Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 08. Juli 2015 - 1 K 849/13

bei uns veröffentlicht am08.07.2015

Tenor

Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 5/12 und der Beklagte zu 7/12, ausgenommen die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Vergütung, Schadensersatz und Auskunft.
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am xx.xx.xxx geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität Freiburg auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität Freiburg. Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt. Als Dienstaufgabe wurden ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 64 UG übertragen. Mit weiterem Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums.
Nach der Verselbständigung der Universitätsklinika in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Hochschulmedizinreformgesetz schlossen der Beklagte und der Kläger am 09.12.1998 eine Vereinbarung. In deren Präambel ist festgehalten, der Kläger sei als Universitätsprofessor verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) heißt es, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor. Die unmittelbare Liquidation für in Nebentätigkeit für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchgeführte Untersuchungen war in § 5 der Vereinbarung geregelt.
Nachdem es hinsichtlich des vom Kläger insoweit zu entrichtenden Nutzungsentgeltes zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien gekommen war, entzog ihm der Beklagte - in gewissem Umfang - die Befugnis zur Privatliquidation mit Wirkung vom 01.03.2004.
An die Stelle der vorgenannten Vereinbarung trat unter dem 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ zwischen denselben Beteiligten. In dessen Präambel ist u.a. ausgeführt, der Kläger leite im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Der Beklagte sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, erhält dieser Vertrag folgende Vergütungsbestimmung:
§ 8
Vergütung
(1) Der Ärztliche Direktor erhält für seine Tätigkeit neben seiner beamtenrechtlichen C 3-Besoldung als Universitätsprofessor vom Universitätsklinikum eine Jahresvergütung in Höhe von 50% des für Behandlungen/Untersuchungen erzielten Nettoliquidationserlöses (Bruttoliquidationserlös abzüglich Sachkosten, Kostenerstattung, gesetzliche Mitarbeiterbeteiligung, Nutzungsentgelt, Einziehungskosten und eventueller Umsatzsteuer), den das Universitätsklinikum in der vom Ärztlichen Direktor geleiteten Abteilung aus wahlärztlichen ambulanten und wahlärztlichen stationären Untersuchungen, die ab dem 1. August 2007 erfolgt sind, im betreffenden Jahr einnimmt, wobei Erlöse aus der Erbringung so genannter individueller Gesundheitsleistungen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4) unberücksichtigt bleiben. Hierfür wird zunächst eine Abschlagssumme in Höhe von jährlich 300.000 EUR angesetzt, die in zwölf gleichen Monatsraten, fällig jeweils am Ende eines jeden Kalendermonats gezahlt wird. Der Betrag unterliegt der Lohnsteuerabführungspflicht. Beginnt oder endet der Vertrag im Laufe eines Kalenderjahres, wird die Vergütung anteilig berechnet.
(2) Der Ärztliche Direktor erhält ferner eine Prämie in Höhe von bis zu 25 % des Nettoliquidationserlöses (vgl. Abs. 1) für die erfolgreiche Leitung der Einrichtung, wobei es maßgeblich auf die wirtschaftliche Führung der Abteilung, das Erreichen der Leistungsvorgaben, ein aktualisiertes Qualitätsmanagement, bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Führungsqualität ankommt. Zudem kann der Klinikumsvorstand mit dem Ärztlichen Direktor jährliche Zielvereinbarungen abschließen, deren Erreichen für die Auszahlung der Prämie mit maßgebend ist. Die Feststellung, ob die vom Ärztlichen Direktor geleitete Einrichtung erfolgreich geleitet wurde und ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden, erfolgt durch den Klinikumsvorstand unter Angabe der wesentlichen zugrunde liegenden Erwägungen. Auf die zu erwartende Prämie wird zunächst eine jährliche Abschlagssumme von 96.000 EUR angesetzt, die in zwölf gleichen Monatsraten jeweils am Ende eines jeden Kalendermonats gezahlt wird. Der Betrag unterliegt der Lohnsteuerabführungspflicht. Beginnt oder endet der Vertrag im Laufe eines Kalenderjahres, wird die Vergütung anteilig berechnet.
(3) Die endgültige Berechnung von Vergütung und Prämie nach Absatz 1 und 2 sowie Abrechnungen und ggf. Neufestlegung der Abschlagszahlungen erfolgen jeweils bis Ende Juni des Folgejahres.
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Mit gleichlautenden Schreiben vom 24./25.01.2008 kündigte der Beklagte diesen Vertrag außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 30.09.2008 wegen des Verdachts strafbarer Handlungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Rahmenvertrags zwischen dem Beklagten und einer Laborbedarfshandelsfirma. Mit Urteil vom 24.02.2010 (3 K 2749/08) stellte die 3. Kammer des VG Freiburg fest, dass die mit Schreiben vom 24.01. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.7.2007 unwirksam sind. Mit Urteil vom 02.08.2012 (9 S 2752/11 -, juris) wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die von ihm zugelassene Berufung des Beklagten gegen das Urteil des VG Freiburg vom 24.02.2010 zurück. Mit Beschluss vom 27.03.2013 (6 B 50/12 -, juris) wies das BVerwG die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurück.
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Unter dem 30.09.2009 kündigte der Beklagte den Chefarztvertrag vorsorglich erneut zum 31.03.2010. Der Kläger erhob hiergegen am 28.09.2010 Klage im Verfahren 1 K 848/13. Mit dort ergangenem Urteil vom 11.03.2014 stellte die Kammer fest, dass die vom Beklagten mit Schreiben vom 30.09.2009 ausgesprochene Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam war und das Dienstverhältnis bis zum 31.03.2012 fortbestanden hat. Der Beklagte erhob am 02.05.2014 die - von der Kammer zugelassene - Berufung zum VGH Baden-Württemberg, über die noch nicht entschieden ist.
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Bereits am 30.12.2011 hat der Kläger im hier zu entscheidenden Verfahren Klage erhoben und mit dieser die für das Jahr 2008 vereinbarten Abschlagszahlungen nebst Verzugszinsen sowie Auskunft und unbezifferte Zahlung im Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Privatliquidation des Zentrallabors an der Universitätsklinik Freiburg beantragt. Am 07.12.2012 und am 13.12.2013 hat er, der mittlerweile mit Ablauf des 31.03.2012 in den Ruhestand versetzt worden war, diese Klage auf die Jahre 2009 und 2010 erweitert.
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Das Verfahren ist wegen Vorgreiflichkeit des Rechtsstreits um die Kündigung vom 24./25.01.2008 im Zeitraum vom 27.02.2012 bis zum 13.05.2013 ausgesetzt gewesen.
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Der Beklagte erteilte im Februar 2014 Auskunft zu den Nettoliquidationserlösen der Jahre 2008 bis 2010 und hinterlegte unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme Beträge bzw. führte solche an das Finanzamt ab, um Ansprüche des Klägers auf die Jahresvergütungen 2008 bis 2010 zu erfüllen. Ferner wendete er eine fehlende Aktivlegitimation des Klägers wegen Pfändung und Sicherungsabtretung der Forderung ein. Am 08.04.2014 hat der Kläger daraufhin seinen Vergütungsanspruch für die Jahre 2008 bis 2010 mit 1.703.813,93 EUR beziffert. Nach Abzug von für Januar 2008 als Abschlag gezahlter 33.000,-- EUR sowie hinterlegter 439.099,82 EUR und abgeführter 361.688,18 EUR hat er noch 870.025,93 EUR geltend gemacht und Verurteilung des Beklagten zur Zahlung näher bezeichneter Beträge an mehrere Pfändungsgläubiger (xxx, Rechtsanwalt X., Beigeladener zu 2 und Beigeladene zu 3) und eine Sicherungsgläubigerin (Beigeladene zu 1) sowie zuletzt an sich selbst beantragt, ferner Verzugszinszahlung seit Februar 2008. Schließlich hat er angefragt, ob die Nettoliquidationserlöse auch Einnahmen aus der Zusammenarbeit des Beklagten mit dem Herzzentrum xxx umfassten.
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Am 27.05.2014 hinterlegte der Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von 83.372,54 EUR unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme. Von den insgesamt hinterlegten 522.472,36 EUR wurden bislang 375.469,43 EUR durch die Hinterlegungsstelle (Amtsgericht Freiburg) an die Gläubiger des Klägers ausgezahlt.
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Mit Beschluss vom 15.12.2014 sind die Beigeladenen zu 1. bis 3. und ferner zunächst Rechtsanwalt X. beigeladen worden; die Beiladung des Letztgenannten ist mit Beschluss vom 13.02.2015 wieder aufgehoben worden, nachdem dessen Forderung im Hinterlegungsverfahren vollständig erfüllt worden war.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 27.02.2015 das Verfahren, soweit es Zahlungsansprüche des Klägers für den Zeitraum vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 betrifft, bis zur unanfechtbaren Erledigung des Rechtsstreits 1 K 848/13 (betr. Wirksamkeit der Kündigung vom 30.09.2009) vor dem VG Freiburg ausgesetzt und zugleich als Verfahren 1 K 532/15 abgetrennt.
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In der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2015 haben Kläger und Beklagter den Rechtsstreit in Höhe von 710.312,64 EUR in Bezug auf die Hauptforderung und 172.966,70 EUR in Bezug auf die Nebenforderung übereinstimmend für erledigt erklärt. Ferner haben alle Beteiligten vereinbart, dass die Erfüllung etwaiger weitergehender Ansprüche durch Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme eintreten kann.
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Der Kläger, der weitergehende Vergütungsansprüche und Verzugszinsen geltend macht, trägt vor: Gemäß § 8 Abs. 2 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 stehe ihm eine Prämie in Höhe von weiteren 25 % der Nettoliquidationserlöse zu. Es sei fraglich, ob die Prämienregelung wirksam sei, da diese teilweise zu unbestimmt und ferner darin von Zielvorgaben die Rede sei, auf die er keinen Einfluss gehabt habe. Angesichts fixer Kosten bei Personal und Sachmitteln sowie der Tatsache, dass im Wesentlichen nur Untersuchungsaufträge von außen einen Gewinn ermöglichten, sei für ihn das EER-Ergebnis nicht beeinflussbar gewesen. Im Bereich der mittelbaren Krankenversorgung könnten nicht beliebig Aufträge erlangt werden. Durch die rechtswidrige Kündigung vom Januar 2008 sei es ihm ohnehin unmöglich gewesen, Einfluss auf die Leitung der Abteilung zu nehmen. In solchen Fällen habe der zu Unrecht Gekündigte Anspruch auf alle Teile der Vergütung. Auch die auf die Prämie für 2007 erhaltenen Abschlagszahlungen seien Indiz für eine erfolgreiche Leitung. Weder im Jahr 2007 noch danach seien ihm Zielvorgaben gemacht worden. Angesichts der Ergebnisse der Endabrechnungen seien die vereinbarten Abschlagszahlungen jeweils im Abrechnungsjahr rückwirkend anzupassen und zu erhöhen gewesen.
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Der Kläger beantragt zuletzt noch,
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den Beklagten zur Hinterlegung eines Betrags von brutto 498.490,33 EUR zu verurteilen, ferner, den Beklagten wie folgt zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Wege der Hinterlegung wie folgt zu verurteilen:
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Aus jeweils 33.000,00 EUR seit dem 01.02.2008, dem 01.03.2008, dem 01.04.2008, dem 01.05.2008, dem 01.06.2008, dem 01.07.2008, dem 01.08.2008, dem 01.09.2008, dem 01.10.2008, dem 01.11.2008, dem 01.12.2008, dem 01.01.2009, dem 01.02.2009, dem 01.03.2009, dem 01.04.2009, dem 01.05.2009 und dem 01.06.2009;
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aus 135.785,09 EUR seit dem 01.07.2009;
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aus jeweils 38.000,00 EUR seit dem 01.08.2009, dem 01.09.2009, dem 01.10.2009, dem 01.11.2009, dem 01.12.2009, dem 01.01.2010, dem 01.02.2010, dem 01.03.2010;
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aus 304.014,22 EUR seit dem 01.07.2010,
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abzüglich bereits gezahlter Zinsen in Höhe von 172.966,70 EUR;
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sowie weiter,
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den Beklagten zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die Nettoliquidationserlöse des Zentrallabors des Universitätsklinikums in Zusammenhang mit den Laborleistungen für das Herzzentrum xxx vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2010.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er entgegnet: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Prämie gemäß § 8 Abs. 2 des Chefarztvertrages, da der Klinikumsvorstand am 07.04.2008 und am 16.01.2014 festgestellt habe, dass keine erfolgreiche Abteilungsleitung vorliege. Dem Klinikumsvorstand sei insoweit eine Entscheidungs- und Beurteilungsprärogative eingeräumt, die er gemäß §§ 317, 319 BGB nach billigem Ermessen zu treffen habe, so dass diese Entscheidung vom Gericht nur i.S.v. § 319 BGB auf offenbare Unbilligkeit überprüft werden könne. Nicht nur das negative EER-Ergebnis, sondern auch eine zunehmend schwierige Zusammenarbeit mit dem Kläger im Jahr 2007 hätten einer erfolgreichen Leitung der Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 2 des Chefarztvertrages entgegen gestanden. Angesichts des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Freiburg vom 13.11.2007 und der Verdachtskündigung vom 24./25.01.2008 habe nicht von einer erfolgreichen Leitung der Einrichtung gesprochen werden können. Dieser Verdacht, der am 17.07.2009 zur Anklagerhebung, am 14.09.2012 zur Eröffnung des Hauptverfahrens und am 12.12.2014 zur Einstellung nur gemäß § 153a Abs. 2 StPO geführt habe, sei bis heute nicht ausgeräumt. Die Voraussetzungen für eine Prämie lägen nicht vor, wenn gegen den Chefarzt Anklage erhoben werde mit dem Vorwurf, er habe im Zusammenwirken mit weiteren Angeschuldigten verschiedene Straftaten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Rahmenvertrages zwischen der Fa. xxx und dem Beklagten begangen. Auf eine Zusammenarbeit des Beklagten mit dem Herzzentrum xxx komme es nicht an. 8 Abs. 1 des Dienstvertrages beziehe sich eindeutig nur auf den Nettoliquidationserlös, den das Universitätsklinikum in der vom Kläger geleiteten Abteilung erziele, wozu etwaige Erlöse des Herzzentrums xxx nicht gehörten. Sollte der Kläger erwägen, Ansprüche in Bezug auf das Herzzentrum xxx zu erheben, müsste er die Klage erweitern, etwaige Ansprüche seien dann aber jedenfalls verjährt.
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Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst umfangreicher Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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A. Soweit die beiden Hauptbeteiligten den Rechtsstreit in Reaktion auf die vom Beklagten hinterlegten bzw. an das Finanzamt abgeführten Beträge für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen gewesen.
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B. Soweit noch in der Sache zu entscheiden ist, sind die im Wege der objektiven Klagehäufung zur Entscheidung gestellten beiden Klagen mit den in der mündlichen Verhandlung protokollierten Anträgen zulässig.
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I. Mit seinem ursprünglichen Klageantrag zu 1. verfolgte der Kläger die Zahlung der vereinbarten Abschlagsbeträge (und daraus berechneter Verzugszinsen) sowie mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 2. eine Stufenklage (vgl. Klageschriftsätze vom 30.12.2011, vom 06.12.2012 und vom 13.12.2013).
38 
Dieses erste Begehren hat er mit dem im Schriftsatz vom 08.04.2014 (dort Seite 3/4) gestellten Zahlungsantrag geändert, indem er (unter Abzug bis zu diesem Zeitpunkt vom Beklagten hinterlegter bzw. an das Finanzamt abgeführter Beträge) die am 19.02.2014 vorgelegte Nettoliquidationsabrechnung des Beklagten (Anlagen B 4 bis 6 zum Schriftsatz vom 18.02.2014 [GAS. 365-369]) zum Anlass nahm, von der Klage auf Abschlagszahlung zu der auf endgültige Zahlung und vom Auskunfts- und unbezifferten Leistungsbegehren der Stufenklage zum bezifferten Leistungsantrag überzugehen. Dieser Übergang stellte keine Klageänderung dar, da er kraft Gesetzes gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO (vgl. für den Übergang von der werkvertraglichen Abschlags- zur Schlusszahlung: BGH, Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03 -, Rnr. 47, juris) bzw. gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. für den Übergang von der Auskunfts- zur Leistungsstufe: BGH, Urt. v. 21.02.1991 - III ZR 169/88 -, juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, § 264 Rnr. 8) privilegiert war. Der in der mündlichen Verhandlung erfolgte Wechsel schließlich vom Zahlungsbegehren hin zu einem solchen auf (durch alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vereinbarte) Hinterlegung wird von § 264 Nr. 3 ZPO erfasst.
39 
Zum zuletzt mit Schriftsatz vom 26.06.2015 bzw. in der mündlichen Verhandlung im Rahmen einer Stufenklage (§ 254 ZPO) gestellten Auskunftsantrag betreffend die Nettoliquidationserlöse des Zentrallabors des Universitätsklinikums im Zusammenhang mit den Laborleistungen für das Herzzentrum xxx konnte der Kläger schließlich erneut gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO übergehen. Ausweislich der diese Erlöse betreffenden „Anfrage“ am Ende des Schriftsatzes vom 08.04.2014 war die Auskunftsstufe insoweit für ihn noch nicht endgültig erledigt gewesen (vgl. in diesem Fall für die Rückkehr vom Leistungs- zum Auskunftsbegehren: OLG München, Urt. v. 01.02.2012 - 3 U 3525/11 -, Rnr. 17, juris; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 254 Rnr. 4). Insoweit ist die Klage hinsichtlich des Begehrens, das das bezifferte Zahlungsbegehren übersteigt, als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO anzusehen. Dass der Kläger bei letzterer noch keinen (unbezifferten) Leistungsantrag formuliert hat, steht dem nicht entgegen. Die Klage kann auf Auskunft begrenzt und der eigentliche Leistungsantrag (noch) weggelassen werden („verkürzte Stufenklage“, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 254 Rnr. 2; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl. 2013, § 254 Rn. 10).
40 
II. Diese Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere besitzt der Kläger die Klagebefugnis (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO) bzw. aktive Prozessführungsbefugnis.
41 
Trotz der im Wege der Zwangsvollstreckung zugunsten der Beigeladenen zu 2 und 3 erfolgten Pfändung und Überweisung seiner etwaigen Ansprüche gegen den Beklagten macht der Kläger weiterhin ein eigenes Recht geltend. Die für den Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung verbleibt im Vermögen des Pfändungsschuldners. Die Überweisung einer Forderung zur - wie hier - Einziehung bewirkt (lediglich), dass der Pfändungsschuldner die Forderung nicht mehr für sich einziehen kann. Auf Leistung an den Pfändungsgläubiger kann er indessen klagen, und zwar aus eigenem Recht. Da ihm die Forderung (noch) gehört, benötigt er insoweit keine Erklärung des Gläubigers, die ihm eine entsprechende Berechtigung erteilt (BGH, Urt. v. 08.05.2007 - XI ZR 278/06 -, Rnr. 18, juris; Urt. v. 05.04.2001 - IX ZR 441/99 -, Rnr. 20, juris; Urt. v. 25.03.1991 - II ZR 13/90 -, Rnr. 9, juris; Zöller/Stöber, a.a.O., § 836 Rnr. 5). Auch die Sicherungsabtretung von Ansprüchen an die Beigeladene zu 1 hindert den Kläger schließlich nicht an der prozessualen Geltendmachung, da er hierzu von ihr ermächtigt worden ist und ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Klärung besitzt (vgl. für eine zulässige gewillkürte Prozessstandschaft im Fall der Sicherungszession: VG Freiburg, Urt. v. 05.12.2013 - 1 K 2463/11 -, Rnr. 49, juris; anders allerdings bei fehlendem schutzwürdigen Interesse an einer Forderungsabtretung: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -, Rnr. 38, juris).
42 
C. Die Klagen sind indessen unbegründet.
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Der Kläger ist zwar aktivlegitimiert. Das gilt sowohl in Ansehung der Pfändungsmaßnahmen der Beigeladenen zu 2 und 3 (vgl. insoweit die Ausführungen oben zur Prozessführungsbefugnis) als auch hinsichtlich der Sicherungsabtretung, da die Beigeladene zu 1 dem Kläger eine Einziehungsermächtigung erteilt hat (vgl. BGH, Urt. v. 23.03.1999 - VI ZR 101/98 -, Rnr. 8 und 9, juris; Urt. v. 06.11.1980 - VII ZR 200/79 -, Rnr. 14, juris). Ferner ist keine Verjährung der Vergütungsansprüche (die sich entsprechend § 217 BGB auf die Zinsforderung erstrecken würde) eingetreten. Denn mit der ursprünglich innerhalb der (entsprechend § 195 BGB: 3-jährigen) Verjährungsfrist erhobenen Stufenklage wurde der (ursprünglich unbezifferte) endgültige, nach Abrechnung bestehende Vergütungsanspruch (damals gestellt als Leistungsantrag auf letzter Stufe [„2.b)“]) des Klägers sofort rechtshängig. Damit wurde, trotz der zunächst gegebenen Unbestimmtheit des Leitungsantrags, die Verjährung des gesamten Anspruchs entsprechend § 209 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der Höhe gehemmt, die der Kläger mittlerweile erstmalig beziffert hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.06.1992 - IV ZR 183/91 -, Rnr. 10 und 11, juris). Schließlich kann der Kläger auch jenseits der Vorschrift des § 853 ZPO (i.V.m. § 856 ZPO) und der Frage, ob diese auch für den Schuldner gilt bzw. im Fall des Zusammentreffens von Pfändungen und Abtretung nicht ganz ausgeschlossen ist (vgl. dazu Zöller/Stöber, a.a.O., § 836 Rnr. 5), auf Hinterlegung klagen. Denn die Beteiligten haben eine wirksame Hinterlegungsvereinbarung geschlossen, wonach etwaige weitere Zahlungen des Beklagten an die Hinterlegungsstelle erfolgen sollen (vgl. zu dieser von den Voraussetzungen des § 372 ff. BGB unabhängigen Möglichkeit: BGH, Urt. v. 29.09.1992 - XI ZR 9/92 -, Rnr. 12, juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.02.2006 - 15 U 87/05 -, Rnr. 14, juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 378 Rnr. 2).
44 
Soweit der Kläger einen Anspruch auf Vergütung und Verzugszinsen hat, ist dieser vom Beklagten durch die Hinterlegungen vom 27.02.2014 und vom 27.05.2014 (zur Erfüllungswirkung kraft - hier: konkludenter - Vereinbarung vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1992, a.a.O.) erfüllt worden. Die von ihm hierbei hinsichtlich der Beträge für Vergütung und Verzugszinsen getroffene Tilgungsbestimmung ist, da der Kläger dieser nicht widersprochen bzw. sie ausweislich des Schriftsatzes vom 26.06.2015 nunmehr auch ausdrücklich akzeptiert hat, maßgeblich geworden (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 367 Abs. 2 BGB; vgl. auch Palandt/Grüneberg, a.a.O, § 367 Rnr. 2). Auch die am 10.03.2014 erfolgte Lohnsteuerabführung an das Finanzamt hatte Erfüllungswirkung (BAG, Urt. v. 30.04.2008 - 5 AZR 725/07 -, Rnr. 18, juris). Einen mit der Klage verfolgten weitergehenden Zahlungsanspruch (Prämienvergütung bis 31.03.2010 sowie Verzugszinsen daraus bis heute) hat der Kläger nicht (dazu im Folgenden unter I.). Der im Wege der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch besteht ebenfalls nicht. Das folgt daraus, dass ihm aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und dem Herzzentrum xxx kein Anspruch auf weitergehende Vergütung zusteht (dazu im Folgenden unter II.).
45 
I. Einen mit der Hinterlegungsklage geltend gemachten Anspruch auf weitergehende als bereits vom Beklagten erfüllte Beträge für den Zeitraum bis einschließlich März 2010 hat der Kläger nicht.
46 
1.) Die Hauptforderung des Klägers ergibt sich dem Grunde nach aus der Vergütungsregelung in § 8 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 (im Folgenden nur noch bezeichnet als „Dienstvertrag“). Aufgrund rechtskräftigen Urteils des VG Freiburg vom 24.02.2010 (3 K 2749/08 -, juris) steht im Verhältnis von Kläger und Beklagtem fest, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24./25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung dieses Dienstvertrags unwirksam sind. Die (Gegenstand des noch nicht rechtskräftig abgeschlossen Verfahrens 1 K 848/13 bildende) erneute Kündigung vom 30.09.2009 wurde erst mit Wirkung zum 01.04.2010 ausgesprochen. Da keine sonstigen Unwirksamkeitsgründe oder vertraglichen Beendigungsgründe i.S.v. § 11 Abs. 4 erster Spiegelstrich (Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses) und dritter Spiegelstrich (Verbot der Führung der Dienstgeschäfte - ein solches wurde gegenüber dem Kläger nie ausgesprochen) vorliegen, stehen dem Kläger für die Zeit bis zum 31.03.2010 vertragliche Vergütungsansprüche zu. Auf den als öffentlich-rechtlichen Vertrag zu qualifizierenden Dienstvertrag (vgl. zum konkreten Vertrag: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012 - 9 S 2752/11 -, Rnr. 41, juris) finden ergänzend die Vorschriften des BGB nach § 62 Satz 2 LVwVfG entsprechende Anwendung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Rnr. 2, juris).
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a.) Der Prämienanspruch, um den die Beteiligten vorliegend im Wesentlichen (noch) streiten, steht dem Kläger nicht zu. § 8 Abs. 2 des Dienstvertrages bestimmt, dass der Ärztliche Direktor ferner (d.h. zusätzlich zur festen Jahresvergütung gemäß Absatz 1) eine Prämie in Höhe von bis zu 25 % des Nettoliquidationserlöses für die erfolgreiche Leitung der Einrichtung enthält, wobei es maßgeblich auf die wirtschaftliche Führung der Abteilung, das Erreichen der Leistungsvorgaben, ein aktualisiertes Qualitätsmanagement, bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Führungsqualität ankommt. Zudem kann der Klinikumsvorstand mit dem Ärztlichen Direktor jährliche Zielvereinbarungen abschließen, deren Erreichen für die Auszahlung der Prämie mit maßgebend ist. Die Feststellung, ob die vom Ärztlichen Direktor geleitete Einrichtung erfolgreich geleitet wurde und ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden, erfolgt durch den Klinikumsvorstand unter Angabe der wesentlichen zugrunde liegenden Erwägungen.
48 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Regelung wirksam. Da die Prämienregelung vom Beklagten vorformuliert und mit dem Kläger nicht ausgehandelt worden ist, gelangen über § 62 Satz 2 LVwVfG die AGB-Vorschriften der §§ 305 ff. BGB entsprechend zur Anwendung (vgl. für einen Chefarztvertrag: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.10.2010, a.a.O., Rnr. 24 ff.). Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB) gibt es nicht. Die Prämienregelung macht die Gewährung vom Eintritt einer näher ausgestalteten Bedingung (erfolgreiche Leitung) abhängig und sieht überdies ein Feststellungs-, bzw. Bestimmungsrecht des Klinikumsvorstands vor. Damit wird schon nicht vom Gesetz abgewichen. Denn dieses sieht selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (vgl. § 315 BGB - dazu unten bei b.). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen dieses Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar (vgl. BAG, Urt. v. 16.01.2013 - 10 AZR 26/12 -, Rnr. 29, juris [vom Arbeitgeber festzulegende Weihnachtsgratifikation]). Aus diesen Gründen ist ferner auch das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht als verletzt anzusehen. Denn angesichts der Verwendung sowie näheren Erläuterung des Merkmals der „erfolgreichen Leitung“ und des gerichtlich überprüfbaren Leistungsbestimmungsrechts kann nicht die Rede davon sein, diese Bestimmung sei aufgrund Unklarheit bzw. Unverständlichkeit geeignet, den Kläger von der Wahrnehmung seiner Rechte abzuhalten. Ohnehin sind hierbei auch Begleitumstände der Verwendung zu beachten, namentlich mit Blick auf den betroffenen Personenkreis (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 307 Rnr. 21 und § 320 Rnr. 21). Die Chefärzte des Beklagten dürften viel eher einem erfahrenen Vertragspartner als einem unkundigen Verbraucher gleichzustellen sein.
49 
Der Klinikumsvorstand des Beklagten hat mit Beschlüssen vom 07.04.2008 und 16.01.2014 entschieden, dass der Kläger - soweit hier maßgeblich - in den Jahren 2007 bis 2010 die Abteilung Klinische Chemie nicht erfolgreich geleitet hat. Auch wenn der Kläger nur Ansprüche aus dem Zeitraum Januar 2008 bis März 2010 zum Streitgegenstand gemacht hat, besitzt die Problematik eines Prämienanspruchs im Jahr 2007 doch Vorfragenrelevanz, da - wie vom Beklagten bei seinen Berechnungen auch tatsächlich berücksichtigt - die Ablehnung eines solchen Anspruchs in diesem Jahr zu einer Rückforderung und Minderung des Anspruchs für das Jahr 2008 führte. Da es sich bei der Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrages, auf welche diese Beschlüsse zurückgehen, um ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB handelt und diese Entscheidungen billigem Ermessen entsprechen, sind sie gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Kläger verbindlich, so dass er für die Jahre 2008, 2009 und das 1. Quartal 2010 keinen Prämienanspruch hat:
50 
§ 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags, wonach die Feststellung, ob die vom Ärztlichen Direktor geleitete Einrichtung erfolgreich geleitet wurde und ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden, durch den Klinikumsvorstand unter Angabe der wesentlichen zugrunde liegenden Erwägungen erfolgt, enthält ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Da dieses Recht dem Klinikumsvorstand zusteht, der gemäß § 10 Abs. 1 UKG i.V.m. § 7 der Satzung des UKFR das in Fällen wie hier maßgebliche Leitungs- und Entscheidungsorgan des Beklagten ist (kein Fall der Zuständigkeit des Aufsichtsrats gemäß § 9 UKG, § 5 Satzung UKFR), liegt ein Fall des § 315 BGB, der Leistungsbestimmung durch eine Vertragspartei, und nicht - wovon der Beklagte ausgehen will - derjenige des § 317 BGB (Bestimmung durch Dritte) vor. § 315 BGB ist gemäß einem weiten Verständnis über die Haupt- und Gegenleistung hinaus auch auf sämtliche Leistungsmodalitäten anwendbar (BeckOK BGB/Gehrlein, § 315 Rnr. 1 [Stand: 01.05.2015]), also auch - wie hier - auf die Feststellung von Anspruchsvoraussetzungen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 315 Rnr. 2 m.w.N.). Voraussetzung - auch für eine gerichtliche Überprüfung - ist stets, dass ein Vertragspartner die Leistung einseitig bestimmt und ihm hierbei ein gewisser Ermessensspielraum zusteht (BGH, Urt. v. 12.12.2014 - V ZR 109/14 -, Rn. 10, juris).
51 
§ 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags räumt dem Klinikumsvorstand einen solchen Ermessensspielraum ein. Er sieht eine Prämie „bis zu“ 25% vor. Ferner spricht die Unbestimmtheit und Auslegungsbedürftigkeit der die „erfolgreiche Leitung“ konkretisierenden Begriffe (wirtschaftliche Führung der Abteilung, Erreichen der Leistungsvorgaben, aktualisiertes Qualitätsmanagement, bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Führungsqualität) dafür. Damit ist die Bestimmung zwar auch an einem objektiven Beurteilungsmaßstab ausgerichtet (zu dieser Möglichkeit vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 315 Rn. 10), so dass kein völlig freies Belieben existiert. Ungeachtet dessen verbleibt für die Leistungsbestimmung jedoch mangels eines anderen vereinbarten Maßstabs gemäß der Auslegungsregel in § 315 Abs. 1 BGB ein nach billigem Ermessen auszufüllender (Beurteilungs-)Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ist (BGH, Urt. v. 10.10.1991 - III ZR 100/90 -, juris, Rnr. 29; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 315 Rnrn. 6 und 15; BeckOK BGB/Gehrlein, a.a.O., Rnr. 12). Maßgebend für diese Kontrolle ist der Zeitpunkt der Leistungsbestimmung, da es sich um ein Gestaltungsrecht handelt (Staudinger/Volker Rieble [Neubearbeitung 2015], BGB § 315, Rnr. 378).
52 
Die das Jahr 2007 betreffende und dem Kläger mit Schreiben vom 14.04.2008 mitgeteilte Entscheidung des Klinikumsvorstands vom 07.04.2008 ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Sie führte als wesentliche Gründe für eine nicht erfolgreiche Abteilungsleitung ein in Höhe von 250.000 EUR negatives EER-Ergebnis 2007 (EER = Erlösorientierte Ergebnisrechnung - ein internes Berechnungsmodell) und eine zunehmend schwierige Zusammenarbeit an, sowie, dass der Kläger durch das mutmaßliche Verhalten, das zur Verdachtskündigung vom Januar 2008 geführt habe, dem Ansehen des Klinikums erheblichen Schaden zugefügt habe. Damit sind ersichtlich die im Dienstvertrag festgelegten Konkretisierungsmaßstäbe der wirtschaftlichen Abteilungsführung und Führungsqualität entscheidungsleitend gewesen. Da § 8 Abs. 2 Satz 1 des Dienstvertrages nichts dafür hergibt, alle dort genannten Konkretisierungsmerkmale seien stets kumulativ heranzuziehen, kann nicht beanstandet werden, dass der Klinikumsvorstand nur auf einzelne Merkmale einging, und nicht auch auf ein Erreichen der Leistungsvorgaben und ein aktualisiertes Qualitätsmanagement (vgl. BAG, Urt. v. 15.05.2013 - 10 AZR 679/12 -, Rnr. 17, juris). Dies gilt ferner für das Erreichen von Zielvereinbarungen i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 2 des Dienstvertrages, da es diese tatsächlich nicht gegeben hatte. Einen Anspruch auf eine solche Vereinbarung sah der Dienstvertrag eindeutig auch nicht vor, da in § 8 Abs. 2 Satz 2 nur die Möglichkeit („kann... abschließen“), nicht indessen die Pflicht des Beklagten bestand, mit dem Kläger Ziele zu vereinbaren.
53 
Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BAG, Urt. v. 14.11.2012 - 10 AZR 783/11 -, Rnr. 45, juris; BGH, Urt. v. 05.12.2012 - IV ZR 110/10 -, Rnr. 27, juris). Die Leistungsbestimmung ist erst dann durch das Gericht zu beanstanden und zu ersetzen, wenn diese Grenzen überschritten sind, nicht dagegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (BGH, Urt. v. 22.07.2014 - KZR 27/13 -, Rnr. 23, juris; Urt. v. 24.06.1991 - II ZR 268/90 -, Rnr. 7, juris). Mit der auf das Wirtschaftsergebnis 2007 und einen Straftatverdacht gestützten Verneinung einer erfolgreichen Abteilungsleitung hat der Klinikumsvorstand eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung getroffen. Die Gewichtung des Wirtschaftsergebnisses ist angesichts des negativen EER-Ergebnisses weder sachwidrig noch willkürlich. Insbesondere ist nicht erkennbar oder vorgetragen worden, dass der Beklagte im Rahmen anderer Chefarztverträge bei negativen Ergebnissen von einer erfolgreichen Leitung ausgegangen wäre, mithin die Prämie tatsächlich als versteckte Festvergütung handhabte. Selbst wenn der im Jahr 2007 die Abteilungsleitung noch tatsächlich innehabende Kläger angesichts fixer Kosten beim Personal und des Umstands, dass die mittelbare Krankenversorgung für Gewinnerzielung auf (externe) Probenaufträge angewiesen ist, das EER nur bedingt beeinflussen konnte, ist doch die vertragliche Gesamtregelung zu berücksichtigen. Denn in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages war dem Kläger bereits eine EER-unabhängige (Fest-) Vergütung von 50% des Abteilungsnettoliquidationserlöses garantiert worden. Wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen haben, bestehen für den Abteilungsleiter durchaus Einwirkungsmöglichkeiten, so etwa im Bereich des Reagenzieneinkaufs. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unverhältnismäßig gewesen, wenn der Klinikumsvorstand eine erfolgreiche Leitung bei negativem Wirtschaftsergebnis verneinte. Dass der Kläger die Prämie für 2007 im Wege der Abschlagszahlung bereits erhalten hatte, ist kein Beleg für einen Führungserfolg. § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages stellte auch die Prämie unter einen endgültigen Berechnungsvorbehalt. Damit aber stand auch diese unter der auflösenden Bedingung einer späteren negativen Entscheidung des Klinikumsvorstands.
54 
Soweit der Klinikumsvorstand zusätzlich den Straftatverdacht gegen den Kläger als einer erfolgreichen Leitung entgegenstehenden Umstand angeführt hat, hat er den ihm eingeräumten Ermessensspielraum ebenfalls nicht verlassen. Die im Zeitpunkt der ersten Kündigung im Januar 2008 gegebenen Verdachtsmomente, auf die der Klinikumsvorstand abgehoben hat, rechtfertigten bei gebotener Abwägung ebenfalls den Schluss einer (mit Blick auf das Merkmal der Führungsqualität) nicht erfolgreichen Abteilungsleitung. Die Staatsanwaltschaft Freiburg hatte im Frühjahr 2007 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 13.11.2007 hatte das Amtsgericht Freiburg die (dann am 11.12.2007 durchgeführte) Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers mit der Begründung angeordnet, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Fa. xxx abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens fünf Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Dafür habe der Kläger Zuwendungen erhalten. In einem Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität Freiburg hatte die Landespolizeidirektion u.a. ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Fa. xxx stünden und dass der Kläger dieser Firma durch Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe (vgl. Tatbestand des Urteils des VG Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 -, juris [Rnrn. 4 und 5]). Die herausgehobene Stellung als Chefarzt bzw. Abteilungsleiter war besonders sensibel und anfällig für strafrechtliche Vorwürfe, wenn diese - wie hier - im Zusammenhang mit der Dienstausübung erhoben wurden. Bereits der mit laufenden strafrechtlichen Ermittlungen verbundene Anschein eines Makels erschütterte folglich die für das Merkmal der Führungsqualität zu fordernde Integrität und durfte ebenfalls zur Versagung einer Prämie herangezogen werden. Daran änderte nichts, dass die dem Kläger vorgeworfenen Taten zeitlich weiter zurücklagen und nicht das Jahr 2007 betrafen.
55 
Dieser Ermessensentscheidung im April 2008 stand schließlich nicht die Rechtskraft des Urteils des VG Freiburg vom 24.02.2010 über die Kündigung vom 24./25.01.2008 entgegen. Denn ungeachtet des Umstands, dass diese vom Gericht bereits aus formellen Gründen (fehlendes Einvernehmen der Medizinischen Fakultät) beanstandet wurde, ist lediglich die Feststellung deren Unwirksamkeit in Rechtskraft erwachsen. Das ist kein prozessuales Hindernis dafür, die zur Rechtfertigung der Kündigung vorgetragenen Tatsachen in weiteren Rechtsstreitigkeiten zur Begründung von Ansprüchen oder Einwendungen geltend zu machen, deren Bestand nicht von der Tauglichkeit der Tatsachen als Grund für eine fristlose Kündigung abhängen (OLG Oldenburg, Urt. v. 20.04.2000 - 1 U 177/99 -, Rnr. 44, juris). Darauf, ob die im Januar 2008 vorliegenden Umstände materiell bzw. inhaltlich die Verdachtskündigung gerechtfertigt hätten, kommt es nicht an. Von der Frage, ob ein Dienstverhältnis beendet werden konnte, ist diejenige zu unterscheiden, ob eine Prämie für erfolgreiche Leitung zu zahlen war. Insoweit hatte ein Straftatverdacht für die Frage der Kündigungsrechtfertigung ein völlig anderes Gewicht als für diejenige eines Prämienanspruchs. Selbst wenn ein solcher Verdacht eine Kündigung nicht rechtfertigt, kann er dennoch der Annahme einer erfolgreichen Leitung der Abteilung - die anderen Maßstäben unterliegt - entgegenstehen.
56 
Der Klinikumsvorstand hat ferner am 16.01.14 beschlossen, dass auch für die Jahre 2008 bis 2010 (sowie ferner 2011 und 2012) keine erfolgreiche Abteilungsleitung durch den Kläger vorliege und dies - erkennbar unter dem Gesichtspunkt der Führungsqualität - ausschließlich mit bestehendem Verdacht der Korruption (Vorteilsannahme) und der zwischenzeitlich erhobenen sowie vom LG Freiburg zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage begründet. Eine wenngleich zeitlich spätere als dienstvertraglich in § 8 Abs. 3 vorgesehene, aber gleichwohl nunmehr auf ihre Billigkeit zu überprüfende Bestimmung durch den Beklagten lag damit vor. Diese ist ermessensfehlerfrei. Zu diesem Zeitpunkt war das Strafverfahren gegen den Kläger noch anhängig und angesichts der am 17.07.2009 erhobenen sowie vom Landgericht am 14.09.2012 zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage fortgeschritten. Da es mithin weiter an einer klaren Entlastung des Klägers vom Straftatverdacht fehlte, kann eine weitere Prämienversagung nicht als sachwidrig und unangemessen oder willkürlich aufgefasst werden. Wie bereits oben ausgeführt, ließ das Bestimmungsrecht die Auswahl auch nur einzelner Erfolgsmerkmale zu. Den Umstand, dass die Kündigung vom Januar 2008 unwirksam und der Kläger somit zumindest bis Ende März 2010 rechtswidrig an der Abteilungsleitung und folglich einer möglichen Einwirkung auf das Wirtschaftsergebnis gehindert war, musste der Klinikumsvorstand damit nicht mehr in die Abwägung einstellen.
57 
Selbst wenn man schließlich für die Überprüfung beider Ermessensentscheidungen des Klinikumsvorstands wegen der Eigenschaft der Prämie als wiederkehrende Leistung auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht abstellen wollte (vgl. MüKoBGB/Würdinger, 6. Aufl. 2012, § 315 Rn. 52; BeckOK BGB/Gehrlein, § 315 Rn. 11 [Stand: 01.05.2015]), so wäre ebenfalls keine Sachlage eingetreten, die das Festhalten des Beklagten an der Prämienversagung nunmehr als Ermessensausfall oder Ermessensdefizit erscheinen ließe. Zwar ist das Strafverfahren gemäß § 153a Abs. 2, Abs. 1 StPO durch Beschluss des LG Freiburg vom 12.02.2014 zunächst gegen Geldauflage vorläufig und nach Erfüllung dieser Auflage mit Beschluss vom 19.08.2014 endgültig eingestellt worden. Indessen erforderte die Anwendung des § 153a StPO einen höheren Verdachtsgrad. Sie setzte eine Durchermittlung voraus. Bevor dem Beschuldigten zugemutet werden kann, durch die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sich einer „Sanktion im weiteren Sinne“ zu unterwerfen, muss mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verurteilung im Falle der Weiterführung des Verfahrens in Betracht kommen (Löwe-Rosenberg/Beulke, StPO, 26. Aufl. 2007, § 153a, Rn. 39; BeckOK StPO/Beukelmann, § 153a Rnr. 14 [Stand: 01.05.2015]). Der Beklagte durfte folglich unverändert die Prämie versagen, auch wenn die Unschuldsvermutung zugunsten des Klägers nicht widerlegt wurde und er als nicht vorbestraft anzusehen ist. Selbst wenn man für § 153a StPO lediglich einen gesicherten hinreichenden Tatverdacht forderte (so Karlsruher Kommentar-StPO/Diemer, 7. Aufl. 2013, § 153a Rnr. 11), ergäbe sich nichts anderes.
58 
b.) Der Kläger hat damit nur den in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages garantierten Anspruch auf die feste Jahresvergütung. Diese beträgt 50% des jeweiligen Nettoliquidationserlöses der Jahre 2008, 2009 und des ersten Quartals 2010. Dieser Anspruch ist indessen bereits im Jahr 2014 erfüllt worden, so dass - mangels eines Prämienanspruchs (siehe unter a.) - keine weitergehende Hauptforderung mehr besteht.
59 
Anspruchsunschädlich ist, dass der Kläger tatsächlich nur bis zum 25.01.2008 tätig war. Denn insoweit lagen die Voraussetzungen für eine Vergütung aufgrund Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 BGB i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB und §§ 293 ff. BGB vor (sog. Annahmeverzugsvergütung - diese ist Erfüllungsanspruch, kein Schadensersatzanspruch, vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 615 Rnr. 3 m.w.N.). Nach einer - wie hier rechtskräftig festgestellt - unwirksamen Kündigung bedurfte es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Arbeitsangebots des Klägers nicht (vgl. für das Arbeitsverhältnis: BAG, Urt. v. 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 -, Rnr. 14, juris). Dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig gewesen wäre (vgl. § 297 BGB), ist nicht ersichtlich oder vorgetragen worden. Seine Weigerung auf die Aufforderungen des Beklagten vom 22.12.2009 und 28.04.2010, seinen Aufgaben in der Krankenversorgung wieder nachzukommen, betraf gerade nicht die stets von ihm beanspruchten, aber vom Beklagten verhinderten und hier allein vergütungsrelevanten Dienste als Chefarzt i.S.v. § 6 Abs. 2 des Dienstvertrags. Dafür, dass der Kläger sich entsprechend § 615 Satz 2 BGB den Wert von etwas anrechnen lassen müsste, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, ist schließlich ebenfalls nichts erkennbar.
60 
Die Höhe dieses Vergütungsanspruchs bemisst sich nach dem Bruttoentgelt. Der Abzug und die Abführung von gesetzlichen Lohnbestandteilen - hier gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Dienstvertrages der Lohnsteuer - betreffen nur die Frage, wie der Beklagte seine Zahlungspflicht gegenüber dem Kläger zu erfüllen hat (vgl. für die Bruttolohnklage im Arbeitsrecht: lag Hamm, Urt. v. 07.01.2014 - 9 Sa 1393/13 -, juris [m.w.N.]; ferner im Zusammenhang mit Zinsen auf den Bruttolohn: BAG, Urt. v. 07.03.2001 - GS 1/00 - juris; zur Erfüllung durch Steuerabführung ferner BAG, Urt. v. 30.04.2008, a.a.O.).
61 
Die Anspruchsberechnung, die der Beklagte vorgenommen und als Anlage B 7 zum Schriftsatz vom 18.02.2014 (GAS. 371/373) vorgelegt hat, ist sachlich und rechnerisch zutreffend; auch der Kläger hat insoweit keine substantiierten Einwendungen erhoben. Insbesondere durfte der Beklagte hierbei aufgrund der Abrechnungsvereinbarung in § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages einen Rückforderungsanspruch i.H.v. insgesamt 80.000,-- EUR betreffend die Prämienabschläge für 2007 und für Januar 2008, der ihm nach dem oben unter a.) Dargelegten zustand, mit dem im April 2008 abgerechneten Festvergütungsanspruch für 2007 i.H.v. 9.714,86 EUR (vgl. Anlage B 2 zum Beklagten-Schriftsatz vom 18.02.2014 [GAS. 353-357]) sowie demjenigen i.H.v. 76.615,06 EUR verrechnen, den der Kläger aufgrund der Abrechnung im Juni 2009 für das Jahr 2008 hatte (vgl. das entsprechende Schreiben des Klinikumsvorstands vom 14.08.2009 an den Kläger [Anlage B 3 zum Beklagten-Schriftsatz vom 18.02.2014 ]).
62 
Den somit für die Zeit Januar 2008 bis März 2010 bestehenden Festvergütungsanspruch in Höhe von brutto 731.898,76 EUR hat der Beklagte durch Steuerabführung (am 10.03.2014) i.H.v. 361.688,18 EUR, durch Verrechnung des verbleibenden Nettoanspruchs mit einem eigenen Rückzahlungsanspruch i.H.v. 21.586,12 EUR sowie Hinterlegung (am 27.02.2014) des Restbetrages von 348.624,46 EUR erfüllt.
63 
2.) Auch eine weitergehende Nebenforderung hat der Kläger nicht.
64 
Ein Verzugsschadensanspruch, der im Fall von Geldschulden als Mindestschaden auf - wie hier ausschließlich geltend gemacht - Zinsen gerichtet ist, ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG). Eine Mahnung war gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Auch ein Verschulden des Beklagten (§ 286 Abs. 4 BGB) lag vor, da er auf die Wirksamkeit der ersten Kündigung vom 24./25.01.2008 wegen erkennbarer Verfahrensmängel (fehlendes Einvernehmen der Medizinischen Fakultät) nicht schutzwürdig vertrauen durfte (zur besonderen Verschuldensprüfung bei einer Kündigung vgl. BAG, Urt. v. 14.05.1998 - 8 AZR 634/96 -, Rnr. 17, juris). Die Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB können aus der in Geld geschuldeten Bruttovergütung verlangt werden (BAG, Beschl. v. 07.03.2001, a.a.O.).
65 
Die Anspruchsberechnung, die der Beklagte auch betreffend die Verzugszinsen vorgenommen und als Anlage B 23 zum Schriftsatz vom 16.06.2014 (GAS. 597) vorgelegt hat, ist sachlich und rechnerisch zutreffend. Dass er dabei - anders als die wohl herrschende Meinung (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R -, juris, Rn. 31; Palandt/Heinrichs, a.a.O, § 246 Rnr. 9; Toussaint in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 246 BGB, Rnr. 37) - das Jahr mit 360 und den Monat mit 30 Tagen angesetzt hat, ist nicht zu beanstanden, da diese Berechnung sogar etwas günstiger für den Kläger gewesen ist. Aus dem Vergütungsanspruch, der dem Kläger bis einschließlich 31.03.2010 noch zustand (siehe dazu oben 1. b.), ergab sich bis zum 27.05.2014 eine Zinsforderung in Höhe von 172.966,70 EUR, die der Beklagte durch die Hinterlegungen am 27.02.2014 (90.475,36 EUR) und am 27.05.2014 (83.372,54 EUR) erfüllt hat.
66 
Die vom Kläger gegen diese Zinsberechnung geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Dass für die Jahre 2008 bis 2010 auf der Grundlage der diese jeweils betreffenden endgültigen Abrechnungsergebnisse die ursprünglich mit 25.000,-- EUR vereinbarten (und in dieser Höhe vom Beklagten bei der Zinsberechnung unverändert zugrunde gelegten) Abschläge gemäß § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages angepasst und höher angesetzt worden wären - mit der Folge einer Erhöhung des Verzugszinsschadens - kann nicht angenommen werden. Eine automatische Anpassungspflicht des Beklagten sah § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages mit der Bestimmung, wonach Abrechnungen und „ggf. Neufestlegung der Abschlagszahlungen“ jeweils bis Ende Juni des Folgejahres erfolgten, gerade nicht vor. Daher spricht Überwiegendes dafür, dass eine Abschlagsanpassung jeweils einer speziellen Parteivereinbarung bedurft hätte, an der es hier aber fehlte.
67 
Wendet man auf diesen Fall die Grundsätze der Schadensschätzung an, ergibt sich nichts zugunsten des Klägers. Gemäß (§ 173 VwGO i.V.m.) § 287 Abs. 2 ZPO ist § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO (geringeres Beweismaß für den Schadensnachweis) bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. So liegt die Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO dann nahe, wenn - wie hier - die Höhe des Anspruchs von fiktiven Entwicklungen abhängt (BeckOK ZPO/Bacher, § 287 Rnrn. 11 sowie 17 und 18 m.w.N. [Stand: 01.03.2015]). Gewisse Mindestanforderungen an die Angabe tatsächlicher Momente, die als Grundlage der Schätzung dienen können, sind allerdings zu verlangen. Die Parteien müssen sich in zumutbarem Umfang um eine genaue Substantiierung bemühen (MüKoZPO/Prütting, 4. Aufl. 2013, § 287 Rnr. 28 m.w.N.). Von wesentlichem Parteivorbringen darf sich die Schätzung nicht lösen, für sie müssen zumindest greifbare Tatsachen sprechen (Musielak ZPO/Foerste, 12. Aufl. 2015, § 287 Rnr. 9 m.w.N.). Der substantiierte Vortrag des Beklagten, wonach eine (vom Kläger geforderte) exakte Anpassung der Abschlagszahlung nie praktiziert worden ist, und ferner gewisse Anpassungen nur bei mehrjährigen deutlichen Abweichungen in Betracht kämen, spricht gegen eine Schätzung zugunsten des Klägers. Auch die konkreten Differenzbeträge zwischen Abschlägen und endgültig berechneter Vergütung schließlich sind entgegen der Auffassung des Klägers noch kein ausreichendes Indiz für eine Anpassung. Für das Jahr 2008 betrug die dem Kläger zustehende Jahresvergütung 309.190,07 EUR (50% des Nettoliquidationserlöses von 618.380,13 EUR) und hätte (hypothetische) Abschlagszahlungen i.H.v. (12 x 25.000,-- EUR =) 300.000,-- EUR lediglich um etwas mehr als 9.000,-- EUR überstiegen. Die Abweichungen für 2009 von (Vergütung 416.009,49 EUR abzüglich 300.000,-- EUR hypothetischer Abschlag =) rund 116.000,-- EUR und für das erste Quartal 2010 von (Vergütung 102.669,10 EUR abzüglich 75.000,-- EUR hypothetischer Abschlag =) rund 25.000,-- EUR sind zwar höher, ohne dass allerdings zur Überzeugung der Kammer schon von einer deutlichen mehrjährigen Abweichung gesprochen werden kann.
68 
Wollte man schließlich das in § 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags an sich ausdrücklich nur im Kontext des „Ob“ einer Prämie geregelte Bestimmungsrecht - etwa im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung - auch für die Neufestlegung von Abschlagszahlungen für maßgebend erachten, gälte auch hier § 315 BGB. Die Entscheidung des Beklagten, Abschläge nicht anzupassen, wäre dann aber aus den zuvor im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO genannten Gründen nicht zu beanstanden.
69 
II. Der im Wege der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch betreffend „die Nettoliquidationserlöse des Zentrallabors des Beklagten im Zusammenhang mit Laborleistungen für das Herzzentrum xxx“ besteht nicht, so dass auch diese Klage unbegründet ist. Einen Vergütungs- oder Schadensersatzanspruch aus der Kooperation des Beklagten und dem Herzzentrum xxx hat der Kläger nicht, weshalb schon deshalb ein Auskunftsanspruch zu verneinen ist. Da schon die Prüfung der Auskunftsstufe ergibt, dass dem Hauptanspruch (= Leistungsanspruch) die materiell-rechtliche Grundlage fehlt, kann im Urteil eine einheitliche Entscheidung ergehen (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 28.11.2001 - VIII ZR 37/01 -, Rnr. 20, juris; Zöller/Greger, a.a.O., § 254 Rnr. 9). Ein jeweiliges Teilurteil über die bezifferte Zahlungsklage und die noch unbezifferte Stufenklage (vgl. zu einem solchen Fall: BGH, Urt. v. 25.09.2002 - XII ZR 55/00 -, Rnr. 14, juris; Urt. v. 26.04.1989 - IVb ZR 48/88 -, Rnr. 9, juris) kam daher nicht in Betracht.
70 
§ 8 Abs. 1 des Dienstvertrages beteiligte als Gegenleistung für die Erfüllung seiner in § 6 geregelten Dienstaufgaben den Kläger am Nettoliquidationserlös, den der Beklagte „in der vom Ärztlichen Direktor geleiteten Abteilung“ aus wahlärztlichen ambulanten Behandlungen und wahlärztlichen stationären Untersuchungen (ausgenommen die Erbringung individueller Gesundheitsleistungen) einnimmt. Schon dieser Wortlaut lässt es nicht zu, im Labor des Herzzentrums - also einer bis 31.03.2012 völlig eigenständigen Einrichtung - durchgeführte Untersuchungen als erfasst anzusehen. Wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen haben, sind Untersuchungen, die aus dem Herzzentrum xxx stammen, am Zentrallabor der Universitätsklinik zu keinem Zeitpunkt durchgeführt worden. Das Herzzentrum xxx besitze ein eigenes Labor, das die dort erhobenen Proben selbst untersuche.
71 
Einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus vereitelter Übernahme der Leitung des Labors des Herzzentrums kann die Kammer schließlich ebenfalls nicht erkennen. Der Kooperationsvertrag vom 18.06.2006 räumte allenfalls dem Beklagten, nicht aber dem jeweiligen Leiter von dessen Abteilung Klinische Chemie einen Rechtsanspruch ein. Dagegen, dass der Kläger zum 01.010.2008 die Leitung des Labors im Herzzentrum übernommen hätte, spricht der gegen ihn bestehende Straftatverdacht. Dieser war trotz Unwirksamkeit der Kündigung vom 24./25.01.2008 nach dem oben unter I.1.a.) Dargelegten auch im Oktober 2008 hinreichend und nicht ausgeräumt. Der Übertragung einer zusätzlichen Leitungsposition hätte er aller Voraussicht nach entgegengestanden. Selbst für den Fall einer solchen aber hätte der Kläger keinen Vergütungsanspruch gehabt. Denn zu seinen Dienstaufgaben hätte gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 4 des Dienstvertrages eine solche Aufgabenübernahme in zumutbarem Umfang gehört und wäre folglich durch die Vergütungsregelung in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages abgegolten gewesen. Wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, war auch in einem weiteren, ähnlichen Chefarztvertrag mit der Ärztlichen Direktorin der Klinik für Strahlenheilkunde keine zusätzliche Vergütung für deren zusätzliche Leitung eines Medizinischen Versorgungszentrums vorgesehen gewesen. Dass schließlich der Nachfolger des Klägers und Kommissarische Leiter der Abteilung Klinische Chemie, Prof. Dr. X., für die Leitung des Labors im Herzzentrum bis Sommer 2012 eine monatliche Vergütung („von wenigen Tausend EUR“, vgl. Seite 24 des Beklagten-Schriftsatzes vom 30.03.2015 [GAS. 979]) erhielt, steht dem nicht entgegen, da mit ihm bis dahin kein Chefarztvertrag wie mit dem Kläger bestand. Aufgrund der insgesamt monatlich geringen Vergütung („im einstelligen Tausend-Euro-Bereich“, vgl. Seite 3 des Beklagten-Schriftsatzes vom 30.03.2015 [GAS. 937]), die Prof. Dr. X. für die Leitung der Abteilung Klinische Chemie zustand, lag es in diesem Fall anders als im Fall des Klägers eher nahe, die Übernahme dieser weiteren Aufgabe zusätzlich zu vergüten.
72 
D. Die einheitliche Entscheidung über die Kosten folgt für den übereinstimmend erledigten Teil aus § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, insoweit dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, weil er nachgegeben hat. Hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO und geht zulasten des Klägers, da er die weitergehend von ihm begehrten Beträge sowie eine Auskunft nicht erhält. Die Kammer hat die Kostenquote aus dem Obsiegen und Unterliegen der Hauptbeteiligten bezogen auf den Streitwert (vgl. dazu näher den Streitwertbeschluss unten) gebildet (Gesamtstreitwert: 1.213.802,97 EUR: Kläger gewinnt i.H.v. 710.312,64 EUR, Beklagter gewinnt i.H.v. 503.490,33 EUR) gebildet. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt, so dass es mangels Kostentragungsrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
73 
Die Kostenentscheidung ist, soweit sie auf § 161 Abs. 2 VwGO beruht, gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.081998 - 4 B 75.98 - juris; Urt. v. 03.11.2011 - 7 C 3/11 -, Rnr. 32, juris). Da die Kammer die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässt (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), gilt im Übrigen folgende
74 
Beschluss
75 
Der Streitwert für das Verfahren wird
76 
auf 1.213.802,97 EUR
77 
festgesetzt.

