört sei und bei Verbleib des Klägers an der Schule nachhaltig gefährdet wäre. Derartige Spannungen seien nicht erst zu erwarten, sondern es sei bereits eine massive Störung des Schulfriedens am L. -Kolleg eingetreten. Die Ermessensentscheidung über die von dem Kläger beantragte Versetzung in den Regierungsbezirk L. wäre daher anders ausgefallen, wenn diese nachträglich eingetretenen Tatsachen im Entscheidungszeitpunkt bekannt gewesen wären. Zudem seien die Bemühungen, den Namenswechsel des Klägers in L. nicht bekannt werden zu lassen, nun vergeblich gewesen, da der Kläger aufgrund seines Anrufes in der Radiosendung selbst dafür gesorgt habe. Weil der Kläger – wie sein vorgefertigter Gesprächsleitfaden belege – vorsätzlich und in dem Bewusstsein bei WDR 5 angerufen habe, dass es sich um den Gedenktag der B. -Befreiung handelte, ginge der weitere Vortrag zu seiner Opferrolle ins Leere. Als Politiklehrer hätte er sich im Besonderen bewusst sein müssen, welche mediale Aufmerksamkeit solche Äußerungen nach sich ziehen würden. Der Widerruf sei schließlich auch verhältnismäßig, ein alternativer Einsatz des Klägers an einer anderen Schule im Regierungsbezirk L. sei nach Auskunft der Bezirksregierung L. zur Zeit nicht möglich. Ebenso wenig komme, wie vom Kläger vorgeschlagen, als milderes Mittel eine „Aufklärung" des Kollegiums des L. -Kollegs in Betracht, weil die erwartete Einsichtigkeit in Anbetracht der Vorkommnisse nicht erwartet werden könne. Soweit der Kläger einen aus seiner Sicht vergleichbaren Fall eines Politiklehrers aus C. anführe, lasse er unberücksichtigt, dass es im dortigen Falle keinerlei Beanstandungen in Bezug auf den Unterricht gegeben habe.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 1 K 3328/12, 1 L 574/13, 1 K 3816/13, 1 K 515/15, 1 K 1482/15 sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs und die Personalakte des Klägers Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Das Verfahren war hinsichtlich des vom ursprünglichen Klageantrag umfassten Begehrens, den Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° auch betreffend den Widerruf der Abordnungsverfügung aufzuheben, analog § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, da die Beteiligten das Verfahren insoweit wegen des Verstreichens des Abordnungszeitraums mit Ablauf des 31. Juli 2015 in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
46Hinsichtlich des verbliebenen Klageantrags, den Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° betreffend den Widerruf der Versetzungsverfügung aufzuheben, ist die zulässige Anfechtungsklage begründet. Denn der Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Der Bescheid ist, soweit er die Aufhebung der Versetzung des Klägers zum L. -Kolleg betrifft, bereits formell rechtswidrig, da es an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der von der Entscheidung betroffenen Personalräte fehlt. Diesen kommt hinsichtlich der Versetzung und demgemäß – als actus contrarius – auch der Aufhebung derselben ein Beteiligungsrecht zu (vgl. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NRW).
48Dem Beteiligungsrecht des Personalrats hat der Beklagte vor Erlass des zweiten Aufhebungsbescheides aber lediglich insoweit Rechnung getragen, als er am 13. Mai 2015 die Zustimmung des örtlichen Personalrats bei der Bezirksregierung B. eingeholt hat. Dieser ist als Personalrat der abgebenden Dienststelle nach der Rechtsprechung bei einer Versetzung und demgemäß auch bei ihrer Aufhebung stets zu beteiligen,
49vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. September 1993 – CL 61/90 –, juris, unter Bezugnahme auf: BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1990 – 6 P 22.87 –, juris.
50Doch wäre darüber hinausgehend auch der Personalrat bei der Bezirksregierung L. als aufnehmender Dienststelle zu beteiligen gewesen. Dies folgt aus dem normativen Verständnis der genannten Mitbestimmungsregelung, bei dem Zusammenwirken verschiedener Stellen zur Abgabe und Aufnahme eines Beamten eine Personalratsbeteiligung in beiden Lagern vorauszusetzen:
51Nach der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
52vgl. Beschluss vom 6. November 1987 – 6 P 2/85 –, BVerwGE 78, 257-263 bzw. juris,
53ist die Mitbestimmung des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle zunächst dann geboten, wenn an der Versetzung Dienststellen unterschiedlicher Dienstherren beteiligt sind, weil in diesen Fällen nach § 15 Abs. 3 BeamtStG das Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn erforderlich ist. Eine solche Konstellation ist vorliegend allerdings nicht gegeben, weil mit dem Land NRW derselbe Dienstherr zuständig bleibt und lediglich der Regierungsbezirk wechselt.
54Nach der im Anschluss ergangenen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
55vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. September 1993 – CL 61/90 –, juris m.w.N.,
56ist der für die aufnehmende Dienststelle zuständige Personalrat jedoch ebenfalls zu beteiligen, wenn die Versetzung auf einem Zusammenwirken der aufnehmenden und der abgebenden Dienststelle beruht und die aufnehmende Dienststelle einen bestimmenden Einfluss auf die Versetzung ausübt, so dass das Schwergewicht der Maßnahme in ihrem Bereich liegt. Davon kann bereits ausgegangen werden, wenn Versetzungen oder Abordnungen zwischen den Bereichen der zuständigen Bezirksregierungen von der für den abgebenden Bereich zuständigen Bezirksregierung (nur) im Einverständnis mit der für den aufnehmenden Bereich zuständigen Bezirksregierung ausgesprochen werden können. Die Versetzung kann in dieser Situation nicht gegen den Willen der aufnehmenden Dienststelle erfolgen, was einem bestimmenden Einfluss der aufnehmenden Dienststelle gleichkommt.
57Eine derartige Konstellation ist vorliegend gegeben. Denn bei personellen Änderungen über Grenzen mehrerer Regierungsbezirke muss die aufnehmende Bezirksregierung ihr Einverständnis äußern. Dies hat zur Folge, dass auch die Aufhebung der Versetzung als actus contrarius denselben Anforderungen wie die bereits verfügte Versetzung unterliegt, zumal der Kläger hier zu diesem Zeitpunkt immerhin bereits im Vorgriff der Versetzung nach L. abgeordnet war.
58Eine Beteiligung des Personalrats bei der Bezirksregierung L. als aufnehmender Behörde im Rahmen der Versetzung bzw. gewissermaßen abgebender Behörde im Falle des hier streitgegenständlichen Widerrufs ist vorliegend nicht ersichtlich, da entsprechende Unterlagen nicht vorliegen und der vorgelegte Verwaltungsvorgang sich hierzu nicht verhält. Auf entsprechende, im Vorfeld telefonisch angekündigte Nachfrage des Gerichts hat die Vertreterin der Bezirksregierung B. im Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich geäußert, dass die Beteiligung des Personalrats der anderen Bezirksregierung Sache des örtlichen Personalrats sei und sie deshalb davon ausginge, dass dies passiert sei. Eine eindeutige Feststellung zu dessen Beteiligung liegt darin jedoch nicht, zumal es an jeglicher Dokumentation mangelt. Für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens, hier also die Beteiligung aller gesetzlich vorgesehenen Stellen, ist aber die Bezirksregierung B. als diejenige Stelle, welche die Versetzung und deren Aufhebung verfügt hat, selbst verantwortlich.
59Darüber hinaus wurde auch die Gleichstellungsbeauftragte nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 17 LGG NRW beteiligt, indem diese die Vorlage an den Personalrat am 8. Mai 2015 mitgezeichnet hat. Denn eine derartige Vorgehensweise wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Richtigerweise hätte sie über die beabsichtigte Maßnahme unterrichtet und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden müssen (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 LGG). Die bloße Mitzeichnung des an den Personalrat gerichteten Schreibens enthält hingegen nicht die Erklärung, dass ihrerseits keine Bedenken gegen die Aufhebung der Versetzungsverfügung bestünden.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2010 – 6 A 2506/07 –, juris Rn. 45.
61Dass eine darüber hinausgehende Unterrichtung und Einflussnahmemöglichkeit bestanden hat, lässt sich den vorgelegten Verwaltungsvorgängen – im Gegensatz zu den Angaben der Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung – nicht entnehmen, weshalb es auch insoweit jedenfalls an der ordnungsgemäßen Dokumentation mangelt.
62Die vorgenannten Verfahrensfehler sind auch nicht im Sinne von § 46 VwVfG NRW unbeachtlich.
63Im Hinblick auf die unterbliebene Beteiligung des Personalrats könnte eine solche Unbeachtlichkeit bereits aufgrund der zwingenden Beteiligungsvorschrift des § 66 LPVG NRW, wonach eine der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme nur mit seiner Zustimmung getroffen werden kann, zweifelhaft sein.
64Jedenfalls aber ist infolge des der Behörde eingeräumten Ermessens nicht offensichtlich, dass die Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben könnten. Denn bei dem Widerruf nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW handelt es sich, wie schon bei der Versetzung selbst (vgl. § 25 LBG NRW), um eine Ermessensentscheidung, deren Ergebnis - ungeachtet der tatbestandlichen Voraussetzungen - im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit offen ist; eine Ermessensreduktion auf Null zugunsten der verfügten Widerrufsentscheidung ist jedenfalls nicht zwingend: Zwar wäre ein eventuelles persönliches Interesse des Klägers an einem „Neuanfang" aufgrund der Vorfälle und seiner landesweiten Bekanntheit – wie der Beklagte zu Recht ausführt – nun nicht mehr möglich, doch ist andererseits – auf Grundlage des Vorbringens im Zuge der Klage – nicht ausgeschlossen, dass eine neue Örtlichkeit und ein neues Umfeld eine Erleichterung brächte, um den bisherigen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit des Klägers und der Bezirksregierung B. zu entgehen.
65Die Kostenentscheidung ergibt sich hinsichtlich des streitigen Teils aus § 154 Abs. 1 VwGO. Im Hinblick auf den erledigten Teil folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, insoweit ebenfalls dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da der Kläger vor Zeitablauf der Abordnung am 1. August 2015 mit seinem Anfechtungsbegehren auch bezüglich der Aufhebung denselben Erfolg gehabt hätte. Die vorstehenden Ausführungen zur formellen Rechtswidrigkeit des Widerrufs der Versetzungsverfügung geltend hinsichtlich der Aufhebung der Abordnungsverfügung entsprechend. Dem steht auch nicht § 91 Abs. 3 LPVG NRW entgegen, da die Abordnung schon bei Erlass - wie die gleichzeitige Versetzungsverfügung belegt - mit dem Ziel des dauerhaften Wechsels des Klägers in den Regierungsbezirk L. erfolgt war und seine Tätigkeit dort in der Gesamtheit faktisch über das Schulhalbjahr hinaus andauern sollte.
66Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Bescheid des Polizeipräsidiums E. vom 11. September 2014 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. März 1994 geborene Kläger ist Kommissaranwärter.
3Am 30. August 2014 erstattete der Zeuge T. Strafanzeige gegen den Kläger wegen des Verdachts der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 StGB) und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB). In der Strafanzeige heißt es unter anderem:
4„Am 30.08.2014 um 01:38 Uhr befanden wir, der E 41/12 (Q. , PHK/ G. , POK/ A. , POK/ T. , PK), uns auf dem C.---platz und führten in vollständiger Dienstkleidung eine Personenkontrolle durch. Durch umstehende Personen wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass sich unterhalb der Freitreppe zwei Personen schlagen sollen. Als wir in Richtung der Einsatzörtlichkeit rannten, konnten wir die beiden Beschuldigten sehen. Die Beschuldigten waren in eine Schlägerei verwickelt. Der Beschuldigte S. schlug in Richtung des Beschuldigten T1. . Der Beschuldigte T1. trat in Richtung des Beschuldigten S. . Der Fuß kam dabei ungefähr bis zur Höhe der Brust, berührte den S. aber nicht. Aufgrund der Bewältigung der Treppenstufen bis zur Einsatzörtlichkeit konnte der weitere Tatverlauf nicht beobachtet werden. Die Beschuldigten wurden getrennt. (…) Der Beschuldigte S. wurde durch die Beamten G. , POK und T. , PK zur Seite geschoben. Bei dieser Handlung leistete der Beschuldigte Widerstand.“
5In seinem am 30. August 2014 abgefassten „Bericht zu Widerstandshandlung“ führte der Zeuge weiter aus:
6„Am 30.08.2014 um 01:38 Uhr wurden die Beamten des E 41/12 (Q. , PHK; G. , POK; A. , POK; T. , PK) auf eine Schlägerei an der Freitreppe aufmerksam gemacht. Die Beamten begaben sich daraufhin zum Tatort. Vor Ort wurde der Beschuldigte S. durch den Beamten T. von seinem Kontrahenten getrennt, um weitere Tathandlungen zu unterbinden. Dabei stand der Beschuldigte dem Beamten T. unmittelbar gegenüber. Der Beamte T. gab sich durch den Ausruf: “Hier ist die Polizei, was ist hier passiert“ als Polizeibeamter zu erkennen. Der Beschuldigte reagierte zunächst nicht, so dass ihm erneut durch die Aussage: “Hier ist die Polizei“ verdeutlicht wurde, dass er einem Polizeibeamten gegenüber stehe.
7Ansatzlos holte der Beschuldigte aus und schlug dem Beamten T. unverhofft und ohne jeglichen Anlass mit der rechten Faust ins Gesicht. Daraufhin wurde der Angriff mittels eines Schlages gegen den Oberkörper des Beschuldigten beendet und der Beschuldigte unter Anwendung eines Kopfhebels versucht, zu Boden zu bringen. Dies gelang zunächst, jedoch leistete der Beschuldigte weiterhin starken Widerstand, er versuchte sich los zu reißen und den Beamten T. erneut anzugreifen. Dies konnte schlussendlich durch die Beamten T. und Q. verhindert werden und der Beschuldigte mittels Handfesseln (arretiert) gefesselt werden. Dabei wurde der Beamte T. verletzt. (…)
8Auf die Aussage, dass er einen Polizeibeamten geschlagen habe, gab dieser an, dass er selbst bei der Polizei sei.“
9Ausweislich des Alkohol-Befundes des stellvertretenden Leiters der Blutalkoholuntersuchungsstelle der I. -I1. Universität E. , Dipl.-Ing. L. , vom 1. September 2014 hatte der Kläger eine Blutalkoholkonzentration von 1,65 Promille zum Zeitpunkt der Probenentnahme (2:40 Uhr am 30. August 2014).
