Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 29. Dez. 2010 - 4 K 2629/10

published on 29/12/2010 00:00
Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 29. Dez. 2010 - 4 K 2629/10
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Tenor

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ..., Stuttgart, sowie auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ..., Stuttgart, bleibt ohne Erfolg. Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob der Antrag überhaupt „bewilligungsreif“ ist, nachdem die vom Antragsteller ausgefüllte und unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse immerhin die Frage aufwirft, wovon er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Hierauf kommt es aber nicht an, denn der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ist bereits deshalb abzulehnen, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. BVerfG [Senat], Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -, BVerfGE 81, 347 = NJW 1991, 413) - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. § 166 VwGO in Verbindung mit §§ 114, 121 Abs. 2 ZPO), was sich im Einzelnen den nachfolgenden Gründen entnehmen lässt.
II.
1. Der Antrag, mit dem der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, „die ständige 24-stündige Überwachung mit fünf Polizeibeamten einzustellen“, ist zulässig. Namentlich handelt es sich bei der Anordnung der Observation gemäß § 22 Abs. 6 PolG weder generell noch im vorliegenden Fall um einen anfechtbaren Verwaltungsakt, gegen den vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren wäre (vgl. hierzu näher: Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl. [2009], § 22 RdNr. 71; Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 7. Aufl. [2011], RdNr. 442c). Dem - in seiner Reichweite unklaren (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. [2009], § 123 RdNr. 22) - Erfordernis der vorherigen Antragstellung bei der Behörde hat der Antragsteller ebenfalls genügt.
2. Der Antrag ist aber nicht begründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und der Grund, weshalb es des Erlasses der einstweiligen Anordnung bedarf (Anordnungsgrund), sind hierbei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).
Ob ein Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht ist, bedarf keiner Entscheidung, denn dem Antragsteller steht kein Anordnungsanspruch zur Seite. Die Einstellung der längerfristigen Observation könnte der Antragsteller von Rechts wegen nur verlangen, wenn diese - auf § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG gründende - Maßnahme aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts rechtswidrig und damit künftig zu unterlassen wäre. Dies ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht der Fall. Die längerfristige Observation des Antragstellers dürfte durch die nämliche Vorschrift gedeckt sein.
Der Polizeivollzugsdienst kann nach § 22 Abs. 3 PolG personenbezogene Daten durch eine längerfristige Observation zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen - zu diesen zählt der Antragsteller - erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG erklärt zu der hier in Rede stehenden längerfristigen Observation „jede voraussichtlich innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden dauernde oder über den Zeitraum einer Woche hinaus stattfindende Observation“. Zu den durch § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG in Bezug genommenen Straftaten mit erheblicher Bedeutung rechnen nach § 22 Abs. 5 PolG Verbrechen (Nr. 1) sowie Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen richten (Nr. 2 Buchstabe a). Die Anordnung steht gemäß § 22 Abs. 6 PolG unter einem so genannten Behördenleitervorbehalt und der Betroffene hat ein Unterrichtungsrecht nach Maßgabe des § 22 Abs. 8 PolG.
a) Die Kammer hat bereits in ihrem Beschluss vom 02.09.2010 (4 K 1570/10) entschieden, dass § 22 PolG voraussichtlich in einer Weise ausgelegt werden kann, die mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und den Freiheitsrechten der Betroffenen in Einklang zu bringen ist (so auch VG Aachen, Beschluss vom 18.03.2010 - 6 L 28/10 -, juris zur vergleichbaren Vorschrift des § 16 Abs. 1 PolG NW 2003; VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris zu § 28 PolG des Saarlandes; vgl. zum Ganzen auch BVerfG [Senat], Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 = NJW 2005, 2603 zu § 33a NdsSOG; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. [2007], F RdNrn. 336 ff.), sodass das Verdikt der Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage voraussichtlich nicht droht und es der Erörterung der Folgefrage, ob die längerfristige Observation auch auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden könnte (so VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010, a.a.O.), nicht bedarf. Hieran hält die Kammer nach erneuter Überprüfung aus Anlass des vorliegenden Falles fest.
b) Auch die Anwendung der voraussichtlich verfassungskonform interpretierbaren Vorschrift des § 22 PolG im konkreten Fall dürfte mit der genannten Ermächtigungsgrundlage im Einklang stehen.