Gründe

 
35 
A. Soweit die beiden Hauptbeteiligten den Rechtsstreit in Reaktion auf die vom Beklagten hinterlegten bzw. an das Finanzamt abgeführten Beträge für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen gewesen.
36 
B. Soweit noch in der Sache zu entscheiden ist, sind die im Wege der objektiven Klagehäufung zur Entscheidung gestellten beiden Klagen mit den in der mündlichen Verhandlung protokollierten Anträgen zulässig.
37 
I. Mit seinem ursprünglichen Klageantrag zu 1. verfolgte der Kläger die Zahlung der vereinbarten Abschlagsbeträge (und daraus berechneter Verzugszinsen) sowie mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 2. eine Stufenklage (vgl. Klageschriftsätze vom 30.12.2011, vom 06.12.2012 und vom 13.12.2013).
38 
Dieses erste Begehren hat er mit dem im Schriftsatz vom 08.04.2014 (dort Seite 3/4) gestellten Zahlungsantrag geändert, indem er (unter Abzug bis zu diesem Zeitpunkt vom Beklagten hinterlegter bzw. an das Finanzamt abgeführter Beträge) die am 19.02.2014 vorgelegte Nettoliquidationsabrechnung des Beklagten (Anlagen B 4 bis 6 zum Schriftsatz vom 18.02.2014 [GAS. 365-369]) zum Anlass nahm, von der Klage auf Abschlagszahlung zu der auf endgültige Zahlung und vom Auskunfts- und unbezifferten Leistungsbegehren der Stufenklage zum bezifferten Leistungsantrag überzugehen. Dieser Übergang stellte keine Klageänderung dar, da er kraft Gesetzes gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO (vgl. für den Übergang von der werkvertraglichen Abschlags- zur Schlusszahlung: BGH, Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03 -, Rnr. 47, juris) bzw. gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. für den Übergang von der Auskunfts- zur Leistungsstufe: BGH, Urt. v. 21.02.1991 - III ZR 169/88 -, juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, § 264 Rnr. 8) privilegiert war. Der in der mündlichen Verhandlung erfolgte Wechsel schließlich vom Zahlungsbegehren hin zu einem solchen auf (durch alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vereinbarte) Hinterlegung wird von § 264 Nr. 3 ZPO erfasst.
39 
Zum zuletzt mit Schriftsatz vom 26.06.2015 bzw. in der mündlichen Verhandlung im Rahmen einer Stufenklage (§ 254 ZPO) gestellten Auskunftsantrag betreffend die Nettoliquidationserlöse des Zentrallabors des Universitätsklinikums im Zusammenhang mit den Laborleistungen für das Herzzentrum xxx konnte der Kläger schließlich erneut gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO übergehen. Ausweislich der diese Erlöse betreffenden „Anfrage“ am Ende des Schriftsatzes vom 08.04.2014 war die Auskunftsstufe insoweit für ihn noch nicht endgültig erledigt gewesen (vgl. in diesem Fall für die Rückkehr vom Leistungs- zum Auskunftsbegehren: OLG München, Urt. v. 01.02.2012 - 3 U 3525/11 -, Rnr. 17, juris; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 254 Rnr. 4). Insoweit ist die Klage hinsichtlich des Begehrens, das das bezifferte Zahlungsbegehren übersteigt, als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO anzusehen. Dass der Kläger bei letzterer noch keinen (unbezifferten) Leistungsantrag formuliert hat, steht dem nicht entgegen. Die Klage kann auf Auskunft begrenzt und der eigentliche Leistungsantrag (noch) weggelassen werden („verkürzte Stufenklage“, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 254 Rnr. 2; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl. 2013, § 254 Rn. 10).
40 
II. Diese Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere besitzt der Kläger die Klagebefugnis (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO) bzw. aktive Prozessführungsbefugnis.
41 
Trotz der im Wege der Zwangsvollstreckung zugunsten der Beigeladenen zu 2 und 3 erfolgten Pfändung und Überweisung seiner etwaigen Ansprüche gegen den Beklagten macht der Kläger weiterhin ein eigenes Recht geltend. Die für den Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung verbleibt im Vermögen des Pfändungsschuldners. Die Überweisung einer Forderung zur - wie hier - Einziehung bewirkt (lediglich), dass der Pfändungsschuldner die Forderung nicht mehr für sich einziehen kann. Auf Leistung an den Pfändungsgläubiger kann er indessen klagen, und zwar aus eigenem Recht. Da ihm die Forderung (noch) gehört, benötigt er insoweit keine Erklärung des Gläubigers, die ihm eine entsprechende Berechtigung erteilt (BGH, Urt. v. 08.05.2007 - XI ZR 278/06 -, Rnr. 18, juris; Urt. v. 05.04.2001 - IX ZR 441/99 -, Rnr. 20, juris; Urt. v. 25.03.1991 - II ZR 13/90 -, Rnr. 9, juris; Zöller/Stöber, a.a.O., § 836 Rnr. 5). Auch die Sicherungsabtretung von Ansprüchen an die Beigeladene zu 1 hindert den Kläger schließlich nicht an der prozessualen Geltendmachung, da er hierzu von ihr ermächtigt worden ist und ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Klärung besitzt (vgl. für eine zulässige gewillkürte Prozessstandschaft im Fall der Sicherungszession: VG Freiburg, Urt. v. 05.12.2013 - 1 K 2463/11 -, Rnr. 49, juris; anders allerdings bei fehlendem schutzwürdigen Interesse an einer Forderungsabtretung: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.2014 - 2 S 1529/11 -, Rnr. 38, juris).
42 
C. Die Klagen sind indessen unbegründet.
43 
Der Kläger ist zwar aktivlegitimiert. Das gilt sowohl in Ansehung der Pfändungsmaßnahmen der Beigeladenen zu 2 und 3 (vgl. insoweit die Ausführungen oben zur Prozessführungsbefugnis) als auch hinsichtlich der Sicherungsabtretung, da die Beigeladene zu 1 dem Kläger eine Einziehungsermächtigung erteilt hat (vgl. BGH, Urt. v. 23.03.1999 - VI ZR 101/98 -, Rnr. 8 und 9, juris; Urt. v. 06.11.1980 - VII ZR 200/79 -, Rnr. 14, juris). Ferner ist keine Verjährung der Vergütungsansprüche (die sich entsprechend § 217 BGB auf die Zinsforderung erstrecken würde) eingetreten. Denn mit der ursprünglich innerhalb der (entsprechend § 195 BGB: 3-jährigen) Verjährungsfrist erhobenen Stufenklage wurde der (ursprünglich unbezifferte) endgültige, nach Abrechnung bestehende Vergütungsanspruch (damals gestellt als Leistungsantrag auf letzter Stufe [„2.b)“]) des Klägers sofort rechtshängig. Damit wurde, trotz der zunächst gegebenen Unbestimmtheit des Leitungsantrags, die Verjährung des gesamten Anspruchs entsprechend § 209 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der Höhe gehemmt, die der Kläger mittlerweile erstmalig beziffert hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.06.1992 - IV ZR 183/91 -, Rnr. 10 und 11, juris). Schließlich kann der Kläger auch jenseits der Vorschrift des § 853 ZPO (i.V.m. § 856 ZPO) und der Frage, ob diese auch für den Schuldner gilt bzw. im Fall des Zusammentreffens von Pfändungen und Abtretung nicht ganz ausgeschlossen ist (vgl. dazu Zöller/Stöber, a.a.O., § 836 Rnr. 5), auf Hinterlegung klagen. Denn die Beteiligten haben eine wirksame Hinterlegungsvereinbarung geschlossen, wonach etwaige weitere Zahlungen des Beklagten an die Hinterlegungsstelle erfolgen sollen (vgl. zu dieser von den Voraussetzungen des § 372 ff. BGB unabhängigen Möglichkeit: BGH, Urt. v. 29.09.1992 - XI ZR 9/92 -, Rnr. 12, juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.02.2006 - 15 U 87/05 -, Rnr. 14, juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 378 Rnr. 2).
44 
Soweit der Kläger einen Anspruch auf Vergütung und Verzugszinsen hat, ist dieser vom Beklagten durch die Hinterlegungen vom 27.02.2014 und vom 27.05.2014 (zur Erfüllungswirkung kraft - hier: konkludenter - Vereinbarung vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1992, a.a.O.) erfüllt worden. Die von ihm hierbei hinsichtlich der Beträge für Vergütung und Verzugszinsen getroffene Tilgungsbestimmung ist, da der Kläger dieser nicht widersprochen bzw. sie ausweislich des Schriftsatzes vom 26.06.2015 nunmehr auch ausdrücklich akzeptiert hat, maßgeblich geworden (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 367 Abs. 2 BGB; vgl. auch Palandt/Grüneberg, a.a.O, § 367 Rnr. 2). Auch die am 10.03.2014 erfolgte Lohnsteuerabführung an das Finanzamt hatte Erfüllungswirkung (BAG, Urt. v. 30.04.2008 - 5 AZR 725/07 -, Rnr. 18, juris). Einen mit der Klage verfolgten weitergehenden Zahlungsanspruch (Prämienvergütung bis 31.03.2010 sowie Verzugszinsen daraus bis heute) hat der Kläger nicht (dazu im Folgenden unter I.). Der im Wege der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch besteht ebenfalls nicht. Das folgt daraus, dass ihm aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und dem Herzzentrum xxx kein Anspruch auf weitergehende Vergütung zusteht (dazu im Folgenden unter II.).
45 
I. Einen mit der Hinterlegungsklage geltend gemachten Anspruch auf weitergehende als bereits vom Beklagten erfüllte Beträge für den Zeitraum bis einschließlich März 2010 hat der Kläger nicht.
46 
1.) Die Hauptforderung des Klägers ergibt sich dem Grunde nach aus der Vergütungsregelung in § 8 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 (im Folgenden nur noch bezeichnet als „Dienstvertrag“). Aufgrund rechtskräftigen Urteils des VG Freiburg vom 24.02.2010 (3 K 2749/08 -, juris) steht im Verhältnis von Kläger und Beklagtem fest, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24./25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung dieses Dienstvertrags unwirksam sind. Die (Gegenstand des noch nicht rechtskräftig abgeschlossen Verfahrens 1 K 848/13 bildende) erneute Kündigung vom 30.09.2009 wurde erst mit Wirkung zum 01.04.2010 ausgesprochen. Da keine sonstigen Unwirksamkeitsgründe oder vertraglichen Beendigungsgründe i.S.v. § 11 Abs. 4 erster Spiegelstrich (Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses) und dritter Spiegelstrich (Verbot der Führung der Dienstgeschäfte - ein solches wurde gegenüber dem Kläger nie ausgesprochen) vorliegen, stehen dem Kläger für die Zeit bis zum 31.03.2010 vertragliche Vergütungsansprüche zu. Auf den als öffentlich-rechtlichen Vertrag zu qualifizierenden Dienstvertrag (vgl. zum konkreten Vertrag: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012 - 9 S 2752/11 -, Rnr. 41, juris) finden ergänzend die Vorschriften des BGB nach § 62 Satz 2 LVwVfG entsprechende Anwendung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Rnr. 2, juris).
47 
a.) Der Prämienanspruch, um den die Beteiligten vorliegend im Wesentlichen (noch) streiten, steht dem Kläger nicht zu. § 8 Abs. 2 des Dienstvertrages bestimmt, dass der Ärztliche Direktor ferner (d.h. zusätzlich zur festen Jahresvergütung gemäß Absatz 1) eine Prämie in Höhe von bis zu 25 % des Nettoliquidationserlöses für die erfolgreiche Leitung der Einrichtung enthält, wobei es maßgeblich auf die wirtschaftliche Führung der Abteilung, das Erreichen der Leistungsvorgaben, ein aktualisiertes Qualitätsmanagement, bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Führungsqualität ankommt. Zudem kann der Klinikumsvorstand mit dem Ärztlichen Direktor jährliche Zielvereinbarungen abschließen, deren Erreichen für die Auszahlung der Prämie mit maßgebend ist. Die Feststellung, ob die vom Ärztlichen Direktor geleitete Einrichtung erfolgreich geleitet wurde und ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden, erfolgt durch den Klinikumsvorstand unter Angabe der wesentlichen zugrunde liegenden Erwägungen.
48 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Regelung wirksam. Da die Prämienregelung vom Beklagten vorformuliert und mit dem Kläger nicht ausgehandelt worden ist, gelangen über § 62 Satz 2 LVwVfG die AGB-Vorschriften der §§ 305 ff. BGB entsprechend zur Anwendung (vgl. für einen Chefarztvertrag: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.10.2010, a.a.O., Rnr. 24 ff.). Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB) gibt es nicht. Die Prämienregelung macht die Gewährung vom Eintritt einer näher ausgestalteten Bedingung (erfolgreiche Leitung) abhängig und sieht überdies ein Feststellungs-, bzw. Bestimmungsrecht des Klinikumsvorstands vor. Damit wird schon nicht vom Gesetz abgewichen. Denn dieses sieht selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (vgl. § 315 BGB - dazu unten bei b.). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen dieses Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar (vgl. BAG, Urt. v. 16.01.2013 - 10 AZR 26/12 -, Rnr. 29, juris [vom Arbeitgeber festzulegende Weihnachtsgratifikation]). Aus diesen Gründen ist ferner auch das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht als verletzt anzusehen. Denn angesichts der Verwendung sowie näheren Erläuterung des Merkmals der „erfolgreichen Leitung“ und des gerichtlich überprüfbaren Leistungsbestimmungsrechts kann nicht die Rede davon sein, diese Bestimmung sei aufgrund Unklarheit bzw. Unverständlichkeit geeignet, den Kläger von der Wahrnehmung seiner Rechte abzuhalten. Ohnehin sind hierbei auch Begleitumstände der Verwendung zu beachten, namentlich mit Blick auf den betroffenen Personenkreis (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 307 Rnr. 21 und § 320 Rnr. 21). Die Chefärzte des Beklagten dürften viel eher einem erfahrenen Vertragspartner als einem unkundigen Verbraucher gleichzustellen sein.
49 
Der Klinikumsvorstand des Beklagten hat mit Beschlüssen vom 07.04.2008 und 16.01.2014 entschieden, dass der Kläger - soweit hier maßgeblich - in den Jahren 2007 bis 2010 die Abteilung Klinische Chemie nicht erfolgreich geleitet hat. Auch wenn der Kläger nur Ansprüche aus dem Zeitraum Januar 2008 bis März 2010 zum Streitgegenstand gemacht hat, besitzt die Problematik eines Prämienanspruchs im Jahr 2007 doch Vorfragenrelevanz, da - wie vom Beklagten bei seinen Berechnungen auch tatsächlich berücksichtigt - die Ablehnung eines solchen Anspruchs in diesem Jahr zu einer Rückforderung und Minderung des Anspruchs für das Jahr 2008 führte. Da es sich bei der Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrages, auf welche diese Beschlüsse zurückgehen, um ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB handelt und diese Entscheidungen billigem Ermessen entsprechen, sind sie gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Kläger verbindlich, so dass er für die Jahre 2008, 2009 und das 1. Quartal 2010 keinen Prämienanspruch hat:
50 
§ 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags, wonach die Feststellung, ob die vom Ärztlichen Direktor geleitete Einrichtung erfolgreich geleitet wurde und ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden, durch den Klinikumsvorstand unter Angabe der wesentlichen zugrunde liegenden Erwägungen erfolgt, enthält ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Da dieses Recht dem Klinikumsvorstand zusteht, der gemäß § 10 Abs. 1 UKG i.V.m. § 7 der Satzung des UKFR das in Fällen wie hier maßgebliche Leitungs- und Entscheidungsorgan des Beklagten ist (kein Fall der Zuständigkeit des Aufsichtsrats gemäß § 9 UKG, § 5 Satzung UKFR), liegt ein Fall des § 315 BGB, der Leistungsbestimmung durch eine Vertragspartei, und nicht - wovon der Beklagte ausgehen will - derjenige des § 317 BGB (Bestimmung durch Dritte) vor. § 315 BGB ist gemäß einem weiten Verständnis über die Haupt- und Gegenleistung hinaus auch auf sämtliche Leistungsmodalitäten anwendbar (BeckOK BGB/Gehrlein, § 315 Rnr. 1 [Stand: 01.05.2015]), also auch - wie hier - auf die Feststellung von Anspruchsvoraussetzungen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 315 Rnr. 2 m.w.N.). Voraussetzung - auch für eine gerichtliche Überprüfung - ist stets, dass ein Vertragspartner die Leistung einseitig bestimmt und ihm hierbei ein gewisser Ermessensspielraum zusteht (BGH, Urt. v. 12.12.2014 - V ZR 109/14 -, Rn. 10, juris).
51 
§ 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags räumt dem Klinikumsvorstand einen solchen Ermessensspielraum ein. Er sieht eine Prämie „bis zu“ 25% vor. Ferner spricht die Unbestimmtheit und Auslegungsbedürftigkeit der die „erfolgreiche Leitung“ konkretisierenden Begriffe (wirtschaftliche Führung der Abteilung, Erreichen der Leistungsvorgaben, aktualisiertes Qualitätsmanagement, bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Führungsqualität) dafür. Damit ist die Bestimmung zwar auch an einem objektiven Beurteilungsmaßstab ausgerichtet (zu dieser Möglichkeit vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 315 Rn. 10), so dass kein völlig freies Belieben existiert. Ungeachtet dessen verbleibt für die Leistungsbestimmung jedoch mangels eines anderen vereinbarten Maßstabs gemäß der Auslegungsregel in § 315 Abs. 1 BGB ein nach billigem Ermessen auszufüllender (Beurteilungs-)Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ist (BGH, Urt. v. 10.10.1991 - III ZR 100/90 -, juris, Rnr. 29; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 315 Rnrn. 6 und 15; BeckOK BGB/Gehrlein, a.a.O., Rnr. 12). Maßgebend für diese Kontrolle ist der Zeitpunkt der Leistungsbestimmung, da es sich um ein Gestaltungsrecht handelt (Staudinger/Volker Rieble [Neubearbeitung 2015], BGB § 315, Rnr. 378).
52 
Die das Jahr 2007 betreffende und dem Kläger mit Schreiben vom 14.04.2008 mitgeteilte Entscheidung des Klinikumsvorstands vom 07.04.2008 ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Sie führte als wesentliche Gründe für eine nicht erfolgreiche Abteilungsleitung ein in Höhe von 250.000 EUR negatives EER-Ergebnis 2007 (EER = Erlösorientierte Ergebnisrechnung - ein internes Berechnungsmodell) und eine zunehmend schwierige Zusammenarbeit an, sowie, dass der Kläger durch das mutmaßliche Verhalten, das zur Verdachtskündigung vom Januar 2008 geführt habe, dem Ansehen des Klinikums erheblichen Schaden zugefügt habe. Damit sind ersichtlich die im Dienstvertrag festgelegten Konkretisierungsmaßstäbe der wirtschaftlichen Abteilungsführung und Führungsqualität entscheidungsleitend gewesen. Da § 8 Abs. 2 Satz 1 des Dienstvertrages nichts dafür hergibt, alle dort genannten Konkretisierungsmerkmale seien stets kumulativ heranzuziehen, kann nicht beanstandet werden, dass der Klinikumsvorstand nur auf einzelne Merkmale einging, und nicht auch auf ein Erreichen der Leistungsvorgaben und ein aktualisiertes Qualitätsmanagement (vgl. BAG, Urt. v. 15.05.2013 - 10 AZR 679/12 -, Rnr. 17, juris). Dies gilt ferner für das Erreichen von Zielvereinbarungen i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 2 des Dienstvertrages, da es diese tatsächlich nicht gegeben hatte. Einen Anspruch auf eine solche Vereinbarung sah der Dienstvertrag eindeutig auch nicht vor, da in § 8 Abs. 2 Satz 2 nur die Möglichkeit („kann... abschließen“), nicht indessen die Pflicht des Beklagten bestand, mit dem Kläger Ziele zu vereinbaren.
53 
Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BAG, Urt. v. 14.11.2012 - 10 AZR 783/11 -, Rnr. 45, juris; BGH, Urt. v. 05.12.2012 - IV ZR 110/10 -, Rnr. 27, juris). Die Leistungsbestimmung ist erst dann durch das Gericht zu beanstanden und zu ersetzen, wenn diese Grenzen überschritten sind, nicht dagegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (BGH, Urt. v. 22.07.2014 - KZR 27/13 -, Rnr. 23, juris; Urt. v. 24.06.1991 - II ZR 268/90 -, Rnr. 7, juris). Mit der auf das Wirtschaftsergebnis 2007 und einen Straftatverdacht gestützten Verneinung einer erfolgreichen Abteilungsleitung hat der Klinikumsvorstand eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung getroffen. Die Gewichtung des Wirtschaftsergebnisses ist angesichts des negativen EER-Ergebnisses weder sachwidrig noch willkürlich. Insbesondere ist nicht erkennbar oder vorgetragen worden, dass der Beklagte im Rahmen anderer Chefarztverträge bei negativen Ergebnissen von einer erfolgreichen Leitung ausgegangen wäre, mithin die Prämie tatsächlich als versteckte Festvergütung handhabte. Selbst wenn der im Jahr 2007 die Abteilungsleitung noch tatsächlich innehabende Kläger angesichts fixer Kosten beim Personal und des Umstands, dass die mittelbare Krankenversorgung für Gewinnerzielung auf (externe) Probenaufträge angewiesen ist, das EER nur bedingt beeinflussen konnte, ist doch die vertragliche Gesamtregelung zu berücksichtigen. Denn in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages war dem Kläger bereits eine EER-unabhängige (Fest-) Vergütung von 50% des Abteilungsnettoliquidationserlöses garantiert worden. Wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen haben, bestehen für den Abteilungsleiter durchaus Einwirkungsmöglichkeiten, so etwa im Bereich des Reagenzieneinkaufs. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unverhältnismäßig gewesen, wenn der Klinikumsvorstand eine erfolgreiche Leitung bei negativem Wirtschaftsergebnis verneinte. Dass der Kläger die Prämie für 2007 im Wege der Abschlagszahlung bereits erhalten hatte, ist kein Beleg für einen Führungserfolg. § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages stellte auch die Prämie unter einen endgültigen Berechnungsvorbehalt. Damit aber stand auch diese unter der auflösenden Bedingung einer späteren negativen Entscheidung des Klinikumsvorstands.
54 
Soweit der Klinikumsvorstand zusätzlich den Straftatverdacht gegen den Kläger als einer erfolgreichen Leitung entgegenstehenden Umstand angeführt hat, hat er den ihm eingeräumten Ermessensspielraum ebenfalls nicht verlassen. Die im Zeitpunkt der ersten Kündigung im Januar 2008 gegebenen Verdachtsmomente, auf die der Klinikumsvorstand abgehoben hat, rechtfertigten bei gebotener Abwägung ebenfalls den Schluss einer (mit Blick auf das Merkmal der Führungsqualität) nicht erfolgreichen Abteilungsleitung. Die Staatsanwaltschaft Freiburg hatte im Frühjahr 2007 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 13.11.2007 hatte das Amtsgericht Freiburg die (dann am 11.12.2007 durchgeführte) Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers mit der Begründung angeordnet, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Fa. xxx abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens fünf Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Dafür habe der Kläger Zuwendungen erhalten. In einem Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität Freiburg hatte die Landespolizeidirektion u.a. ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Fa. xxx stünden und dass der Kläger dieser Firma durch Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe (vgl. Tatbestand des Urteils des VG Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 -, juris [Rnrn. 4 und 5]). Die herausgehobene Stellung als Chefarzt bzw. Abteilungsleiter war besonders sensibel und anfällig für strafrechtliche Vorwürfe, wenn diese - wie hier - im Zusammenhang mit der Dienstausübung erhoben wurden. Bereits der mit laufenden strafrechtlichen Ermittlungen verbundene Anschein eines Makels erschütterte folglich die für das Merkmal der Führungsqualität zu fordernde Integrität und durfte ebenfalls zur Versagung einer Prämie herangezogen werden. Daran änderte nichts, dass die dem Kläger vorgeworfenen Taten zeitlich weiter zurücklagen und nicht das Jahr 2007 betrafen.
55 
Dieser Ermessensentscheidung im April 2008 stand schließlich nicht die Rechtskraft des Urteils des VG Freiburg vom 24.02.2010 über die Kündigung vom 24./25.01.2008 entgegen. Denn ungeachtet des Umstands, dass diese vom Gericht bereits aus formellen Gründen (fehlendes Einvernehmen der Medizinischen Fakultät) beanstandet wurde, ist lediglich die Feststellung deren Unwirksamkeit in Rechtskraft erwachsen. Das ist kein prozessuales Hindernis dafür, die zur Rechtfertigung der Kündigung vorgetragenen Tatsachen in weiteren Rechtsstreitigkeiten zur Begründung von Ansprüchen oder Einwendungen geltend zu machen, deren Bestand nicht von der Tauglichkeit der Tatsachen als Grund für eine fristlose Kündigung abhängen (OLG Oldenburg, Urt. v. 20.04.2000 - 1 U 177/99 -, Rnr. 44, juris). Darauf, ob die im Januar 2008 vorliegenden Umstände materiell bzw. inhaltlich die Verdachtskündigung gerechtfertigt hätten, kommt es nicht an. Von der Frage, ob ein Dienstverhältnis beendet werden konnte, ist diejenige zu unterscheiden, ob eine Prämie für erfolgreiche Leitung zu zahlen war. Insoweit hatte ein Straftatverdacht für die Frage der Kündigungsrechtfertigung ein völlig anderes Gewicht als für diejenige eines Prämienanspruchs. Selbst wenn ein solcher Verdacht eine Kündigung nicht rechtfertigt, kann er dennoch der Annahme einer erfolgreichen Leitung der Abteilung - die anderen Maßstäben unterliegt - entgegenstehen.
56 
Der Klinikumsvorstand hat ferner am 16.01.14 beschlossen, dass auch für die Jahre 2008 bis 2010 (sowie ferner 2011 und 2012) keine erfolgreiche Abteilungsleitung durch den Kläger vorliege und dies - erkennbar unter dem Gesichtspunkt der Führungsqualität - ausschließlich mit bestehendem Verdacht der Korruption (Vorteilsannahme) und der zwischenzeitlich erhobenen sowie vom LG Freiburg zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage begründet. Eine wenngleich zeitlich spätere als dienstvertraglich in § 8 Abs. 3 vorgesehene, aber gleichwohl nunmehr auf ihre Billigkeit zu überprüfende Bestimmung durch den Beklagten lag damit vor. Diese ist ermessensfehlerfrei. Zu diesem Zeitpunkt war das Strafverfahren gegen den Kläger noch anhängig und angesichts der am 17.07.2009 erhobenen sowie vom Landgericht am 14.09.2012 zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage fortgeschritten. Da es mithin weiter an einer klaren Entlastung des Klägers vom Straftatverdacht fehlte, kann eine weitere Prämienversagung nicht als sachwidrig und unangemessen oder willkürlich aufgefasst werden. Wie bereits oben ausgeführt, ließ das Bestimmungsrecht die Auswahl auch nur einzelner Erfolgsmerkmale zu. Den Umstand, dass die Kündigung vom Januar 2008 unwirksam und der Kläger somit zumindest bis Ende März 2010 rechtswidrig an der Abteilungsleitung und folglich einer möglichen Einwirkung auf das Wirtschaftsergebnis gehindert war, musste der Klinikumsvorstand damit nicht mehr in die Abwägung einstellen.
57 
Selbst wenn man schließlich für die Überprüfung beider Ermessensentscheidungen des Klinikumsvorstands wegen der Eigenschaft der Prämie als wiederkehrende Leistung auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht abstellen wollte (vgl. MüKoBGB/Würdinger, 6. Aufl. 2012, § 315 Rn. 52; BeckOK BGB/Gehrlein, § 315 Rn. 11 [Stand: 01.05.2015]), so wäre ebenfalls keine Sachlage eingetreten, die das Festhalten des Beklagten an der Prämienversagung nunmehr als Ermessensausfall oder Ermessensdefizit erscheinen ließe. Zwar ist das Strafverfahren gemäß § 153a Abs. 2, Abs. 1 StPO durch Beschluss des LG Freiburg vom 12.02.2014 zunächst gegen Geldauflage vorläufig und nach Erfüllung dieser Auflage mit Beschluss vom 19.08.2014 endgültig eingestellt worden. Indessen erforderte die Anwendung des § 153a StPO einen höheren Verdachtsgrad. Sie setzte eine Durchermittlung voraus. Bevor dem Beschuldigten zugemutet werden kann, durch die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sich einer „Sanktion im weiteren Sinne“ zu unterwerfen, muss mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verurteilung im Falle der Weiterführung des Verfahrens in Betracht kommen (Löwe-Rosenberg/Beulke, StPO, 26. Aufl. 2007, § 153a, Rn. 39; BeckOK StPO/Beukelmann, § 153a Rnr. 14 [Stand: 01.05.2015]). Der Beklagte durfte folglich unverändert die Prämie versagen, auch wenn die Unschuldsvermutung zugunsten des Klägers nicht widerlegt wurde und er als nicht vorbestraft anzusehen ist. Selbst wenn man für § 153a StPO lediglich einen gesicherten hinreichenden Tatverdacht forderte (so Karlsruher Kommentar-StPO/Diemer, 7. Aufl. 2013, § 153a Rnr. 11), ergäbe sich nichts anderes.
58 
b.) Der Kläger hat damit nur den in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages garantierten Anspruch auf die feste Jahresvergütung. Diese beträgt 50% des jeweiligen Nettoliquidationserlöses der Jahre 2008, 2009 und des ersten Quartals 2010. Dieser Anspruch ist indessen bereits im Jahr 2014 erfüllt worden, so dass - mangels eines Prämienanspruchs (siehe unter a.) - keine weitergehende Hauptforderung mehr besteht.
59 
Anspruchsunschädlich ist, dass der Kläger tatsächlich nur bis zum 25.01.2008 tätig war. Denn insoweit lagen die Voraussetzungen für eine Vergütung aufgrund Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 BGB i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB und §§ 293 ff. BGB vor (sog. Annahmeverzugsvergütung - diese ist Erfüllungsanspruch, kein Schadensersatzanspruch, vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 615 Rnr. 3 m.w.N.). Nach einer - wie hier rechtskräftig festgestellt - unwirksamen Kündigung bedurfte es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Arbeitsangebots des Klägers nicht (vgl. für das Arbeitsverhältnis: BAG, Urt. v. 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 -, Rnr. 14, juris). Dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig gewesen wäre (vgl. § 297 BGB), ist nicht ersichtlich oder vorgetragen worden. Seine Weigerung auf die Aufforderungen des Beklagten vom 22.12.2009 und 28.04.2010, seinen Aufgaben in der Krankenversorgung wieder nachzukommen, betraf gerade nicht die stets von ihm beanspruchten, aber vom Beklagten verhinderten und hier allein vergütungsrelevanten Dienste als Chefarzt i.S.v. § 6 Abs. 2 des Dienstvertrags. Dafür, dass der Kläger sich entsprechend § 615 Satz 2 BGB den Wert von etwas anrechnen lassen müsste, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, ist schließlich ebenfalls nichts erkennbar.
60 
Die Höhe dieses Vergütungsanspruchs bemisst sich nach dem Bruttoentgelt. Der Abzug und die Abführung von gesetzlichen Lohnbestandteilen - hier gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Dienstvertrages der Lohnsteuer - betreffen nur die Frage, wie der Beklagte seine Zahlungspflicht gegenüber dem Kläger zu erfüllen hat (vgl. für die Bruttolohnklage im Arbeitsrecht: lag Hamm, Urt. v. 07.01.2014 - 9 Sa 1393/13 -, juris [m.w.N.]; ferner im Zusammenhang mit Zinsen auf den Bruttolohn: BAG, Urt. v. 07.03.2001 - GS 1/00 - juris; zur Erfüllung durch Steuerabführung ferner BAG, Urt. v. 30.04.2008, a.a.O.).
61 
Die Anspruchsberechnung, die der Beklagte vorgenommen und als Anlage B 7 zum Schriftsatz vom 18.02.2014 (GAS. 371/373) vorgelegt hat, ist sachlich und rechnerisch zutreffend; auch der Kläger hat insoweit keine substantiierten Einwendungen erhoben. Insbesondere durfte der Beklagte hierbei aufgrund der Abrechnungsvereinbarung in § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages einen Rückforderungsanspruch i.H.v. insgesamt 80.000,-- EUR betreffend die Prämienabschläge für 2007 und für Januar 2008, der ihm nach dem oben unter a.) Dargelegten zustand, mit dem im April 2008 abgerechneten Festvergütungsanspruch für 2007 i.H.v. 9.714,86 EUR (vgl. Anlage B 2 zum Beklagten-Schriftsatz vom 18.02.2014 [GAS. 353-357]) sowie demjenigen i.H.v. 76.615,06 EUR verrechnen, den der Kläger aufgrund der Abrechnung im Juni 2009 für das Jahr 2008 hatte (vgl. das entsprechende Schreiben des Klinikumsvorstands vom 14.08.2009 an den Kläger [Anlage B 3 zum Beklagten-Schriftsatz vom 18.02.2014 ]).
62 
Den somit für die Zeit Januar 2008 bis März 2010 bestehenden Festvergütungsanspruch in Höhe von brutto 731.898,76 EUR hat der Beklagte durch Steuerabführung (am 10.03.2014) i.H.v. 361.688,18 EUR, durch Verrechnung des verbleibenden Nettoanspruchs mit einem eigenen Rückzahlungsanspruch i.H.v. 21.586,12 EUR sowie Hinterlegung (am 27.02.2014) des Restbetrages von 348.624,46 EUR erfüllt.
63 
2.) Auch eine weitergehende Nebenforderung hat der Kläger nicht.
64 
Ein Verzugsschadensanspruch, der im Fall von Geldschulden als Mindestschaden auf - wie hier ausschließlich geltend gemacht - Zinsen gerichtet ist, ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG). Eine Mahnung war gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Auch ein Verschulden des Beklagten (§ 286 Abs. 4 BGB) lag vor, da er auf die Wirksamkeit der ersten Kündigung vom 24./25.01.2008 wegen erkennbarer Verfahrensmängel (fehlendes Einvernehmen der Medizinischen Fakultät) nicht schutzwürdig vertrauen durfte (zur besonderen Verschuldensprüfung bei einer Kündigung vgl. BAG, Urt. v. 14.05.1998 - 8 AZR 634/96 -, Rnr. 17, juris). Die Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB können aus der in Geld geschuldeten Bruttovergütung verlangt werden (BAG, Beschl. v. 07.03.2001, a.a.O.).
65 
Die Anspruchsberechnung, die der Beklagte auch betreffend die Verzugszinsen vorgenommen und als Anlage B 23 zum Schriftsatz vom 16.06.2014 (GAS. 597) vorgelegt hat, ist sachlich und rechnerisch zutreffend. Dass er dabei - anders als die wohl herrschende Meinung (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R -, juris, Rn. 31; Palandt/Heinrichs, a.a.O, § 246 Rnr. 9; Toussaint in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 246 BGB, Rnr. 37) - das Jahr mit 360 und den Monat mit 30 Tagen angesetzt hat, ist nicht zu beanstanden, da diese Berechnung sogar etwas günstiger für den Kläger gewesen ist. Aus dem Vergütungsanspruch, der dem Kläger bis einschließlich 31.03.2010 noch zustand (siehe dazu oben 1. b.), ergab sich bis zum 27.05.2014 eine Zinsforderung in Höhe von 172.966,70 EUR, die der Beklagte durch die Hinterlegungen am 27.02.2014 (90.475,36 EUR) und am 27.05.2014 (83.372,54 EUR) erfüllt hat.
66 
Die vom Kläger gegen diese Zinsberechnung geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Dass für die Jahre 2008 bis 2010 auf der Grundlage der diese jeweils betreffenden endgültigen Abrechnungsergebnisse die ursprünglich mit 25.000,-- EUR vereinbarten (und in dieser Höhe vom Beklagten bei der Zinsberechnung unverändert zugrunde gelegten) Abschläge gemäß § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages angepasst und höher angesetzt worden wären - mit der Folge einer Erhöhung des Verzugszinsschadens - kann nicht angenommen werden. Eine automatische Anpassungspflicht des Beklagten sah § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages mit der Bestimmung, wonach Abrechnungen und „ggf. Neufestlegung der Abschlagszahlungen“ jeweils bis Ende Juni des Folgejahres erfolgten, gerade nicht vor. Daher spricht Überwiegendes dafür, dass eine Abschlagsanpassung jeweils einer speziellen Parteivereinbarung bedurft hätte, an der es hier aber fehlte.
67 
Wendet man auf diesen Fall die Grundsätze der Schadensschätzung an, ergibt sich nichts zugunsten des Klägers. Gemäß (§ 173 VwGO i.V.m.) § 287 Abs. 2 ZPO ist § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO (geringeres Beweismaß für den Schadensnachweis) bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. So liegt die Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO dann nahe, wenn - wie hier - die Höhe des Anspruchs von fiktiven Entwicklungen abhängt (BeckOK ZPO/Bacher, § 287 Rnrn. 11 sowie 17 und 18 m.w.N. [Stand: 01.03.2015]). Gewisse Mindestanforderungen an die Angabe tatsächlicher Momente, die als Grundlage der Schätzung dienen können, sind allerdings zu verlangen. Die Parteien müssen sich in zumutbarem Umfang um eine genaue Substantiierung bemühen (MüKoZPO/Prütting, 4. Aufl. 2013, § 287 Rnr. 28 m.w.N.). Von wesentlichem Parteivorbringen darf sich die Schätzung nicht lösen, für sie müssen zumindest greifbare Tatsachen sprechen (Musielak ZPO/Foerste, 12. Aufl. 2015, § 287 Rnr. 9 m.w.N.). Der substantiierte Vortrag des Beklagten, wonach eine (vom Kläger geforderte) exakte Anpassung der Abschlagszahlung nie praktiziert worden ist, und ferner gewisse Anpassungen nur bei mehrjährigen deutlichen Abweichungen in Betracht kämen, spricht gegen eine Schätzung zugunsten des Klägers. Auch die konkreten Differenzbeträge zwischen Abschlägen und endgültig berechneter Vergütung schließlich sind entgegen der Auffassung des Klägers noch kein ausreichendes Indiz für eine Anpassung. Für das Jahr 2008 betrug die dem Kläger zustehende Jahresvergütung 309.190,07 EUR (50% des Nettoliquidationserlöses von 618.380,13 EUR) und hätte (hypothetische) Abschlagszahlungen i.H.v. (12 x 25.000,-- EUR =) 300.000,-- EUR lediglich um etwas mehr als 9.000,-- EUR überstiegen. Die Abweichungen für 2009 von (Vergütung 416.009,49 EUR abzüglich 300.000,-- EUR hypothetischer Abschlag =) rund 116.000,-- EUR und für das erste Quartal 2010 von (Vergütung 102.669,10 EUR abzüglich 75.000,-- EUR hypothetischer Abschlag =) rund 25.000,-- EUR sind zwar höher, ohne dass allerdings zur Überzeugung der Kammer schon von einer deutlichen mehrjährigen Abweichung gesprochen werden kann.
68 
Wollte man schließlich das in § 8 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags an sich ausdrücklich nur im Kontext des „Ob“ einer Prämie geregelte Bestimmungsrecht - etwa im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung - auch für die Neufestlegung von Abschlagszahlungen für maßgebend erachten, gälte auch hier § 315 BGB. Die Entscheidung des Beklagten, Abschläge nicht anzupassen, wäre dann aber aus den zuvor im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO genannten Gründen nicht zu beanstanden.
69 
II. Der im Wege der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch betreffend „die Nettoliquidationserlöse des Zentrallabors des Beklagten im Zusammenhang mit Laborleistungen für das Herzzentrum xxx“ besteht nicht, so dass auch diese Klage unbegründet ist. Einen Vergütungs- oder Schadensersatzanspruch aus der Kooperation des Beklagten und dem Herzzentrum xxx hat der Kläger nicht, weshalb schon deshalb ein Auskunftsanspruch zu verneinen ist. Da schon die Prüfung der Auskunftsstufe ergibt, dass dem Hauptanspruch (= Leistungsanspruch) die materiell-rechtliche Grundlage fehlt, kann im Urteil eine einheitliche Entscheidung ergehen (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 28.11.2001 - VIII ZR 37/01 -, Rnr. 20, juris; Zöller/Greger, a.a.O., § 254 Rnr. 9). Ein jeweiliges Teilurteil über die bezifferte Zahlungsklage und die noch unbezifferte Stufenklage (vgl. zu einem solchen Fall: BGH, Urt. v. 25.09.2002 - XII ZR 55/00 -, Rnr. 14, juris; Urt. v. 26.04.1989 - IVb ZR 48/88 -, Rnr. 9, juris) kam daher nicht in Betracht.
70 
§ 8 Abs. 1 des Dienstvertrages beteiligte als Gegenleistung für die Erfüllung seiner in § 6 geregelten Dienstaufgaben den Kläger am Nettoliquidationserlös, den der Beklagte „in der vom Ärztlichen Direktor geleiteten Abteilung“ aus wahlärztlichen ambulanten Behandlungen und wahlärztlichen stationären Untersuchungen (ausgenommen die Erbringung individueller Gesundheitsleistungen) einnimmt. Schon dieser Wortlaut lässt es nicht zu, im Labor des Herzzentrums - also einer bis 31.03.2012 völlig eigenständigen Einrichtung - durchgeführte Untersuchungen als erfasst anzusehen. Wie die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen haben, sind Untersuchungen, die aus dem Herzzentrum xxx stammen, am Zentrallabor der Universitätsklinik zu keinem Zeitpunkt durchgeführt worden. Das Herzzentrum xxx besitze ein eigenes Labor, das die dort erhobenen Proben selbst untersuche.
71 
Einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus vereitelter Übernahme der Leitung des Labors des Herzzentrums kann die Kammer schließlich ebenfalls nicht erkennen. Der Kooperationsvertrag vom 18.06.2006 räumte allenfalls dem Beklagten, nicht aber dem jeweiligen Leiter von dessen Abteilung Klinische Chemie einen Rechtsanspruch ein. Dagegen, dass der Kläger zum 01.010.2008 die Leitung des Labors im Herzzentrum übernommen hätte, spricht der gegen ihn bestehende Straftatverdacht. Dieser war trotz Unwirksamkeit der Kündigung vom 24./25.01.2008 nach dem oben unter I.1.a.) Dargelegten auch im Oktober 2008 hinreichend und nicht ausgeräumt. Der Übertragung einer zusätzlichen Leitungsposition hätte er aller Voraussicht nach entgegengestanden. Selbst für den Fall einer solchen aber hätte der Kläger keinen Vergütungsanspruch gehabt. Denn zu seinen Dienstaufgaben hätte gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 4 des Dienstvertrages eine solche Aufgabenübernahme in zumutbarem Umfang gehört und wäre folglich durch die Vergütungsregelung in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages abgegolten gewesen. Wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, war auch in einem weiteren, ähnlichen Chefarztvertrag mit der Ärztlichen Direktorin der Klinik für Strahlenheilkunde keine zusätzliche Vergütung für deren zusätzliche Leitung eines Medizinischen Versorgungszentrums vorgesehen gewesen. Dass schließlich der Nachfolger des Klägers und Kommissarische Leiter der Abteilung Klinische Chemie, Prof. Dr. X., für die Leitung des Labors im Herzzentrum bis Sommer 2012 eine monatliche Vergütung („von wenigen Tausend EUR“, vgl. Seite 24 des Beklagten-Schriftsatzes vom 30.03.2015 [GAS. 979]) erhielt, steht dem nicht entgegen, da mit ihm bis dahin kein Chefarztvertrag wie mit dem Kläger bestand. Aufgrund der insgesamt monatlich geringen Vergütung („im einstelligen Tausend-Euro-Bereich“, vgl. Seite 3 des Beklagten-Schriftsatzes vom 30.03.2015 [GAS. 937]), die Prof. Dr. X. für die Leitung der Abteilung Klinische Chemie zustand, lag es in diesem Fall anders als im Fall des Klägers eher nahe, die Übernahme dieser weiteren Aufgabe zusätzlich zu vergüten.
72 
D. Die einheitliche Entscheidung über die Kosten folgt für den übereinstimmend erledigten Teil aus § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, insoweit dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, weil er nachgegeben hat. Hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO und geht zulasten des Klägers, da er die weitergehend von ihm begehrten Beträge sowie eine Auskunft nicht erhält. Die Kammer hat die Kostenquote aus dem Obsiegen und Unterliegen der Hauptbeteiligten bezogen auf den Streitwert (vgl. dazu näher den Streitwertbeschluss unten) gebildet (Gesamtstreitwert: 1.213.802,97 EUR: Kläger gewinnt i.H.v. 710.312,64 EUR, Beklagter gewinnt i.H.v. 503.490,33 EUR) gebildet. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt, so dass es mangels Kostentragungsrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
73 
Die Kostenentscheidung ist, soweit sie auf § 161 Abs. 2 VwGO beruht, gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.081998 - 4 B 75.98 - juris; Urt. v. 03.11.2011 - 7 C 3/11 -, Rnr. 32, juris). Da die Kammer die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässt (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), gilt im Übrigen folgende
74 
Beschluss
75 
Der Streitwert für das Verfahren wird
76 
auf 1.213.802,97 EUR
77 
festgesetzt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 08. Juli 2015 - 1 K 849/13

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(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Strafprozeßordnung - StPO | § 153a Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen


(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen u

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 158


(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. (2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 367 Anrechnung auf Zinsen und Kosten


(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet. (2)

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 297 Unvermögen des Schuldners


Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 319 Unwirksamkeit der Bestimmung; Ersetzung


(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 317 Bestimmung der Leistung durch einen Dritten


(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlic

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 217 Verjährung von Nebenleistungen


Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 853 Mehrfache Pfändung einer Geldforderung


Ist eine Geldforderung für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, dem die Forderung überwiesen wurde, verpflichtet, unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten

Zivilprozessordnung - ZPO | § 856 Klage bei mehrfacher Pfändung


(1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vorschriften der §§ 853 bis 855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben. (2) Jeder Gläubiger, für den der Ansp

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Tenor Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentlichen Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sin
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Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. März 2014 - 1 K 848/13 - wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläg

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Tenor

Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentlichen Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am ... geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität ... auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität ... Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Der Kläger nahm den Ruf zum 01.01.1984 an. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt, als Dienstaufgabe wurde ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität übertragen. Mit Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums. In einer zwischen dem Beklagten und dem Kläger geschlossenen „Vereinbarung“ vom 09.12.1998 heißt es in der Präambel, der Kläger sei gemäß § 77a UG aus seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens und der Schulen für nichtärztliche medizinische Berufe zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) wird vereinbart, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor.
Wie sich aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums ... - Landespolizeidirektion - vom 07.01.2008 an den Rektor der Universität ... ergibt, gingen in den Monaten Januar und März 2007 beim Amtsgericht ... zwei anonyme Anzeigen ein, denen zu entnehmen war, dass beim Zustandekommen eines Rahmenvertrages zwischen dem Klinikum ... und der Firma ... (...) Schmiergelder gezahlt worden sein sollen. Als Vorteilsnehmer wurde der Kläger benannt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein. Der Beklagte wurde am 22.03.2007 informiert.
Zwischen dem Beklagten und dem Kläger wurde am 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ (im Folgenden auch „Chefarztvertrag“) geschlossen. In der Präambel heißt es, der Kläger sei an der Universität ... tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Der Beklagte sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 des Dienstvertrags (Dienstverhältnis) wird ausgeführt, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde bestätigt. Das Dienstverhältnis sei bürgerlich-rechtlicher Natur. In § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) heißt es u.a., unberührt blieben die Aufgaben als Universitätsprofessor, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richteten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) ist der Ärztliche Direktor für die medizinische Versorgung der Patienten verantwortlich; ihm obliegen für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft tritt, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft tritt.
Mit Beschluss vom 13.11.2007 ordnete das Amtsgericht ... die Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers an. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Firma ... abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens 5 Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Hierfür habe der Kläger Zuwendungen seitens der Firma ... und ihrer Muttergesellschaft, der Firma ... erhalten. Am 11.12.2007 wurden die Büroräume des Klägers durchsucht. Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger auf, eine ausführliche Stellungnahme zu den im Durchsuchungsbeschluss genannten Vorwürfen abzugeben. Der Kläger führte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.12.2007 aus: Am Abschluss des Rahmenvertrages sei er nicht beteiligt gewesen. Es sei richtig, dass er seit Dezember 2005 diverse finanzielle Mittel erhalten habe, die allerdings nicht aus Mitteln der Firma ... stammten. Die Firma ... sei erst im Sommer 2006 gegründet worden. Die zugewandten Beträge stammten aus Darlehen verschiedener Freunde und von Herrn ..., der ebenfalls ein langjähriger Freund sei. Zwar sei Herr ... Geschäftsführer der Firma ..., die Darlehen, die dieser dem Kläger gewährt habe, hätten aber nichts mit dem Abschluss des Rahmenvertrages zu tun.
Mit Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität ... führte die Landespolizeidirektion u.a. aus: Aufgrund des derzeitigen Ermittlungsstandes sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen und Vorteile im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Firma ... stünden und dass der Kläger der Firma ... durch die Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Der Beklagte forderte den Kläger zur Stellungnahme auf. Der Kläger erwiderte unter dem 18.01.2008, die Firma ... habe einen Vertrag mit der größten Klinikumsgruppe ... abgeschlossen. Im Rahmen dieser geschäftlichen Entwicklung solle sie auch eigene Labore betreiben. Im Zuge dieser „strategischen Ausrichtung“ habe er Herrn ... beraten. Zu keinem Zeitpunkt habe er interne Unterlagen an die Firma ... übermittelt. - Am 22.01.2008 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger über die von der Landespolizeidirektion erhobenen Vorwürfe der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, das Gespräch diene dazu, dass der Beklagte prüfen könne, inwieweit er arbeitsrechtliche Konsequenzen aus den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen ziehen müsse.
Mit „Verdachtskündigung“ vom 24.und 25.01.2008 führte der Beklagte aus, er nehme Bezug auf sein Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 und kündige hiermit den zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Zugleich teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25.01.2008 mit, da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum hiermit beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 30.01.2008, in dem Ruf des MWK vom 17.08.1983 werde ihm zugesichert, dass er das Fach Klinische Chemie und Laborato-riumsmedizin an der Universität ... vertreten dürfe und ihm die Leitung des Zentrallabors der Beklagten übertragen werde. Die Berufungszusage enthalte also auch die Leitung des Zentrallaboratoriums.
Die Staatsanwaltschaft ... erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger. Er wird beschuldigt, Vergehen der Bestechlichkeit in 4 Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2009 forderte der Beklagte den Kläger auf, fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen. Unter dem 20.01.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Das MWK führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 08.02.2010 aus: Die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C 3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum... gem. § 53 LHG. Gegen die Abberufung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
10 
Der Kläger hat die vorliegende Klage bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht ... erhoben. Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht ... den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen. Der Kläger trägt ergänzend vor: Die fristlose Kündigung vom 24. und 25.01.2008 sei unwirksam, da sie nicht fristgerecht i.S. des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden sei. Der Beklagte habe spätestens seit den anonymen Anzeigen Ende Januar 2007 Kenntnis von den Vorfällen. Nach seiner Stellungnahme vom 19.12.2007 hätte der Beklagte spätestens die Verdachtskündigung aussprechen müssen. Die vom Beklagten erhobenen Vorwürfe seien haltlos und rechtfertigten keinen für eine Verdachtskündigung notwendigen dringenden Tatverdacht. Die fristlose Kündigung enthalte keinerlei Begründung. Die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung sei unzureichend gewesen. Ihm sei trotz mehrfachem Nachfragen zu keinem Zeitpunkt Einblick in die ihn angeblich belastenden Unterlagen gewährt worden, so dass eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich gewesen sei. Schließlich sei der Abwägungsvorgang, sofern der Beklagte überhaupt eine Abwägung vorgenommen habe, völlig unzureichend verlaufen. Sozialdaten seien nicht gewürdigt worden. Die Berechnung der ordentlichen Kündigungsfrist sei unzutreffend. Der Beklagte könne vielleicht eine Vergütungsregelung kündigen, nicht aber das zugrundeliegende Dienstverhältnis. Hierfür sei nur das Land Baden-Württemberg zuständig.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
festzustellen, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25. Januar 2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrages vom 24.07.2007 unwirksam sind,
13 
hilfsweise, den Bescheid vom 24. und 25. Januar 2008 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Er führt weiter aus: Ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorlägen, richte sich allein nach § 626 BGB. Unerheblich sei, ob es sich um einen privatrechtlichen Dienstvertrag nach § 611 BGB oder um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handle. Es existiere keine Rechtsgrundlage, die es dem Land Baden-Württemberg erlauben würde, seine Beamten bestimmten Dienststellen anderer, selbständiger juristischer Personen mit zwingender Wirkung zuzuweisen. Zwar sei der Kläger gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, beim Beklagten Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens zu erfüllen. Dem stehe jedoch keine Pflicht des Beklagten gegenüber, ihn mit diesen Aufgaben zu betrauen. Somit komme es für die Frage, ob der Kläger seine ihm vom Beigeladenen übertragenen Dienstpflichten erfüllen könne, darauf an, dass ihm die Möglichkeit der Beschäftigung beim Beklagten durch einen entsprechenden Dienstvertrag eröffnet werde. Abgesehen davon werde das dem Kläger verliehene Amt und damit seine statusrechtliche Stellung als Beamter von der Kündigung des Dienstvertrages nicht berührt. Sofort nach Kenntnisnahme vom Schreiben der Landespolizeidirektion vom 07.01.2008 (am 14.01.2008) habe er den Kläger aufgefordert, sich zu den neuen Vorwürfen zu äußern. Unmittelbar nach Zugang des Schreibens des Klägers vom 18.01.2008 sei es am 22.01.2008 zu einem Gespräch über die erhobenen Vorwürfe gekommen. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, Akteneinsicht könne nicht gewährt werden, der Beklagte sei selbst nicht im Besitz der strafrechtlichen Ermittlungsakten und habe in diese auch noch keine Einsicht genommen. Die gegen den Kläger sprechenden Verdachtsmomente hätten sich in einer Weise erhärtet, dass das erforderliche Vertrauen zerstört sei. Jedenfalls bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine vertraglichen Pflichten nach § 2 Abs. 4 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 in grobem Maße verletzt habe. Nach dieser vertraglichen Bestimmung habe er über interne Angelegenheiten des Universitätsklinikums Stillschweigen zu bewahren. Die erforderliche Interessenabwägung falle ohne weiteres zu Lasten des Klägers aus. Auch unter Berücksichtigung der schlechten finanziellen Lage des Klägers sei eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen. Nach der Stellungnahme vom 19.12.2007 seien die Verdachtsmomente noch nicht hinreichend konkretisiert gewesen, auch habe der Kläger noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen persönlich zu äußern. Aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB folge, dass die Angabe von Gründen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche Kündigung sei.
17 
Der Beigeladene beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Dem Gericht liegen Akten des Beklagten und des Beigeladenen, die Akten des Arbeitsgerichts .../... sowie die Akten des Verwaltungsgerichts .../... und .../... vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Gründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. Februar 2010 - 3 K 2749/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Kündigung seines Chefarztvertrags.
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am 04.01.1947 geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität Freiburg auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität Freiburg. Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt. Als Dienstaufgabe wurden ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 64 UG übertragen. Mit weiterem Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums.
Nach der Verselbständigung der Universitätsklinika in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Hochschulmedizinreformgesetz schlossen der Beklagte und der Kläger am 09.12.1998 eine „Vereinbarung“. In deren Präambel ist festgehalten, der Kläger sei als Universitätsprofessor verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) heißt es, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor. Die unmittelbare Liquidation für in Nebentätigkeit für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchgeführte Untersuchungen war in § 5 der Vereinbarung geregelt. Nachdem es hinsichtlich des vom Kläger insoweit zu entrichtenden Nutzungsentgeltes zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien gekommen war, entzog ihm der Beklagte - in gewissem Umfang - die Befugnis zur Privatliquidation mit Wirkung vom 01.03.2004.
An die Stelle der vorgenannten Vereinbarung trat unter dem 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ zwischen denselben Beteiligten. In dessen Präambel ist ausgeführt, der Kläger sei an der Universität Freiburg tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Die Berechtigung, in Nebentätigkeit Untersuchungen für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchzuführen und von diesen hierfür ein Honorar zu fordern, sei mit Wirkung vom 01.03.2004 beendet worden. Das Universitätsklinikum sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 (Dienstverhältnis) heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“ (Absatz 1). Nach § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) bleiben die Aufgaben als Universitätsprofessor unberührt, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) obliegen dem Ärztlichen Direktor für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft trete, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft trete. Ferner sind dort Bestimmungen zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung sowie über die Vertragsbeendigung im Falle der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses, der Versetzung in den Ruhestand oder eines beamtenrechtlichen Verbots zur Führung der Dienstgeschäfte aufgenommen.
Bereits im Januar 2007 war der Kläger in einem anonymen Schreiben an den Beklagten der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit bezichtigt worden. Im Rahmen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens erfolgte aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Freiburg vom 13.11.2007 am 11.12.2007 eine polizeiliche Durchsuchung am Universitätsklinikum. Nach dem Stand der damaligen Ermittlungen war am 01.09.2006 zwischen dem Beklagten und der ............... (Fa. ...) ein fünfjähriger Rahmenvertrag abgeschlossen worden, in dem sich der Beklagte verpflichtete, den gesamten Bedarf an Ausrüstungen und Einrichtungen sowie sämtliche Betriebsmittel für seine Labore über die Fa. ... zu beziehen (Umsatzvolumen: mindestens 25 Mio. EUR). Dem Kläger wurde u.a. vorgeworfen, seine Funktion als Ärztlicher Direktor dazu genutzt zu haben, die Auftragsvergabe zu vermitteln, wofür er finanzielle Zuwendungen vom Geschäftsführer der Fa. ... erhalten habe, mit dem zusammen der Kläger Gesellschafter einer „......... Management GmbH“ mit dem Geschäftszweck „Verwaltung des eigenen Vermögens“ war.
Auf die Aufforderung des Beklagten in einem Schreiben vom 14.01.2008 nahm der Kläger zu den Vorwürfen unter dem 18.01.2008 Stellung. Am 22.01.2008 fand beim Beklagten „zur Prüfung arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ ein Gespräch mit dem Kläger statt.
Mit gleich lautenden Schreiben vom 24. und 25.01.2008 sprach der Beklagte eine „Verdachtskündigung“ aus: Unter Bezugnahme auf das Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 kündige er hiermit den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Im Begleitschreiben vom 28.01.2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, mit der Kündigung sei er „sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben“. Die kommissarische Leitung der Abteilung übertrage der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Professor Dr. W. Da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Mit Schriftsatz vom 30.01.2008 bat der Kläger um Mitteilung der rechtlichen Grundlagen, die den Beklagten dazu berechtigten, die verbindliche Berufungszusage des Ministeriums vom 17.08.1983 zunichte zu machen. In einer Stellungnahme des Klinikumsvorstands vom 01.02.2008 heißt es hierzu, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors sei durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2008 (richtig: 2007) auf eine neue Basis gestellt worden. Die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das MWK sei damit überholt gewesen. Allein aufgrund dieses Chefarztvertrages habe er die Leitung des Zentrallabors inne gehabt. Mit Kündigung des Chefarztvertrags sei ihm diese Leitung entzogen und seien alle rechtlichen Beziehungen zwischen Kläger und Klinikum beendet worden.
Unter dem 12.02.2008 ordnete der Rektor der Universität disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Kläger an. Unter dem 21.07.2008 leitete des MWK ein förmliches Disziplinarverfahren ein und forderte nach Inkrafttreten des Landesdisziplinargesetzes am 22.10.2008 den Rektor der Universität unter dem 05.01.2009 auf, das Disziplinarverfahren fortzusetzen. Mit Schreiben vom 19.02.2009 setzte der Rektor das Verfahren gemäß § 13 LDG bis zu einer Entscheidung der Strafermittlungsbehörden aus.
10 
Mit Schreiben vom 25.02.2009 teilte das MWK dem Kläger mit, aufgrund der Darlegungen im Anhörungsverfahren und nach derzeitigen Erkenntnissen gehe man davon aus, dass unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG nicht auszusprechen sei. Wie sich die Angelegenheit gegenwärtig darstelle, lägen keine Gründe vor, die den Erlass eines entsprechenden Verbots zwingend erforderten, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden.
11 
Mit Schreiben vom 26.05.2009 stellte der Kläger beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) einen „Antrag auf Wahrnehmung der Fürsorgepflicht“, mit dem er u. a. die Wiedereinsetzung in die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung begehrte. Das MWK leitete diesen Antrag an die seiner Auffassung nach zuständige Universität weiter.
12 
Nachdem eine gütliche Einigung der Beteiligten über eine Beurlaubung des Klägers und seinen anschließenden Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand gescheitert war, wies der Dekan der Medizinischen Fakultät mit Schreiben vom 10.06.2009 den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs an, im laufenden Sommersemester 2009 bestimmte Lehrveranstaltungen abzuhalten. Den hiergegen gerichteten Eilantrag wies das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 29.06.2009 (1 K 1011/09) zurück.
13 
Die Staatsanwaltschaft Freiburg erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger zum Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg. Er wird beschuldigt, im Zusammenhang mit Verträgen über Laborbedarf Vergehen der Bestechlichkeit in vier Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben. Gegenüber zugleich angeklagten weiteren Personen wurde das Verfahren im November 2009 gegen Auflagen eingestellt. Mit Beschluss vom 06.12.2010 legte das Schöffengericht die Akten gemäß § 209 Abs. 2 StPO der Großen Strafkammer des Landgerichts Freiburg zur Entscheidung vor. Eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens steht noch aus.
14 
Auf eine Anfrage des Verwaltungsgerichts teilte das MWK unter dem 31.08.2009 mit, das Ministerium beabsichtige, die Universität aufzufordern, das Verfahren zur Änderung der Funktionsbeschreibung der Professur des Klägers sowie seiner Dienstaufgaben mit dem Ziel der Entziehung der Leitung des Zentrallabors einzuleiten und das Universitätsklinikum anzuweisen, die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie vorzunehmen. Ferner würden Universität und Beklagter angewiesen, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger amtsangemessen beschäftigt werde und seine Dienstaufgaben in Forschung und Lehre sowie in der Krankenversorgung wahrnehme.
15 
Mit Schreiben vom 17.09.2009 unterrichtete die Universität den Kläger darüber, dass ihm der Fakultätsvorstand - in Ergänzung der bereits zur Verfügung gestellten Labor- und Büroräume - ein Sachmittelbudget in Höhe von jährlich 15.000 EUR und Personalmittel in Form von 2,5 Stellen zugewiesen habe.
16 
In seiner Sitzung vom 28.09.2009 fasste der Vorstand des Beklagten u.a. folgenden Beschluss:
17 
1. Der Dienstvertrag/Chefarztvertrag vom 24.07.2007 mit Herrn Professor Dr. ... wird vom Universitätsklinikum hinsichtlich der Rechte und Pflichten, die nicht seiner Beamtenstellung innewohnen, vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt. Die Kündigung betrifft die mit dem Dienstvertrag bestätigte Stellung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten. An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten. Das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät hierzu wird unverzüglich eingeholt.
2. …
3. …
18 
Am 30.09.2009 beschloss der Vorstand der Medizinischen Fakultät, hierzu das „erforderliche Einvernehmen in der vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
19 
Mit Schreiben vom 30.09.2009 kündigte der Beklagte den Dienstvertrag mit dem Kläger vom 24.07.2007 vorsorglich erneut zum nächstmöglichen Termin (31.03.2010), soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung betreffe. Auch gegen diese Kündigung erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg (1 K 1803/10). Mit Beschluss vom 19.12.2010 setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Blick auf das hiesige Berufungsverfahren aus.
20 
Nach Durchführung des entsprechenden hochschulinternen Verfahrens beantragte die Universität unter dem 17.12.2009 beim MWK, die bisherige Funktionsbeschreibung der Professur des Klägers zu ändern. Das MWK gab dem Antrag der Universität statt und führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 09.02.2010 aus, die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum Freiburg.
21 
Unter dem 20.01.2010 hatte das Universitätsklinikum dem Kläger mitgeteilt, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Hiergegen und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
22 
Bereits mit Schriftsatz vom 22.12.2009 hatte der Vorstand des Beklagten den Kläger aufgefordert, nach Zuweisung personeller und sachlicher Grundausstattung fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen.
23 
Gegen die Kündigung des Dienstvertrags vom 24./25.01.2008 hatte der Kläger bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht Freiburg Klage erhoben (11 Ca 84/08). Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen.
24 
Der Kläger hat die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen und der ordentlichen Kündigung, hilfsweise die Aufhebung des „Bescheids vom 24. und 25.01.2008“ begehrt. Mit Urteil vom 24.02.2010 (3 K 2749/08) hat das Verwaltungsgericht Freiburg festgestellt, dass die mit Schreiben vom 24.01. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind. Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung habe es in formell-rechtlicher Hinsicht am erforderlichen Einvernehmen des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät gefehlt. Das Einvernehmenserfordernis sichere gegenüber dem verselbständigten Beklagten die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht komme schützende Wirkung zu Gunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu. Ob die Kündigung auch deshalb unwirksam sei, weil der Beklagte nicht befugt sei, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden, bleibe offen.
25 
Hiergegen hat der Beklagte die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:
26 
Die Kündigung sei formell rechtmäßig. Sie habe weder zu einem Eingriff in das statusrechtliche noch in das abstrakt-funktionelle Amt des Klägers geführt. Daran ändere auch nichts, dass dem Kläger durch Einweisungserlasse des Dienstherrn die Leitungsfunktion zugewiesen worden sei. Ihm sei das statusrechtliche Amt eines Universitätsprofessors und das abstrakt-funktionelle Amt eines Universitätsprofessors an der Universität Freiburg und nicht die Leitung des Zentrallabors bzw. der Abteilung Klinische Chemie zugewiesen. Im Übrigen liege ein Eingriff in das abstrakt-funktionelle Amt auch deshalb nicht vor, weil die Kündigung nicht zu einem Entzug der Leitungsfunktion und zu einer Entbindung von Aufgaben der Krankenversorgung geführt habe. Die im Begleitschreiben vom 28.01.2008 erwähnten Maßnahmen seien nicht Gegenstand der Kündigungserklärung und deshalb auch nicht des vorliegenden Prozesses. Es handele sich um die Kündigung flankierende selbständig anfechtbare Vollzugsmaßnahmen, die Gegenstand gesonderter Rechtsbehelfsverfahren seien. Die Leitungsfunktion und die Aufgaben in der Krankenversorgung seien ihm nicht durch die Kündigung, sondern durch andere selbständig anfechtbare Maßnahmen entzogen worden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts setze die Kündigung des Chefarztvertrags die Abberufung des Klägers nicht voraus. Neben das Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg und neben die Bestellung zum Abteilungsleiter trete der Chefarztvertrag als dritte Rechtsebene. Weder der Chefarztvertrag vom 09.12.1998 noch der Chefarztvertrag vom 24.07.2007 hätten den Kläger zum Abteilungsleiter bestellt. Dies belege der Inhalt dieser Verträge. Die Hauptbedeutung des Vertrags bestehe darin, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Die Funktion als Abteilungsleiter sei nicht zwingend mit den Rechten aus dem gekündigten Chefarztvertrag verbunden. Die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung sei Bestandteil des abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor. Die Kündigung habe nur dazu geführt, dass die Konkretisierung dieser Aufgaben durch den Chefarztvertrag entfallen sei. Die Aufgabe selbst und ihre Wahrnehmung seien von der Kündigung unberührt geblieben. Die Erklärung des Einvernehmens der medizinischen Fakultät gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. sei nicht erforderlich gewesen. Durch die Kündigung vom 24./25.01.2008 sei dem Kläger die Funktion als Abteilungsleiter nicht vollständig entzogen worden und es habe sich daher nicht um eine Abberufung gehandelt. Die Parteien hätten mit dem Chefarztvertrag eine von der Stellung des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelung treffen wollen. Die Kündigung habe sich auf die Rechtspositionen des Klägers bezogen, die sich nicht unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis und der Übertragung der Abteilungsleitung ergeben hätten. Dies gelte etwa für den Vergütungsanspruch in § 8, der nicht aus der Bestellung zum Abteilungsleiter folge, sondern sich aus dem Chefarztvertrag ergebe. Wie § 5 des Chefarztvertrags vom 09.12.1998 belege, setze die Liquidationsbefugnis wie die daraus folgenden Ansprüche die Bestellung zum Abteilungsleiter voraus, sie folge aber nicht aus ihr. Der Chefarztvertrag sei unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar, wobei die Kündigung nur das Nebenamt und nicht das Hauptamt betreffe. Selbst wenn man davon ausginge, dass in der Kündigung des Chefarztvertrags zugleich die Abberufung von der Abteilungsleitung liege, wäre der angebliche Verfahrensmangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG geheilt. Der Vorstand des Beklagten habe in seiner Sitzung vom 28.09.2009 u. a. beschlossen, an der Kündigung vom 24.01.2008 festzuhalten. Der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät habe in seiner Sitzung vom 30.09.2009 das Einvernehmen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG erteilt. Die Kündigung des Chefarztvertrags habe keine Auswirkungen auf die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit des Klägers gehabt. Die Leitungsfunktion sei dem Kläger erst durch die Abberufung von der Abteilungsleitung mit Schreiben vom 20.01.2010 entzogen worden. Im Übrigen sei die Tätigkeit als Leiter der Abteilung Klinische Chemie mit der Ernennung zum Universitätsprofessor weder zwingend verbunden noch garantiert. Deshalb berühre der unterstellte Entzug der Leitungsfunktion für das Zentrallabor nicht die Wissenschaftsfreiheit des Klägers als Universitätsprofessor aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung präge die amtsangemessene Beschäftigung des Klägers und sei Bestandteil des abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor. Diese Gewährleistungen würden indes durch die Kündigung des Chefarztvertrages nicht berührt. Selbst wenn die Kündigung zum Entzug der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung geführt hätte, wäre sie allenfalls teilweise unwirksam. Denn sie habe keine Auswirkungen auf die Tätigkeit des Klägers in Forschung und Lehre gehabt. Mit Schreiben vom 17.09.2009 habe der Dekan der medizinischen Fakultät dem Kläger in Ergänzung zu den ihm bereits zugewiesenen Labor- und Büroräumen Personal zugeteilt und ihm ein jährliches Sachmittelbudget in Höhe von 15.000,-- EUR (für das Jahr 2009: 7.500,-- EUR) zur Verfügung gestellt. Zur Erfüllung seiner persönlichen Lehrverpflichtung im Wintersemester 2009/2010 habe er ihm bestimmte Lehrveranstaltungen zugewiesen. Die Zuweisung angemessener Räume und die Sach- und Personalmittelzuweisung seien Gegenstand gerichtlicher Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Der Kläger nehme seit Sommersemester 2009 wieder Aufgaben in der Lehre wahr. Die außerordentliche wie auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung seien auch materiell rechtmäßig gewesen.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
29 
Der Kläger beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, für eine Kündigung, wie sie ihm gegenüber ausgesprochen worden sei, fehle dem Beklagten die Zuständigkeit. Mit dem unter dem Deckmantel einer arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung ausgesprochenen Verbot der Wahrnehmung jeglicher Aufgaben in der Krankenversorgung sei von einem unzuständigen Organ sein statusrechtliches bzw. abstrakt-funktionelles Amt derart beschnitten worden, dass eine amtsgemäße Verwendung nicht mehr gegeben sei. Unter Verletzung der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit sei ihm die Möglichkeit gänzlich genommen worden, patientennahe klinische Forschungsarbeiten weiterzuverfolgen und durchzuführen, da das Verbot der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung ein Verbot, die Forschungsräume und das Zentrallabor zu betreten, mit umfasse. Es liege auf der Hand, dass sich seine Forschungstätigkeit mit den ihm später zugewiesenen Mitteln nicht mehr auf die gesamte Breite des von ihm vertretenen Fachs erstrecken könne. Da der Beklagte ihm auch das Recht zum Betreten des Klinikums verwehrt habe, wo die Lehrveranstaltungen abgehalten würden, sei er auch aus dem Lehrbetrieb ausgeschlossen worden. Erst mit Verfügung vom 08.05.2009 sei er verpflichtet worden, eine fremdorganisierte und rein praktisch ausgerichtete Lehrveranstaltung abzuhalten. Als verbeamteter Hochschullehrer habe er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, amtsgemäß beschäftigt zu werden. Selbst nach dem Vortrag des Beklagten sei er indes beinahe zwei Jahre von der Krankenversorgung ausgeschlossen worden. Bei der ihm auferlegten Befundtätigkeit im sog. Lipid-Labor handle es sich um eine medizinisch unangebrachte, gefährliche und schikanierende Pseudo-Tätigkeit, nur um in dem hier vorliegenden Rechtsstreit vortragen zu können, dass er noch Aufgaben in der Krankenversorgung habe. Durch den Einweisungserlass vom 09.07.1990 sei auch die Leitung der Abteilung Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums am Klinikum als zu seinem statusrechtlichen und abstrakt- funktionellen Amt gehörend erklärt worden. Seit Entzug seines bisherigen Aufgabenbereichs habe er nicht mehr in ausreichender Weise Zugang zu Patienten, so dass die Ausbildung von Assistenten unmöglich sei. Da zudem seine Forschungstätigkeit vereitelt werde, werde ihm u.a. die Aufrechterhaltung seiner wissenschaftlichen Qualifikation unmöglich gemacht. Klinische prospektive Studien könne er ohne direkten Zutritt zu den Räumen des Zentrallabors nicht durchführen. Selbst wenn man die Leitungsfunktion nicht dem Statusamt zuordne, sei diese wenigstens als Amt im abstrakt-funktionellen Sinne zu verstehen. Denn die Leitungsfunktion sei ihm durch gesonderte Verfügungen des Dienstherrn zunächst am 22.02.1984 und später am 01.07.1990 auf Dauer zugewiesen worden. Durch die Kündigung sei ihm die Leitungsfunktion endgültig entzogen worden und folglich sein Recht auf amtsangemessene Beschäftigung im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Auch wenn man lediglich einen Eingriff in das konkret-funktionelle Amt annehme, sei die Kündigung nicht als rechtmäßig zu qualifizieren. Als Leiter einer Institution der mittelbaren Krankenversorgung habe er keinen direkten Patientenkontakt, so dass das Vertrauen der Öffentlichkeit bzw. der Patienten in die Kompetenz und Integrität der leitenden Ärzte durch die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag nicht zum Tragen kämen. Der Dienstherr habe festgestellt, dass sich die Vorwürfe gegen ihn nicht zweifelsfrei bestätigt hätten und deshalb von einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG abgesehen werde. Der Vortrag des Beklagten, die Kündigung des Chefarztvertrages habe die Abteilungsleitung unberührt gelassen, sei unschlüssig und unzutreffend. Da die Dienstaufgaben eines Hochschullehrers aus dem Fachbereich Medizin in Form von Lehre, Forschung und Krankenversorgung untrennbar miteinander verknüpft seien, stelle der dauerhafte Ausschluss aus der Krankenversorgung regelmäßig eine Verletzung des Statusamts dar. Der Beklagte selbst habe ausgeführt, dass die Abberufung von der Abteilungsleitung nur durch einen widerrufenden Verwaltungsakt der zuständigen Behörde, dem MWK, und unter den Voraussetzungen der dafür im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgesehenen Vorschriften hätte erfolgen dürfen. Der Beklagte verkenne, dass der Chefarztvertrag als öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Rechte und Pflichten zu sehen sei, die erst durch die Bestellung zum Abteilungsleiter begründet würden. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch das MWK der Ansicht, dass das Recht zur Privatliquidation automatisch mit der Bestellung zum Abteilungsleiter verbunden sei. § 5 Abs. 1 Nr. 2 HNTVO zeige, dass die Liquidationsbefugnis entgegen der Ansicht des Beklagten sehr wohl mit der Abteilungsleitung verbunden sei. Für die Frage, ob eine staatliche Maßnahme das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit verletze, komme es nicht auf die Gestalt oder Form, sondern auf die Auswirkungen des staatlichen Eingriffs an. Da die Kündigung mit dem dauerhaften Verbot jeglicher Tätigkeit in der Krankenversorgung und einem Ausschluss aus Forschung und Lehre einhergegangen und dem Regelungsgehalt nach auch als Abberufung von der Abteilungsleitung anzusehen sei, sei vom Einvernehmenserfordernis des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG auszugehen. Einer Heilung seines Fehlens über § 45 LVwVfG stehe entgegen, dass diese Vorschrift nur für bloße Verfahrensvorschriften gelte. Bei dem Einvernehmenserfordernis des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG handle es sich indes um eine mit Sicherungsfunktion ausgestattete Verfahrensvorschrift, die einen individualgrundrechtlichen Schutz der Wissenschaftsfreiheit des medizinischen Hochschullehrers konstituiere und deshalb dem materiellen Recht zuzuordnen sei.
32 
Die streitgegenständliche Kündigung sei auch materiell rechtswidrig. Obwohl sie einen Eingriff in das Statusamt, zumindest aber in das abstrakt-funktionelle Amt darstelle, fehle es für den Entzug der Leitungsfunktion und den Entzug der Dienstaufgaben an einer Ermächtigungsgrundlage. Dadurch sei er in seinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 GG und Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Weder § 11 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 noch § 626 BGB stellten eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die kündigungsbedingten Grundrechtseingriffe dar. Im Übrigen lägen objektive tatsächliche Anhaltspunkte, die einen dringenden Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schwerwiegenden Vertragsverletzung begründeten, nicht vor. Aber auch die weitere Voraussetzung, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, könne mit Blick auf die Ansicht des Beklagten, durch die Kündigung sei vor allem seine Aufgabe in der Krankenversorgung wie auch die Leitungsfunktion unberührt geblieben, nicht angenommen werden. Durch die Kündigung seien ihm sowohl die Abteilungsleitung als auch sämtliche Aufgaben in der Krankenversorgung entzogen worden. Selbst nach der Rechtsauffassung des Beklagten wäre dies nur im Wege eines Verwaltungsakts möglich, so dass an dem Hilfsantrag festgehalten werde.
33 
Das beigeladene Land beantragt ebenfalls,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Es führt aus, dass die in den Chefarztverträgen geregelte Krankenhausliquidation eine anders ausgestaltete Form der allgemein genehmigten Nebentätigkeit im Sinne des § 5 HNTVO darstelle. Dieses Recht zur Privatliquidation sei automatisch mit der Bestellung zum Abteilungsleiter verbunden. Am 24.07.2007 hätten das Universitätsklinikum Freiburg und der Kläger einen Chefarztvertrag abgeschlossen, in dem er sein Recht zur Privatliquidation auf das Universitätsklinikum übertragen habe. In der Folgezeit sei eine Klinikliquidation durch das Universitätsklinikum Freiburg erfolgt. Die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen des Chefarztvertrages bemesse sich danach, ob ein Kündigungsgrund gemäß § 11 des Chefarztvertrages vorgelegen habe. Die Stellung als Abteilungsleiter werde von der Kündigung des Chefarztvertrages nicht berührt. Sie umfasse das gesamte Spektrum der Aufgaben des Professors auch in Forschung und Lehre und in den in der Einweisungsverfügung übertragenen Grundaufgaben in der Krankenversorgung über den Chefarztvertrag hinaus. Der Chefarztvertrag umfasse ergänzend nur bestimmte Aspekte in der Krankenversorgung als Institut zur Ablösung des Liquidationsrechts, insbesondere Fragen der Vergütung, Behandlung der Privatpatienten und der Durchführung von Leitungsaufgaben an der Klinik. Die Stellung als Abteilungsleiter könne nur durch Abberufung gemäß den gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Im Chefarztvertrag sei lediglich die nähere Ausgestaltung der Aufgaben im Bereich der Krankenversorgung des Universitätsklinikums im vorgenannten Sinne vorgenommen worden. Das Beamtenverhältnis zum Land könne nicht durch einen Chefarztvertrag des rechtlich selbständigen Universitätsklinikums Freiburg verändert werden, zuständig dafür wäre der Minister als Dienstvorgesetzter der Professoren.
36 
Mit Beschluss vom 15.07.2010 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den auf Zutrittgewährung zum Zentrallabor oder anderweitig angemessene Mittelausstattung sowie Verschaffung einer Möglichkeit zur Teilnahme an der Krankenversorgung gerichteten Eilantrag abgelehnt (1 K 2586/09). Der hiergegen erhobenen Beschwerde hat der Senat teilweise stattgegeben (9 S 1984/10).
37 
Am 30.12.2011 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Zahlungsklage wegen der ihm im Jahre 2008 aus dem Chefarztvertrag zustehenden Vergütung erhoben (1 K 2594/11). Mit Beschluss vom 27.02.2012 ist das Klageverfahren bis zur unanfechtbaren Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden.
38 
Am 31.03.2012 ist der Kläger wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten.
39 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg zu den Verfahren 3 K 2749/08 (einschließlich der dort beigezogenen Akten des Beklagten <3 Leitzordner> und des beigeladenen Landes , 1 K 2594/11 und 1 K 1803/10 ebenso vor wie die Akten der Beschwerdeverfahren 9 S 1948/10 und 9 S 3387/11 und des Verfahrens auf Zulassung der Berufung 9 S 2596/10 (einschließlich der dort vorgelegten Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg 3 K 1412/08 und1 K 2104/03). Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage des Klägers ist mit dem Hauptantrag zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.
41 
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs war vom erkennenden Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass auch er von einem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24.07.2007 und damit auch des vorliegenden Rechtsstreits ausgeht. Der zwischen dem als juristischer Person des öffentlichen Rechts konstituierten Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält materiell insbesondere die Konkretisierung der dem Kläger als beamteten Hochschulprofessor durch das Landeshochschulgesetz übertragenen Dienstaufgaben (vgl. § 53 Abs. 1 LHG sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/08 -, Juris Rn. 20). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ausgegangen. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des Dienstvertrags betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dem Kläger kann auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Zwar ist er wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs am 31.03.2012 in den Ruhestand getreten (vgl. § 25 Beamtenstatusgesetz - BeamtenStG - i.V.m. Art. 62 § 3 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27.10.2010 i.V.m. § 49 Abs. 4 Satz 1 LHG). Deshalb hat der Dienstvertrag jedenfalls mit der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses gemäß dessen § 11 Abs. 4 1. Spiegelstrich sein Ende gefunden. Da indes von der Wirksamkeit der im Januar 2008 erklärten Kündigung des Dienstvertrags abhängt, ob dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten gemäß § 8 des Dienstvertrags mehr zustanden, begegnet sein Feststellungsinteresse keinen Zweifeln (vgl. die beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Zahlungsklage 1 K 2594/11). Auch § 43 Abs. 2 VwGO hindert die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht. Die Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit Gestaltungswirkung, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Derartige rechtsgeschäftliche Erklärungen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen sind keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 136 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 49/04 -, NVwZ 2006, 703, 704).
42 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG war entbehrlich. Denn bei der gegen den Beklagten gerichteten Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Der Kläger steht in keinem Beamtenverhältnis zum Beklagten. Auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika bleiben Professoren des Medizinischen Fachbereichs weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika im Sinne des § 11UKG (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
43 
2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Sowohl die außerordentliche als auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 sind unwirksam.
44 
Beide Kündigungen sind bereits in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie verstoßen gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. (a). Die Kündigung des Dienstvertrags erforderte das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg (aa). Dieses lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung nicht vor und der Mangel ist auch nicht durch eine Nachholung der erforderlichen Mitwirkung geheilt worden (bb). Unabhängig davon ergibt sich die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen daraus, dass dem Beklagten die Zuständigkeit fehlte, mit der Kündigung einen umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung auszusprechen (b). Mit der Kündigung wurden dem Kläger auch seine Aufgaben in der mittelbaren Krankenversorgung entzogen (aa). Hiermit hat der Beklagte seine Zuständigkeit überschritten (bb). Eine teilweise Unwirksamkeit der Kündigungen kommt nicht in Betracht (c).
45 
a) Die streitgegenständlichen Kündigungen sind bereits wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. unwirksam.
46 
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Universitätsklinika-Gesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 15.09.2005 (GBl. 2005, S. 625) - UKG a.F. - (= § 7 Abs. 1 Satz 2 UKG in der Fassung des Gesetzes vom 07.02.2011, GBl. 2011 S. 47 - UKG n.F. -) ist bei der Errichtung, Aufhebung und Veränderung von Abteilungen, der Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern sowie den allgemeinen Regelungen der Organisation des Universitätsklinikums das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich.