10Bei der Zeugenvernehmung durch das Polizeipräsidium E. gab die Zeugin I2. am 22. September 2014 unter anderem an:
11„An dem Abend hatten T2. und ich gegen 22.00 Uhr telefoniert. Er war gerade bei einer Ausstandsfeier mit Kollegen in der X. Wache. Wir verabredeten uns dann für ca. 23.30 Uhr im U-Bahnhof I. -I1. -Allee. Allerdings war er nicht pünktlich, kam erst gegen 00.40 Uhr. Ich war ein bisschen sauer und teilte ihm das auch mit. Wir begaben uns dann durch die Altstadt in Richtung Freitreppe. Da wir unterwegs immer wieder andere Personen trafen, die er oder ich kannten, dauerte dieser Gang durch die Altstadt etwas länger. Schließlich waren wir gegen 01.45 Uhr an der Freitreppe. T2. ging runter an den Rhein, kletterte über ein Geländer und machte Pippi. In dem Moment stand ich etwa 2 Meter neben ihm, als genau zwischen uns etwas zu Bruch ging, es zerschellte auf dem Boden. Neben mir lag Glas, was es genau war, ob eine Flasche oder ein Glas, konnte ich nicht mehr genau erkennen, ein Pinnchen war es aber sicher nicht, dafür lagen viel zu viel Scherben auf dem Boden. Ich vermute, dass es eine Bierflasche war. Ich versuchte diesen Vorfall zu ignorieren, zumal ich ja nicht getroffen wurde und T2. auch nicht. Als die (vermutlich) Flasche neben mir zerschellte, schaute ich mich um und sah einen Südländer, der mich wiederum direkt anschaute. Er stand innerhalb einer Gruppe von 6-8 Leuten (alles Südländer), die ungefähr 10 Meter entfernt standen. Nur er schaute mich an, die anderen nicht, die unterhielten sich einfach weiter. Dieser Südländer hob andeutungsweise seinen rechten Arm, was ich als Entschuldigung deutete. Dann sagte er auch, dass er sich entschuldige. T2. bekam den Vorfall natürlich mit und fragte mich, wer denn geworfen habe. Ich sagte ihm, ist egal, ist nichts passiert. Er fragte mich dann noch einmal, wer geworfen habe, ich sagte ihm, ist nicht so wichtig, außerdem habe sich der Werfer entschuldigt. T2. kletterte dann über das Geländer zurück, stand nun wieder auf meiner Seite und ging zu dieser Personengruppe. Ich ging zunächst nach, blieb dann aber nach 2 Metern stehen, konnte der Unterhaltung jedoch folgen. T2. fragte drei Mal in die Gruppe, wer denn geworfen habe. Einer aus der Gruppe, es war nicht derjenige, der geschmissen hatte, fragte T2. in einem sehr aggressiven Ton, was das denn solle, was er sich einbilden würde, warum er sich so aufspiele und solche Fragen stelle. Hiernach schubste er T2. nach hinten. T2. stolperte zwei Schritte nach hinten, konnte sich im letzten Moment noch abfangen, ansonsten wäre er hingefallen. Das Schubsen war sehr stark, derjenige, der schubste, stieß ihn mit beiden Händen voll gegen die Schulter. Hinzu kommt, dass derjenige oben auf der Treppe stand und T2. ca. 2 Stufen tiefer. Nachdem sich T2. gefangen hatte, ging er ganz normal, also nicht aggressiv oder so zurück und fragte auch in einem ganz normalen Ton, was das denn gerade sollte. Irgendein anderer aus der Gruppe, wer das war, weiß ich nicht, meinte dann, dass T2. sich davon machen soll, ein Anderer meinte „verpiss dich“. Hiernach wurde T2. abermals zurückgeschubst, von wem, weiß ich nicht. Wieder geriet T2. ins Trudeln, machte zwei Schritte nach hinten. Nun meinte T2. , dass derjenige, der geworfen habe, einfach zu ihm kommen soll und das mit ihm klären soll. Nun gingen derjenige, der ihn zuletzt geschubst hatte und derjenige, der die Flasche geworfen hatte, auf ihn zu und stellten sich vor ihm auf. Dann versuchten Beide, T2. zu schlagen, beide versuchten, ihn mit der Faust zu schlagen. T2. wich nach hinten zurück und wegen des Geländers dann zur Seite. Die beiden Anderen folgten ihm. Während T2. wegging, versuchten die beiden Anderen immer wieder, ihn mit Fäusten zu schlagen, trafen ihn aber nicht ein Mal. Dabei hatte T2. auch versucht, zurückzuschlagen, traf aber auch nicht. Als T2. dann weiter nach hinten ausgewichen war, versuchte plötzlich derjenige, der ihn als Letzter schubste, in Kopfhöhe zu treten. Das war echt krass, wie hoch der mit dem Bein kam, das sah aus wie Kung Fu. T2. zog blitzschnell den Kopf zurück, wurde daher auch nicht getroffen, aber der Fuß von dem Angreifer war ganz nah an seinem Gesicht. Aufgrund der bedrohlichen Lage, in der sich T2. befand und mir klar war, dass ich auch nicht groß helfen konnte, rief ich T2. sinngemäß zu, lass uns abhauen. Mein Rufen hatte er wohl nicht wahrgenommen, konzentrierte sich voll auf die Beiden. Ich hatte dann kurz die Idee, einfach wegzugehen, in der Hoffnung, dass T2. mir dann folgen würde. Bin dann jedoch nicht weggegangen.
12Dann habe ich aus dem Augenwinkel heraus gesehen, wie irgendetwas von links kam. Ich hatte mich total erschrocken, hatte Mega-Angst. Er kam genau aus der Richtung, wo die Gruppe stand. Ich dachte wirklich, jetzt kriegt T2. voll auf die Fresse. Ich dachte, die Gruppe würde ihn angreifen. Obwohl die Uniformen anhatten und sogar Mützen trugen, habe ich die nicht erkannt. Es waren Polizisten bzw. es war zunächst nur ein Polizist, der die letzte Stufe sogar übersprang. Zuerst habe ich ihn wirklich für einen der Südländer aus der Gruppe gehalten. In dem Moment drehte sich T2. reflexartig um und schlug zu. Der „Angreifer“, den ich ja bis zu dem Zeitpunkt immer noch nicht als Polizisten erkannte, näherte sich von hinten rechts dem T2. . Nachdem T2. zugeschlagen hatte, stolperte der Polizist ein wenig nach hinten, fiel aber nicht zu Boden. Hiernach drehte sich T2. wieder ein bisschen zu den Anderen um, weil sich dort nun das Geschehen abspielte. Derjenige, den er schlug, wie sich dann später herausstellte, den Polizisten, stand dann seitlich zu ihm. T2. hat ihn noch immer nicht als Polizisten erkannt, das konnte ich an seinem Verhalten festmachen. Erst jetzt erkannte ich selber, dass die Polizei vor Ort war. Ich habe mich erschrocken, habe nun realisiert, dass T2. einen Polizisten schlug. Jedenfalls brachte der Polizist T2. dann zu Boden und fixierte ihn. Aufgrund des Verhaltens von T2. war mir klar, dass er immer noch nicht gecheckt hatte, dass er von Polizisten zu Boden gebracht worden war. Das war furchtbar für mich. Dann kam ein weiterer Beamter, dann noch einer und dann noch einige mehr dazu. Der erste unterstützende Beamte half beim Fixieren. Erst jetzt gaben sie sich als Polizei zu erkennen. Nun bekam er auch direkt die Acht an. Ich habe richtig gemerkt, wie T2. nun erst realisiert hatte, dass Polizei im Einsatz war, danach war er sofort ruhig. Er hat sich nicht mehr bewegt, rief mir zu „Q. bitte hilf mir“. T2. machte dann alles, was die Polizei von ihm wollte.(…)“.
13Das Polizeipräsidium E. hörte den Kläger unter dem 3. September 2014 zur beabsichtigten Verbotsverfügung an. Mit Bescheid vom 11. September 2014, dem Kläger am 16. September 2014 zugestellt, verbot es ihm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte und das Tragen der dienstlichen Ausrüstung sowie die Führung dienstlicher Ausweise und Abzeichen. Zur Begründung hat das Polizeipräsidium E. angegeben, gegen den Kläger bestünde der Verdacht gegen Strafgesetze und die in § 34 Satz 3 BeamtStG geregelte Pflicht zum Wohlverhalten verstoßen zu haben. Nach dieser Vorschrift müsse das Verhalten eines Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordere. Bei einem Polizeivollzugsbeamten seien Straftaten in besonderem Maße geeignet, achtungs- und ansehensmindernd nach außen zu wirken und Zweifel des Dienstherrn an der Vertrauenswürdigkeit und charakterlichen Eignung des Beamten zu begründen. Gerade das Verhindern von Gewaltdelikten sei eine Kernaufgabe von Polizeivollzugsbeamten. Gewaltdelikte in Form von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte spielten eine hervorgehobene Rolle im alltäglichen Polizeidienst. Vorliegend habe der Kläger nicht nur gegen Beamte Widerstand geleistet, sondern gleichzeitig einen Kollegen angegriffen. Aufgrund der Schwere des Verdachts seien die von § 39 Satz 1 BeamtStG für ein Verbot der Führung von Dienstgeschäften erforderlichen zwingenden dienstlichen Gründe gegeben. Dem Polizeipräsidium E. sei eine Fortsetzung der Ausbildung nicht zuzumuten, weil ernsthafte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers für den Polizeivollzugsdienst bestünden. Das Verbot, die dienstliche Ausrüstung zu tragen und dienstliche Ausweise und Abzeichen zu führen, sei erforderlich, um den Kläger an einer missbräuchlichen Verwendung dieser Gegenstände zu hindern, solange der Verdacht strafbarer Handlungen nicht ausgeräumt sei.
14Mit Schreiben vom 22. September 2014 hörte das Polizeipräsidium E. den Kläger zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf an.
15Der Kläger hat am 16. Oktober 2014 Klage erhoben.
16Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er bestreite, eine strafbare Körperverletzung und schuldhaft Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte begangen zu haben. Der Zeuge T. habe den Sachverhalt in seiner Strafanzeige vom 30. August 2014 „falsch dargestellt und [ihm] eine tatsächlich nicht bestehende Schuld zugeschrieben“. Er habe „erst nach Beendigung des vermeintlichen Tathergangs erkannt, dass ein später hinzugezogener Polizeibeamter involviert war“, weil der Zeuge T. sich erst im Anschluss hieran als Polizeibeamter zu erkennen gegeben habe. Er habe sodann widerstandslos alles getan, was die Polizeibeamten von ihm verlangt hätten.
17Der Kläger beantragt,
18den Bescheid des Polizeipräsidiums E. vom 11. September 2014 aufzuheben.
19Das beklagte Land beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Es verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid und trägt ergänzend vor: Die Aussagen der Zeugin I2. widersprächen den Angaben des Zeugen T. . Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die im Einsatz befindlichen uniformierten Beamten nicht als Polizeivollzugsbeamte zu erkennen gewesen sein sollten.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte 2 L 2416/12, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Akte der Staatsanwaltschaft E. 70 Js 11959/14 Bezug genommen.
23Das Gericht hat Beweis erhoben über die Geschehnisse, die sich am 30. August 2014 gegen 1.40 Uhr auf der Freitreppe in der Düsseldorfer Altstadt zwischen dem Kläger und den dort im Dienst befindlichen Polizeivollzugsbeamten abgespielt haben durch Zeugenvernehmung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19. Dezember 2014 Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die zulässige Klage hat Erfolg.
26Sie ist begründet. Der angegriffene Bescheid des Polizeipräsidiums E. vom 11. September 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
27In formeller Hinsicht begegnet die angegriffene Verbotsverfügung keinen rechtlichen Bedenken. Einer Beteiligung des Personalrats bedurfte es im Streitfall nicht, weil ein gesetzlicher Beteiligungstatbestand des Landespersonalvertretungsgesetzes nicht einschlägig ist. Dass gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 LPVG die Entlassung eines Beamten auf Widerruf mitbestimmungspflichtig ist, reicht nicht aus. Es geht im Streitfall nicht um eine Entlassung. Der Umstand, dass die vorgenannte Vorschrift die Mitbestimmungspflichtigkeit der Entlassung unter anderem eines Widerrufsbeamten anordnet, zwingt auch nicht dazu, die Mitbestimmungspflichtigkeit der dort nicht genannten und weniger gewichtigen Maßnahme des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte anzunehmen. Die Mitbestimmungstatbestände sind im Landespersonalvertretungsgesetz abschließend normiert und keiner erweiternden Auslegung zugänglich.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, Rn. 6.
29Das auf § 39 Satz 1 BeamtStG gestützte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist indes materiell rechtswidrig. Nach der angeführten Vorschrift kann einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Tatbestandsmerkmal der „zwingenden dienstlichen Gründe“ stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 20. April 2010 - 5 ME 282/09 -, juris, Rn. 13.
31Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG dient der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Amtsführungsverbot dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für weitere dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen. Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Es kommt nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten. Daraus folgt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte weder eine erschöpfende Aufklärung bzw. ein "Beweis" erforderlich ist, noch dass Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs bereits eingetreten sind oder das Verhalten des Beamten sich letztlich als strafrechtlich relevant erweist.
32Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte um einen Dauerverwaltungsakt handelt, muss ihn die zuständige Behörde und im Streitfall das Gericht bis zum Ende der Geltungsdauer „unter Kontrolle halten“. Wenn sich herausstellt, dass Gründe, die ursprünglich für das Verbot sprachen, entweder widerlegt oder soweit entkräftet sind, dass sie nicht mehr den qualifizierten Anforderungen für den Erlass einer Verbotsverfügung („zwingende dienstliche Gründe“) genügen, ist die Verbotsverfügung aufzuheben.
33Vgl. Schachel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: November 2014, Kommentar, § 39 BeamtStG Rn. 23.
34Im Rahmen der nach § 39 Satz 1 BeamtStG vorzunehmenden Ermessensprüfung hat der Dienstherr weiter den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Gegenstand dieser Prüfung ist, ob sich das Verbot mit dem damit verbundenen Eingriff in das Recht des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung im Verhältnis zum erstrebten Zweck, nämlich der Abwehr von Gefahren für den Dienstbetrieb, als angemessen erweist oder dem Dienstherrn zur Erreichung dieses Zwecks ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Dienstherr auch dann gehalten ist, von Amts wegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufzuheben, wenn sich das Verbot angesichts des Fortgangs der weiteren Ermittlungen und der ernsthaft in Betracht zu ziehenden Maßnahmen nicht mehr als verhältnismäßig erweist.
35Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 20. April 2010 - 5 ME 282/09 -, juris, Rn. 18 und 21.
36Gemessen hieran erweist sich die angegriffene Verbotsverfügung als rechtswidrig.
37Das Polizeipräsidium E. hat den angegriffenen Bescheid vom 11. September 2014 maßgeblich darauf gestützt, dass der Kläger am 30. August 2014 gegen 1.40 Uhr in der Eer Altstadt den Zeugen T. , nachdem dieser ihn mit den Worten „Hier ist die Polizei. Was ist hier passiert?“ angesprochen habe, „unverhofft und ohne jeglichen Anlass“ mit der rechten Faust ins Gesicht geschlagen und bei der anschließenden Ingewahrsamnahme Widerstand geleistet haben soll.
