Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 04. Nov. 2015 - 1 K 2645/15
Gericht
Tenor
Soweit der Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° die Aufhebung der Abordnung betrifft, wird das Verfahren eingestellt.
Hinsichtlich der Aufhebung der Versetzung wird der Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° aufgehoben.
1
Tatbestand:
2Der am °°°°° geborene Kläger steht als Studienrat (Besoldungsgruppe A 13 ÜBesO NRW) im Dienst des beklagten Landes und war zunächst beim Stadtgymnasium E. eingesetzt. Nach seiner zwischenzeitlichen Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit war er zuletzt am Weiterbildungskolleg der Stadt V. , Abendrealschule und ‑gymnasium, tätig.
3Der Kläger wurde am 25. August 2010 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat ernannt. Er besitzt die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Politik und Pädagogik.
4Am 9. Juni 2012 nahm der Kläger an einer Kundgebung der Partei „Pro NRW“ in L. teil und äußerte sich in diesem Rahmen in einer öffentlichen Rede zu dem Thema Islamismus. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er Lehrer sei und sich als bekennender Homosexueller durch den Islamismus bedroht fühle. Daraufhin untersagte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit Verfügung vom 15. Juni 2012 mit sofortiger Wirkung – und unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – die Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten des Stadtgymnasiums in E. einschließlich der Kontaktaufnahme zu Schülerinnen und Schülern.
5Dem hiergegen gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (1 L 574/13) gab das erkennende Gericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 statt. Die gegen diese Entscheidung zunächst gerichtete Beschwerde zum OVG NRW (6 B 809/13) nahm der Kläger später zurück. Auf die ebenfalls vom Kläger erhobene Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3328/12) hin wurde der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 15. Juni 2012 mit Urteil vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Den insoweit gestellten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) zurück.
6Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 15. Juli 2013 wurde die Probezeit des Klägers um ein Jahr bis zum 24. August 2014 verlängert. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3816/13).
7Außerdem wurde von der Bezirksregierung B. aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens unter anderem wegen des Auftritts bei der Kundgebung von „Pro NRW“ ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Gegen diese Disziplinarverfügung richtete der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht Münster (13 K 3135/13.O), welches die Disziplinarverfügung mit Urteil vom 13. Mai 2014 aufhob.
8Mit Wirkung ab dem 7. Oktober 2013 wurde der Kläger – mit seinem Einverständnis – durch Verfügung der Bezirksregierung B. vom 4. Oktober 2013 an das Weiterbildungskolleg V. versetzt.
9Am 25. August 2014 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
10Mit Schreiben an die Bezirksregierung B. vom 25. August 2014 beantragte der Kläger, schnellstmöglich aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung wegversetzt zu werden. Zur Begründung führte er aus, dass sich die Bezirksregierung, wie in rechtskräftigen Gerichtsurteilen festgestellt, ihm gegenüber seit Juni 2012 durch mehrere eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht habe. Insbesondere sei die Fürsorgepflicht ihm gegenüber eklatant verletzt und erheblich in seine Grundrechte eingegriffen worden. Auch habe ihn der Dienstherr durch rechtswidrige Androhungen daran gehindert, seine persönliche Integrität als Lehrer gegen verleumderische Vorwürfe der sexuellen Belästigung zu verteidigen. Diese Vorgänge hätten für ihn eine erhebliche Belastung dargestellt und stellten dies auch weiterhin dar. Sein Vertrauen in die Bezirksregierung B. sei irreversibel beschädigt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Er beanspruche daher, sein Anliegen absolut prioritär gegenüber den üblichen Versetzungsanträgen zu behandeln. Als neue Einsatzorte kämen Weiterbildungskollege in nahezu allen Landkreisen der Regierungsbezirke E1. oder L. (mit Ausnahme des Landkreises L1. ) in Frage.
11Unter Angabe derselben Gründe bat der Kläger mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 auch bei dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW um seine Versetzung aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. . Ergänzend führte er an, dass er als bekennend homosexueller Lehrer am E2. Stadtgymnasium erheblichen homophoben Angriffen seitens des Kollegiums sowie Teilen der Schüler- und Elternschaft ausgesetzt gewesen sei. Dies sei durch sein Bekenntnis, mit einem HIV-positiven Mann in einer festen Beziehung zu leben, noch verstärkt worden. Sein Hauptwunsch sei es deshalb, in ein anderes Bundesland versetzt zu werden. Zumindest aber bitte er darum, ihn bereits mit Wirkung ab Februar 2015 in den Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierungen L. oder E1. zu versetzen. Als Schulformen kämen auch ein Berufskolleg oder ein Gymnasium in Betracht, solange im Voraus sichergestellt sei, dass er im Falle von Konflikten mit der Elternschaft aufgrund seiner offenen Homosexualität und seines fortbestehenden Zusammenlebens mit einem HIV-positiven Mann den nötigen Schutz durch die Schulleitung erfahren werde.
12Im Rahmen eines diesbezüglichen Anhörungsgespräches am 13. November 2014 in den Räumlichkeiten der Bezirksregierung B. wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinem Versetzungswunsch zu entsprechen; zunächst werde für die Dauer von fünf Monaten eine Abordnung erfolgen, eine Versetzung sei erst im Anschluss daran möglich. Der Kläger erklärte sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden und führte aus, dass er eine Namensänderung beim Landrat des Kreises V. vornehmen lasse. In L. wolle er ausschließlich unter seinem neuen Namen C. (früher: L2. ) vorgestellt werden, um Anfeindungen, denen er zuweilen im Netz und in sozialen Netzwerken ausgesetzt sei, zukünftig zu entgehen.
13Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 21. November 2014 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin aus persönlichen Gründen mit Wirkung vom 1. August 2015 an das L. -Kolleg, Weiterbildungskolleg der Stadt L. versetzt. Gleichzeitig wurde der Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Juli 2015 in vollem Stundenumfang von 22 Wochenstunden dorthin abgeordnet.
14In der Sendung Tagesgespräch „O. – U. B. vermitteln“, die am °°°° auf WDR 5 gesendet wurde, äußerte sich der Kläger im Rahmen eines Telefonanrufs in folgender Weise:
15„Ich selber bin ja auch Lehrer, Gymnasiallehrer, und privat bin ich ein großer Freund des Staates Israel und ein Freund des Judentums, bin auch bekennend Homosexuell, also gehöre auch zu den klassischen Opfern im Grunde des O. .
16Trotzdem muss ich sagen, dass B. mich als Kind wenig berührt hat emotional und heute nervt es mich wirklich, wie stark das auch in der Schule im Lehrplan steht und wie übermäßig Schüler, zumindest am Gymnasium auch, damit genervt werden meines Erachtens. Natürlich machen die Schüler brav mit in der Schule, aber hinter vorgehaltener Hand erlebe ich doch, dass Schüler auch wirklich sagen ‚es reicht langsam. Wir kriegen das jedes Jahr wirklich viel zu oft dahergebraten und müssen da und da wieder einen Ausflug machen, wieder eine Gedenkstätte besuchen‘ und ich finde..."
17[Moderatorin unterbricht: Welche Fächer unterrichten Sie kurz, Herr L2. ? Welche Fächer unterrichten Sie?]
18„Ähm… Deutsch, Politik und Pädagogik.“
19[Moderatorin: Das heißt, Sie sind auch einer der vermittelnden Lehrer?]
20„Ja, Geschichtslehrer sicherlich noch viel mehr, ja… ähm… also was ich persönlich meine ist, dass B. uns eigentlich… ähm… daran hindert, wachsam zu sein. Wir haben so große Probleme heutzutage mit dem Islamismus, dem IS-Terrorismus, mit allen möglichen Arten von Terrorismus und ich… ähm… weiß auch wirklich, dass die Juden heutzutage in meinem Freundeskreis Angst haben vor radikalen Muslimen, weil deren Antisemitismus viel viel größer ist als jeder andere Antisemitismus in Deutschland und das wird einfach nicht thematisiert, weil wir einfach einen Stock im Arsch haben, meines Erachtens in Deutschland und immer denken, dass wenn Gefahr ist, die zuallererst von rechts kommt. Und natürlich ist auch Gefahr von rechts da, selbstverständlich ist das der Fall. Aber meines Erachtens… ähm… ist die Gefühlswelt der jungen Menschen heute eine andere, nämlich dass radikale Muslime unsere Werte bedrohen, die Gleichberechtigung der Frau, die Gleichberechtigung von Homosexuellen und, wie gesagt, auch von Juden und… ähm… das ist eine Fehlgewichtung…“
21[Moderatorin unterbricht: Das heißt, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?]
22„Also, mich persönlich… ähm… interessiert B. privat überhaupt nicht mehr. Ich… ähm… beschäftige mich lieber mit dem IS-Terrorismus, mit Islamismus, mit… Ähm… mir geht sogar emotional die Massentierhaltung viel näher als B. . Alle 6 Millionen, … ähm… alle 20 Minuten sterben 6 Millionen Tiere, das geht mir emotional viel näher. Und die jungen Menschen, ist egal, ob es Vegetarier sind, sehen das auch so… (?)“
23[Moderatorin wirft in die Äußerungen ein: Also das ist mir ein bisschen krass, ehrlich gesagt.]
24„Ja, das ist Ihre Wertung. Man muss die Wertung der Leute, auch von jungen Menschen, ernst nehmen. Das ist Ihre Wertung. Ich respektiere auch die Wertung aller Anrufer. (?)“
25[Moderatorin bricht ab und leitet zum nächsten Gesprächspartner über.]
26In einem Anhörungsgespräch am 30. Januar 2015 bei der Bezirksregierung B. unter Beteiligung eines Personalratsmitglieds wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung der Dienstgeschäfte anlässlich seiner Äußerungen in der Sendung bei WDR 5 am °°°°° in Bezug auf den Holocaust zu verbieten; gleichzeitig wurde ihm – unter Belehrung über sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen – Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er sich erst hierzu äußern wolle, wenn ihm eine schriftliche Begründung für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorläge. Sodann sprach Frau Regierungsrätin G. im Namen des Beklagten mündlich ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus, da aufgrund der von dem Kläger getätigten Äußerungen bei WDR 5, insbesondere wegen der Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und dem Holocaust, ein Verstoß gegen seine Wohlverhaltenspflicht vermutet werde. Zudem wurde ihm verboten, ab sofort das L. -Kolleg zu betreten. Die weitere Begründung dieses mündlich erteilten Verwaltungsakts werde ihm binnen einer Woche gegeben.