47 
Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Kläger begegnet keinen Bedenken. Die Regelung galt als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UKG bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1998 (Art. 7 Abs. 1 des Hochschulmedizinreform-Gesetzes vom 24.11.1997, GBl. S. 474). Dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Personen erstreckt, die - wie der Kläger - bereits vor dem 01.01.1998 zum Leiter einer Abteilung bestellt worden waren, lässt sich nicht feststellen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 27) sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelung nur die Abberufung von Abteilungsleitern erfasst, deren erstmalige Bestellung nach dem 01.01.1998 erfolgte.
48 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung lagen vor. Zwar ist eine ausdrückliche Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter nicht erfolgt. Eine Auslegung des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 24./25.01.2008 ergibt indes, dass mit der Kündigung des Dienstvertrags durch den Beklagten auch eine Abberufung des Klägers von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie verbunden war.
49 
Auch die Auslegung der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung. Es kommt darauf an, wie der Kündigungsadressat die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auffassen muss (§ 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB; zur Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1990 - 4 C 21/89 -, BVerwGE 84, 258; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rn. 12; zur Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, § 133 Rn. 9 m.w.N.; speziell zur Auslegung von Kündigungserklärungen Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 2002, § 123 Rn. 38). Ausgehend hiervon hat der Senat keine Zweifel daran, dass mit der ausgesprochenen Kündigung - entgegen der Ansicht des Beklagten und des beigeladenen Landes - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in umfassender Weise beendet werden sollten, der Kläger insbesondere von der Abteilungsleitung abberufen werden sollte.
50 
Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 24./25.01.2008 bezogen sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung auf „den Chefarztvertrag vom 24.07.2007“. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte lediglich bestimmte Teile dieses Vertrags hat kündigen wollen, enthält das Kündigungsschreiben nicht. Da ein wesentliches Element der Vereinbarung vom 24.07.2007 die rechtlich verbindliche Beibehaltung der Übertragung der Leitung der Abteilung Klinische Chemie im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger war, stellt sich die Kündigung der Vereinbarung auch als Abberufung von der Abteilungsleitung dar. Das ergibt sich aus Folgendem:
51 
Bei den in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. aufgeführten Handlungen des Klinikums handelt es sich um rein organisatorische Maßnahmen, für die weder das Gesetz noch die Satzung des Klinikums (vgl. § 13 Abs. 2) eine bestimmte Form, etwa die eines Verwaltungsakts, vorschreibt. Demgemäß bestehen keine Bedenken, eine derartige Maßnahme, wie etwa die hier gegenständliche Bestellung des Abteilungsleiters, in den Inhalt einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger aufzunehmen (zu dieser Zielrichtung der Chefarztverträge nach der sog. „Kombinationslösung“ siehe unten S. 24 f.). Dies ist in § 1 Absatz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 geschehen. Dort heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist diese Erklärung nicht allein deklaratorischer Natur. Vielmehr bringt der Beklagte damit zum Ausdruck, dass er in rechtsverbindlicher Weise an der - bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 09.12.1998 (vgl. deren § 1) von dem Beklagten vorgenommenen - Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhält. Für einen konstitutiven Charakter spricht insbesondere, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht nur nachrichtlich in der Präambel erwähnt, sondern explizit zum Gegenstand der Eingangsbestimmung des Dienstvertrags gemacht wird. Mit Blick auf den vom Beklagten erhobenen Einwand, Chefarztvertrag und Bestellung zum Abteilungsleiter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. seien rechtlich zu trennen, ist dabei von Bedeutung, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht lediglich im Rahmen der vertraglichen Regelungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten (vgl. §§ 2 ff. des Dienstvertrags) angesprochen wird. Während deren schuldrechtlicher Charakter dort durch entsprechende Formulierungen (z.B. „ist verpflichtet“, „obliegt“, „dürfen“, “sorgt für“, „stellt sicher“ usw.) verdeutlicht wird, spricht die hiervon deutlich abweichende Ausdrucksweise („wird hiermit bestätigt“) in § 1 Abs. 1 des Vertrags für den verfügenden Charakter der Erklärung zur Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters. Mithin ist davon auszugehen, dass sich der Dienstvertrag vom 24.07.2007 aus einem verfügenden (§ 1 Abs. 1) und einem verpflichtenden Teil zusammensetzt. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die damals vom Beklagten selbst vertretene Rechtsauffassung. In seinem Schreiben vom 01.02.2008 hat der Klinikumsvorstand ausgeführt, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien „durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden“ und der Kläger habe „allein aufgrund dieses Chefarztvertrags“ die Leitung des Zentrallabors inne.
52 
Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 haben die Beteiligten im Übrigen deutlich gemacht, dass die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor (Leiter) der Abteilung Klinische Chemie Ausgangspunkt und Grundbedingung des gesamten Dienstvertrags sein sollte. Jede der nachfolgenden Regelungen in den §§ 2 bis 10 des Vertrags über die gegenseitigen Rechte und Pflichten knüpft an den „Ärztlichen Direktor“ an, dessen Funktion in der vorangestellten Bestimmung des § 1 Abs. 1 (ausschließlich) dem Kläger zugewiesen wird. Dies belegt - auch mit Blick darauf, dass die Vereinbarung eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter nicht vornimmt -, dass die Vertragspartner auf diese Weise mit der verfügenden Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags die übrigen - schuldrechtlichen - Bestimmungen des Dienstvertrags derart mit der Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter verknüpfen wollten, dass beide Teile des Vertrags in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhingen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 139 Rn. 7; zur Verknüpfung der organisationsrechtlichen Bestellung mit dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bei Organen juristischer Personen des Bürgerlichen Rechts vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB § 27 Rn. 8). Dass aufgrund dieses Junktims eine den gesamten Dienstvertrag erfassende Kündigung zwangsläufig als Abberufung auf die Stellung als Abteilungsleiter „durchschlägt“, entspricht im Übrigen der authentischen Interpretation durch den Beklagten. So heißt es in dem der Kündigung vorgehefteten Begleitschreiben des Klinikumsvorstandes vom 25.01.2008, dass der Kläger „mit der Kündigung des Chefarztvertrags“ sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben sei und die kommissarische Leitung der Abteilung der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Prof. Dr. W. übertragen werde. Im erläuternden Schreiben vom 01.02.2008 führt der Klinikumsvorstand aus, „mit Kündigung des Chefarztvertrags durch das Universitätsklinikum“ sei ihm die - allein aufgrund des Chefarztvertrags innegehabte - Leitung (des Zentrallabors) entzogen. Dass auch diese außerhalb des Wortlauts der auszulegenden Kündigungserklärung und des Dienstvertrags liegenden Umstände bei deren Interpretation ergänzend heranzuziehen sind, entspricht allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 15 ff.).
53 
Bei dieser Sachlage entbehrt auch der Einwand des Beklagten, die Leitungsfunktion sei dem Kläger nicht durch die Kündigung, sondern durch andere, selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Maßnahmen entzogen worden, einer tragfähigen Grundlage. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, war die Kündigung vom 24./25.01.2008 die einzige Erklärung des Beklagten von erkennbarer rechtlicher Erheblichkeit, die zum damaligen Zeitpunkt von diesem mit dem Ziel einer Beendigung der Abteilungsleitung abgegeben worden war. Demgemäß hat der Kläger sich gegen die Beendigung der Abteilungsleitung durch den Beklagten auch allein mit der hier gegenständlichen, gegen die Kündigung gerichteten Klage gewandt. Der Umstand, dass sich der Kläger auch gegen Maßnahmen wie das Zutrittsverbot zum Zentrallabor oder die Versagung der Teilnahme an der Krankenversorgung im Klinikum mit gegen die Universität Freiburg gerichteten Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat, vermag daran nichts zu ändern. Dies wird nicht zuletzt durch das nach einer Intervention des Wissenschaftsministeriums erfolgte weitere Vorgehen des Beklagten bestätigt. Insbesondere hat dieser eine ausdrückliche Entscheidung über die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie erstmals mit Verfügung vom 20.01.2010 getroffen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
54 
Insgesamt konnte es aus dem „Empfängerhorizont“ des Klägers auch bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein, dass die Kündigung auch die Abberufung von der Abteilungsleitung bedeutete. Der so festgestellte Inhalt der Kündigungserklärung korrespondiert im Übrigen mit den durch die Kündigung hervorgerufenen tatsächlichen Folgen für den Kläger. Dessen weitere Tätigkeit als Abteilungsleiter wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Kündigung unterbunden. Er musste umgehend sein Dienstzimmer räumen, der Zutritt zum Zentrallabor wurde ihm untersagt; als kommissarischer Leiter der Abteilung wurde Prof. Dr. W. eingesetzt.
55 
Der Beklagte meint, die Bestellung des Klägers zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie sei bereits vor Erlass des Universitätsklinikagesetzes und vor Abschluss der Chefarztverträge durch Erlass des MWK vom 09.07.1990 erfolgt, weshalb insbesondere die Funktion als Abteilungsleiter nicht Gegenstand der Chefarztverträge bzw. der Kündigung habe sein können. Dieser Einwand geht fehl. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass Professoren mit Leitungsfunktion im Bereich der Hochschulmedizin in einem doppelten Dienstverhältnis stehen. Als Universitätsprofessoren sind sie Beamte des Landes Baden-Württemberg, deren Dienstaufgaben sich nach § 46 und § 53 Abs. 1 LHG bestimmen. Gleichzeitig stehen sie in ihrer Eigenschaft als Leiter einer Abteilung in einem durch den sog. Chefarztvertrag begründeten Dienstverhältnis zum Universitätsklinikum (vgl. Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 1205; ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, IX Rn. 212; Becker, Das Recht der Hochschulmedizin, 2005, S. 260 ff.). Dieses in Baden-Württemberg praktizierte sog. Kombinationsmodell geht auf Vorschläge der Kultusministerkonferenz zurück. In deren Positionspapier zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (S. 31 des Positionspapiers; vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht“ über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers des KMK vom 19.11.1999 in den Ländern „vom 20.06.2003“). Vor diesem Hintergrund geht das einschlägige Schrifttum bei diesem Modell davon aus, dass auch im Fall des beamteten Hochschullehrers die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen (nach dortigem Verständnis privaten) Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. Becker, a.a.O., S. 260; Böhmann, WissR 2007, 403; Wahlers, ZBR 2006, 221; Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 157). Ein mit der Kombinationslösung verfolgtes Ziel ist dabei unter anderem, die Abberufung aus Leitungsfunktionen wegen mangelnder Eignung oder organisatorischer Umstrukturierungen zu erleichtern (vgl. Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 212; Becker, a.a.O., S. 261 f.). Mithin bilden das beamtenrechtliche Dienstverhältnis zum Beigeladenen und das Dienstverhältnis zum Klinikum zwei eigenständige Regelungsbereiche.
56 
Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist dem Beklagten die Zuständigkeit und Befugnis zur Bestellung und Abberufung des Abteilungsleiters eingeräumt worden (vgl. § 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 1 Abs. 2 Satz 2 UKG a.F.). In Wahrnehmung dieser Organisationsbefugnis hat der Klinikumsvorstand bereits 1998 im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 09.11.1998 - wie sich explizit aus deren § 1 ergibt - dem Kläger zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen und damit die Bestellung zum Abteilungsleiter im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger „aktualisiert“. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die allein das Beamtenverhältnis zum Beigeladenen betreffende Einweisungsverfügung des MWK vom 09.07.1990 geeignet war, die dem Beklagten als selbständigem Rechtsträger durch das Universitätsklinikagesetz eingeräumte Organisationsbefugnis und die Möglichkeit deren Konkretisierung im Rechtsverhältnis zwischen Klinikum und Chefarzt durch Abschluss oder Kündigung des jeweiligen Chefarztvertrags von vornherein zu begrenzen (vgl. im Übrigen die auf den Dienstvertrag vom 24.07.2007 bezogene Aussage des Klinikumsvorstands, wonach „damit“ die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überholt gewesen sei; vgl. auch das o.g. Positionspapier, a.a.O., S. 41). Die Frage, ob und inwieweit Rechtspositionen des Chefarztes aus dem Beamtenverhältnis die materielle Rechtmäßigkeit einer Bestellungs- oder Abberufungsentscheidung des Universitätsklinikums berühren können, ist dadurch nicht präjudiziert.
57 
Der Beklagte meint ferner, nach der Präambel zum Dienstvertrag habe dessen Hauptbedeutung darin bestanden, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Diesem die Entstehungsgeschichte des Dienstvertrags betreffenden Umstand kommt nach Auffassung des Senats für die hier streitige Frage keine entscheidende Bedeutung zu. Denn dem Wortlaut der Vereinbarung selbst lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Parteien lediglich Fragen der Nebentätigkeit oder der Vergütung (vgl. § 7 und § 8 des Dienstvertrags) hätten regeln wollen. Vielmehr werden neben der „Bestätigung“ der Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie („§ 1 Dienstverhältnis“) die im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Rechte und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter in umfassender und insoweit mit der Vorgängervereinbarung vergleichbaren Weise geregelt. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des Dienstvertrags belegt, dass der Wille der Beteiligten dahin ging, den neuen Dienstvertrag mit Wirkung vom 01.04.2007 vollumfänglich an die Stelle der Vereinbarung vom 09.12.1998 treten zu lassen. Soweit ersichtlich, enthält die Vereinbarung im Kern sämtliche Regelungselemente der üblichen Chefarztverträge, insbesondere sind dadurch im Verhältnis zum Beklagten die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Vergütung des Klägers begründet worden (vgl. Quaas, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, S. 350 ff.; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris). Wie bereits oben aufgezeigt, sind Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Dienstvertrag eine von der Abteilungsleitung unabhängige Regelung getroffen werden und der Vertrag deshalb unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar sein sollte, nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die von dem Beklagten in den Vordergrund gerückte Bestimmung über die Vergütung (§ 8 des Dienstvertrags). Die Regelung sieht als Ersatz für die dem Kläger zuvor noch in § 5 der Vereinbarung vom 09.12.1998 - explizit in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter - gestattete Privatliquidation eine Beteiligung des Klägers - in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor - an dem in der Abteilung erzielten Nettoliquidationserlös des Klinikums in Form von fixen und von variablen Vergütungsbestandteilen vor. Dass dieser Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werden sollte, ist nicht erkennbar. Üblicherweise wird nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 100, 252; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303; VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris, Rn. 9). Die Tätigkeit als leitender Klinikarzt ist daher mit der Befugnis zur Privatliquidation verbunden (vgl. den Beschluss des Senats vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Dies gilt auch, soweit - wie hier - im Zuge des Wechsels von der Privatliquidation zur Klinikliquidation in Baden-Württemberg die Privatliquidation ersetzende Chefarztverträge abgeschlossen wurden und die den Chefärzten zustehende Liquidationsbefugnis auf die Kliniken übertragen wurde (vgl. die insoweit zutreffende Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369). Obwohl der Kläger bereits in der Vergangenheit zum Hochschulprofessor berufen und zum Abteilungsleiter bestellt worden war, begegnet die auf freiwilliger Basis erfolgte Vereinbarung einer gesonderten Vergütung in § 8 der Dienstvertrags als Ersatz für die Privatliquidation keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Becker, a.a.O., S. 260 f.; Positionspapier, S. 36, 43 ff.). Im Übrigen handelt es sich sowohl bei der Liquidationsbefugnis wie auch bei der in den Chefarztverträgen geregelten Krankenhausliquidation um durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemeine genehmigte Nebentätigkeit (vgl. die Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369).
58 
Vor diesem Hintergrund kann nicht davon die Rede sein, die Vertragsparteien hätten insoweit von der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelungen treffen wollen bzw. die Kündigung beziehe sich nur auf Rechtspositionen, die nicht mit der Abteilungsleitung zusammenhingen.
59 
Der Beklagte trägt ferner vor, wenn dem Kläger die Abteilungsleitung durch den Chefarztvertrag übertragen worden sei, könne dieser hieraus nichts für sein Begehren herleiten, weil diese Bestellung wegen Fehlens des erforderlichen Einvernehmens der Universität (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F.) unwirksam gewesen wäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil dieser verfahrensrechtliche Mangel der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzurechnen wäre. Vor diesem Hintergrund würde sich die Geltendmachung der darauf beruhenden Unwirksamkeit bereits als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich darstellen.
60 
Nach alledem geht der Einwand des Beklagten, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 habe die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt gelassen, ersichtlich fehl. Einer derartigen Auffassung stünde schließlich das auch im öffentlichen Recht geltende Verbot des Formenmissbrauchs entgegen (vgl. dazu Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. V, § 99 Mittel staatlichen Handelns, Rn. 64 ff., 66; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 23 Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.09.2010 - 6 A 3249/08 -, Juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Staat durch den Austausch von Handlungsformen oder der eingesetzten Mittel keine Freizeichnung von rechtlichen Bindungen erreichen kann (vgl. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, 1991, S. 211 m.w.N.). Werden - wie hier - mit der Kündigung des Dienstvertrags Folgen beabsichtigt und faktisch bewirkt, die einer Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. entsprechen, erscheint es zur Vermeidung einer Umgehung der für die Abberufung geltenden rechtlichen Anforderungen geboten, diese Anforderungen auf die Kündigung zu erstrecken. Mit Blick auf die oben aufgezeigte Verknüpfung gilt das Verfahrenserfordernis auch für den mit der Bestellung zusammenhängenden schuldrechtlichen Teil des Dienstvertrags.
61 
Hiernach war mit der gegenständlichen Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. war hierzu das Einvernehmen der medizinischen Fakultät erforderlich.
62 
bb) Das erforderliche Einvernehmen der medizinischen Fakultät lag weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger kann das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigungen entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums, Amtliche Bekanntmachungen der Universität Freiburg, Jahrgang 36, Nr. 41, S. 246 ff.).
63 
Für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG ist er für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt. Eine anderweitige Regelung ist hier nicht ersichtlich. Dem Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Dass der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät damals sein Einvernehmen zu der streitgegenständlichen Kündigung erteilt hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
64 
Der Verfahrensmangel ist nicht durch den am 30.09.2009 gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG nachträglich geheilt worden.
65 
Dies gilt bereits deshalb, weil diese Regelung auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird. Die Vorschrift dient speziell der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern beim Erlass von Verwaltungsakten. Deshalb scheidet eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift aus, weil es sich - wie bereits dargelegt wurde - bei der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Doch auch eine entsprechende Anwendung kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht. Denn verwaltungsrechtliche Verträge haben im Landesverwaltungsverfahrensgesetz eigenständige Regelungen erfahren, die insbesondere auch die Fehlerfolgen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 59 LVwVfG) und die Beendigungsmöglichkeiten (vgl. etwa § 60 und § 62 Satz LVwVfG in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfassen. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht ferner, dass es sich insoweit nicht um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern um eine Neuschöpfung des Gesetzgebers handelt, die dem früheren Recht fremd war (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 9).
66 
Doch selbst wenn eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG im vorliegenden Fall für möglich gehalten würde, könnte eine Heilung des Verfahrensmangels nicht angenommen werden. Denn aus dem grundrechtswahrenden Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. folgt bereits eine zeitliche Grenze der Heilungsmöglichkeit (zur einschränkenden Auslegung des § 45 VwVfG mit Blick auf spezialgesetzliche Zwecke und verfassungsrechtliche Vorgaben vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 45 Rn. 14 ff., 27, 97, 103 ff., 129-131). Diese wird mit dem Beschluss des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät vom 30.09.2009 überschritten.
67 
Dem Einvernehmenserfordernis liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass Entscheidungen wie die Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter überhaupt nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden können (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Hochschulmedizinreform-Gesetz vom 15.07.1997, LT-Drs. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmen trägt der Gleichrangigkeit der Aufgaben Rechnung (LT-Drs. 12/1740, a.a.O.). Die Rückbindung von Entscheidungen des organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität sichert deren Zuständigkeit für die die Wissenschaftsfreiheit betreffenden Fragen organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin den ihnen garantierten Einfluss auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums ausüben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.11.2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, NVwZ 2003, 600, 601; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - Juris). Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substantieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf den Forschung und Lehre betreffenden Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Unabhängig davon, ob und inwieweit für die Annahme eines Betroffenseins von Forschung und Lehre auf eine gewisse Erheblichkeit der Auswirkungen einer Entscheidung des Universitätsklinikums auf Forschung und Lehre abzustellen ist, stellt sich die organisatorische Verselbständigung der Universitätsklinik nämlich lediglich als eine funktionale Trennung des universitären Wissenschaftsbetriebs einerseits und des Krankenhausbetriebs andererseits dar. Als Universitätsklinikum bleibt dieses nach der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung trotz seiner organisatorischen Verselbständigung vorrangig in den Dienst der Erfüllung der dem Fachbereich Medizin obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre gestellt und hat insoweit sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich daher als eine andere Art der Realisierung des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Bereich des Klinikumsbetriebs dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Durch das Einvernehmenserfordernis sollte der grundrechtlich verbürgte Einfluss auf Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, verfahrensrechtlich als Kompensation für den Verlust des direkten Einflusses durch die früher fachbereichseigene Klinikleitung abgesichert werden. Damit hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sowohl dem Ziel der Entlastung des Fachbereichs von der Klinikleitung als auch der grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Einvernehmenserfordernis schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O).
68 
Was das konkrete Procedere anbelangt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, muss sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010, a.a.O.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, NVwZ-RR 2010, 844). Da dem Einvernehmen eine sichernde Funktion für die Verwirklichung des Rechts auf Wissenschaftsfreiheit durch den einzelnen Hochschullehrer zukommt und damit auch dessen eigenen subjektiven Rechten zu dienen bestimmt ist, muss der Herstellung des Einvernehmens eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
69 
An diesem Maßstab gemessen erscheint fraglich, ob Wortlaut und Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verlangen, dass das Einvernehmen des Fakultätsvorstands bereits vorliegen muss, wenn der Entscheidungsprozess des Klinikums hinsichtlich der Abberufung abgeschlossen ist oder die Maßnahme dem Betroffenen bekanntgegeben wird. Wie dargelegt, kommt der abwägenden Entscheidung des Fachbereichs das Grundrecht des betroffenen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sichernde Funktion zu. Im Unterschied zu anderen in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG angesprochenen behördlichen Mitwirkungshandlungen im gestuften Verwaltungsverfahren bezweckt die behördliche Mitwirkung hier unmittelbar den wirksamen Schutz der grundrechtlichen Belange eines „Dritten“. Deshalb darf die Mitwirkung jedenfalls nicht so spät erfolgen, dass sie ihre reale Schutzwirkung zu dessen Gunsten nicht mehr entfalten kann. Mithin scheidet eine heilende Nachholung des erforderlichen Einvernehmens aus, wenn die Abberufung von der Abteilungsleitung bereits vollzogen worden ist (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Juris, zum Verfahrenserfordernis des Benehmens). Da der Kläger durch die Kündigung bereits seit Ende Januar 2008 seine Funktion als Abteilungsleiter verloren hatte, ist schon aus diesem Grund eine heilende Wirkung des Beschlusses des Fakultätsvorstands vom 30.09.2009 ausgeschlossen.
70 
Unabhängig davon steht einer heilenden Berücksichtigung der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens durch den Fachbereich entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der grundrechtswahrende Zweck des Einvernehmens sogar endgültig nicht mehr erreicht werden konnte.
71 
Mit Beschluss vom 28.09.2009 sprach der Klinikumsvorstand ausdrücklich eine Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung aus und hierzu erteilte der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen (Gegenstand des Verfahrens des VG Freiburg 1 K 1803/10). Das die streitgegenständliche Kündigung vom 24./25.01.2008 betreffende Einvernehmen konnte sich somit nur noch auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beziehen, nämlich die Zeitspanne von der durch die Kündigung erklärten Entziehung der Abteilungsleitung bis zur Erteilung des Einvernehmens (24./25.01.2008 - 30.09.2009). Da dem Kläger während dieser Phase durchgehend die Abteilungsleitung entzogen war, war das Verfahrensergebnis, die mit der Kündigung verbundene Abberufung von der Abteilungsleitung, im Zeitpunkt der Erteilung des Einvernehmens vollständig vollzogen. Mithin war der mit dem Erfordernis des Einvernehmens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verfolgte Zweck, die dem Kläger durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte in wirksamer Weise zu wahren, definitiv nicht mehr erreichbar. Wollte man in dieser Situation der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens noch heilende Wirkung zuerkennen, würde die Verfahrensanforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. zur bloßen Förmlichkeit degradiert.
72 
Form und Verfahrensweise bei der Beschlussfassung des Fakultätsvorstands werden auch aus einem weiteren Grunde dem grundrechtswahrenden Gehalt des Verfahrenserfordernisses nicht gerecht.
73 
Über die Erteilung des Einvernehmens entschied der Fakultätsvorstand im schriftlichen Umlaufverfahren. In der Beschlussvorlage heißt es unter „1. Sachverhalt“, der Klinikumsvorstand habe sich am 28.09.2009 mit der Kündigung einer Chefarztvereinbarung befasst und bitte den Fakultätsvorstand „um Erklärung des Einvernehmens“. Beigefügt ist lediglich ein Auszug aus dem vorläufigen Protokoll über die Sitzung des Klinikumsvorstands vom 28.09.2009 mit dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut. Der Fakultätsvorstand fasste am 30.09.2009 den Beschluss, das erforderliche Einvernehmen in der „vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
74 
Der dem Fakultätsvorstand vorgelegten Beschlussvorlage war nicht eindeutig zu entnehmen, dass sich das zu erteilende Einvernehmen (auch) auf die streitgegenständliche Kündigung beziehen sollte. Mit den Beschlüssen vom 28.09.2009 hatte der Klinikumsvorstand den Fakultätsvorstand um die Erteilung des Einvernehmens zu einer Reihe aktueller Maßnahmen des Klinikumsvorstands gebeten, nämlich unter 1. zur erneuten ordentlichen Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007, unter 2. zur Antragstellung nach § 46 Abs. 3 LHG durch die Universität und unter 3. zur erstmaligen ausdrücklichen Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung. Die gegenständliche Kündigung wurde unter 1. eher beiläufig im Zusammenhang mit der erneuten Kündigung erwähnt („An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten“.). Dass der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen auch zu dieser Kündigung erteilen sollte, lässt sich der Vorlage nicht hinreichend deutlich entnehmen. Dies lag schon angesichts der vom Klinikumsvorstand in der Sitzung vom 28.09.2009 aktuell getroffenen Maßnahmen nicht nahe. Hierzu hätte es vor allem des erläuternden Hinweises bedurft, dass insoweit um die rückwirkende Erteilung des Einvernehmens für eine bereits vor 1 ¾ Jahren vom Klinikum ausgesprochene, im Übrigen bereits vollzogene Maßnahme nachgesucht wird. Angesichts des Nebeneinanders der aktuellen und der streitgegenständlichen „alten“ Kündigung hätten den Mitgliedern des Fakultätsvorstands auch die zwischen den Kündigungen bestehenden Unterschiede in Reichweite und Rechtswirkungen erklärt werden müssen. Auch in dem an die Mitglieder des Fakultätsvorstands per Email gerichteten Anschreiben des Dekans vom 29.09.2009, mit dem die Beschlussvorlage übersandt wurde, wird lediglich darauf Bezug genommen darauf, dass der Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom Vortag den Dienstvertrag mit dem Kläger „vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt“ habe.
75 
Grundvoraussetzung einer zweckgerechten Durchführung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. und einer sachgerechten Abwägung der durch die dort aufgeführten organisatorischen Maßnahmen betroffenen Belange ist allerdings, dass das zuständige Gremium der Medizinischen Fakultät Kenntnis vom konkreten Verfahrensgegenstand hat. Deshalb muss die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lassen, auf welche konkrete(n) Organisationsmaßnahme(n) sich das Einvernehmen beziehen soll. Ist dies - wie hier bezogen auf die streitgegenständliche Kündigung - nicht der Fall, hält der Senat jedenfalls insoweit zur hinreichenden Bestimmung des Verfahrensgegenstandes eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung für rechtlich geboten (für eine grundsätzliche Dokumentationspflicht bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station einer nuklearmedizinischen Klinik vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010, a.a.O.). An einer derartigen Dokumentation fehlt es.
76 
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage bedurfte es der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung nicht.
77 
b) Die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich auch aus einem weiteren Grund. Da der Beklagte mit der Kündigung auch eine umfassende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung bewirkte, fehlte es insoweit an seiner Zuständigkeit.
78 
aa) Der Inhalt des dem Kläger übertragenen Amtes wurde durch den Einweisungserlass des Ministeriums vom 22.02.1984 konkretisiert. Danach wurden ihm als Dienstaufgabe die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe der damals geltenden § 64 UG übertragen. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 UG gehörte zu den hauptberuflichen Aufgaben der Professoren u. a. die Wahrnehmung der nach § 3 Abs. 8 UG übertragenen Aufgaben und damit - wie sich aus § 3 Abs. 8 UG unmissverständlich ergibt - auch solcher der Krankenversorgung. Dieser Amtsinhalt bestand auch noch im Zeitpunkt der Kündigung. Nach § 53 Abs. 1 LHG ist das wissenschaftliche Personal der Universität gemäß seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das durch diese Bestimmung erfasste Personal auch weiterhin die Krankenversorgung als Dienstaufgabe wahrnimmt (vgl. die amtliche Begründung zur Vorgängerregelung des § 77a UG, LT-Drs. 12/1740, S. 38). Die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung gehörte somit zur amtsgemäßen Verwendung des Klägers und war insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O.).
79 
Ausgehend hiervon beschneidet die mit der Kündigung ausgesprochene Entbindung von Aufgaben in der Krankenversorgung den Kläger in einem wesentlichen Teil seiner amtsgemäßen Verwendung und greift in sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne ein.
80 
Mit der Kündigung vom 24./25.01.2008 wurde der Kläger auch seiner Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Der Einwand des Beklagten, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, verfängt nicht. Die genaue Ausgestaltung der sich aus § 53 Abs. 1 LHG für Medizinprofessoren ergebenden Dienstaufgabe Krankenversorgung am Universitätsklinikum wird von diesem definiert und berücksichtigt dabei die Belange von Forschung und Lehre. Dementsprechend enthält der Dienstvertrag vom 15.07.2007 auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung (vgl. § 6). Bereits oben ist als Ergebnis der Auslegung der Kündigungserklärung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont festgestellt worden, dass der Beklagte mit der Kündigung die Rechtsbeziehungen zum Kläger in umfassender Weise beenden wollte. Dabei beschränkte sich die Kündigung jedoch nicht darauf, den die Krankenversorgung betreffenden vertraglichen Rechten und Pflichten die Grundlage zu entziehen. Vielmehr zielte die Kündigung darauf ab, die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung schlechthin zu unterbinden und ihm damit einen Teil seiner amtsangemessen Beschäftigung zu entziehen. Dies war der ausdrückliche Wille des Beklagten und ist von diesem so auch verwirklicht worden. So heißt es im Begleitschreiben zur Kündigung vom 25.01.2008, mit der Kündigung sei der Kläger sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Dies wurde auch umgesetzt. Der Kläger wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beendigung seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung im Begleitschreiben vom 25.01.2008 aufgefordert, sein bisheriges Büro bis zum 30.01.2008 zu räumen. Dementsprechend war ihm in der Folgezeit eine Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung versagt. Erst im Dezember 2009 (nach Intervention des MWK) forderte der Beklagte den Kläger auf, wieder diese Aufgaben zu übernehmen. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die u.a. nach Intervention des MWK erfolgte erneute (vorsorgliche) Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 durch Schreiben des Klinikumsvorstands vom 30.09.2009. Denn der Inhalt dieser Kündigungserklärung wurde nunmehr ausdrücklich eingeschränkt: Der Dienstvertrag wurde lediglich gekündigt, „soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung“ des Klägers „betrifft“.
81 
bb) Mit dem umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung hat der Beklagte gestaltend auf die amtsgemäße Verwendung des Klägers eingewirkt. Damit hat er seine Zuständigkeit überschritten. Denn es handelt sich insoweit um eine beamtenrechtliche Entscheidung über eine persönliche Angelegenheit, für die der Wissenschaftsminister als Dienstvorgesetzter zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 LHG; vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010, a.a.O., sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O., auch zur Abgrenzung von der Zuständigkeit nach § 4 Abs. 3 UKG). Das Wissenschaftsministerium hatte indes eine Entbindung des Klägers von Aufgaben der Krankenversorgung nicht verfügt. Ausweislich des Schreibens vom 25.02.2009 hat es trotz der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ausdrücklich kein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
82 
Der Beklagte meint auch in diesem Zusammenhang, die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung sei von der Kündigung überhaupt nicht berührt. Auch dieser Ansicht steht indes jedenfalls das Verbot des Formenmissbrauchs entgegen. Denn der - ultra vires erfolgte - umfassende und die vertraglichen Rechte und Pflichten überschreitende Entzug von Aufgaben der Krankenversorgung war von dem Beklagten beabsichtigt und wurde von ihm - mit dem Mittel der Kündigung - durchgesetzt. Auf diesem Wege kann der Beklagte eine Umgehung beamtenrechtlicher Zuständigkeiten nicht erreichen.
83 
c) Die Annahme einer nur teilweisen - die Abteilungsleitung und die Teilnahme an der Krankenversorgung erfassenden - Unwirksamkeit der Kündigungen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB kommt nicht in Betracht. Dies käme der Sache nach einer Teilkündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 gleich. Die Kündigung einzelner Teile eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ist indes grundsätzlich unzulässig, weil sie einen einseitigen, mit dem Prinzip der Vertragsautonomie unvereinbaren Eingriff in das Gefüge von Leistung und Gegenleistung bei einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis bedeutet (vgl. nur Hesse, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, Vorbemerkung zu §§ 620-630 BGB, Rn.71; Palandt-Ellenberger, a.a.O., Vorb. v. § 620, Rn. 34; Schaub, a.a.O., § 123 Rn. 49 v. Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, § 2 Rn. 29 m.w.N.; zur Bezugnahme des Dienstvertrags auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des § 626 BGB vgl. dessen § 11 Abs. 2 und 3). Demgemäß würde etwa die vom Beklagten befürwortete Aufrechterhaltung der Kündigung hinsichtlich der Vergütungsregelung des § 8 des Dienstvertrags das vertragliche Synallagma bei Fortbestehen des Dienstvertrags erheblich beeinträchtigen.
84 
Dass die Parteien des Dienstvertrags das Recht zur Teilkündigung vertraglich vereinbart hätten, ist weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil ist bereits oben (S. 22) aufgezeigt worden, dass die Vertragspartner in der Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ein rechtliches Junktim zwischen der Stellung bzw. Bestellung des Klägers als Abteilungsleiter und den übrigen Bestimmungen des Dienstvertrags vereinbart hatten. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit keine gespaltene Kündigung möglich sein sollte.
85 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
86 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.
87 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88 
Beschluss vom 2. August 2012
89 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG); zugrunde gelegt wurden die monatlichen Abschlagzahlungen auf die Vergütung nach § 8 des Dienstvertrag in Höhe von 33.000,-- EUR, vgl. die Berufungsschrift des Beklagtenvertreters vom 09.12.2011, S. 8, AS 211).
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage des Klägers ist mit dem Hauptantrag zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.
41 
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs war vom erkennenden Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass auch er von einem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24.07.2007 und damit auch des vorliegenden Rechtsstreits ausgeht. Der zwischen dem als juristischer Person des öffentlichen Rechts konstituierten Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält materiell insbesondere die Konkretisierung der dem Kläger als beamteten Hochschulprofessor durch das Landeshochschulgesetz übertragenen Dienstaufgaben (vgl. § 53 Abs. 1 LHG sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/08 -, Juris Rn. 20). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ausgegangen. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des Dienstvertrags betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dem Kläger kann auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Zwar ist er wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs am 31.03.2012 in den Ruhestand getreten (vgl. § 25 Beamtenstatusgesetz - BeamtenStG - i.V.m. Art. 62 § 3 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27.10.2010 i.V.m. § 49 Abs. 4 Satz 1 LHG). Deshalb hat der Dienstvertrag jedenfalls mit der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses gemäß dessen § 11 Abs. 4 1. Spiegelstrich sein Ende gefunden. Da indes von der Wirksamkeit der im Januar 2008 erklärten Kündigung des Dienstvertrags abhängt, ob dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten gemäß § 8 des Dienstvertrags mehr zustanden, begegnet sein Feststellungsinteresse keinen Zweifeln (vgl. die beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Zahlungsklage 1 K 2594/11). Auch § 43 Abs. 2 VwGO hindert die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht. Die Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit Gestaltungswirkung, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Derartige rechtsgeschäftliche Erklärungen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen sind keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 136 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 49/04 -, NVwZ 2006, 703, 704).
42 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG war entbehrlich. Denn bei der gegen den Beklagten gerichteten Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Der Kläger steht in keinem Beamtenverhältnis zum Beklagten. Auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika bleiben Professoren des Medizinischen Fachbereichs weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika im Sinne des § 11UKG (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
43 
