Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 29. März 2016 - 1 L 113/16
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 1 K 283/16 erhobenen Anfechtungsklage gegen die mit Bescheid vom 28. Januar 2016 ausgesprochenen Verbote der Führung der Dienstgeschäfte und des Betretens der Justizvollzugsanstalt B. wiederherzustellen
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, weil der Antragsgegner nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in dem streitgegenständlichen Bescheid die sofortige Vollziehung der beiden Verbote angeordnet hat.
6Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg.
7Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Regelungen zu Ziffer 1 und Ziffer 2 im Bescheid vom 28. Januar 2016 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt B. hat die Anordnung (noch) hinreichend einzelfallbezogen begründet. Zweck des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist es, der Behörde den Ausnahmecharakter ihres Verhaltens bewusst zu machen. Es genügt daher eine schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die Gründe, die für das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung angeführt werden, auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.
8Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. April 2014 - 6 B 247/14 - und vom 20. August 2012 - 6 B 776/12 -, beide juris.
9Dies ist hier der Fall. Die Begründung der Vollziehungsanordnung bezieht sich nicht nur auf die maßgeblichen Darlegungen im Bescheid, welche sich zu den Tatbestandsvoraussetzungen der betreffenden Verbote verhalten, sondern betont darüber hinaus, dass aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr nicht hingenommen werden könne, dass der Antragsteller den Verboten bis zum Abschluss eines möglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht nachkommen werde.
10Die unter Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheides ergangenen Verbote erweisen sich zudem als offensichtlich rechtmäßig.
11Hat die Behörde die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet, kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des gegen den Verwaltungsakt gerichteten Rechtsbehelfs wiederherstellen, wenn das Interesse des Adressaten, von der Vollziehung einer Maßnahme vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig darstellt, denn an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist der Verwaltungsakt hingegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, sofern diesem ein besonderes Gewicht zukommt. Soweit es im Eilverfahren nicht möglich ist, eine Aussage über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zu treffen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
12Die nach dieser Maßgabe vorzunehmende Interessenabwägung geht hier zu Lasten des Antragstellers aus. Der Bescheid vom 28. Januar 2016 erweist sich bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig.
13Die fehlende Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Verbote führt nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheides. Dabei kann offen bleiben, ob, wie der Antragsgegner vorgetragen hat, eine Anhörung nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW wegen Gefahr im Verzug unterbleiben konnte. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgt, kann die Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW bis zum Abschluss des Klageverfahrens nachgeholt werden.
14Der Bescheid ist nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für das verhängte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist § 39 Satz 1 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden.
15Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2015 - 6 A 1454/13 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. November 2015 - 1 K 515/15 -, juris.
17Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, m.w.N.
19Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
20Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2015 - 6 A 1454/13 -, a.a.O.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. November 2015 - 1 K 515/15 -, a.a.O.
21Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., m.w.N.
23Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten. Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2015 - 6 A 1454/13 -, a.a.O.
25Gemessen an diesen Maßstäben lagen im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides zwingende dienstliche Gründe vor, welche das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtfertigen.
26Bereits auf der Grundlage der eigenen Schilderungen des Antragstellers steht fest, dass er seinen Dienstpflichten bei der Beaufsichtigung von Untergebrachten nicht nachgekommen ist, weil er den Sicherungsverwahrten C. in der Kölner Gaststätte nicht umfassend beaufsichtigt hat. Der Antragsgegner hat dabei zu Gunsten des Antragstellers nicht auf die Angaben des Gaststättenpersonals abgestellt, nach denen der Sicherungsverwahrte alleine die Toilette aufgesucht habe. Der vom Antragsteller eingeräumte Verstoß geht auch über eine Verletzung von einfachen Sorgfaltspflichten hinaus, weil die Pflichtverletzung im Bereich des Justizvollzugs angesiedelt ist. Der Justizvollzug stellt einen Bereich mit besonders hoher Relevanz sowohl für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung als auch für die tatsächliche Sicherheitslage in objektiver Hinsicht dar. Dies gilt in besonderer Weise für die hier betroffene Justizvollzugsanstalt B., in der nicht nur eine große Zahl von zu hohen Freiheitsstrafen verurteilten Häftlingen einsitzt, sondern auch in Sicherungsverwahrung Untergebrachte, denen in Anbetracht der ihren Verurteilungen zugrunde liegenden Taten ein hohes Gefahrenpotenzial zuzuschreiben ist und deren Perspektiven eines Lebens in Freiheit zumindest offen sind. Haben vor diesem Hintergrund die Untergebrachten gleichwohl einen gesetzlichen Anspruch auf Ausführungen, so musste dem Antragsteller bei bereits 17 erfolgten Ausführungen von Sicherungsverwahrten bekannt gewesen sein, dass die maßgebenden Vorschriften eine besondere Beaufsichtigung vorsehen, um eine Entweichung zu verhindern. An diese Vorgaben hat sich der Antragsteller offenkundig nicht gehalten, so dass ihn auch mögliche Organisationsmängel in der Justizvollzugsanstalt nicht zu entlasten vermögen. Wenn der Antragsteller nach seinen Angaben im gerichtlichen Verfahren der Auffassung gewesen war, die Ausführung von C. hätte nur mit dessen Fesselung erfolgen dürfen, wäre er gehalten gewesen, dies vorab mitzuteilen. Aus den Akten ergibt sich allein, dass der Antragsteller bereits einmal - offensichtlich ohne Fesselung - mit C. in B. unterwegs war und sich auf dessen Bitten freiwillig bereit erklärt hat, auch die Ausführung nach Köln durchzuführen und deshalb mit einem Kollegen den Dienst zu tauschen.
27Steht somit fest, dass der Antragsteller gegen seinen Dienstpflichten bei der Beaufsichtigung von Untergebrachten verstoßen hat, durfte der Antragsgegner auf dieser Tatsachengrundlage die Prognoseentscheidung treffen, ihm als Maßnahme der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Der Antragsgegner hat in der ausführlichen Antragserwiderung vom 26. Februar 2016 nachvollziehbar dargelegt, dass die Leiterin der Justizvollzugsanstalt B. derzeit das Vertrauen in die Tätigkeit des Antragstellers verloren hat, und eine Untersagung der weiteren Dienstausübung in der Justizvollzugsanstalt geboten ist.
28Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte keine unverhältnismäßige Maßnahme. Mildere Mittel wie die Untersagung von Dienstgeschäften außerhalb der Justizvollzugsanstalt wären nicht gleich wirksam. Zu Lasten des Antragstellers steht der Verdacht der Gefangenenbefreiung im Raum, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wurden aufgenommen, bundesweit haben die Medien über das Geschehen in der Kölner Gaststätte und die widersprüchlichen Angaben des Antragstellers und des Gaststättenpersonals hinsichtlich des konkreten Ablaufs berichtet, und auch in der Justizvollzugsanstalt B. dürfte der Vorfall durchweg bekannt sein. Vor diesem Hintergrund ist die Leiterin der Justizvollzugsanstalt in ihrem Bescheid vom 28. Januar 2016 zutreffend zu der Einschätzung gelangt, zur Gewährleistung der Sicherheit in der Justizvollzugsanstalt könne dem Antragsteller auch keine andere Aufgabe - ohne Außenkontakte - zugewiesen werden.
29Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist auch angemessen. Die Maßnahme ist zeitlich begrenzt (vgl. § 39 Satz 2 BeamtStG) und hat besoldungsrechtlich keine Auswirkungen für den Antragsteller. Zudem dient sie auch seinem Schutz. Der Antragsteller würde sich bei einer derzeitigen weiteren Tätigkeit in der Anstalt ständig dem oben beschriebenen Verdacht im Umgang mit Kollegen und Inhaftierten ausgesetzt sehen; eine ordnungsgemäße Dienstverrichtung ist unter diesen Umständen kaum vorstellbar. Nicht die zeitlich begrenzte "Suspendierung" erschüttert die Autorität des Antragstellers gegenüber den Gefangenen; vielmehr würde diese Situation bei einer derzeitigen Dienstverrichtung eintreten.
30Schließlich ist auch das Verbot, die Justizvollzugsanstalt B. zu betreten, offensichtlich rechtmäßig. Insoweit kann auf die zutreffenden Darlegungen im Bescheid vom 28. Januar 2016 verwiesen werden.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter einer Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wurde der für das Hauptsacheverfahren maßgebliche Streitwert halbiert.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 25.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 17. Oktober 2013 - 19 K 6495/13 - gegen die Zurruhesetzungsverfügung des Polizeipräsidiums C. vom 11. September 2013 hätte wiederherstellen müssen.
3Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Begründung der in der angefochtenen Verfügung enthaltenen Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht.
4Das mit dieser Vorschrift normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts soll - neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO befassten Gerichts - vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst zu werden. Gleichwohl dürfen die Anforderungen an den Inhalt einer solchen Begründung nicht überspannt werden. Diese muss allein einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich - in aller Regel - nicht nur auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die Gründe, die für das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung angeführt werden, auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.
5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2012 - 6 B 776/12 -, juris, Rn. 5, m.w.N.
6Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Der Antragsgegner hat ausgeführt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im Fall des Antragstellers geboten, da aufgrund des Verlaufs seiner Krankheit und der sonstigen Umstände nicht damit zu rechnen sei, dass er während eines eventuellen Klageverfahrens seinen Dienst wieder aufnehmen könne. Im Interesse eines effektiven und personell optimal ausgestatteten Polizeivollzugs- und Verwaltungsdienstes könne nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller weiterhin eine Planstelle besetze, die nicht nach- bzw. neubesetzt werden könne, und die Ausfallzeiten des - seit dem 20. Juli 2011 ununterbrochen dienstunfähig erkrankten - Antragstellers weiter durch Kollegen, d.h. durch die im Sachgebiet des Antragstellers tätigen Mitarbeiter aufgefangen werden müssten. Diese Ausführungen zeigen, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst war. Er hat in der angefochtenen Zurruhesetzungsverfügung den Verlauf der Krankheit des Antragstellers geschildert und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf den Dienstbetrieb konkret dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen er gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht. Ob die angeführten Gründe das geltend gemachte Interesse letztlich zu tragen vermögen, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich. Ins Leere geht somit auch der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des Antragstellers, die Erfüllung seiner Aufgaben könne schon dadurch sichergestellt werden, dass ein anderer Beamter zwischenzeitlich auf seinen Dienstposten umgesetzt werde.
7Ohne Belang ist es ferner, dass das Verwaltungsgericht in seiner im Verfahren 19 L 1324/13 ergangenen Hinweisverfügung die Auffassung vertreten hat, die in der - zwischenzeitlich aufgehobenen - Zurruhesetzungsverfügung vom 29. August 2013 enthaltene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung entspreche nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Im Übrigen sind diese Begründung und die in der angefochtenen Zurruhesetzungsverfügung enthaltene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung auch nicht, wie der Antragsteller meint, „wortidentisch“. Insbesondere unterscheiden sie sich insoweit, als der Antragsgegner nunmehr den Verlauf der Krankheit des Antragstellers und die sonstigen Umstände angeführt hat.
8Die Beschwerde setzt schließlich der Annahme des Verwaltungsgerichts nichts Durchgreifendes entgegen, die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung erweise sich nach der im vorliegenden Eilverfahren nur möglichen und auch nur gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Für den Einwand, die Verfügung erweise sich als rechtswidrig, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass zwischenzeitlich eine Reihe von weiteren Behandlungen des Antragstellers die amtsärztliche Begutachtung aus 2013 als „überholt“ erscheinen lasse, fehlt es schon an jeglicher Substantiierung. Umstände, die die Annahme seiner Dienstunfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung in Frage stellen,
9vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Mai 2013 - 6 A 1883/09 -, juris, Rn. 53, m.w.N.,
10hat der Antragsteller auch mit der Beschwerde nicht vorgetragen.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 5 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, wobei der sich daraus ergebende Wert im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der begehrten Entscheidung zu halbieren ist.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des beklagten Landes vom 23. Februar 2012 gerichtete Klage sei unbegründet. Durch diese Verfügung hatte das beklagte Land dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte, mithin die Leitung der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. , mit sofortiger Wirkung verboten. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verbots hätten zwingende Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Das Verbot sei verhältnismäßig gewesen.
7Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen diese eingehend begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.
8Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
9Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, DVBl. 1999, 326, und vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, BVerwGE 63, 250.
10Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, a.a.O.
14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
16Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
18Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
19Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, a.a.O.
20Dass Letzteres vorliegend der Fall war, stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage.
21Der Kläger macht geltend, ein Handeln des beklagten Landes sei nicht zwingend geboten gewesen, denn - wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 8. Oktober 2012 des Abgeordneten Dr. P. , LT-Drucks. 16/1430 belege - passierten „Entweichungen“ aus dem Strafvollzug regelmäßig und aus anderen Justizvollzugsanstalten seien häufiger Gefangene ausgebrochen als aus der JVA C. . Insoweit lässt der Kläger außer Acht, dass dem angefochtenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht allein der Umstand zu Grunde liegt, dass innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen zunächst der Strafgefangene I. versucht hatte, aus der JVA C. auszubrechen, dann der Strafgefangene K. aus der JVA C. ausgebrochen ist und schließlich der dort untergebrachte Strafgefangene I1. geflohen ist, nachdem er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Von entscheidender Bedeutung waren für das Verwaltungsgericht vielmehr die die beiden letztgenannten Vorkommnisse jeweils ermöglichenden bzw. begünstigenden Gegebenheiten sowie auch und nicht zuletzt die sich hieran anschließende - unzulängliche - Unterrichtung des Justizministeriums. Hierauf hat der Kläger nichts Durchgreifendes entgegnet.
22Ob es sich bei der JVA C. seinerzeit - so der Kläger - um eine „besonders sichere“ Anstalt gehandelt hat, ist danach nicht entscheidend. Denn maßgeblich für das Verwaltungsgericht war der Umgang des Klägers mit den Situationen vor und nach den Vorfällen. Hierzu hat in dem Bericht vom 14. Februar 2012 („Erkenntnisse der Expertengruppe ‚JVA C. ‘ zum Ausbruch des Strafgefangenen L. K. am 29.01.2012“) der Leiter der Expertengruppe (im Folgenden zitiert als EG) unter Punkt V. zusammenfassend das Folgende ausgeführt:
23„Die EG sieht auf der Basis ihrer bislang gewonnenen Eindrücke und Feststellungen dringenden Handlungsbedarf, in Bezug auf die Sicherheit und Ordnung der JVA C. einen Zustand herzustellen, welcher der Vollstreckungszuständigkeit gerecht wird (…).
24Die Regelungen zur ständigen und unmittelbaren Beaufsichtigung sowie zur Durchsuchung der Gefangenen in der JVA C. werden - gelinde ausgedrückt - nur unzureichend beachtet. Der Abschlussbericht wird hierzu sowie zu weiteren grundlegenden Sicherheitsproblematiken nähere Einzelheiten enthalten. Sehr überrascht ist die EG, mit welcher offensichtlichen Nonchalence dieses Thema quer durch alle Zuständigkeitsbereiche, auch dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, behandelt wird. Insoweit verwundert es nicht, dass auch offenbar vielen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die Sensibilität für dieses Thema abhanden gekommen zu sein scheint.
25Diese Vermutung würde durchaus zu dem bislang gewonnenen Eindruck der EG, dass in der JVA C. der Aspekt der prognostizierten sozialen Sicherheit deutlich Vorrang gegenüber grundlegenden Sicherheitsstrukturen eingeräumt wird, passen (…).
26Insgesamt hat die EG allein bereits durch die Aufarbeitung des Vorkommnisses in den ersten beiden Tagen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass der baulich-technische Zustand und die administrativ-organisatorische Sicherheitslage der JVA C. derart lückenhaft ist, dass sich vielfältige Einlasstore und Schleppwege für Drogen, Bargeld, Waffen und natürlich auch Handys ergeben. Auch hierzu wird die EG in ihrem Abschlussbericht Einzelheiten ausführen. Vorab sei hier aber auch beispielhaft die aus Sicherheitsgründen sehr bedenkliche Organisation der Besuche (Besuchsabwicklung) genannt (…).
27Die JVA C. beherbergt eine hohe Zahl von langstrafigen Inhaftierten mit verfestigtem kriminellen Potential, die mit ihrer Hafterfahrung genügend Kenntnisse über lokale Sicherheitslücken haben, diese verdeckt ausnutzen können und gleichwohl problemlos zu einem angepassten Vollzugsverhalten in der Lage sind (…).“
28Die mit dem Zulassungsantrag dagegen ins Feld geführten höheren „Entweichungszahlen“ anderer Justizvollzugsanstalten stellen die so beschriebenen Organisationsmängel und sonstigen Defizite nicht in Frage. Vor dem Hintergrund dessen hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die die Strafgefangenen I. , K. und I1. betreffenden Vorkommnisse mit Recht weiter ausgeführt, in der JVA C. hätten sich innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen eine versuchte, aber gescheiterte sowie zwei weitere, zunächst erfolgreiche Gefangenenentweichungen ereignet. Die wegen des zweiten Vorkommnisses eingesetzte Expertengruppe sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass in der JVA C. Defizite bestünden, die Entweichungen begünstigten und die, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen seien, dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuschreiben gewesen seien.
29Neben der Sache liegt der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil es auch bezüglich des aus dem Krankenhaus geflohenen Strafgefangenen I1. von einer Entweichung ausgegangen sei und unter diesen Begriff nur der Ausbruch eines Gefangenen aus einer JVA falle. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Strafgefangene I1. aus der JVA C. ausgebrochen ist, sondern hat seinen Ausführungen zutreffend zu Grunde gelegt, dass er aus dem Krankenhaus geflohen ist.
30Fehl geht die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe, indem es sich die Auffassung des beklagten Landes zu eigen gemacht und unterstellt habe, dass es sich „bei den Entweichungen um“ seine - des Klägers - „‚Fehler‘ (…) gehandelt habe“, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er lässt bereits unberücksichtigt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG - wie dargestellt - keine erschöpfende Aufklärung erforderlich ist und es bei dem Verbot nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ankommt, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Zu Recht hat das beklagte Land seine diesbezüglich zu treffende Prognoseentscheidung u.a. auf den genannten Bericht gestützt und die seinerzeit bereits festgestellten gewichtigen Sicherheitsdefizite, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen sind, dem Verantwortungsbereich des Klägers zugeschrieben.
31Etwaige Umstände, die den baulichen Zustand bzw. die bauliche Unterhaltung der JVA C. betrafen, sind dem Kläger nicht angelastet worden. Verfehlt ist daher der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der Strafgefangene K. durch ein fehlerhaft montiertes Fenster habe entweichen können und für die bauliche Unterhaltung nicht die JVA C. , sondern das Justizministerium zuständig sei.
32Der Annahme des beklagten Landes, dem Kläger seien, wie in der Verbotsverfügung im Einzelnen ausgeführt, sowohl „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen K. “ als auch „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen I1. “ unterlaufen, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
33In Bezug auf den Strafgefangenen K. führt der Kläger an, die Zuweisung von Arbeit, auf die Strafgefangene Anspruch hätten, sei eine „Ermessens- und Beurteilungsentscheidung“, deren Rahmen er nicht fehlerhaft ausgefüllt habe. Insoweit lässt er außer Acht, dass das beklagte Land ihm nicht vorgehalten hat, dass dem Strafgefangenen K. Arbeit zugewiesen worden ist, sondern vielmehr, dass er in der Reinigungskolonne eingesetzt worden ist, obwohl der Gefangenenpersonalakte Hinweise darauf zu entnehmen waren, dass er in Q. noch über acht Jahre Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte und mehrere offene Verfahren anstanden, und die Beaufsichtigung der Reinigungskolonne nicht in der gebotenen Weise gewährleistet war.
34Soweit der Kläger sich diesbezüglich im Weiteren mit dem Inhalt der „Einleitungsverfügung“ bzw. der „Disziplinarverfügung“ auseinandersetzt, geht sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, das nicht der Ahndung disziplinaren Unrechts, sondern der Behebung unzumutbarer Missstände dient, ins Leere.
35Das beklagte Land hat in der streitgegenständlichen Verfügung ferner ausgeführt, ein vom Kläger zu verantwortender Organisationsmangel sei darin zu sehen, dass das Prüfformular für den Einsatz von Strafgefangenen in der Reinigungskolonne weder eine Beteiligung der Abteilungsleitung noch eine Beratung in der Vollzugskonferenz vorsehe. Weder der Umstand, dass, wie der Kläger geltend macht, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ein solches Vorgehen nicht vorsehen, noch sein Hinweis, er habe von seiner Organisationsgewalt Gebrauch gemacht und die Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeitsverwaltung übertragen, sind geeignet, die Berechtigung des Vorhalts in Frage zu stellen. Den Kläger entlastet schließlich auch nicht, dass „dies“ durch seinen „Vorgänger bereits so organisiert worden“ war.
36Verfehlt ist die Rüge des Klägers, der Vorwurf in der „Einleitungsverfügung“, es habe „ständige Verstöße gegen die RISO“ gegeben, sei nicht konkret genug. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Verbotsverfügung vom 23. Februar 2012, in der die dem Kläger vorgehaltenen Verstöße gegen die Richtlinien für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen (RISO) vom 5. Juni 1987 benannt und näher erläutert worden sind.
37Das beklagte Land hat in der Verbotsverfügung des Weiteren ausgeführt, auch die Entscheidung des Klägers, dass der Strafgefangene I1. weder bei der „Ausführung“ in das Krankenhaus zu fesseln noch bei einer stationären Aufnahme zu bewachen sei, sei nicht vertretbar gewesen. Diese Auffassung hat es wie folgt begründet:
38„Der Strafgefangene war nur zwei Tage vor Ihrer Entscheidung, d.h. am 15.02.2012, aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C. -T. in die Justizvollzugsanstalt C. zurückverlegt worden, weil ihm aufgrund des Besitzes von 2 Gramm Cannabis die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen worden war. Er war also nach der höchst aktuellen Entscheidung der zuführenden Justizvollzugsanstalt nicht für Lockerungen geeignet. Ein Krankenhausaufenthalt ohne Bewachung ist von den Bewegungsmöglichkeiten des Gefangenen her ohne Weiteres mit einer Vollzugslockerung gleichzusetzen. Eine erneute Gewährung von Lockerungen zwei Tage nach einem Lockerungsversagen wäre unter keinem Gesichtspunkt zulässig gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Strafgefangene aufgrund von Verletzungen, die er sich entweder selbst beigebracht haben konnte - was für die Vorbereitung einer Flucht sprechen dürfte - oder die ihm von Mitgefangenen zugefügt sein konnten - was ein erhöhtes Fluchtrisiko indiziert - im Krankenhaus vorgestellt werden sollte. Unabhängig hiervon durfte Ihre Entscheidung über einen unbewachten Aufenthalt im Krankenhaus keinesfalls ohne Vorliegen und Auswertung der Gefangenenpersonalakte erfolgen. Nach Ihrem Bericht lag Ihnen die Gefangenenpersonalakte zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Ihnen waren wegen dieses Versäumnisses beispielsweise die Vorstrafen des Strafgefangenen, namentlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Vollrausches, nicht bekannt. Diese Vorstrafen lassen eine Gefährdung der Allgemeinheit bei ungerechtfertigten Vollzugslockerungen als naheliegend erscheinen. Dies untermauert die Notwendigkeit, voll-zugliche Entscheidungen nur in Kenntnis der entscheidungserheblichen, auch hier nur aus der Gefangenenpersonalakte ersichtlichen Tatsachen zu treffen.“
39Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, er habe die Entscheidung, den Strafgefangenen bei der Verbringung ins Krankenhaus nicht fesseln und dort nicht bewachen zu lassen, in Kenntnis des Inhalts seiner Gefangenenpersonalakte getroffen, setzt er sich in Widerspruch zu seinem Bericht vom 20. Februar 2012. Dort hat er ausgeführt :
40„(…) Aufgrund der Informationen anhand des vorliegenden Personal- und Vollstreckungsblattes (kurzer Strafrest, Delikt Sachbeschädigung, Rückverlegung aus dem offenen Vollzug ohne Fluchthinweis) - die Gefangenenpersonalakte lag nicht vor - habe ich entschieden, dass eine Fesselung nicht nötig und dass im Falle eines stationären Verbleibs des Gefangenen eine Bewachung nicht erforderlich ist.“
41Diese Ausführungen zeigen, dass der Kläger seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Personal- und Vollstreckungsblattes getroffen hat. Dafür, dass er auch seinerzeit keine, jedenfalls keine hinreichende Kenntnisse vom Inhalt der Gefangenenpersonalakte hat, spricht der Umstand, dass er ausweislich seines Vorbingens im Zulassungsverfahren noch immer davon ausgeht, dass es sich bei den Vorverurteilungen des Strafgefangenen I1. um „Bagatellkriminalität“ gehandelt habe, obwohl dieser u.a. wegen Raubes, mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässigem Vollrausch und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war.