38Zur Überzeugung des Gerichts steht indes fest, dass sich der Zeuge T. vor dem Schlag des Klägers nicht als Polizeivollzugsbeamter zu erkennen gegeben hat und dass sich der Kläger (lediglich) in der Befürchtung, (auch noch) von hinten angegriffen zu werden, reflexhaft umgedreht und zum Schlag ausgeholt hat, ohne hierbei den Zeugen T. als Polizeivollzugsbeamten zu erkennen. Der Kläger hat angegeben, er habe im Zuge der Auseinandersetzung mit zwei „Südländern“, die ihn im Bereich unterhalb der Freitreppe in der Eer Altstadt (letztlich) von vorne bedroht hätten, bemerkt, dass eine dritte Person von hinten - und zwar aus der Richtung, in der sich weitere „Südländer“ aufgehalten hätten - auf ihn zugerannt sei. In diesem Moment sei er davon ausgegangen, von einer weiteren Person aus diesem Kreise angegriffen zu werden. Diese Aussage deckt sich mit den Angaben der Zeugin I2. . Die Zeugin hat bekundet, dass der Zeuge T. über die Freitreppe von hinten auf den Kläger zugestürmt sei. Dabei habe der Zeuge T. die letzte Stufe der Freitreppe übersprungen und sodann in unmittelbarer Nähe zum Kläger gestanden. Der Kläger habe sich in diesem Moment ansatzlos umgedreht und den Zeugen geschlagen. Es sei wie „ein Reflex“ gewesen. Das Geschehen habe sich sehr schnell abgespielt. Nach ihrer Einschätzung habe der Kläger in dieser Situation ebenso wenig wie sie selbst wahrgenommen, dass es sich bei dem Zeugen T. um einen Polizeivollzugsbeamten gehandelt habe. Die Angaben des Zeugen T. , er habe den Kläger zunächst an der Schulter „gepackt“, ihn umgedreht und ihm sodann ins Gesicht gesagt, „Hier ist die Polizei“, seien unwahr.
39Der Einzelrichter ist überzeugt, dass die Einlassungen der Zeugin, die im Kern ihren Angaben bei der polizeilichen Vernehmung am 22. September 2014 entsprechen, glaubhaft sind. Ihre Angaben sowohl zu dem Verlauf der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und den sich auf der Freitreppe aufhaltenden südländischen Männern als auch zu dem anschließenden Zugriff durch den Zeugen T. sind in sich stimmig und frei von Widersprüchen und jeglicher Ungereimtheit. Die Zeugin schilderte ein von komplexen Handlungen geprägtes Geschehen. Ihre Einlassungen waren dabei in der Vernehmung durch den Einzelrichter von Beginn an durch ein konstant hohes Maß an Detailreichtum geprägt. Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin spricht, dass sie stets darum bemüht war, das Geschehen ohne Übertreibungen zu schildern. Sie hat auch keinen überschießenden Belastungseifer zum Nachteil des Zeugen T. erkennen lassen. So hat die Zeugin im Verhandlungstermin erst auf Nachfrage des Terminvertreters des beklagten Landes angegeben, der Zeuge T. habe den Kopf des Klägers, nachdem dieser bereits mit Handschellen fixiert am Boden gelegen habe, mehrfach mit der flachen Hand auf den Boden gedrückt.
40Die von dem Polizeipräsidium E. in dem Vermerk vom 30. September 2014 geäußerten Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin I2. greifen nicht durch. Die Zeugin hat insbesondere nachvollziehbar erklärt, aus welchen Gründen sie den Zeugen T. im Zeitpunkt des Zugriffs auf den Kläger nicht als im Dienst befindlichen Polizeivollzugsbeamten erkannt habe. Sie hat detailliert angegeben, dass sie in geringer Entfernung zum Kläger gestanden und dass der Zeuge T. von hinten auf diesen zugerannt sei. Es sei alles „sehr schnell“ gegangen. Sie habe den Zeugen T. , der linksseitig an ihr vorbei und auf den Kläger „zugestürmt“ sei nur einen sehr kurzen Augenblick lang wahrgenommen.
41Die Bekundungen des Zeugen T. sind nicht geeignet, die Schilderungen der Zeugin I2. zu erschüttern oder sie auch nur in Frage zu stellen. Denn die Darstellung, die der Zeuge T. von dem Zugriff auf den Kläger gegeben hat, vermag das Gericht nicht als glaubhaft anzuerkennen. Der Zeuge hat angegeben, er habe den Kläger an der Schulter gepackt, zur Seite geschoben, ihn sich „vis-à-vis“ gegenübergestellt und gesagt, „Polizei. Was ist hier los?“. Der Kläger habe mit weit geöffneten Augen vor ihm gestanden und ihm sodann ansatzlos ins Gesicht geschlagen. Er - der Zeuge T. - habe in diesem Moment nicht mit einem Angriff gerechnet. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben spricht zunächst, dass nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Gründen der Kläger den Zeugen T. , nachdem dieser sich als Polizeivollzugsbeamter auch durch den Ausspruch „Hier ist die Polizei. Was ist hier los?“ zu erkennen gegeben haben will, geschlagen haben soll. Auch nach den Aussagen des Zeugen T. hat der Kläger, nachdem er ihn angesprochen habe, nicht aggressiv, sondern vielmehr teilnahmslos gewirkt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger bislang weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Nach den Angaben des Polizeipräsidiums E. ist er ausweislich der über ihn erstellten dienstlichen Beurteilungen „freundlich und ruhig“ (Seite 3 des Vermerks vom 4. September 2014). Zwar verkennt der Einzelrichter nicht, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt erheblich alkoholisiert war (Alkohol-Befund der Blutalkoholuntersuchungsstelle des Instituts für Rechtsmedizin der I. -I1. Universität E. vom 1. September 2014: 1,65 Promille). Ausweislich des ärztlichen Berichts vom 30. August 2014 war der Untersuchungsbefund (2.40 Uhr) jedoch weitgehend unauffällig (Gang „sicher“, Finger-Finger-Prüfung und Finger-Nasen-Prüfung „sicher“, Sprache „deutlich“, Bewusstsein „klar“, Denkablauf „geordnet“, Verhalten „beherrscht“, Stimmung „unauffällig“, äußerlicher Anschein des Einflusses von Alkohol „leicht“ bemerkbar). Auch aus den Einlassungen der Zeugen I2. und T. ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Zeugen T. „alkoholbedingt“ geschlagen haben könnte.
42Hinzu kommt, dass die Angaben des Zeugen T. einen erheblichen Belastungseifer erkennen lassen. Nach den Bekundungen der Zeugin I2. ist der Zeuge T. im Nachgang zu dem Faustschlag des Klägers „stinksauer“ gewesen und sei auf den am Boden liegenden Kläger, der dort von anderen Beamten mit Handfesseln fixiert worden sei, zugegangen und habe ihn - den Kläger - als „Arschloch“ beschimpft und weiter geäußert, der Kläger sei eine Schande für ihr Berufsbild. Der Zeuge T. habe sodann die Hand auf den Kopf des Klägers gelegt und diesen mehrfach auf den Boden gestoßen. In diesem Zusammenhang habe der Zeuge T. zu dem Kläger weiter gesagt, „ich hoffe, dass du noch in der Ausbildung bist. Denn dann fliegst du raus. Ich werde dafür sorgen.“ Der Einzelrichter hat keinen Anlass, an den Angaben der Zeugin I2. zu zweifeln und eine mögliche Falschaussage zu erwägen. Die Zeugin hat – wie bereits ausgeführt – ihrerseits keinen Belastungseifer zum Nachteil des Zeugen T. erkennen lassen. Sie hat in der Vernehmung durch den Einzelrichter vielmehr von sich aus angegeben, nicht ausschließen zu wollen, dass der Zeuge T. den Kläger in der Befürchtung, Letzterer würde Widerstand leisten, lediglich „ruhigstellen“ wollte. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin I2. wird bestätigt durch den Umstand, dass ihre Angaben seit ihrer Einvernahme durch die Polizei bis hin zur Beweisaufnahme durch den Einzelrichter im Kern unverändert geblieben sind. Es ergaben sich auch keine Hinweise für ein Motiv für eine Falschaussage. Denn für die inmitten stehenden Fragen, ob sich der Zeuge T. vor dem Zugriff auf den Kläger als Polizeivollzugsbeamter zu erkennen gegeben und ob der Kläger bei seiner Fixierung Widerstand geleistet hat, kam es nicht darauf an, ob der Zeuge T. den Kläger im Nachgang hierzu noch beschimpft und dabei den Kopf des Klägers mehrfach auf den Boden gedrückt hat.
43Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts weiter fest, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt, in dem er die ihn fixierenden Beamten als solche erkannt hat, keinen Widerstand mehr geleistet hat. Nach den glaubhaften Angaben der Zeugin I2. hat sich der Kläger, in dem Moment, in dem ihm bewusst geworden sei, dass er nicht von einer weiteren Personen aus dem Kreise der „Südländer“ angegriffen und zu Boden gebracht worden sei, „völlig ruhig verhalten“. Dem stehen auch die Angaben des Zeugen Q. nicht entgegen. Der Zeuge hat bekundet, auf Zuruf des Zeugen T. bei der Fixierung des auf dem Boden liegenden Klägers geholfen zu haben. Auf mehrfache Nachfrage des Einzelrichters hat der Zeuge angegeben, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob er den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen habe, Polizeibeamter zu sein. Zu keiner abweichenden Würdigung führt die Aussage des Zeugen Q. , der Kläger hätte ihn und den Zeugen T. als Polizeibeamten erkennen müssen, weil sie uniformiert gewesen seien. Diese Folgerung ist bereits deswegen nicht zwingend, weil der Zeuge T. zur Überzeugung des Gerichts von hinten an den Kläger herangetreten ist und der Zeuge Q. (erst) bei der Fixierung des am Boden liegenden Klägers dazugekommen ist. Der Zeuge Q. hatte keine genauen Erinnerungen mehr, an die „Stellung“ des auf den Boden liegenden Klägers. Seine Aussage, er - der Zeuge Q. - habe jedenfalls versucht, die Hände des mit dem Bauch auf dem Boden liegenden Klägers auf dessen Rücken zu fesseln, zwingt jedenfalls nicht zu der Annahme, der Kläger hätte die Beamten auch als solche erkennen müssen.
44Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger den in Rede stehenden Faustschlag (lediglich) in der Befürchtung ausgeführt hat, von hinten von einer dritten Person aus dem Kreise der „Südländer“ angegriffen zu werden, und dass er ‑ nachdem er die im Einsatz befindlichen Polizeivollzugsbeamten als solche erkannt hat ‑ keinen Widerstand mehr gegen seine Ingewahrsamnahme geleistet hat.
45Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verbotsverfügung vom 11. September 2014 als rechtswidrig. Denn der Dienstherr ist - wie ausgeführt - gehalten ist, von Amts wegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufzuheben, wenn die zwingenden dienstlichen Gründe entfallen sind oder sich das Verbot angesichts des Fortgangs des weiteren Ermittlungen und der ernsthaft in Betracht zu ziehenden Maßnahmen nicht mehr als verhältnismäßig erweist.
46So verhält es sich im Streitfall. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich ein Fehlverhalten des Klägers, das ausweislich des angegriffenen Bescheides in dem Verdacht gründet, der Kläger habe gegen Strafgesetze (Körperverletzung nach § 223 StGB und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB) sowie gegen die Pflicht zum Wohlverhalten gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen, nicht feststellen. Erweist sich wie im Streitfall ein Verdacht als unbegründet, ist der Dienstherr verpflichtet, die hierauf gestützte Verbostverfügung aufzuheben.
47Abgesehen davon, dass sich ein Fehlverhalten des Klägers nicht feststellen ließ, ist nicht ersichtlich und auch von dem Vertreter des beklagten Landes im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht näher dargelegt worden, aus welchen Gründen die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Klägers objektiv gefährdet gewesen sei und daher die von § 39 Satz 1 BeamtStG tatbestandlich geforderten „zwingenden dienstlichen Gründe“ vorgelegen hätten und weiterhin vorliegen. Der angegriffene Bescheid vom 11. September 2014 weist zwar darauf hin, dass „die Möglichkeit innerdienstlicher Spannungen (besteht), die erhebliche Auswirkungen auf den Dienstbetrieb haben könnten“. Hinreichende Anhaltspunkte für die erforderliche Gefahr der erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs sind mit dieser durch nichts belegten Vermutung aber nicht dargetan. Sie hat das Gericht auch sonst nicht feststellen können.
48Hinzu kommt, dass sich die angegriffene Verbotsverfügung auch deswegen als rechtswidrig erweist, weil die von dem Polizeipräsidium E. angestrebte und auf das vorgenannte Geschehen gestützte Entlassung des Klägers unverhältnismäßig wäre. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG hat zwar einen nur vorläufigen Charakter, weil die endgültige Entscheidung den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten - unter anderem auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichteten - weiteren Verfahren vorbehalten ist. Daraus folgt aber, dass eine Fortgeltung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn die beabsichtigte weitere Maßnahme rechtswidrig wäre. Dies ist vorliegend der Fall.
49Das Polizeipräsidium E. hat den Kläger mit Schreiben vom 22. September 2014 zur beabsichtigten Entlassung angehört und diese Maßnahme mit der mangelnden charakterlichen Eignung des Klägers begründet. Den Eignungsmangel hat es maßgeblich darauf gestützt, dass der Kläger den Zeugen T. geschlagen und anschließend Widerstand gegen seine Ingewahrsamnahme geleistet habe, obwohl sich der Zeuge als Polizeivollzugsbeamter zu erkennen gegeben habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Gerichts steht indes – wie ausgeführt – fest, dass das Polizeipräsidium E. insoweit einen unrichtigen Sachverhalt angenommen hat.
50Davon abgesehen begegnete die Entlassungsverfügung auch deswegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil es sich bei dem von dem Polizeipräsidium E. angenommenen Verhalten des Klägers um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten handeln würde.
51Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG kann ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden. Es reicht insoweit aus, wenn ein sachlicher Grund für die Entlassung gegeben ist. Für die Ausfüllung des Merkmals des sachlichen Grundes sind die in § 23 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG genannten (für die Entlassung eines Beamten auf Probe geltenden) Entlassungsgründe von maßgebender Bedeutung. Denn der Entlassungsrechtsschutz des Beamten auf Widerruf ist selbst unter Berücksichtigung der Regelung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG (wonach dem Beamten auf Widerruf Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll) kein stärkerer als der eines Probebeamten.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2005 - 6 B 1389/05 -, juris, Rn. 11 bis 13.