2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Sowohl die außerordentliche als auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 sind unwirksam.
44 
Beide Kündigungen sind bereits in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie verstoßen gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. (a). Die Kündigung des Dienstvertrags erforderte das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg (aa). Dieses lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung nicht vor und der Mangel ist auch nicht durch eine Nachholung der erforderlichen Mitwirkung geheilt worden (bb). Unabhängig davon ergibt sich die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen daraus, dass dem Beklagten die Zuständigkeit fehlte, mit der Kündigung einen umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung auszusprechen (b). Mit der Kündigung wurden dem Kläger auch seine Aufgaben in der mittelbaren Krankenversorgung entzogen (aa). Hiermit hat der Beklagte seine Zuständigkeit überschritten (bb). Eine teilweise Unwirksamkeit der Kündigungen kommt nicht in Betracht (c).
45 
a) Die streitgegenständlichen Kündigungen sind bereits wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. unwirksam.
46 
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Universitätsklinika-Gesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 15.09.2005 (GBl. 2005, S. 625) - UKG a.F. - (= § 7 Abs. 1 Satz 2 UKG in der Fassung des Gesetzes vom 07.02.2011, GBl. 2011 S. 47 - UKG n.F. -) ist bei der Errichtung, Aufhebung und Veränderung von Abteilungen, der Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern sowie den allgemeinen Regelungen der Organisation des Universitätsklinikums das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich.
47 
Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Kläger begegnet keinen Bedenken. Die Regelung galt als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UKG bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1998 (Art. 7 Abs. 1 des Hochschulmedizinreform-Gesetzes vom 24.11.1997, GBl. S. 474). Dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Personen erstreckt, die - wie der Kläger - bereits vor dem 01.01.1998 zum Leiter einer Abteilung bestellt worden waren, lässt sich nicht feststellen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 27) sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelung nur die Abberufung von Abteilungsleitern erfasst, deren erstmalige Bestellung nach dem 01.01.1998 erfolgte.
48 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung lagen vor. Zwar ist eine ausdrückliche Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter nicht erfolgt. Eine Auslegung des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 24./25.01.2008 ergibt indes, dass mit der Kündigung des Dienstvertrags durch den Beklagten auch eine Abberufung des Klägers von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie verbunden war.
49 
Auch die Auslegung der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung. Es kommt darauf an, wie der Kündigungsadressat die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auffassen muss (§ 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB; zur Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1990 - 4 C 21/89 -, BVerwGE 84, 258; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rn. 12; zur Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, § 133 Rn. 9 m.w.N.; speziell zur Auslegung von Kündigungserklärungen Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 2002, § 123 Rn. 38). Ausgehend hiervon hat der Senat keine Zweifel daran, dass mit der ausgesprochenen Kündigung - entgegen der Ansicht des Beklagten und des beigeladenen Landes - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in umfassender Weise beendet werden sollten, der Kläger insbesondere von der Abteilungsleitung abberufen werden sollte.
50 
Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 24./25.01.2008 bezogen sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung auf „den Chefarztvertrag vom 24.07.2007“. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte lediglich bestimmte Teile dieses Vertrags hat kündigen wollen, enthält das Kündigungsschreiben nicht. Da ein wesentliches Element der Vereinbarung vom 24.07.2007 die rechtlich verbindliche Beibehaltung der Übertragung der Leitung der Abteilung Klinische Chemie im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger war, stellt sich die Kündigung der Vereinbarung auch als Abberufung von der Abteilungsleitung dar. Das ergibt sich aus Folgendem:
51 
Bei den in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. aufgeführten Handlungen des Klinikums handelt es sich um rein organisatorische Maßnahmen, für die weder das Gesetz noch die Satzung des Klinikums (vgl. § 13 Abs. 2) eine bestimmte Form, etwa die eines Verwaltungsakts, vorschreibt. Demgemäß bestehen keine Bedenken, eine derartige Maßnahme, wie etwa die hier gegenständliche Bestellung des Abteilungsleiters, in den Inhalt einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger aufzunehmen (zu dieser Zielrichtung der Chefarztverträge nach der sog. „Kombinationslösung“ siehe unten S. 24 f.). Dies ist in § 1 Absatz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 geschehen. Dort heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist diese Erklärung nicht allein deklaratorischer Natur. Vielmehr bringt der Beklagte damit zum Ausdruck, dass er in rechtsverbindlicher Weise an der - bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 09.12.1998 (vgl. deren § 1) von dem Beklagten vorgenommenen - Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhält. Für einen konstitutiven Charakter spricht insbesondere, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht nur nachrichtlich in der Präambel erwähnt, sondern explizit zum Gegenstand der Eingangsbestimmung des Dienstvertrags gemacht wird. Mit Blick auf den vom Beklagten erhobenen Einwand, Chefarztvertrag und Bestellung zum Abteilungsleiter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. seien rechtlich zu trennen, ist dabei von Bedeutung, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht lediglich im Rahmen der vertraglichen Regelungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten (vgl. §§ 2 ff. des Dienstvertrags) angesprochen wird. Während deren schuldrechtlicher Charakter dort durch entsprechende Formulierungen (z.B. „ist verpflichtet“, „obliegt“, „dürfen“, “sorgt für“, „stellt sicher“ usw.) verdeutlicht wird, spricht die hiervon deutlich abweichende Ausdrucksweise („wird hiermit bestätigt“) in § 1 Abs. 1 des Vertrags für den verfügenden Charakter der Erklärung zur Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters. Mithin ist davon auszugehen, dass sich der Dienstvertrag vom 24.07.2007 aus einem verfügenden (§ 1 Abs. 1) und einem verpflichtenden Teil zusammensetzt. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die damals vom Beklagten selbst vertretene Rechtsauffassung. In seinem Schreiben vom 01.02.2008 hat der Klinikumsvorstand ausgeführt, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien „durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden“ und der Kläger habe „allein aufgrund dieses Chefarztvertrags“ die Leitung des Zentrallabors inne.
52 
Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 haben die Beteiligten im Übrigen deutlich gemacht, dass die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor (Leiter) der Abteilung Klinische Chemie Ausgangspunkt und Grundbedingung des gesamten Dienstvertrags sein sollte. Jede der nachfolgenden Regelungen in den §§ 2 bis 10 des Vertrags über die gegenseitigen Rechte und Pflichten knüpft an den „Ärztlichen Direktor“ an, dessen Funktion in der vorangestellten Bestimmung des § 1 Abs. 1 (ausschließlich) dem Kläger zugewiesen wird. Dies belegt - auch mit Blick darauf, dass die Vereinbarung eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter nicht vornimmt -, dass die Vertragspartner auf diese Weise mit der verfügenden Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags die übrigen - schuldrechtlichen - Bestimmungen des Dienstvertrags derart mit der Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter verknüpfen wollten, dass beide Teile des Vertrags in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhingen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 139 Rn. 7; zur Verknüpfung der organisationsrechtlichen Bestellung mit dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bei Organen juristischer Personen des Bürgerlichen Rechts vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB § 27 Rn. 8). Dass aufgrund dieses Junktims eine den gesamten Dienstvertrag erfassende Kündigung zwangsläufig als Abberufung auf die Stellung als Abteilungsleiter „durchschlägt“, entspricht im Übrigen der authentischen Interpretation durch den Beklagten. So heißt es in dem der Kündigung vorgehefteten Begleitschreiben des Klinikumsvorstandes vom 25.01.2008, dass der Kläger „mit der Kündigung des Chefarztvertrags“ sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben sei und die kommissarische Leitung der Abteilung der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Prof. Dr. W. übertragen werde. Im erläuternden Schreiben vom 01.02.2008 führt der Klinikumsvorstand aus, „mit Kündigung des Chefarztvertrags durch das Universitätsklinikum“ sei ihm die - allein aufgrund des Chefarztvertrags innegehabte - Leitung (des Zentrallabors) entzogen. Dass auch diese außerhalb des Wortlauts der auszulegenden Kündigungserklärung und des Dienstvertrags liegenden Umstände bei deren Interpretation ergänzend heranzuziehen sind, entspricht allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 15 ff.).
53 
Bei dieser Sachlage entbehrt auch der Einwand des Beklagten, die Leitungsfunktion sei dem Kläger nicht durch die Kündigung, sondern durch andere, selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Maßnahmen entzogen worden, einer tragfähigen Grundlage. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, war die Kündigung vom 24./25.01.2008 die einzige Erklärung des Beklagten von erkennbarer rechtlicher Erheblichkeit, die zum damaligen Zeitpunkt von diesem mit dem Ziel einer Beendigung der Abteilungsleitung abgegeben worden war. Demgemäß hat der Kläger sich gegen die Beendigung der Abteilungsleitung durch den Beklagten auch allein mit der hier gegenständlichen, gegen die Kündigung gerichteten Klage gewandt. Der Umstand, dass sich der Kläger auch gegen Maßnahmen wie das Zutrittsverbot zum Zentrallabor oder die Versagung der Teilnahme an der Krankenversorgung im Klinikum mit gegen die Universität Freiburg gerichteten Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat, vermag daran nichts zu ändern. Dies wird nicht zuletzt durch das nach einer Intervention des Wissenschaftsministeriums erfolgte weitere Vorgehen des Beklagten bestätigt. Insbesondere hat dieser eine ausdrückliche Entscheidung über die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie erstmals mit Verfügung vom 20.01.2010 getroffen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
54 
Insgesamt konnte es aus dem „Empfängerhorizont“ des Klägers auch bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein, dass die Kündigung auch die Abberufung von der Abteilungsleitung bedeutete. Der so festgestellte Inhalt der Kündigungserklärung korrespondiert im Übrigen mit den durch die Kündigung hervorgerufenen tatsächlichen Folgen für den Kläger. Dessen weitere Tätigkeit als Abteilungsleiter wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Kündigung unterbunden. Er musste umgehend sein Dienstzimmer räumen, der Zutritt zum Zentrallabor wurde ihm untersagt; als kommissarischer Leiter der Abteilung wurde Prof. Dr. W. eingesetzt.
55 
Der Beklagte meint, die Bestellung des Klägers zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie sei bereits vor Erlass des Universitätsklinikagesetzes und vor Abschluss der Chefarztverträge durch Erlass des MWK vom 09.07.1990 erfolgt, weshalb insbesondere die Funktion als Abteilungsleiter nicht Gegenstand der Chefarztverträge bzw. der Kündigung habe sein können. Dieser Einwand geht fehl. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass Professoren mit Leitungsfunktion im Bereich der Hochschulmedizin in einem doppelten Dienstverhältnis stehen. Als Universitätsprofessoren sind sie Beamte des Landes Baden-Württemberg, deren Dienstaufgaben sich nach § 46 und § 53 Abs. 1 LHG bestimmen. Gleichzeitig stehen sie in ihrer Eigenschaft als Leiter einer Abteilung in einem durch den sog. Chefarztvertrag begründeten Dienstverhältnis zum Universitätsklinikum (vgl. Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 1205; ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, IX Rn. 212; Becker, Das Recht der Hochschulmedizin, 2005, S. 260 ff.). Dieses in Baden-Württemberg praktizierte sog. Kombinationsmodell geht auf Vorschläge der Kultusministerkonferenz zurück. In deren Positionspapier zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (S. 31 des Positionspapiers; vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht“ über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers des KMK vom 19.11.1999 in den Ländern „vom 20.06.2003“). Vor diesem Hintergrund geht das einschlägige Schrifttum bei diesem Modell davon aus, dass auch im Fall des beamteten Hochschullehrers die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen (nach dortigem Verständnis privaten) Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. Becker, a.a.O., S. 260; Böhmann, WissR 2007, 403; Wahlers, ZBR 2006, 221; Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 157). Ein mit der Kombinationslösung verfolgtes Ziel ist dabei unter anderem, die Abberufung aus Leitungsfunktionen wegen mangelnder Eignung oder organisatorischer Umstrukturierungen zu erleichtern (vgl. Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 212; Becker, a.a.O., S. 261 f.). Mithin bilden das beamtenrechtliche Dienstverhältnis zum Beigeladenen und das Dienstverhältnis zum Klinikum zwei eigenständige Regelungsbereiche.
56 
Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist dem Beklagten die Zuständigkeit und Befugnis zur Bestellung und Abberufung des Abteilungsleiters eingeräumt worden (vgl. § 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 1 Abs. 2 Satz 2 UKG a.F.). In Wahrnehmung dieser Organisationsbefugnis hat der Klinikumsvorstand bereits 1998 im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 09.11.1998 - wie sich explizit aus deren § 1 ergibt - dem Kläger zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen und damit die Bestellung zum Abteilungsleiter im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger „aktualisiert“. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die allein das Beamtenverhältnis zum Beigeladenen betreffende Einweisungsverfügung des MWK vom 09.07.1990 geeignet war, die dem Beklagten als selbständigem Rechtsträger durch das Universitätsklinikagesetz eingeräumte Organisationsbefugnis und die Möglichkeit deren Konkretisierung im Rechtsverhältnis zwischen Klinikum und Chefarzt durch Abschluss oder Kündigung des jeweiligen Chefarztvertrags von vornherein zu begrenzen (vgl. im Übrigen die auf den Dienstvertrag vom 24.07.2007 bezogene Aussage des Klinikumsvorstands, wonach „damit“ die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überholt gewesen sei; vgl. auch das o.g. Positionspapier, a.a.O., S. 41). Die Frage, ob und inwieweit Rechtspositionen des Chefarztes aus dem Beamtenverhältnis die materielle Rechtmäßigkeit einer Bestellungs- oder Abberufungsentscheidung des Universitätsklinikums berühren können, ist dadurch nicht präjudiziert.
57 
Der Beklagte meint ferner, nach der Präambel zum Dienstvertrag habe dessen Hauptbedeutung darin bestanden, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Diesem die Entstehungsgeschichte des Dienstvertrags betreffenden Umstand kommt nach Auffassung des Senats für die hier streitige Frage keine entscheidende Bedeutung zu. Denn dem Wortlaut der Vereinbarung selbst lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Parteien lediglich Fragen der Nebentätigkeit oder der Vergütung (vgl. § 7 und § 8 des Dienstvertrags) hätten regeln wollen. Vielmehr werden neben der „Bestätigung“ der Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie („§ 1 Dienstverhältnis“) die im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Rechte und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter in umfassender und insoweit mit der Vorgängervereinbarung vergleichbaren Weise geregelt. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des Dienstvertrags belegt, dass der Wille der Beteiligten dahin ging, den neuen Dienstvertrag mit Wirkung vom 01.04.2007 vollumfänglich an die Stelle der Vereinbarung vom 09.12.1998 treten zu lassen. Soweit ersichtlich, enthält die Vereinbarung im Kern sämtliche Regelungselemente der üblichen Chefarztverträge, insbesondere sind dadurch im Verhältnis zum Beklagten die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Vergütung des Klägers begründet worden (vgl. Quaas, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, S. 350 ff.; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris). Wie bereits oben aufgezeigt, sind Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Dienstvertrag eine von der Abteilungsleitung unabhängige Regelung getroffen werden und der Vertrag deshalb unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar sein sollte, nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die von dem Beklagten in den Vordergrund gerückte Bestimmung über die Vergütung (§ 8 des Dienstvertrags). Die Regelung sieht als Ersatz für die dem Kläger zuvor noch in § 5 der Vereinbarung vom 09.12.1998 - explizit in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter - gestattete Privatliquidation eine Beteiligung des Klägers - in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor - an dem in der Abteilung erzielten Nettoliquidationserlös des Klinikums in Form von fixen und von variablen Vergütungsbestandteilen vor. Dass dieser Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werden sollte, ist nicht erkennbar. Üblicherweise wird nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 100, 252; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303; VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris, Rn. 9). Die Tätigkeit als leitender Klinikarzt ist daher mit der Befugnis zur Privatliquidation verbunden (vgl. den Beschluss des Senats vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Dies gilt auch, soweit - wie hier - im Zuge des Wechsels von der Privatliquidation zur Klinikliquidation in Baden-Württemberg die Privatliquidation ersetzende Chefarztverträge abgeschlossen wurden und die den Chefärzten zustehende Liquidationsbefugnis auf die Kliniken übertragen wurde (vgl. die insoweit zutreffende Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369). Obwohl der Kläger bereits in der Vergangenheit zum Hochschulprofessor berufen und zum Abteilungsleiter bestellt worden war, begegnet die auf freiwilliger Basis erfolgte Vereinbarung einer gesonderten Vergütung in § 8 der Dienstvertrags als Ersatz für die Privatliquidation keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Becker, a.a.O., S. 260 f.; Positionspapier, S. 36, 43 ff.). Im Übrigen handelt es sich sowohl bei der Liquidationsbefugnis wie auch bei der in den Chefarztverträgen geregelten Krankenhausliquidation um durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemeine genehmigte Nebentätigkeit (vgl. die Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369).
58 
Vor diesem Hintergrund kann nicht davon die Rede sein, die Vertragsparteien hätten insoweit von der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelungen treffen wollen bzw. die Kündigung beziehe sich nur auf Rechtspositionen, die nicht mit der Abteilungsleitung zusammenhingen.
59 
Der Beklagte trägt ferner vor, wenn dem Kläger die Abteilungsleitung durch den Chefarztvertrag übertragen worden sei, könne dieser hieraus nichts für sein Begehren herleiten, weil diese Bestellung wegen Fehlens des erforderlichen Einvernehmens der Universität (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F.) unwirksam gewesen wäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil dieser verfahrensrechtliche Mangel der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzurechnen wäre. Vor diesem Hintergrund würde sich die Geltendmachung der darauf beruhenden Unwirksamkeit bereits als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich darstellen.
60 
Nach alledem geht der Einwand des Beklagten, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 habe die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt gelassen, ersichtlich fehl. Einer derartigen Auffassung stünde schließlich das auch im öffentlichen Recht geltende Verbot des Formenmissbrauchs entgegen (vgl. dazu Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. V, § 99 Mittel staatlichen Handelns, Rn. 64 ff., 66; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 23 Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.09.2010 - 6 A 3249/08 -, Juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Staat durch den Austausch von Handlungsformen oder der eingesetzten Mittel keine Freizeichnung von rechtlichen Bindungen erreichen kann (vgl. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, 1991, S. 211 m.w.N.). Werden - wie hier - mit der Kündigung des Dienstvertrags Folgen beabsichtigt und faktisch bewirkt, die einer Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. entsprechen, erscheint es zur Vermeidung einer Umgehung der für die Abberufung geltenden rechtlichen Anforderungen geboten, diese Anforderungen auf die Kündigung zu erstrecken. Mit Blick auf die oben aufgezeigte Verknüpfung gilt das Verfahrenserfordernis auch für den mit der Bestellung zusammenhängenden schuldrechtlichen Teil des Dienstvertrags.
61 
Hiernach war mit der gegenständlichen Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. war hierzu das Einvernehmen der medizinischen Fakultät erforderlich.
62 
bb) Das erforderliche Einvernehmen der medizinischen Fakultät lag weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger kann das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigungen entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums, Amtliche Bekanntmachungen der Universität Freiburg, Jahrgang 36, Nr. 41, S. 246 ff.).
63 
Für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG ist er für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt. Eine anderweitige Regelung ist hier nicht ersichtlich. Dem Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Dass der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät damals sein Einvernehmen zu der streitgegenständlichen Kündigung erteilt hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
64 
Der Verfahrensmangel ist nicht durch den am 30.09.2009 gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG nachträglich geheilt worden.
65 
Dies gilt bereits deshalb, weil diese Regelung auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird. Die Vorschrift dient speziell der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern beim Erlass von Verwaltungsakten. Deshalb scheidet eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift aus, weil es sich - wie bereits dargelegt wurde - bei der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Doch auch eine entsprechende Anwendung kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht. Denn verwaltungsrechtliche Verträge haben im Landesverwaltungsverfahrensgesetz eigenständige Regelungen erfahren, die insbesondere auch die Fehlerfolgen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 59 LVwVfG) und die Beendigungsmöglichkeiten (vgl. etwa § 60 und § 62 Satz LVwVfG in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfassen. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht ferner, dass es sich insoweit nicht um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern um eine Neuschöpfung des Gesetzgebers handelt, die dem früheren Recht fremd war (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 9).
66 
Doch selbst wenn eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG im vorliegenden Fall für möglich gehalten würde, könnte eine Heilung des Verfahrensmangels nicht angenommen werden. Denn aus dem grundrechtswahrenden Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. folgt bereits eine zeitliche Grenze der Heilungsmöglichkeit (zur einschränkenden Auslegung des § 45 VwVfG mit Blick auf spezialgesetzliche Zwecke und verfassungsrechtliche Vorgaben vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 45 Rn. 14 ff., 27, 97, 103 ff., 129-131). Diese wird mit dem Beschluss des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät vom 30.09.2009 überschritten.
67 
Dem Einvernehmenserfordernis liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass Entscheidungen wie die Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter überhaupt nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden können (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Hochschulmedizinreform-Gesetz vom 15.07.1997, LT-Drs. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmen trägt der Gleichrangigkeit der Aufgaben Rechnung (LT-Drs. 12/1740, a.a.O.). Die Rückbindung von Entscheidungen des organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität sichert deren Zuständigkeit für die die Wissenschaftsfreiheit betreffenden Fragen organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin den ihnen garantierten Einfluss auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums ausüben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.11.2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, NVwZ 2003, 600, 601; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - Juris). Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substantieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf den Forschung und Lehre betreffenden Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Unabhängig davon, ob und inwieweit für die Annahme eines Betroffenseins von Forschung und Lehre auf eine gewisse Erheblichkeit der Auswirkungen einer Entscheidung des Universitätsklinikums auf Forschung und Lehre abzustellen ist, stellt sich die organisatorische Verselbständigung der Universitätsklinik nämlich lediglich als eine funktionale Trennung des universitären Wissenschaftsbetriebs einerseits und des Krankenhausbetriebs andererseits dar. Als Universitätsklinikum bleibt dieses nach der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung trotz seiner organisatorischen Verselbständigung vorrangig in den Dienst der Erfüllung der dem Fachbereich Medizin obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre gestellt und hat insoweit sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich daher als eine andere Art der Realisierung des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Bereich des Klinikumsbetriebs dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Durch das Einvernehmenserfordernis sollte der grundrechtlich verbürgte Einfluss auf Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, verfahrensrechtlich als Kompensation für den Verlust des direkten Einflusses durch die früher fachbereichseigene Klinikleitung abgesichert werden. Damit hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sowohl dem Ziel der Entlastung des Fachbereichs von der Klinikleitung als auch der grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Einvernehmenserfordernis schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O).
68 
Was das konkrete Procedere anbelangt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, muss sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010, a.a.O.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, NVwZ-RR 2010, 844). Da dem Einvernehmen eine sichernde Funktion für die Verwirklichung des Rechts auf Wissenschaftsfreiheit durch den einzelnen Hochschullehrer zukommt und damit auch dessen eigenen subjektiven Rechten zu dienen bestimmt ist, muss der Herstellung des Einvernehmens eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
69 
An diesem Maßstab gemessen erscheint fraglich, ob Wortlaut und Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verlangen, dass das Einvernehmen des Fakultätsvorstands bereits vorliegen muss, wenn der Entscheidungsprozess des Klinikums hinsichtlich der Abberufung abgeschlossen ist oder die Maßnahme dem Betroffenen bekanntgegeben wird. Wie dargelegt, kommt der abwägenden Entscheidung des Fachbereichs das Grundrecht des betroffenen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sichernde Funktion zu. Im Unterschied zu anderen in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG angesprochenen behördlichen Mitwirkungshandlungen im gestuften Verwaltungsverfahren bezweckt die behördliche Mitwirkung hier unmittelbar den wirksamen Schutz der grundrechtlichen Belange eines „Dritten“. Deshalb darf die Mitwirkung jedenfalls nicht so spät erfolgen, dass sie ihre reale Schutzwirkung zu dessen Gunsten nicht mehr entfalten kann. Mithin scheidet eine heilende Nachholung des erforderlichen Einvernehmens aus, wenn die Abberufung von der Abteilungsleitung bereits vollzogen worden ist (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Juris, zum Verfahrenserfordernis des Benehmens). Da der Kläger durch die Kündigung bereits seit Ende Januar 2008 seine Funktion als Abteilungsleiter verloren hatte, ist schon aus diesem Grund eine heilende Wirkung des Beschlusses des Fakultätsvorstands vom 30.09.2009 ausgeschlossen.
70 
Unabhängig davon steht einer heilenden Berücksichtigung der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens durch den Fachbereich entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der grundrechtswahrende Zweck des Einvernehmens sogar endgültig nicht mehr erreicht werden konnte.
71 
Mit Beschluss vom 28.09.2009 sprach der Klinikumsvorstand ausdrücklich eine Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung aus und hierzu erteilte der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen (Gegenstand des Verfahrens des VG Freiburg 1 K 1803/10). Das die streitgegenständliche Kündigung vom 24./25.01.2008 betreffende Einvernehmen konnte sich somit nur noch auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beziehen, nämlich die Zeitspanne von der durch die Kündigung erklärten Entziehung der Abteilungsleitung bis zur Erteilung des Einvernehmens (24./25.01.2008 - 30.09.2009). Da dem Kläger während dieser Phase durchgehend die Abteilungsleitung entzogen war, war das Verfahrensergebnis, die mit der Kündigung verbundene Abberufung von der Abteilungsleitung, im Zeitpunkt der Erteilung des Einvernehmens vollständig vollzogen. Mithin war der mit dem Erfordernis des Einvernehmens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verfolgte Zweck, die dem Kläger durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte in wirksamer Weise zu wahren, definitiv nicht mehr erreichbar. Wollte man in dieser Situation der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens noch heilende Wirkung zuerkennen, würde die Verfahrensanforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. zur bloßen Förmlichkeit degradiert.
72 
Form und Verfahrensweise bei der Beschlussfassung des Fakultätsvorstands werden auch aus einem weiteren Grunde dem grundrechtswahrenden Gehalt des Verfahrenserfordernisses nicht gerecht.
73 
Über die Erteilung des Einvernehmens entschied der Fakultätsvorstand im schriftlichen Umlaufverfahren. In der Beschlussvorlage heißt es unter „1. Sachverhalt“, der Klinikumsvorstand habe sich am 28.09.2009 mit der Kündigung einer Chefarztvereinbarung befasst und bitte den Fakultätsvorstand „um Erklärung des Einvernehmens“. Beigefügt ist lediglich ein Auszug aus dem vorläufigen Protokoll über die Sitzung des Klinikumsvorstands vom 28.09.2009 mit dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut. Der Fakultätsvorstand fasste am 30.09.2009 den Beschluss, das erforderliche Einvernehmen in der „vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
74 
Der dem Fakultätsvorstand vorgelegten Beschlussvorlage war nicht eindeutig zu entnehmen, dass sich das zu erteilende Einvernehmen (auch) auf die streitgegenständliche Kündigung beziehen sollte. Mit den Beschlüssen vom 28.09.2009 hatte der Klinikumsvorstand den Fakultätsvorstand um die Erteilung des Einvernehmens zu einer Reihe aktueller Maßnahmen des Klinikumsvorstands gebeten, nämlich unter 1. zur erneuten ordentlichen Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007, unter 2. zur Antragstellung nach § 46 Abs. 3 LHG durch die Universität und unter 3. zur erstmaligen ausdrücklichen Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung. Die gegenständliche Kündigung wurde unter 1. eher beiläufig im Zusammenhang mit der erneuten Kündigung erwähnt („An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten“.). Dass der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen auch zu dieser Kündigung erteilen sollte, lässt sich der Vorlage nicht hinreichend deutlich entnehmen. Dies lag schon angesichts der vom Klinikumsvorstand in der Sitzung vom 28.09.2009 aktuell getroffenen Maßnahmen nicht nahe. Hierzu hätte es vor allem des erläuternden Hinweises bedurft, dass insoweit um die rückwirkende Erteilung des Einvernehmens für eine bereits vor 1 ¾ Jahren vom Klinikum ausgesprochene, im Übrigen bereits vollzogene Maßnahme nachgesucht wird. Angesichts des Nebeneinanders der aktuellen und der streitgegenständlichen „alten“ Kündigung hätten den Mitgliedern des Fakultätsvorstands auch die zwischen den Kündigungen bestehenden Unterschiede in Reichweite und Rechtswirkungen erklärt werden müssen. Auch in dem an die Mitglieder des Fakultätsvorstands per Email gerichteten Anschreiben des Dekans vom 29.09.2009, mit dem die Beschlussvorlage übersandt wurde, wird lediglich darauf Bezug genommen darauf, dass der Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom Vortag den Dienstvertrag mit dem Kläger „vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt“ habe.
75 
Grundvoraussetzung einer zweckgerechten Durchführung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. und einer sachgerechten Abwägung der durch die dort aufgeführten organisatorischen Maßnahmen betroffenen Belange ist allerdings, dass das zuständige Gremium der Medizinischen Fakultät Kenntnis vom konkreten Verfahrensgegenstand hat. Deshalb muss die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lassen, auf welche konkrete(n) Organisationsmaßnahme(n) sich das Einvernehmen beziehen soll. Ist dies - wie hier bezogen auf die streitgegenständliche Kündigung - nicht der Fall, hält der Senat jedenfalls insoweit zur hinreichenden Bestimmung des Verfahrensgegenstandes eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung für rechtlich geboten (für eine grundsätzliche Dokumentationspflicht bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station einer nuklearmedizinischen Klinik vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010, a.a.O.). An einer derartigen Dokumentation fehlt es.
76 
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage bedurfte es der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung nicht.
77 
b) Die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich auch aus einem weiteren Grund. Da der Beklagte mit der Kündigung auch eine umfassende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung bewirkte, fehlte es insoweit an seiner Zuständigkeit.
78 
aa) Der Inhalt des dem Kläger übertragenen Amtes wurde durch den Einweisungserlass des Ministeriums vom 22.02.1984 konkretisiert. Danach wurden ihm als Dienstaufgabe die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe der damals geltenden § 64 UG übertragen. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 UG gehörte zu den hauptberuflichen Aufgaben der Professoren u. a. die Wahrnehmung der nach § 3 Abs. 8 UG übertragenen Aufgaben und damit - wie sich aus § 3 Abs. 8 UG unmissverständlich ergibt - auch solcher der Krankenversorgung. Dieser Amtsinhalt bestand auch noch im Zeitpunkt der Kündigung. Nach § 53 Abs. 1 LHG ist das wissenschaftliche Personal der Universität gemäß seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das durch diese Bestimmung erfasste Personal auch weiterhin die Krankenversorgung als Dienstaufgabe wahrnimmt (vgl. die amtliche Begründung zur Vorgängerregelung des § 77a UG, LT-Drs. 12/1740, S. 38). Die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung gehörte somit zur amtsgemäßen Verwendung des Klägers und war insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O.).
79 
Ausgehend hiervon beschneidet die mit der Kündigung ausgesprochene Entbindung von Aufgaben in der Krankenversorgung den Kläger in einem wesentlichen Teil seiner amtsgemäßen Verwendung und greift in sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne ein.
80 
Mit der Kündigung vom 24./25.01.2008 wurde der Kläger auch seiner Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Der Einwand des Beklagten, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, verfängt nicht. Die genaue Ausgestaltung der sich aus § 53 Abs. 1 LHG für Medizinprofessoren ergebenden Dienstaufgabe Krankenversorgung am Universitätsklinikum wird von diesem definiert und berücksichtigt dabei die Belange von Forschung und Lehre. Dementsprechend enthält der Dienstvertrag vom 15.07.2007 auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung (vgl. § 6). Bereits oben ist als Ergebnis der Auslegung der Kündigungserklärung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont festgestellt worden, dass der Beklagte mit der Kündigung die Rechtsbeziehungen zum Kläger in umfassender Weise beenden wollte. Dabei beschränkte sich die Kündigung jedoch nicht darauf, den die Krankenversorgung betreffenden vertraglichen Rechten und Pflichten die Grundlage zu entziehen. Vielmehr zielte die Kündigung darauf ab, die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung schlechthin zu unterbinden und ihm damit einen Teil seiner amtsangemessen Beschäftigung zu entziehen. Dies war der ausdrückliche Wille des Beklagten und ist von diesem so auch verwirklicht worden. So heißt es im Begleitschreiben zur Kündigung vom 25.01.2008, mit der Kündigung sei der Kläger sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Dies wurde auch umgesetzt. Der Kläger wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beendigung seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung im Begleitschreiben vom 25.01.2008 aufgefordert, sein bisheriges Büro bis zum 30.01.2008 zu räumen. Dementsprechend war ihm in der Folgezeit eine Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung versagt. Erst im Dezember 2009 (nach Intervention des MWK) forderte der Beklagte den Kläger auf, wieder diese Aufgaben zu übernehmen. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die u.a. nach Intervention des MWK erfolgte erneute (vorsorgliche) Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 durch Schreiben des Klinikumsvorstands vom 30.09.2009. Denn der Inhalt dieser Kündigungserklärung wurde nunmehr ausdrücklich eingeschränkt: Der Dienstvertrag wurde lediglich gekündigt, „soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung“ des Klägers „betrifft“.
81 
bb) Mit dem umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung hat der Beklagte gestaltend auf die amtsgemäße Verwendung des Klägers eingewirkt. Damit hat er seine Zuständigkeit überschritten. Denn es handelt sich insoweit um eine beamtenrechtliche Entscheidung über eine persönliche Angelegenheit, für die der Wissenschaftsminister als Dienstvorgesetzter zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 LHG; vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010, a.a.O., sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O., auch zur Abgrenzung von der Zuständigkeit nach § 4 Abs. 3 UKG). Das Wissenschaftsministerium hatte indes eine Entbindung des Klägers von Aufgaben der Krankenversorgung nicht verfügt. Ausweislich des Schreibens vom 25.02.2009 hat es trotz der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ausdrücklich kein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
82 
Der Beklagte meint auch in diesem Zusammenhang, die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung sei von der Kündigung überhaupt nicht berührt. Auch dieser Ansicht steht indes jedenfalls das Verbot des Formenmissbrauchs entgegen. Denn der - ultra vires erfolgte - umfassende und die vertraglichen Rechte und Pflichten überschreitende Entzug von Aufgaben der Krankenversorgung war von dem Beklagten beabsichtigt und wurde von ihm - mit dem Mittel der Kündigung - durchgesetzt. Auf diesem Wege kann der Beklagte eine Umgehung beamtenrechtlicher Zuständigkeiten nicht erreichen.
83 
c) Die Annahme einer nur teilweisen - die Abteilungsleitung und die Teilnahme an der Krankenversorgung erfassenden - Unwirksamkeit der Kündigungen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB kommt nicht in Betracht. Dies käme der Sache nach einer Teilkündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 gleich. Die Kündigung einzelner Teile eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ist indes grundsätzlich unzulässig, weil sie einen einseitigen, mit dem Prinzip der Vertragsautonomie unvereinbaren Eingriff in das Gefüge von Leistung und Gegenleistung bei einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis bedeutet (vgl. nur Hesse, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, Vorbemerkung zu §§ 620-630 BGB, Rn.71; Palandt-Ellenberger, a.a.O., Vorb. v. § 620, Rn. 34; Schaub, a.a.O., § 123 Rn. 49 v. Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, § 2 Rn. 29 m.w.N.; zur Bezugnahme des Dienstvertrags auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des § 626 BGB vgl. dessen § 11 Abs. 2 und 3). Demgemäß würde etwa die vom Beklagten befürwortete Aufrechterhaltung der Kündigung hinsichtlich der Vergütungsregelung des § 8 des Dienstvertrags das vertragliche Synallagma bei Fortbestehen des Dienstvertrags erheblich beeinträchtigen.
84 
Dass die Parteien des Dienstvertrags das Recht zur Teilkündigung vertraglich vereinbart hätten, ist weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil ist bereits oben (S. 22) aufgezeigt worden, dass die Vertragspartner in der Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ein rechtliches Junktim zwischen der Stellung bzw. Bestellung des Klägers als Abteilungsleiter und den übrigen Bestimmungen des Dienstvertrags vereinbart hatten. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit keine gespaltene Kündigung möglich sein sollte.
85 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
86 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.
87 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88 
Beschluss vom 2. August 2012
89 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG); zugrunde gelegt wurden die monatlichen Abschlagzahlungen auf die Vergütung nach § 8 des Dienstvertrag in Höhe von 33.000,-- EUR, vgl. die Berufungsschrift des Beklagtenvertreters vom 09.12.2011, S. 8, AS 211).
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Der am 31. März 2012 in den Ruhestand getretene Kläger war Professor für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität F. und Leiter der Abteilung Klinische Chemie des beklagten Universitätsklinikums F. Das zur Entscheidung stehende Verfahren betrifft die Wirksamkeit der von dem Beklagten unter dem 24./25. Januar 2008 ausgesprochenen außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung eines Dienstvertrags (Chefarztvertrags), den die Beteiligten am 24. Juli 2007 geschlossen hatten. Auf die von dem Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung seiner Entscheidung angeführt, mit der Vertragskündigung sei eine Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden gewesen, für die das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des baden-württembergischen Universitätsklinika-Gesetzes (UKG BW) in der hier maßgeblichen Fassung vom 15. September 2005 (GBl S. 625) erforderliche Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität nicht vorgelegen habe. Zudem habe der Beklagte den Kläger im Zusammenhang mit der Kündigung unter Überschreitung seiner Zuständigkeit von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung ausgeschlossen. Der Beklagte erstrebt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision.