42Die Kläger führt weiter an, ein Verzicht auf die Bewachung des Strafgefangenen I1. sei vertretbar gewesen, weil kein Anhaltspunkt dafür vorgelegen habe, dass er wegen der Rückverlegung Fluchtabsichten gehegt habe. Auch diese Argumentation unterstreicht, dass er nicht sämtliche Aspekte, die für ein Fluchtrisiko gesprochen haben, in den Blick genommen und zudem nicht erwogen hat, welche Gesichtspunkte gegen die vom beklagten Land beanstandete erneute „Vollzugslockerung“ gesprochen haben .
43Schließlich begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das beklagte Land sich insbesondere und nicht zuletzt auch in Anbetracht der Art und Weise, wie der Kläger dem Justizministerium über die die Strafgefangenen K. und I1. betreffenden Vorkommnisse berichtet hat, sowie wegen der verspäteten Information des Justizministeriums über die erneute Ergreifung des Strafgefangenen I1. veranlasst gesehen hat, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dafür, dass das beklagte Land die Informationsdefizite zu Unrecht angeführt oder ihnen zu viel Gewicht beigemessen hat, gibt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her.
44Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass in der Zeit während und nach einer Gefangenenentweichung einer unverzüglichen, umfassenden und zutreffenden Information des Justizministeriums durch die betroffene Anstalt sehr große Bedeutung zukommt. Dies folgt zum einen aus dem mit Gefangenenentweichungen regelmäßig einhergehenden besonderen öffentlichen Interesse und der Relevanz einer umfassenden und zutreffenden Information der Öffentlichkeit durch das Justizministerium für das allgemeine Sicherheitsgefühl. Zum anderen - so das Verwaltungsgericht - sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenentweichungen häufig zu einer Befassung des Landtags (Rechtsausschuss) mit diesen Vorgängen führten. In diesen Fällen sei - wie hier - eine unverzügliche, vollständige und zutreffende Information der Abgeordneten für den zuständigen Justizminister unabdingbar. Hierzu sei dieser aber seinerseits auf Informationen durch den verantwortlichen Anstaltsleiter der betreffenden JVA angewiesen, die hierfür die uneingeschränkte Gewähr bieten müssten.
45Letzteres verkennt der Kläger, soweit er geltend macht, die die Entweichung des Strafgefangenen K. betreffenden Berichte vom 29. Januar und 2. Februar 2012 seien vom „zuständigen S+O-Inspektor“ gefertigt worden, der die Stellungnahmen der Bediensteten berücksichtigt habe, der Bericht vom 29. Januar 2012 zudem unter Beteiligung eines Mitarbeiters des Justizministeriums, dem es oblegen hätte, auf eine Berichtigung der angeblichen „Unvollständigkeiten und Falschangaben“ hinzuwirken. Der Kläger hat die Ausführungen, die in den von ihm unterzeichneten Berichten enthalten sind, selbst zu verantworten. Die etwaige Einbindung anderer Bediensteter, sei es der JVA C. , sei es des Justizministeriums, änderte nichts an seiner Pflicht, das Justizministerium umfassend und zutreffend zu informieren.
46Auch der Einwand des Klägers, er habe die Berichte nur auf der Grundlage der seinerzeit vorhandenen Erkenntnisse schreiben können, verfängt nicht. Es oblag dem Kläger, die Berichte auf der Grundlage einer sorgfältigen Ermittlung der Einzelfallumstände zu erstellen und, soweit diese noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, den Adressaten der Berichte, mithin das Justizministerium, darauf hinzuweisen, dass und hinsichtlich welcher Umstände die Erkenntnisse noch unzureichend waren.
47Dafür, dass das beklagte Land dem Kläger zu Unrecht auch die Unzulänglichkeit seines Berichts vom 20. Februar 2012 betreffend die „Entweichung des Strafgefangenen K1. I1. aus dem Krankenhaus am 17.02.2012“ angelastet hat, gibt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nichts Durchgreifendes her. Die vom Justizministerium aufgeworfenen Fragen wurden zum Teil nur kurz beantwortet, obwohl ersichtlich Veranlassung zu weiteren Ausführungen bestand. Die Beantwortung der Frage, ob vor der Zusammenlegung, d.h. der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen, eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, ließ nicht erkennen, ob im Fall des Strafgefangenen I1. eine solche Prüfung tatsächlich stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, er habe angesichts der Vielzahl der innerhalb einer kurzen Frist zu bearbeitenden Nachfragen nur das Wesentliche mitteilen können, überzeugt angesichts des Umfangs und des Inhalts des der JVA C. am Nachmittag des 17. Februar 2012 übersandten Fragenkataloges des Justizministeriums und der dem Kläger zur Beantwortung eingeräumten Frist von immerhin gut drei Tagen (Fristende: 21. Februar 2012, 8.00 Uhr) nicht.
48Ins Leere geht das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der „Entweichung“ des Strafgefangenen I1. aus dem Krankenhaus nicht um ein berichtspflichtiges Vorkommnis gehandelt. Der Vorhalt zielt nämlich darauf ab, dass dem Justizministerium nicht unverzüglich, sondern mit mehr als fünfzehn Stunden Verspätung darüber berichtet worden ist, dass der geflohene Strafgefangene am 17. Februar 2012 gegen 17.00 Uhr festgenommen und um 18.03 Uhr in die JVA C. zurückgebracht worden ist.
49Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, es stelle ungeachtet der disziplinarrechtlichen Relevanz ein schwerwiegendes Versäumnis in einer Angelegenheit von hoher sicherheits- und justizpolitischer Bedeutung dar, dass der Kläger die ihm persönlich gemeldete Nachricht von der Wiederergreifung des geflohenen Strafgefangenen I1. nicht unverzüglich, sondern erst mit einem halben Tag Verzögerung an das Justizministerium weitergeleitet habe. Es erschließe sich ohne Weiteres, dass Nachrichten von einer Entweichung oder einer Wiederergreifung eines Gefangenen derart einschneidende und öffentlichkeitsrelevante Ereignisse beträfen, dass diese unverzüglich dem Justizministerium zu melden seien. Dies gelte erst recht in einer Situation wie der seinerzeit vorliegenden, in der die Öffentlichkeit aufgrund der vorangegangenen Vorkommnisse in erhöhtem Maße sensibilisiert gewesen sei. In einer solchen Situation dürfe sich ein Anstaltsleiter als Behördenleiter nicht ohne weitere eigene Erkundigungen oder entsprechende konkrete Anweisungen darauf verlassen, dass einer seiner Mitarbeiter das Justizministerium informieren werde.
50Soweit der Kläger geltend macht, es habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen, dass die Unterrichtung des „Inspektors vom Dienst (IvD)“, der das Justizministerium habe informieren sollen, zunächst unterbleiben sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte den IvD selbst über die Festnahme des Strafgefangenen I1. unterrichten und ihn sodann anweisen können, das Justizministerium unverzüglich zu informieren.
51Auch der Einwand des Klägers verfängt nicht, er habe die Mitteilung von besonderen Vorkommnissen an das Justizministerium auf den IvD bzw. „die zuständige Sicherheitsinspektorin“ delegiert und habe, da diese Mitteilungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfolgt seien, nicht davon ausgehen können, dass das Justizministerium über die Wiederergreifung des Strafgefangenen I1. - versehentlich - nicht informiert werde. Insoweit lässt der Kläger unberücksichtigt, dass es in Bezug auf die JVA C. , wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu mehreren bedeutenden Vorfällen gekommen ist und die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung des Gefangenen I1. nicht zuletzt angesichts der politischen und medialen Relevanz von wesentlicher Bedeutung war. Dass der Leiter der betroffenen Justizvollzugsanstalt in einer solchen Situation die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung eines Strafgefangenen persönlich vornimmt oder sich zumindest vergewissert, dass ein beauftragter Bediensteter die unverzügliche Unterrichtung zeitnah vorgenommen hat, versteht sich von selbst. Somit entlastet den Kläger auch nicht der Umstand, dass das Justizministerium, wie der Kläger geltend macht, ohne Rückfrage bei der JVA C. zu halten, am 17. Februar 2012 gegen 19.30 Uhr eine Pressemitteilung zur Flucht des Strafgefangenen I1. herausgegeben hat, die keinen Hinweis auf dessen Wiederergreifung enthielt.
52Nach alledem ist nichts dafür ersichtlich, dass das beklagte Land seine Ermessensentscheidung, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten, auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Sein Einwand, „der ‚Wirbel in der Öffentlichkeit‘, der in einer modernen Medienlandschaft immer dann entfacht“ werde, „wenn es ansonsten nichts zu berichten“ gebe, könne „nicht die Messlatte dafür sein, ob von der Maßnahme des § 39 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht“ werde, trägt nicht. Er ignoriert die in der Verfügung vom 23. Februar 2012 aufgeführten Gründe, die, ohne dass dies - wie dargestellt - rechtlich zu beanstanden wäre, das beklagte Land zu dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte veranlasst haben.
53Das Zulassungsvorbringen zieht schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig gewesen sei. Insoweit, so das Verwaltungsgericht, sei zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Maßnahme dem Schutz der Bevölkerung vor Straftätern gedient habe, die zu einem beträchtlichen Teil schwerwiegende Straftaten begangen hätten. Dieses Ziel hätte auch nicht in gleicher Weise durch eine andere, für den Kläger weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden können. Insbesondere habe nicht mehr zugewartet werden können, um, wie der Kläger geltend mache, einseitig oder gar einvernehmlich eine andere Verwendung zu ermitteln und sodann eine Abordnung oder Versetzung vorzunehmen. Eine solche Vorgehensweise wäre dem bestehenden Handlungsbedarf nicht gerecht geworden, der gerade durch die Ereignisse der letzten Tage vor dem Erlass der streitgegenständlichen Verbotsverfügung belegt werde.
54Die Annahme des Klägers, schon im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung wäre eine Abordnung und damit eine mildere Maßnahme möglich gewesen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Die Entbindung des Klägers von seinen Dienstgeschäften duldete nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des beklagten Landes keinen Aufschub mehr. Dass es schon seinerzeit abschließend beurteilen konnte, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abordnung an eine andere Dienststelle gegeben sind, ist nicht erkennbar. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass sich das beklagte Land in der Folgezeit erkennbar bemüht hat, hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu schaffen. Bereits mit Wirkung vom 15. März 2012 ist der Kläger an den der Justizvollzugsanstalt E. -I2. angegliederten Kriminologischen Dienst abgeordnet worden. Zugleich hat das beklagte Land seinem Antrag, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, teilweise stattgegeben.
552. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn, wie hier, im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben sind.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Der am 00.00.0000 geborene Kläger steht als Studienrat (Besoldungsgruppe A 13 ÜBesO NRW) im Dienst des beklagten Landes und war zunächst beim Stadtgymnasium E. eingesetzt. Nach seiner zwischenzeitlichen Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit war er zuletzt am Weiterbildungskolleg der Stadt V. , Abendrealschule und ‑gymnasium, tätig.
2Der Kläger wurde am 00.00.0000 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat ernannt. Er besitzt die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Politik und Pädagogik.
3Am 00.00.0000 nahm der Kläger an einer Kundgebung der Partei „Pro NRW“ in L. teil und äußerte sich in diesem Rahmen in einer öffentlichen Rede zu dem Thema Islamismus. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er Lehrer sei und sich als bekennender Homosexueller durch den Islamismus bedroht fühle. Daraufhin untersagte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit Verfügung vom 00.00.0000 mit sofortiger Wirkung – und unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – die Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten des Stadtgymnasiums in E. einschließlich der Kontaktaufnahme zu Schülerinnen und Schülern.
4Den hiergegen gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (1 L 574/13) gab das erkennende Gericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 statt. Die gegen diese Entscheidung zunächst gerichtete Beschwerde zum OVG NRW (6 B 809/13) nahm der Beklagte später zurück. Auf die ebenfalls vom Kläger erhobene Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3328/12) hin wurde der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 mit Urteil vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Den insoweit gestellten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wies das OVG NRW mit Beschluss vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) zurück.
5Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde die Probezeit des Klägers um ein Jahr bis zum 00.00.0000 verlängert. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3816/13).
6Außerdem wurde von der Bezirksregierung B. aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens unter anderem wegen des Auftritts bei der Kundgebung von „Pro NRW“ ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Gegen diese Disziplinarverfügung richtete der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht Münster (13 K 3135/13.O), welches die Disziplinarverfügung mit Urteil vom 13. Mai 2014 aufhob.
7Mit Wirkung ab dem 00.00.0000 wurde der Kläger – mit seinem Einverständnis – durch Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 an das Weiterbildungskolleg V. versetzt.
8Am 00.00.0000 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
9Mit Schreiben an die Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 beantragte der Kläger, schnellstmöglich aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung wegversetzt zu werden. Zur Begründung führt er aus, dass sich die Bezirksregierung, wie in rechtskräftigen Gerichtsurteilen festgestellt, ihm gegenüber seit 00.00.0000 durch mehrere eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht habe. Insbesondere sei die Fürsorgepflicht ihm gegenüber eklatant verletzt und erheblich in seine Grundrechte eingegriffen worden. Auch habe ihn der Dienstherr durch rechtswidrige Androhungen daran gehindert, seine persönliche Integrität als Lehrer gegen verleumderische Vorwürfe der sexuellen Belästigung zu verteidigen. Sein Vertrauen in die Bezirksregierung B. sei irreversibel beschädigt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich.
10Im Rahmen eines diesbezüglichen Anhörungsgespräches am 00.00.0000 in den Räumlichkeiten der Bezirksregierung B. wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinem Versetzungswunsch zu entsprechen. Der Kläger führte aus, dass er eine Namensänderung beim Landrat des Kreises V. vornehmen lasse und in L. ausschließlich unter seinem neuen Namen C. (früher: L1. ) vorgestellt werden wolle, um Anfeindungen, denen er zuweilen im Netz und in sozialen Netzwerken ausgesetzt sei, zukünftig zu entgehen.
11Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin aus persönlichen Gründen mit Wirkung vom 00.00.0000 an das L. -Kolleg, Weiterbildungskolleg der Stadt L. versetzt. Gleichzeitig wurde der Kläger für die Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 in vollem Stundenumfang von 22 Wochenstunden dorthin abgeordnet.
12In der Sendung U1. „Nationalsozialismus – Thema Auschwitz vermitteln“, die am 00.00.0000 um 00.00. Uhr auf X. gesendet wurde, äußerte sich der Kläger im Rahmen eines Telefonanrufs in folgender Weise:
13„Ich selber bin ja auch Lehrer, Gymnasiallehrer, und privat bin ich ein großer Freund des Staates Israel und ein Freund des Judentums, bin auch bekennend Homosexuell, also gehöre auch zu den klassischen Opfern im Grunde des Nationalsozialismus.
14Trotzdem muss ich sagen, dass Auschwitz mich als Kind wenig berührt hat emotional und heute nervt es mich wirklich, wie stark das auch in der Schule im Lehrplan steht und wie übermäßig Schüler, zumindest am Gymnasium auch, damit genervt werden meines Erachtens. Natürlich machen die Schüler brav mit in der Schule, aber hinter vorgehaltener Hand erlebe ich doch, dass Schüler auch wirklich sagen ‚es reicht langsam. Wir kriegen das jedes Jahr wirklich viel zu oft dahergebraten und müssen da und da wieder einen Ausflug machen, wieder eine Gedenkstätte besuchen‘ und ich finde..."
15[Moderatorin unterbricht: Welche Fächer unterrichten Sie kurz, Herr L1. ? Welche Fächer unterrichten Sie?]
16„Ähm… Deutsch, Politik und Pädagogik.“
17[Moderatorin: Das heißt, Sie sind auch einer der vermittelnden Lehrer?]
18„Ja, Geschichtslehrer sicherlich noch viel mehr, ja… ähm… also was ich persönlich meine ist, dass Auschwitz uns eigentlich… ähm… daran hindert, wachsam zu sein. Wir haben so große Probleme heutzutage mit dem Islamismus, dem IS-Terrorismus, mit allen möglichen Arten von Terrorismus und ich… ähm… weiß auch wirklich, dass die Juden heutzutage in meinem Freundeskreis Angst haben vor radikalen Muslimen, weil deren Antisemitismus viel viel größer ist als jeder andere Antisemitismus in Deutschland und das wird einfach nicht thematisiert, weil wir einfach einen Stock im Arsch haben, meines Erachtens in Deutschland und immer denken, dass wenn Gefahr ist, die zuallererst von rechts kommt. Und natürlich ist auch Gefahr von rechts da, selbstverständlich ist das der Fall. Aber meines Erachtens… ähm… ist die Gefühlswelt der jungen Menschen heute eine andere, nämlich dass radikale Muslime unsere Werte bedrohen, die Gleichberechtigung der Frau, die Gleichberechtigung von Homosexuellen und, wie gesagt, auch von Juden und… ähm… das ist eine Fehlgewichtung…“
19[Moderatorin unterbricht: Das heißt, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?]
20„Also, mich persönlich… ähm… interessiert Auschwitz privat überhaupt nicht mehr. Ich… ähm… beschäftige mich lieber mit dem IS-Terrorismus, mit Islamismus, mit… Ähm… mir geht sogar emotional die Massentierhaltung viel näher als Auschwitz. Alle 6 Millionen, … ähm… alle 20 Minuten sterben 6 Millionen Tiere, das geht mir emotional viel näher. Und die jungen Menschen, ist egal, ob es Vegetarier sind, sehen das auch so… (?)“
21[Moderatorin wirft in die Äußerungen ein: Also das ist mir ein bisschen krass, ehrlich gesagt.]
22„Ja, das ist Ihre Wertung. Man muss die Wertung der Leute, auch von jungen Menschen, ernst nehmen. Das ist Ihre Wertung. Ich respektiere auch die Wertung aller Anrufer. (?)“
23[Moderatorin bricht ab und leitet zum nächsten Gesprächspartner über.]
24In einem Anhörungsgespräch am 00.00.0000 bei der Bezirksregierung B. unter Beteiligung eines Personalratsmitglieds wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung der Dienstgeschäfte anlässlich seiner Äußerungen in der Sendung bei X. am 00.00.0000 in Bezug auf den Holocaust zu verbieten; gleichzeitig wurde ihm – unter Belehrung über sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen – Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er sich erst hierzu äußern wolle, wenn ihm eine schriftliche Begründung für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorläge. Sodann sprach Frau S. G. im Namen des Beklagten mündlich ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus, da aufgrund der von dem Kläger getätigten Äußerungen bei X. , insbesondere wegen der Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und dem Holocaust, ein Verstoß gegen seine Wohlverhaltenspflicht vermutet werde. Die weitere Begründung dieses mündlich erteilten Verwaltungsakts werde ihm binnen einer Woche gegeben. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Weiterhin wurde ihm von Frau S. G. im Namen des Beklagten verboten, ab sofort das L. -Kolleg zu betreten. Der Kläger antwortete, dass ihn dies bereits aus einem vorherigen Verbot bekannt sei und er sich daran halten werde. Schließlich wurde klargestellt, dass es sich hierbei nicht um eine Disziplinarmaßnahme handele.
25In dem anschließend ergangenen Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde dem Kläger mit sofortiger Wirkung sowie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) aus zwingenden dienstlichen Gründen bis auf weiteres die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und ihm zugleich bis auf weiteres untersagt, das L. -Kolleg zu betreten oder mit den Schülerinnen und Schülern Kontakt aufzunehmen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger dienstlich nicht vertretbar sei und schwerwiegende Nachteile für den Dienstherrn sowie für die Öffentlichkeit zu befürchten seien, die nicht anders abgewendet werden könnten. Es lägen hinreichende und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass er ein Dienstvergehen von schwerwiegender Art begangen habe, indem er in der Sendung U. am 00.00.0000 auf X. in seinen Äußerungen eine vergleichende Betrachtung der Massentierhaltung und des nationalsozialistischen Massenmords in Auschwitz getätigt und damit den Holocaust verharmlost habe. Das durch diese Äußerungen in der Öffentlichkeit praktizierte Verhalten erfordere vor einer abschließenden Prüfung zwingend die Verhinderung der weiteren Dienstausübung, da durch den in der Öffentlichkeit aufgekommenen Verdacht einer Straftat bzw. eines Dienstvergehens das Vertrauen in die dienstliche Tätigkeit des Klägers als Lehrer insgesamt in Frage gestellt sei. Dabei hätten Beamtinnen und Beamte ihre Aufgaben unparteiisch sowie gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Sie müssten sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Dies schließe die Vermeidung eines durch eigenes Verhalten in vorhersehbarer und zurechenbarer Weise gesetzten Anscheins ein, sich mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut zu identifizieren. Hierfür genüge jede Form des Relativierens des Völkermordes oder Bagatellisierens seines Unrechtsgehalts. Durch seine Aussage, welche die während des NS-Regimes verfolgten Personenkreise und die ihnen gegenüber begangenen Straftaten, insbesondere die systematische Judenvernichtung, auf eine Stufe mit Tieren in der Massentierhaltung und den dortigen Vorgehensweisen stelle, habe der Kläger eine Wertung vorgenommen, die ein Herunterspielen und Verharmlosen des Holocausts darstelle. Dies komme einer Relativierung des menschenverachtenden Massenmordes in einer „geschmacklosen" Art und Weise gleich und untergrabe die Grundlagen der demokratischen Staatsordnung. Eine derartige Äußerung stünde zugleich in unmittelbarem Widerspruch zu seiner Lehrtätigkeit im Fach Politik und werde dem Umstand nicht gerecht, dass sich Beamte gemäß § 34 BeamtStG mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen hätten. Im Gegenteil ließen die getätigten Äußerungen auf eine unzumutbare charakterliche Grundeinstellung sowie eine tiefe Missachtung der dem Beamten auferlegten Pflicht zur Verfassungstreue schließen. Schon wegen seiner Tätigkeit als Politiklehrer hätte ihm bewusst gewesen sein müssen, welchen Stellenwert der 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung habe. Dies sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, weil die konkrete Eignung zu bejahen sei, das psychische Klima aufzuhetzen; dabei genüge die Verhetzung eines aufnahmebereiten Publikums. Da es sich bei der Radiosendung auf X. um eine Live-Sendung gehandelt habe, sei ein nahezu unbegrenzter Personenkreis für die Äußerungen erreichbar gewesen. Ferner seien die Äußerungen im Widerspruch zur beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht geeignet, das Ansehen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein -Westfalen, massiv und nachhaltig zu schädigen. Ein innerdienstliches Verhalten sei gegeben, da er sich bei X. als Gymnasiallehrer und als Politiklehrer des Landes Nordrhein-Westfalen am Standort V. vorgestellt habe. Im Interesse des Ansehens der öffentlichen Verwaltung sowie im Interesse des Schutzes der Schülerinnen und Schüler könne eine weitere Ausübung des Dienstes nicht verantwortet werden. Insbesondere dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, die öffentliche Verwaltung dulde in ihren Reihen menschenverachtende Äußerungen dieser Art. Zudem bestünde vorliegend die Gefahr, dass der Kläger eine Relativierung des Holocausts durch die wiederholte Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und der menschenverachtenden Ermordung von Juden auch in seinem Politikunterricht vornehme und damit das beamtenrechtliche Neutralitätsgebot missachte. Gleichzeitig liege aufgrund seiner Äußerungen, dass das Thema in den Lehrplänen einen zu großen Raum einnehme und er sich lieber mit Themen wie Islamismus und Terrorismus beschäftigen würde, die Vermutung nahe, dass er dem Thema im Rahmen seines Unterrichts nicht den entsprechenden Raum einräumen und so dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule hinreichend Beachtung schenken werde. Im Rahmen des Ermessens sei das Individualinteresse des Klägers an der weiteren Ausübung seines Amtes mit den Belangen des Gemeinwohls in Form des Interesses der Öffentlichkeit am Schutz des Ansehens des Beamtentums, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, abgewogen und letzterem der Vorrang eingeräumt worden. Dabei habe man berücksichtigt, dass der Kläger sich im Nachgang der Äußerungen von diesen weder distanziert noch diese relativiert habe. Die sofortige Wirksamkeit des Verbots durch Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung sei erforderlich, um der drohenden Wiederholungsgefahr im Unterricht Rechnung zu tragen.