53Eine Entlassung des Klägers wegen mangelnder charakterlicher Eignung erwiese sich als rechtswidrig. Denn das vom Polizeipräsidium E. angenommene im außerdienstlichen Bereich begangene Dienstvergehen (§ 47 Satz 2 BeamtStG) - das nach den Feststellung des Gerichts bereits dem Grunde nach nicht gegeben ist - würde sich als einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten des Klägers darstellen.
54Vgl. hierzu allgemein: Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 2010 - 5 ME 268/10 -, juris, Rn. 8.
55Das stellt auch das Polizeipräsidium E. nicht in Abrede. Nach einem Vermerk vom 11. September 2014 „scheint“ der Kläger nach seinen dienstlichen Beurteilungen während der Praxisphase „freundlich und ruhig“ zu sein. Es sprächen „eindeutige Argumente dafür, dass das Fehlverhalten einen “einmaligen Ausrutscher“ darstellt“. In diesem Zusammenhang kann - auch wenn von einem Kommissaranwärter in der in Rede stehenden Situation erwartet werden kann, ruhig und besonnen zu handeln - nicht unberücksichtigt bleiben, dass die ursprünglichen Aggressionen - das Werfen einer Bierflasche auf einem belebten Platz in Richtung der Zeugin I2. - von Herrn G1. T1. ausgegangen sind, der sich seit dem Jahre 2011 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und ausweislich eines Vermerks des Polizeipräsidium E. vom 2. September 2014 seitdem „bereits ganz erheblich kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten (ist)“. Nach Aktenlage sind gegen ihn derzeit dreizehn Ermittlungsverfahren (unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung Beleidigung und Bedrohung) anhängig.
56Die Klage hat auch Erfolg, soweit sie sich gegen das in Ziffer 2. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Verbot, dienstliche Ausrüstung zu tragen und dienstliche Ausweise und Abzeichen zu führen, richtet. Der Bescheid ist auch mit diesem Verfügungssatz rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach § 114 Abs. 1 LBG NRW kann Polizeivollzugsbeamten, denen nach § 39 BeamtStG die Führung der Dienstgeschäfte verboten ist, das Tragen der Dienstkleidung und Ausrüstung und die Führung dienstlicher Ausweise und Abzeichen untersagt werden. Die Wirksamkeit dieses sogenannten Zusatzverbots ist mit der Wirksamkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte verknüpft. Wird das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufgehoben, erledigt sich auch das Zusatzverbot.
57Vgl. Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: November 2014, Kommentar, § 114 LBG NRW Rn. 15.
58Demnach war die Verbostverfügung insgesamt aufzuheben.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
61Beschluss:
62Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 Euro festgesetzt.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des beklagten Landes vom 23. Februar 2012 gerichtete Klage sei unbegründet. Durch diese Verfügung hatte das beklagte Land dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte, mithin die Leitung der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. , mit sofortiger Wirkung verboten. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verbots hätten zwingende Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Das Verbot sei verhältnismäßig gewesen.
7Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen diese eingehend begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.
8Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
9Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, DVBl. 1999, 326, und vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, BVerwGE 63, 250.
10Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, a.a.O.
14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
16Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
18Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
19Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, a.a.O.
20Dass Letzteres vorliegend der Fall war, stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage.
21Der Kläger macht geltend, ein Handeln des beklagten Landes sei nicht zwingend geboten gewesen, denn - wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 8. Oktober 2012 des Abgeordneten Dr. P. , LT-Drucks. 16/1430 belege - passierten „Entweichungen“ aus dem Strafvollzug regelmäßig und aus anderen Justizvollzugsanstalten seien häufiger Gefangene ausgebrochen als aus der JVA C. . Insoweit lässt der Kläger außer Acht, dass dem angefochtenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht allein der Umstand zu Grunde liegt, dass innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen zunächst der Strafgefangene I. versucht hatte, aus der JVA C. auszubrechen, dann der Strafgefangene K. aus der JVA C. ausgebrochen ist und schließlich der dort untergebrachte Strafgefangene I1. geflohen ist, nachdem er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Von entscheidender Bedeutung waren für das Verwaltungsgericht vielmehr die die beiden letztgenannten Vorkommnisse jeweils ermöglichenden bzw. begünstigenden Gegebenheiten sowie auch und nicht zuletzt die sich hieran anschließende - unzulängliche - Unterrichtung des Justizministeriums. Hierauf hat der Kläger nichts Durchgreifendes entgegnet.
22Ob es sich bei der JVA C. seinerzeit - so der Kläger - um eine „besonders sichere“ Anstalt gehandelt hat, ist danach nicht entscheidend. Denn maßgeblich für das Verwaltungsgericht war der Umgang des Klägers mit den Situationen vor und nach den Vorfällen. Hierzu hat in dem Bericht vom 14. Februar 2012 („Erkenntnisse der Expertengruppe ‚JVA C. ‘ zum Ausbruch des Strafgefangenen L. K. am 29.01.2012“) der Leiter der Expertengruppe (im Folgenden zitiert als EG) unter Punkt V. zusammenfassend das Folgende ausgeführt:
23„Die EG sieht auf der Basis ihrer bislang gewonnenen Eindrücke und Feststellungen dringenden Handlungsbedarf, in Bezug auf die Sicherheit und Ordnung der JVA C. einen Zustand herzustellen, welcher der Vollstreckungszuständigkeit gerecht wird (…).
24Die Regelungen zur ständigen und unmittelbaren Beaufsichtigung sowie zur Durchsuchung der Gefangenen in der JVA C. werden - gelinde ausgedrückt - nur unzureichend beachtet. Der Abschlussbericht wird hierzu sowie zu weiteren grundlegenden Sicherheitsproblematiken nähere Einzelheiten enthalten. Sehr überrascht ist die EG, mit welcher offensichtlichen Nonchalence dieses Thema quer durch alle Zuständigkeitsbereiche, auch dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, behandelt wird. Insoweit verwundert es nicht, dass auch offenbar vielen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die Sensibilität für dieses Thema abhanden gekommen zu sein scheint.
25Diese Vermutung würde durchaus zu dem bislang gewonnenen Eindruck der EG, dass in der JVA C. der Aspekt der prognostizierten sozialen Sicherheit deutlich Vorrang gegenüber grundlegenden Sicherheitsstrukturen eingeräumt wird, passen (…).
26Insgesamt hat die EG allein bereits durch die Aufarbeitung des Vorkommnisses in den ersten beiden Tagen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass der baulich-technische Zustand und die administrativ-organisatorische Sicherheitslage der JVA C. derart lückenhaft ist, dass sich vielfältige Einlasstore und Schleppwege für Drogen, Bargeld, Waffen und natürlich auch Handys ergeben. Auch hierzu wird die EG in ihrem Abschlussbericht Einzelheiten ausführen. Vorab sei hier aber auch beispielhaft die aus Sicherheitsgründen sehr bedenkliche Organisation der Besuche (Besuchsabwicklung) genannt (…).
27Die JVA C. beherbergt eine hohe Zahl von langstrafigen Inhaftierten mit verfestigtem kriminellen Potential, die mit ihrer Hafterfahrung genügend Kenntnisse über lokale Sicherheitslücken haben, diese verdeckt ausnutzen können und gleichwohl problemlos zu einem angepassten Vollzugsverhalten in der Lage sind (…).“
28Die mit dem Zulassungsantrag dagegen ins Feld geführten höheren „Entweichungszahlen“ anderer Justizvollzugsanstalten stellen die so beschriebenen Organisationsmängel und sonstigen Defizite nicht in Frage. Vor dem Hintergrund dessen hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die die Strafgefangenen I. , K. und I1. betreffenden Vorkommnisse mit Recht weiter ausgeführt, in der JVA C. hätten sich innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen eine versuchte, aber gescheiterte sowie zwei weitere, zunächst erfolgreiche Gefangenenentweichungen ereignet. Die wegen des zweiten Vorkommnisses eingesetzte Expertengruppe sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass in der JVA C. Defizite bestünden, die Entweichungen begünstigten und die, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen seien, dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuschreiben gewesen seien.
29Neben der Sache liegt der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil es auch bezüglich des aus dem Krankenhaus geflohenen Strafgefangenen I1. von einer Entweichung ausgegangen sei und unter diesen Begriff nur der Ausbruch eines Gefangenen aus einer JVA falle. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Strafgefangene I1. aus der JVA C. ausgebrochen ist, sondern hat seinen Ausführungen zutreffend zu Grunde gelegt, dass er aus dem Krankenhaus geflohen ist.
30Fehl geht die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe, indem es sich die Auffassung des beklagten Landes zu eigen gemacht und unterstellt habe, dass es sich „bei den Entweichungen um“ seine - des Klägers - „‚Fehler‘ (…) gehandelt habe“, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er lässt bereits unberücksichtigt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG - wie dargestellt - keine erschöpfende Aufklärung erforderlich ist und es bei dem Verbot nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ankommt, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Zu Recht hat das beklagte Land seine diesbezüglich zu treffende Prognoseentscheidung u.a. auf den genannten Bericht gestützt und die seinerzeit bereits festgestellten gewichtigen Sicherheitsdefizite, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen sind, dem Verantwortungsbereich des Klägers zugeschrieben.
31Etwaige Umstände, die den baulichen Zustand bzw. die bauliche Unterhaltung der JVA C. betrafen, sind dem Kläger nicht angelastet worden. Verfehlt ist daher der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der Strafgefangene K. durch ein fehlerhaft montiertes Fenster habe entweichen können und für die bauliche Unterhaltung nicht die JVA C. , sondern das Justizministerium zuständig sei.
32Der Annahme des beklagten Landes, dem Kläger seien, wie in der Verbotsverfügung im Einzelnen ausgeführt, sowohl „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen K. “ als auch „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen I1. “ unterlaufen, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
33In Bezug auf den Strafgefangenen K. führt der Kläger an, die Zuweisung von Arbeit, auf die Strafgefangene Anspruch hätten, sei eine „Ermessens- und Beurteilungsentscheidung“, deren Rahmen er nicht fehlerhaft ausgefüllt habe. Insoweit lässt er außer Acht, dass das beklagte Land ihm nicht vorgehalten hat, dass dem Strafgefangenen K. Arbeit zugewiesen worden ist, sondern vielmehr, dass er in der Reinigungskolonne eingesetzt worden ist, obwohl der Gefangenenpersonalakte Hinweise darauf zu entnehmen waren, dass er in Q. noch über acht Jahre Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte und mehrere offene Verfahren anstanden, und die Beaufsichtigung der Reinigungskolonne nicht in der gebotenen Weise gewährleistet war.
34Soweit der Kläger sich diesbezüglich im Weiteren mit dem Inhalt der „Einleitungsverfügung“ bzw. der „Disziplinarverfügung“ auseinandersetzt, geht sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, das nicht der Ahndung disziplinaren Unrechts, sondern der Behebung unzumutbarer Missstände dient, ins Leere.
35Das beklagte Land hat in der streitgegenständlichen Verfügung ferner ausgeführt, ein vom Kläger zu verantwortender Organisationsmangel sei darin zu sehen, dass das Prüfformular für den Einsatz von Strafgefangenen in der Reinigungskolonne weder eine Beteiligung der Abteilungsleitung noch eine Beratung in der Vollzugskonferenz vorsehe. Weder der Umstand, dass, wie der Kläger geltend macht, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ein solches Vorgehen nicht vorsehen, noch sein Hinweis, er habe von seiner Organisationsgewalt Gebrauch gemacht und die Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeitsverwaltung übertragen, sind geeignet, die Berechtigung des Vorhalts in Frage zu stellen. Den Kläger entlastet schließlich auch nicht, dass „dies“ durch seinen „Vorgänger bereits so organisiert worden“ war.
36Verfehlt ist die Rüge des Klägers, der Vorwurf in der „Einleitungsverfügung“, es habe „ständige Verstöße gegen die RISO“ gegeben, sei nicht konkret genug. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Verbotsverfügung vom 23. Februar 2012, in der die dem Kläger vorgehaltenen Verstöße gegen die Richtlinien für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen (RISO) vom 5. Juni 1987 benannt und näher erläutert worden sind.
37Das beklagte Land hat in der Verbotsverfügung des Weiteren ausgeführt, auch die Entscheidung des Klägers, dass der Strafgefangene I1. weder bei der „Ausführung“ in das Krankenhaus zu fesseln noch bei einer stationären Aufnahme zu bewachen sei, sei nicht vertretbar gewesen. Diese Auffassung hat es wie folgt begründet:
38„Der Strafgefangene war nur zwei Tage vor Ihrer Entscheidung, d.h. am 15.02.2012, aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C. -T. in die Justizvollzugsanstalt C. zurückverlegt worden, weil ihm aufgrund des Besitzes von 2 Gramm Cannabis die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen worden war. Er war also nach der höchst aktuellen Entscheidung der zuführenden Justizvollzugsanstalt nicht für Lockerungen geeignet. Ein Krankenhausaufenthalt ohne Bewachung ist von den Bewegungsmöglichkeiten des Gefangenen her ohne Weiteres mit einer Vollzugslockerung gleichzusetzen. Eine erneute Gewährung von Lockerungen zwei Tage nach einem Lockerungsversagen wäre unter keinem Gesichtspunkt zulässig gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Strafgefangene aufgrund von Verletzungen, die er sich entweder selbst beigebracht haben konnte - was für die Vorbereitung einer Flucht sprechen dürfte - oder die ihm von Mitgefangenen zugefügt sein konnten - was ein erhöhtes Fluchtrisiko indiziert - im Krankenhaus vorgestellt werden sollte. Unabhängig hiervon durfte Ihre Entscheidung über einen unbewachten Aufenthalt im Krankenhaus keinesfalls ohne Vorliegen und Auswertung der Gefangenenpersonalakte erfolgen. Nach Ihrem Bericht lag Ihnen die Gefangenenpersonalakte zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Ihnen waren wegen dieses Versäumnisses beispielsweise die Vorstrafen des Strafgefangenen, namentlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Vollrausches, nicht bekannt. Diese Vorstrafen lassen eine Gefährdung der Allgemeinheit bei ungerechtfertigten Vollzugslockerungen als naheliegend erscheinen. Dies untermauert die Notwendigkeit, voll-zugliche Entscheidungen nur in Kenntnis der entscheidungserheblichen, auch hier nur aus der Gefangenenpersonalakte ersichtlichen Tatsachen zu treffen.“
39Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, er habe die Entscheidung, den Strafgefangenen bei der Verbringung ins Krankenhaus nicht fesseln und dort nicht bewachen zu lassen, in Kenntnis des Inhalts seiner Gefangenenpersonalakte getroffen, setzt er sich in Widerspruch zu seinem Bericht vom 20. Februar 2012. Dort hat er ausgeführt :
40„(…) Aufgrund der Informationen anhand des vorliegenden Personal- und Vollstreckungsblattes (kurzer Strafrest, Delikt Sachbeschädigung, Rückverlegung aus dem offenen Vollzug ohne Fluchthinweis) - die Gefangenenpersonalakte lag nicht vor - habe ich entschieden, dass eine Fesselung nicht nötig und dass im Falle eines stationären Verbleibs des Gefangenen eine Bewachung nicht erforderlich ist.“
41Diese Ausführungen zeigen, dass der Kläger seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Personal- und Vollstreckungsblattes getroffen hat. Dafür, dass er auch seinerzeit keine, jedenfalls keine hinreichende Kenntnisse vom Inhalt der Gefangenenpersonalakte hat, spricht der Umstand, dass er ausweislich seines Vorbingens im Zulassungsverfahren noch immer davon ausgeht, dass es sich bei den Vorverurteilungen des Strafgefangenen I1. um „Bagatellkriminalität“ gehandelt habe, obwohl dieser u.a. wegen Raubes, mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässigem Vollrausch und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war.