II.

2

Die auf die Revisionszulassungsgründe des Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Mit seiner Rüge, das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs sei in mehrfacher Hinsicht mit einem derartigen Mangel behaftet (a) bis d)), vermag der Beklagte nicht durchzudringen.

4

a) Der Beklagte macht geltend, dem Verwaltungsgerichtshof sei im Rahmen der Tatsachenfeststellung bei der Auslegung des Dienstvertrags vom 24. Juli 2007 (UA S. 20 ff.) ein als Verfahrensfehler in Gestalt einer Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen richterlichen Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu rügender Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen. Das Berufungsgericht habe § 1 Abs. 1 des Vertrags, in dem die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie des Beklagten bestätigt werde, entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung nicht als lediglich deklaratorische, sondern als konstitutive Regelung verstanden. In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht angenommen, er, der Beklagte, habe mit der in Rede stehenden Vertragsklausel zum Ausdruck gebracht, dass er an der bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 9. Dezember 1998 vorgenommenen Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhalte. Denn diese frühere Vereinbarung sei gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Vertrags vom 24. Juli 2007 außer Kraft getreten. Die Bestätigung könne sich deshalb nur darauf beziehen, dass das Landesministerium für Wissenschaft und Kunst dem Kläger die entsprechende Funktion durch Erlass vom 9. Juli 1990 übertragen habe. Spätere Erklärungen von ihm, dem Beklagten, seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs für die Auslegung des Vertrags vom 24. Juli 2007 nicht von Bedeutung.

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Aus diesem Vortrag ergibt sich kein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler. Zwar handelt es sich auch um die Feststellung von Tatsachen, wenn der Inhalt von materiell-rechtlich erheblichen Willenserklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist (vgl. für Verträge: Beschluss vom 24. Januar 1991 - BVerwG 8 B 164.90 - Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6 S. 14, Urteil vom 20. März 2003 - BVerwG 2 C 23.02 - NVwZ-RR 2003, 874 f.). Jedoch ist diese Auslegung nicht ausschließlich ein Akt der Tatsachenfeststellung. Auf tatsächlichem Gebiet liegt vor allem die Erfassung des Wortlauts einer Erklärung und die Sichtung und Aufklärung der tatsächlichen Umstände, die für die gewollte Bedeutung der Erklärung erheblich sind. Dagegen ergibt sich erst aus dem materiell-rechtlichen Hintergrund der Erklärung, ob mit ihr eine rechtliche Regelung angestrebt wird und welchen Inhalt diese gegebenenfalls haben kann (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 165). Entsprechend kann ein Verstoß gegen die Denkgesetze als Verfahrensfehler nur dann geltend gemacht werden, wenn er sich auf die tatsächliche Würdigung beschränkt und die rechtliche Subsumtion nicht berührt (Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225 S. 75; Beschluss vom 3. April 1996 - BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 S. 27 f.).

6

An einem solchen Tatsachenbezug fehlt es der Rüge des Beklagten, denn sie hat nicht den klar zu Tage liegenden Wortlaut des Vertrags vom 24. Juli 2007 zum Gegenstand und bezieht sich auch nicht auf die Aufklärung der Umstände in Gestalt weiterer schriftlicher, in ihrem Inhalt als solchem nicht umstrittener Äußerungen des Beklagten, deren Heranziehung - entgegen der Rechtsansicht des Beklagten - für eine Vertragsauslegung in Betracht kommt. Der Beklagte greift vielmehr in Wahrheit die materiell-rechtliche Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs an, die Beteiligten hätten durch den in Rede stehenden Vertrag eine Abrede mit zwei in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhängigen Teilen, nämlich einem verfügenden Teil - Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters durch den Kläger - und einem schuldrechtlichen Teil - Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten - getroffen. Mit Angriffen auf die Sachverhaltswürdigung der Tatsacheninstanz lässt sich die Zulassung der Revision indes in aller Regel und so auch hier nicht erreichen (vgl. Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 19). Jedenfalls steht hierfür die Verfahrensrüge nicht zur Verfügung (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15).

7

Selbst wenn man jedoch die Rüge des Beklagten dem Tatsachenbereich zuordnen wollte, ließe sich der geltend gemachte Verstoß gegen die Denkgesetze nicht bejahen. Denn ein solcher Verstoß liegt nur dann vor, wenn das Gericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann, nicht dagegen schon dann, wenn eine Schlussfolgerung nicht zwingend oder nicht überzeugend oder sogar unwahrscheinlich sein sollte (Beschlüsse vom 24. Mai 1996 - BVerwG 8 B 98.96 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 270 und vom 19. August 1997 a.a.O. S. 15 f.). Von einer derartig verfehlten Schlussfolgerung kann in Bezug auf die Auslegung des Vertrags vom 24. Juli 2007 durch den Verwaltungsgerichtshof nicht ansatzweise die Rede sein. Diese Interpretation ist im Gegenteil gut nachvollziehbar. Sie steht zum einen in Übereinstimmung mit den Erwägungen der Vorinstanz zu dem doppelten Dienstverhältnis bzw. dem sogenannten Kombinationsmodell im Bereich der Hochschulmedizin des Landes Baden-Württemberg (UA S. 24 f.). Sie ist zum anderen eingebettet in den Zusammenhang, der von der vorhergehenden vertraglichen Regelung vom 9. Dezember 1998 und den von dem Berufungsgericht benannten (UA S. 22) späteren Schreiben des Beklagten, insbesondere dem Kündigungsbegleitschreiben vom 25. bzw. 28. Januar 2008 gebildet wird. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten war das Berufungsgericht nicht gehindert, bei der Vertragsauslegung auf diese außerhalb des Vertrags vom 24. Juli 2007 liegenden Umstände abzustellen (vgl. dazu allgemein: Ellenberger, in: Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, § 133 Rn. 15, 17).

8

b) Hieraus folgt zugleich, dass auch die Verfahrensrüge erfolglos bleiben muss, die der Beklagte gegen die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 23) richtet, nach dem Empfängerhorizont des Klägers habe bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein können, dass die Kündigung vom 24./25. Januar 2008 auch die Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung bedeutete.

9

Die Annahme des Beklagten, das Berufungsgericht habe hierdurch gegen die Denkgesetze bei der Ermittlung des Sachverhalts und damit gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen und außerdem den Streitgegenstand des zu entscheidenden Verfahrens im Sinne des § 90 VwGO verkannt, geht fehl. Sein Vortrag, der Gegenstand des Rechtsstreits in Form der Kündigung vom 24./25. Januar 2008 beziehe sich nicht auf die Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung, sondern nur auf den Vertrag vom 24. Juli 2007, durch den der Kläger nicht zum Abteilungsleiter bestellt worden sei, geht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Denn die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Vertrag unter anderem eben diese Bestellung enthielt, kann der Beklagte - wie dargelegt - nicht entkräften.

10

c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Verwaltungsgerichtshof auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise zu der Einschätzung (UA S. 26) gelangt, es sei nicht erkennbar, dass der in § 8 des Vertrags vom 24. Juli 2007 geregelte Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werde, weil üblicherweise nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger gestattet werde, Privatpatienten unter Inanspruchnahme der Sachausstattung und des Personals des Krankenhauses auf eigene Rechnung zu behandeln. Der Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, das Berufungsgericht habe den Grundsatz der ordnungsgemäßen richterlichen Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil der von ihm, dem Beklagten, im Berufungsverfahren angebrachte entscheidungserhebliche Vortrag, in seinem Verantwortungsbereich seien nicht alle Abteilungsleiter Chefärzte und nicht alle Chefärzte Abteilungsleiter, in den Gründen des angefochtenen Urteils nicht erwähnt werde und dementsprechend von dem Berufungsgericht nicht in Erwägung gezogen und gewürdigt worden sei.

11

Das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3, vom 20. April 2009 - BVerwG 6 B 107.08 - juris Rn. 9 und vom 15. März 2011 - BVerwG 7 B 51.10 - juris Rn. 12). Nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen richterlichen Überzeugungsbildung muss das Gericht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen (Urteile vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 2 und vom 18. Mai 1990 - BVerwG 7 C 3.90 - BVerwGE 85, 155 <158> = Buchholz 445.4 § 31 WHG Nr. 14 S. 5; Beschluss vom 15. März 2011 a.a.O. Rn. 13). Auch hier gilt jedoch, dass es für die Annahme, das Gericht habe dieser Verpflichtung nicht genügt, über das Fehlen einer Auseinandersetzung mit einem einzelnen Vorbringen hinaus sonstiger eindeutiger Anhaltspunkte bedarf (Urteil vom 25. März 1987 a.a.O. S. 2).

12

Besondere Umstände, die wegen der Nichterwähnung des Vortrags des Beklagten über die bei ihm nicht durchweg bestehende Deckungsgleichheit von Chefarzt- und Abteilungsleiterfunktion die Annahme einer Verletzung des Gehörs- oder Überzeugungsgrundsatzes durch den Verwaltungsgerichtshof rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere war dieser Vortrag nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich. Denn zum einen hat dieses seine Auffassung von der Abteilungsleitung als genuinem Bestandteil des Vertrags vom 24. Juli 2007 unabhängig von der von dem Beklagten in den Vordergrund gerückten Vergütungsregelung gewonnen. Zum anderen hat es seine Erwägung über die Üblichkeit der Anbindung des Privatliquidationsrechts an die Stellung als leitender Krankenhausarzt im Sinne eines Chefarztes nicht auf die konkret bei dem Beklagten bestehenden Verhältnisse, sondern auf allgemeine Aussagen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513, 558/74 - BVerfGE 52, 303 <335>, BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2008 - BVerwG 2 C 27.06 - BVerwGE 130, 252 = Buchholz 237.7 § 72 NWLBG Nr. 6 Rn. 10) gestützt.

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d) Schließlich liegt, anders als der Beklagte meint, dem Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 35 ff.) hinsichtlich der Auswirkungen der Kündigung des Vertrags vom 24. Juli 2007 auf die Aufgaben des Klägers in der Krankenversorgung kein Verfahrensfehler zu Grunde. Der Beklagte rügt erfolglos, das Berufungsgericht habe bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch die Annahme, dass die Vertragskündigung dem Kläger die durch § 53 Abs. 1 LHG BW gesetzlich zugewiesenen Aufgaben in der Krankenversorgung entzogen bzw. die umfassende Entbindung des Klägers von diesen Aufgaben bewirkt habe, gegen die Denkgesetze und damit gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen.

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Zunächst bezieht sich entsprechend den obigen Ausführungen auch diese Rüge der Sache nach nicht auf die Tatsachenfeststellung in Gestalt der Erfassung des Wortlauts des Vertrags vom 24. Juli 2007, der Kündigung vom 24./25. Januar 2008 oder der von dem Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang herangezogenen weiteren Schreiben des Beklagten, sondern auf die materiell-rechtliche Beurteilung, die die Vorinstanz aus den festgestellten Tatsachen abgeleitet hat. Weiterhin spart der Inhalt des Vertrags vom 24. Juli 2007 die Aufgaben der Krankenversorgung nicht aus. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 36) - hier nun deutlich in tatsächlicher Hinsicht - festgestellt, dass der Vertrag die gesetzlich vorgesehene Aufgabe der Krankenversorgung unter Berücksichtigung der Belange von Forschung und Lehre jedenfalls näher ausgestaltet. Darüber hinaus kann nach dem oben umschriebenen engen Maßstab in der Beurteilung des Berufungsgerichts (UA S. 36 f.), der Beklagte habe im Zusammenhang mit der ausgesprochenen Kündigung des Vertrags vom 24. Juli 2007 die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung in jedweder Hinsicht unterbinden und diesem damit einen Teil seiner beamtenrechtlich amtsangemessenen Beschäftigung entziehen wollen, dies auch in tatsächlicher Hinsicht so verwirklicht und damit seine Zuständigkeit überschritten, kein Verstoß gegen die Denkgesetze gefunden werden. Entgegen der Ansicht des Beklagten konnte sich der Verwaltungsgerichtshof für diese Beurteilung der Auswirkungen der Kündigung ebenso wie für die Auslegung des Vertrags vom 24. Juli 2007 insbesondere auf das Kündigungsbegleitschreiben des Beklagten vom 25. bzw. 28. Januar 2008 stützen. Er hat sich überdies, was der Beklagte in diesem Zusammenhang in seiner Beschwerdebegründung nicht angreift, unter anderem auf das weitere, vorsorgliche Kündigungsschreiben des Beklagten vom 30. September 2009 bezogen.

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2. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann die Revision ebenfalls nicht zugelassen werden. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen für die von ihr aufgeworfenen Fragen (a) bis c)) erfüllt sind.

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a) Der Beklagte möchte geklärt wissen,

ob allein die Tatsache, dass ein verfahrensrechtlicher Mangel der Verantwortungssphäre einer Vertragspartei zuzurechnen ist, dazu führt, dass die Berufung auf diesen Verfahrensmangel treuwidrig und rechtsmissbräuchlich ist.

17

Der Beklagte stellt diese Frage vor dem Hintergrund, dass der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 27) seinen Einwand, der Kläger könne aus einer etwaigen Übertragung der Abteilungsleitung durch den Vertrag vom 24. Juli 2007 schon deshalb nichts zu seinen Gunsten herleiten, weil auch für diese Bestellung das erforderliche Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG BW gefehlt hätte und sie deshalb unwirksam gewesen wäre, unter Verweis auf die Lokalisierung des behaupteten Mangels in der von dem Beklagten selbst zu verantwortenden Sphäre als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat.

18

Über diese den konkreten Fall kennzeichnenden Umstände weist die Frage des Beklagten nicht hinaus. Sie kann hier wie stets nur unter Berücksichtigung des zu entscheidenden Einzelfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben beantwortet werden. Eine grundsätzliche Bedeutung hat die Frage daher nicht.

19

b) Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält der Beklagte die weitere Frage,

ob das Institut des Formenmissbrauchs es ermöglicht, die rechtlichen Anforderungen an die Kündigung eines Vertrages über die vertragsrechtlichen Anforderungen hinaus zu erweitern.

20

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf das Verbot des Formenmissbrauchs in zwei Zusammenhängen abgestellt: Zum einen die Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter (UA S. 28), zum anderen die umfassende, das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne betreffende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung (UA S. 38). Auf beide Zusammenhänge bezieht sich die aufgeworfene Frage. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt ihr hier wie dort nicht zu.

21

Das Verbot des Formenmissbrauchs ist eine Ausprägung des in § 242 BGB statuierten, auch im öffentlichen Recht geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben (Urteile vom 26. März 2003 - BVerwG 6 C 24.02 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 50 S. 21 und vom 28. April 2009 - BVerwG 2 A 8.08 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 55 Rn. 18). Ob dieser Grundsatz als solcher des revisiblen Bundesrechts oder als solcher des nicht revisiblen Landesrechts angewandt wird, hängt davon ab, ob er zur Ergänzung von Bundesrecht oder Landesrecht herangezogen wird (Urteile vom 14. April 1978 - BVerwG 4 C 6.76 - BVerwGE 55, 337 <339> = Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 90 S. 19 und vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 67.82 - BVerwGE 69, 46 <48> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 195 S. 180, Beschluss vom 1. April 2004 - BVerwG 4 B 17.04 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 21 S. 6).

22

Hier hat sich der Verwaltungsgerichtshof allein auf dem Gebiet des nach § 137 Abs. 1 VwGO irrevisiblen Landesrechts bewegt, indem er auf das Verbot des Formenmissbrauchs im Zusammenhang mit einer seiner Einschätzung nach drohenden Umgehung der für eine Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter geltenden landesrechtlichen Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG BW abgestellt hat. Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der von dem Beklagten aufgeworfenen Frage scheitert daher insofern bereits daran, dass sie in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig ist. Ob unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 127 Nr. 2 BRRG etwas anderes gilt, soweit das Berufungsgericht das Verbot des Formenmissbrauchs als Sperre gegen eine Umgehung von Zuständigkeiten des (Landes-) Beamtenrechts im Hinblick auf die vollständige Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung benannt hat, kann offen bleiben. In dieser Hinsicht kommt der in Rede stehenden Frage jedenfalls deshalb keine Grundsatzbedeutung zu, weil sie einer allgemein gültigen, über den Einzelfall hinausweisenden Beantwortung nicht zugänglich ist. Denn nach dem insoweit zu Grunde zu legenden Ansatz des Verwaltungsgerichtshofs kommt es entscheidend darauf an, in welchem Umfang im Zusammenhang mit der Kündigung eine Entziehung der amtsangemessenen Aufgaben beabsichtigt und verwirklicht wird. Dies hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Falles ab.

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c) Schließlich sieht der Beklagte im Zusammenhang mit dem Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG BW die Fragen als grundsätzlich bedeutsam an,

ob § 45 Abs. 1 Nr. 5 und/oder § 58 LVwVfG auf die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages analog anwendbar sind,

ob das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG BW erforderliche Einvernehmen der Medizinischen Fakultät rückwirkend erteilt werden kann,

ob der Erteilung des Einvernehmens durch die Medizinischen Fakultät nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG BW eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen muss und ob dies voraussetzt, dass die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lässt, auf welche Maßnahmen sich das Einvernehmen beziehen soll,

und ob dann, wenn die Beschlussvorlage nicht eindeutig erkennen lässt, auf welche konkreten Organisationsmaßnahmen sich das Einvernehmen beziehen soll, eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung erforderlich ist.

24

Diese Fragen zeigen allesamt keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Sie lassen, ohne dass es darauf ankommt, inwieweit sie ungeachtet ihrer landesrechtlichen Anknüpfung durch die bundesverfassungsrechtliche Norm des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterfangen sind, in einem Revisionsverfahren eine Klärung jedenfalls deshalb nicht erwarten, weil sie für das angefochtene Urteil nicht entscheidungserheblich gewesen sind.

25

Die Fragen betreffen sämtlich den Begründungsstrang des berufungsgerichtlichen Urteils, der die Unwirksamkeit der Kündigung vom 24./25. Januar 2008 aus dem Fehlen des Einvernehmens der Medizinischen Fakultät der Universität nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG BW herleitet. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich für dieses Ergebnis jedoch selbständig tragend auch auf den Begründungsstrang der umfassenden und von dem Beklagten unter Überschreitung seiner Zuständigkeit vorgenommenen Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung gestützt (ausdrücklich: UA S. 18, 35).

26

Gegen den letztgenannten Begründungsstrang hat der Beklagte - wie dargelegt - keinen durchgreifenden Revisionszulassungsgrund ins Feld geführt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Revision gegen ein Urteil, das - wie hier - auf mehrere, je selbständig tragende Begründungen gestützt ist, nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 18. August 2010 - BVerwG 6 B 24.10 - juris Rn. 2).

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 128/03 Verkündet am:
11. November 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Architekt schuldet dem Besteller eine zutreffende Beratung über die voraussichtlichen
Baukosten. Sind Kostenschätzungen zu besonderen Zwecken, wie zur
Unterstützung von Kreditanträgen oder Förderanträgen, unzutreffend, so hat der
Architekt im Rahmen der Beratungspflicht darauf hinzuweisen, daß diese Kostenschätzungen
keine Grundlage für die Investitionsentscheidung sein können.

b) Verfolgt der Architekt mit der Berufung nicht mehr seine Abschlags-, sondern eine
Teilschlußforderung, so ist das gemäß § 264 Nr. 3 ZPO nicht als eine Änderung
der Klage anzusehen (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 5. November 1998 -
VII ZR 191/97, BauR 1999, 267).

c) Haben die Parteien vereinbart, daß der Architekt Leistungen nach § 15 Abs. 2
HOAI, Leistungsphasen 1 bis 9, zu erbringen hat, so sind die Kostenermittlungen
als Teilerfolge geschuldet, die grundsätzlich in den Leistungsphasen erbracht
werden müssen, denen sie in der HOAI zugeordnet sind (im Anschluß an BGH,
Urteil vom 24. Juni 2004 – VII ZR 259/02, BauR 2004, 1640, 1642; Aufgabe von
BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 159/96, BauR 1997, 1067).

d) Nach Fertigstellung des Bauvorhabens hat der Besteller regelmäßig kein Interesse
mehr an einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung und an einem Kostenanschlag
, so daß eine Minderung der Vergütung nicht davon abhängt, daß er dem
Architekt eine Frist zur Erstellung der Kostenermittlungen gesetzt und die Ablehnung
angedroht hat.
BGH, Urteil vom 11. November 2004 - VII ZR 128/03 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. März 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen unrichtiger bzw. unterlassener Aufklärung über die Kosten einer Bausanierung. Er erwarb 1992 die sanierungsbedürftige Villa B. in W. zum Preis von 397.830,00 DM. Am 24. März 1994 erstellten die Beklagten für das Gebäude eine so genannte "Kostenschätzung" für einen Neubau und zwei Sanierungsvarianten. Der Kläger entschied sich für die kostengünstigere Variante, deren Kosten mit 650.000 DM inklusive Abbruchkosten geschätzt worden waren. Er erteilte den Beklagten zunächst mündlich einen Planungsauftrag, der die Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI zum Gegenstand hatte. Später un-
terzeichneten der Kläger im Oktober 1994 und die Beklagten im Januar 1995 einen schriftlichen Architektenvertrag. Am 14. Juni 1994 reichten die Beklagten für den Kläger den Bauantrag ein. Darin wurden die Baukosten mit 650.000 DM angegeben. In einer Kostenaufstellung für Kreditanträge vom 13. Oktober 1994 gaben die Beklagten die Baukosten inklusive Abbruchkosten erneut mit 650.000 DM an. Am 27. Oktober 1994 erstellten die Beklagten eine Baukostenschätzung "Stand 31. Dezember 1994", wonach die Baukosten ohne Abbrucharbeiten 779.000 DM bis zu diesem Datum betragen. Der Kläger begann am 7. November 1994 mit der Vergabe der Aufträge an Bauunternehmer. Das Bauvorhaben wurde im August 1995 bezugsfertig. Der Kläger hat Baukosten von 1.921.435,05 DM und Gesamtkosten von 2.734.638,84 DM errechnet. Die hohen Baukosten führt er nur in geringem Umfang auf Planungsänderungen und Zusatzwünsche während der Bauarbeiten zurück. Er behauptet, die Kostenschätzungen der Beklagten seien fehlerhaft gewesen. Die Beklagten hätten die Kosten bereits im März 1994 auf 1.340.000 DM schätzen müssen. Jedenfalls im Zeitpunkt des Bauantrags hätten diese Kosten auf der Grundlage der eingereichten Planung geschätzt werden müssen. Der Kläger behauptet, er habe sich zu der Sanierung entschlossen , weil er die Investition auf der Grundlage der von den Beklagten vorgenommenen Schätzung für rentabel gehalten habe. Hätte er vor Beauftragung der Bauunternehmer gewußt, daß sich die Baukosten verdoppeln würden, hätte er die Sanierung nicht begonnen und durchgeführt, sondern das Grundstück an einen konkret benannten Interessenten verkauft. Mit dem Kaufpreis hätte er seine bis dahin entstandenen Aufwendungen gedeckt. Der Kläger berechnet seinen Schaden in der Weise, daß er von den Gesamtkosten für das Bauwerk in Höhe von 2.734.638,84 DM den derzeitigen Wert des Grundstücks, den er
mit 1.400.000 DM angibt, abzieht. Als Mindestschaden macht er einen Betrag von 1.000.000 DM geltend. Er stützt seine Klage auch darauf, daß die Beklagten keine baubegleitenden Kostenermittlungen vorgelegt hätten. Im übrigen hat er behauptet, die Beklagten hätten die Handwerkerleistungen überteuert vergeben , die Rechnungen seien nicht ordnungsgemäß geprüft worden. Zudem hat er Mängel der Leistung beanstandet. Die Beklagten haben Widerklage auf Zahlung von 170.000 DM erhoben. Diese Widerklage haben sie in Höhe von 100.000 DM auf Honoraransprüche aus einer Abschlagsrechnung für Leistungen gestützt, die sie für ein anderes Projekt, die Errichtung eines Bürogebäudes in W., erbracht haben. In Höhe von 70.000 DM haben sie Honoraransprüche für Leistungen für die Villa B. aus einer 4. Abschlagsrechnung geltend gemacht. Dieser haben sie eine Kostenberechnung , einen Kostenanschlag und eine Kostenfeststellung nach DIN 276 beigefügt. Der Kläger hat die Aufrechnung mit der Schadensersatzforderung erklärt. Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. In der Berufung ist die Widerklage auf eine Teilschlußrechnung über Architektenleistungen für das Bürogebäude in Höhe von 105.874,36 DM und für die Villa B. in Höhe von 83.305,54 DM gestützt worden. Hilfsweise haben die Beklagten den Gesamtbetrag von 189.179,90 DM als Abschlagszahlung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Beklagten ist der Kläger zur Zahlung von 189.179,90 DM (96.726,14 €) nebst Zinsen verurteilt worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Beklagten nach seinem Klageantrag zu ver-
urteilen und die Widerklage abzuweisen. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet. Der Kläger könne Schadensersatz weder aus § 635 BGB noch aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung verlangen. Zwischen den Parteien sei im Anschluß an die Besprechung der Kostenschätzung vom 24. März 1994 mündlich ein Architektenvertrag mit dem Inhalt geschlossen worden, wie er sich aus dem im Oktober 1994 und Januar 1995 von den Parteien unterzeichneten schriftlichen Vertrag ergebe. Danach seien die Beklagten verpflichtet gewesen, Architektenleistungen gemäß § 15 HOAI, Leistungsphasen 1 bis 9, zu erbringen. Eine mangelhafte Leistung der Beklagten liege nicht vor. Weder sei eine Kostenobergrenze noch ein Kostenrahmen vereinbart worden. Eine gemeinsame Kostenvorstellung der Parteien habe nicht vorgelegen. Die Kostenschät-
zung vom 24. März 1994 habe nach ihrem Sinn und Zweck dem Kläger die Entscheidungsgrundlage zwischen zwei Sanierungsalternativen geboten. Soweit im Bauantrag die Kostenschätzung vom 24. März 1994 übernommen worden sei, habe der Kläger nicht davon ausgehen können, daß es sich hierbei um die neu berechneten Gesamtbaukosten auf der Grundlage seiner nach diesem Datum erteilten Vorgaben handele. Die Kostendarstellung vom 13. Oktober 1994 habe lediglich dazu gedient, die steuerrechtliche Abgrenzung der Baukosten für eigen- und fremdgenutzte Wohnungen vorzunehmen. Eine Kostenvereinbarung könne auch nicht der Baukostenschätzung "Stand 31. Dezember 1994" entnommen werden. Diese habe nur die Kosten bis zum 31. Dezember 1994 wieder gegeben. Ein Mangel könne auch nicht hinsichtlich der Erstellung der Kostenermittlungen , der Kostenberechnung, des Kostenanschlags und der Kostenfeststellung festgestellt werden. Diese seien zwar geschuldet. Die Leistungen seien jedoch während des Prozesses erbracht worden. Die verspätete Vorlage der Kostenermittlungen begründe einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB nicht. Da im Werkvertrag ein Erfolg geschuldet werde, werde die Leistung des Werkunternehmers grundsätzlich erst mit dem für die Ablieferung des Gesamtwerkes maßgeblichen Zeitpunkt fällig, sofern nicht eine Vereinbarung über eine frühere Fälligkeit von Teilleistungen getroffen worden sei. Eine solche frühere Fälligkeit der Kostenermittlungen hätten die Parteien weder mündlich am 23. März 1994 noch im schriftlichen Architektenvertrag vereinbart. Ob die Beklagten ihrer Pflicht, die Kosten des Bauvorhabens im Planungsvorhaben richtig zu ermitteln und diese Kostenermittlung dann auch im Rahmen der Bauausführung so umzusetzen, daß es nicht zu unvertretbar hohen Kostenüberschreitungen komme, nachgekommen seien, könne im Ergebnis dahinstehen. Jedenfalls sei die Kostenschätzung vom 24. März 1994 nach
dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht fehlerhaft gewesen. Ungünstige Vertragsabschlüsse seien den Beklagten nicht vorzuhalten. Auch wenn eine Pflichtverletzung der Beklagten zu bejahen sei, müßte der Schadensersatzanspruch daran scheitern, daß der Kläger keine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gesetzt habe. Dem Kläger sei diese nicht unmöglich oder unzumutbar gewesen. Er habe nach seiner Behauptung selbst um aktualisierte Kostenermittlungen gebeten. Bei der Vergabe der Aufträge sei die Kostensteigerung bereits erkennbar gewesen. Gleichwohl habe er bis zum Ende der Baumaßnahme davon abgesehen, die Beklagten zu einer Korrektur einer Planung aufzufordern. Der Kläger habe die Höhe des Schadens auch nicht substantiiert dargelegt. Er habe schon nicht dargelegt, welche Kosten er für die Sanierung der Immobilie tatsächlich aufgewandt habe. Eine Bezugnahme auf die Kostenermittlung der Beklagten werde den Anforderungen nicht gerecht, da zwischen den Parteien streitig sei, in welchem Umfang der Kläger die Rechnungen der Bauunternehmer bezahlt habe. Er habe darüber hinaus nicht dargelegt, welche Steuervorteile er sich infolge des Bauvorhabens anrechnen lasse. Auf die Frage , in welchem Umfang er Schadensersatzleistungen der Beklagten zu versteuern habe, komme es nicht an. An einen Ersatz des Schadens sei erst zu denken, wenn zuvor ein Schaden festgestellt worden sei. Ob ein Schaden vorliege , könne nicht festgestellt werden, da der Kläger zur Höhe seiner Steuervorteile nichts vorgetragen habe. Da der Kläger erhebliche Abschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz sowie nach § 7 EStG vorgenommen habe, sei es letztlich möglich, daß ein wirtschaftlicher Schaden überhaupt nicht eingetreten sei. Eine mögliche Schadensersatzzahlung der Beklagten vermindere die Anschaffungskosten nicht. Die Schadensersatzverpflichtung habe auf die entstandene und rechtmäßig festgesetzte Einkommenssteuer keinen Einfluß.
Der Kläger könne seinen Schadensersatzanspruch auch nicht auf eine positive Vertragsverletzung der Beklagten stützen. Eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten wäre für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden. Die grundsätzliche Pflicht der Beklagten, den Kläger über Baukostensteigerungen zu beraten, bestehe nur, wenn sich die Verteuerung nicht ohnedies aus den Gesamtumständen von Zusatzaufträgen ergebe bzw. dem Bauherr erkennbar sei. Dies werde bei grundlegenden baulichen Änderungen oder Qualitätsverbesserungen , die der Bauherr gegenüber dem ursprünglichen Ausbaustandard veranlasse, immer der Fall sein. Ob der Kläger auf dieser Grundlage beratungsbedürftig gewesen sei, bedürfe keiner Aufklärung. Ein Schadensersatzanspruch scheitere, wenn davon auszugehen sei, daß der Bauherr das Bauvorhaben auch bei rechtzeitiger Kenntnis der späteren Bausummenüberschreitung fortgesetzt hätte, weil die mangelnde Aufklärung über die fortlaufenden Kosten dann nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden sei. Davon, daß die in der ursprünglichen Kostenschätzung genannten und im Bauantrag wiederholten Kosten von 650.000 DM nicht mehr aufrecht zu erhalten gewesen seien, habe der Kläger spätestens nach Erhalt der Kostenzusammenstellung vom 13. Oktober 1994 sowie der Kostenschätzung vom 27. Oktober 1994 über rund 779.000 DM ausgehen müssen. Der Kläger habe in Kenntnis der geänderten Prognosen gleichwohl ab dem 7. November 1994 die ersten Aufträge erteilt. Er hätte durch einfache Addition der erteilten Aufträge erkennen können, daß er bereits Ende November die Baukostensumme von 1 Mio. DM überschreiten werde. Die Überschreitung habe nicht zum Abbruch des Objekts geführt. Der Kläger habe sich auch später zu keiner Zeit von der Fortsetzung des Projekts abhalten lassen.
Zur Widerklage führt das Berufungsgericht aus, den Beklagten stehe aus der Honorarteilschlußrechnung vom 15. Juli 1999 über Leistungen für das Bürogebäude ein Honorar von 105.874,36 DM und über Leistungen für die Villa B. ein Honorar von 83.305,54 DM zu. Die Leistungen aus den abgerechneten Leistungsphasen seien erbracht. Die neben der Kostenschätzung noch geschuldeten Kostenermittlungen lägen der Honorarteilschlußrechnung bei. Mit Schadensersatzansprüchen aus dem Bauvorhaben Villa B. könne der Kläger nicht aufrechnen, weil diese nicht bestünden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. A. Zur Klage Der Kläger stützt seinen Anspruch auf die Behauptung, die Beklagten hätten ihn nicht richtig über die voraussichtlichen Baukosten für die von ihm gewählte Sanierung aufgeklärt, bevor er die ersten Bauunternehmer beauftragt und damit die Durchführung der Maßnahme in die Wege geleitet habe. Die Aufklärungspflichtverletzung sei ursächlich für seine Entscheidung gewesen, das Bauwerk zu sanieren und nicht zu veräußern. Infolge der unterlassenen Aufklärung habe sich sein Vermögen um mindestens 1 Mio. DM verringert. 1. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verletzung von Aufklärungspflichten scheitert nach dem in der Revision zu unterstellenden Sachverhalt nicht daran, daß die Beklagten keine Pflichten verletzt haben. Auch kann die Ursächlichkeit einer möglichen Pflichtverletzung nicht mit den Erwägungen des Berufungsgerichts verneint werden.