26Im Rahmen eines weiteren Dienstgesprächs bei der Bezirksregierung L. wurde dem Kläger am 00.00.0000 eröffnet, dass unabhängig vom Ausgang der laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Einsatz als Lehrer am Weiterbildungskolleg L. im Interesse des Schulfriedens wie auch in seinem persönlichen Interesse faktisch nicht mehr möglich sei. Denn sein Radiobeitrag und die nachfolgende Presseberichterstattung hätten dazu geführt, dass von Seiten des Lehrerkollegiums, der Elternschaft wie auch des Personalrates eine positive Integration seiner Person in das ansonsten sehr integrationsbereite Kollegium nicht mehr möglich sei. Der Kläger konnte diese Analyse nachvollziehen und war damit einverstanden, nicht dort eingesetzt zu werden. Daraufhin wurden weitere potentielle Einsatzmöglichkeiten nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren erörtert: Der Kläger lehnte einen weiteren Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus den Gründen seines Versetzungsantrages ab. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Bezirksregierung L. sowie die Bezirksregierung E1. aufgrund fehlenden Bedarfs aktuell keine Einsatzmöglichkeit an einem Weiterbildungskolleg in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erkennen könnten.
27Mit Schreiben vom 00.00.0000 berichtete die Leiterin des L. -Kollegs der Bezirksregierung L. von dem am 00.00.0000 stattgefundenen pädagogischen Tag in der Jugendherberge L. -S1. , zu dem auch der Kläger eingeladen war, um sich vor seinem Dienstantritt am 00.00.0000 einen ersten Einblick zu verschaffen. Nachdem sie den Kläger dem Kollegium vorgestellt habe, habe dieser auf dringende Anfrage der Bezirksregierung B. die Veranstaltung unverzüglich verlassen und sich noch am gleichen Tag in B. einfinden müssen. Daraufhin habe der Kläger unter den Blicken des gesamten Kollegiums den Raum verlassen. Später habe ihr ein Lehrer mitgeteilt, dass er den Kläger schon vorher einmal persönlich bei einer Veranstaltung erlebt und nun wieder erkannt habe. Außerdem hätten andere Lehrerinnen und Lehrer und sogar der Hausmeister am Abend zuvor Fernsehberichte über die Äußerungen des Klägers im X. -Programm gesehen und sich zwischenzeitlich im Internet entsprechend informiert, weshalb nun allgemein bekannt sei, dass es sich bei dem Kläger um den wegen seiner Äußerungen zum Holocaust vorläufig suspendierten Lehrer handele. Sie als Schulleiterin könne nachdrücklich versichern, dass ihr normalerweise sehr integrationsbereites und tolerantes Kollegium sich mit allen Kräften wehren und öffentlich dagegen verwahren würde, wenn der Kläger an das L. -Kolleg kommen sollte.
28Mit Bescheid vom 00.00.0000 widerrief die Bezirksregierung B. gegenüber dem Kläger ihre Abordnungs- und Versetzungsverfügung an das L. -Kolleg vom 00.00.0000 gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Später hob die Bezirksregierung B. diesen Bescheid mit einem weiteren Bescheid vom 00.00.0000 mangels vorheriger Personalratsbeteiligung auf und erließ gleichzeitig nach Mitzeichnung der Gleichstellungsbeauftragten am 00.00.0000 und Zustimmung des örtlichen Personalrats am 00.00.0000 einen neuen, inhaltlich gleichlautenden Bescheid, mit dem die Abordnungs- und Versetzungsverfügung des Klägers an das L. -Kolleg widerrufen wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Abordnung und Versetzung widerrufen würden, weil man aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewesen wäre, die entsprechenden Verfügungen nicht zu erlassen, und weil ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Das von dem Kläger am 00.00.0000 geführte Radiointerview auf X. habe zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass seine Identität unter seinem neuen Namen, entgegen seiner mit dem Versetzungsantrag ursprünglich verbundenen Intention, landesweit bekannt geworden sei. Aufgrund dessen sei nach Angaben der Schulleiterin des L. -Kollegs eine erhebliche Unruhe im dortigen Kollegium entstanden; in Folge der Presseberichterstattung bestünden nun Widerstände im Kollegium gegen die Integration seiner Person, zumal seine „Vorgeschichte" nun auch allen Studierenden bekannt geworden sei. Dadurch sei der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört und wäre im Falle seines Verbleibs an der Schule nachhaltig gefährdet. Darüber hinaus sei der Widerruf der Verfügungen auch zur Verhinderung eines drohenden Schadens für Individualrechtsgüter erforderlich, namentlich um eine Gefährdung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sowie möglicherweise weitere Folgen für seine Gesundheit aufgrund fortdauernder Bedrohungen und Anfeindungen auch an der neuen Schule zu vermeiden. Sein persönliches Interesse an einem „Neuanfang", der aufgrund der Vorfälle nun nicht mehr im gewünschten Maße stattfinden könne, müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung des Schulfriedens sowie an einer ordnungsgemäßen Unterrichtsteilung zurücktreten, zumal er die zu der Aufhebung führenden Gründe selbst herbeigeführt habe. Infolge der Aufhebung sei er nunmehr formal dem Weiterbildungskolleg V. zugewiesen, während sein Versetzungsantrag wieder auflebe; über diesen werde in Abhängigkeit von dem Ausgang der laufenden Verwaltungsstreitverfahren sowie der aktuellen Bedarfssituation entschieden. Ein Einsatz am Weiterbildungskolleg V. sei nicht vorgesehen.
29Mit Datum vom 00.00.0000 stellte die Bezirksregierung B. aufgrund der Äußerungen des Klägers in der Radiosendung Strafanzeige mit der Bitte um rechtliche Überprüfung. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Köln vom 19. April 2015 (121 Js 363/15) wurde sodann die Absicht mitgeteilt, das Verfahren gemäß § 170 der Strafprozessordnung einzustellen – die endgültige Einstellung erfolgte im 00.00.00. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Straftat, insbesondere eine Volksverhetzung im Sinne von § 130 des Strafgesetzbuches, nicht vorliege. Dabei, dass der Kläger im Rahmen der Telefondiskussion angegeben habe, dass ihn persönlich Auschwitz nicht mehr interessiere und ihm die Massentierhaltung sowie der Tod von sechs Millionen Tieren emotional viel näher gingen, handele es sich nur um die persönliche Meinung des Klägers, die von seiner Meinungsfreiheit gedeckt sei. Für das Tatbestandsmerkmal des Verharmlosens sei hingegen ein ausdrückliches quantitatives oder qualifiziertes Bagatellisieren von Art, Ausmaß, Folgen und Wertwidrigkeit einzelner oder der Gesamtheit nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen erforderlich.
30Bereits mit Bescheid vom 00.00.0000, dem Kläger zugestellt am 00.00.0000, leitete die Bezirksregierung B. gegen den Kläger wegen des Verdachts, ein Dienstvergehen begangen zu haben, ein Disziplinarverfahren ein. Zur Begründung wurde vorrangig auf seine Äußerungen in der Radiosendung bei X. Bezug genommen, darüber hinaus aber ebenfalls auf weitere Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen seiner Unterrichtstätigkeit: Dazu zählten insbesondere der Besuch einer Shisha-Bar während der Unterrichtszeit, nicht erteilter Unterricht am 00.00.00, 00.00.0000 und 00.00.0000 sowie das Verhalten des Klägers gegenüber Schülerinnen und Schülern bzw. Kolleginnen und Kollegen. Überdies wurden ihm mangelnde Professionalität und sein Verhalten am pädagogischen Tag 2015 vorgeworfen. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurden im 00.00.0000 zahlreiche Zeugen vernommen. Aufgrund der dortigen Erkenntnisse wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 00.00.0000 um den Pflichtverstoß ergänzt, es unterlassen zu haben, die Bezirksregierung B. zeitnah über die Aberkennung seines Doktortitels in Kenntnis gesetzt zu haben.
31Der Kläger hat bereits am 00.00.0000 gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt (1 L 217/15). Letzteren nahm der Kläger mit Schriftsatz an das erkennende Gericht vom 10. März 2015 zurück, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 11. März 2015 eingestellt wurde.
32Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass sowohl das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das ausgesprochene Hausverbot rechtswidrig seien. Für die formelle Rechtswidrigkeit des Hausverbots nehme er Bezug auf die Entscheidungen des erkennenden Gerichts und des OVG NRW in den früheren Verfahren 1 L 574/13 und 1 K 3328/12. Darüber hinaus sei das verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufzuheben, da die von dem Dienstherrn geäußerte Auffassung, es bestünde der Verdacht eines Dienstvergehens „schwerwiegender Art", schlichtweg falsch sei. Insbesondere seien die ihm zu Last gelegten Äußerungen im Kontext eines längeren, mehrminütigen Gespräches im Radio durch Art. 5 GG gedeckt und stellten demgemäß keinen Verstoß gegen Dienstpflichten dar. Im Bescheid hingegen würden einzelne Sätze nicht nur im falschen Wortlaut dokumentiert, sondern zudem vollkommen aus dem Zusammenhang des Gesprächs gerissen; eben dies habe in einem früheren Disziplinarverfahren bereits das Verwaltungsgericht Münster kritisiert. Für das Gespräch habe er sich zuvor handschriftliche Notizen als Gesprächsleitfaden gemacht, in deren Rahmen am Ende abschließende Distanzierungen von jeglichen Relativierungen des Holocausts vorgesehen gewesen seien; diese habe er jedoch leider nicht mehr für die Öffentlichkeit hörbar äußern können. Hieran trage er selbst keine Schuld, da er damit habe rechnen können, noch ein „letztes Wort" zugestanden zu bekommen. Nichtsdestotrotz sei auch durch den Beginn des öffentlichen Gesprächsausschnitts ersichtlich, dass er sich deutlich und unmissverständlich vom Nationalsozialismus distanziert habe. Sofern er gesagt habe, dass zahlreiche tagesaktuelle Grausamkeiten, etwa IS-Terrorismus und Massentierhaltung, ihm „emotional viel näher" gingen, habe er keineswegs den Verbrechensgehalt der Ereignisse von Auschwitz relativiert, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ihn die tagesaktuell auf der Welt passierenden Grausamkeiten gegenwärtig emotional stärker berührten als Ereignisse, die mehr als 70 Jahre zurücklägen. Damit habe er aber in keinster Weise zwischen Massentierhaltung und Holocaust einen Vergleich hinsichtlich des Unrechtsgehalts vorgenommen, sondern lediglich seine im Jahr °°°° fühlbare emotionale Betroffenheit abgeglichen. In diesem Zusammenhang bekenne er sich ausdrücklich dazu, dass er den Unrechtsgehalt von Auschwitz als größer einstufe als denjenigen der Massentierhaltung. Zudem habe er seine Äußerungen deutlich hörbar als „privat" zugeordnet. Dabei sei es auch – wie vom VG Münster im damaligen Disziplinarverfahren festgestellt – dienstrechtlich vollkommen irrelevant, dass er sich während des Radiogesprächs als Lehrer zu erkennen gegeben habe. Denn es sei legitim, wenn Lehrer zu bildungspolitischen Fragen in ihrer Freizeit öffentlich Positionen verträten, selbst wenn diese den Positionen des Dienstherrn klar widersprächen (z.B. „G8“ und „Kopfnoten“). Im Übrigen habe er nicht im Geringsten den Anschein hervorgerufen, ein Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu sein. Insoweit führe der besondere Wertgehalt des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, zumal er in keinster Weise Lehrer dazu aufgefordert habe, den bestehenden Lehrplan nicht mehr zu befolgen, oder dies für sich angedeutet habe. Das Weiterbildungskolleg V. habe er überhaupt nicht erwähnt. Ungeachtet seines privaten Desinteresses sei er durchaus der Meinung, dass Auschwitz auch in Zukunft in der Schule behandelt werden müsse. Lediglich bezüglich des Umfangs würde er sich von künftigen Lehrplänen eine Verschiebung zugunsten von Themen mit höherer weltpolitischer Aktualität wünschen, doch verhalte er sich zugleich in seiner Diensttätigkeit gegenüber dem aktuellen Lehrplan vollkommen loyal. Angesichts dessen ließe sich das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine Eignung, Schülerinnen und Schülern als Vorbild zu dienen, auch nicht als tiefgreifend erschüttert einstufen. Im Gegenteil ließe sich feststellen, dass der von ihm geäußerte Wunsch nach einem geringeren Umfang der Thematisierung des Holocausts von einer breiten Mehrheit der deutschen Bevölkerung geteilt werde. Nach einer im Januar 2015 von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten repräsentativen Umfrage befürworte eine große Mehrheit der Deutschen (81 Prozent), darunter insbesondere die Gruppe der unter 40-Jährigen, die Geschichte der Judenverfolgung hinter sich zu lassen und sich stattdessen gegenwärtigen Problemen zu widmen. Auf einer solchen, emotional geprägten Ebene seien seine Äußerungen bei X. angesiedelt gewesen, keineswegs auf einer historisch-analytischen Ebene. Lediglich seine hohe Empathie für das Leiden von Tieren in der Massentierhaltung dürfte von der Position der Durchschnittsbevölkerung abweichen, da er schon als Kleinkind streng vegetarisch aufgewachsen sei und sich seit dem Alter von 15 Jahren sogar streng vegan ernähre; in Anlehnung an das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten" im christlichen Glauben habe er für das Leiden von Tieren ein deutlich größeres Mitgefühl als die meisten anderen Menschen. Dieses habe er jedoch niemals in seine dienstliche Tätigkeit eingebracht und hinsichtlich derartiger Äußerungen werde er sich in Zukunft gerne mäßigen.
33Zur Bestätigung seiner Angaben, sich unmittelbar vor dem Radiointerview einen eigenen Gesprächsleitfaden vorbereitet zu haben, legt der Kläger ein DIN A4-Blatt mit folgenden Notizen vor:
34„bin Freund des Judentums und Israels und schwul; bin Opfer / Gegner des NS-Regimes; aber: Auschwitz wird zuviel in Schulen behandelt; Schülerinnen und Schüler genervt („es reicht!"); Auschwitz hindert uns daran, wachsam zu sein, lenkt uns von anderen Problemen ab; Islamismus, IS-Terrorismus, Boko Haram, Antisemitismus in Deutschland bei radikalen Muslimen; Juden haben Angst, Schwule auch; klarstellen: auch von rechts droht noch immer Gefahr/ nicht zu verharmlosen; Abschluss: Gesagtes soll Auschwitz nicht verharmlosen, Auschwitz war ein schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
35Die zur Begründung der Klage gemachten Ausführungen ergänzt der jüngst in das Verfahren eingetretene Prozessbevollmächtigte des Klägers dahingehend, dass nicht jeder Verdacht eines Dienstvergehens bereits einen zwingenden Grund für den Erlass eines Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte biete. Vielmehr komme dies nur dann in Betracht, wenn dem Beamten aufgrund hinreichender Anhaltspunkte eine Straftat oder ein Dienstvergehen von so schwerwiegender Art zur Last gelegt werden könne, dass bereits vor der abschließenden Prüfung die Verhinderung der weiteren Dienstausübung zwingend notwendig erscheine. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Im Übrigen sei einem Vermerk des Ermittlungsführers zu entnehmen, dass nach der bisherigen Untersuchung weder mit einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst noch mit seiner Rückstufung zu rechnen sei. Doch hätte der Beklagte zwingend klären und aktenkundig machen müssen, welche Erkenntnisse ihn zu der Überzeugung führten, dass bei einer Fortsetzung des Dienstes durch den Kläger mit schwerwiegenden Nachteilen des Dienstherrn oder für Dritte zu rechnen sei. Dass man mit der Suspendierung lediglich habe ein „Zeichen setzen“ wollen, entspräche aber nicht dem gesetzgeberischen Ziel – die darin geregelte Möglichkeit der fristlosen Freisetzung verlange vielmehr die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Gleichzeitig liefe es seiner Fürsorgepflicht entgegen, dass der Dienstherr zusätzlich noch mittels Pressemitteilung die Suspendierung in der Öffentlichkeit bekannt gemacht und zudem den Namen des Klägers im Fernsehen genannt habe. Dieser habe sich lediglich in einem Interview zur Fleischernährung geäußert und dabei seine persönliche Meinung vorgetragen. Diese sei durch Art. 5 GG geschützt, zumal es sich um eine Äußerung außerhalb des Dienstes gehandelt habe. Zudem habe er sich im Interview nur als Lehrer zu erkennen gegeben, einen direkten Bezug zu seinem Amt und zu seiner Stellung als Beamter aber nicht hergestellt. Das mitverfügte Hausverbot sei wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ebenfalls rechtswidrig.
36Der Kläger beantragt,
37die Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Zur Begründung führt er aus, dass sowohl das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das ausgesprochene Hausverbot rechtmäßig seien. Die Ausübung des Hausrechts stünde zwar grundsätzlich der Schulleitung zu, richte sich aber gegen Störungen von außenstehenden Dritten oder Nutzern der öffentlichen Einrichtung. Demgegenüber ließen sich Konflikte wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens einer Lehrkraft als Angehörigem des Lehrkörpers nur im Wege dienstrechtlicher Maßnahmen lösen, weshalb das Verbot zum Betreten des Schulgebäudes gegenüber einer Lehrkraft nur von der Stelle ausgesprochen werden könne, die auch für das Verbot der Dienstausübung zuständig sei. Auch dafür seien die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben, da bei weiterer Dienstausübung des Klägers der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde und gewichtige Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die Beeinträchtigung des Dienstbetriebs sei in der erheblichen Unruhe in der Lehrer- und Schülerschaft aufgrund der Äußerungen des Klägers in der landesweit ausgestrahlten X. -Radiosendung sowie aufgrund der X. -Fernsehsendung „B1. T. " am 00.00.0000 entstanden. Dies werde auch durch eine Stellungnahme der Schulleiterin des L. -Kollegs bestätigt. Dem Kläger sei insbesondere vorzuwerfen, dass seine Äußerungen einen direkten Zusammenhang zwischen dem menschenverachtenden Massenmord in der Zeit des Nationalsozialismus und der Massentierhaltung herstellten, wodurch unweigerlich eine Wertung in Gestalt der Verharmlosung des Holocausts vorgenommen werde. Die schriftliche Dokumentation der Radioaussagen habe exakt den Äußerungen entsprochen, die tatsächlich für die Hörerschaft des Interviews akustisch wahrnehmbar gewesen wären. Hingegen stelle die Angabe des Klägers, dass es sich bei der im Radio getätigten Zahlenangabe im Rahmen der oben genannten Äußerungen nur um einen unglücklichen und versehentlichen Zahlendreher gehandelt haben solle, nur eine substanzlose Schutzbehauptung dar, die nicht überzeugen könne. Denn dies stünde im Widerspruch zu den bisherigen Erläuterungen des Klägers, den Gesprächsverlauf vorab mithilfe eines selbst verfassten Leitfadens umfassend geplant zu haben. Entgegen der Einschätzung des Klägers sei es gerade der Gesamtzusammenhang seiner Äußerungen gewesen, der zu der Annahme begründeter Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Dienstvergehens schwerwiegender Art geführt habe. Dass ihm schließlich am Ende des Interviews keine Zeit zu Klarstellungen gegeben worden sei, hätte der Kläger einkalkulieren müssen. Als Folge der Äußerungen des Klägers sei nunmehr aber auf Seiten des Dienstherrn und der Öffentlichkeit ein Vertrauensverlust in die dienstliche Zuverlässigkeit des Klägers als Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen entstanden. Insoweit habe es im direkten zeitlichen Nachgang eine Vielzahl telefonischer Beschwerden und intensive Reaktionen der Öffentlichkeit gegeben. Weiterhin habe auch ein materieller Dienstbezug bestanden, da der Kläger eine Einordnung der Äußerungen als rein private Sichtweise nicht gegeben, sondern im Gegenteil durch den Hinweis auf die zu große Breite in den bestehenden Lehrplänen den Eindruck vermittelt habe, dass er bei der Ausführung seines Lehrauftrages beeinträchtigt sei. Diesbezüglich genüge es, dass aus Sicht eines unbefangenen Betrachters der Eindruck einer inneren Abkehr von den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit der darin liegenden Befürchtung entstünde, er werde seinen dienstlichen Aufgaben als Lehrkraft nicht mehr unbefangen nachkommen. Die Äußerungen des Klägers seien in diesem Zusammenhang auch nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG gedeckt. Im Gegenteil habe der Verdacht bestanden, dass der Kläger eine Straftat in Form einer Verharmlosung des Holocaust gem. § 130 Abs. 3 StGB begangen habe. Im Übrigen bedürfe es für die Anordnung eines Verbots der Führung der Dienstgeschäfte keiner erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts, sondern es genüge, dass der Dienstvorgesetzte zu der begründeten Überzeugung gelange, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln verlangten. Das Hausverbot sei demgegenüber dadurch begründet, dass eine weitere Störung des Schulbetriebs bzw. die Gefahr einer Wiederholung zu befürchten sei. Ohne seine Anordnung wäre zu befürchten gewesen, dass der Kläger ungeachtet einer Lehrtätigkeit die Schule aufgesucht und weitere Äußerungen gegenüber Schülerinnen und Schülern, gegenüber dem Lehrerkollegium oder gegenüber der Presse vorgenommen hätte, gegebenenfalls zur Rechtfertigung seiner Äußerungen. Die Belastung des Beamten ergäbe sich ohnehin in erster Linie aus dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 1 K 3328/12, 1 L 574/13, 1 K 3816/13, 1 K 1482/15, 1 K 2645/15 sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs und die Personalakte des Klägers Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe:
43Die Klage ist zulässig und begründet.
44Insbesondere ist die Klage als Anfechtungsklage gegen das ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach wie vor statthaft und es besteht weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn das mit Bescheid vom 00.00.0000 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist nicht nach § 39 Satz 2 BeamtStG erloschen. Denn gegen den Kläger ist innerhalb der Dreimonatsfrist des § 39 Satz 2 BeamtStG, namentlich mit Verfügung vom 00.00.0000– dem Kläger zugestellt am 00.00.0000 – ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
45Die Klage ist auch begründet. Das von der Bezirksregierung B. verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei ist die mündlich nach dem Anhörungsgespräch vom 00.00.0000 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verfügung in der Fassung des Bescheides vom 00.00.0000 zugrunde zu legen.
46Das an den genannten Tagen verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte war zwar bei seinem Erlass rechtmäßig, ist aber jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung materiell rechtswidrig geworden.
47Zwar ist bei Anfechtungsklagen regelmäßig nur der Zeitpunkt des Bescheiderlasses Ausgangspunkt der rechtlichen Begutachtung, doch gilt abweichend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, wenn dem jeweiligen Verwaltungsakt – wie hier dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte – eine Dauerwirkung für einen längeren Zeitraum zukommt. Denn die zuständige Behörde und im Streitfall das Gericht müssen das ausgesprochene Verbot bis zum Ende der Geltungsdauer „unter Kontrolle halten“. Wenn sich herausstellt, dass Gründe, die ursprünglich für das Verbot sprachen, entweder widerlegt oder soweit entkräftet sind, dass sie nicht mehr den qualifizierten Anforderungen für den Erlass einer Verbotsverfügung genügen, ist die Verbotsverfügung aufzuheben.
48Vgl. VG E1. , Urteil vom 19. Dezember 2014 – 2 K 6786/14 –, juris; diesen Zeitpunkt hat in einem früheren Klageverfahren des Klägers schon VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 K 3328/12 – zugrunde gelegt.
49Rechtsgrundlage für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist § 39 Satz 1 BeamtStG. Danach kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden.
50Zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 39 Satz 1 BeamtStG liegen dann vor, wenn eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Beamten – im Augenblick und für die Dauer des Verbots – dienstlich nicht vertretbar ist. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist eine Notmaßnahme, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden. Dienstliche Belange, welche ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtfertigen, können sowohl durch ein dienstliches als auch durch ein außerdienstliches Verhalten des Beamten oder in seiner Person begründet sein, soweit sie sich auf die dienstlichen Bereiche auswirken können.
51Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschlüsse vom 3. April 2009 – 6 B 36/09 –, juris, und vom 26. April 2007 – 6 B 391/07 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. September 2011 – 12 K 3083/09 -, juris, Rn. 20 ff. sowie Beschluss vom 23. Juni 2009 – 1 L 228/09 -, (n.v.); VG München, Beschluss vom 17. April 2002 – M 5 S 02.1111 -, juris, Rn. 28.
52Der Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt als solcher grundsätzlich voller gerichtlicher Nachprüfung. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass der Dienstherr die fachlichen und politischen Ziele des Verwaltungshandelns aufgrund seines Organisationsrechts bestimmt und damit die dienstlichen Belange maßgebend prägt, so dass diese als Vorgaben auch in die wertende Entscheidung einfließen. Ferner ist der Charakter des Verbots als eine materiell-rechtlich vorgesehene Sofortmaßnahme, die Zwecken der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr dient, zu berücksichtigen.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 21/03 –, juris Rn. 10; Zängl, in: GKÖD, § 60 BBG a.F., Rn. 4 und 19; Plog/Wiedow, § 60 BBG a.F., Rn. 1 und 8.
54Hintergrund ist der Anspruch des Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung als einen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.
55Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.
56Die zu befürchtenden Nachteile müssen vor diesem Hintergrund so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
57Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2013– 6 A 2586/12 – und vom 30. Juli 2015 – 6 A 1454/13 –, beide juris m.w.N.
58Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 – 1 WB 67.78 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2015– 6 A 1454/13 –, juris.
60Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2013– 6 A 2586/12 – und vom 30. Juli 2015 – 6 A 1454/13 –, beide juris m.w.N.
62Gemessen an diesen Maßstäben lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte zwingende dienstliche Gründe in dem Sinne vor, dass die Bezirksregierung B. zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgehen durfte, eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger erscheine nicht angebracht. Dies gilt zum einen unter dem Gesichtspunkt der durch den Kläger begangenen Dienstpflichtverletzungen und zum anderen wegen des darin liegenden Zwecks der Gefahrenabwehr.
63Insbesondere stand das außerdienstliche Verhalten des Klägers in Form seines Radiointerviews bei X. am 00.00.0000 mit seinen Pflichten aus § 33 Abs. 2 BeamtStG (Gebot zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung) auch in Ansehung der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Meinungsfreiheit nicht in Einklang.
64Der Beamte steht zu seinem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Dieser Grundsatz hat nach Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 GG Verfassungsrang. Die sich aus diesem Dienst- und Treueverhältnis ergebenden einzelnen Rechte und Pflichten des Beamten werden teilweise in den §§ 33 ff. BeamtStG konkretisiert, wo seinem Handeln Grenzen gesetzt werden. Insoweit kommt es zur Kollision von zwei Grundentscheidungen der Verfassung, zum einen der Garantie eines für den Staat unentbehrlichen und diesen tragenden Beamtentums und zum anderen der individuellen Freiheitsrechte eines Beamten, hier dem Grundrecht freier Meinungsäußerung. Nach diesem Grundrecht hat jedermann das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Dieses Recht findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Beamtengesetze zählen. Dies hat zur Folge, dass die Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einschränkt, wobei die Grenze im Einzelfall von der Art und dem Inhalt der Äußerung, der Amtsstellung des Beamten und dem Bezug der Betätigung zu seinem Amt abhängig ist.
65Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. September 2007 - 2 BvR 1047/06 -, juris; VG N. , Urteil vom 16. Oktober 2009 - 4 K 1765/08 -, juris; VGH Mannheim, Urteil vom 26. November 1982 - 4 S 819/80 -, juris (Leitsatz).
66Gleichzeitig ist die Regelung in § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG zu berücksichtigen. Danach ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
67Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
68vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Januar 2001 – 1 BvQ 9/01 – und vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, beide juris,
69ist das Grundgesetz als Gegenentwurf zum nationalsozialistischen Unrechtsstaat und zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes konzipiert, in dem Auschwitz als Mahnung für die Zukunft verstanden werden soll. Es ist von seinem Aufbau bis in viele Details hin darauf ausgerichtet, aus den geschichtlichen Erfahrungen zu lernen und eine Wiederholung solchen Unrechts ein für alle Mal auszuschließen. Dabei kommt besonders dem 27. Januar als dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945, der staatlicherseits zum offiziellen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (sog. Holocaust-Gedenktag) bestimmt worden ist, ein besonderer Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zu: Mit der Begehung dieses Gedenktages wird Verantwortung für die Vergangenheit übernommen und bundesweit nicht nur der Opfer gedacht, sondern zugleich mahnend an die Folgen des Nationalsozialismus erinnert, um deren Wiederholung dauerhaft auszuschließen. Die Befürwortung der nationalsozialistischen Herrschaft und des während dieser Zeit begangenen Unrechts ist in Deutschland ein Angriff auf die Identität des Gemeinwesens nach innen mit friedensbedrohendem Potential.
70Aus den vorgenannten Umständen sind Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust, noch dazu an einem diesbezüglichen Gedenktag, mit anderen Meinungsäußerungen nicht vergleichbar. Bei der Strafvorschrift des § 130 Abs. 4 StGB – und entsprechendes dürfte für den hier relevanten § 130 Abs. 3 StGB gelten – handelt es sich vor diesem Hintergrund um eine spezielle Einschränkung der in Art. 5 GG grundsätzlich garantierten Meinungsfreiheit; derartige Vorschriften sind auch als nichtallgemeine Gesetze mit der Meinungsfreiheit vereinbar. Angesichts des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft unter deutscher Verantwortung über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der für die Identität der Bundesrepublik Deutschland prägenden Bedeutung dieser Vergangenheit, können Äußerungen, die dies gutheißen oder jedenfalls entsprechende Verbindungen herstellen, Wirkungen entfalten, denen nicht allein in verallgemeinerbaren Kategorien Rechnung getragen werden kann. Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung des nationalsozialistischen Regimes in den Jahren zwischen 1933 und 1945 Grenzen setzen, ist daher eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.
71Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, juris,
72Diese Grenzen werden durch verschiedene Äußerungen des Klägers in dem Radiointerview bei X. am 00.00.0000 in bedeutsamem Maße tangiert, und zwar auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit. Im Besonderen gilt dies für seine mit einem zahlenmäßigen Vergleich verdeutlichte Aussage, dass ihm die Massentierhaltung viel näher als Auschwitz ginge, weil alle 20 Minuten sechs Millionen Tiere sterben würden. Trotz des emotional-persönlichen Eindrucks erweckt die zahlenmäßige Gegenüberstellung für den Zuhörer den Eindruck, dass der Unrechtsgehalt des Holocaust und der systematischen Judenvernichtung herabgespielt wird. Dies zeigt sich sehr eindrucksvoll in der ersten Reaktion des in der Radiosendung bei X. eingeladenen Sachverständigen, zumal das Radio ein flüchtiges Medium ist, das einen zweiten, genaueren auditiven Eindruck nicht zulässt. Darüber hinaus sind auch die weiteren Äußerungen des Klägers, dass der Antisemitismus von radikalen Muslimen viel größer als jeder andere Antisemitismus in Deutschland sei und dass ihn Auschwitz privat überhaupt nicht mehr interessiere, sehr weit reichend und vermitteln dem Zuhörer einen dem besonderen Sinngehalt des Gedenktages widerstrebenden Eindruck.
73Alle diese Aussagen geben zwar einerseits einen persönlichen Meinungsstand wieder, widersprechen aber andererseits dem beamtenrechtlichen Gebot zur Mäßigung, das über Art. 33 Abs. 5 GG ebenfalls Verfassungsrang besitzt. Durch das gewählte Medium einer Live-Sendung im Radio, die einen unbestimmten Personenkreis erreicht, und gleichzeitig in Anbetracht der aktiven Meldung des Klägers zum Radiogespräch unter Vorbereitung eines Stichwortzettels, war das Mäßigungsgebot verletzt. Denn gerade als vermittelnder Lehrer für Politik und Deutsch einerseits und wegen der Sensibilität des Themas, noch an dem Holocaust-Gedenktag zudem, andererseits konnte von einer Einhaltung des dienstrechtlichen Gebots der Zurückhaltung nicht mehr die Rede sein, weshalb eine objektive Dienstpflichtverletzung vorliegt. Der dienstliche Zusammenhang war insoweit dadurch hergestellt, dass der Kläger gleich zu Beginn des Radiogesprächs und im Verlauf dessen auch auf Nachfrage der Moderatorin nochmals seine Rolle als vermittelnde Lehrkraft betont hat. Auf ein subjektives Verschulden kam es für die zunächst zu bejahende Rechtmäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte bei seinem Erlass im Übrigen nicht an, wenngleich auch das falsche Verständnis seiner Aussagen, insbesondere betreffend die zahlenmäßige Gegenüberstellung von Massentierhaltung und Holocaustopfern, zu erwarten war.
74Ungeachtet der festgestellten Dienstpflichtverletzung erschien es auch aus Gründen der Gefahrenabwehr wegen der medialen Wirkung der klägerischen Äußerungen und der durch diese hervorgerufenen Aufregung in der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft angezeigt, den Beamten „aus der Schusslinie zu nehmen“, um den Schulfrieden zu wahren und seine Person vor (weiterem) Schaden zu schützen. Nicht zuletzt soll das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach seinem Gesetzeszweck dazu dienen, der Behörde mindestens im Rahmen des Dreimonatszeitraums bis zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens Gelegenheit zu geben, die Sachlage aufzuklären und die hierfür benötigte Ruhe dadurch herzustellen, dass die Dienstausübung vorläufig untersagt wird. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte versteht sich seinem Zweck nach als eine Sofortmaßnahme von zunächst nur vorübergehender Dauer, die bis zur Entscheidung über die Einleitung u.a. eines förmlichen Disziplinarverfahrens eine einstweilige Regelung trifft; dies wird auch durch den Wortlaut der Regelung und die Systematik belegt.
75Siehe auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom25. März 2009 – 12 L 148/09 –, juris.
76Doch ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als Dauerverwaltungsakt spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig geworden.
77Im Gegensatz zu dem früheren Disziplinarverfahren als Folge einer Rede des Klägers bei einer Veranstaltung von „Pro NRW“ ist die Bezirksregierung B. zwar aktuell dem Erfordernis einer Aktualisierung (vgl. § 38 Abs. 4 BDG) und Anpassung des fortwirkenden Verbots der Führung der Dienstgeschäfte vor dem Hintergrund des Anspruchs des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung,
78vgl. unter anderem BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 – 2 BvR 80/77 -, juris, Rn. 41, bezogen auf eine vorläufige Dienstenthebung nach Disziplinarrecht,
79und dem im Disziplinarrecht geltenden Beschleunigungsgrundsatz (§ 4 LDG NRW) hinreichend nachgekommen.
80Zu den einzelnen Anforderungen an die Aktualisierung des Disziplinarverfahrens im Falle des Klägers ausdrücklich: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 K 3328/12 –.
81Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist die disziplinarrechtliche Bearbeitungsfrist von sechs Monaten (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW) seit Einleitung des Disziplinarverfahrens mit Verfügung vom 00.00.0000 noch nicht deutlich, sondern lediglich um etwa einen Monat überschritten und hat die Bezirksregierung B. den baldigen Abschluss des Disziplinarverfahrens angekündigt. Währenddessen hat der Beklagte im Rahmen disziplinarischer Ermittlungen zu den weiteren Vorwürfen, die neben dem Radiointerview erhoben wurden und die Unterrichtstätigkeit des Klägers betrafen, zahlreiche Zeugen vernommen, d.h. erhebliche Aufklärungsarbeit geleistet. Vor diesem Hintergrund kann anders als bei dem früher gegen den Kläger ausgesprochenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte keine Rede davon sein, dass die Rechtswidrigkeit der Suspendierung durch Zeitablauf und Dauer des Disziplinarverfahrens evident wäre.
82Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 – 2 BvR 80/77 -, juris, Rn. 45; zum damaligen Verfahren siehe erneut VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013– 1 K 3328/12 –.
83Das Verbot ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber aus anderen, materiell-inhaltlichen Gründen rechtswidrig.
84Wie § 39 Satz 2 BeamtStG belegt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass dem Verbotsverfahren ein auf die Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren zu folgen hat, wenn das Verbot länger andauern soll. Nur in diesem Falle kann im Vorgriff darauf rechtmäßigerweise ein Verbot nach § 39 BeamtStG ausgesprochen werden.
85Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.4.
86Nicht jeder Bagatellverstoß gegen Dienstpflichten stellt allerdings schon ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen dar, weil ein solches vielmehr ein entsprechendes disziplinarisches Gewicht der Dienstpflichtverletzung voraussetzt. Dies verdeutlicht schon § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, wonach ein Verhalten außerhalb des Dienstes – wie hier – nur dann ein Dienstvergehen ist, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
87Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2010– 1 K 5818/08 –.
88Dies zugrundegelegt ist die angegriffene Entscheidung der Bezirksregierung B. zwischenzeitlich rechtlich zu beanstanden. Die Bezirksregierung geht ausweislich der beigezogenen Disziplinarakte nach entsprechenden Ermittlungen zwischenzeitlich nicht mehr davon aus, dass die Äußerungen des Klägers in der Radiosendung zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen könnten. Entsprechende Feststellungen hat der zuständige Ermittlungsführer im Rahmen der Disziplinarakte im Rahmen einer undatierten E-Mail aufgenommen, wo davon die Rede ist, dass es „voraussichtlich nicht zur Höchstmaßnahme kommen wird“, man allerdings „ein Zeichen setzen“ wolle. Eine derartige Zielsetzung verfehlt den vom Gesetz zugedachten, zuvor dargelegten Zweck der Suspendierung jedoch. Immerhin sind im Hinblick auf die in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht des Dienstherrn die dienstlichen Gründe – besonders nach längerem Zeitablauf – nur zwingend, wenn es ihm nicht mehr zugemutet werden kann, die Dienstgeschäfte durch den Beamten fortsetzen zu lassen.
89Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.1.
90Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das von der Bezirksregierung B. angestoßene strafrechtliche Ermittlungsverfahren zwischenzeitlich im 00.00.00 eingestellt worden ist. Der entsprechenden Ankündigung der Staatsanwaltschaft Köln vom 19. April 2015 hatte die Bezirksregierung B. trotz aufwändiger, eigener Recherchen nicht widersprochen. Demgemäß war spätestens in diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Aussagen eine strafrechtliche Relevanz mit Blick auf § 130 Abs. 3 StGB angesichts der Betonung der persönlichen emotionalen Betroffenheit nicht aufwiesen.
91Zudem war in diesem Zeitpunkt, d.h. nach Ablauf mehrerer Monate, festzustellen, dass das zunächst akute mediale Interesse deutlich abgeklungen war, mit der Folge, dass das Verbot jedenfalls mit seinem vollen Umfang nicht mehr verhältnismäßig ist. Immerhin dauert die vollständige Suspendierung des Klägers nun bereits etwa neun Monate an. Nach dem Abklang des medialen Interesses bzw. der anfänglichen Aufregung wäre im Mindesten eine Reduzierung auf ein teilweises Verbot der Dienstausübung geboten gewesen. Bei einer Lehrkraft wäre dies etwa in der Gestalt vorstell- und durchführbar, dass das Verbot sich nur auf die selbstständige Erteilung von Unterricht erstreckt und dem Kläger zur Vermeidung eines fehlerhaften Einflusses auf Schülerinnen und Schüler ein Kollege an die Seite gestellt wird.
92Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2 a.E.
93Soweit der Beklagte im Disziplinarverfahren darüber hinaus weitere Vorwürfe aus der Unterrichtstätigkeit des Klägers anführt, bedürfen diese vorliegend keiner näheren Erörterung. Denn sie sind nicht zum Gegenstand der hier streitgegenständlichen Verfügung gemacht und insoweit nicht zur Begründung des ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte herangezogen worden.
94Als Annex zur dienstrechtlichen Maßnahme des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte ist auch das in derselben Verfügung gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot zu beanstanden. Zwar war hierfür – gemäß der Ausführung des Beklagten – die Bezirksregierung und nicht der Schulleiter sachlich zuständig, da es sich um eine Maßnahme gegenüber einem Angehörigen des Lehrkörpers zur Durchsetzung und Sicherstellung der beamtenrechtlichen Maßnahme gemäß § 39 BeamtStG handelte, nicht hingegen um eine Maßnahme im Sinne von § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SchulG zur Abwehr von Störungen des Schulbetriebs durch Außenstehende.
95Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2008 – 2 K 4088/07 –, juris m.w.N.; siehe auch LG Lüneburg, Beschluss vom 30. Juli 1977 – II Qs 9/77 –, NJW 1977, 1832.
96Infolge der Rechtswidrigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist allerdings auch das Haus-/Kontaktverbot im genannten Zeitpunkt als rechtswidrig anzusehen. Denn in solchen Fällen, in denen ein Hausverbot als Annex zu einer dienstrechtlichen Maßnahme verfügt wird, steht das Verbot in engem Zusammenhang zu dieser Maßnahme und teilt deren rechtliches Schicksal. Für die Dauer des Fortbestands soll es die Wahrung des hinter der dienstrechtlichen Verpflichtung stehenden Zwecks sicherstellen, vorliegend also neben dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auch jede andere Kontaktaufnahme des Klägers mit Schülerinnen und Schülern unterbinden. Dies war jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und Entscheidung der Kammer in entsprechender Anwendung der vorstehenden Gründe betreffend die Suspendierung nicht mehr geboten.
97Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des beklagten Landes vom 23. Februar 2012 gerichtete Klage sei unbegründet. Durch diese Verfügung hatte das beklagte Land dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte, mithin die Leitung der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. , mit sofortiger Wirkung verboten. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verbots hätten zwingende Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Das Verbot sei verhältnismäßig gewesen.
7Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen diese eingehend begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.
8Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
9Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, DVBl. 1999, 326, und vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, BVerwGE 63, 250.
10Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, a.a.O.
14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
16Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
18Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
19Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, a.a.O.
20Dass Letzteres vorliegend der Fall war, stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage.
21Der Kläger macht geltend, ein Handeln des beklagten Landes sei nicht zwingend geboten gewesen, denn - wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 8. Oktober 2012 des Abgeordneten Dr. P. , LT-Drucks. 16/1430 belege - passierten „Entweichungen“ aus dem Strafvollzug regelmäßig und aus anderen Justizvollzugsanstalten seien häufiger Gefangene ausgebrochen als aus der JVA C. . Insoweit lässt der Kläger außer Acht, dass dem angefochtenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht allein der Umstand zu Grunde liegt, dass innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen zunächst der Strafgefangene I. versucht hatte, aus der JVA C. auszubrechen, dann der Strafgefangene K. aus der JVA C. ausgebrochen ist und schließlich der dort untergebrachte Strafgefangene I1. geflohen ist, nachdem er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Von entscheidender Bedeutung waren für das Verwaltungsgericht vielmehr die die beiden letztgenannten Vorkommnisse jeweils ermöglichenden bzw. begünstigenden Gegebenheiten sowie auch und nicht zuletzt die sich hieran anschließende - unzulängliche - Unterrichtung des Justizministeriums. Hierauf hat der Kläger nichts Durchgreifendes entgegnet.
22Ob es sich bei der JVA C. seinerzeit - so der Kläger - um eine „besonders sichere“ Anstalt gehandelt hat, ist danach nicht entscheidend. Denn maßgeblich für das Verwaltungsgericht war der Umgang des Klägers mit den Situationen vor und nach den Vorfällen. Hierzu hat in dem Bericht vom 14. Februar 2012 („Erkenntnisse der Expertengruppe ‚JVA C. ‘ zum Ausbruch des Strafgefangenen L. K. am 29.01.2012“) der Leiter der Expertengruppe (im Folgenden zitiert als EG) unter Punkt V. zusammenfassend das Folgende ausgeführt:
23„Die EG sieht auf der Basis ihrer bislang gewonnenen Eindrücke und Feststellungen dringenden Handlungsbedarf, in Bezug auf die Sicherheit und Ordnung der JVA C. einen Zustand herzustellen, welcher der Vollstreckungszuständigkeit gerecht wird (…).
24Die Regelungen zur ständigen und unmittelbaren Beaufsichtigung sowie zur Durchsuchung der Gefangenen in der JVA C. werden - gelinde ausgedrückt - nur unzureichend beachtet. Der Abschlussbericht wird hierzu sowie zu weiteren grundlegenden Sicherheitsproblematiken nähere Einzelheiten enthalten. Sehr überrascht ist die EG, mit welcher offensichtlichen Nonchalence dieses Thema quer durch alle Zuständigkeitsbereiche, auch dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, behandelt wird. Insoweit verwundert es nicht, dass auch offenbar vielen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die Sensibilität für dieses Thema abhanden gekommen zu sein scheint.
25Diese Vermutung würde durchaus zu dem bislang gewonnenen Eindruck der EG, dass in der JVA C. der Aspekt der prognostizierten sozialen Sicherheit deutlich Vorrang gegenüber grundlegenden Sicherheitsstrukturen eingeräumt wird, passen (…).
26Insgesamt hat die EG allein bereits durch die Aufarbeitung des Vorkommnisses in den ersten beiden Tagen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass der baulich-technische Zustand und die administrativ-organisatorische Sicherheitslage der JVA C. derart lückenhaft ist, dass sich vielfältige Einlasstore und Schleppwege für Drogen, Bargeld, Waffen und natürlich auch Handys ergeben. Auch hierzu wird die EG in ihrem Abschlussbericht Einzelheiten ausführen. Vorab sei hier aber auch beispielhaft die aus Sicherheitsgründen sehr bedenkliche Organisation der Besuche (Besuchsabwicklung) genannt (…).
27Die JVA C. beherbergt eine hohe Zahl von langstrafigen Inhaftierten mit verfestigtem kriminellen Potential, die mit ihrer Hafterfahrung genügend Kenntnisse über lokale Sicherheitslücken haben, diese verdeckt ausnutzen können und gleichwohl problemlos zu einem angepassten Vollzugsverhalten in der Lage sind (…).“
28Die mit dem Zulassungsantrag dagegen ins Feld geführten höheren „Entweichungszahlen“ anderer Justizvollzugsanstalten stellen die so beschriebenen Organisationsmängel und sonstigen Defizite nicht in Frage. Vor dem Hintergrund dessen hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die die Strafgefangenen I. , K. und I1. betreffenden Vorkommnisse mit Recht weiter ausgeführt, in der JVA C. hätten sich innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen eine versuchte, aber gescheiterte sowie zwei weitere, zunächst erfolgreiche Gefangenenentweichungen ereignet. Die wegen des zweiten Vorkommnisses eingesetzte Expertengruppe sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass in der JVA C. Defizite bestünden, die Entweichungen begünstigten und die, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen seien, dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuschreiben gewesen seien.
29Neben der Sache liegt der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil es auch bezüglich des aus dem Krankenhaus geflohenen Strafgefangenen I1. von einer Entweichung ausgegangen sei und unter diesen Begriff nur der Ausbruch eines Gefangenen aus einer JVA falle. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Strafgefangene I1. aus der JVA C. ausgebrochen ist, sondern hat seinen Ausführungen zutreffend zu Grunde gelegt, dass er aus dem Krankenhaus geflohen ist.
30Fehl geht die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe, indem es sich die Auffassung des beklagten Landes zu eigen gemacht und unterstellt habe, dass es sich „bei den Entweichungen um“ seine - des Klägers - „‚Fehler‘ (…) gehandelt habe“, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er lässt bereits unberücksichtigt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG - wie dargestellt - keine erschöpfende Aufklärung erforderlich ist und es bei dem Verbot nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ankommt, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Zu Recht hat das beklagte Land seine diesbezüglich zu treffende Prognoseentscheidung u.a. auf den genannten Bericht gestützt und die seinerzeit bereits festgestellten gewichtigen Sicherheitsdefizite, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen sind, dem Verantwortungsbereich des Klägers zugeschrieben.
31Etwaige Umstände, die den baulichen Zustand bzw. die bauliche Unterhaltung der JVA C. betrafen, sind dem Kläger nicht angelastet worden. Verfehlt ist daher der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der Strafgefangene K. durch ein fehlerhaft montiertes Fenster habe entweichen können und für die bauliche Unterhaltung nicht die JVA C. , sondern das Justizministerium zuständig sei.