27In dem anschließend ergangenen Bescheid der Bezirksregierung B. vom 30. Januar 2015 wurde dem Kläger mit sofortiger Wirkung sowie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) aus zwingenden dienstlichen Gründen bis auf weiteres die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und ihm zugleich bis auf weiteres untersagt, das L. -Kolleg zu betreten oder mit den Schülerinnen und Schülern Kontakt aufzunehmen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger dienstlich nicht vertretbar sei und schwerwiegende Nachteile für den Dienstherrn sowie für die Öffentlichkeit zu befürchten seien, die nicht anders abgewendet werden könnten. Es lägen hinreichende und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass er ein Dienstvergehen von schwerwiegender Art begangen habe, indem er in der Sendung Tagesgespräch am °°°°° auf WDR 5 in seinen Äußerungen eine vergleichende Betrachtung der Massentierhaltung und des nationalsozialistischen Massenmords in B. getätigt und damit den Holocaust verharmlost habe. Das durch diese Äußerungen in der Öffentlichkeit praktizierte Verhalten erfordere vor einer abschließenden Prüfung zwingend die Verhinderung der weiteren Dienstausübung, da durch den in der Öffentlichkeit aufgekommenen Verdacht einer Straftat bzw. eines Dienstvergehens das Vertrauen in die dienstliche Tätigkeit des Klägers als Lehrer insgesamt in Frage gestellt sei. Die getätigten Äußerungen stünden in unmittelbarem Widerspruch zu seiner Lehrtätigkeit im Fach Politik und würden dem Umstand nicht gerecht, dass sich Beamte gemäß § 34 BeamtStG mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen hätten. Dies sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, weil die konkrete Eignung zu bejahen sei, das psychische Klima aufzuhetzen; dabei genüge die Verhetzung eines aufnahmebereiten Publikums. Ferner seien die Äußerungen im Widerspruch zur beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht geeignet, das Ansehen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, massiv und nachhaltig zu schädigen. Ein innerdienstliches Verhalten sei gegeben, da er sich bei WDR 5 als Gymnasiallehrer und als Politiklehrer des Landes Nordrhein-Westfalen am Standort V. vorgestellt habe. Gleichzeitig liege aufgrund seiner Äußerungen, dass das U. in den Lehrplänen einen zu großen Raum einnehme und er sich lieber mit Themen wie Islamismus und Terrorismus beschäftigen würde, die Vermutung nahe, dass er dem U. im Rahmen seines Unterrichts nicht den entsprechenden Raum einräumen und so dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule hinreichend Beachtung schenken werde. Im Rahmen des Ermessens sei das Individualinteresse des Klägers an der weiteren Ausübung seines Amtes mit den Belangen des Gemeinwohls in Form des Interesses der Öffentlichkeit am Schutz des Ansehens des Beamtentums, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, abgewogen und letzterem der Vorrang eingeräumt worden. Dabei habe man berücksichtigt, dass der Kläger sich im Nachgang der Äußerungen von diesen weder distanziert noch diese relativiert habe.
28Gegen den vorgenannten Suspendierungsbescheid erhob der Kläger am 5. Februar 2015 Klage zum erkennenden Gericht (1 K 515/15) und stellte zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (1 L 217/15). Letzteren nahm der Kläger mit Schriftsatz an das erkennende Gericht vom 10. März 2015 zurück, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 11. März 2015 eingestellt wurde.
29Im Rahmen eines weiteren Dienstgesprächs bei der Bezirksregierung L. wurde dem Kläger am 19. Februar 2015 eröffnet, dass unabhängig vom Ausgang der laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Einsatz als Lehrer am Weiterbildungskolleg L. im Interesse des Schulfriedens wie auch in seinem persönlichen Interesse faktisch nicht mehr möglich sei. Denn sein Radiobeitrag und die nachfolgende Presseberichterstattung hätten dazu geführt, dass von Seiten des Lehrerkollegiums, der Elternschaft wie auch des Personalrates eine positive Integration seiner Person in das ansonsten sehr integrationsbereite Kollegium nicht mehr möglich sei. Der Kläger konnte diese Analyse nachvollziehen und war damit einverstanden, nicht dort eingesetzt zu werden. Daraufhin wurden weitere potentielle Einsatzmöglichkeiten nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren erörtert: Der Kläger lehnte einen weiteren Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus den Gründen seines Versetzungsantrages ab. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Bezirksregierung L. sowie die Bezirksregierung E1. aufgrund fehlenden Bedarfs aktuell keine Einsatzmöglichkeit an einem Weiterbildungskolleg in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erkennen könnten.
30Mit Schreiben vom 23. Februar 2015 berichtete die Leiterin des L. -Kollegs der Bezirksregierung L. von dem am 29. Januar 2015 stattgefundenen pädagogischen Tag in der Jugendherberge L. -S. , zu dem auch der Kläger eingeladen war, um sich vor seinem Dienstantritt am 2. Februar 2015 einen ersten Einblick zu verschaffen. Nachdem sie den Kläger dem Kollegium vorgestellt habe, habe dieser auf dringende Anfrage der Bezirksregierung B. die Veranstaltung unverzüglich verlassen und sich noch am gleichen Tag in B. einfinden müssen. Daraufhin habe der Kläger unter den Blicken des gesamten Kollegiums den Raum verlassen. Später habe ihr ein Lehrer mitgeteilt, dass er den Kläger schon vorher einmal persönlich bei einer Veranstaltung erlebt und nun wieder erkannt habe. Außerdem hätten andere Lehrerinnen und Lehrer und sogar der Hausmeister am Abend zuvor Fernsehberichte über die Äußerungen des Klägers im WDR 5-Programm gesehen und sich zwischenzeitlich im Internet entsprechend informiert, weshalb nun allgemein bekannt sei, dass es sich bei dem Kläger um den wegen seiner Äußerungen zum Holocaust vorläufig suspendierten Lehrer handele. Sie als Schulleiterin könne nachdrücklich versichern, dass ihr normalerweise sehr integrationsbereites und tolerantes Kollegium sich mit allen Kräften wehren und öffentlich dagegen verwahren würde, wenn der Kläger an das L. -Kolleg kommen sollte. Die Integration eines Lehrers mit einer derart problematischen politischen Einstellung sei gerade für eine Schule, die traditionell immer Leistungskurse in Soziologie, Philosophie und Geschichte anbiete, nicht erwünscht.