aa) Es spricht zunächst alles dafür, dass eine längerfristige Observation im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Rede steht. Namentlich teilt die beschließende Kammer nicht die in der Literatur vereinzelt gebliebene Auffassung, wonach § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG nur die verdeckte Observation umfasse (so Ruder/Schmidt, a.a.O., RdNrn. 438 und 442c). Zum einen gibt der Wortlaut der Vorschrift für ein solch enges Verständnis der Norm nichts her. Zum anderen zeigen gerade die systematische Auslegung und der Normkontext mit § 22 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 PolG, dass dem Gesetzgeber die Frage durchaus bewusst gewesen ist, ob ein Datenerhebungsmittel ausschließlich verdeckt eingesetzt werden soll. Für die hier vertretene Auffassung spricht im Übrigen die Ausgestaltung der Unterrichtungspflicht (§ 22 Abs. 8 Satz 1 PolG) und der allgemeine, auch hier Anwendung findende Grundsatz der vorrangig „offenen Datenerhebung“ (§ 19 Abs. 2 PolG). Soweit ersichtlich geht auch die übrige Literatur davon aus, dass die längerfristige Observation im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG die offene Beobachtung mit einschließt (so Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 4. Aufl. [2009], § 22 Rn. 4; Belz/Mußmann, a.a.O., § 22 RdNr. 3; Rachor, a.a.O., RdNr. 325 Fn. 450; ebenso VG des Saarlandes, Beschluss vom 1509.2010, a.a.O., juris RdNr. 6).
bb) In formeller Hinsicht dürfte den Anforderungen des § 22 Abs. 6 PolG genügt sein. Die längerfristige Observation wurde am 03.12.2010 vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg für die Dauer von weiteren acht Wochen angeordnet. Dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG ist damit Rechnung getragen. Soweit man in der Unterrichtungspflicht des § 22 Abs. 8 PolG zugleich eine formelle Anforderung an die Rechtmäßigkeit der Maßnahme als solcher sehen wollte, wäre dem bereits dadurch Rechnung getragen, dass die Observation von Anfang an und mit dem Wissen der Betroffenen offen erfolgte und der Antragsteller jedenfalls mittlerweile auch über den Umfang der Observation Klarheit hat.
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cc) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht spricht Überwiegendes dafür, dass die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG derzeit vorliegen. Nach dem Inhalt der dem Gericht vorgelegten Akten, namentlich der Risikobewertung nach dem Sicherheitsprogramm „Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern“ (KURS) und der einschlägigen psychiatrischen Gutachten, dürfte die Einschätzung des Antragsgegners, die Observation des Antragstellers sei derzeit (noch) zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) bzw. zur Vorbeugung der Bekämpfung von Verbrechen (§ 22 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5 Nr. 1 PolG) angezeigt, voraussichtlich nicht zu beanstanden sein. Die vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg nach dem Sicherheitsprogramm KURS durchgeführte Risikobewertung gelangt nach Auswertung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zu dem für die Kammer plausiblen und vom Antragsteller nicht hinreichend in Frage gestellten Ergebnis, ein Schadenseintritt für hochrangige Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Leben sowie die sexuelle Selbstbestimmung könne aufgrund der Vorgeschichte und der immer noch bestehenden Persönlichkeitsproblematik als hinreichend konkret angenommen werden (vgl. Ergebnis der Risikobewertung S. 17). Dass diese knapp vier Monate zurückliegende Risikobewertung zwischenzeitlich überholt und nicht mehr aussagekräftig sein könnte, vermag die beschließende Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht festzustellen. Auch der Antragsteller hat hierzu - mit Ausnahme des Hinweises auf ein offenes Bein und letztlich pauschaler Beteuerungen - nichts vorgebracht, was die sorgfältig erstellte Risikobewertung bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Frage stellen könnte. Es ist bereits nicht hinreichend dargetan, welche Auswirkungen das offene Bein auf die Fortbewegungsfreiheit des Antragstellers hat. Im Übrigen ist angesichts der bisherigen Begehungsweise von Sexualstraftaten auch nicht ersichtlich, dass ein offenes Bein für den Antragsteller ein Hindernis für die Begehung weiterer einschlägiger Straftaten wäre. Im Gegenteil sprechen die wiederholte Tatbegehung, die hierbei zu Tage getretene Brutalität gegenüber minderjährigen Opfern, die rein triebgesteuerte Vorgehensweise im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol, das konsequente Ablehnen jeglicher Therapie und - vor allem - der fehlende soziale Empfangsraum nach den im Eilverfahren zu berücksichtigenden Erkenntnissen eher für die Richtigkeit der Risikobewertung des Landeskriminalamts und damit für das Vorliegen einer vom Antragsteller ausgehenden konkreten Gefahr im Sinne des § 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG.