32Der Annahme des beklagten Landes, dem Kläger seien, wie in der Verbotsverfügung im Einzelnen ausgeführt, sowohl „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen K. “ als auch „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen I1. “ unterlaufen, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
33In Bezug auf den Strafgefangenen K. führt der Kläger an, die Zuweisung von Arbeit, auf die Strafgefangene Anspruch hätten, sei eine „Ermessens- und Beurteilungsentscheidung“, deren Rahmen er nicht fehlerhaft ausgefüllt habe. Insoweit lässt er außer Acht, dass das beklagte Land ihm nicht vorgehalten hat, dass dem Strafgefangenen K. Arbeit zugewiesen worden ist, sondern vielmehr, dass er in der Reinigungskolonne eingesetzt worden ist, obwohl der Gefangenenpersonalakte Hinweise darauf zu entnehmen waren, dass er in Q. noch über acht Jahre Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte und mehrere offene Verfahren anstanden, und die Beaufsichtigung der Reinigungskolonne nicht in der gebotenen Weise gewährleistet war.
34Soweit der Kläger sich diesbezüglich im Weiteren mit dem Inhalt der „Einleitungsverfügung“ bzw. der „Disziplinarverfügung“ auseinandersetzt, geht sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, das nicht der Ahndung disziplinaren Unrechts, sondern der Behebung unzumutbarer Missstände dient, ins Leere.
35Das beklagte Land hat in der streitgegenständlichen Verfügung ferner ausgeführt, ein vom Kläger zu verantwortender Organisationsmangel sei darin zu sehen, dass das Prüfformular für den Einsatz von Strafgefangenen in der Reinigungskolonne weder eine Beteiligung der Abteilungsleitung noch eine Beratung in der Vollzugskonferenz vorsehe. Weder der Umstand, dass, wie der Kläger geltend macht, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ein solches Vorgehen nicht vorsehen, noch sein Hinweis, er habe von seiner Organisationsgewalt Gebrauch gemacht und die Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeitsverwaltung übertragen, sind geeignet, die Berechtigung des Vorhalts in Frage zu stellen. Den Kläger entlastet schließlich auch nicht, dass „dies“ durch seinen „Vorgänger bereits so organisiert worden“ war.
36Verfehlt ist die Rüge des Klägers, der Vorwurf in der „Einleitungsverfügung“, es habe „ständige Verstöße gegen die RISO“ gegeben, sei nicht konkret genug. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Verbotsverfügung vom 23. Februar 2012, in der die dem Kläger vorgehaltenen Verstöße gegen die Richtlinien für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen (RISO) vom 5. Juni 1987 benannt und näher erläutert worden sind.
37Das beklagte Land hat in der Verbotsverfügung des Weiteren ausgeführt, auch die Entscheidung des Klägers, dass der Strafgefangene I1. weder bei der „Ausführung“ in das Krankenhaus zu fesseln noch bei einer stationären Aufnahme zu bewachen sei, sei nicht vertretbar gewesen. Diese Auffassung hat es wie folgt begründet:
38„Der Strafgefangene war nur zwei Tage vor Ihrer Entscheidung, d.h. am 15.02.2012, aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C. -T. in die Justizvollzugsanstalt C. zurückverlegt worden, weil ihm aufgrund des Besitzes von 2 Gramm Cannabis die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen worden war. Er war also nach der höchst aktuellen Entscheidung der zuführenden Justizvollzugsanstalt nicht für Lockerungen geeignet. Ein Krankenhausaufenthalt ohne Bewachung ist von den Bewegungsmöglichkeiten des Gefangenen her ohne Weiteres mit einer Vollzugslockerung gleichzusetzen. Eine erneute Gewährung von Lockerungen zwei Tage nach einem Lockerungsversagen wäre unter keinem Gesichtspunkt zulässig gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Strafgefangene aufgrund von Verletzungen, die er sich entweder selbst beigebracht haben konnte - was für die Vorbereitung einer Flucht sprechen dürfte - oder die ihm von Mitgefangenen zugefügt sein konnten - was ein erhöhtes Fluchtrisiko indiziert - im Krankenhaus vorgestellt werden sollte. Unabhängig hiervon durfte Ihre Entscheidung über einen unbewachten Aufenthalt im Krankenhaus keinesfalls ohne Vorliegen und Auswertung der Gefangenenpersonalakte erfolgen. Nach Ihrem Bericht lag Ihnen die Gefangenenpersonalakte zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Ihnen waren wegen dieses Versäumnisses beispielsweise die Vorstrafen des Strafgefangenen, namentlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Vollrausches, nicht bekannt. Diese Vorstrafen lassen eine Gefährdung der Allgemeinheit bei ungerechtfertigten Vollzugslockerungen als naheliegend erscheinen. Dies untermauert die Notwendigkeit, voll-zugliche Entscheidungen nur in Kenntnis der entscheidungserheblichen, auch hier nur aus der Gefangenenpersonalakte ersichtlichen Tatsachen zu treffen.“
39Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, er habe die Entscheidung, den Strafgefangenen bei der Verbringung ins Krankenhaus nicht fesseln und dort nicht bewachen zu lassen, in Kenntnis des Inhalts seiner Gefangenenpersonalakte getroffen, setzt er sich in Widerspruch zu seinem Bericht vom 20. Februar 2012. Dort hat er ausgeführt :
40„(…) Aufgrund der Informationen anhand des vorliegenden Personal- und Vollstreckungsblattes (kurzer Strafrest, Delikt Sachbeschädigung, Rückverlegung aus dem offenen Vollzug ohne Fluchthinweis) - die Gefangenenpersonalakte lag nicht vor - habe ich entschieden, dass eine Fesselung nicht nötig und dass im Falle eines stationären Verbleibs des Gefangenen eine Bewachung nicht erforderlich ist.“
41Diese Ausführungen zeigen, dass der Kläger seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Personal- und Vollstreckungsblattes getroffen hat. Dafür, dass er auch seinerzeit keine, jedenfalls keine hinreichende Kenntnisse vom Inhalt der Gefangenenpersonalakte hat, spricht der Umstand, dass er ausweislich seines Vorbingens im Zulassungsverfahren noch immer davon ausgeht, dass es sich bei den Vorverurteilungen des Strafgefangenen I1. um „Bagatellkriminalität“ gehandelt habe, obwohl dieser u.a. wegen Raubes, mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässigem Vollrausch und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war.
42Die Kläger führt weiter an, ein Verzicht auf die Bewachung des Strafgefangenen I1. sei vertretbar gewesen, weil kein Anhaltspunkt dafür vorgelegen habe, dass er wegen der Rückverlegung Fluchtabsichten gehegt habe. Auch diese Argumentation unterstreicht, dass er nicht sämtliche Aspekte, die für ein Fluchtrisiko gesprochen haben, in den Blick genommen und zudem nicht erwogen hat, welche Gesichtspunkte gegen die vom beklagten Land beanstandete erneute „Vollzugslockerung“ gesprochen haben .
43Schließlich begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das beklagte Land sich insbesondere und nicht zuletzt auch in Anbetracht der Art und Weise, wie der Kläger dem Justizministerium über die die Strafgefangenen K. und I1. betreffenden Vorkommnisse berichtet hat, sowie wegen der verspäteten Information des Justizministeriums über die erneute Ergreifung des Strafgefangenen I1. veranlasst gesehen hat, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dafür, dass das beklagte Land die Informationsdefizite zu Unrecht angeführt oder ihnen zu viel Gewicht beigemessen hat, gibt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her.
44Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass in der Zeit während und nach einer Gefangenenentweichung einer unverzüglichen, umfassenden und zutreffenden Information des Justizministeriums durch die betroffene Anstalt sehr große Bedeutung zukommt. Dies folgt zum einen aus dem mit Gefangenenentweichungen regelmäßig einhergehenden besonderen öffentlichen Interesse und der Relevanz einer umfassenden und zutreffenden Information der Öffentlichkeit durch das Justizministerium für das allgemeine Sicherheitsgefühl. Zum anderen - so das Verwaltungsgericht - sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenentweichungen häufig zu einer Befassung des Landtags (Rechtsausschuss) mit diesen Vorgängen führten. In diesen Fällen sei - wie hier - eine unverzügliche, vollständige und zutreffende Information der Abgeordneten für den zuständigen Justizminister unabdingbar. Hierzu sei dieser aber seinerseits auf Informationen durch den verantwortlichen Anstaltsleiter der betreffenden JVA angewiesen, die hierfür die uneingeschränkte Gewähr bieten müssten.
45Letzteres verkennt der Kläger, soweit er geltend macht, die die Entweichung des Strafgefangenen K. betreffenden Berichte vom 29. Januar und 2. Februar 2012 seien vom „zuständigen S+O-Inspektor“ gefertigt worden, der die Stellungnahmen der Bediensteten berücksichtigt habe, der Bericht vom 29. Januar 2012 zudem unter Beteiligung eines Mitarbeiters des Justizministeriums, dem es oblegen hätte, auf eine Berichtigung der angeblichen „Unvollständigkeiten und Falschangaben“ hinzuwirken. Der Kläger hat die Ausführungen, die in den von ihm unterzeichneten Berichten enthalten sind, selbst zu verantworten. Die etwaige Einbindung anderer Bediensteter, sei es der JVA C. , sei es des Justizministeriums, änderte nichts an seiner Pflicht, das Justizministerium umfassend und zutreffend zu informieren.
46Auch der Einwand des Klägers, er habe die Berichte nur auf der Grundlage der seinerzeit vorhandenen Erkenntnisse schreiben können, verfängt nicht. Es oblag dem Kläger, die Berichte auf der Grundlage einer sorgfältigen Ermittlung der Einzelfallumstände zu erstellen und, soweit diese noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, den Adressaten der Berichte, mithin das Justizministerium, darauf hinzuweisen, dass und hinsichtlich welcher Umstände die Erkenntnisse noch unzureichend waren.
47Dafür, dass das beklagte Land dem Kläger zu Unrecht auch die Unzulänglichkeit seines Berichts vom 20. Februar 2012 betreffend die „Entweichung des Strafgefangenen K1. I1. aus dem Krankenhaus am 17.02.2012“ angelastet hat, gibt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nichts Durchgreifendes her. Die vom Justizministerium aufgeworfenen Fragen wurden zum Teil nur kurz beantwortet, obwohl ersichtlich Veranlassung zu weiteren Ausführungen bestand. Die Beantwortung der Frage, ob vor der Zusammenlegung, d.h. der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen, eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, ließ nicht erkennen, ob im Fall des Strafgefangenen I1. eine solche Prüfung tatsächlich stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, er habe angesichts der Vielzahl der innerhalb einer kurzen Frist zu bearbeitenden Nachfragen nur das Wesentliche mitteilen können, überzeugt angesichts des Umfangs und des Inhalts des der JVA C. am Nachmittag des 17. Februar 2012 übersandten Fragenkataloges des Justizministeriums und der dem Kläger zur Beantwortung eingeräumten Frist von immerhin gut drei Tagen (Fristende: 21. Februar 2012, 8.00 Uhr) nicht.
48Ins Leere geht das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der „Entweichung“ des Strafgefangenen I1. aus dem Krankenhaus nicht um ein berichtspflichtiges Vorkommnis gehandelt. Der Vorhalt zielt nämlich darauf ab, dass dem Justizministerium nicht unverzüglich, sondern mit mehr als fünfzehn Stunden Verspätung darüber berichtet worden ist, dass der geflohene Strafgefangene am 17. Februar 2012 gegen 17.00 Uhr festgenommen und um 18.03 Uhr in die JVA C. zurückgebracht worden ist.
49Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, es stelle ungeachtet der disziplinarrechtlichen Relevanz ein schwerwiegendes Versäumnis in einer Angelegenheit von hoher sicherheits- und justizpolitischer Bedeutung dar, dass der Kläger die ihm persönlich gemeldete Nachricht von der Wiederergreifung des geflohenen Strafgefangenen I1. nicht unverzüglich, sondern erst mit einem halben Tag Verzögerung an das Justizministerium weitergeleitet habe. Es erschließe sich ohne Weiteres, dass Nachrichten von einer Entweichung oder einer Wiederergreifung eines Gefangenen derart einschneidende und öffentlichkeitsrelevante Ereignisse beträfen, dass diese unverzüglich dem Justizministerium zu melden seien. Dies gelte erst recht in einer Situation wie der seinerzeit vorliegenden, in der die Öffentlichkeit aufgrund der vorangegangenen Vorkommnisse in erhöhtem Maße sensibilisiert gewesen sei. In einer solchen Situation dürfe sich ein Anstaltsleiter als Behördenleiter nicht ohne weitere eigene Erkundigungen oder entsprechende konkrete Anweisungen darauf verlassen, dass einer seiner Mitarbeiter das Justizministerium informieren werde.
50Soweit der Kläger geltend macht, es habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen, dass die Unterrichtung des „Inspektors vom Dienst (IvD)“, der das Justizministerium habe informieren sollen, zunächst unterbleiben sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte den IvD selbst über die Festnahme des Strafgefangenen I1. unterrichten und ihn sodann anweisen können, das Justizministerium unverzüglich zu informieren.
51Auch der Einwand des Klägers verfängt nicht, er habe die Mitteilung von besonderen Vorkommnissen an das Justizministerium auf den IvD bzw. „die zuständige Sicherheitsinspektorin“ delegiert und habe, da diese Mitteilungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfolgt seien, nicht davon ausgehen können, dass das Justizministerium über die Wiederergreifung des Strafgefangenen I1. - versehentlich - nicht informiert werde. Insoweit lässt der Kläger unberücksichtigt, dass es in Bezug auf die JVA C. , wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu mehreren bedeutenden Vorfällen gekommen ist und die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung des Gefangenen I1. nicht zuletzt angesichts der politischen und medialen Relevanz von wesentlicher Bedeutung war. Dass der Leiter der betroffenen Justizvollzugsanstalt in einer solchen Situation die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung eines Strafgefangenen persönlich vornimmt oder sich zumindest vergewissert, dass ein beauftragter Bediensteter die unverzügliche Unterrichtung zeitnah vorgenommen hat, versteht sich von selbst. Somit entlastet den Kläger auch nicht der Umstand, dass das Justizministerium, wie der Kläger geltend macht, ohne Rückfrage bei der JVA C. zu halten, am 17. Februar 2012 gegen 19.30 Uhr eine Pressemitteilung zur Flucht des Strafgefangenen I1. herausgegeben hat, die keinen Hinweis auf dessen Wiederergreifung enthielt.
52Nach alledem ist nichts dafür ersichtlich, dass das beklagte Land seine Ermessensentscheidung, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten, auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Sein Einwand, „der ‚Wirbel in der Öffentlichkeit‘, der in einer modernen Medienlandschaft immer dann entfacht“ werde, „wenn es ansonsten nichts zu berichten“ gebe, könne „nicht die Messlatte dafür sein, ob von der Maßnahme des § 39 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht“ werde, trägt nicht. Er ignoriert die in der Verfügung vom 23. Februar 2012 aufgeführten Gründe, die, ohne dass dies - wie dargestellt - rechtlich zu beanstanden wäre, das beklagte Land zu dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte veranlasst haben.
53Das Zulassungsvorbringen zieht schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig gewesen sei. Insoweit, so das Verwaltungsgericht, sei zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Maßnahme dem Schutz der Bevölkerung vor Straftätern gedient habe, die zu einem beträchtlichen Teil schwerwiegende Straftaten begangen hätten. Dieses Ziel hätte auch nicht in gleicher Weise durch eine andere, für den Kläger weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden können. Insbesondere habe nicht mehr zugewartet werden können, um, wie der Kläger geltend mache, einseitig oder gar einvernehmlich eine andere Verwendung zu ermitteln und sodann eine Abordnung oder Versetzung vorzunehmen. Eine solche Vorgehensweise wäre dem bestehenden Handlungsbedarf nicht gerecht geworden, der gerade durch die Ereignisse der letzten Tage vor dem Erlass der streitgegenständlichen Verbotsverfügung belegt werde.
54Die Annahme des Klägers, schon im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung wäre eine Abordnung und damit eine mildere Maßnahme möglich gewesen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Die Entbindung des Klägers von seinen Dienstgeschäften duldete nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des beklagten Landes keinen Aufschub mehr. Dass es schon seinerzeit abschließend beurteilen konnte, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abordnung an eine andere Dienststelle gegeben sind, ist nicht erkennbar. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass sich das beklagte Land in der Folgezeit erkennbar bemüht hat, hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu schaffen. Bereits mit Wirkung vom 15. März 2012 ist der Kläger an den der Justizvollzugsanstalt E. -I2. angegliederten Kriminologischen Dienst abgeordnet worden. Zugleich hat das beklagte Land seinem Antrag, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, teilweise stattgegeben.
552. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn, wie hier, im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben sind.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Der am 00.00.0000 geborene Kläger steht als Studienrat (Besoldungsgruppe A 13 ÜBesO NRW) im Dienst des beklagten Landes und war zunächst beim Stadtgymnasium E. eingesetzt. Nach seiner zwischenzeitlichen Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit war er zuletzt am Weiterbildungskolleg der Stadt V. , Abendrealschule und ‑gymnasium, tätig.
2Der Kläger wurde am 00.00.0000 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat ernannt. Er besitzt die Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Politik und Pädagogik.
3Am 00.00.0000 nahm der Kläger an einer Kundgebung der Partei „Pro NRW“ in L. teil und äußerte sich in diesem Rahmen in einer öffentlichen Rede zu dem Thema Islamismus. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er Lehrer sei und sich als bekennender Homosexueller durch den Islamismus bedroht fühle. Daraufhin untersagte die Bezirksregierung B. dem Kläger mit Verfügung vom 00.00.0000 mit sofortiger Wirkung – und unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – die Führung der Dienstgeschäfte und das Betreten des Stadtgymnasiums in E. einschließlich der Kontaktaufnahme zu Schülerinnen und Schülern.
4Den hiergegen gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (1 L 574/13) gab das erkennende Gericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 statt. Die gegen diese Entscheidung zunächst gerichtete Beschwerde zum OVG NRW (6 B 809/13) nahm der Beklagte später zurück. Auf die ebenfalls vom Kläger erhobene Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3328/12) hin wurde der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 mit Urteil vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Den insoweit gestellten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung wies das OVG NRW mit Beschluss vom 12. September 2013 (6 A 1789/13) zurück.
5Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde die Probezeit des Klägers um ein Jahr bis zum 00.00.0000 verlängert. Auch hiergegen erhob der Kläger Klage zum erkennenden Gericht (1 K 3816/13).
6Außerdem wurde von der Bezirksregierung B. aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens unter anderem wegen des Auftritts bei der Kundgebung von „Pro NRW“ ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet. Gegen diese Disziplinarverfügung richtete der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht Münster (13 K 3135/13.O), welches die Disziplinarverfügung mit Urteil vom 13. Mai 2014 aufhob.
7Mit Wirkung ab dem 00.00.0000 wurde der Kläger – mit seinem Einverständnis – durch Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 an das Weiterbildungskolleg V. versetzt.
8Am 00.00.0000 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen.
9Mit Schreiben an die Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 beantragte der Kläger, schnellstmöglich aus dem Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung wegversetzt zu werden. Zur Begründung führt er aus, dass sich die Bezirksregierung, wie in rechtskräftigen Gerichtsurteilen festgestellt, ihm gegenüber seit 00.00.0000 durch mehrere eklatante Fehlentscheidungen gravierend schuldig gemacht habe. Insbesondere sei die Fürsorgepflicht ihm gegenüber eklatant verletzt und erheblich in seine Grundrechte eingegriffen worden. Auch habe ihn der Dienstherr durch rechtswidrige Androhungen daran gehindert, seine persönliche Integrität als Lehrer gegen verleumderische Vorwürfe der sexuellen Belästigung zu verteidigen. Sein Vertrauen in die Bezirksregierung B. sei irreversibel beschädigt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich.
10Im Rahmen eines diesbezüglichen Anhörungsgespräches am 00.00.0000 in den Räumlichkeiten der Bezirksregierung B. wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinem Versetzungswunsch zu entsprechen. Der Kläger führte aus, dass er eine Namensänderung beim Landrat des Kreises V. vornehmen lasse und in L. ausschließlich unter seinem neuen Namen C. (früher: L1. ) vorgestellt werden wolle, um Anfeindungen, denen er zuweilen im Netz und in sozialen Netzwerken ausgesetzt sei, zukünftig zu entgehen.
11Mit Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin aus persönlichen Gründen mit Wirkung vom 00.00.0000 an das L. -Kolleg, Weiterbildungskolleg der Stadt L. versetzt. Gleichzeitig wurde der Kläger für die Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 in vollem Stundenumfang von 22 Wochenstunden dorthin abgeordnet.
12In der Sendung U1. „Nationalsozialismus – Thema Auschwitz vermitteln“, die am 00.00.0000 um 00.00. Uhr auf X. gesendet wurde, äußerte sich der Kläger im Rahmen eines Telefonanrufs in folgender Weise:
13„Ich selber bin ja auch Lehrer, Gymnasiallehrer, und privat bin ich ein großer Freund des Staates Israel und ein Freund des Judentums, bin auch bekennend Homosexuell, also gehöre auch zu den klassischen Opfern im Grunde des Nationalsozialismus.
14Trotzdem muss ich sagen, dass Auschwitz mich als Kind wenig berührt hat emotional und heute nervt es mich wirklich, wie stark das auch in der Schule im Lehrplan steht und wie übermäßig Schüler, zumindest am Gymnasium auch, damit genervt werden meines Erachtens. Natürlich machen die Schüler brav mit in der Schule, aber hinter vorgehaltener Hand erlebe ich doch, dass Schüler auch wirklich sagen ‚es reicht langsam. Wir kriegen das jedes Jahr wirklich viel zu oft dahergebraten und müssen da und da wieder einen Ausflug machen, wieder eine Gedenkstätte besuchen‘ und ich finde..."
15[Moderatorin unterbricht: Welche Fächer unterrichten Sie kurz, Herr L1. ? Welche Fächer unterrichten Sie?]
16„Ähm… Deutsch, Politik und Pädagogik.“
17[Moderatorin: Das heißt, Sie sind auch einer der vermittelnden Lehrer?]
18„Ja, Geschichtslehrer sicherlich noch viel mehr, ja… ähm… also was ich persönlich meine ist, dass Auschwitz uns eigentlich… ähm… daran hindert, wachsam zu sein. Wir haben so große Probleme heutzutage mit dem Islamismus, dem IS-Terrorismus, mit allen möglichen Arten von Terrorismus und ich… ähm… weiß auch wirklich, dass die Juden heutzutage in meinem Freundeskreis Angst haben vor radikalen Muslimen, weil deren Antisemitismus viel viel größer ist als jeder andere Antisemitismus in Deutschland und das wird einfach nicht thematisiert, weil wir einfach einen Stock im Arsch haben, meines Erachtens in Deutschland und immer denken, dass wenn Gefahr ist, die zuallererst von rechts kommt. Und natürlich ist auch Gefahr von rechts da, selbstverständlich ist das der Fall. Aber meines Erachtens… ähm… ist die Gefühlswelt der jungen Menschen heute eine andere, nämlich dass radikale Muslime unsere Werte bedrohen, die Gleichberechtigung der Frau, die Gleichberechtigung von Homosexuellen und, wie gesagt, auch von Juden und… ähm… das ist eine Fehlgewichtung…“
19[Moderatorin unterbricht: Das heißt, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?]
20„Also, mich persönlich… ähm… interessiert Auschwitz privat überhaupt nicht mehr. Ich… ähm… beschäftige mich lieber mit dem IS-Terrorismus, mit Islamismus, mit… Ähm… mir geht sogar emotional die Massentierhaltung viel näher als Auschwitz. Alle 6 Millionen, … ähm… alle 20 Minuten sterben 6 Millionen Tiere, das geht mir emotional viel näher. Und die jungen Menschen, ist egal, ob es Vegetarier sind, sehen das auch so… (?)“
21[Moderatorin wirft in die Äußerungen ein: Also das ist mir ein bisschen krass, ehrlich gesagt.]
22„Ja, das ist Ihre Wertung. Man muss die Wertung der Leute, auch von jungen Menschen, ernst nehmen. Das ist Ihre Wertung. Ich respektiere auch die Wertung aller Anrufer. (?)“
23[Moderatorin bricht ab und leitet zum nächsten Gesprächspartner über.]