42Die Kläger führt weiter an, ein Verzicht auf die Bewachung des Strafgefangenen I1. sei vertretbar gewesen, weil kein Anhaltspunkt dafür vorgelegen habe, dass er wegen der Rückverlegung Fluchtabsichten gehegt habe. Auch diese Argumentation unterstreicht, dass er nicht sämtliche Aspekte, die für ein Fluchtrisiko gesprochen haben, in den Blick genommen und zudem nicht erwogen hat, welche Gesichtspunkte gegen die vom beklagten Land beanstandete erneute „Vollzugslockerung“ gesprochen haben .
43Schließlich begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das beklagte Land sich insbesondere und nicht zuletzt auch in Anbetracht der Art und Weise, wie der Kläger dem Justizministerium über die die Strafgefangenen K. und I1. betreffenden Vorkommnisse berichtet hat, sowie wegen der verspäteten Information des Justizministeriums über die erneute Ergreifung des Strafgefangenen I1. veranlasst gesehen hat, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dafür, dass das beklagte Land die Informationsdefizite zu Unrecht angeführt oder ihnen zu viel Gewicht beigemessen hat, gibt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her.
44Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass in der Zeit während und nach einer Gefangenenentweichung einer unverzüglichen, umfassenden und zutreffenden Information des Justizministeriums durch die betroffene Anstalt sehr große Bedeutung zukommt. Dies folgt zum einen aus dem mit Gefangenenentweichungen regelmäßig einhergehenden besonderen öffentlichen Interesse und der Relevanz einer umfassenden und zutreffenden Information der Öffentlichkeit durch das Justizministerium für das allgemeine Sicherheitsgefühl. Zum anderen - so das Verwaltungsgericht - sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenentweichungen häufig zu einer Befassung des Landtags (Rechtsausschuss) mit diesen Vorgängen führten. In diesen Fällen sei - wie hier - eine unverzügliche, vollständige und zutreffende Information der Abgeordneten für den zuständigen Justizminister unabdingbar. Hierzu sei dieser aber seinerseits auf Informationen durch den verantwortlichen Anstaltsleiter der betreffenden JVA angewiesen, die hierfür die uneingeschränkte Gewähr bieten müssten.
45Letzteres verkennt der Kläger, soweit er geltend macht, die die Entweichung des Strafgefangenen K. betreffenden Berichte vom 29. Januar und 2. Februar 2012 seien vom „zuständigen S+O-Inspektor“ gefertigt worden, der die Stellungnahmen der Bediensteten berücksichtigt habe, der Bericht vom 29. Januar 2012 zudem unter Beteiligung eines Mitarbeiters des Justizministeriums, dem es oblegen hätte, auf eine Berichtigung der angeblichen „Unvollständigkeiten und Falschangaben“ hinzuwirken. Der Kläger hat die Ausführungen, die in den von ihm unterzeichneten Berichten enthalten sind, selbst zu verantworten. Die etwaige Einbindung anderer Bediensteter, sei es der JVA C. , sei es des Justizministeriums, änderte nichts an seiner Pflicht, das Justizministerium umfassend und zutreffend zu informieren.
46Auch der Einwand des Klägers, er habe die Berichte nur auf der Grundlage der seinerzeit vorhandenen Erkenntnisse schreiben können, verfängt nicht. Es oblag dem Kläger, die Berichte auf der Grundlage einer sorgfältigen Ermittlung der Einzelfallumstände zu erstellen und, soweit diese noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, den Adressaten der Berichte, mithin das Justizministerium, darauf hinzuweisen, dass und hinsichtlich welcher Umstände die Erkenntnisse noch unzureichend waren.
47Dafür, dass das beklagte Land dem Kläger zu Unrecht auch die Unzulänglichkeit seines Berichts vom 20. Februar 2012 betreffend die „Entweichung des Strafgefangenen K1. I1. aus dem Krankenhaus am 17.02.2012“ angelastet hat, gibt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nichts Durchgreifendes her. Die vom Justizministerium aufgeworfenen Fragen wurden zum Teil nur kurz beantwortet, obwohl ersichtlich Veranlassung zu weiteren Ausführungen bestand. Die Beantwortung der Frage, ob vor der Zusammenlegung, d.h. der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen, eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, ließ nicht erkennen, ob im Fall des Strafgefangenen I1. eine solche Prüfung tatsächlich stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, er habe angesichts der Vielzahl der innerhalb einer kurzen Frist zu bearbeitenden Nachfragen nur das Wesentliche mitteilen können, überzeugt angesichts des Umfangs und des Inhalts des der JVA C. am Nachmittag des 17. Februar 2012 übersandten Fragenkataloges des Justizministeriums und der dem Kläger zur Beantwortung eingeräumten Frist von immerhin gut drei Tagen (Fristende: 21. Februar 2012, 8.00 Uhr) nicht.
48Ins Leere geht das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der „Entweichung“ des Strafgefangenen I1. aus dem Krankenhaus nicht um ein berichtspflichtiges Vorkommnis gehandelt. Der Vorhalt zielt nämlich darauf ab, dass dem Justizministerium nicht unverzüglich, sondern mit mehr als fünfzehn Stunden Verspätung darüber berichtet worden ist, dass der geflohene Strafgefangene am 17. Februar 2012 gegen 17.00 Uhr festgenommen und um 18.03 Uhr in die JVA C. zurückgebracht worden ist.
49Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, es stelle ungeachtet der disziplinarrechtlichen Relevanz ein schwerwiegendes Versäumnis in einer Angelegenheit von hoher sicherheits- und justizpolitischer Bedeutung dar, dass der Kläger die ihm persönlich gemeldete Nachricht von der Wiederergreifung des geflohenen Strafgefangenen I1. nicht unverzüglich, sondern erst mit einem halben Tag Verzögerung an das Justizministerium weitergeleitet habe. Es erschließe sich ohne Weiteres, dass Nachrichten von einer Entweichung oder einer Wiederergreifung eines Gefangenen derart einschneidende und öffentlichkeitsrelevante Ereignisse beträfen, dass diese unverzüglich dem Justizministerium zu melden seien. Dies gelte erst recht in einer Situation wie der seinerzeit vorliegenden, in der die Öffentlichkeit aufgrund der vorangegangenen Vorkommnisse in erhöhtem Maße sensibilisiert gewesen sei. In einer solchen Situation dürfe sich ein Anstaltsleiter als Behördenleiter nicht ohne weitere eigene Erkundigungen oder entsprechende konkrete Anweisungen darauf verlassen, dass einer seiner Mitarbeiter das Justizministerium informieren werde.
50Soweit der Kläger geltend macht, es habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen, dass die Unterrichtung des „Inspektors vom Dienst (IvD)“, der das Justizministerium habe informieren sollen, zunächst unterbleiben sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte den IvD selbst über die Festnahme des Strafgefangenen I1. unterrichten und ihn sodann anweisen können, das Justizministerium unverzüglich zu informieren.
51Auch der Einwand des Klägers verfängt nicht, er habe die Mitteilung von besonderen Vorkommnissen an das Justizministerium auf den IvD bzw. „die zuständige Sicherheitsinspektorin“ delegiert und habe, da diese Mitteilungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfolgt seien, nicht davon ausgehen können, dass das Justizministerium über die Wiederergreifung des Strafgefangenen I1. - versehentlich - nicht informiert werde. Insoweit lässt der Kläger unberücksichtigt, dass es in Bezug auf die JVA C. , wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu mehreren bedeutenden Vorfällen gekommen ist und die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung des Gefangenen I1. nicht zuletzt angesichts der politischen und medialen Relevanz von wesentlicher Bedeutung war. Dass der Leiter der betroffenen Justizvollzugsanstalt in einer solchen Situation die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung eines Strafgefangenen persönlich vornimmt oder sich zumindest vergewissert, dass ein beauftragter Bediensteter die unverzügliche Unterrichtung zeitnah vorgenommen hat, versteht sich von selbst. Somit entlastet den Kläger auch nicht der Umstand, dass das Justizministerium, wie der Kläger geltend macht, ohne Rückfrage bei der JVA C. zu halten, am 17. Februar 2012 gegen 19.30 Uhr eine Pressemitteilung zur Flucht des Strafgefangenen I1. herausgegeben hat, die keinen Hinweis auf dessen Wiederergreifung enthielt.
52Nach alledem ist nichts dafür ersichtlich, dass das beklagte Land seine Ermessensentscheidung, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten, auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Sein Einwand, „der ‚Wirbel in der Öffentlichkeit‘, der in einer modernen Medienlandschaft immer dann entfacht“ werde, „wenn es ansonsten nichts zu berichten“ gebe, könne „nicht die Messlatte dafür sein, ob von der Maßnahme des § 39 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht“ werde, trägt nicht. Er ignoriert die in der Verfügung vom 23. Februar 2012 aufgeführten Gründe, die, ohne dass dies - wie dargestellt - rechtlich zu beanstanden wäre, das beklagte Land zu dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte veranlasst haben.
53Das Zulassungsvorbringen zieht schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig gewesen sei. Insoweit, so das Verwaltungsgericht, sei zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Maßnahme dem Schutz der Bevölkerung vor Straftätern gedient habe, die zu einem beträchtlichen Teil schwerwiegende Straftaten begangen hätten. Dieses Ziel hätte auch nicht in gleicher Weise durch eine andere, für den Kläger weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden können. Insbesondere habe nicht mehr zugewartet werden können, um, wie der Kläger geltend mache, einseitig oder gar einvernehmlich eine andere Verwendung zu ermitteln und sodann eine Abordnung oder Versetzung vorzunehmen. Eine solche Vorgehensweise wäre dem bestehenden Handlungsbedarf nicht gerecht geworden, der gerade durch die Ereignisse der letzten Tage vor dem Erlass der streitgegenständlichen Verbotsverfügung belegt werde.
54Die Annahme des Klägers, schon im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung wäre eine Abordnung und damit eine mildere Maßnahme möglich gewesen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Die Entbindung des Klägers von seinen Dienstgeschäften duldete nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des beklagten Landes keinen Aufschub mehr. Dass es schon seinerzeit abschließend beurteilen konnte, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abordnung an eine andere Dienststelle gegeben sind, ist nicht erkennbar. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass sich das beklagte Land in der Folgezeit erkennbar bemüht hat, hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu schaffen. Bereits mit Wirkung vom 15. März 2012 ist der Kläger an den der Justizvollzugsanstalt E. -I2. angegliederten Kriminologischen Dienst abgeordnet worden. Zugleich hat das beklagte Land seinem Antrag, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, teilweise stattgegeben.
552. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn, wie hier, im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben sind.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des beklagten Landes vom 23. Februar 2012 gerichtete Klage sei unbegründet. Durch diese Verfügung hatte das beklagte Land dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte, mithin die Leitung der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. , mit sofortiger Wirkung verboten. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verbots hätten zwingende Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Das Verbot sei verhältnismäßig gewesen.
7Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen diese eingehend begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.
8Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
9Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, DVBl. 1999, 326, und vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, BVerwGE 63, 250.
10Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, a.a.O.
14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
16Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
18Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
19Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, a.a.O.
20Dass Letzteres vorliegend der Fall war, stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage.
21Der Kläger macht geltend, ein Handeln des beklagten Landes sei nicht zwingend geboten gewesen, denn - wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 8. Oktober 2012 des Abgeordneten Dr. P. , LT-Drucks. 16/1430 belege - passierten „Entweichungen“ aus dem Strafvollzug regelmäßig und aus anderen Justizvollzugsanstalten seien häufiger Gefangene ausgebrochen als aus der JVA C. . Insoweit lässt der Kläger außer Acht, dass dem angefochtenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht allein der Umstand zu Grunde liegt, dass innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen zunächst der Strafgefangene I. versucht hatte, aus der JVA C. auszubrechen, dann der Strafgefangene K. aus der JVA C. ausgebrochen ist und schließlich der dort untergebrachte Strafgefangene I1. geflohen ist, nachdem er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Von entscheidender Bedeutung waren für das Verwaltungsgericht vielmehr die die beiden letztgenannten Vorkommnisse jeweils ermöglichenden bzw. begünstigenden Gegebenheiten sowie auch und nicht zuletzt die sich hieran anschließende - unzulängliche - Unterrichtung des Justizministeriums. Hierauf hat der Kläger nichts Durchgreifendes entgegnet.
22Ob es sich bei der JVA C. seinerzeit - so der Kläger - um eine „besonders sichere“ Anstalt gehandelt hat, ist danach nicht entscheidend. Denn maßgeblich für das Verwaltungsgericht war der Umgang des Klägers mit den Situationen vor und nach den Vorfällen. Hierzu hat in dem Bericht vom 14. Februar 2012 („Erkenntnisse der Expertengruppe ‚JVA C. ‘ zum Ausbruch des Strafgefangenen L. K. am 29.01.2012“) der Leiter der Expertengruppe (im Folgenden zitiert als EG) unter Punkt V. zusammenfassend das Folgende ausgeführt:
23„Die EG sieht auf der Basis ihrer bislang gewonnenen Eindrücke und Feststellungen dringenden Handlungsbedarf, in Bezug auf die Sicherheit und Ordnung der JVA C. einen Zustand herzustellen, welcher der Vollstreckungszuständigkeit gerecht wird (…).
24Die Regelungen zur ständigen und unmittelbaren Beaufsichtigung sowie zur Durchsuchung der Gefangenen in der JVA C. werden - gelinde ausgedrückt - nur unzureichend beachtet. Der Abschlussbericht wird hierzu sowie zu weiteren grundlegenden Sicherheitsproblematiken nähere Einzelheiten enthalten. Sehr überrascht ist die EG, mit welcher offensichtlichen Nonchalence dieses Thema quer durch alle Zuständigkeitsbereiche, auch dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, behandelt wird. Insoweit verwundert es nicht, dass auch offenbar vielen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die Sensibilität für dieses Thema abhanden gekommen zu sein scheint.