a) Zwischen den Parteien ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Vertrag über Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI für die Sanierung der Villa B. geschlossen worden. aa) Auf der Grundlage dieses Vertrages schuldeten die Beklagten ungeachtet ihrer Verpflichtung, verschiedene Kostenermittlungen vorzulegen, eine zutreffende Aufklärung über die voraussichtlichen Baukosten. Der Architekt ist bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung gehalten, den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken (BGH, Urteil vom 17. Januar 1991 - VII ZR 47/90, BauR 1991, 366, 367). Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, daß die Beklagten nach § 1.2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag verpflichtet waren, den Kläger zu den Baukosten und deren Ermittlung allgemein zu beraten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 159/96, BauR 1997, 1067 = ZfBR 1998, 22). Die Kostenberatung durch den Architekten hat den Zweck, den Besteller über die zu erwartenden Kosten des Bauvorhabens zu informieren, damit dieser die Entscheidung über die Durchführung des Bauvorhabens auf einer geeigneten Grundlage treffen kann. Diese allgemeine Beratungspflicht erfährt keine Einschränkung dadurch, daß Kostenangaben des Architekten zu besonderen Zwecken benötigt werden. Sofern sich aus den Umständen nichts besonderes ergibt, darf der Besteller davon ausgehen, daß zu solchen Zwecken abgegebene Kostenschätzungen zutreffend sind. Ist das nicht der Fall, muß der Architekt über die Schwächen der Kostenangaben aufklären. Er muß deshalb darüber aufklären, daß seine Kostenangaben im Bauantrag oder zur Unterstützung von Kreditanträgen sowie zur Sicherung von Förderungsmöglichkeiten ungenau oder sogar fehlerhaft und deshalb keine geeignete Grundlage für die Investitionsentscheidung sein können.
Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Aufklärungspflicht bestehe nur, wenn die spätere Verteuerung für den Besteller nicht ohnehin erkennbar sei. Die allgemeine Beratungspflicht über die Kosten des Bauvorhabens besteht bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung. Hat der Architekt die Vorlage verschiedener Kostenermittlungen, wie Kostenberechnung , Kostenanschlag und Kostenfeststellung übernommen, ist er jedenfalls in den Zeitpunkten, in denen diese Kostenermittlungen vorgelegt werden müssen, zu zutreffenden Kostenangaben verpflichtet. Legt der Architekt unabhängig davon fehlerhafte Kostenschätzungen zu besonderen Zwecken vor, so besteht eine gesteigerte Aufklärungspflicht über deren Fehler in diesem Zeitpunkt. Sie wird nicht dadurch gemindert, daß der Besteller die Ungenauigkeit oder Fehlerhaftigkeit später erkennen kann. In Ausnahmefällen kann die Aufklärungspflicht entfallen, wenn der Besteller positive Kenntnis von den aufzuklärenden Umständen hat und auch in der Lage ist, die Konsequenzen für die weitere Planung und Durchführung des Bauvorhabens selbständig zu erkennen, so daß er einer Beratung durch den Architekten nicht bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 – VII ZR 196/98, BauR 1999, 1319, 1322 = ZfBR 2000, 28). bb) Gegen ihre Verpflichtung, den Kläger richtig aufzuklären, haben die Beklagten nach dem in der Revision zu unterstellenden Sachverhalt mehrfach verstoßen. Die Beklagten haben im Bauantrag vom 14. Juni 1994 Baukosten von 650.000 DM angegeben. Nach dem Gutachten des Sachverständigen waren diese Kosten fehlerhaft ermittelt. Die Kosten hätten nach der dem Bauantrag zugrunde liegenden Planung auf 1.340.000 DM geschätzt werden müssen. In dem vom Berufungsgericht erwähnten Ergänzungsgutachten hat der Sachverständige lediglich seine Ausführungen zur Kostenschätzung vom 24. März 1994 korrigiert, nicht jedoch die Ausführungen zu den zu schätzenden Baukosten im
Zeitpunkt des Bauantrags. Die Beklagten haben den Kläger nicht darüber aufgeklärt , daß die Angaben im Bauantrag fehlerhaft sind. Die zu diesem Zeitpunkt vorzulegende Kostenberechnung, die über die Fehlerhaftigkeit und Unzuverlässigkeit der bisherigen Kostenangaben Auskunft gegeben hätte, haben sie nicht vorgelegt. Die Beklagten haben sodann in ihrer zur Unterstützung von Kreditanträgen vorgenommenen Kostenschätzung vom 13. Oktober 1994 zu geringe Kosten angegeben. Auch in diesem Zusammenhang haben sie nicht darüber aufgeklärt, daß die Kostenschätzung fehlerhaft ist. Schließlich ergibt sich auch aus der Kostenschätzung vom 27. Oktober 1994 nicht, daß sie die Kosten auch weiterhin zu niedrig eingeschätzt haben.
b) Die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten für die Entscheidung des Klägers, das Haus zu sanieren und nicht zu veräußern, kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden. aa) Richtig ist, daß die Pflichtverletzung dann nicht ursächlich für einen Schaden aus einer Aufklärungspflichtverletzung ist, wenn der Geschädigte sich nach der gebotenen Aufklärung nicht anders verhalten hätte. bb) Zu Unrecht will das Berufungsgericht das annehmen, weil der Kläger das Bauvorhaben in Kenntnis von Kostensteigerungen begonnen und fortgesetzt hat. Allein aus dem Umstand, daß der Kläger in Kenntnis von Kostensteigerungen die Bauunternehmer beauftragt hat, kann nicht geschlossen werden, daß er das Bauvorhaben bei richtiger Aufklärung ebenfalls durchgeführt hätte. In der Revision ist davon auszugehen, daß ihm bei richtiger Aufklärung bewußt gewesen wäre, daß die Baukosten 1.340.000 DM betragen werden und deshalb das Bauvorhaben, wie er behauptet, nach damaliger Einschätzung nicht rentabel ist. Dann liegt es nahe, daß er jedenfalls dann von dem Objekt Abstand ge-
nommen hätte, wenn er es ohne Verlust hätte verkaufen können. Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich kein vernünftiger Grund, warum der Kläger ein unrentables Objekt hätte durchführen sollen. Daraus, daß es bereits bei der Beauftragung Kostensteigerungen im behaupteten Umfang von ca. 230.000 DM gegeben hat, kann nicht geschlossen werden, daß der Kläger bereit war, auch eine deutlich höhere Kostensteigerung, die zur Unrentabilität führt, zu akzeptieren. Aus dem Umstand, daß der Kläger im Laufe des Jahres 1995 den deutlich werdenden Kostensteigerungen nicht widersprochen hat und das Bauvorhaben fortführen ließ, kann nicht ohne Abwägung der gesamten Umstände geschlossen werden, daß er das Bauvorhaben in Kenntnis der hohen Kosten auch begonnen hätte. Das Berufungsgericht läßt unberücksichtigt, daß bei fortschreitendem Bauvorhaben ein wirtschaftlicher Zwang bestehen kann, das Bauvorhaben trotz steigender Kosten fortzuführen. 2. Die Klage kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung als unsubstantiiert abgewiesen werden, daß der Kläger nicht angegeben habe, welche Kosten er für die Sanierung der Immobilie tatsächlich aufgewandt habe; eine Bezugnahme auf die Kostenermittlung der Beklagten werde den Anforderungen nicht gerecht, da zwischen den Parteien streitig sei, in welchem Umfang der Kläger die Rechnungen bezahlt habe. Diese Begründung belegt nicht, daß der Kläger seinen Schaden nicht substantiiert dargelegt hat. Die Frage, in welchem Umfang die Bezahlung der Rechnungen streitig ist, spielt für die Substantiierung des Schadensersatzanspruches keine Rolle. Das Berufungsgericht hat möglicherweise zudem nicht bedacht, daß bereits die Belastung mit Verbindlichkeiten ein Schaden ist. Der Kläger kann sich insoweit auf die Kostenfeststellung der Beklagten beziehen.
3. Das Urteil hat auch keinen Bestand, soweit das Berufungsgericht die Klage deshalb als unschlüssig angesehen hat, weil der Kläger zur Höhe seiner Steuervorteile nicht vorgetragen habe.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Kläger seinen Schaden darlegen muß. Der Schaden des Klägers besteht nach seiner Behauptung darin, daß er Herstellungskosten von über 2 Mio. DM aufgewandt hat, die er bei zutreffender Beratung nicht aufgewandt hätte. Von dieser Schadenssumme muß er sich nicht nur den Wert des Objektes abziehen lassen, sondern auch die Vorteile, die er dadurch erlangt hat, daß er die Herstellungskosten steuerlich abgesetzt hat (BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114 ff.). Diese steuerlichen Vorteile muß der Kläger darlegen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1987 - VI ZR 17/86, NJW 1987, 1814).
b) Der Geschädigte kann allerdings unter Umständen seiner Darlegungslast ohne detaillierte Angaben zu den Steuervorteilen genügen, wenn er einen Sachverhalt vorträgt, nach dem der Steuervorteil deshalb nicht zu einer Schadensminderung führt, weil er den Schadensersatz versteuern muß. Ein durch eine Investitionsentscheidung erlangter Steuervorteil ist grundsätzlich dann nicht zu berücksichtigen, wenn der dem Geschädigten gezahlte Schadensersatz , mit dem er so gestellt wird, als hätte er die Investitionsentscheidung nicht vorgenommen, versteuert werden muß (BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, aaO; Urteil vom 21. September 1987 - II ZR 265/86, NJW-RR 1988, 161). Die Darlegungslast des Geschädigten zu dem von ihm erlittenen Schaden kann auf Grundlage dieser Rechtsprechung nur dann erleichtert sein, wenn Steuervorteil und Steuernachteil im wesentlichen auf der selben Berechnungsgrundlage entstehen. Denn nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, daß sich beide ausgleichsfähig gegenüberstehen. Ist die Berechnungsgrundlage für den Steuervorteil hingegen wesentlich höher als für den Steuernachteil, ist es Sache
des Geschädigten, den ihm dann regelmäßig zwangsläufig verbleibenden Steuervorteil darzulegen. In aller Regel wird ihm das nur möglich sein, wenn er die gesamten steuerlichen Vorteile und auch die durch die Versteuerung des Schadensersatzes drohenden Nachteile darlegt und saldiert. Die durch die Versteuerung drohenden Nachteile kann der Geschädigte aufgrund seiner für ihn erkennbaren steuerlichen Situation schätzen. Wegen der durch die Schätzung verbleibenden Unsicherheit kann er einen Feststellungsantrag stellen.
c) Auf dieser Grundlage reicht der Vortrag des Klägers entgegen seiner Ansicht nicht aus. Er hat nach seiner Behauptung Herstellungskosten von 2.007.440 DM abzüglich seines Eigenanteils steuerlich geltend gemacht. Die Schadensersatzverpflichtung in Höhe von 1.000.000 DM bleibt deutlich unter diesem Betrag. Es ist danach davon auszugehen, daß dem Kläger steuerliche Vorteile zugeflossen sind, die durch die Versteuerung des Schadensersatzes nicht ausgeglichen werden. Unter diesen Umständen ist er verpflichtet, den Schaden unter konkreter Berechnung sämtlicher steuerlicher Vorteile und möglicher Nachteile zu berechnen.
d) Zu diesem Ergebnis kommt auch das Berufungsgericht. Gleichwohl ist sein Urteil aufzuheben, weil seine Begründung nicht zu erkennen gibt, daß der Kläger mit der gebotenen Deutlichkeit auf die Rechtslage hingewiesen worden ist. Der Verweis auf das Urteil des Senats vom 16. Dezember 1993 (VII ZR 115/92, BauR 1994, 268 = ZfBR 1994, 119) reicht dazu nicht. Auch aus dem Vortrag der Beklagten ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger sich nicht auf die dargestellte Rechtsprechung berufen kann. Der Kläger muß Gelegenheit bekommen, seinen Vortrag zu ergänzen.
B. Zur Widerklage 1. Das Berufungsgericht hat den Beklagten Honoraransprüche aus den Teilschlußrechnungen vom 15. Juli 1999 zuerkannt. Es hat nicht geprüft, ob die Berufung schon deshalb unzulässig ist, weil die Beklagten mit der Klage keine Ansprüche aus einer Teilschlußrechnung, sondern aus einer Abschlagsrechnung geltend gemacht haben. Die Berufung ist zulässig, ungeachtet dessen, daß sie auch als Anschlußberufung zulässig wäre. Allerdings muß der Kläger mit der Berufung die Beschwer bekämpfen, die sich durch die Abweisung der Klage ergibt. Stützt der Kläger seine Zahlungsklage in der Berufung auf einen neuen Streitgegenstand, so verfolgt er damit nicht die Beschwer des klageabweisenden Urteils (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 – VII ZR 81/02, BauR 2004, 365 = ZfBR 2004, 151 = NZBau 2004, 157). Anders ist das, wenn der Kläger mit der Berufung statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung einen anderen Gegenstand oder das Interesse fordert, § 264 Nr. 3 ZPO. Dieser Fall liegt vor. Die Beklagten haben in der Berufung eine Schlußrechnung vorgelegt mit der Behauptung, sie seien nach Beendigung der Teilleistung berechtigt, anstelle der Abschlagszahlung eine Schlußzahlung zu verlangen. Damit haben sie wegen einer späteren Veränderung ein anderes Interesse geltend gemacht (BGH, Urteil vom 21. Februar 1985 – VII ZR 160/83, BauR 1985, 360 = NJW 1985, 1840 = ZfBR 1985, 174; Urteil vom 26. Februar 1987 – VII ZR 217/85, BauR 1987, 453 = NJW-RR 1987, 724 = ZfBR 1987, 200). Der Anspruch auf Abschlagszahlung ist lediglich eine modifizierte Form des Anspruchs auf Werklohn (BGH, Urteil vom 15. April 2004 – VII ZR 471/01, BauR 2004, 1146 = NJW-RR 2004, 957 = ZfBR 2004, 552). An seiner insoweit abweichenden Entscheidung (Urteil vom 5. November 1998 – VII ZR 191/97, BauR 1999, 267 = NJW 1999, 713 = ZfBR 1999, 98) hält der Senat nicht fest.
2. Soweit das Berufungsgericht der Honorarklage stattgibt, kann das Berufungsurteil schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Kläger mit der Schadensersatzforderung aufgerechnet hat. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin: Das Berufungsgericht prüft nicht, ob das Honorar deshalb zu mindern ist, weil die Beklagten während des Bauvorhabens die geschuldeten Kostenermittlungen nicht vorgenommen haben. Eine Minderung des Honorars kommt in Betracht.
a) Nach der vom Berufungsgericht vorgenommen Vertragsauslegung waren die Beklagten verpflichtet, die in § 15 Abs. 2 HOAI in den verschiedenen Leistungsphasen dargestellten Kostenermittlungen vorzunehmen. Diese der Revision günstige Auslegung ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht erkennt, daß in § 15 HOAI keine Leistungspflichten geregelt sind. Werden dem Architekten die Leistungsphasen 1 bis 9 aus § 15 Abs. 2 HOAI übertragen, ist eine Vertragsauslegung dahin möglich und nahe liegend, daß dem Architekten damit auch die Verpflichtung auferlegt wird, eine Kostenschätzung, eine Kostenberechnung , einen Kostenanschlag und eine Kostenfeststellung vorzulegen.
b) Das Berufungsgericht geht in anderem Zusammenhang davon aus, daß es den Beklagten frei steht, wann sie die Kostenermittlungen vornehmen. Da beim Werkvertrag ein Erfolg geschuldet sei, werde die Leistung des Werkunternehmers grundsätzlich erst mit dem für die Ablieferung des Gesamtwerkes maßgeblichen Zeitpunkt fällig, sofern nicht eine Vereinbarung über eine frühere Fälligkeit von Teilleistungen getroffen worden sei. Eine solche frühere Fälligkeit hätten die Parteien nicht vereinbart.
Das ist rechtsfehlerhaft. Der vom Architekten geschuldete Gesamterfolg ist im Regelfall nicht darauf beschränkt, daß er die Aufgaben wahrnimmt, die für die mangelfreie Errichtung des Bauwerks erforderlich sind. Vielmehr können auch Teilerfolge vereinbart sein. Inwieweit das der Fall ist, ist durch die Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Dabei sind die durch den Vertrag begründeten Interessen des Bestellers an den Arbeitsschritten zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 – VII ZR 259/02, BauR 2004, 1640, 1642 = NZBau 2004, 509). Vereinbaren die Parteien, daß der Architekt die in § 15 Abs. 2 HOAI genannten Kostenermittlungen schuldet, so sind diese als Teilerfolge geschuldet (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., § 5 Rdn. 20; Preussner in: Thode /Wirth/Kuffer, Prax.Hdb.Architektenrecht, § 9 Rdn. 52). Sie müssen grundsätzlich in den Leistungsphasen erbracht werden, denen sie in der HOAI zugeordnet sind. Andernfalls würden sie ihren Zweck regelmäßig nicht mehr erfüllen können. Dieser besteht darin, eine vom Planungsstand abhängige Information über die voraussichtlichen Kosten des Bauwerks zu erhalten. Soweit sich aus der Entscheidung des Senats vom 3. Juli 1997 – VII ZR 159/96, BauR 1997, 1067 = ZfBR 1998, 22, etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
c) Danach kommt eine Minderung der Vergütung der Beklagten sowohl für die Leistungen für das Bürogebäude als auch für das Vorhaben Villa B. in Betracht. Die Minderung der Honoraransprüche wegen des Fehlens der Kostenschätzung , Kostenberechnung und des Kostenanschlags kann nicht deshalb versagt werden, weil der Kläger den Beklagten keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Auch wenn, wofür viel spricht, § 634 Abs. 1 BGB anwendbar ist, kann der Kläger Schadensersatz oder Minderung verlangen. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist entbehrlich. Eine etwa erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist nicht Voraussetzung für die Minderung wegen eines Mangels der Architektenleistung, wenn der Besteller das Interesse an der Leistung deshalb verloren hat, weil die Leistung ihren vertraglich
vorgesehenen Zweck nicht mehr erfüllen kann. Das ist für die Kostenschätzungen , Kostenberechnungen und Kostenanschläge, die erst nach Durchführung des Bauvorhabens und meist zu Zwecken der Honorarberechnung vorgelegt werden, ohne weiteres anzunehmen. Unzutreffend ist die in anderem Zusammenhang dargestellte Meinung des Berufungsgerichts, ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Kostenermittlungen könne deshalb nicht geltend gemacht werden, weil es dem Kläger während des Bauvorhabens zumutbar gewesen sei, eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen. Das Berufungsgericht stellt auf einen Zeitpunkt ab, der für die Beurteilung nicht maßgebend ist. Inwieweit die im Prozeß vorgelegte Kostenfeststellung ihren Zweck erfüllen kann, so daß sie eine zwar verspätete, aber dennoch sachlich mangelfreie Erfüllung des Vertrages darstellt, die eine Minderung ausschließt, kann der Senat mangels Feststellungen nicht beurteilen.

C.

Der Senat macht von der Möglichkeit der Zurückverweisung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts Gebrauch (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 278/06 Verkündet am:
8. Mai 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Der Streitgegenstand ändert sich nicht, wenn der Kläger seine Aktivlegitimation
zunächst aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und
später aus einer Abtretung der Klageforderung herleitet (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
vom 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens , mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Streithelferin der Beklagten trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem und gepfändetem Recht als Prozessbürgin in Anspruch.
2
Die I. GmbH (im Folgenden: I. ) wurde durch - inzwischen rechtskräftiges - Vorbehaltsurteil des Landgerichts E. vom 23. Dezember 1998 verurteilt, 90.943 DM nebst Zinsen an die IM. GmbH (im Folgenden: IM. ) zu zahlen. Der I. wurde nachgelassen, die Vollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000 DM abzuwenden. Nach dem Beschluss des Landgerichts E. vom 28. Januar 1999 konnte die Sicherheitsleistung auch durch eine Bankbürgschaft erbracht werden.
3
Am 29. Juli 1999 verbürgte sich die Beklagte gegenüber der IM. für die von der I. zu leistende Sicherheit in Höhe von 52.600,95 DM. Die IM. trat der Klägerin am 10. September 1999 ihre Forderungen aus dem Rechtsstreit gegen die I. und aus der Bürgschaft sicherungshalber ab. Am selben Tag erklärte sie in einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis, der Klägerin 260.000 DM zu schulden, und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgelehnt worden war, wurde die IM. im Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 wurden die Forderungen der IM. gegen die I. und gegen die Beklagte gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
4
Klage Die auf Zahlung von 26.894,44 € (= 52.600,95 DM) nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klägerin sei aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 aktivlegitimiert. Außerdem habe sie, auch wenn sie als Zessionarin bereits materielle Rechtsinhaberin gewesen sei, die Forderung der IM. pfänden können, um Inhaberin der formell titulierten Rechtsposition zu werden. Die Pfändungen seien nicht aus formellen Gründen nichtig. Die gepfändete Forderung sei in dem Beschluss vom 11. Februar 2003 ausreichend genau bezeichnet. Dass die IM. als Vollstreckungsschuldnerin bereits seit dem Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht gewesen sei, stehe der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegen.
8
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Ein Anspruch aus einer Prozessbürgschaft verjähre wie die titulierte Hauptforderung in 30 Jahren. Aus § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergebe sich eine Gleichwertigkeit von Bürgschaft und Hinterlegung. Der Anspruch auf Herausgabe hinterlegter Gegenstände erlösche gemäß § 21 Abs. 1 HinterlO grundsätzlich nach 30 Jahren.
9
Auch bei Zugrundelegung einer nur dreijährigen Verjährungsfrist sei keine Verjährung eingetreten. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bis zum 31. Dezember 2004 laufende Verjährungsfrist sei durch die Zustellung der Klage am 15. Dezember 2004 gehemmt worden. Dies gelte nicht nur, wenn die Klägerin die Bürgschaftsforderung durch die Pfändung erworben habe, auf die die Klage von Anfang an gestützt worden sei, sondern auch bei einem Erwerb durch die Abtretung, auf die die Klägerin sich erstmals im Schriftsatz vom 1. Juni 2005 bezogen habe. Streitgegenstand sei immer die Bürgschaftsforderung gewesen, die die Klägerin aus fremdem Recht geltend gemacht habe. Ob die Klägerin durch Abtretung oder durch Pfändung Rechtsinhaberin geworden sei, habe auf den Streitgegenstand der Bürgschaftsklage keinen Einfluss.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 Inhaberin der Forderung gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte in Höhe der Klagesumme geworden ist. Deshalb braucht nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin auch aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 aktivlegitimiert ist, d.h. ob die Klägerin die Forderung, deren Inhaberin sie bereits durch die Abtretung geworden war, noch wirksam pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen konnte (bejahend: OLG Köln WM 1978, 383, 385; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 829 Rdn. 21, 67; Musielak/Becker, ZPO 5. Aufl. § 829 Rdn. 8; Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 829 Rdn. 11; HK-ZPO/Kemper, § 829 Rdn. 9; vgl. auch RGZ 86, 135, 137; verneinend: Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 54 S. 636; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 2. Aufl. § 829 Rdn. 18).
12
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klageforderung sei nicht verjährt, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13
a) Dies gilt auch dann, wenn für den Anspruch aus der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 die kürzeste in Betracht kommende, nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt, die nach der rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts am 31. Dezember 2004 endete. Deshalb kann dahinstehen, ob aufgrund einer längeren Verjährungsfrist, eines späteren Fristbeginns, etwa erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen, oder einer Ablaufhemmung , z.B. bis zur Verjährung der Hauptschuld (vgl. Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl. § 765 Rdn. 26 m.w.Nachw.), von einem späteren Ende der Verjährungsfrist auszugehen ist.
14
b) Die Verjährungsfrist ist durch die Zustellung der Klageschrift am 15. Dezember 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Aktivlegitimation in der Klageschrift nur mit den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 11. und 17. Februar 2003 begründet und erst nach Ablauf der Verjäh- rungsfrist in einem Schriftsatz vom 1. Juni 2005 auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt worden ist.
15
Die Erhebung der Klage hemmt die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 m.w.Nachw.). Hingegen erstreckt sich die Verjährungshemmung nicht auf Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren (vgl. BGHZ 104, 268, 271 ff.; BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066). Der auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse und der auf die Abtretung gestützte Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision derselbe prozessuale Anspruch.
16
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. In diesem Sinn geht der Klagegrund über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (BGHZ 117, 1, 5 f.; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127 m.w.Nachw.).
17
Nach diesen Grundsätzen liegt im Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts grundsätzlich ein Wechsel des Streitgegenstandes im Sinne einer Klageänderung gemäß § 263 ZPO (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005). Hingegen ändert sich der Streitgegenstand nicht, wenn bei einer stillen Sicherungszession der Zedent die abgetretene Forderung zunächst aufgrund der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung geltend macht und später aufgrund einer Rückabtretung des Sicherungsnehmers weiterverfolgt. Dasselbe gilt für eine Umstellung des Klageantrages auf Zahlung an den Sicherungsnehmer nach Offenlegung der Sicherungsabtretung. Bei einer stillen Zession macht der Zedent nämlich aufgrund der Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungsnehmer abgetretene Forderung geltend (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
18
bb) Gemessen hieran hat sich der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht dadurch geändert, dass die Klägerin den Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 765 Abs. 1 BGB aufgrund der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 zunächst auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 und später auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt hat. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, unabhängig von der Begründung ihrer Aktivlegitimation, immer die in der Person der IM. entstan- dene Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte geltend gemacht. Die Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, die Klägerin sei aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus fremdem Recht, aufgrund der Abtretung hingegen aus eigenem Recht vorgegangen. Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung bewirkt zwar keinen Forderungsübergang (BGHZ 114, 138, 141) und steht deshalb einer Forderungsabtretung nicht gleich (Stöber, Forderungspfändung 14. Aufl. Rdn. 589). Sie verschafft dem Vollstreckungsgläubiger aber ein eigenes Einziehungsrecht und ermächtigt ihn, die Forderung in eigenem Namen einzuziehen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1981 - VII ZR 319/80, WM 1981, 1338). Deshalb tritt - ebenso wie bei Geltendmachung einer abgetretenen Forderung aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Einziehungsermächtigung und später aufgrund einer Rückabtretung (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066) - keine Änderung des Streitgegenstandes ein, wenn - wie hier - eine Forderung zunächst aufgrund des durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlangten Einziehungsrechts und später aufgrund einer Abtretung geltend gemacht wird. Der zeitliche Abstand zwischen der Abtretung und dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist entgegen der Auffassung der Revision für die Bestimmung des Streitgegenstandes unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065).

III.


19
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.10.2005 - 21 O 530/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2006 - 13 U 226/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 441/99 Verkündet am:
5. April 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja

a) Der Schuldner kann den Drittschuldner grundsätzlich auf Erfüllung der gepfändeten
Forderung an die Pfändungsgläubiger verklagen.

b) Behauptet der Schuldner, die Befriedigung der Pfändungsgläubiger zehre die
Forderung gegen den Drittschuldner nicht vollständig auf, kann er darüber hinaus
auf Zahlung nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger klagen.

c) Die Klageanträge müssen die einzelnen Pfändungsgläubiger ihrem Rang entsprechend
bezeichnen, die Höhe ihrer Forderungen beziffern, den vom Drittschuldner
zu leistenden Gesamtbetrag angeben und die Erklärung enthalten,
daß an den Kläger nur der nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibende
Restbetrag auszukehren ist.
BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 441/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Hauptantrag in Höhe von 15.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Mai 1999 sowie die Hilfsanträge abgewiesen worden sind.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung in Berlin, die er mit notariellem Vertrag vom 19. März 1989 an Frau M., die Nichte der Beklagten, verkaufte. Die Käuferin vermietete mit Zustimmung des Klägers die Wohnung durch
Vertrag vom 11. April 1989 an die Beklagte. Der Kaufvertrag wurde nicht vollzogen.
Mit einer im März 1995 erhobenen Klage verlangte der Kläger von der Beklagten Räumung der Wohnung und Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Der Räumungsklage wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. März 1998 (V ZR 298/96) stattgegeben, weil der Kaufvertrag wegen Unterverbriefung des Kaufpreises formnichtig war. Im Mai 1998 ist die Beklagte aus der Wohnung ausgezogen. Der Kläger hat seinen Anspruch wegen der Nutzung der Wohnung auf insgesamt 146.239,08 DM beziffert und gegen die Beklagte gerichtlich geltend gemacht.
Schon am 27. August 1993 hatte die Käuferin wegen einer Forderung von insgesamt 18.797,98 DM zuzüglich Zinsen die angebliche Forderung des Klägers gegen die Beklagte aus "Mietzahlungen für Wohnung" einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge gepfändet. Am 11. April, 17. Juni und 29. August 1994 hatte das Finanzamt Zehlendorf wegen Steuerforderungen von insgesamt 530,99 DM und am 21. Februar 1995 das Finanzamt BerlinMitte /Tiergarten wegen einer Forderung von 12.695,86 DM auf dieselben Ansprüche gerichtete Pfändungs- und Einziehungsverfügungen erlassen.
Das Landgericht hat die Zahlungsklage wegen dieser Pfändungen als unzulässig abgewiesen. Im Berufungsrechtszug hat der Kläger den Anspruch weiterverfolgt, hilfsweise Zahlung an das Finanzamt Mitte/Tiergarten und weiter hilfsweise Hinterlegung zum Zwecke der Auskehr an die Gläubiger Finanzamt Mitte/Tiergarten und die Käuferin sowie das Finanzamt Zehlendorf und des Restbetrages an sich selbst begehrt. Außerdem hat der Kläger in Erweiterung
des Hauptantrages Schadensersatz in Höhe von 23.000 DM zuzüglich Zinsen wegen schuldhafter Beschädigungen der Wohnung und nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen verlangt. Der Senat hat die Revision angenommen, soweit der Hauptantrag in Höhe von 15.000 DM zuzüglich Zinsen (Schadensersatz wegen Beschädigung der Wohnung) sowie die Hilfsanträge abgewiesen worden sind.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

A.


Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe den Schaden nicht im einzelnen substantiiert. Er habe pauschal einzelne Beträge angegeben, ohne darzulegen, wie und aufgrund welcher Tatsachen die angeblichen Kosten ermittelt worden seien. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ein Mietvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Das Berufungsgericht geht daher im Ansatz zutreffend davon aus, daß der
geltend gemachte Anspruch nur gemäß §§ 989, 990 BGB begründet sein kann. Nach dem Vorbringen des Klägers wußte die Beklagte im Zeitpunkt der Veränderung und der Beschädigungen, daß sie zum Besitz nicht berechtigt war, und wäre auch in der Lage gewesen, die Verschlechterungen der Sache zu vermeiden. Dem entgegenstehende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist daher davon auszugehen, daß die Beklagte dem Kläger für die behaupteten Beschädigungen und Veränderungen der Mietsache Schadensersatz schuldet.
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe einen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargetan, wird von der Revision mit Erfolg angegriffen.
Derjenige, der einen Anspruch geltend macht, genügt seiner Substantiierungslast (§ 138 Abs. 1 ZPO) durch die Behauptung von Tatsachen, die geeignet sind, in Verbindung mit einem Rechtssatz die behauptete Rechtsfolge entstehen zu lassen (BGH, Urt. v. 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; v. 18. Mai 1999 - X ZR 158/97, NJW 1999, 2887, 2888). Das ist hier dadurch geschehen, daß der Kläger die von ihm beanstandeten Beschädigungen und Veränderungen der Wohnung im einzelnen benannt und den geschätzten Beseitigungsaufwand angegeben hat. Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte in der Wohnung eine Wand entfernt. Deren Wiederherstellung koste 4.000 DM; außerdem seien für im Zusammenhang damit notwendige Elektroinstallationen 1.000 DM und für Malerarbeiten 2.000 DM aufzuwenden. Weiter entständen Kosten von 4.000 DM im Bad für die Erneuerung beschädigter Fliesen , defekter und demontierter Armaturen sowie einer völlig verschmutzten Toilettenschüssel. Schließlich koste in der Küche der Austausch von Fliesen,
das Neuverlegen des beschädigten Bodens, die tischlermäßige Instandsetzung der Möblierung sowie der Wiedereinbau einer Abzugshaube insgesamt 4.000 DM. Da der benötigte Geldbetrag verlangt werden kann, bevor der ordnungsgemäße Zustand der Sache wieder hergestellt ist (§ 249 Satz 2 BGB), gehört zu einer schlüssigen Schadensdarstellung nicht die genaue Angabe aller im einzelnen erforderlichen Arbeiten sowie eine betragsmäßig exakte Kostenberechnung. Im übrigen brauchte der Kläger den Schaden auch deshalb nicht ausführlicher zu erläutern, weil die Beklagte seine Behauptungen lediglich pauschal bestritten hat (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 1991, aaO).
3. Wegen des ihm in diesem Punkt zustehenden Anspruchs kann der Kläger Zahlung an sich verlangen; denn die ergangenen Pfändungsakte erstrecken sich nicht auf Schadensersatzforderungen.

B.


Soweit die Klage den behaupteten Nutzungsentschädigungsanspruch des Klägers in Höhe von 146.239,08 DM betrifft, hat das Berufungsgericht die Hilfsanträge mangels Prozeßführungsbefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Der Hilfsantrag auf Zahlung an das Finanzamt Mitte/Tiergarten müsse erfolglos bleiben, weil weitere Pfändungsmaßnahmen getroffen worden seien, die des Finanzamts Zehlendorf sowie der Käuferin M.. Die von beiden Finanzämtern erteilten Ermächtigungen reichten nicht aus, weil sie die an die einzel-
nen Pfändungsgläubiger auszukehrenden Anteile der Forderungen nicht erfaßten und es zudem an einer Ermächtigung der Gläubigerin M. fehle.
Die Hinterlegung stelle lediglich ein Erfüllungssurrogat zugunsten des Schuldners dar; dieser sei unter den Voraussetzungen des § 372 BGB zur Hinterlegung berechtigt, nicht verpflichtet. Eine Hinterlegung des zur Erfüllung der mehrfach gepfändeten Forderung benötigten Betrages verschlechtere zudem möglicherweise die Rechtsstellung einzelner Pfändungsgläubiger.
Diesen Erwägungen ist ebenfalls nicht zu folgen; denn sie lassen die berechtigten Interessen des Klägers als Gläubiger der gepfändeten Forderungen außer Acht.