24In einem Anhörungsgespräch am 00.00.0000 bei der Bezirksregierung B. unter Beteiligung eines Personalratsmitglieds wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung der Dienstgeschäfte anlässlich seiner Äußerungen in der Sendung bei X. am 00.00.0000 in Bezug auf den Holocaust zu verbieten; gleichzeitig wurde ihm – unter Belehrung über sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen – Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er sich erst hierzu äußern wolle, wenn ihm eine schriftliche Begründung für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorläge. Sodann sprach Frau S. G. im Namen des Beklagten mündlich ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus, da aufgrund der von dem Kläger getätigten Äußerungen bei X. , insbesondere wegen der Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und dem Holocaust, ein Verstoß gegen seine Wohlverhaltenspflicht vermutet werde. Die weitere Begründung dieses mündlich erteilten Verwaltungsakts werde ihm binnen einer Woche gegeben. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Weiterhin wurde ihm von Frau S. G. im Namen des Beklagten verboten, ab sofort das L. -Kolleg zu betreten. Der Kläger antwortete, dass ihn dies bereits aus einem vorherigen Verbot bekannt sei und er sich daran halten werde. Schließlich wurde klargestellt, dass es sich hierbei nicht um eine Disziplinarmaßnahme handele.
25In dem anschließend ergangenen Bescheid der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 wurde dem Kläger mit sofortiger Wirkung sowie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) aus zwingenden dienstlichen Gründen bis auf weiteres die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und ihm zugleich bis auf weiteres untersagt, das L. -Kolleg zu betreten oder mit den Schülerinnen und Schülern Kontakt aufzunehmen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger dienstlich nicht vertretbar sei und schwerwiegende Nachteile für den Dienstherrn sowie für die Öffentlichkeit zu befürchten seien, die nicht anders abgewendet werden könnten. Es lägen hinreichende und begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass er ein Dienstvergehen von schwerwiegender Art begangen habe, indem er in der Sendung U. am 00.00.0000 auf X. in seinen Äußerungen eine vergleichende Betrachtung der Massentierhaltung und des nationalsozialistischen Massenmords in Auschwitz getätigt und damit den Holocaust verharmlost habe. Das durch diese Äußerungen in der Öffentlichkeit praktizierte Verhalten erfordere vor einer abschließenden Prüfung zwingend die Verhinderung der weiteren Dienstausübung, da durch den in der Öffentlichkeit aufgekommenen Verdacht einer Straftat bzw. eines Dienstvergehens das Vertrauen in die dienstliche Tätigkeit des Klägers als Lehrer insgesamt in Frage gestellt sei. Dabei hätten Beamtinnen und Beamte ihre Aufgaben unparteiisch sowie gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Sie müssten sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Dies schließe die Vermeidung eines durch eigenes Verhalten in vorhersehbarer und zurechenbarer Weise gesetzten Anscheins ein, sich mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut zu identifizieren. Hierfür genüge jede Form des Relativierens des Völkermordes oder Bagatellisierens seines Unrechtsgehalts. Durch seine Aussage, welche die während des NS-Regimes verfolgten Personenkreise und die ihnen gegenüber begangenen Straftaten, insbesondere die systematische Judenvernichtung, auf eine Stufe mit Tieren in der Massentierhaltung und den dortigen Vorgehensweisen stelle, habe der Kläger eine Wertung vorgenommen, die ein Herunterspielen und Verharmlosen des Holocausts darstelle. Dies komme einer Relativierung des menschenverachtenden Massenmordes in einer „geschmacklosen" Art und Weise gleich und untergrabe die Grundlagen der demokratischen Staatsordnung. Eine derartige Äußerung stünde zugleich in unmittelbarem Widerspruch zu seiner Lehrtätigkeit im Fach Politik und werde dem Umstand nicht gerecht, dass sich Beamte gemäß § 34 BeamtStG mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen hätten. Im Gegenteil ließen die getätigten Äußerungen auf eine unzumutbare charakterliche Grundeinstellung sowie eine tiefe Missachtung der dem Beamten auferlegten Pflicht zur Verfassungstreue schließen. Schon wegen seiner Tätigkeit als Politiklehrer hätte ihm bewusst gewesen sein müssen, welchen Stellenwert der 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung habe. Dies sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, weil die konkrete Eignung zu bejahen sei, das psychische Klima aufzuhetzen; dabei genüge die Verhetzung eines aufnahmebereiten Publikums. Da es sich bei der Radiosendung auf X. um eine Live-Sendung gehandelt habe, sei ein nahezu unbegrenzter Personenkreis für die Äußerungen erreichbar gewesen. Ferner seien die Äußerungen im Widerspruch zur beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht geeignet, das Ansehen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein -Westfalen, massiv und nachhaltig zu schädigen. Ein innerdienstliches Verhalten sei gegeben, da er sich bei X. als Gymnasiallehrer und als Politiklehrer des Landes Nordrhein-Westfalen am Standort V. vorgestellt habe. Im Interesse des Ansehens der öffentlichen Verwaltung sowie im Interesse des Schutzes der Schülerinnen und Schüler könne eine weitere Ausübung des Dienstes nicht verantwortet werden. Insbesondere dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, die öffentliche Verwaltung dulde in ihren Reihen menschenverachtende Äußerungen dieser Art. Zudem bestünde vorliegend die Gefahr, dass der Kläger eine Relativierung des Holocausts durch die wiederholte Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Massentierhaltung und der menschenverachtenden Ermordung von Juden auch in seinem Politikunterricht vornehme und damit das beamtenrechtliche Neutralitätsgebot missachte. Gleichzeitig liege aufgrund seiner Äußerungen, dass das Thema in den Lehrplänen einen zu großen Raum einnehme und er sich lieber mit Themen wie Islamismus und Terrorismus beschäftigen würde, die Vermutung nahe, dass er dem Thema im Rahmen seines Unterrichts nicht den entsprechenden Raum einräumen und so dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule hinreichend Beachtung schenken werde. Im Rahmen des Ermessens sei das Individualinteresse des Klägers an der weiteren Ausübung seines Amtes mit den Belangen des Gemeinwohls in Form des Interesses der Öffentlichkeit am Schutz des Ansehens des Beamtentums, insbesondere der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen, abgewogen und letzterem der Vorrang eingeräumt worden. Dabei habe man berücksichtigt, dass der Kläger sich im Nachgang der Äußerungen von diesen weder distanziert noch diese relativiert habe. Die sofortige Wirksamkeit des Verbots durch Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung sei erforderlich, um der drohenden Wiederholungsgefahr im Unterricht Rechnung zu tragen.
26Im Rahmen eines weiteren Dienstgesprächs bei der Bezirksregierung L. wurde dem Kläger am 00.00.0000 eröffnet, dass unabhängig vom Ausgang der laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Einsatz als Lehrer am Weiterbildungskolleg L. im Interesse des Schulfriedens wie auch in seinem persönlichen Interesse faktisch nicht mehr möglich sei. Denn sein Radiobeitrag und die nachfolgende Presseberichterstattung hätten dazu geführt, dass von Seiten des Lehrerkollegiums, der Elternschaft wie auch des Personalrates eine positive Integration seiner Person in das ansonsten sehr integrationsbereite Kollegium nicht mehr möglich sei. Der Kläger konnte diese Analyse nachvollziehen und war damit einverstanden, nicht dort eingesetzt zu werden. Daraufhin wurden weitere potentielle Einsatzmöglichkeiten nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren erörtert: Der Kläger lehnte einen weiteren Einsatz im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung B. aus den Gründen seines Versetzungsantrages ab. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Bezirksregierung L. sowie die Bezirksregierung E1. aufgrund fehlenden Bedarfs aktuell keine Einsatzmöglichkeit an einem Weiterbildungskolleg in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erkennen könnten.
27Mit Schreiben vom 00.00.0000 berichtete die Leiterin des L. -Kollegs der Bezirksregierung L. von dem am 00.00.0000 stattgefundenen pädagogischen Tag in der Jugendherberge L. -S1. , zu dem auch der Kläger eingeladen war, um sich vor seinem Dienstantritt am 00.00.0000 einen ersten Einblick zu verschaffen. Nachdem sie den Kläger dem Kollegium vorgestellt habe, habe dieser auf dringende Anfrage der Bezirksregierung B. die Veranstaltung unverzüglich verlassen und sich noch am gleichen Tag in B. einfinden müssen. Daraufhin habe der Kläger unter den Blicken des gesamten Kollegiums den Raum verlassen. Später habe ihr ein Lehrer mitgeteilt, dass er den Kläger schon vorher einmal persönlich bei einer Veranstaltung erlebt und nun wieder erkannt habe. Außerdem hätten andere Lehrerinnen und Lehrer und sogar der Hausmeister am Abend zuvor Fernsehberichte über die Äußerungen des Klägers im X. -Programm gesehen und sich zwischenzeitlich im Internet entsprechend informiert, weshalb nun allgemein bekannt sei, dass es sich bei dem Kläger um den wegen seiner Äußerungen zum Holocaust vorläufig suspendierten Lehrer handele. Sie als Schulleiterin könne nachdrücklich versichern, dass ihr normalerweise sehr integrationsbereites und tolerantes Kollegium sich mit allen Kräften wehren und öffentlich dagegen verwahren würde, wenn der Kläger an das L. -Kolleg kommen sollte.
28Mit Bescheid vom 00.00.0000 widerrief die Bezirksregierung B. gegenüber dem Kläger ihre Abordnungs- und Versetzungsverfügung an das L. -Kolleg vom 00.00.0000 gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Später hob die Bezirksregierung B. diesen Bescheid mit einem weiteren Bescheid vom 00.00.0000 mangels vorheriger Personalratsbeteiligung auf und erließ gleichzeitig nach Mitzeichnung der Gleichstellungsbeauftragten am 00.00.0000 und Zustimmung des örtlichen Personalrats am 00.00.0000 einen neuen, inhaltlich gleichlautenden Bescheid, mit dem die Abordnungs- und Versetzungsverfügung des Klägers an das L. -Kolleg widerrufen wurde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Abordnung und Versetzung widerrufen würden, weil man aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewesen wäre, die entsprechenden Verfügungen nicht zu erlassen, und weil ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Das von dem Kläger am 00.00.0000 geführte Radiointerview auf X. habe zu einer hohen medialen Aufmerksamkeit und in der Folge dazu geführt, dass seine Identität unter seinem neuen Namen, entgegen seiner mit dem Versetzungsantrag ursprünglich verbundenen Intention, landesweit bekannt geworden sei. Aufgrund dessen sei nach Angaben der Schulleiterin des L. -Kollegs eine erhebliche Unruhe im dortigen Kollegium entstanden; in Folge der Presseberichterstattung bestünden nun Widerstände im Kollegium gegen die Integration seiner Person, zumal seine „Vorgeschichte" nun auch allen Studierenden bekannt geworden sei. Dadurch sei der Schulfrieden vor Ort in erheblicher Weise gestört und wäre im Falle seines Verbleibs an der Schule nachhaltig gefährdet. Darüber hinaus sei der Widerruf der Verfügungen auch zur Verhinderung eines drohenden Schadens für Individualrechtsgüter erforderlich, namentlich um eine Gefährdung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sowie möglicherweise weitere Folgen für seine Gesundheit aufgrund fortdauernder Bedrohungen und Anfeindungen auch an der neuen Schule zu vermeiden. Sein persönliches Interesse an einem „Neuanfang", der aufgrund der Vorfälle nun nicht mehr im gewünschten Maße stattfinden könne, müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung des Schulfriedens sowie an einer ordnungsgemäßen Unterrichtsteilung zurücktreten, zumal er die zu der Aufhebung führenden Gründe selbst herbeigeführt habe. Infolge der Aufhebung sei er nunmehr formal dem Weiterbildungskolleg V. zugewiesen, während sein Versetzungsantrag wieder auflebe; über diesen werde in Abhängigkeit von dem Ausgang der laufenden Verwaltungsstreitverfahren sowie der aktuellen Bedarfssituation entschieden. Ein Einsatz am Weiterbildungskolleg V. sei nicht vorgesehen.
29Mit Datum vom 00.00.0000 stellte die Bezirksregierung B. aufgrund der Äußerungen des Klägers in der Radiosendung Strafanzeige mit der Bitte um rechtliche Überprüfung. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Köln vom 19. April 2015 (121 Js 363/15) wurde sodann die Absicht mitgeteilt, das Verfahren gemäß § 170 der Strafprozessordnung einzustellen – die endgültige Einstellung erfolgte im 00.00.00. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Straftat, insbesondere eine Volksverhetzung im Sinne von § 130 des Strafgesetzbuches, nicht vorliege. Dabei, dass der Kläger im Rahmen der Telefondiskussion angegeben habe, dass ihn persönlich Auschwitz nicht mehr interessiere und ihm die Massentierhaltung sowie der Tod von sechs Millionen Tieren emotional viel näher gingen, handele es sich nur um die persönliche Meinung des Klägers, die von seiner Meinungsfreiheit gedeckt sei. Für das Tatbestandsmerkmal des Verharmlosens sei hingegen ein ausdrückliches quantitatives oder qualifiziertes Bagatellisieren von Art, Ausmaß, Folgen und Wertwidrigkeit einzelner oder der Gesamtheit nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen erforderlich.
30Bereits mit Bescheid vom 00.00.0000, dem Kläger zugestellt am 00.00.0000, leitete die Bezirksregierung B. gegen den Kläger wegen des Verdachts, ein Dienstvergehen begangen zu haben, ein Disziplinarverfahren ein. Zur Begründung wurde vorrangig auf seine Äußerungen in der Radiosendung bei X. Bezug genommen, darüber hinaus aber ebenfalls auf weitere Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen seiner Unterrichtstätigkeit: Dazu zählten insbesondere der Besuch einer Shisha-Bar während der Unterrichtszeit, nicht erteilter Unterricht am 00.00.00, 00.00.0000 und 00.00.0000 sowie das Verhalten des Klägers gegenüber Schülerinnen und Schülern bzw. Kolleginnen und Kollegen. Überdies wurden ihm mangelnde Professionalität und sein Verhalten am pädagogischen Tag 2015 vorgeworfen. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurden im 00.00.0000 zahlreiche Zeugen vernommen. Aufgrund der dortigen Erkenntnisse wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 00.00.0000 um den Pflichtverstoß ergänzt, es unterlassen zu haben, die Bezirksregierung B. zeitnah über die Aberkennung seines Doktortitels in Kenntnis gesetzt zu haben.
31Der Kläger hat bereits am 00.00.0000 gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt (1 L 217/15). Letzteren nahm der Kläger mit Schriftsatz an das erkennende Gericht vom 10. März 2015 zurück, woraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 11. März 2015 eingestellt wurde.
32Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass sowohl das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das ausgesprochene Hausverbot rechtswidrig seien. Für die formelle Rechtswidrigkeit des Hausverbots nehme er Bezug auf die Entscheidungen des erkennenden Gerichts und des OVG NRW in den früheren Verfahren 1 L 574/13 und 1 K 3328/12. Darüber hinaus sei das verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aufzuheben, da die von dem Dienstherrn geäußerte Auffassung, es bestünde der Verdacht eines Dienstvergehens „schwerwiegender Art", schlichtweg falsch sei. Insbesondere seien die ihm zu Last gelegten Äußerungen im Kontext eines längeren, mehrminütigen Gespräches im Radio durch Art. 5 GG gedeckt und stellten demgemäß keinen Verstoß gegen Dienstpflichten dar. Im Bescheid hingegen würden einzelne Sätze nicht nur im falschen Wortlaut dokumentiert, sondern zudem vollkommen aus dem Zusammenhang des Gesprächs gerissen; eben dies habe in einem früheren Disziplinarverfahren bereits das Verwaltungsgericht Münster kritisiert. Für das Gespräch habe er sich zuvor handschriftliche Notizen als Gesprächsleitfaden gemacht, in deren Rahmen am Ende abschließende Distanzierungen von jeglichen Relativierungen des Holocausts vorgesehen gewesen seien; diese habe er jedoch leider nicht mehr für die Öffentlichkeit hörbar äußern können. Hieran trage er selbst keine Schuld, da er damit habe rechnen können, noch ein „letztes Wort" zugestanden zu bekommen. Nichtsdestotrotz sei auch durch den Beginn des öffentlichen Gesprächsausschnitts ersichtlich, dass er sich deutlich und unmissverständlich vom Nationalsozialismus distanziert habe. Sofern er gesagt habe, dass zahlreiche tagesaktuelle Grausamkeiten, etwa IS-Terrorismus und Massentierhaltung, ihm „emotional viel näher" gingen, habe er keineswegs den Verbrechensgehalt der Ereignisse von Auschwitz relativiert, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ihn die tagesaktuell auf der Welt passierenden Grausamkeiten gegenwärtig emotional stärker berührten als Ereignisse, die mehr als 70 Jahre zurücklägen. Damit habe er aber in keinster Weise zwischen Massentierhaltung und Holocaust einen Vergleich hinsichtlich des Unrechtsgehalts vorgenommen, sondern lediglich seine im Jahr °°°° fühlbare emotionale Betroffenheit abgeglichen. In diesem Zusammenhang bekenne er sich ausdrücklich dazu, dass er den Unrechtsgehalt von Auschwitz als größer einstufe als denjenigen der Massentierhaltung. Zudem habe er seine Äußerungen deutlich hörbar als „privat" zugeordnet. Dabei sei es auch – wie vom VG Münster im damaligen Disziplinarverfahren festgestellt – dienstrechtlich vollkommen irrelevant, dass er sich während des Radiogesprächs als Lehrer zu erkennen gegeben habe. Denn es sei legitim, wenn Lehrer zu bildungspolitischen Fragen in ihrer Freizeit öffentlich Positionen verträten, selbst wenn diese den Positionen des Dienstherrn klar widersprächen (z.B. „G8“ und „Kopfnoten“). Im Übrigen habe er nicht im Geringsten den Anschein hervorgerufen, ein Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu sein. Insoweit führe der besondere Wertgehalt des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, zumal er in keinster Weise Lehrer dazu aufgefordert habe, den bestehenden Lehrplan nicht mehr zu befolgen, oder dies für sich angedeutet habe. Das Weiterbildungskolleg V. habe er überhaupt nicht erwähnt. Ungeachtet seines privaten Desinteresses sei er durchaus der Meinung, dass Auschwitz auch in Zukunft in der Schule behandelt werden müsse. Lediglich bezüglich des Umfangs würde er sich von künftigen Lehrplänen eine Verschiebung zugunsten von Themen mit höherer weltpolitischer Aktualität wünschen, doch verhalte er sich zugleich in seiner Diensttätigkeit gegenüber dem aktuellen Lehrplan vollkommen loyal. Angesichts dessen ließe sich das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine Eignung, Schülerinnen und Schülern als Vorbild zu dienen, auch nicht als tiefgreifend erschüttert einstufen. Im Gegenteil ließe sich feststellen, dass der von ihm geäußerte Wunsch nach einem geringeren Umfang der Thematisierung des Holocausts von einer breiten Mehrheit der deutschen Bevölkerung geteilt werde. Nach einer im Januar 2015 von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten repräsentativen Umfrage befürworte eine große Mehrheit der Deutschen (81 Prozent), darunter insbesondere die Gruppe der unter 40-Jährigen, die Geschichte der Judenverfolgung hinter sich zu lassen und sich stattdessen gegenwärtigen Problemen zu widmen. Auf einer solchen, emotional geprägten Ebene seien seine Äußerungen bei X. angesiedelt gewesen, keineswegs auf einer historisch-analytischen Ebene. Lediglich seine hohe Empathie für das Leiden von Tieren in der Massentierhaltung dürfte von der Position der Durchschnittsbevölkerung abweichen, da er schon als Kleinkind streng vegetarisch aufgewachsen sei und sich seit dem Alter von 15 Jahren sogar streng vegan ernähre; in Anlehnung an das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten" im christlichen Glauben habe er für das Leiden von Tieren ein deutlich größeres Mitgefühl als die meisten anderen Menschen. Dieses habe er jedoch niemals in seine dienstliche Tätigkeit eingebracht und hinsichtlich derartiger Äußerungen werde er sich in Zukunft gerne mäßigen.
33Zur Bestätigung seiner Angaben, sich unmittelbar vor dem Radiointerview einen eigenen Gesprächsleitfaden vorbereitet zu haben, legt der Kläger ein DIN A4-Blatt mit folgenden Notizen vor:
34„bin Freund des Judentums und Israels und schwul; bin Opfer / Gegner des NS-Regimes; aber: Auschwitz wird zuviel in Schulen behandelt; Schülerinnen und Schüler genervt („es reicht!"); Auschwitz hindert uns daran, wachsam zu sein, lenkt uns von anderen Problemen ab; Islamismus, IS-Terrorismus, Boko Haram, Antisemitismus in Deutschland bei radikalen Muslimen; Juden haben Angst, Schwule auch; klarstellen: auch von rechts droht noch immer Gefahr/ nicht zu verharmlosen; Abschluss: Gesagtes soll Auschwitz nicht verharmlosen, Auschwitz war ein schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
35Die zur Begründung der Klage gemachten Ausführungen ergänzt der jüngst in das Verfahren eingetretene Prozessbevollmächtigte des Klägers dahingehend, dass nicht jeder Verdacht eines Dienstvergehens bereits einen zwingenden Grund für den Erlass eines Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte biete. Vielmehr komme dies nur dann in Betracht, wenn dem Beamten aufgrund hinreichender Anhaltspunkte eine Straftat oder ein Dienstvergehen von so schwerwiegender Art zur Last gelegt werden könne, dass bereits vor der abschließenden Prüfung die Verhinderung der weiteren Dienstausübung zwingend notwendig erscheine. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Im Übrigen sei einem Vermerk des Ermittlungsführers zu entnehmen, dass nach der bisherigen Untersuchung weder mit einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst noch mit seiner Rückstufung zu rechnen sei. Doch hätte der Beklagte zwingend klären und aktenkundig machen müssen, welche Erkenntnisse ihn zu der Überzeugung führten, dass bei einer Fortsetzung des Dienstes durch den Kläger mit schwerwiegenden Nachteilen des Dienstherrn oder für Dritte zu rechnen sei. Dass man mit der Suspendierung lediglich habe ein „Zeichen setzen“ wollen, entspräche aber nicht dem gesetzgeberischen Ziel – die darin geregelte Möglichkeit der fristlosen Freisetzung verlange vielmehr die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Gleichzeitig liefe es seiner Fürsorgepflicht entgegen, dass der Dienstherr zusätzlich noch mittels Pressemitteilung die Suspendierung in der Öffentlichkeit bekannt gemacht und zudem den Namen des Klägers im Fernsehen genannt habe. Dieser habe sich lediglich in einem Interview zur Fleischernährung geäußert und dabei seine persönliche Meinung vorgetragen. Diese sei durch Art. 5 GG geschützt, zumal es sich um eine Äußerung außerhalb des Dienstes gehandelt habe. Zudem habe er sich im Interview nur als Lehrer zu erkennen gegeben, einen direkten Bezug zu seinem Amt und zu seiner Stellung als Beamter aber nicht hergestellt. Das mitverfügte Hausverbot sei wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ebenfalls rechtswidrig.