31Mit Bescheid vom 16. März 2015 widerrief die Bezirksregierung B. gegenüber dem Kläger ihre Abordnungs- und Versetzungsverfügung an das L. -Kolleg vom 21. November 2014 gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Das hiergegen gerichtete Klageverfahren beim erkennenden Gericht (1 K 1482/15) wurde mit Beschluss vom 13. Juli 2015 eingestellt, nachdem die Bezirksregierung B. den Bescheid mangels vorheriger Personalratsbeteiligung mit Verfügung vom 20. Mai 2015 aufgehoben hatte und alle Beteiligten das Verfahren daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten.
32Gleichzeitig mit der Aufhebung des bisherigen Aufhebungsbescheids mit der genannten Verfügung vom 20. Mai 2015 erließ die Bezirksregierung B. – nach Mitzeichnung der Gleichstellungsbeauftragten auf der Vorlage an den Personalrat am 8. Mai 2015 und Zustimmung des örtlichen Personalrats am 13. Mai 2015 – einen neuen, inhaltlich gleichlautenden Bescheid, mit dem die Abordnungs- und Versetzungsverfügung des Klägers an das L. -Kolleg widerrufen wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Abordnung und Versetzung als rechtmäßige, den Kläger begünstigende Verwaltungsakte für die Zukunft widerrufen würden, weil man aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewesen wäre, die entsprechenden Verfügungen nicht zu erlassen, und weil ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Das von dem Kläger nach Zustellung der Verfügungen (9. Dezember 2014) am °°°°° geführte Radiointerview auf WDR 5 habe zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass seine Identität unter seinem neuen Namen, entgegen seiner mit dem Versetzungsantrag ursprünglich verbundenen Intention, landesweit bekannt geworden sei. Aufgrund dessen sei nach Angaben der Schulleiterin des L. -Kollegs eine erhebliche Unruhe im dortigen Kollegium entstanden; in Folge der Presseberichterstattung bestünden nun Widerstände im Kollegium gegen die Integration seiner Person, zumal seine „Vorgeschichte" nun auch allen Studierenden bekannt geworden sei. Dadurch sei der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört und wäre im Falle seines Verbleibs an der Schule nachhaltig gefährdet. Hierbei handele es sich um eine Tatsache, durch die die Bezirksregierung berechtigt gewesen wäre, im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung die Abordnung und Versetzung des Klägers abzulehnen. Immerhin sei dem Versetzungsantrag ursprünglich vor dem Hintergrund der geäußerten Besorgnis des Klägers über massive persönliche Bedrohungen im Rahmen der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht zugestimmt worden. Weil seine Identität nunmehr jedoch landesweit bekannt geworden sei, wäre die Maßnahme einer Versetzung in einen anderen Regierungsbezirk als nicht mehr geeignet eingeschätzt worden, um ihm einen Neuanfang zu ermöglichen. Darüber hinaus sei der Widerruf der Verfügungen auch zur Verhinderung eines drohenden Schadens für Individualrechtsgüter erforderlich, namentlich um eine Gefährdung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sowie möglicherweise weitere Folgen für seine Gesundheit aufgrund fortdauernder Bedrohungen und Anfeindungen auch an der neuen Schule zu vermeiden. Schließlich sei die Aufhebung der Abordnung und der Versetzung auch verhältnismäßig, da das persönliche Interesse an einem „Neuanfang", der aufgrund der Vorfälle nun nicht mehr im gewünschten Maße stattfinden könne, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung des Schulfriedens sowie an einer ordnungsgemäßen Unterrichtsteilung zurücktreten müsse, zumal er die zu der Aufhebung führenden Gründe selbst herbeigeführt habe. Infolge der Aufhebung der Abordnung und der Versetzung sei er nunmehr formal dem Weiterbildungskolleg V. zugewiesen, während sein Versetzungsantrag wieder auflebe; über diesen werde in Abhängigkeit von dem Ausgang der laufenden Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstreitverfahren sowie der aktuellen Bedarfssituation entschieden. Ein Einsatz am Weiterbildungskolleg V. sei nicht vorgesehen.
33Mit Datum vom 19. März 2015 stellte die Bezirksregierung B. aufgrund der Äußerungen des Klägers in der Radiosendung Strafanzeige mit der Bitte um rechtliche Überprüfung. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft L. vom 19. April 2015 (°°°°°) wurde sodann die Absicht mitgeteilt das Verfahren gemäß § 170 der Strafprozessordnung einzustellen – die endgültige Einstellung erfolgte im Mai 2015. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Straftat, insbesondere eine Volksverhetzung im Sinne von § 130 des Strafgesetzbuches, nicht vorliege. Dabei, dass der Kläger im Rahmen der Telefondiskussion angegeben habe, dass ihn persönlich B. nicht mehr interessiere und ihm die Massentierhaltung sowie der Tod von sechs Millionen Tieren emotional viel näher gingen, handele es sich nur um die persönliche Meinung des Klägers, die von seiner Meinungsfreiheit gedeckt sei. Für das Tatbestandsmerkmal des Verharmlosens sei hingegen ein ausdrückliches quantitatives oder qualifiziertes Bagatellisieren von Art, Ausmaß, Folgen und Wertwidrigkeit einzelner oder der Gesamtheit nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen erforderlich.
34Bereits mit Bescheid vom 1. April 2015, dem Kläger zugestellt am 8. April 2015, leitete die Bezirksregierung B. gegen den Kläger wegen des Verdachts, ein Dienstvergehen begangen zu haben, ein Disziplinarverfahren ein. Zur Begründung wurde vorrangig auf seine Äußerungen in der Radiosendung bei WDR 5 Bezug genommen, darüber hinaus aber ebenfalls auf weitere Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen seiner Unterrichtstätigkeit: Dazu zählten insbesondere der Besuch einer Shisha-Bar während der Unterrichtszeit, nicht erteilter Unterricht am 9. Januar, 16. Januar und 23. Januar 2015 sowie das Verhalten des Klägers gegenüber Schülerinnen und Schülern bzw. Kolleginnen und Kollegen. Überdies wurden ihm mangelnde Professionalität und sein Verhalten am pädagogischen Tag 2015 vorgeworfen. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurden im August 2015 zahlreiche Zeugen vernommen. Aufgrund der dortigen Erkenntnisse wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 10. August 2015 um den Pflichtverstoß ergänzt, es unterlassen zu haben, die Bezirksregierung B. zeitnah über die Aberkennung seines Doktortitels in Kenntnis gesetzt zu haben.