25Diese Vermutung würde durchaus zu dem bislang gewonnenen Eindruck der EG, dass in der JVA C. der Aspekt der prognostizierten sozialen Sicherheit deutlich Vorrang gegenüber grundlegenden Sicherheitsstrukturen eingeräumt wird, passen (…).
26Insgesamt hat die EG allein bereits durch die Aufarbeitung des Vorkommnisses in den ersten beiden Tagen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass der baulich-technische Zustand und die administrativ-organisatorische Sicherheitslage der JVA C. derart lückenhaft ist, dass sich vielfältige Einlasstore und Schleppwege für Drogen, Bargeld, Waffen und natürlich auch Handys ergeben. Auch hierzu wird die EG in ihrem Abschlussbericht Einzelheiten ausführen. Vorab sei hier aber auch beispielhaft die aus Sicherheitsgründen sehr bedenkliche Organisation der Besuche (Besuchsabwicklung) genannt (…).
27Die JVA C. beherbergt eine hohe Zahl von langstrafigen Inhaftierten mit verfestigtem kriminellen Potential, die mit ihrer Hafterfahrung genügend Kenntnisse über lokale Sicherheitslücken haben, diese verdeckt ausnutzen können und gleichwohl problemlos zu einem angepassten Vollzugsverhalten in der Lage sind (…).“
28Die mit dem Zulassungsantrag dagegen ins Feld geführten höheren „Entweichungszahlen“ anderer Justizvollzugsanstalten stellen die so beschriebenen Organisationsmängel und sonstigen Defizite nicht in Frage. Vor dem Hintergrund dessen hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die die Strafgefangenen I. , K. und I1. betreffenden Vorkommnisse mit Recht weiter ausgeführt, in der JVA C. hätten sich innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen eine versuchte, aber gescheiterte sowie zwei weitere, zunächst erfolgreiche Gefangenenentweichungen ereignet. Die wegen des zweiten Vorkommnisses eingesetzte Expertengruppe sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass in der JVA C. Defizite bestünden, die Entweichungen begünstigten und die, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen seien, dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuschreiben gewesen seien.
29Neben der Sache liegt der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil es auch bezüglich des aus dem Krankenhaus geflohenen Strafgefangenen I1. von einer Entweichung ausgegangen sei und unter diesen Begriff nur der Ausbruch eines Gefangenen aus einer JVA falle. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Strafgefangene I1. aus der JVA C. ausgebrochen ist, sondern hat seinen Ausführungen zutreffend zu Grunde gelegt, dass er aus dem Krankenhaus geflohen ist.
30Fehl geht die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe, indem es sich die Auffassung des beklagten Landes zu eigen gemacht und unterstellt habe, dass es sich „bei den Entweichungen um“ seine - des Klägers - „‚Fehler‘ (…) gehandelt habe“, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er lässt bereits unberücksichtigt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG - wie dargestellt - keine erschöpfende Aufklärung erforderlich ist und es bei dem Verbot nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ankommt, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Zu Recht hat das beklagte Land seine diesbezüglich zu treffende Prognoseentscheidung u.a. auf den genannten Bericht gestützt und die seinerzeit bereits festgestellten gewichtigen Sicherheitsdefizite, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen sind, dem Verantwortungsbereich des Klägers zugeschrieben.
31Etwaige Umstände, die den baulichen Zustand bzw. die bauliche Unterhaltung der JVA C. betrafen, sind dem Kläger nicht angelastet worden. Verfehlt ist daher der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der Strafgefangene K. durch ein fehlerhaft montiertes Fenster habe entweichen können und für die bauliche Unterhaltung nicht die JVA C. , sondern das Justizministerium zuständig sei.
32Der Annahme des beklagten Landes, dem Kläger seien, wie in der Verbotsverfügung im Einzelnen ausgeführt, sowohl „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen K. “ als auch „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen I1. “ unterlaufen, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
33In Bezug auf den Strafgefangenen K. führt der Kläger an, die Zuweisung von Arbeit, auf die Strafgefangene Anspruch hätten, sei eine „Ermessens- und Beurteilungsentscheidung“, deren Rahmen er nicht fehlerhaft ausgefüllt habe. Insoweit lässt er außer Acht, dass das beklagte Land ihm nicht vorgehalten hat, dass dem Strafgefangenen K. Arbeit zugewiesen worden ist, sondern vielmehr, dass er in der Reinigungskolonne eingesetzt worden ist, obwohl der Gefangenenpersonalakte Hinweise darauf zu entnehmen waren, dass er in Q. noch über acht Jahre Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte und mehrere offene Verfahren anstanden, und die Beaufsichtigung der Reinigungskolonne nicht in der gebotenen Weise gewährleistet war.
34Soweit der Kläger sich diesbezüglich im Weiteren mit dem Inhalt der „Einleitungsverfügung“ bzw. der „Disziplinarverfügung“ auseinandersetzt, geht sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, das nicht der Ahndung disziplinaren Unrechts, sondern der Behebung unzumutbarer Missstände dient, ins Leere.
35Das beklagte Land hat in der streitgegenständlichen Verfügung ferner ausgeführt, ein vom Kläger zu verantwortender Organisationsmangel sei darin zu sehen, dass das Prüfformular für den Einsatz von Strafgefangenen in der Reinigungskolonne weder eine Beteiligung der Abteilungsleitung noch eine Beratung in der Vollzugskonferenz vorsehe. Weder der Umstand, dass, wie der Kläger geltend macht, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ein solches Vorgehen nicht vorsehen, noch sein Hinweis, er habe von seiner Organisationsgewalt Gebrauch gemacht und die Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeitsverwaltung übertragen, sind geeignet, die Berechtigung des Vorhalts in Frage zu stellen. Den Kläger entlastet schließlich auch nicht, dass „dies“ durch seinen „Vorgänger bereits so organisiert worden“ war.
36Verfehlt ist die Rüge des Klägers, der Vorwurf in der „Einleitungsverfügung“, es habe „ständige Verstöße gegen die RISO“ gegeben, sei nicht konkret genug. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Verbotsverfügung vom 23. Februar 2012, in der die dem Kläger vorgehaltenen Verstöße gegen die Richtlinien für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen (RISO) vom 5. Juni 1987 benannt und näher erläutert worden sind.
37Das beklagte Land hat in der Verbotsverfügung des Weiteren ausgeführt, auch die Entscheidung des Klägers, dass der Strafgefangene I1. weder bei der „Ausführung“ in das Krankenhaus zu fesseln noch bei einer stationären Aufnahme zu bewachen sei, sei nicht vertretbar gewesen. Diese Auffassung hat es wie folgt begründet:
38„Der Strafgefangene war nur zwei Tage vor Ihrer Entscheidung, d.h. am 15.02.2012, aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C. -T. in die Justizvollzugsanstalt C. zurückverlegt worden, weil ihm aufgrund des Besitzes von 2 Gramm Cannabis die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen worden war. Er war also nach der höchst aktuellen Entscheidung der zuführenden Justizvollzugsanstalt nicht für Lockerungen geeignet. Ein Krankenhausaufenthalt ohne Bewachung ist von den Bewegungsmöglichkeiten des Gefangenen her ohne Weiteres mit einer Vollzugslockerung gleichzusetzen. Eine erneute Gewährung von Lockerungen zwei Tage nach einem Lockerungsversagen wäre unter keinem Gesichtspunkt zulässig gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Strafgefangene aufgrund von Verletzungen, die er sich entweder selbst beigebracht haben konnte - was für die Vorbereitung einer Flucht sprechen dürfte - oder die ihm von Mitgefangenen zugefügt sein konnten - was ein erhöhtes Fluchtrisiko indiziert - im Krankenhaus vorgestellt werden sollte. Unabhängig hiervon durfte Ihre Entscheidung über einen unbewachten Aufenthalt im Krankenhaus keinesfalls ohne Vorliegen und Auswertung der Gefangenenpersonalakte erfolgen. Nach Ihrem Bericht lag Ihnen die Gefangenenpersonalakte zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Ihnen waren wegen dieses Versäumnisses beispielsweise die Vorstrafen des Strafgefangenen, namentlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Vollrausches, nicht bekannt. Diese Vorstrafen lassen eine Gefährdung der Allgemeinheit bei ungerechtfertigten Vollzugslockerungen als naheliegend erscheinen. Dies untermauert die Notwendigkeit, voll-zugliche Entscheidungen nur in Kenntnis der entscheidungserheblichen, auch hier nur aus der Gefangenenpersonalakte ersichtlichen Tatsachen zu treffen.“
39Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, er habe die Entscheidung, den Strafgefangenen bei der Verbringung ins Krankenhaus nicht fesseln und dort nicht bewachen zu lassen, in Kenntnis des Inhalts seiner Gefangenenpersonalakte getroffen, setzt er sich in Widerspruch zu seinem Bericht vom 20. Februar 2012. Dort hat er ausgeführt :
40„(…) Aufgrund der Informationen anhand des vorliegenden Personal- und Vollstreckungsblattes (kurzer Strafrest, Delikt Sachbeschädigung, Rückverlegung aus dem offenen Vollzug ohne Fluchthinweis) - die Gefangenenpersonalakte lag nicht vor - habe ich entschieden, dass eine Fesselung nicht nötig und dass im Falle eines stationären Verbleibs des Gefangenen eine Bewachung nicht erforderlich ist.“
41Diese Ausführungen zeigen, dass der Kläger seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Personal- und Vollstreckungsblattes getroffen hat. Dafür, dass er auch seinerzeit keine, jedenfalls keine hinreichende Kenntnisse vom Inhalt der Gefangenenpersonalakte hat, spricht der Umstand, dass er ausweislich seines Vorbingens im Zulassungsverfahren noch immer davon ausgeht, dass es sich bei den Vorverurteilungen des Strafgefangenen I1. um „Bagatellkriminalität“ gehandelt habe, obwohl dieser u.a. wegen Raubes, mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässigem Vollrausch und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war.
42Die Kläger führt weiter an, ein Verzicht auf die Bewachung des Strafgefangenen I1. sei vertretbar gewesen, weil kein Anhaltspunkt dafür vorgelegen habe, dass er wegen der Rückverlegung Fluchtabsichten gehegt habe. Auch diese Argumentation unterstreicht, dass er nicht sämtliche Aspekte, die für ein Fluchtrisiko gesprochen haben, in den Blick genommen und zudem nicht erwogen hat, welche Gesichtspunkte gegen die vom beklagten Land beanstandete erneute „Vollzugslockerung“ gesprochen haben .
43Schließlich begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das beklagte Land sich insbesondere und nicht zuletzt auch in Anbetracht der Art und Weise, wie der Kläger dem Justizministerium über die die Strafgefangenen K. und I1. betreffenden Vorkommnisse berichtet hat, sowie wegen der verspäteten Information des Justizministeriums über die erneute Ergreifung des Strafgefangenen I1. veranlasst gesehen hat, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dafür, dass das beklagte Land die Informationsdefizite zu Unrecht angeführt oder ihnen zu viel Gewicht beigemessen hat, gibt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her.
44Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass in der Zeit während und nach einer Gefangenenentweichung einer unverzüglichen, umfassenden und zutreffenden Information des Justizministeriums durch die betroffene Anstalt sehr große Bedeutung zukommt. Dies folgt zum einen aus dem mit Gefangenenentweichungen regelmäßig einhergehenden besonderen öffentlichen Interesse und der Relevanz einer umfassenden und zutreffenden Information der Öffentlichkeit durch das Justizministerium für das allgemeine Sicherheitsgefühl. Zum anderen - so das Verwaltungsgericht - sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenentweichungen häufig zu einer Befassung des Landtags (Rechtsausschuss) mit diesen Vorgängen führten. In diesen Fällen sei - wie hier - eine unverzügliche, vollständige und zutreffende Information der Abgeordneten für den zuständigen Justizminister unabdingbar. Hierzu sei dieser aber seinerseits auf Informationen durch den verantwortlichen Anstaltsleiter der betreffenden JVA angewiesen, die hierfür die uneingeschränkte Gewähr bieten müssten.
45Letzteres verkennt der Kläger, soweit er geltend macht, die die Entweichung des Strafgefangenen K. betreffenden Berichte vom 29. Januar und 2. Februar 2012 seien vom „zuständigen S+O-Inspektor“ gefertigt worden, der die Stellungnahmen der Bediensteten berücksichtigt habe, der Bericht vom 29. Januar 2012 zudem unter Beteiligung eines Mitarbeiters des Justizministeriums, dem es oblegen hätte, auf eine Berichtigung der angeblichen „Unvollständigkeiten und Falschangaben“ hinzuwirken. Der Kläger hat die Ausführungen, die in den von ihm unterzeichneten Berichten enthalten sind, selbst zu verantworten. Die etwaige Einbindung anderer Bediensteter, sei es der JVA C. , sei es des Justizministeriums, änderte nichts an seiner Pflicht, das Justizministerium umfassend und zutreffend zu informieren.
46Auch der Einwand des Klägers, er habe die Berichte nur auf der Grundlage der seinerzeit vorhandenen Erkenntnisse schreiben können, verfängt nicht. Es oblag dem Kläger, die Berichte auf der Grundlage einer sorgfältigen Ermittlung der Einzelfallumstände zu erstellen und, soweit diese noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, den Adressaten der Berichte, mithin das Justizministerium, darauf hinzuweisen, dass und hinsichtlich welcher Umstände die Erkenntnisse noch unzureichend waren.
47Dafür, dass das beklagte Land dem Kläger zu Unrecht auch die Unzulänglichkeit seines Berichts vom 20. Februar 2012 betreffend die „Entweichung des Strafgefangenen K1. I1. aus dem Krankenhaus am 17.02.2012“ angelastet hat, gibt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nichts Durchgreifendes her. Die vom Justizministerium aufgeworfenen Fragen wurden zum Teil nur kurz beantwortet, obwohl ersichtlich Veranlassung zu weiteren Ausführungen bestand. Die Beantwortung der Frage, ob vor der Zusammenlegung, d.h. der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen, eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, ließ nicht erkennen, ob im Fall des Strafgefangenen I1. eine solche Prüfung tatsächlich stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, er habe angesichts der Vielzahl der innerhalb einer kurzen Frist zu bearbeitenden Nachfragen nur das Wesentliche mitteilen können, überzeugt angesichts des Umfangs und des Inhalts des der JVA C. am Nachmittag des 17. Februar 2012 übersandten Fragenkataloges des Justizministeriums und der dem Kläger zur Beantwortung eingeräumten Frist von immerhin gut drei Tagen (Fristende: 21. Februar 2012, 8.00 Uhr) nicht.