36Der Kläger beantragt,
37die Verfügung der Bezirksregierung B. vom 00.00.0000 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Zur Begründung führt er aus, dass sowohl das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das ausgesprochene Hausverbot rechtmäßig seien. Die Ausübung des Hausrechts stünde zwar grundsätzlich der Schulleitung zu, richte sich aber gegen Störungen von außenstehenden Dritten oder Nutzern der öffentlichen Einrichtung. Demgegenüber ließen sich Konflikte wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens einer Lehrkraft als Angehörigem des Lehrkörpers nur im Wege dienstrechtlicher Maßnahmen lösen, weshalb das Verbot zum Betreten des Schulgebäudes gegenüber einer Lehrkraft nur von der Stelle ausgesprochen werden könne, die auch für das Verbot der Dienstausübung zuständig sei. Auch dafür seien die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben, da bei weiterer Dienstausübung des Klägers der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde und gewichtige Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die Beeinträchtigung des Dienstbetriebs sei in der erheblichen Unruhe in der Lehrer- und Schülerschaft aufgrund der Äußerungen des Klägers in der landesweit ausgestrahlten X. -Radiosendung sowie aufgrund der X. -Fernsehsendung „B1. T. " am 00.00.0000 entstanden. Dies werde auch durch eine Stellungnahme der Schulleiterin des L. -Kollegs bestätigt. Dem Kläger sei insbesondere vorzuwerfen, dass seine Äußerungen einen direkten Zusammenhang zwischen dem menschenverachtenden Massenmord in der Zeit des Nationalsozialismus und der Massentierhaltung herstellten, wodurch unweigerlich eine Wertung in Gestalt der Verharmlosung des Holocausts vorgenommen werde. Die schriftliche Dokumentation der Radioaussagen habe exakt den Äußerungen entsprochen, die tatsächlich für die Hörerschaft des Interviews akustisch wahrnehmbar gewesen wären. Hingegen stelle die Angabe des Klägers, dass es sich bei der im Radio getätigten Zahlenangabe im Rahmen der oben genannten Äußerungen nur um einen unglücklichen und versehentlichen Zahlendreher gehandelt haben solle, nur eine substanzlose Schutzbehauptung dar, die nicht überzeugen könne. Denn dies stünde im Widerspruch zu den bisherigen Erläuterungen des Klägers, den Gesprächsverlauf vorab mithilfe eines selbst verfassten Leitfadens umfassend geplant zu haben. Entgegen der Einschätzung des Klägers sei es gerade der Gesamtzusammenhang seiner Äußerungen gewesen, der zu der Annahme begründeter Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Dienstvergehens schwerwiegender Art geführt habe. Dass ihm schließlich am Ende des Interviews keine Zeit zu Klarstellungen gegeben worden sei, hätte der Kläger einkalkulieren müssen. Als Folge der Äußerungen des Klägers sei nunmehr aber auf Seiten des Dienstherrn und der Öffentlichkeit ein Vertrauensverlust in die dienstliche Zuverlässigkeit des Klägers als Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen entstanden. Insoweit habe es im direkten zeitlichen Nachgang eine Vielzahl telefonischer Beschwerden und intensive Reaktionen der Öffentlichkeit gegeben. Weiterhin habe auch ein materieller Dienstbezug bestanden, da der Kläger eine Einordnung der Äußerungen als rein private Sichtweise nicht gegeben, sondern im Gegenteil durch den Hinweis auf die zu große Breite in den bestehenden Lehrplänen den Eindruck vermittelt habe, dass er bei der Ausführung seines Lehrauftrages beeinträchtigt sei. Diesbezüglich genüge es, dass aus Sicht eines unbefangenen Betrachters der Eindruck einer inneren Abkehr von den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit der darin liegenden Befürchtung entstünde, er werde seinen dienstlichen Aufgaben als Lehrkraft nicht mehr unbefangen nachkommen. Die Äußerungen des Klägers seien in diesem Zusammenhang auch nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG gedeckt. Im Gegenteil habe der Verdacht bestanden, dass der Kläger eine Straftat in Form einer Verharmlosung des Holocaust gem. § 130 Abs. 3 StGB begangen habe. Im Übrigen bedürfe es für die Anordnung eines Verbots der Führung der Dienstgeschäfte keiner erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts, sondern es genüge, dass der Dienstvorgesetzte zu der begründeten Überzeugung gelange, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln verlangten. Das Hausverbot sei demgegenüber dadurch begründet, dass eine weitere Störung des Schulbetriebs bzw. die Gefahr einer Wiederholung zu befürchten sei. Ohne seine Anordnung wäre zu befürchten gewesen, dass der Kläger ungeachtet einer Lehrtätigkeit die Schule aufgesucht und weitere Äußerungen gegenüber Schülerinnen und Schülern, gegenüber dem Lehrerkollegium oder gegenüber der Presse vorgenommen hätte, gegebenenfalls zur Rechtfertigung seiner Äußerungen. Die Belastung des Beamten ergäbe sich ohnehin in erster Linie aus dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 1 K 3328/12, 1 L 574/13, 1 K 3816/13, 1 K 1482/15, 1 K 2645/15 sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs und die Personalakte des Klägers Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe:
43Die Klage ist zulässig und begründet.
44Insbesondere ist die Klage als Anfechtungsklage gegen das ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach wie vor statthaft und es besteht weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn das mit Bescheid vom 00.00.0000 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist nicht nach § 39 Satz 2 BeamtStG erloschen. Denn gegen den Kläger ist innerhalb der Dreimonatsfrist des § 39 Satz 2 BeamtStG, namentlich mit Verfügung vom 00.00.0000– dem Kläger zugestellt am 00.00.0000 – ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
45Die Klage ist auch begründet. Das von der Bezirksregierung B. verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei ist die mündlich nach dem Anhörungsgespräch vom 00.00.0000 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verfügung in der Fassung des Bescheides vom 00.00.0000 zugrunde zu legen.
46Das an den genannten Tagen verfügte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte war zwar bei seinem Erlass rechtmäßig, ist aber jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung materiell rechtswidrig geworden.
47Zwar ist bei Anfechtungsklagen regelmäßig nur der Zeitpunkt des Bescheiderlasses Ausgangspunkt der rechtlichen Begutachtung, doch gilt abweichend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, wenn dem jeweiligen Verwaltungsakt – wie hier dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte – eine Dauerwirkung für einen längeren Zeitraum zukommt. Denn die zuständige Behörde und im Streitfall das Gericht müssen das ausgesprochene Verbot bis zum Ende der Geltungsdauer „unter Kontrolle halten“. Wenn sich herausstellt, dass Gründe, die ursprünglich für das Verbot sprachen, entweder widerlegt oder soweit entkräftet sind, dass sie nicht mehr den qualifizierten Anforderungen für den Erlass einer Verbotsverfügung genügen, ist die Verbotsverfügung aufzuheben.
48Vgl. VG E1. , Urteil vom 19. Dezember 2014 – 2 K 6786/14 –, juris; diesen Zeitpunkt hat in einem früheren Klageverfahren des Klägers schon VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 K 3328/12 – zugrunde gelegt.
49Rechtsgrundlage für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist § 39 Satz 1 BeamtStG. Danach kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden.
50Zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 39 Satz 1 BeamtStG liegen dann vor, wenn eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Beamten – im Augenblick und für die Dauer des Verbots – dienstlich nicht vertretbar ist. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist eine Notmaßnahme, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden. Dienstliche Belange, welche ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtfertigen, können sowohl durch ein dienstliches als auch durch ein außerdienstliches Verhalten des Beamten oder in seiner Person begründet sein, soweit sie sich auf die dienstlichen Bereiche auswirken können.
51Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschlüsse vom 3. April 2009 – 6 B 36/09 –, juris, und vom 26. April 2007 – 6 B 391/07 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. September 2011 – 12 K 3083/09 -, juris, Rn. 20 ff. sowie Beschluss vom 23. Juni 2009 – 1 L 228/09 -, (n.v.); VG München, Beschluss vom 17. April 2002 – M 5 S 02.1111 -, juris, Rn. 28.
52Der Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt als solcher grundsätzlich voller gerichtlicher Nachprüfung. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass der Dienstherr die fachlichen und politischen Ziele des Verwaltungshandelns aufgrund seines Organisationsrechts bestimmt und damit die dienstlichen Belange maßgebend prägt, so dass diese als Vorgaben auch in die wertende Entscheidung einfließen. Ferner ist der Charakter des Verbots als eine materiell-rechtlich vorgesehene Sofortmaßnahme, die Zwecken der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr dient, zu berücksichtigen.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 21/03 –, juris Rn. 10; Zängl, in: GKÖD, § 60 BBG a.F., Rn. 4 und 19; Plog/Wiedow, § 60 BBG a.F., Rn. 1 und 8.
54Hintergrund ist der Anspruch des Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung als einen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.
55Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.
56Die zu befürchtenden Nachteile müssen vor diesem Hintergrund so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
57Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2013– 6 A 2586/12 – und vom 30. Juli 2015 – 6 A 1454/13 –, beide juris m.w.N.
58Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 – 1 WB 67.78 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2015– 6 A 1454/13 –, juris.
60Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2013– 6 A 2586/12 – und vom 30. Juli 2015 – 6 A 1454/13 –, beide juris m.w.N.
62Gemessen an diesen Maßstäben lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte zwingende dienstliche Gründe in dem Sinne vor, dass die Bezirksregierung B. zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgehen durfte, eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger erscheine nicht angebracht. Dies gilt zum einen unter dem Gesichtspunkt der durch den Kläger begangenen Dienstpflichtverletzungen und zum anderen wegen des darin liegenden Zwecks der Gefahrenabwehr.
63Insbesondere stand das außerdienstliche Verhalten des Klägers in Form seines Radiointerviews bei X. am 00.00.0000 mit seinen Pflichten aus § 33 Abs. 2 BeamtStG (Gebot zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung) auch in Ansehung der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Meinungsfreiheit nicht in Einklang.
64Der Beamte steht zu seinem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Dieser Grundsatz hat nach Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 GG Verfassungsrang. Die sich aus diesem Dienst- und Treueverhältnis ergebenden einzelnen Rechte und Pflichten des Beamten werden teilweise in den §§ 33 ff. BeamtStG konkretisiert, wo seinem Handeln Grenzen gesetzt werden. Insoweit kommt es zur Kollision von zwei Grundentscheidungen der Verfassung, zum einen der Garantie eines für den Staat unentbehrlichen und diesen tragenden Beamtentums und zum anderen der individuellen Freiheitsrechte eines Beamten, hier dem Grundrecht freier Meinungsäußerung. Nach diesem Grundrecht hat jedermann das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Dieses Recht findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Beamtengesetze zählen. Dies hat zur Folge, dass die Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einschränkt, wobei die Grenze im Einzelfall von der Art und dem Inhalt der Äußerung, der Amtsstellung des Beamten und dem Bezug der Betätigung zu seinem Amt abhängig ist.
65Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. September 2007 - 2 BvR 1047/06 -, juris; VG N. , Urteil vom 16. Oktober 2009 - 4 K 1765/08 -, juris; VGH Mannheim, Urteil vom 26. November 1982 - 4 S 819/80 -, juris (Leitsatz).
66Gleichzeitig ist die Regelung in § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG zu berücksichtigen. Danach ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
67Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
68vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Januar 2001 – 1 BvQ 9/01 – und vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, beide juris,
69ist das Grundgesetz als Gegenentwurf zum nationalsozialistischen Unrechtsstaat und zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes konzipiert, in dem Auschwitz als Mahnung für die Zukunft verstanden werden soll. Es ist von seinem Aufbau bis in viele Details hin darauf ausgerichtet, aus den geschichtlichen Erfahrungen zu lernen und eine Wiederholung solchen Unrechts ein für alle Mal auszuschließen. Dabei kommt besonders dem 27. Januar als dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945, der staatlicherseits zum offiziellen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (sog. Holocaust-Gedenktag) bestimmt worden ist, ein besonderer Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zu: Mit der Begehung dieses Gedenktages wird Verantwortung für die Vergangenheit übernommen und bundesweit nicht nur der Opfer gedacht, sondern zugleich mahnend an die Folgen des Nationalsozialismus erinnert, um deren Wiederholung dauerhaft auszuschließen. Die Befürwortung der nationalsozialistischen Herrschaft und des während dieser Zeit begangenen Unrechts ist in Deutschland ein Angriff auf die Identität des Gemeinwesens nach innen mit friedensbedrohendem Potential.
70Aus den vorgenannten Umständen sind Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust, noch dazu an einem diesbezüglichen Gedenktag, mit anderen Meinungsäußerungen nicht vergleichbar. Bei der Strafvorschrift des § 130 Abs. 4 StGB – und entsprechendes dürfte für den hier relevanten § 130 Abs. 3 StGB gelten – handelt es sich vor diesem Hintergrund um eine spezielle Einschränkung der in Art. 5 GG grundsätzlich garantierten Meinungsfreiheit; derartige Vorschriften sind auch als nichtallgemeine Gesetze mit der Meinungsfreiheit vereinbar. Angesichts des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft unter deutscher Verantwortung über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der für die Identität der Bundesrepublik Deutschland prägenden Bedeutung dieser Vergangenheit, können Äußerungen, die dies gutheißen oder jedenfalls entsprechende Verbindungen herstellen, Wirkungen entfalten, denen nicht allein in verallgemeinerbaren Kategorien Rechnung getragen werden kann. Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung des nationalsozialistischen Regimes in den Jahren zwischen 1933 und 1945 Grenzen setzen, ist daher eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.
71Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, juris,
72Diese Grenzen werden durch verschiedene Äußerungen des Klägers in dem Radiointerview bei X. am 00.00.0000 in bedeutsamem Maße tangiert, und zwar auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit. Im Besonderen gilt dies für seine mit einem zahlenmäßigen Vergleich verdeutlichte Aussage, dass ihm die Massentierhaltung viel näher als Auschwitz ginge, weil alle 20 Minuten sechs Millionen Tiere sterben würden. Trotz des emotional-persönlichen Eindrucks erweckt die zahlenmäßige Gegenüberstellung für den Zuhörer den Eindruck, dass der Unrechtsgehalt des Holocaust und der systematischen Judenvernichtung herabgespielt wird. Dies zeigt sich sehr eindrucksvoll in der ersten Reaktion des in der Radiosendung bei X. eingeladenen Sachverständigen, zumal das Radio ein flüchtiges Medium ist, das einen zweiten, genaueren auditiven Eindruck nicht zulässt. Darüber hinaus sind auch die weiteren Äußerungen des Klägers, dass der Antisemitismus von radikalen Muslimen viel größer als jeder andere Antisemitismus in Deutschland sei und dass ihn Auschwitz privat überhaupt nicht mehr interessiere, sehr weit reichend und vermitteln dem Zuhörer einen dem besonderen Sinngehalt des Gedenktages widerstrebenden Eindruck.
73Alle diese Aussagen geben zwar einerseits einen persönlichen Meinungsstand wieder, widersprechen aber andererseits dem beamtenrechtlichen Gebot zur Mäßigung, das über Art. 33 Abs. 5 GG ebenfalls Verfassungsrang besitzt. Durch das gewählte Medium einer Live-Sendung im Radio, die einen unbestimmten Personenkreis erreicht, und gleichzeitig in Anbetracht der aktiven Meldung des Klägers zum Radiogespräch unter Vorbereitung eines Stichwortzettels, war das Mäßigungsgebot verletzt. Denn gerade als vermittelnder Lehrer für Politik und Deutsch einerseits und wegen der Sensibilität des Themas, noch an dem Holocaust-Gedenktag zudem, andererseits konnte von einer Einhaltung des dienstrechtlichen Gebots der Zurückhaltung nicht mehr die Rede sein, weshalb eine objektive Dienstpflichtverletzung vorliegt. Der dienstliche Zusammenhang war insoweit dadurch hergestellt, dass der Kläger gleich zu Beginn des Radiogesprächs und im Verlauf dessen auch auf Nachfrage der Moderatorin nochmals seine Rolle als vermittelnde Lehrkraft betont hat. Auf ein subjektives Verschulden kam es für die zunächst zu bejahende Rechtmäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte bei seinem Erlass im Übrigen nicht an, wenngleich auch das falsche Verständnis seiner Aussagen, insbesondere betreffend die zahlenmäßige Gegenüberstellung von Massentierhaltung und Holocaustopfern, zu erwarten war.
74Ungeachtet der festgestellten Dienstpflichtverletzung erschien es auch aus Gründen der Gefahrenabwehr wegen der medialen Wirkung der klägerischen Äußerungen und der durch diese hervorgerufenen Aufregung in der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft angezeigt, den Beamten „aus der Schusslinie zu nehmen“, um den Schulfrieden zu wahren und seine Person vor (weiterem) Schaden zu schützen. Nicht zuletzt soll das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach seinem Gesetzeszweck dazu dienen, der Behörde mindestens im Rahmen des Dreimonatszeitraums bis zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens Gelegenheit zu geben, die Sachlage aufzuklären und die hierfür benötigte Ruhe dadurch herzustellen, dass die Dienstausübung vorläufig untersagt wird. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte versteht sich seinem Zweck nach als eine Sofortmaßnahme von zunächst nur vorübergehender Dauer, die bis zur Entscheidung über die Einleitung u.a. eines förmlichen Disziplinarverfahrens eine einstweilige Regelung trifft; dies wird auch durch den Wortlaut der Regelung und die Systematik belegt.
75Siehe auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom25. März 2009 – 12 L 148/09 –, juris.
76Doch ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als Dauerverwaltungsakt spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig geworden.
77Im Gegensatz zu dem früheren Disziplinarverfahren als Folge einer Rede des Klägers bei einer Veranstaltung von „Pro NRW“ ist die Bezirksregierung B. zwar aktuell dem Erfordernis einer Aktualisierung (vgl. § 38 Abs. 4 BDG) und Anpassung des fortwirkenden Verbots der Führung der Dienstgeschäfte vor dem Hintergrund des Anspruchs des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung,
78vgl. unter anderem BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 – 2 BvR 80/77 -, juris, Rn. 41, bezogen auf eine vorläufige Dienstenthebung nach Disziplinarrecht,
79und dem im Disziplinarrecht geltenden Beschleunigungsgrundsatz (§ 4 LDG NRW) hinreichend nachgekommen.
80Zu den einzelnen Anforderungen an die Aktualisierung des Disziplinarverfahrens im Falle des Klägers ausdrücklich: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 K 3328/12 –.
81Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist die disziplinarrechtliche Bearbeitungsfrist von sechs Monaten (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW) seit Einleitung des Disziplinarverfahrens mit Verfügung vom 00.00.0000 noch nicht deutlich, sondern lediglich um etwa einen Monat überschritten und hat die Bezirksregierung B. den baldigen Abschluss des Disziplinarverfahrens angekündigt. Währenddessen hat der Beklagte im Rahmen disziplinarischer Ermittlungen zu den weiteren Vorwürfen, die neben dem Radiointerview erhoben wurden und die Unterrichtstätigkeit des Klägers betrafen, zahlreiche Zeugen vernommen, d.h. erhebliche Aufklärungsarbeit geleistet. Vor diesem Hintergrund kann anders als bei dem früher gegen den Kläger ausgesprochenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte keine Rede davon sein, dass die Rechtswidrigkeit der Suspendierung durch Zeitablauf und Dauer des Disziplinarverfahrens evident wäre.
82Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 – 2 BvR 80/77 -, juris, Rn. 45; zum damaligen Verfahren siehe erneut VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Juni 2013– 1 K 3328/12 –.
83Das Verbot ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber aus anderen, materiell-inhaltlichen Gründen rechtswidrig.
84Wie § 39 Satz 2 BeamtStG belegt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass dem Verbotsverfahren ein auf die Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren zu folgen hat, wenn das Verbot länger andauern soll. Nur in diesem Falle kann im Vorgriff darauf rechtmäßigerweise ein Verbot nach § 39 BeamtStG ausgesprochen werden.
85Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.4.
86Nicht jeder Bagatellverstoß gegen Dienstpflichten stellt allerdings schon ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen dar, weil ein solches vielmehr ein entsprechendes disziplinarisches Gewicht der Dienstpflichtverletzung voraussetzt. Dies verdeutlicht schon § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, wonach ein Verhalten außerhalb des Dienstes – wie hier – nur dann ein Dienstvergehen ist, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
87Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2010– 1 K 5818/08 –.
88Dies zugrundegelegt ist die angegriffene Entscheidung der Bezirksregierung B. zwischenzeitlich rechtlich zu beanstanden. Die Bezirksregierung geht ausweislich der beigezogenen Disziplinarakte nach entsprechenden Ermittlungen zwischenzeitlich nicht mehr davon aus, dass die Äußerungen des Klägers in der Radiosendung zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen könnten. Entsprechende Feststellungen hat der zuständige Ermittlungsführer im Rahmen der Disziplinarakte im Rahmen einer undatierten E-Mail aufgenommen, wo davon die Rede ist, dass es „voraussichtlich nicht zur Höchstmaßnahme kommen wird“, man allerdings „ein Zeichen setzen“ wolle. Eine derartige Zielsetzung verfehlt den vom Gesetz zugedachten, zuvor dargelegten Zweck der Suspendierung jedoch. Immerhin sind im Hinblick auf die in § 45 BeamtStG geregelte Fürsorgepflicht des Dienstherrn die dienstlichen Gründe – besonders nach längerem Zeitablauf – nur zwingend, wenn es ihm nicht mehr zugemutet werden kann, die Dienstgeschäfte durch den Beamten fortsetzen zu lassen.
89Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2.1.
90Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das von der Bezirksregierung B. angestoßene strafrechtliche Ermittlungsverfahren zwischenzeitlich im 00.00.00 eingestellt worden ist. Der entsprechenden Ankündigung der Staatsanwaltschaft Köln vom 19. April 2015 hatte die Bezirksregierung B. trotz aufwändiger, eigener Recherchen nicht widersprochen. Demgemäß war spätestens in diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Aussagen eine strafrechtliche Relevanz mit Blick auf § 130 Abs. 3 StGB angesichts der Betonung der persönlichen emotionalen Betroffenheit nicht aufwiesen.
91Zudem war in diesem Zeitpunkt, d.h. nach Ablauf mehrerer Monate, festzustellen, dass das zunächst akute mediale Interesse deutlich abgeklungen war, mit der Folge, dass das Verbot jedenfalls mit seinem vollen Umfang nicht mehr verhältnismäßig ist. Immerhin dauert die vollständige Suspendierung des Klägers nun bereits etwa neun Monate an. Nach dem Abklang des medialen Interesses bzw. der anfänglichen Aufregung wäre im Mindesten eine Reduzierung auf ein teilweises Verbot der Dienstausübung geboten gewesen. Bei einer Lehrkraft wäre dies etwa in der Gestalt vorstell- und durchführbar, dass das Verbot sich nur auf die selbstständige Erteilung von Unterricht erstreckt und dem Kläger zur Vermeidung eines fehlerhaften Einflusses auf Schülerinnen und Schüler ein Kollege an die Seite gestellt wird.
92Vgl. Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, Kommentar zum BeamtStG, § 39 Ziff. 2 a.E.
93Soweit der Beklagte im Disziplinarverfahren darüber hinaus weitere Vorwürfe aus der Unterrichtstätigkeit des Klägers anführt, bedürfen diese vorliegend keiner näheren Erörterung. Denn sie sind nicht zum Gegenstand der hier streitgegenständlichen Verfügung gemacht und insoweit nicht zur Begründung des ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte herangezogen worden.
94Als Annex zur dienstrechtlichen Maßnahme des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte ist auch das in derselben Verfügung gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot zu beanstanden. Zwar war hierfür – gemäß der Ausführung des Beklagten – die Bezirksregierung und nicht der Schulleiter sachlich zuständig, da es sich um eine Maßnahme gegenüber einem Angehörigen des Lehrkörpers zur Durchsetzung und Sicherstellung der beamtenrechtlichen Maßnahme gemäß § 39 BeamtStG handelte, nicht hingegen um eine Maßnahme im Sinne von § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SchulG zur Abwehr von Störungen des Schulbetriebs durch Außenstehende.
95Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2008 – 2 K 4088/07 –, juris m.w.N.; siehe auch LG Lüneburg, Beschluss vom 30. Juli 1977 – II Qs 9/77 –, NJW 1977, 1832.
96Infolge der Rechtswidrigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist allerdings auch das Haus-/Kontaktverbot im genannten Zeitpunkt als rechtswidrig anzusehen. Denn in solchen Fällen, in denen ein Hausverbot als Annex zu einer dienstrechtlichen Maßnahme verfügt wird, steht das Verbot in engem Zusammenhang zu dieser Maßnahme und teilt deren rechtliches Schicksal. Für die Dauer des Fortbestands soll es die Wahrung des hinter der dienstrechtlichen Verpflichtung stehenden Zwecks sicherstellen, vorliegend also neben dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auch jede andere Kontaktaufnahme des Klägers mit Schülerinnen und Schülern unterbinden. Dies war jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und Entscheidung der Kammer in entsprechender Anwendung der vorstehenden Gründe betreffend die Suspendierung nicht mehr geboten.
97Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des beklagten Landes vom 23. Februar 2012 gerichtete Klage sei unbegründet. Durch diese Verfügung hatte das beklagte Land dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte, mithin die Leitung der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. , mit sofortiger Wirkung verboten. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Verbots hätten zwingende Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 BeamtStG vorgelegen. Eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Kläger sei seinerzeit nicht mehr vertretbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Das Verbot sei verhältnismäßig gewesen.