35Der Kläger hat am 15. Juni 2015 Klage gegen die Aufhebung seiner Abordnung und späteren Versetzung an das L. -Kolleg erhoben.
36Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass die Bezirksregierung B. sich ihm gegenüber in den letzten Jahren durch eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht, in Grundrechte eingegriffen und dabei insbesondere die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht verletzt habe. Das höchst einseitige und unfaire Vorgehen sei insbesondere im Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 13. Mai 2015 gerügt worden, auf das er Bezug nehme. Die ausschließlich vom Dienstherrn verschuldeten Vorgänge hätten für ihn eine erhebliche Belastung dargestellt und stellten dies auch weiterhin noch dar. Als bekennend homosexueller Lehrer sei er am E2. Stadtgymnasium erheblichen homophoben Angriffen seitens des Kollegiums sowie Teilen der Schüler- und Elternschaft ausgesetzt gewesen. Dies sei durch sein Bekenntnis, mit einem HIV-positiven Mann in einer festen Beziehung zu leben, noch verstärkt worden. Dass seinem Versetzungswunsch zunächst entsprochen worden sei, habe seinen Grund entgegen der Darstellung der Bezirksregierung nicht darin, dass er Bedrohungen durch Gegner seiner politischen Ansichten ausgesetzt gewesen wäre. Gleich zu Beginn des Anhörungsgesprächs am 13. November 2015 habe man ihm die Anordnung bzw. Versetzung nach L. angeboten, ohne dass er in diesem Zeitpunkt etwas von den Bedrohungen oder seiner geplanten Namensänderung geäußert hätte. Die letztgenannten Informationen habe er erst im Verlauf des weiteren Gesprächs bekannt gegeben. Die Abordnung und Versetzung nach L. habe er ausschließlich aufgrund des durch die Bezirksregierung B. verschuldeten immensen Vertrauensverlustes gewollt. Dieser bestünde auch weiterhin fort und habe sich durch die erneute, erkennbar rechtswidrige Verfügung eines Dienstverbots vom 30. Januar 2015 noch immens verschärft. Vorliegend streite der Grundsatz des Vertrauensschutzes beim Widerruf begünstigender Verwaltungsakte zu seinen Gunsten. Weder habe ein Widerrufsvorbehalt noch eine Auflage bestanden, sich außerdienstlich nicht mehr öffentlich provokant äußern zu dürfen. Im Vertrauen auf die bevorstehende Abordnung und spätere Versetzung habe er bereits Ende Januar 2015 wesentliche Dispositionen getroffen, unter anderem seine Wohnung am ehemaligen Dienstort V. gekündigt und an seinem neuen Dienstort L. eine Eigentumswohnung erworben. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung die Entfernung einer Konfliktpartei von einer Dienststelle ermessensfehlerhaft, wenn diese – wie vorliegend – „kein Verschulden an der Entstehung oder der Fortdauer des Konflikts trifft". Schon nach seiner Suspendierung im Jahr 2013 sei festgestellt worden, dass seine Äußerungen zu Unrecht beanstandet worden und dass die Spannungen im Kollegium vorrangig durch die undifferenzierte mediale Berichterstattung entstanden wären; das gleiche gelte auch im aktuellen Fall. Dass seine Äußerungen keine Straftat darstellten, ginge aus dem Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft L. hervor. Dafür, dass die Äußerungen im Weiteren auch dienstrechtlich keineswegs zu beanstanden seien, nehme er auf seine Klagebegründung im Verfahren 1 K 515/15 betreffend das Dienstverbot Bezug. Schließlich sei ihm ein Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus Gründen der Besorgnis der Befangenheit nicht mehr möglich. Nahezu wöchentlich hätten ihm Schüler oder Eltern mit Dienstaufsichtsbeschwerden und Presseöffentlichkeit gedroht, weil sie sich von ihm als Lehrkraft ungerecht behandelt fühlten oder aus sachfremden persönlichen Gründen Aversionen gegen ihn hegten. Doch könne ein Lehrer nur dann mit hinreichender Souveränität gegenüber Schülern und Eltern auftreten und auch nur dann seine Aufgaben z.B. im Bereich der Notengebung „unbefangen" ausführen, wenn er die Gewissheit habe, sich im Falle solch unberechtigter Angriffe seitens der Schüler- oder Elternschaft auf die Erfüllung der Fürsorgepflicht durch den Dienstherrn verlassen zu können. Da sich die Bezirksregierung B. über seine Person in der Presse wiederholt rechtswidrig-verurteilend, ja