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Allerdings dürfte der Antragsgegner bei der gebotenen verfassungsorientierten Auslegung des § 22 Abs. 3 PolG auch gehalten sein, seine Gefahrenprognose den sich wandelnden Verhältnissen anzupassen. Namentlich bietet § 22 Abs. 3 PolG keine Handhabe zur Dauer-Überwachung von Menschen, von denen anzunehmen ist, dass das in der Vergangenheit prognostizierte Risiko zwischenzeitlich nicht mehr oder nur noch eingeschränkt besteht oder bei denen andere - mildere - Mittel in gleicher Weise zur Gefahrenabwehr geeignet sein könnten. Ob der Antragsgegner mit Rücksicht auf diese rechtlichen Prämissen seine Risikobewertung nach oder vergleichbar dem Sicherheitsprogramm KURS in bestimmten Abständen wiederholen muss oder gehalten sein könnte, nach Ablauf einer gewissen Zeit eine erneute psychiatrische Begutachtung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Führungsaufsicht, der Observation und des derzeitigen Gesundheitszustands des Antragstellers durchzuführen, bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung. Denn die Risikobewertung des Landeskriminalamts dürfte derzeit noch hinreichend belastbar sein und wurde vom Antragsteller auch nicht substantiiert angegriffen. Indes dürften sich entsprechende Fragen der aktualisierten Risikobewertung möglicherweise bereits bei der Frage der Verlängerung der derzeit auf acht Wochen befristeten längerfristigen Observation ebenso stellen wie die Frage der weiteren Perspektive des Antragstellers, der sich selbst eine Unterbringung im „...hof“ in Bayern vorstellen könnte, der aber möglicherweise auch zum Adressatenkreis des noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Gesetzes zur Therapieunterbringung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter rechnen könnte.
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dd) Die beschließende Kammer ist schließlich der Auffassung, dass die Anordnung der längerfristigen Observation derzeit voraussichtlich dem Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) genügt. Sie ist zur Gefahrenabwehr zweifellos geeignet und wohl auch erforderlich, da mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen dürften und vom Antragsteller auch nicht benannt werden. Die von ihm als gleich geeignet bezeichneten elektronischen Fußfesseln (electronic monitoring) sind - ungeachtet ihrer rechtlichen Unzulässigkeit - schon deshalb nicht gleichermaßen geeignet, weil sie die Begehung von Straftaten nicht zu verhindern vermögen. Die längerfristige Observation dürfte zum jetzigen Zeitpunkt auch noch angemessen sein. Allerdings ist dabei dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Antragstellers auch im Hinblick auf dessen Bezug zum Schutz der Menschenwürde (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) umfassend und zwingend Rechnung zu tragen. Mit der Würde des Menschen ist es - nach einer weit verbreiteten, freilich etwas plakativen Formel - nicht vereinbar, einen Menschen zum bloßen Objekt der Staatsgewalt zu machen (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 15.12.1970 - 2 BvF 1/69 u.a. -, BVerfGE 30, 1 [25] = NJW 1971, 275). Im Hinblick auf ihre Anwendung treten die Grenzen der Objektformel jedoch deutlich zutage. Der Mensch ist nicht selten bloßes Objekt nicht nur der Verhältnisse und der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern auch des Rechts, dem er sich zu fügen hat. Die Menschenwürde wird insbesondere nicht schon dadurch verletzt, dass jemand zum Adressaten von Maßnahmen der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr wird, wohl aber dann, wenn durch die Art der ergriffenen Maßnahme die Subjektqualität des Betroffenen grundsätzlich in Frage gestellt wird. Das ist der Fall, wenn die Behandlung durch die öffentliche Gewalt die Achtung des Wertes vermissen lässt, der jedem Menschen um seiner selbst willen zukommt (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98 u.a. -, BVerfGE 109, 279 = NJW 2004, 999). Solche Maßnahmen dürfen auch nicht im Interesse der Effektivität der Gefahrenabwehr vorgenommen werden und dies auch in solchen Fällen nicht, in denen der hiervon Betroffene - wie hier - die Menschenwürde seiner Opfer bei der Begehung von Straftaten mit Vehemenz negiert hat. Vielmehr hat der Staat auch beim Umgang mit gefährlichen Menschen dem aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Gebot unbedingter Achtung einer Sphäre des Bürgers für eine ausschließlich private - „höchstpersönliche“ - Entfaltung Rechnung zu tragen (Kernbereich privater Lebensgestaltung). Die Möglichkeit entsprechender Entfaltung setzt voraus, dass der Einzelne über einen dafür geeigneten Freiraum verfügt. Die vertrauliche Kommunikation benötigt ein räumliches Substrat jedenfalls dort, wo die Rechtsordnung um der höchstpersönlichen Lebensgestaltung willen einen besonderen Schutz einräumt und die Bürger auf diesen Schutz vertrauen. Das ist regelmäßig die Privatwohnung, die für andere verschlossen werden kann. Verfügt der Einzelne über einen solchen Raum, kann er für sich sein und sich nach selbst gesetzten Maßstäben frei entfalten. Die Wohnung ist als „letztes Refugium“ ein Mittel zur Wahrung der Menschenwürde. Dies verlangt zwar nicht einen absoluten Schutz der Räume der Privatwohnung, wohl aber absoluten Schutz des Verhaltens in diesen Räumen, soweit es sich als individuelle Entfaltung im Kernbereich privater Lebensgestaltung darstellt (vgl. wiederum BVerfG [Senat], Urteil vom 03.03.2004, a.a.O.). Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung umfasst ferner die Kommunikation mit anderen Personen des besonderen Vertrauens, deren Kreis sich nur teilweise mit den in §§ 52 und 53 StPO genannten Zeugnisverweigerungsberechtigten deckt (vgl. zum Ganzen: Trurnit, VBlBW 2010, 413 [414]). Dabei führt selbst ein heimliches Vorgehen des Staates an sich noch nicht zu einer Verletzung des absolut geschützten Achtungsanspruchs (vgl. zur verdeckten, technischen Überwachung: BVerfG [Senat], Urteil vom 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 -, BVerfGE 112, 304 = NJW 2005, 1338 - GPS). Wird jemand zum Objekt einer Beobachtung, geht damit nämlich nicht zwingend eine Missachtung seines Wertes als Mensch einher, soweit hierbei - gleich ob offen oder verdeckt beobachtet wird - ein unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung gewahrt wird. Auf diesen - unverbrüchlichen - Kern des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist bei der längerfristigen Observation des Antragstellers jedenfalls (und zwingend) Rücksicht zu nehmen. Eine Totalüberwachung im Sinne einer zeitlichen und räumlichen Rundumüberwachung wäre hiermit nicht vereinbar (vgl. wiederum Trurnit, ebenda).