48Ins Leere geht das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der „Entweichung“ des Strafgefangenen I1. aus dem Krankenhaus nicht um ein berichtspflichtiges Vorkommnis gehandelt. Der Vorhalt zielt nämlich darauf ab, dass dem Justizministerium nicht unverzüglich, sondern mit mehr als fünfzehn Stunden Verspätung darüber berichtet worden ist, dass der geflohene Strafgefangene am 17. Februar 2012 gegen 17.00 Uhr festgenommen und um 18.03 Uhr in die JVA C. zurückgebracht worden ist.
49Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, es stelle ungeachtet der disziplinarrechtlichen Relevanz ein schwerwiegendes Versäumnis in einer Angelegenheit von hoher sicherheits- und justizpolitischer Bedeutung dar, dass der Kläger die ihm persönlich gemeldete Nachricht von der Wiederergreifung des geflohenen Strafgefangenen I1. nicht unverzüglich, sondern erst mit einem halben Tag Verzögerung an das Justizministerium weitergeleitet habe. Es erschließe sich ohne Weiteres, dass Nachrichten von einer Entweichung oder einer Wiederergreifung eines Gefangenen derart einschneidende und öffentlichkeitsrelevante Ereignisse beträfen, dass diese unverzüglich dem Justizministerium zu melden seien. Dies gelte erst recht in einer Situation wie der seinerzeit vorliegenden, in der die Öffentlichkeit aufgrund der vorangegangenen Vorkommnisse in erhöhtem Maße sensibilisiert gewesen sei. In einer solchen Situation dürfe sich ein Anstaltsleiter als Behördenleiter nicht ohne weitere eigene Erkundigungen oder entsprechende konkrete Anweisungen darauf verlassen, dass einer seiner Mitarbeiter das Justizministerium informieren werde.
50Soweit der Kläger geltend macht, es habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen, dass die Unterrichtung des „Inspektors vom Dienst (IvD)“, der das Justizministerium habe informieren sollen, zunächst unterbleiben sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte den IvD selbst über die Festnahme des Strafgefangenen I1. unterrichten und ihn sodann anweisen können, das Justizministerium unverzüglich zu informieren.
51Auch der Einwand des Klägers verfängt nicht, er habe die Mitteilung von besonderen Vorkommnissen an das Justizministerium auf den IvD bzw. „die zuständige Sicherheitsinspektorin“ delegiert und habe, da diese Mitteilungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfolgt seien, nicht davon ausgehen können, dass das Justizministerium über die Wiederergreifung des Strafgefangenen I1. - versehentlich - nicht informiert werde. Insoweit lässt der Kläger unberücksichtigt, dass es in Bezug auf die JVA C. , wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu mehreren bedeutenden Vorfällen gekommen ist und die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung des Gefangenen I1. nicht zuletzt angesichts der politischen und medialen Relevanz von wesentlicher Bedeutung war. Dass der Leiter der betroffenen Justizvollzugsanstalt in einer solchen Situation die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung eines Strafgefangenen persönlich vornimmt oder sich zumindest vergewissert, dass ein beauftragter Bediensteter die unverzügliche Unterrichtung zeitnah vorgenommen hat, versteht sich von selbst. Somit entlastet den Kläger auch nicht der Umstand, dass das Justizministerium, wie der Kläger geltend macht, ohne Rückfrage bei der JVA C. zu halten, am 17. Februar 2012 gegen 19.30 Uhr eine Pressemitteilung zur Flucht des Strafgefangenen I1. herausgegeben hat, die keinen Hinweis auf dessen Wiederergreifung enthielt.
52Nach alledem ist nichts dafür ersichtlich, dass das beklagte Land seine Ermessensentscheidung, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten, auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Sein Einwand, „der ‚Wirbel in der Öffentlichkeit‘, der in einer modernen Medienlandschaft immer dann entfacht“ werde, „wenn es ansonsten nichts zu berichten“ gebe, könne „nicht die Messlatte dafür sein, ob von der Maßnahme des § 39 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht“ werde, trägt nicht. Er ignoriert die in der Verfügung vom 23. Februar 2012 aufgeführten Gründe, die, ohne dass dies - wie dargestellt - rechtlich zu beanstanden wäre, das beklagte Land zu dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte veranlasst haben.
53Das Zulassungsvorbringen zieht schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig gewesen sei. Insoweit, so das Verwaltungsgericht, sei zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Maßnahme dem Schutz der Bevölkerung vor Straftätern gedient habe, die zu einem beträchtlichen Teil schwerwiegende Straftaten begangen hätten. Dieses Ziel hätte auch nicht in gleicher Weise durch eine andere, für den Kläger weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden können. Insbesondere habe nicht mehr zugewartet werden können, um, wie der Kläger geltend mache, einseitig oder gar einvernehmlich eine andere Verwendung zu ermitteln und sodann eine Abordnung oder Versetzung vorzunehmen. Eine solche Vorgehensweise wäre dem bestehenden Handlungsbedarf nicht gerecht geworden, der gerade durch die Ereignisse der letzten Tage vor dem Erlass der streitgegenständlichen Verbotsverfügung belegt werde.
54Die Annahme des Klägers, schon im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung wäre eine Abordnung und damit eine mildere Maßnahme möglich gewesen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Die Entbindung des Klägers von seinen Dienstgeschäften duldete nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des beklagten Landes keinen Aufschub mehr. Dass es schon seinerzeit abschließend beurteilen konnte, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abordnung an eine andere Dienststelle gegeben sind, ist nicht erkennbar. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass sich das beklagte Land in der Folgezeit erkennbar bemüht hat, hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu schaffen. Bereits mit Wirkung vom 15. März 2012 ist der Kläger an den der Justizvollzugsanstalt E. -I2. angegliederten Kriminologischen Dienst abgeordnet worden. Zugleich hat das beklagte Land seinem Antrag, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, teilweise stattgegeben.
552. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn, wie hier, im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben sind.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des beklagten Landes vom 23. Februar 2012 gerichtete Klage sei unbegründet. Durch diese Verfügung hatte das beklagte Land dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte, mithin die Leitung der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. , mit sofortiger Wirkung verboten. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verbots hätten zwingende Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Das Verbot sei verhältnismäßig gewesen.
7Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen diese eingehend begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.
8Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
9Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, DVBl. 1999, 326, und vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, BVerwGE 63, 250.
10Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, a.a.O.
14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
16Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
18Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
19Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, a.a.O.
20Dass Letzteres vorliegend der Fall war, stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage.
21Der Kläger macht geltend, ein Handeln des beklagten Landes sei nicht zwingend geboten gewesen, denn - wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 8. Oktober 2012 des Abgeordneten Dr. P. , LT-Drucks. 16/1430 belege - passierten „Entweichungen“ aus dem Strafvollzug regelmäßig und aus anderen Justizvollzugsanstalten seien häufiger Gefangene ausgebrochen als aus der JVA C. . Insoweit lässt der Kläger außer Acht, dass dem angefochtenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht allein der Umstand zu Grunde liegt, dass innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen zunächst der Strafgefangene I. versucht hatte, aus der JVA C. auszubrechen, dann der Strafgefangene K. aus der JVA C. ausgebrochen ist und schließlich der dort untergebrachte Strafgefangene I1. geflohen ist, nachdem er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Von entscheidender Bedeutung waren für das Verwaltungsgericht vielmehr die die beiden letztgenannten Vorkommnisse jeweils ermöglichenden bzw. begünstigenden Gegebenheiten sowie auch und nicht zuletzt die sich hieran anschließende - unzulängliche - Unterrichtung des Justizministeriums. Hierauf hat der Kläger nichts Durchgreifendes entgegnet.
22Ob es sich bei der JVA C. seinerzeit - so der Kläger - um eine „besonders sichere“ Anstalt gehandelt hat, ist danach nicht entscheidend. Denn maßgeblich für das Verwaltungsgericht war der Umgang des Klägers mit den Situationen vor und nach den Vorfällen. Hierzu hat in dem Bericht vom 14. Februar 2012 („Erkenntnisse der Expertengruppe ‚JVA C. ‘ zum Ausbruch des Strafgefangenen L. K. am 29.01.2012“) der Leiter der Expertengruppe (im Folgenden zitiert als EG) unter Punkt V. zusammenfassend das Folgende ausgeführt:
23„Die EG sieht auf der Basis ihrer bislang gewonnenen Eindrücke und Feststellungen dringenden Handlungsbedarf, in Bezug auf die Sicherheit und Ordnung der JVA C. einen Zustand herzustellen, welcher der Vollstreckungszuständigkeit gerecht wird (…).
24Die Regelungen zur ständigen und unmittelbaren Beaufsichtigung sowie zur Durchsuchung der Gefangenen in der JVA C. werden - gelinde ausgedrückt - nur unzureichend beachtet. Der Abschlussbericht wird hierzu sowie zu weiteren grundlegenden Sicherheitsproblematiken nähere Einzelheiten enthalten. Sehr überrascht ist die EG, mit welcher offensichtlichen Nonchalence dieses Thema quer durch alle Zuständigkeitsbereiche, auch dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, behandelt wird. Insoweit verwundert es nicht, dass auch offenbar vielen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die Sensibilität für dieses Thema abhanden gekommen zu sein scheint.
25Diese Vermutung würde durchaus zu dem bislang gewonnenen Eindruck der EG, dass in der JVA C. der Aspekt der prognostizierten sozialen Sicherheit deutlich Vorrang gegenüber grundlegenden Sicherheitsstrukturen eingeräumt wird, passen (…).
26Insgesamt hat die EG allein bereits durch die Aufarbeitung des Vorkommnisses in den ersten beiden Tagen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass der baulich-technische Zustand und die administrativ-organisatorische Sicherheitslage der JVA C. derart lückenhaft ist, dass sich vielfältige Einlasstore und Schleppwege für Drogen, Bargeld, Waffen und natürlich auch Handys ergeben. Auch hierzu wird die EG in ihrem Abschlussbericht Einzelheiten ausführen. Vorab sei hier aber auch beispielhaft die aus Sicherheitsgründen sehr bedenkliche Organisation der Besuche (Besuchsabwicklung) genannt (…).
27Die JVA C. beherbergt eine hohe Zahl von langstrafigen Inhaftierten mit verfestigtem kriminellen Potential, die mit ihrer Hafterfahrung genügend Kenntnisse über lokale Sicherheitslücken haben, diese verdeckt ausnutzen können und gleichwohl problemlos zu einem angepassten Vollzugsverhalten in der Lage sind (…).“
28Die mit dem Zulassungsantrag dagegen ins Feld geführten höheren „Entweichungszahlen“ anderer Justizvollzugsanstalten stellen die so beschriebenen Organisationsmängel und sonstigen Defizite nicht in Frage. Vor dem Hintergrund dessen hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die die Strafgefangenen I. , K. und I1. betreffenden Vorkommnisse mit Recht weiter ausgeführt, in der JVA C. hätten sich innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen eine versuchte, aber gescheiterte sowie zwei weitere, zunächst erfolgreiche Gefangenenentweichungen ereignet. Die wegen des zweiten Vorkommnisses eingesetzte Expertengruppe sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass in der JVA C. Defizite bestünden, die Entweichungen begünstigten und die, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen seien, dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuschreiben gewesen seien.
29Neben der Sache liegt der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil es auch bezüglich des aus dem Krankenhaus geflohenen Strafgefangenen I1. von einer Entweichung ausgegangen sei und unter diesen Begriff nur der Ausbruch eines Gefangenen aus einer JVA falle. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Strafgefangene I1. aus der JVA C. ausgebrochen ist, sondern hat seinen Ausführungen zutreffend zu Grunde gelegt, dass er aus dem Krankenhaus geflohen ist.
30Fehl geht die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe, indem es sich die Auffassung des beklagten Landes zu eigen gemacht und unterstellt habe, dass es sich „bei den Entweichungen um“ seine - des Klägers - „‚Fehler‘ (…) gehandelt habe“, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er lässt bereits unberücksichtigt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG - wie dargestellt - keine erschöpfende Aufklärung erforderlich ist und es bei dem Verbot nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ankommt, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Zu Recht hat das beklagte Land seine diesbezüglich zu treffende Prognoseentscheidung u.a. auf den genannten Bericht gestützt und die seinerzeit bereits festgestellten gewichtigen Sicherheitsdefizite, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen sind, dem Verantwortungsbereich des Klägers zugeschrieben.
31Etwaige Umstände, die den baulichen Zustand bzw. die bauliche Unterhaltung der JVA C. betrafen, sind dem Kläger nicht angelastet worden. Verfehlt ist daher der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der Strafgefangene K. durch ein fehlerhaft montiertes Fenster habe entweichen können und für die bauliche Unterhaltung nicht die JVA C. , sondern das Justizministerium zuständig sei.
32Der Annahme des beklagten Landes, dem Kläger seien, wie in der Verbotsverfügung im Einzelnen ausgeführt, sowohl „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen K. “ als auch „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen I1. “ unterlaufen, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
33In Bezug auf den Strafgefangenen K. führt der Kläger an, die Zuweisung von Arbeit, auf die Strafgefangene Anspruch hätten, sei eine „Ermessens- und Beurteilungsentscheidung“, deren Rahmen er nicht fehlerhaft ausgefüllt habe. Insoweit lässt er außer Acht, dass das beklagte Land ihm nicht vorgehalten hat, dass dem Strafgefangenen K. Arbeit zugewiesen worden ist, sondern vielmehr, dass er in der Reinigungskolonne eingesetzt worden ist, obwohl der Gefangenenpersonalakte Hinweise darauf zu entnehmen waren, dass er in Q. noch über acht Jahre Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte und mehrere offene Verfahren anstanden, und die Beaufsichtigung der Reinigungskolonne nicht in der gebotenen Weise gewährleistet war.
34Soweit der Kläger sich diesbezüglich im Weiteren mit dem Inhalt der „Einleitungsverfügung“ bzw. der „Disziplinarverfügung“ auseinandersetzt, geht sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, das nicht der Ahndung disziplinaren Unrechts, sondern der Behebung unzumutbarer Missstände dient, ins Leere.
35Das beklagte Land hat in der streitgegenständlichen Verfügung ferner ausgeführt, ein vom Kläger zu verantwortender Organisationsmangel sei darin zu sehen, dass das Prüfformular für den Einsatz von Strafgefangenen in der Reinigungskolonne weder eine Beteiligung der Abteilungsleitung noch eine Beratung in der Vollzugskonferenz vorsehe. Weder der Umstand, dass, wie der Kläger geltend macht, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ein solches Vorgehen nicht vorsehen, noch sein Hinweis, er habe von seiner Organisationsgewalt Gebrauch gemacht und die Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeitsverwaltung übertragen, sind geeignet, die Berechtigung des Vorhalts in Frage zu stellen. Den Kläger entlastet schließlich auch nicht, dass „dies“ durch seinen „Vorgänger bereits so organisiert worden“ war.