geradezu „abfällig" geäußert habe, sei seine Autorität bei Schülern und Eltern schwer beschädigt worden. Ungeachtet dessen hätte die Möglichkeit bestanden, zu milderen Maßnahmen zu greifen: So könnte etwa das Kollegium des L. -Kollegs über die verzerrende Wirkung der Medienberichte hinsichtlich seiner Person und die ihm zustehende Meinungsäußerungsfreiheit aufgeklärt werden, zumal wenn bis zu seinem Wiedereinsatz einige Zeit verstrichen sei. Dass eine Aufklärung im Rahmen der Fürsorgepflicht möglich sei, habe sich in dem aktuellen Fall eines Lehrers in C. gezeigt; dort sei die Bezirksregierung L. gegenüber verzerrenden Mediendarstellungen standhaft geblieben und habe den betroffenen Lehrer wirksam in Schutz genommen. Alternativ wäre anstelle des Widerrufs und des damit verbundenen „Rückfalls" in den Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. zunächst auch ein Verbleib an einer anderen Schule im Raum L. , d.h. im Einzugsbereich seines Wohnortes, angezeigt. Das Verhältnis zwischen der Bezirksregierung B. und ihm sei jedenfalls als irreparabel zerrüttet zu betrachten. Da seine „Vorgeschichte" durch Internet-Suchmaschinen überall und von jedem recherchierbar sei, könne auch in Frage gestellt werden, ob seine Bekanntheit am L. -Kolleg überhaupt die Entfernung von dieser Schule und die Zuweisung zu einer anderen Schule rechtfertige. Er selbst behalte sich auch für die Zukunft das Recht vor, sich außerdienstlich in den Medien provozierend und polarisierend zu „heiklen" politischen Themen zu äußern und als radikaler Veganer zur philosophischen Diskussion um eine Vergleichbarkeit von Holocaust und Massentierhaltung beizutragen. Ein ungewollter Schulwechsel aber wirke sanktionsartig, wodurch sich Beamte hinsichtlich der Ausübung ihres Rechts gemäß Art. 5 GG „eingeschüchtert" fühlen könnten. Demgegenüber hätten die Gründe für seine Namensänderung überhaupt nichts mit dem Versetzungsantrag zu tun. Da er als mehrfacher Buchautor auch mit Gesicht auf Buchcovern zu sehen und regelmäßig landesweit auf politischen Veranstaltungen aufgetreten sei bzw. auch künftig auftreten werde, wäre das von dem Beklagten angedeutete „Versteckspiel" ohnehin nicht erfolgsversprechend gewesen. Im Hinblick auf seine umstrittenen Äußerungen seien auch die Begleitumstände zu berücksichtigen: Diese seien im Rahmen eines mehrminütigen Gesprächs gefallen, zu dessen Beginn er sich eindeutig und unmissverständlich von jeglichen Sympathien für menschenverachtende Ideologien distanziert habe. Bereits das Verwaltungsgericht Münster habe seine politische Gesinnung nach gründlicher Recherche und Analyse zutreffend eingeschätzt und im Urteil vom 13. Mai 2014 zu Recht hervorgehoben, dass er seit Jahren dem „linken" Lager zugehöre und überzeugter Grünen-Wähler sei. Auch die im laufenden Disziplinarverfahren gegen ihn erhobenen Vorwürfe hinsichtlich seines Unterrichts seien haltlos. Eine eventuell bevorstehende Disziplinarverfügung werde vom Verwaltungsgericht Münster – wie schon in der Vergangenheit geschehen – aufgehoben werden. Ferner beträfen die auf seinen Unterricht bezogenen Vorwürfe nur das Weiterbildungskolleg V. und seien auch nicht an die Öffentlichkeit geraten, sodass hier kein Zusammenhang mit eventuell aufgetretenen Aversionen im dortigen Kollegium gesehen werden könne. Seine Begründung ergänzt der Kläger zuletzt dahingehend, dass der Personalrat des L. -Kollegs, obwohl wegen der bereits laufenden Abordnung zu diesem Zeitpunkt erforderlich, nicht an der Entscheidung über die Aufhebung beteiligt worden sei. Dass der Dienstherr sich aber gewissermaßen aussuche, welchen Personalrat er beteilige, könne nicht im Sinne des Gesetzes sein.
37Der Kläger hat zunächst angekündigt, zu beantragen, die Verfügung der Bezirksregierung B. vom °°°°° (in vollem Umfang, d.h. bezüglich Abordnung und Versetzung) aufzuheben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten infolge des zwischenzeitlichen Zeitablaufs der Abordnung mit Ablauf des 31. Juli 2015 das Verfahren insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
38Der Kläger beantragt nunmehr,
39die Verfügung der Bezirksregierung B. vom °°°°° betreffend den Widerruf der Versetzung aufzuheben.