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Gemessen daran dürfte die vom Antragsgegner praktizierte längerfristige Observation dem Kernbereich privater Lebensgestaltung derzeit noch hinreichend Rechnung tragen. Der Antragsgegner hat den Ablauf der Observation mittels einer Stellungnahme des Führungs- und Einsatzstabs der Polizeidirektion Freiburg vom 22.12.2010 im Einzelnen dargelegt. Danach findet eine Beobachtung in dem Wohnraum des Antragstellers weder offen noch verdeckt statt. Bei Gesprächen des Antragstellers mit Ärzten, Rechtsanwälten und Bediensteten von Behörden sind die Beamten angewiesen, Abstand zu halten. Damit ist dem Kernbereich privater Lebensgestaltung hinreichend Rechnung getragen. Es mag sein, dass dies - wie der Antragsteller in seiner Antragsschrift hinreichend glaubhaft gemacht und was der Antragsgegner nicht in Abrede gestellt hat - bei dem Kontakt mit seinem Prozessbevollmächtigten am 30.11.2010 nicht der Fall gewesen sein mag. In solchen Fällen der besonders zu schützenden Kommunikation, in denen die Gefahr für den als gefährdet angesehenen Personenkreis gering sein dürfte, sind die Beamten des Polizeivollzugsdienstes nach den oben genannten Grundsätzen von Rechts wegen gehalten, der gebotenen Vertraulichkeit des gesprochenen Worts Rechnung zu tragen und sich darauf zu beschränken, ein etwaiges Entweichen des Antragstellers zu verhindern. Die Effektivität der Gefahrenabwehr dürfte es grundsätzlich auch nicht erfordern, dass Nachfragen zum Titel einer erworbenen Compact-Disc bei der Verkäuferin erfolgen. Hingegen dürfte die Observation kaum der Grund dafür sein, dass der Antragsteller in seinem Wohnraum keinen Besuch empfangen darf. Dieser Umstand dürfte eher - worauf der Führungs- und Einsatzstab in seiner Stellungnahme vom 22.12.2010 zutreffend hingewiesen hat - der Hausordnung des ... geschuldet sein. Insgesamt dürfte dem Kernbereich privater Lebensgestaltung derzeit noch hinreichend Rechnung getragen sein, soweit er sich so, wie in der Stellungnahme des Führungs- und Einsatzstabs der Polizeidirektion Freiburg vom 22.12.2010 dargelegt, vollziehen sollte. Von einer entsprechenden Erlasslage und einem „erlassgerechten“ Vollzug geht die Kammer aus.
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Die längerfristige Observation dürfte derzeit auch im Übrigen noch angemessen sein. Hierbei verkennen die beschließende Kammer wie auch der Antragsgegner nicht, dass trotz des hinreichend gesicherten Kernbereichs ein schwerwiegender Grundrechtseingriff zulasten des Antragstellers in Rede steht. Er kann sich außerhalb seines Wohnraums nur in dem Bewusstsein fortbewegen, dass er von Polizeibeamten verfolgt wird. Hierdurch wird er in seiner privaten Lebensgestaltung in erheblicher Weise beeinträchtigt und - was auch im Hinblick auf seine Integration in die Gesellschaft schädlich ist - für die Außenwelt stigmatisiert. Insbesondere die Aufnahme und die Pflege sozialer Kontakte werden wesentlich erschwert, in vielen Fällen sogar nahezu unmöglich gemacht. Zwar lässt sich § 19 Abs. 2 PolG entnehmen, dass die offene Observation das mildere Mittel gegenüber der verdeckten Beobachtung ist. Jedoch sind damit für den Antragsteller auch die genannten Einschränkungen verbunden. Hinzu kommt, dass bei Fortbestehen der Gefahrenlage und in Ermangelung von Alternativen ein Ende der Observation zur Zeit nicht absehbar ist (vgl. hierzu Rachor, a.a.O., RdNr. 361) und das Polizeigesetz verfahrensmäßige Sicherungen - wie etwa eine regelmäßige von Amts wegen durchzuführende, ggf. gerichtliche Überprüfung des Fortbestands der Gefahr - nicht statuiert. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände dürfte die längerfristige Observation gleichwohl derzeit noch angemessen sein, da angesichts der plausiblen Risikobewertung des Landeskriminalamts und der vorliegenden Gutachten zur Zeit noch davon auszugehen sein dürfte, dass die Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit Dritter so schwer wiegen, dass die Freiheitsrechte des Antragstellers dahinter zurückstehen müssen. Hierbei ist für die beschließende Kammer auch von Bedeutung, dass die an Kindern und Jugendlichen begangenen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in einer Häufigkeit und Brutalität begangen wurden, die das Risiko der Rechtsgutbeeinträchtigung bei einer Einschränkung oder Aussetzung der Observation als besonders hoch erscheinen lässt. Dieser durch psychiatrische Gutachten hinreichend belegte Umstand, die Therapieresistenz des Antragstellers und der nicht vorhandene soziale Empfangsraum lassen eine ihm günstigere Entscheidung derzeit nicht zu.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.