7Die Einwände, die mit dem Zulassungsvorbringen gegen diese eingehend begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhoben werden, greifen nicht durch.
8Gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.
9Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, DVBl. 1999, 326, und vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, BVerwGE 63, 250.
10Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren kommt es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1979 - 1 WB 67.78 -, a.a.O.
14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dient gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
16Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 6 A 2586/12 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.
18Für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend geboten erscheinen lassen.
19Vgl. zu § 22 SG: BVerwG, Beschlüsse vom 19. November 1998 - 1 WB 36.98 -, a.a.O.
20Dass Letzteres vorliegend der Fall war, stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage.
21Der Kläger macht geltend, ein Handeln des beklagten Landes sei nicht zwingend geboten gewesen, denn - wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 555 vom 8. Oktober 2012 des Abgeordneten Dr. P. , LT-Drucks. 16/1430 belege - passierten „Entweichungen“ aus dem Strafvollzug regelmäßig und aus anderen Justizvollzugsanstalten seien häufiger Gefangene ausgebrochen als aus der JVA C. . Insoweit lässt der Kläger außer Acht, dass dem angefochtenen Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht allein der Umstand zu Grunde liegt, dass innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen zunächst der Strafgefangene I. versucht hatte, aus der JVA C. auszubrechen, dann der Strafgefangene K. aus der JVA C. ausgebrochen ist und schließlich der dort untergebrachte Strafgefangene I1. geflohen ist, nachdem er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Von entscheidender Bedeutung waren für das Verwaltungsgericht vielmehr die die beiden letztgenannten Vorkommnisse jeweils ermöglichenden bzw. begünstigenden Gegebenheiten sowie auch und nicht zuletzt die sich hieran anschließende - unzulängliche - Unterrichtung des Justizministeriums. Hierauf hat der Kläger nichts Durchgreifendes entgegnet.
22Ob es sich bei der JVA C. seinerzeit - so der Kläger - um eine „besonders sichere“ Anstalt gehandelt hat, ist danach nicht entscheidend. Denn maßgeblich für das Verwaltungsgericht war der Umgang des Klägers mit den Situationen vor und nach den Vorfällen. Hierzu hat in dem Bericht vom 14. Februar 2012 („Erkenntnisse der Expertengruppe ‚JVA C. ‘ zum Ausbruch des Strafgefangenen L. K. am 29.01.2012“) der Leiter der Expertengruppe (im Folgenden zitiert als EG) unter Punkt V. zusammenfassend das Folgende ausgeführt:
23„Die EG sieht auf der Basis ihrer bislang gewonnenen Eindrücke und Feststellungen dringenden Handlungsbedarf, in Bezug auf die Sicherheit und Ordnung der JVA C. einen Zustand herzustellen, welcher der Vollstreckungszuständigkeit gerecht wird (…).
24Die Regelungen zur ständigen und unmittelbaren Beaufsichtigung sowie zur Durchsuchung der Gefangenen in der JVA C. werden - gelinde ausgedrückt - nur unzureichend beachtet. Der Abschlussbericht wird hierzu sowie zu weiteren grundlegenden Sicherheitsproblematiken nähere Einzelheiten enthalten. Sehr überrascht ist die EG, mit welcher offensichtlichen Nonchalence dieses Thema quer durch alle Zuständigkeitsbereiche, auch dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, behandelt wird. Insoweit verwundert es nicht, dass auch offenbar vielen Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes die Sensibilität für dieses Thema abhanden gekommen zu sein scheint.
25Diese Vermutung würde durchaus zu dem bislang gewonnenen Eindruck der EG, dass in der JVA C. der Aspekt der prognostizierten sozialen Sicherheit deutlich Vorrang gegenüber grundlegenden Sicherheitsstrukturen eingeräumt wird, passen (…).
26Insgesamt hat die EG allein bereits durch die Aufarbeitung des Vorkommnisses in den ersten beiden Tagen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass der baulich-technische Zustand und die administrativ-organisatorische Sicherheitslage der JVA C. derart lückenhaft ist, dass sich vielfältige Einlasstore und Schleppwege für Drogen, Bargeld, Waffen und natürlich auch Handys ergeben. Auch hierzu wird die EG in ihrem Abschlussbericht Einzelheiten ausführen. Vorab sei hier aber auch beispielhaft die aus Sicherheitsgründen sehr bedenkliche Organisation der Besuche (Besuchsabwicklung) genannt (…).
27Die JVA C. beherbergt eine hohe Zahl von langstrafigen Inhaftierten mit verfestigtem kriminellen Potential, die mit ihrer Hafterfahrung genügend Kenntnisse über lokale Sicherheitslücken haben, diese verdeckt ausnutzen können und gleichwohl problemlos zu einem angepassten Vollzugsverhalten in der Lage sind (…).“
28Die mit dem Zulassungsantrag dagegen ins Feld geführten höheren „Entweichungszahlen“ anderer Justizvollzugsanstalten stellen die so beschriebenen Organisationsmängel und sonstigen Defizite nicht in Frage. Vor dem Hintergrund dessen hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die die Strafgefangenen I. , K. und I1. betreffenden Vorkommnisse mit Recht weiter ausgeführt, in der JVA C. hätten sich innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen eine versuchte, aber gescheiterte sowie zwei weitere, zunächst erfolgreiche Gefangenenentweichungen ereignet. Die wegen des zweiten Vorkommnisses eingesetzte Expertengruppe sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass in der JVA C. Defizite bestünden, die Entweichungen begünstigten und die, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen seien, dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuschreiben gewesen seien.
29Neben der Sache liegt der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil es auch bezüglich des aus dem Krankenhaus geflohenen Strafgefangenen I1. von einer Entweichung ausgegangen sei und unter diesen Begriff nur der Ausbruch eines Gefangenen aus einer JVA falle. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Strafgefangene I1. aus der JVA C. ausgebrochen ist, sondern hat seinen Ausführungen zutreffend zu Grunde gelegt, dass er aus dem Krankenhaus geflohen ist.
30Fehl geht die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe, indem es sich die Auffassung des beklagten Landes zu eigen gemacht und unterstellt habe, dass es sich „bei den Entweichungen um“ seine - des Klägers - „‚Fehler‘ (…) gehandelt habe“, gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er lässt bereits unberücksichtigt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG - wie dargestellt - keine erschöpfende Aufklärung erforderlich ist und es bei dem Verbot nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ankommt, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Zu Recht hat das beklagte Land seine diesbezüglich zu treffende Prognoseentscheidung u.a. auf den genannten Bericht gestützt und die seinerzeit bereits festgestellten gewichtigen Sicherheitsdefizite, soweit sie organisatorischer Art bzw. im Rahmen der Personalführung beeinflussbar gewesen sind, dem Verantwortungsbereich des Klägers zugeschrieben.
31Etwaige Umstände, die den baulichen Zustand bzw. die bauliche Unterhaltung der JVA C. betrafen, sind dem Kläger nicht angelastet worden. Verfehlt ist daher der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der Strafgefangene K. durch ein fehlerhaft montiertes Fenster habe entweichen können und für die bauliche Unterhaltung nicht die JVA C. , sondern das Justizministerium zuständig sei.
32Der Annahme des beklagten Landes, dem Kläger seien, wie in der Verbotsverfügung im Einzelnen ausgeführt, sowohl „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen K. “ als auch „vollzugliche Fehler im Zusammenhang mit dem Strafgefangenen I1. “ unterlaufen, setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
33In Bezug auf den Strafgefangenen K. führt der Kläger an, die Zuweisung von Arbeit, auf die Strafgefangene Anspruch hätten, sei eine „Ermessens- und Beurteilungsentscheidung“, deren Rahmen er nicht fehlerhaft ausgefüllt habe. Insoweit lässt er außer Acht, dass das beklagte Land ihm nicht vorgehalten hat, dass dem Strafgefangenen K. Arbeit zugewiesen worden ist, sondern vielmehr, dass er in der Reinigungskolonne eingesetzt worden ist, obwohl der Gefangenenpersonalakte Hinweise darauf zu entnehmen waren, dass er in Q. noch über acht Jahre Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte und mehrere offene Verfahren anstanden, und die Beaufsichtigung der Reinigungskolonne nicht in der gebotenen Weise gewährleistet war.
34Soweit der Kläger sich diesbezüglich im Weiteren mit dem Inhalt der „Einleitungsverfügung“ bzw. der „Disziplinarverfügung“ auseinandersetzt, geht sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, das nicht der Ahndung disziplinaren Unrechts, sondern der Behebung unzumutbarer Missstände dient, ins Leere.
35Das beklagte Land hat in der streitgegenständlichen Verfügung ferner ausgeführt, ein vom Kläger zu verantwortender Organisationsmangel sei darin zu sehen, dass das Prüfformular für den Einsatz von Strafgefangenen in der Reinigungskolonne weder eine Beteiligung der Abteilungsleitung noch eine Beratung in der Vollzugskonferenz vorsehe. Weder der Umstand, dass, wie der Kläger geltend macht, die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ein solches Vorgehen nicht vorsehen, noch sein Hinweis, er habe von seiner Organisationsgewalt Gebrauch gemacht und die Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeitsverwaltung übertragen, sind geeignet, die Berechtigung des Vorhalts in Frage zu stellen. Den Kläger entlastet schließlich auch nicht, dass „dies“ durch seinen „Vorgänger bereits so organisiert worden“ war.
36Verfehlt ist die Rüge des Klägers, der Vorwurf in der „Einleitungsverfügung“, es habe „ständige Verstöße gegen die RISO“ gegeben, sei nicht konkret genug. Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Verbotsverfügung vom 23. Februar 2012, in der die dem Kläger vorgehaltenen Verstöße gegen die Richtlinien für Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen (RISO) vom 5. Juni 1987 benannt und näher erläutert worden sind.
37Das beklagte Land hat in der Verbotsverfügung des Weiteren ausgeführt, auch die Entscheidung des Klägers, dass der Strafgefangene I1. weder bei der „Ausführung“ in das Krankenhaus zu fesseln noch bei einer stationären Aufnahme zu bewachen sei, sei nicht vertretbar gewesen. Diese Auffassung hat es wie folgt begründet:
38„Der Strafgefangene war nur zwei Tage vor Ihrer Entscheidung, d.h. am 15.02.2012, aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C. -T. in die Justizvollzugsanstalt C. zurückverlegt worden, weil ihm aufgrund des Besitzes von 2 Gramm Cannabis die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen worden war. Er war also nach der höchst aktuellen Entscheidung der zuführenden Justizvollzugsanstalt nicht für Lockerungen geeignet. Ein Krankenhausaufenthalt ohne Bewachung ist von den Bewegungsmöglichkeiten des Gefangenen her ohne Weiteres mit einer Vollzugslockerung gleichzusetzen. Eine erneute Gewährung von Lockerungen zwei Tage nach einem Lockerungsversagen wäre unter keinem Gesichtspunkt zulässig gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Strafgefangene aufgrund von Verletzungen, die er sich entweder selbst beigebracht haben konnte - was für die Vorbereitung einer Flucht sprechen dürfte - oder die ihm von Mitgefangenen zugefügt sein konnten - was ein erhöhtes Fluchtrisiko indiziert - im Krankenhaus vorgestellt werden sollte. Unabhängig hiervon durfte Ihre Entscheidung über einen unbewachten Aufenthalt im Krankenhaus keinesfalls ohne Vorliegen und Auswertung der Gefangenenpersonalakte erfolgen. Nach Ihrem Bericht lag Ihnen die Gefangenenpersonalakte zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Ihnen waren wegen dieses Versäumnisses beispielsweise die Vorstrafen des Strafgefangenen, namentlich wegen gefährlicher Körperverletzung und Vollrausches, nicht bekannt. Diese Vorstrafen lassen eine Gefährdung der Allgemeinheit bei ungerechtfertigten Vollzugslockerungen als naheliegend erscheinen. Dies untermauert die Notwendigkeit, voll-zugliche Entscheidungen nur in Kenntnis der entscheidungserheblichen, auch hier nur aus der Gefangenenpersonalakte ersichtlichen Tatsachen zu treffen.“
39Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, er habe die Entscheidung, den Strafgefangenen bei der Verbringung ins Krankenhaus nicht fesseln und dort nicht bewachen zu lassen, in Kenntnis des Inhalts seiner Gefangenenpersonalakte getroffen, setzt er sich in Widerspruch zu seinem Bericht vom 20. Februar 2012. Dort hat er ausgeführt :
40„(…) Aufgrund der Informationen anhand des vorliegenden Personal- und Vollstreckungsblattes (kurzer Strafrest, Delikt Sachbeschädigung, Rückverlegung aus dem offenen Vollzug ohne Fluchthinweis) - die Gefangenenpersonalakte lag nicht vor - habe ich entschieden, dass eine Fesselung nicht nötig und dass im Falle eines stationären Verbleibs des Gefangenen eine Bewachung nicht erforderlich ist.“
41Diese Ausführungen zeigen, dass der Kläger seine Entscheidung allein auf der Grundlage des Personal- und Vollstreckungsblattes getroffen hat. Dafür, dass er auch seinerzeit keine, jedenfalls keine hinreichende Kenntnisse vom Inhalt der Gefangenenpersonalakte hat, spricht der Umstand, dass er ausweislich seines Vorbingens im Zulassungsverfahren noch immer davon ausgeht, dass es sich bei den Vorverurteilungen des Strafgefangenen I1. um „Bagatellkriminalität“ gehandelt habe, obwohl dieser u.a. wegen Raubes, mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässigem Vollrausch und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war.
42Die Kläger führt weiter an, ein Verzicht auf die Bewachung des Strafgefangenen I1. sei vertretbar gewesen, weil kein Anhaltspunkt dafür vorgelegen habe, dass er wegen der Rückverlegung Fluchtabsichten gehegt habe. Auch diese Argumentation unterstreicht, dass er nicht sämtliche Aspekte, die für ein Fluchtrisiko gesprochen haben, in den Blick genommen und zudem nicht erwogen hat, welche Gesichtspunkte gegen die vom beklagten Land beanstandete erneute „Vollzugslockerung“ gesprochen haben .
43Schließlich begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das beklagte Land sich insbesondere und nicht zuletzt auch in Anbetracht der Art und Weise, wie der Kläger dem Justizministerium über die die Strafgefangenen K. und I1. betreffenden Vorkommnisse berichtet hat, sowie wegen der verspäteten Information des Justizministeriums über die erneute Ergreifung des Strafgefangenen I1. veranlasst gesehen hat, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dafür, dass das beklagte Land die Informationsdefizite zu Unrecht angeführt oder ihnen zu viel Gewicht beigemessen hat, gibt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her.
44Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass in der Zeit während und nach einer Gefangenenentweichung einer unverzüglichen, umfassenden und zutreffenden Information des Justizministeriums durch die betroffene Anstalt sehr große Bedeutung zukommt. Dies folgt zum einen aus dem mit Gefangenenentweichungen regelmäßig einhergehenden besonderen öffentlichen Interesse und der Relevanz einer umfassenden und zutreffenden Information der Öffentlichkeit durch das Justizministerium für das allgemeine Sicherheitsgefühl. Zum anderen - so das Verwaltungsgericht - sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenentweichungen häufig zu einer Befassung des Landtags (Rechtsausschuss) mit diesen Vorgängen führten. In diesen Fällen sei - wie hier - eine unverzügliche, vollständige und zutreffende Information der Abgeordneten für den zuständigen Justizminister unabdingbar. Hierzu sei dieser aber seinerseits auf Informationen durch den verantwortlichen Anstaltsleiter der betreffenden JVA angewiesen, die hierfür die uneingeschränkte Gewähr bieten müssten.
45Letzteres verkennt der Kläger, soweit er geltend macht, die die Entweichung des Strafgefangenen K. betreffenden Berichte vom 29. Januar und 2. Februar 2012 seien vom „zuständigen S+O-Inspektor“ gefertigt worden, der die Stellungnahmen der Bediensteten berücksichtigt habe, der Bericht vom 29. Januar 2012 zudem unter Beteiligung eines Mitarbeiters des Justizministeriums, dem es oblegen hätte, auf eine Berichtigung der angeblichen „Unvollständigkeiten und Falschangaben“ hinzuwirken. Der Kläger hat die Ausführungen, die in den von ihm unterzeichneten Berichten enthalten sind, selbst zu verantworten. Die etwaige Einbindung anderer Bediensteter, sei es der JVA C. , sei es des Justizministeriums, änderte nichts an seiner Pflicht, das Justizministerium umfassend und zutreffend zu informieren.
46Auch der Einwand des Klägers, er habe die Berichte nur auf der Grundlage der seinerzeit vorhandenen Erkenntnisse schreiben können, verfängt nicht. Es oblag dem Kläger, die Berichte auf der Grundlage einer sorgfältigen Ermittlung der Einzelfallumstände zu erstellen und, soweit diese noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, den Adressaten der Berichte, mithin das Justizministerium, darauf hinzuweisen, dass und hinsichtlich welcher Umstände die Erkenntnisse noch unzureichend waren.
47Dafür, dass das beklagte Land dem Kläger zu Unrecht auch die Unzulänglichkeit seines Berichts vom 20. Februar 2012 betreffend die „Entweichung des Strafgefangenen K1. I1. aus dem Krankenhaus am 17.02.2012“ angelastet hat, gibt das Zulassungsvorbringen ebenfalls nichts Durchgreifendes her. Die vom Justizministerium aufgeworfenen Fragen wurden zum Teil nur kurz beantwortet, obwohl ersichtlich Veranlassung zu weiteren Ausführungen bestand. Die Beantwortung der Frage, ob vor der Zusammenlegung, d.h. der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen, eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, ließ nicht erkennen, ob im Fall des Strafgefangenen I1. eine solche Prüfung tatsächlich stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, er habe angesichts der Vielzahl der innerhalb einer kurzen Frist zu bearbeitenden Nachfragen nur das Wesentliche mitteilen können, überzeugt angesichts des Umfangs und des Inhalts des der JVA C. am Nachmittag des 17. Februar 2012 übersandten Fragenkataloges des Justizministeriums und der dem Kläger zur Beantwortung eingeräumten Frist von immerhin gut drei Tagen (Fristende: 21. Februar 2012, 8.00 Uhr) nicht.
48Ins Leere geht das Vorbringen des Klägers, es habe sich bei der „Entweichung“ des Strafgefangenen I1. aus dem Krankenhaus nicht um ein berichtspflichtiges Vorkommnis gehandelt. Der Vorhalt zielt nämlich darauf ab, dass dem Justizministerium nicht unverzüglich, sondern mit mehr als fünfzehn Stunden Verspätung darüber berichtet worden ist, dass der geflohene Strafgefangene am 17. Februar 2012 gegen 17.00 Uhr festgenommen und um 18.03 Uhr in die JVA C. zurückgebracht worden ist.
49Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, es stelle ungeachtet der disziplinarrechtlichen Relevanz ein schwerwiegendes Versäumnis in einer Angelegenheit von hoher sicherheits- und justizpolitischer Bedeutung dar, dass der Kläger die ihm persönlich gemeldete Nachricht von der Wiederergreifung des geflohenen Strafgefangenen I1. nicht unverzüglich, sondern erst mit einem halben Tag Verzögerung an das Justizministerium weitergeleitet habe. Es erschließe sich ohne Weiteres, dass Nachrichten von einer Entweichung oder einer Wiederergreifung eines Gefangenen derart einschneidende und öffentlichkeitsrelevante Ereignisse beträfen, dass diese unverzüglich dem Justizministerium zu melden seien. Dies gelte erst recht in einer Situation wie der seinerzeit vorliegenden, in der die Öffentlichkeit aufgrund der vorangegangenen Vorkommnisse in erhöhtem Maße sensibilisiert gewesen sei. In einer solchen Situation dürfe sich ein Anstaltsleiter als Behördenleiter nicht ohne weitere eigene Erkundigungen oder entsprechende konkrete Anweisungen darauf verlassen, dass einer seiner Mitarbeiter das Justizministerium informieren werde.
50Soweit der Kläger geltend macht, es habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen, dass die Unterrichtung des „Inspektors vom Dienst (IvD)“, der das Justizministerium habe informieren sollen, zunächst unterbleiben sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hätte den IvD selbst über die Festnahme des Strafgefangenen I1. unterrichten und ihn sodann anweisen können, das Justizministerium unverzüglich zu informieren.
51Auch der Einwand des Klägers verfängt nicht, er habe die Mitteilung von besonderen Vorkommnissen an das Justizministerium auf den IvD bzw. „die zuständige Sicherheitsinspektorin“ delegiert und habe, da diese Mitteilungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfolgt seien, nicht davon ausgehen können, dass das Justizministerium über die Wiederergreifung des Strafgefangenen I1. - versehentlich - nicht informiert werde. Insoweit lässt der Kläger unberücksichtigt, dass es in Bezug auf die JVA C. , wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu mehreren bedeutenden Vorfällen gekommen ist und die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung des Gefangenen I1. nicht zuletzt angesichts der politischen und medialen Relevanz von wesentlicher Bedeutung war. Dass der Leiter der betroffenen Justizvollzugsanstalt in einer solchen Situation die unverzügliche Unterrichtung des Justizministeriums über die Wiederergreifung eines Strafgefangenen persönlich vornimmt oder sich zumindest vergewissert, dass ein beauftragter Bediensteter die unverzügliche Unterrichtung zeitnah vorgenommen hat, versteht sich von selbst. Somit entlastet den Kläger auch nicht der Umstand, dass das Justizministerium, wie der Kläger geltend macht, ohne Rückfrage bei der JVA C. zu halten, am 17. Februar 2012 gegen 19.30 Uhr eine Pressemitteilung zur Flucht des Strafgefangenen I1. herausgegeben hat, die keinen Hinweis auf dessen Wiederergreifung enthielt.
52Nach alledem ist nichts dafür ersichtlich, dass das beklagte Land seine Ermessensentscheidung, dem Kläger die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten, auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Sein Einwand, „der ‚Wirbel in der Öffentlichkeit‘, der in einer modernen Medienlandschaft immer dann entfacht“ werde, „wenn es ansonsten nichts zu berichten“ gebe, könne „nicht die Messlatte dafür sein, ob von der Maßnahme des § 39 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht“ werde, trägt nicht. Er ignoriert die in der Verfügung vom 23. Februar 2012 aufgeführten Gründe, die, ohne dass dies - wie dargestellt - rechtlich zu beanstanden wäre, das beklagte Land zu dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte veranlasst haben.
53Das Zulassungsvorbringen zieht schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig gewesen sei. Insoweit, so das Verwaltungsgericht, sei zunächst in Rechnung zu stellen, dass die Maßnahme dem Schutz der Bevölkerung vor Straftätern gedient habe, die zu einem beträchtlichen Teil schwerwiegende Straftaten begangen hätten. Dieses Ziel hätte auch nicht in gleicher Weise durch eine andere, für den Kläger weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden können. Insbesondere habe nicht mehr zugewartet werden können, um, wie der Kläger geltend mache, einseitig oder gar einvernehmlich eine andere Verwendung zu ermitteln und sodann eine Abordnung oder Versetzung vorzunehmen. Eine solche Vorgehensweise wäre dem bestehenden Handlungsbedarf nicht gerecht geworden, der gerade durch die Ereignisse der letzten Tage vor dem Erlass der streitgegenständlichen Verbotsverfügung belegt werde.
54Die Annahme des Klägers, schon im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung wäre eine Abordnung und damit eine mildere Maßnahme möglich gewesen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage. Die Entbindung des Klägers von seinen Dienstgeschäften duldete nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung des beklagten Landes keinen Aufschub mehr. Dass es schon seinerzeit abschließend beurteilen konnte, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abordnung an eine andere Dienststelle gegeben sind, ist nicht erkennbar. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass sich das beklagte Land in der Folgezeit erkennbar bemüht hat, hinsichtlich der weiteren dienstlichen Verwendung möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu schaffen. Bereits mit Wirkung vom 15. März 2012 ist der Kläger an den der Justizvollzugsanstalt E. -I2. angegliederten Kriminologischen Dienst abgeordnet worden. Zugleich hat das beklagte Land seinem Antrag, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, teilweise stattgegeben.
552. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn, wie hier, im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gegeben sind.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.