40Der Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Zur Begründung führt er unter Wiederholung der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumentation aus, dass die Abordnungs- und die Versetzungsverfügung wegen nachträglich eingetretener Tatsachen hätten widerrufen werden können. Vorliegend habe das von dem Kläger nach Bekanntgabe seiner Abordnung und Versetzung zum L. -Kolleg am °°°°° auf WDR 5 gegebene Radiointerview zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass die Identität des Klägers und sein neuer Name, entgegen seiner ursprünglichen Intention, landesweit bekannt geworden seien. Daraufhin seien im Kollegium des L. -Kollegs erhebliche Widerstände gegen die Integration des Klägers entstanden, weshalb der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört sei und bei Verbleib des Klägers an der Schule nachhaltig gefährdet wäre. Derartige Spannungen seien nicht erst zu erwarten, sondern es sei bereits eine massive Störung des Schulfriedens am L. -Kolleg eingetreten. Die Ermessensentscheidung über die von dem Kläger beantragte Versetzung in den Regierungsbezirk L. wäre daher anders ausgefallen, wenn diese nachträglich eingetretenen Tatsachen im Entscheidungszeitpunkt bekannt gewesen wären. Zudem seien die Bemühungen, den Namenswechsel des Klägers in L. nicht bekannt werden zu lassen, nun vergeblich gewesen, da der Kläger aufgrund seines Anrufes in der Radiosendung selbst dafür gesorgt habe. Weil der Kläger – wie sein vorgefertigter Gesprächsleitfaden belege – vorsätzlich und in dem Bewusstsein bei WDR 5 angerufen habe, dass es sich um den Gedenktag der B. -Befreiung handelte, ginge der weitere Vortrag zu seiner Opferrolle ins Leere. Als Politiklehrer hätte er sich im Besonderen bewusst sein müssen, welche mediale Aufmerksamkeit solche Äußerungen nach sich ziehen würden. Der Widerruf sei schließlich auch verhältnismäßig, ein alternativer Einsatz des Klägers an einer anderen Schule im Regierungsbezirk L. sei nach Auskunft der Bezirksregierung L. zur Zeit nicht möglich. Ebenso wenig komme, wie vom Kläger vorgeschlagen, als milderes Mittel eine „Aufklärung" des Kollegiums des L. -Kollegs in Betracht, weil die erwartete Einsichtigkeit in Anbetracht der Vorkommnisse nicht erwartet werden könne. Soweit der Kläger einen aus seiner Sicht vergleichbaren Fall eines Politiklehrers aus C. anführe, lasse er unberücksichtigt, dass es im dortigen Falle keinerlei Beanstandungen in Bezug auf den Unterricht gegeben habe.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 1 K 3328/12, 1 L 574/13, 1 K 3816/13, 1 K 515/15, 1 K 1482/15 sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs und die Personalakte des Klägers Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Das Verfahren war hinsichtlich des vom ursprünglichen Klageantrag umfassten Begehrens, den Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° auch betreffend den Widerruf der Abordnungsverfügung aufzuheben, analog § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, da die Beteiligten das Verfahren insoweit wegen des Verstreichens des Abordnungszeitraums mit Ablauf des 31. Juli 2015 in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
46Hinsichtlich des verbliebenen Klageantrags, den Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° betreffend den Widerruf der Versetzungsverfügung aufzuheben, ist die zulässige Anfechtungsklage begründet. Denn der Bescheid der Bezirksregierung B. vom °°°°° ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Der Bescheid ist, soweit er die Aufhebung der Versetzung des Klägers zum L. -Kolleg betrifft, bereits formell rechtswidrig, da es an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der von der Entscheidung betroffenen Personalräte fehlt. Diesen kommt hinsichtlich der Versetzung und demgemäß – als actus contrarius – auch der Aufhebung derselben ein Beteiligungsrecht zu (vgl. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NRW).
48Dem Beteiligungsrecht des Personalrats hat der Beklagte vor Erlass des zweiten Aufhebungsbescheides aber lediglich insoweit Rechnung getragen, als er am 13. Mai 2015 die Zustimmung des örtlichen Personalrats bei der Bezirksregierung B. eingeholt hat. Dieser ist als Personalrat der abgebenden Dienststelle nach der Rechtsprechung bei einer Versetzung und demgemäß auch bei ihrer Aufhebung stets zu beteiligen,
49vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. September 1993 – CL 61/90 –, juris, unter Bezugnahme auf: BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1990 – 6 P 22.87 –, juris.
50Doch wäre darüber hinausgehend auch der Personalrat bei der Bezirksregierung L. als aufnehmender Dienststelle zu beteiligen gewesen. Dies folgt aus dem normativen Verständnis der genannten Mitbestimmungsregelung, bei dem Zusammenwirken verschiedener Stellen zur Abgabe und Aufnahme eines Beamten eine Personalratsbeteiligung in beiden Lagern vorauszusetzen:
51Nach der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
52vgl. Beschluss vom 6. November 1987 – 6 P 2/85 –, BVerwGE 78, 257-263 bzw. juris,
53ist die Mitbestimmung des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle zunächst dann geboten, wenn an der Versetzung Dienststellen unterschiedlicher Dienstherren beteiligt sind, weil in diesen Fällen nach § 15 Abs. 3 BeamtStG das Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn erforderlich ist. Eine solche Konstellation ist vorliegend allerdings nicht gegeben, weil mit dem Land NRW derselbe Dienstherr zuständig bleibt und lediglich der Regierungsbezirk wechselt.
54Nach der im Anschluss ergangenen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
55vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. September 1993 – CL 61/90 –, juris m.w.N.,
56ist der für die aufnehmende Dienststelle zuständige Personalrat jedoch ebenfalls zu beteiligen, wenn die Versetzung auf einem Zusammenwirken der aufnehmenden und der abgebenden Dienststelle beruht und die aufnehmende Dienststelle einen bestimmenden Einfluss auf die Versetzung ausübt, so dass das Schwergewicht der Maßnahme in ihrem Bereich liegt. Davon kann bereits ausgegangen werden, wenn Versetzungen oder Abordnungen zwischen den Bereichen der zuständigen Bezirksregierungen von der für den abgebenden Bereich zuständigen Bezirksregierung (nur) im Einverständnis mit der für den aufnehmenden Bereich zuständigen Bezirksregierung ausgesprochen werden können. Die Versetzung kann in dieser Situation nicht gegen den Willen der aufnehmenden Dienststelle erfolgen, was einem bestimmenden Einfluss der aufnehmenden Dienststelle gleichkommt.
57Eine derartige Konstellation ist vorliegend gegeben. Denn bei personellen Änderungen über Grenzen mehrerer Regierungsbezirke muss die aufnehmende Bezirksregierung ihr Einverständnis äußern. Dies hat zur Folge, dass auch die Aufhebung der Versetzung als actus contrarius denselben Anforderungen wie die bereits verfügte Versetzung unterliegt, zumal der Kläger hier zu diesem Zeitpunkt immerhin bereits im Vorgriff der Versetzung nach L. abgeordnet war.