36Verfehlt ist die Rüge des Klägers, der Vorwurf in der „Einleitungsverfügung“, es habe „ständige Verstöße gegen die RISO“ gegeben, sei nicht konkret genug. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Verbotsverfügung vom 23. Februar 2012, in der die dem Kläger vorgehaltenen Verstöße gegen die Richtlinien für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen (RISO) vom 5. Juni 1987 benannt und näher erläutert worden sind.
37Das beklagte Land hat in der Verbotsverfügung des Weiteren ausgeführt, auch die Entscheidung des Klägers, dass der Strafgefangene I1. weder bei der „Ausführung“ in das Krankenhaus zu fesseln noch bei einer stationären Aufnahme zu bewachen sei, sei nicht vertretbar gewesen. Diese Auffassung hat es wie folgt begründet:
38„Der Strafgefangene war nur zwei Tage vor Ihrer Entscheidung, d.h. am 15.02.2012, aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C. -T. in die Justizvollzugsanstalt C. zurückverlegt worden, weil ihm aufgrund des Besitzes von 2 Gramm Cannabis die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen worden war. Er war also nach der höchst aktuellen Entscheidung der zuführenden Justizvollzugsanstalt nicht für Lockerungen geeignet. Ein Krankenhausaufenthalt ohne Bewachung ist von den Bewegungsmöglichkeiten des Gefangenen her ohne Weiteres mit einer Vollzugslockerung gleichzusetzen. Eine erneute Gewährung von Lockerungen zwei Tage nach einem Lockerungsversagen wäre unter keinem Gesichtspunkt zulässig gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Strafgefangene aufgrund von Verletzungen, die er sich entweder selbst beigebracht haben konnte - was für die Vorbereitung einer Flucht sprechen dürfte - oder die ihm von Mitgefangenen zugefügt sein konnten - was ein erhöhtes Fluchtrisiko indiziert - im Krankenhaus vorgestellt werden sollte. Unabhängig hiervon durfte Ihre Entscheidung über einen unbewachten Aufenthalt im Krankenhaus keinesfalls ohne Vorliegen und Auswertung der Gefangenenpersonalakte erfolgen. Nach Ihrem Bericht lag Ihnen die Gefangenenpersonalakte zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Ihnen waren wegen dieses Versäumnisses beispielsweise die Vorstrafen des Strafgefangenen, namentlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Vollrausches, nicht bekannt. Diese Vorstrafen lassen eine Gefährdung der Allgemeinheit bei ungerechtfertigten Vollzugslockerungen als naheliegend erscheinen. Dies untermauert die Notwendigkeit, voll-zugliche Entscheidungen nur in Kenntnis der entscheidungserheblichen, auch hier nur aus der Gefangenenpersonalakte ersichtlichen Tatsachen zu treffen.“
39Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, er habe die Entscheidung, den Strafgefangenen bei der Verbringung ins Krankenhaus nicht fesseln und dort nicht bewachen zu lassen, in Kenntnis des Inhalts seiner Gefangenenpersonalakte getroffen, setzt er sich in Widerspruch zu seinem Bericht vom 20. Februar 2012. Dort hat er ausgeführt :
40„(…) Aufgrund der Informationen anhand des vorliegenden Personal- und Vollstreckungsblattes (kurzer Strafrest, Delikt Sachbeschädigung, Rückverlegung aus dem offenen Vollzug ohne Fluchthinweis) - die Gefangenenpersonalakte lag nicht vor - habe ich entschieden, dass eine Fesselung nicht nötig und dass im Falle eines stationären Verbleibs des Gefangenen eine Bewachung nicht erforderlich ist.“
41Diese Ausführungen zeigen, dass der Kläger seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Personal- und Vollstreckungsblattes getroffen hat. Dafür, dass er auch seinerzeit keine, jedenfalls keine hinreichende Kenntnisse vom Inhalt der Gefangenenpersonalakte hat, spricht der Umstand, dass er ausweislich seines Vorbingens im Zulassungsverfahren noch immer davon ausgeht, dass es sich bei den Vorverurteilungen des Strafgefangenen I1. um „Bagatellkriminalität“ gehandelt habe, obwohl dieser u.a. wegen Raubes, mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässigem Vollrausch und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war.
42Die Kläger führt weiter an, ein Verzicht auf die Bewachung des Strafgefangenen I1. sei vertretbar gewesen, weil kein Anhaltspunkt dafür vorgelegen habe, dass er wegen der Rückverlegung Fluchtabsichten gehegt habe. Auch diese Argumentation unterstreicht, dass er nicht sämtliche Aspekte, die für ein Fluchtrisiko gesprochen haben, in den Blick genommen und zudem nicht erwogen hat, welche Gesichtspunkte gegen die vom beklagten Land beanstandete erneute „Vollzugslockerung“ gesprochen haben .
43Schließlich begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das beklagte Land sich insbesondere und nicht zuletzt auch in Anbetracht der Art und Weise, wie der Kläger dem Justizministerium über die die Strafgefangenen K. und I1. betreffenden Vorkommnisse berichtet hat, sowie wegen der verspäteten Information des Justizministeriums über die erneute Ergreifung des Strafgefangenen I1. veranlasst gesehen hat, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dafür, dass das beklagte Land die Informationsdefizite zu Unrecht angeführt oder ihnen zu viel Gewicht beigemessen hat, gibt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her.
44Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass in der Zeit während und nach einer Gefangenenentweichung einer unverzüglichen, umfassenden und zutreffenden Information des Justizministeriums durch die betroffene Anstalt sehr große Bedeutung zukommt. Dies folgt zum einen aus dem mit Gefangenenentweichungen regelmäßig einhergehenden besonderen öffentlichen Interesse und der Relevanz einer umfassenden und zutreffenden Information der Öffentlichkeit durch das Justizministerium für das allgemeine Sicherheitsgefühl. Zum anderen - so das Verwaltungsgericht - sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenentweichungen häufig zu einer Befassung des Landtags (Rechtsausschuss) mit diesen Vorgängen führten. In diesen Fällen sei - wie hier - eine unverzügliche, vollständige und zutreffende Information der Abgeordneten für den zuständigen Justizminister unabdingbar. Hierzu sei dieser aber seinerseits auf Informationen durch den verantwortlichen Anstaltsleiter der betreffenden JVA angewiesen, die hierfür die uneingeschränkte Gewähr bieten müssten.
45Letzteres verkennt der Kläger, soweit er geltend macht, die die Entweichung des Strafgefangenen K. betreffenden Berichte vom 29. Januar und 2. Februar 2012 seien vom „zuständigen S+O-Inspektor“ gefertigt worden, der die Stellungnahmen der Bediensteten berücksichtigt habe, der Bericht vom 29. Januar 2012 zudem unter Beteiligung eines Mitarbeiters des Justizministeriums, dem es oblegen hätte, auf eine Berichtigung der angeblichen „Unvollständigkeiten und Falschangaben“ hinzuwirken. Der Kläger hat die Ausführungen, die in den von ihm unterzeichneten Berichten enthalten sind, selbst zu verantworten. Die etwaige Einbindung anderer Bediensteter, sei es der JVA C. , sei es des Justizministeriums, änderte nichts an seiner Pflicht, das Justizministerium umfassend und zutreffend zu informieren.
46Auch der Einwand des Klägers, er habe die Berichte nur auf der Grundlage der seinerzeit vorhandenen Erkenntnisse schreiben können, verfängt nicht. Es oblag dem Kläger, die Berichte auf der Grundlage einer sorgfältigen Ermittlung der Einzelfallumstände zu erstellen und, soweit diese noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, den Adressaten der Berichte, mithin das Justizministerium, darauf hinzuweisen, dass und hinsichtlich welcher Umstände die Erkenntnisse noch unzureichend waren.
47Dafür, dass das beklagte Land dem Kläger zu Unrecht auch die Unzulänglichkeit seines Berichts vom 20. Februar 2012 betreffend die „Entweichung des Strafgefangenen K1. I1. aus dem Krankenhaus am 17.02.2012“ angelastet hat, gibt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nichts Durchgreifendes her. Die vom Justizministerium aufgeworfenen Fragen wurden zum Teil nur kurz beantwortet, obwohl ersichtlich Veranlassung zu weiteren Ausführungen bestand. Die Beantwortung der Frage, ob vor der Zusammenlegung, d.h. der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen, eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, ließ nicht erkennen, ob im Fall des Strafgefangenen I1. eine solche Prüfung tatsächlich stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, er habe angesichts der Vielzahl der innerhalb einer kurzen Frist zu bearbeitenden Nachfragen nur das Wesentliche mitteilen können, überzeugt angesichts des Umfangs und des Inhalts des der JVA C. am Nachmittag des 17. Februar 2012 übersandten Fragenkataloges des Justizministeriums und der dem Kläger zur Beantwortung eingeräumten Frist von immerhin gut drei Tagen (Fristende: 21. Februar 2012, 8.00 Uhr) nicht.
48Ins Leere geht das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der „Entweichung“ des Strafgefangenen I1. aus dem Krankenhaus nicht um ein berichtspflichtiges Vorkommnis gehandelt. Der Vorhalt zielt nämlich darauf ab, dass dem Justizministerium nicht unverzüglich, sondern mit mehr als fünfzehn Stunden Verspätung darüber berichtet worden ist, dass der geflohene Strafgefangene am 17. Februar 2012 gegen 17.00 Uhr festgenommen und um 18.03 Uhr in die JVA C. zurückgebracht worden ist.
49Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, es stelle ungeachtet der disziplinarrechtlichen Relevanz ein schwerwiegendes Versäumnis in einer Angelegenheit von hoher sicherheits- und justizpolitischer Bedeutung dar, dass der Kläger die ihm persönlich gemeldete Nachricht von der Wiederergreifung des geflohenen Strafgefangenen I1. nicht unverzüglich, sondern erst mit einem halben Tag Verzögerung an das Justizministerium weitergeleitet habe. Es erschließe sich ohne Weiteres, dass Nachrichten von einer Entweichung oder einer Wiederergreifung eines Gefangenen derart einschneidende und öffentlichkeitsrelevante Ereignisse beträfen, dass diese unverzüglich dem Justizministerium zu melden seien. Dies gelte erst recht in einer Situation wie der seinerzeit vorliegenden, in der die Öffentlichkeit aufgrund der vorangegangenen Vorkommnisse in erhöhtem Maße sensibilisiert gewesen sei. In einer solchen Situation dürfe sich ein Anstaltsleiter als Behördenleiter nicht ohne weitere eigene Erkundigungen oder entsprechende konkrete Anweisungen darauf verlassen, dass einer seiner Mitarbeiter das Justizministerium informieren werde.
50Soweit der Kläger geltend macht, es habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen, dass die Unterrichtung des „Inspektors vom Dienst (IvD)“, der das Justizministerium habe informieren sollen, zunächst unterbleiben sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte den IvD selbst über die Festnahme des Strafgefangenen I1. unterrichten und ihn sodann anweisen können, das Justizministerium unverzüglich zu informieren.
51Auch der Einwand des Klägers verfängt nicht, er habe die Mitteilung von besonderen Vorkommnissen an das Justizministerium auf den IvD bzw. „die zuständige Sicherheitsinspektorin“ delegiert und habe, da diese Mitteilungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfolgt seien, nicht davon ausgehen können, dass das Justizministerium über die Wiederergreifung des Strafgefangenen I1. - versehentlich - nicht informiert werde. Insoweit lässt der Kläger unberücksichtigt, dass es in Bezug auf die JVA C. , wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu mehreren bedeutenden Vorfällen gekommen ist und die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung des Gefangenen I1. nicht zuletzt angesichts der politischen und medialen Relevanz von wesentlicher Bedeutung war. Dass der Leiter der betroffenen Justizvollzugsanstalt in einer solchen Situation die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung eines Strafgefangenen persönlich vornimmt oder sich zumindest vergewissert, dass ein beauftragter Bediensteter die unverzügliche Unterrichtung zeitnah vorgenommen hat, versteht sich von selbst. Somit entlastet den Kläger auch nicht der Umstand, dass das Justizministerium, wie der Kläger geltend macht, ohne Rückfrage bei der JVA C. zu halten, am 17. Februar 2012 gegen 19.30 Uhr eine Pressemitteilung zur Flucht des Strafgefangenen I1. herausgegeben hat, die keinen Hinweis auf dessen Wiederergreifung enthielt.
52Nach alledem ist nichts dafür ersichtlich, dass das beklagte Land seine Ermessensentscheidung, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten, auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Sein Einwand, „der ‚Wirbel in der Öffentlichkeit‘, der in einer modernen Medienlandschaft immer dann entfacht“ werde, „wenn es ansonsten nichts zu berichten“ gebe, könne „nicht die Messlatte dafür sein, ob von der Maßnahme des § 39 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht“ werde, trägt nicht. Er ignoriert die in der Verfügung vom 23. Februar 2012 aufgeführten Gründe, die, ohne dass dies - wie dargestellt - rechtlich zu beanstanden wäre, das beklagte Land zu dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte veranlasst haben.
53Das Zulassungsvorbringen zieht schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig gewesen sei. Insoweit, so das Verwaltungsgericht, sei zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Maßnahme dem Schutz der Bevölkerung vor Straftätern gedient habe, die zu einem beträchtlichen Teil schwerwiegende Straftaten begangen hätten. Dieses Ziel hätte auch nicht in gleicher Weise durch eine andere, für den Kläger weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden können. Insbesondere habe nicht mehr zugewartet werden können, um, wie der Kläger geltend mache, einseitig oder gar einvernehmlich eine andere Verwendung zu ermitteln und sodann eine Abordnung oder Versetzung vorzunehmen. Eine solche Vorgehensweise wäre dem bestehenden Handlungsbedarf nicht gerecht geworden, der gerade durch die Ereignisse der letzten Tage vor dem Erlass der streitgegenständlichen Verbotsverfügung belegt werde.
54Die Annahme des Klägers, schon im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung wäre eine Abordnung und damit eine mildere Maßnahme möglich gewesen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Die Entbindung des Klägers von seinen Dienstgeschäften duldete nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des beklagten Landes keinen Aufschub mehr. Dass es schon seinerzeit abschließend beurteilen konnte, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abordnung an eine andere Dienststelle gegeben sind, ist nicht erkennbar. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass sich das beklagte Land in der Folgezeit erkennbar bemüht hat, hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu schaffen. Bereits mit Wirkung vom 15. März 2012 ist der Kläger an den der Justizvollzugsanstalt E. -I2. angegliederten Kriminologischen Dienst abgeordnet worden. Zugleich hat das beklagte Land seinem Antrag, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, teilweise stattgegeben.
552. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn, wie hier, im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben sind.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
- 1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder - 2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der - a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt, - b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder - c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
- 2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.
(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).
(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.
(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.
(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.
(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.
(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
- 1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder - 2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der - a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt, - b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder - c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
- 2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.
(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).
(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.
(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.