58Eine Beteiligung des Personalrats bei der Bezirksregierung L. als aufnehmender Behörde im Rahmen der Versetzung bzw. gewissermaßen abgebender Behörde im Falle des hier streitgegenständlichen Widerrufs ist vorliegend nicht ersichtlich, da entsprechende Unterlagen nicht vorliegen und der vorgelegte Verwaltungsvorgang sich hierzu nicht verhält. Auf entsprechende, im Vorfeld telefonisch angekündigte Nachfrage des Gerichts hat die Vertreterin der Bezirksregierung B. im Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich geäußert, dass die Beteiligung des Personalrats der anderen Bezirksregierung Sache des örtlichen Personalrats sei und sie deshalb davon ausginge, dass dies passiert sei. Eine eindeutige Feststellung zu dessen Beteiligung liegt darin jedoch nicht, zumal es an jeglicher Dokumentation mangelt. Für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens, hier also die Beteiligung aller gesetzlich vorgesehenen Stellen, ist aber die Bezirksregierung B. als diejenige Stelle, welche die Versetzung und deren Aufhebung verfügt hat, selbst verantwortlich.
59Darüber hinaus wurde auch die Gleichstellungsbeauftragte nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 17 LGG NRW beteiligt, indem diese die Vorlage an den Personalrat am 8. Mai 2015 mitgezeichnet hat. Denn eine derartige Vorgehensweise wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Richtigerweise hätte sie über die beabsichtigte Maßnahme unterrichtet und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden müssen (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 LGG). Die bloße Mitzeichnung des an den Personalrat gerichteten Schreibens enthält hingegen nicht die Erklärung, dass ihrerseits keine Bedenken gegen die Aufhebung der Versetzungsverfügung bestünden.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2010 – 6 A 2506/07 –, juris Rn. 45.
61Dass eine darüber hinausgehende Unterrichtung und Einflussnahmemöglichkeit bestanden hat, lässt sich den vorgelegten Verwaltungsvorgängen – im Gegensatz zu den Angaben der Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung – nicht entnehmen, weshalb es auch insoweit jedenfalls an der ordnungsgemäßen Dokumentation mangelt.
62Die vorgenannten Verfahrensfehler sind auch nicht im Sinne von § 46 VwVfG NRW unbeachtlich.
63Im Hinblick auf die unterbliebene Beteiligung des Personalrats könnte eine solche Unbeachtlichkeit bereits aufgrund der zwingenden Beteiligungsvorschrift des § 66 LPVG NRW, wonach eine der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme nur mit seiner Zustimmung getroffen werden kann, zweifelhaft sein.
64Jedenfalls aber ist infolge des der Behörde eingeräumten Ermessens nicht offensichtlich, dass die Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben könnten. Denn bei dem Widerruf nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW handelt es sich, wie schon bei der Versetzung selbst (vgl. § 25 LBG NRW), um eine Ermessensentscheidung, deren Ergebnis - ungeachtet der tatbestandlichen Voraussetzungen - im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit offen ist; eine Ermessensreduktion auf Null zugunsten der verfügten Widerrufsentscheidung ist jedenfalls nicht zwingend: Zwar wäre ein eventuelles persönliches Interesse des Klägers an einem „Neuanfang" aufgrund der Vorfälle und seiner landesweiten Bekanntheit – wie der Beklagte zu Recht ausführt – nun nicht mehr möglich, doch ist andererseits – auf Grundlage des Vorbringens im Zuge der Klage – nicht ausgeschlossen, dass eine neue Örtlichkeit und ein neues Umfeld eine Erleichterung brächte, um den bisherigen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit des Klägers und der Bezirksregierung B. zu entgehen.
65Die Kostenentscheidung ergibt sich hinsichtlich des streitigen Teils aus § 154 Abs. 1 VwGO. Im Hinblick auf den erledigten Teil folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, insoweit ebenfalls dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da der Kläger vor Zeitablauf der Abordnung am 1. August 2015 mit seinem Anfechtungsbegehren auch bezüglich der Aufhebung denselben Erfolg gehabt hätte. Die vorstehenden Ausführungen zur formellen Rechtswidrigkeit des Widerrufs der Versetzungsverfügung geltend hinsichtlich der Aufhebung der Abordnungsverfügung entsprechend. Dem steht auch nicht § 91 Abs. 3 LPVG NRW entgegen, da die Abordnung schon bei Erlass - wie die gleichzeitige Versetzungsverfügung belegt - mit dem Ziel des dauerhaften Wechsels des Klägers in den Regierungsbezirk L. erfolgt war und seine Tätigkeit dort in der Gesamtheit faktisch über das Schulhalbjahr hinaus andauern sollte.
66Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Beamtinnen und Beamte können auf Antrag oder aus dienstlichen Gründen in den Bereich eines Dienstherrn eines anderen Landes oder des Bundes in ein Amt einer Laufbahn versetzt werden, für die sie die Befähigung besitzen.
(2) Eine Versetzung bedarf der Zustimmung der Beamtin oder des Beamten. Abweichend von Satz 1 ist die Versetzung auch ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt. Stellenzulagen gelten hierbei nicht als Bestandteile des Grundgehalts.
(3) Die Versetzung wird von dem abgebenden im Einverständnis mit dem aufnehmenden Dienstherrn verfügt. Das Beamtenverhältnis wird mit dem neuen Dienstherrn fortgesetzt.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
An Stelle des nach § 22 zu gewährenden Ersatzlands kann der Entschädigungsberechtigte, soweit dadurch Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden, eine ablösbare Naturalwertrente verlangen, wenn er wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit auf die Gewährung von Ersatzland verzichtet. Bei der Bemessung der Rentenbeträge ist unter sinngemäßer Anwendung des § 16 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Bewertung des Vermögens für die Kalenderjahre 1949 bis 1951 vom 16. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 22) von dem Betrag auszugehen, der sich ergeben würde, wenn die Entschädigung in einer Kapitalsumme zu leisten wäre.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.