I.


Mit dem ersten Hilfsantrag in der bisher gestellten Form auf Zahlung an das Finanzamt Mitte/Tiergarten kann die Klage allerdings keinen Erfolg haben.
Die Pfändung der Gläubigerin M. geht der Pfändungsverfügung des Finanzamts im Range vor. Da der Pfändungsbeschluß keine Beschränkung enthält , erstreckt er sich auf die Gesamtforderung des Klägers; diese ist insgesamt verstrickt worden (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1975 - VIII ZR 119/73, NJW 1975, 738; v. 21. November 1985 - VII ZR 305/84, NJW 1986, 977, 978). Verlangt bei mehrfacher Pfändung ein nachrangiger Gläubiger Zahlung, bevor der bevorrechtigte Gläubiger befriedigt ist, steht dem Drittschuldner der Ein-
wand aus § 804 Abs. 3 ZPO zu. Er kann sich also auf den Vorrang der anderweitigen Pfändung berufen. Entsprechendes gilt, wenn der Schuldner Leistung an den nachrangigen Gläubiger verlangt, weil er nicht zu Verfügungen berechtigt ist, die die Pfändungsgläubiger beeinträchtigen. Davon abgesehen steht dem Finanzamt Mitte/Tiergarten nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nur noch eine Forderung von 12.695,86 DM zu.

II.


Das Berufungsgericht hat jedoch nicht erkannt, daß das der Klage zugrundeliegende Begehren des Klägers mittels einer sachdienlichen Umgestaltung des ersten Hilfsantrags erreichbar ist.
1. Das Klagevorbringen sowie die Staffelung der Anträge machen deutlich , daß der Kläger den behaupteten Anspruch in erster Linie mittels eines Antrags auf Leistung an sich - insoweit ist die Klage infolge der Nichtannahme der Revision rechtskräftig abgewiesen -, in zweiter Linie durch einen Antrag, der zur Folge hat, daß vorrangig die Pfändungsgläubiger befriedigt werden und er den verbleibenden Rest der Forderung erhält, und höchst fürsorglich mit einem Hinterlegungsantrag geltend macht. Vor der Behandlung dieses zweiten Hilfsantrags hätte der Tatrichter prüfen müssen, ob das erkennbar gewordene Klageziel durch eine sachgerechte Fassung des hilfsweise formulierten Zahlungsantrags zum Erfolg führen kann. Aufgrund der dem Richter gemäß § 139 Abs. 1 ZPO obliegenden Hinweispflicht war auf eine entsprechende Ä nderung selbst dann hinzuwirken, wenn es einer weitgehenden Umgestaltung des bis-
her formulierten Antrags bedurfte. Das war hier insbesondere deshalb geboten, weil der Kläger, was sich der Gestaltung seiner Anträge ohne weiteres entnehmen ließ, das wirtschaftlich erstrebte Ziel auf jedem nur möglichen prozessualen Wege erreichen wollte.
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ist der Kläger berechtigt , die Gesamtforderung umfassende Leistungsanträge zu stellen, auch ohne dazu von der vorrangigen Pfändungsgläubigerin ermächtigt worden zu sein.

a) Eine für den Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung verbleibt im Vermögen des Pfändungsschuldners. Die Überweisung bewirkt lediglich, daß er die Forderung nicht mehr für sich einziehen, also nicht Leistung an sich verlangen kann (RGZ 83, 116, 118 f; BGHZ 82, 28, 31; 114, 138, 141). Verboten sind dem Schuldner allein Verfügungen zum Nachteil des pfändenden Gläubigers. Rechtshandlungen, die weder den Bestand der Pfandrechte noch den der gepfändeten Forderung beeinträchtigen, sind ihm infolge der bei ihm verbliebenen Berechtigung dagegen gestattet. Aus diesem Grunde darf er auf Leistung an den Pfändungsgläubiger klagen, und zwar aus eigenem Recht. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage folgt schon aus dem Interesse des Schuldners, von der dem Pfändungsgläubiger gegenüber bestehenden Verbindlichkeit befreit zu werden. Da sich die Prozeßführungsbefugnis schon daraus ergibt, daß ihm die Forderung (noch) gehört, benötigt er insoweit keine Erklärung des Gläubigers, die ihm eine entsprechende Berechtigung erteilt (vgl. BGHZ 114 aaO; Zöller/Stöber, ZPO 22. Aufl. § 836 Rn. 5).

b) Diese Rechtsstellung bleibt auch dann erhalten, wenn die Forderung des Schuldners mehrfach gepfändet worden ist. Aus § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO
folgt, daß seine Verpflichtung sich nunmehr darauf erstreckt, die Rechte aller Pfändungsgläubiger und damit auch das unter ihnen bestehende Rangverhältnis (§ 804 Abs. 3 ZPO) zu beachten. Sind diese Interessen gewahrt, gibt es keinen einsichtigen Grund, ihm bei mehrfacher Pfändung die Klage auf Zahlung an die Pfändungsgläubiger zu versagen. Der Klageantrag muß lediglich zweifelsfrei das Rangverhältnis unter den Gläubigern kennzeichnen, damit dieses bei der Vollstreckung beachtet wird.

c) Da der Schuldner noch Inhaber der Forderung ist, wird ihm von der ganz herrschenden Meinung die Befugnis eingeräumt, auf Feststellung des Bestehens der Forderung zu klagen (vgl. BGHZ 114, 138, 141; Zöller/Stöber, aaO § 836 Rn. 5; Musielak/Becker, ZPO 2. Aufl. § 835 Rn. 12). Dies mag sachgerecht sein, wenn der Schuldner nicht auf Leistung an die Pfändungsgläubiger klagen will. Hier geht es jedoch um eine andere Frage. Der Kläger berühmt sich einer Forderung, die über die Summe der Ansprüche seiner Pfändungsgläubiger weit hinausgeht, von der Drittschuldnerin jedoch bestritten wird. Der Kläger möchte den nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibenden Restanspruch schon jetzt im Wege der Leistungsklage gegen die Beklagte geltend machen. Daran hat er ein berechtigtes Interesse, sofern sichergestellt ist, daß er die Restforderung nicht ausbezahlt erhält, bevor die Forderungen der Pfändungsgläubiger getilgt sind. Der Schuldner verdient auch Schutz davor, daß die Durchsetzung seiner Restforderung durch die infolge der Pfändung gemäß § 829 Abs. 3 ZPO ausgelösten Wirkungen nicht mehr als unbedingt notwendig verzögert und gefährdet wird. Diese Gefahr besteht in besonderem Maße, wenn die durch die Pfändung gesicherten Ansprüche weitaus niedriger sind, als die gepfändete Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner und die Pfändungsgläubiger von sich aus den Drittschuldner nicht in
Anspruch nehmen. Die daraus dem Schuldner entstehenden Risiken treten im Streitfall besonders deutlich hervor. Die Käuferin als vorrangige Pfändungsgläubigerin ist untätig geblieben, möglicherweise deshalb, weil sie kein Interesse daran hat, daß ihre Forderung aus dem Vermögen der Beklagten, ihrer Tante, befriedigt wird. Wäre der Schuldner in solchen Fällen gehindert, gegen den Drittschuldner vorzugehen, solange die Forderungen der Pfändungsgläubiger nicht erfüllt sind, bliebe ihm nur die Möglichkeit, von dem Gläubiger, der die Beitreibung der ihm überwiesenen Forderung verzögert hat, den daraus entstandenen Schaden erstattet zu verlangen (§ 842 ZPO). Daß das Gesetz einen solchen Ersatzanspruch vorsieht, rechtfertigt es jedoch nicht, dem Schuldner die alsbaldige Durchsetzung der ihm trotz der Pfändung verbleibenden Restforderung gegen den Drittschuldner zu versagen, wenn eine Form der Leistungsklage möglich ist, die die berechtigten Belange weder der Pfändungsgläubiger noch des Drittschuldners beeinträchtigt.

d) Der Schuldner kann deshalb zur Sicherung seiner eigenen Rechte schon vor Befriedigung der Pfändungsgläubiger Klage auf zukünftige Leistung erheben.
aa) Eine Klage auf zukünftige Leistung ist gemäß § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Ernstliches Bestreiten der behaupteten Forderung begründet in der Regel die Besorgnis der Leistungsverweigerung (BGHZ 5, 342, 344; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955). Die Beklagte hat ihre Verpflichtung schon dem Grunde nach in Abrede gestellt und davon abgesehen auch die Höhe des Anspruchs bestritten.

bb) Die geltend gemachten Ansprüche müssen bereits entstanden sein; sie dürfen aber von einer Gegenleistung abhängen oder bedingt sein (BGHZ 43, 28, 31; Zöller/Greger, aaO § 259 Rn. 1). Diesen Anforderungen entspricht ein Begehren auf Leistung des nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibenden Restes an den Kläger; denn seine Forderung ist schon jetzt fällig und die Berechtigung auf Zahlung an ihn nur davon abhängig, daß die Pfändungsgläubiger befriedigt sind. Bedingung für den Anspruch ist also der Wegfall der zu deren Gunsten bestehenden Pfändungspfandrechte. Da diese erlöschen, sobald die Forderungen der Gläubiger erfüllt sind, steht einer Klage auf zukünftige Leistung auch nicht der Umstand entgegen, daß gegenwärtig infolge der Pfändung die Gesamtforderung verstrickt ist.
cc) Die Anträge sind auf Zahlung an die einzelnen Pfändungsgläubiger ihrem Rang entsprechend zu richten. Deren Forderungen, einschließlich der aus den Pfändungsbeschlüssen oder -verfügungen ersichtlichen Kostenbeträge (vgl. § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO), müssen genau beziffert werden. Mit diesem Begehren kann ein Antrag auf Zahlung an den Schuldner verbunden werden, der den Gesamtbetrag des geltend gemachten Anspruchs bezeichnet und zugleich zum Ausdruck bringt, daß der Drittschuldner daraus nur den Restbetrag an den Kläger zu leisten hat, der diesem nach Erfüllung der Ansprüche der Pfändungsgläubiger noch zusteht.
dd) Durch diese Form der Antragstellung sind die Rechte der Pfändungsgläubiger ebenso wie die Belange des Drittschuldners sogar dann ausreichend geschützt, wenn die den Pfändungen zugrundeliegenden Forderungen im Klageantrag fehlerhaft, nämlich zu niedrig, angegeben werden. Im Um-
fang der Differenz ist der Antrag auf Zahlung an den Schuldner wegen des Vorrangs der Pfändungsgläubiger als unbegründet abzuweisen. Wird der Fehler im Prozeß zwischen Schuldner und Drittschuldner nicht bemerkt, erleiden die Pfändungsgläubiger im allgemeinen keinen Rechtsverlust. Sie sind in einem solchen Falle berechtigt, den nicht befriedigten Teil der gepfändeten Forderung selbständig gegen den Drittschuldner geltend zu machen. Nach Überweisung der gepfändeten Forderung kann sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner Klage erheben. Beiden steht die Klagebefugnis unabhängig voneinander zu (BGHZ 114, 138, 141; Stöber, Forderungspfändung 12. Aufl. Rn. 671). Das Urteil, das der Schuldner erzielt, äußert gegenüber den Pfändungsgläubigern keine Rechtskraftwirkung. Der Drittschuldner andererseits hat die Möglichkeit, sich vor der Gefahr doppelter Zahlung dadurch zu schützen, daß er den zwischen Schuldner und Pfändungsgläubiger streitigen Betrag hinterlegt (vgl. BGHZ 86, 337, 340). Erhält ein Pfändungsgläubiger im Einzelfall gleichwohl nicht die volle ihm zustehende Leistung und wird an den Schuldner zu viel ausbezahlt, kann er jedenfalls gegen den Schuldner einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen (vgl. BGHZ 82, 28). Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners trifft den pfändenden Gläubiger also allenfalls dann, wenn er sich nicht hinreichend um die Durchsetzung des gepfändeten Anspruchs bemüht.

III.


Da der Kläger den Hinterlegungsantrag nur für den Fall gestellt hat, daß der Zahlungsantrag erfolglos bleibt, ist der zweite Hilfsantrag für die Entschei-
dung über die Revision nicht erheblich. Der Senat braucht daher nicht darauf einzugehen, ob der bisher praktisch einhelligen Meinung, der Schuldner könne den jedem Pfändungsgläubiger gemäß § 856 Abs. 1 ZPO zustehenden Anspruch nicht geltend machen (RGZ 77, 141, 144; Zöller/Stöber, aaO § 836 Rn. 5), ohne jede Einschränkung zu folgen ist.

C.


Das Berufungsgericht wird nunmehr die Begründetheit der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche in dem bezeichneten Umfang zu prüfen haben. Das gibt dem Kläger die Möglichkeit, den Einwand zu erheben und zu beweisen , daß die Pfändungsverfügungen des Finanzamts Zehlendorf inzwischen aufgehoben sind.
Sollte sich im weiteren Verlauf des Rechtsstreits herausstellen, daß die Gläubigerin M. die Pfändung aufrechterhält, eine Zahlung der Beklagten
jedoch nicht annehmen will, kommt eine Verurteilung der Beklagten zur Hinterlegung dieses Betrages in Betracht (§ 372 Satz 1 BGB). Gerät die Pfändungsgläubigerin erst nach rechtskräftiger Verurteilung der Beklagten in Annahmeverzug , wird die Zahlungsverpflichtung ebenfalls im Wege der Hinterlegung erfüllt.
Kreft Kirchhof Fischer
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Zugehör ist wegen Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft Ganter

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für den Beigeladenen ist die Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beigeladenen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom beklagten Universitätsklinikum (im Folgenden: Beklagter) die Erfüllung einer Zahlungsvereinbarung sowie die Feststellung eines Verzugsschadens.
Der Kläger schloss unter dem 15.09.1997 mit dem beigeladenen Land (im Folgenden: Beigeladener) eine Berufungsvereinbarung, wonach er vorbehaltlich seiner Ernennung eine Professur für Unfallchirurgie an der Universität XXX übernehme. Die Professur beinhalte die Leitung der Abteilung Unfallchirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik des Beklagten. Mit Urkunde vom 17.10.1997 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe C 4 ernannt. Im Oktober 1997 nahm der Kläger die Tätigkeit als Hochschullehrer an der Universität und Leitender Arzt am Klinikum auf.
Im Frühjahr 2000 erfuhren der Vorstand des Beklagten und das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (im Folgenden: Ministerium) des Beigeladenen erstmals von Vorwürfen gegen den Kläger wegen Fehlverhaltens bei der Dienstausübung. Im Mai 2000 vereinbarte der Beklagte mit dem Kläger, dass dessen klinische Tätigkeit sowie das Liquidationsrecht ab sofort, längstens bis zum 30.11.2000, ruhen solle. Der Beklagte garantierte dem Kläger 50 % der während des Ruhens seiner Tätigkeit in der Abteilung Unfallchirurgie durch den bestellten Vertreter erzielten Netto-Erlöse aus liquidationsberechtigter Behandlung. Im September 2000 leitete das Ministerium das förmliche Disziplinarverfahren ein, welches anschließend im Hinblick auf eine gegen den Kläger in einem Strafverfahren erhobene Anklage ausgesetzt wurde.
Mit Verfügung vom 24.10.2000 (Zugang am 26.10.2000) enthob der Beigeladene den Kläger aus Gründen der Störungsabwehr vorläufig des Dienstes wegen des Vorwurfs der schuldhaft fehlerhaften medizinischen Behandlung mehrerer Patienten. Den dagegen gerichteten Aufhebungsantrag wies das VG Freiburg mit Beschluss vom 01.02.2002 (D 12 K 11/01) ab und beschloss, dass die Disziplinarmaßnahme aufrecht zu erhalten sei. Die Beschwerde des Klägers hiergegen wurde mit Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 12.04.2002 (DL 17 S 6/02) zurückgewiesen. Eine ferner durch Verfügung des Ministeriums vom 10.03.2001 angeordnete hälftige Einbehaltung der Besoldungsbezüge des Klägers hob das VG Freiburg mit Beschluss vom 05.07.2002 (D 12 K 1/02) auf. Die Beschwerde des Beigeladenen hiergegen wies der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 10.09.2002 (DL 17 S 16/02) unter Bezugnahme auf die VG-Entscheidung zurück.
Mit Urteil vom 18.02.2003 (2 KLs 21 Js 20703/00 u.a. AK 22/00) verurteilte das Landgericht Freiburg den Kläger zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 90 EUR wegen vorsätzlicher Körperverletzung in einem Fall sowie wegen fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen. Der Kläger wurde für schuldig befunden, in vier stationären Behandlungsfällen im Zeitraum September 1998 bis September 1999 Behandlungs- und Aufklärungsfehler begangen zu haben. Im Übrigen wurde er freigesprochen. Von der Verhängung eines Berufsverbots sah das Landgericht ab. Mit Urteil vom 20.01.2004 (1 StR 319/03) verwarf der Bundesgerichtshof die Revision der Staatsanwaltschaft und des Klägers.
Der Beigeladene kündigte unter dem 04.02.2004 die Berufungsvereinbarung mit dem Kläger, soweit diesem die Abteilungsleitung an der Chirurgischen Universitätsklinik zugesagt worden war, da er die im Urteil des LG Freiburg festgestellten Straftatbestände im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Tätigkeit als Leiter der Abteilung Unfallchirurgie verwirklicht habe. Der Kläger erhob hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren Klage.
Mit Urteil der Kammer vom 21.07.2004 (1 K 2043/01) wurde der Kläger verurteilt, Nutzungsentgelt in Höhe von XXX EUR (zuzüglich Zinsen) aus seiner Nebentätigkeit in den Jahren 1999 und 2000 an den Beklagten zu zahlen.
Durch einen am 03.02.2005 erlassenen Mahnbescheid des Amtsgerichts Stuttgart machte der Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen den Beigeladenen wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in Höhe von insgesamt 4,45 Mio. EUR geltend. Nachdem der Beigeladene hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, wurde das Verfahren an das Landgericht Stuttgart (15 O 443/05) abgegeben, wo es seit 2006 ruht.
Mit Urteil vom 06.07.2006 (3 K 1362/04 -, juris) wies das VG Freiburg die gegen die Teilkündigung der Berufungsvereinbarung erhobene Klage des Klägers ab. Zur Begründung führte die 3. Kammer u.a. aus, die in der Berufungsvereinbarung zum Inhalt der Professur gemachte Leitung der Abteilung Unfallchirurgie habe als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden können. Dem Beigeladenen sei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zumutbar gewesen, nachdem der Kläger in Ausübung seines Dienstes als Universitätsprofessor Straftaten begangen habe, wegen derer er rechtskräftig verurteilt worden sei. Gerade in der vorsätzlichen Körperverletzung sei eine deutlich über einen Kunstfehler hinausgehende schwerwiegende Pflichtverletzung festzustellen, da der Kläger hier zugleich seine Leitungsfunktion grob missbraucht habe.
10 
Am 08.08.2006 beantragte der Kläger beim VGH Baden-Württemberg im Verfahren
9 S 1848/06 die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Freiburg vom 06.07.2006. Mit Schreiben vom 02.01.2007 regte der Vorsitzende des 9. Senats des VGH an, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens ruhen zu lassen. Der Kläger beantragte das Ruhen am 18.01.2007. Am 08.02.2007 ließ der Beigeladene über seinen Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass das Ruhen des Verfahrens nicht beantragt werde. Ergänzend weise man darauf hin, dass Abfindungsverhandlungen mit dem Kläger liefen.
11 
Bereits seit Herbst 2005 führten die Beteiligten Gespräche mit dem Ziel, alle Verfahren zu beenden. Zu Ende Oktober 2007 lag ein abgestimmter Vertragsentwurf vor, der u.a. eine Zahlung durch den Beklagten in Höhe von 2 Mio. EUR brutto für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation, die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis und Einstellung des Disziplinarverfahrens sowie eine Erledigung des Rechtsstreits um die Kündigung der Berufungsvereinbarung vorsah. Der Wissenschaftsminister verweigerte seine Zustimmung zu einer Vereinbarung und entschied am 14.01.2008, das (seit Frühjahr 2006 ruhende) förmliche Disziplinarverfahren fortzusetzen. Hierzu forderte er unter dem 15.01.2008 den Untersuchungsführer auf, die Untersuchung wieder aufzugreifen sowie einen vorläufigen Teilbericht vorzulegen.
12 
Am 15.02.2008 teilte der Beigeladene im Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg mit, der Wissenschaftsminister habe entschieden, dass der zwischen den Beteiligten ausgehandelte Vertrag nicht unterzeichnet werde und das während dieser Verhandlungen ausgesetzte förmliche Disziplinarverfahren gegen den Kläger fortzusetzen sei. Nach Rücksprache mit dem VGH-Berichterstatter beantrage er ebenfalls das Ruhen des Verfahrens. Am 28.04.2008 ließ der Kläger mitteilen, dass Einverständnis mit der Anordnung des Ruhen des Verfahrens bestehe. Mit Beschluss des Berichterstatters des Senats vom 29.04.2008 wurde daraufhin das Ruhen des Verfahrens 9 S 1848/06 angeordnet.
13 
Mit Datum vom 20.10.2008 legte der Untersuchungsführer (nach Anhörung von 43 Zeugen in der Zeit zwischen 13.07.2004 und 09.01.2006) einen vorläufigen, Vorwürfe in der dritten Erweiterungsverfügung des Ministeriums vom 20.10.2003 betreffenden Teilbericht im förmlichen Disziplinarverfahren gegen den Kläger vor. Hierin wurde abschließend ausgeführt:
14 
(…) Angesichts der bisherigen Ermittlungsergebnisse und der ggf. noch erforderlichen weiteren längeren Ermittlungen, deren Ausgang in hohem Maße ungewiss ist, erscheint aus der Sicht des Untersuchungsführers eine Verständigung zwischen dem Beamten und dem Land Baden-Württemberg außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens sinnvoll. (…)
15 
In Konsequenz des vorläufigen Teilberichts und dessen Empfehlung nahmen der Beigeladene und der Beklagte die Einigungsverhandlungen mit dem Kläger wieder auf. Am 20.02.2009 schlossen die Beteiligten eine Vereinbarung. Eine ausführliche „Präambel“ stellt zunächst die wesentliche Vorgeschichte sowie die entschiedenen und noch anhängigen Verfahren/Rechtsstreitigkeiten voran. Der abschließende Text der Präambel sowie der anschließende Regelungsteil des Vertrages lauten auszugsweise wie folgt:
16 
„ …
Präambel

(3) Seit Herbst 2005 werden Gespräche zwischen Prof. XXX bzw. dessen anwaltlichen Beratern und dem Ministerium sowie dem Universitätsklinikum geführt mit dem Ziel, eine vergleichsweise Beendigung aller Verfahren herbeizuführen. Nach Vorlage des Teilberichts des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren vom 20.10.2008 wurden die zu diesem Zeitpunkt ruhenden Vergleichsgespräche wieder aufgenommen.
Vor diesem Hintergrund treffen die Parteien die nachstehenden Vereinbarungen.
17 
§1
Universitätsklinikum/Prof. XXX
(1) Wenn und sobald die in § 2 Abs. 1 der vorliegenden Vereinbarung genannte Entlassung von Prof. XXX aus dem Beamtenverhältnis bestandskräftig ist, bezahlt das Universitätsklinikum an Prof. XXX für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation unverzüglich einen Betrag von 1,98 Millionen EUR brutto. Hieraus zahlt das Universitätsklinikum XXX die anfallende Lohnsteuer (unter Beachtung der Lohnsteuer-Anrufungsauskunft des Finanzamtes XXX vom 01.08.2007). Der verbleibende Nettobetrag wird an Prof. XXX durch Überweisung auf das (…) eingerichtete Anwaltsanderkonto von Rechtsanwalt XXX (…) ausbezahlt.
(2) …
(3) Mit dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche zwischen dem Universitätsklinikum und Prof. XXX — soweit in dieser Vertragsurkunde nichts anderes bestimmt ist — erledigt.
18 
§2
Land Baden-Württemberg/Prof. XXX
(1) Prof. XXX verpflichtet sich, unverzüglich seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit sofortiger Wirkung in gehöriger Form gemäß § 42 LBG zu beantragen. Prof. XXX verzichtet auf das Recht zur Erklärungsrücknahme (§ 42 Abs. 1 Satz 3 LBG).
Das Ministerium verpflichtet sich, beim Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg unverzüglich die Entlassung von Prof. XXX zu beantragen. Rechtsanwalt XXX wird von Prof. XXX unwiderruflich bevollmächtigt, für ihn die Entlassungsurkunde in Empfang zu nehmen.
Prof. XXX verzichtet nach dem Erhalt der Entlassungsurkunde ausdrücklich auf Rechtsmittel gegen die Entlassungsentscheidung.
(2) Es besteht Einigkeit darüber, dass die Besoldungsansprüche von Prof. XXX bis zum Zeitpunkt der Entlassung fortbestehen.
(3) …
(4) Es besteht Einvernehmen darüber, dass das Ministerium verpflichtet ist, das Disziplinarverfahren (vgl. Ziffer 2.1 der Präambel) unverzüglich nach der Entlassung förmlich einzustellen (vgl. Artikel 26 Abs. 3 Satz 1 LDNOG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Nr. 3 LDO).
(5) Das Ministerium und Prof. XXX verpflichten sich wechselseitig, den beim VGH Mannheim anhängigen Rechtsstreit (vgl. Ziffer 2.5 der Präambel) übereinstimmend als in der Hauptsache für erledigt zu erklären, verbunden mit einem beiderseitigen Verzicht auf eine Kostenentscheidung.
Eventuelle Gerichtskosten dieses verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens (gemäß Ziffer 2.5 der Präambel) sind von den Parteien je zur Hälfte zu tragen.
Zu den außergerichtlichen Kosten wird auf § 3 Abs. 2 dieser Vertragsurkunde verwiesen.
(6) Prof. XXX verpflichtet sich, in der Mahnbescheidssache (vgl. Ziffer 2.6 der Präambel) den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens unverzüglich nach Erhalt der Zahlung gemäß § 1 dieser Vertragsurkunde zurückzunehmen (§ 696 Abs. 4 ZPO).
…“
19 
In einer Zusatzvereinbarung vom selben Tag (dort unter Ziff. 3) verpflichteten sich der Beigeladene und der Beklagte u.a. ferner, sich an den Rechtsverfolgungskosten des Klägers im Verfahren 9 S 1848/06 vor dem VGH Baden-Württemberg mit einem Betrag von 20.000,-- EUR brutto zu beteiligen.
20 
Unter dem 24.02.2009 - beim Ministerium eingegangen am 27.02.2009 - beantragte der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Mit Schreiben vom 05.03.2009 leitete das Ministerium den Antrag des Klägers auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis an das Staatsministerium weiter mit der Bitte, dem Antrag zu entsprechen.
21 
Am 06.03.2009 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen gegenüber dem VGH Baden-Württemberg den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und verzichtete gleichzeitig auf eine Kostenentscheidung des Gerichts. Er teilte hierzu mit, die Parteien hätten einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen und sich verpflichtet, den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt zu erklären. Mit Eingangsverfügung vom 11.03.2009 teilte der Vorsitzende des 9. Senats dem Kläger-Bevollmächtigten mit, der Beklagte habe das ruhende Verfahren wieder angerufen, welches nunmehr unter dem Aktenzeichen 9 S 603/09 weitergeführt werde. Es werde bis zum 15.04.2009 um Mitteilung gebeten, ob der Anregung des Beklagten folgend die Hauptsache für erledigt erklärt werde.
22 
Am 13.03.2009 unterzeichnete der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg die Urkunde zur Entlassung des Klägers aus dem Landesdienst mit Ablauf des Tages der Zustellung der Urkunde. Eine Aushändigung erfolgte zunächst noch nicht.
23 
Nachdem der Beklagte bereits unter dem 25.02.2009 eine Presseinformation über die Einigung vom 20.02.2009 herausgegeben hatte, regte sich zeitnah hierzu erheblicher öffentlicher Widerstand. Am 17.03.2009 ersuchte der Landtag auf Antrag der SPD-Fraktion das Ministerium um Bericht zu neun Fragen sowie um Aussetzung des Vollzugs der getroffenen Vereinbarung (LT-Drs. 14/4185). Am 18.03.2009 bat das Ministerium den Beklagten dringend, dass im Hinblick auf die parlamentarische Initiative der SPD-Fraktion die Auszahlung der Abfindung gegenwärtig unterbleibe.
24 
Am 19.03.2009 forderte der Bevollmächtigte des Klägers das Ministerium telefonisch auf, die Entlassungsurkunde auszuhändigen und wiederholte dies mit Schreiben vom selben Tag.
25 
Da in der Öffentlichkeit Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarung vom 20.02.2009 geäußert worden waren, holte das Ministerium eine rechtsgutachtliche Stellungnahme ein. Diese wurde unter dem 26.03.2009 mit dem Ergebnis erstellt, dass die Vereinbarungen rechtsgültig seien.
26 
Mit Schreiben vom 27.03.2009 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Verzicht auf die in der Zusatzvereinbarung vom 20.02.2009 zugesagte Kostenbeteiligung. Unter dem 30.03.2009 bestätigte das Ministerium die Übereinkunft vom 27.03.2009, wonach Ziff. 3 der Zusatzvereinbarung gegenstandslos sei.
27 
Am 15.04.2009 fertigte die Geschäftsstelle des 9. Senats des VGH Baden-Württemberg einen Aktenvermerk, wonach der Prozessbevollmächtigte des Klägers angerufen und erklärt habe, dass von Klägerseite aus noch keine Erklärung abgegeben werde. Mit Beschluss vom 24.04.2009 (9 S 603/09 -, juris) lehnte der VGH Baden-Württemberg den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Freiburg ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, über den Zulassungsantrag sei nach Wiederanruf des Verfahrens mangels Erledigungserklärung des Klägers nach Ablauf der ihm hierfür gesetzten Frist zu entscheiden gewesen. Die mit dem Zulassungsantrag dargelegten Gründe (was in der Folge weiter ausgeführt wird) rechtfertigten den allein in Anspruch genommenen Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht.
28 
Unter dem 29.04.2009 wandte sich das Ministerium an die Rechtsanwälte des Klägers und führte aus, im Lichte des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 sei der Vergleich in seiner bisherigen Form nicht mehr vollziehbar und neu zu bewerten. Der Kläger werde aufgefordert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen sowie um Äußerung gebeten, ob unter diesen Umständen der Antrag vom 24.02.2009 auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufrechterhalten werde. Der Kläger ließ hierauf unter dem 08.05.2009 antworten, er halte an dem Vergleich fest, da dieser rechtswirksam zustande gekommen sei. Daran habe auch der Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 nichts geändert. Dieser sei, da kein Wiederaufnahmeantrag gestellt worden sei, nicht prozessordnungsgemäß zustande gekommen, jedenfalls aber für den Bestand der beiden Vereinbarungen ohne Relevanz. Man habe sich gerade wegen der unterschiedlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf eine gemeinsame Regelung verständigt, wie sie Sinn eines Vergleichs sei. Das Ministerium befinde sich seit nunmehr bald drei Monaten in Verzug und er erwarte den Vollzug des Vergleichs.
29 
In einem Schreiben vom 13.05.2009 verdeutlichte das Ministerium gegenüber dem Kläger seinen Standpunkt und hielt daran fest, dass die gesamte Vereinbarung nicht mehr durchgeführt werden könne und die Zahlungspflicht des Beklagten entfallen sei. Der Kläger möge bis spätestens 20.05.2009 mitteilen, ob er an seinem Entlassungsantrag vom 24.02.2009 festhalte. Falls er den Antrag nicht zurücknehme, müsse ihm die Entlassungsurkunde zugestellt werden. Das förmliche Disziplinarverfahren werde fortgeführt, wenn das Beamtenverhältnis nicht durch Entlassung ende.
30 
Am 13.05.2009 übersendete der Beklagte dem Beigeladenen ein am 12.05.2009 im Internet entdecktes Scheidungsurteil des XXX XXX XXX XXX vom XXX in der Familiensache der Eheleute XXX. Am 17.06.2009 erhielt der Beklagte eine (100-seitige) deutsche Übersetzung dieses Urteils.
31 
Am 18.05.2009 wies das Ministerium den Beklagten an, die Vereinbarungen vom 20.02.2009 auf Dauer nicht zu vollziehen und insbesondere eine Auszahlung der Abfindung auf Dauer zu unterlassen.
32 
Mit Schreiben vom 22.05.2009 teilte der Kläger dem Ministerium mit, seinen Entlassungsantrag aufrechtzuerhalten. Die Neubewertung aufgrund des Beschlusses des VGH vom 24.04.2009 sei falsch. Hinsichtlich seiner Verpflichtung, eine Erledigungserklärung abzugeben, habe ihm die Einrede des nichterfüllten Vertrages zugestanden, nachdem der Beigeladene mit seiner Hauptleistung, ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen, seit bald drei Monaten im Verzug sei. Der VGH-Beschluss hätte nicht ergehen dürfen, da das Verfahren weiterhin geruht habe. Seinen unter dem 27.03.2009 erklärten Verzicht auf die vom Beklagten und Beigeladenen in der Zusatzvereinbarung gesamtschuldnerisch übernommene Verpflichtung zur Zahlung einer Beteiligung von 20.000 EUR an den Prozesskosten habe er abgegeben, da man ihm versichert habe, der Vergleich würde im übrigen „durchgezogen“. Aufgrund des nunmehr erfolgten Verhaltens sehe er sich getäuscht und fechte die Verzichtserklärung gemäß § 123 BGB an; jedenfalls liege ein beiderseitiger Irrtum über die Geschäftsgrundlage vor und er erkläre vorsorglich den Rücktritt von der Verzichtsvereinbarung.
33 
Am 12.06.2009 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in seinem Büro die Entlassungsurkunde ausgehändigt. Unter dem 17.06.2009 bestätigte er gegenüber dem Ministerium den Empfang der Entlassungsurkunde und erklärte zugleich, dass der Kläger auf Rechtsmittel gegen die Entlassungsentscheidung verzichte. Ebenfalls am 17.06.2009 teilte er dies dem Beklagten mit und wies darauf hin, die Voraussetzungen für die Auszahlung der Abfindungssumme seien damit geschaffen und die Abfindung zur Auszahlung fällig. Er bitte um umgehende Anweisung auf sein Anderkonto. Der Beklagte lehnte dies unter dem 19.06.2009 ab.
34 
Mit dort am 22.06.2009 eingegangenen Schriftsatz erhob der Kläger beim Landgericht Stuttgart im Verfahren 15 O 202/09 Schadensersatzklage gegen den Beigeladenen wegen Amtspflichtverletzung des Wissenschaftsministers im Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Vereinbarung vom 20.02.2009 durch den Beklagten. Die Klage wurde dem Ministerium am 30.06.2009 zugestellt.
35 
Mit jeweiligem Schreiben vom 06.07.2009 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers (dort eingegangen am 08.07.2009) und an das Ministerium focht der Beklagte den am 20.02.2009 geschlossenen Vergleich unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten an. Zur Begründung führte er aus, die Anfechtung stütze sich hierbei insbesondere auf die ihm erst jetzt bekannt gewordenen Umstände der Wahrnehmung von Nebentätigkeiten durch Unternehmensbeteiligungen und -gründungen in XXX sowie Verdacht auf Alkoholprobleme/-Missbrauch. Der Kläger habe ihn über die oben genannten Umstände vor Abschluss des Vergleichs nicht aufgeklärt. Wären ihm diese Umstände vor bzw. bei Abschluss des Vertrages bekannt gewesen, so hätte er den Vergleich nicht abgeschlossen. Zugleich lägen auch die Voraussetzungen für einen Rücktritt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor, der hiermit ergänzend ebenfalls erklärt werde.
36 
Ebenfalls mit jeweiligem Schreiben vom 06.07.2009 an den Klägervertreter und an den Beklagten erklärte das Ministerium für den Beigeladenen die Anfechtung der am 20.02.2009 geschlossenen Vereinbarung und der damit verbundenen Zusatzvereinbarung. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen zwei Urteile des XXX XXX XXX XXX in Sachen XXX gegen XXX vor, die im Internet frei zugänglich seien und die wichtige neue Tatsachen offenbarten. Im Hinblick auf die im Urteil vom 09.09.2008 getroffenen Feststellungen werde gemäß § 62 Satz 2 LVwVfG, §§ 123, 119 BGB die Anfechtung erklärt. In dem genannten Urteil werde festgestellt, dass der Kläger zwei Unternehmen gegründet habe, deren einziger Gesellschafter, Vorstand bzw. Geschäftsführer er jeweils sei und mit denen er Einkünfte erziele. Außerdem sei im Urteil festgestellt, dass der Kläger ein gravierendes Alkoholproblem habe.
37 
Mit Entscheidung vom 10.08.2009 stellte das Ministerium das gegen den Kläger mit Verfügung vom 11.09.2000 eingeleitete förmliche Disziplinarverfahren ein und erlegte ihm die Kosten auf, welche zugleich auf insgesamt 20.855,19 EUR festgesetzt wurden. Der Kläger beantragte gegen die Kostenentscheidung am 14.09.2009 die Entscheidung der Disziplinarkammer des VG Freiburg (DL 10 K 1644/09). Am 29.03.2010 hob das Ministerium seine Entscheidung vom 10.08.2009 hinsichtlich eines Betrages von 14.798,91 EUR (Kosten des Untersuchungsführers) auf. Mit Beschluss vom 02.07.2010 hob die Disziplinarkammer die verbliebene Kostenentscheidung auf, da es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehle.
38 
Mit Beschluss vom 08.06.2011 erklärte das LG Stuttgart im Prozess des Klägers gegen den Beigeladenen den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hin änderte das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 11.08.2011 (4 W 51/11) die Entscheidung des Landgerichts ab und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart, bei welchem das Verfahren unter dem Aktenzeichen 1 K 3243/11 geführt wird. Mit Beschluss vom 18.05.2012 erklärte sich das VG Stuttgart für örtlich zuständig. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag setzte es das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegend bei der Kammer geführten Rechtsstreits gemäß § 94 VwGO aus. Die gegen den Aussetzungsbeschluss vom Kläger erhobene Beschwerde wies der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 16.10.2012 (4 S 1244/12) zurück.
39 
Der Kläger hat bereits am 09.12.2011 beim VG Freiburg Klage gegen den Beklagten erhoben und trägt zu deren Begründung vor: Ein Verlust seiner Aktivlegitimation sei nicht eingetreten, da der dem Beklagten am 08.11.2013 zugestellte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts XXX vom 30.10.2013 wirkungslos sei. Er habe seine aus der Vereinbarung vom 20.02.2009 resultierenden Ansprüche gegen den Beklagten mit Vertrag vom 11.03.2009 sicherheitshalber an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten. Die zunächst stille und nunmehr offengelegte Sicherungsabtretung der Forderung lasse seine Prozessführungsbefugnis unberührt, da ein Fall der zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft vorliege. Allerdings sei mit der Offenlegung der Sicherungsabtretung der Klageantrag umzustellen auf Zahlung an den Zessionar. Der Klageanspruch zu Ziff. 1 ergebe sich aus der zwischen den Beteiligten am 20.02.2009 getroffenen Vereinbarung. Auszahlungsvoraussetzung sei allein die bestandskräftige Beendigung des Beamtenverhältnisses des Klägers, die seit dem 17.06.2009 gegeben sei. Die vom Beklagten am 06.07.2009 erklärte Anfechtung sei rechtlich ohne Relevanz. Grund für die Abgabe dessen Willenserklärung sei das seit vielen Jahren vom Beklagten verfolgte Ziel gewesen, den Kläger als Leiter der Unfallchirurgischen Abteilung loszuwerden. Für den Beklagten sei es deshalb völlig uninteressant und bedeutungslos gewesen, ob der Kläger Nebentätigkeiten durch Unternehmensbeteiligungen und -gründungen ausgeübt oder ob ein Verdacht auf ein Alkoholproblem bestanden habe. Von einer arglistigen Täuschung könne auch deshalb keine Rede sein, weil - angebliche - Nebentätigkeiten, obwohl im Jahr 2004 thematisiert, bei Abschluss der Vereinbarung vom 20.02.2009 überhaupt kein Thema gewesen seien, auch nicht in den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen. Auch dem Anfechtungseinwand wegen angeblicher Alkoholprobleme mangele es an Erheblichkeit und Schlüssigkeit. Die Auffassung, die Zahlungsverpflichtung des Beklagten sei mit Ergehen der VGH-Entscheidung nachträglich unmöglich geworden, sei falsch. Dem Beklagten sei es allein darum gegangen, den Kläger mittels einer Abfindungszahlung als Leiter der Unfallchirurgie loszuwerden. Der Beigeladene habe bei dieser Gelegenheit die zwischen ihm und dem Kläger noch anhängigen Verfahren zu Ende bringen wollen. Die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen anhängigen Verfahren hätten den Beklagten nicht betroffen, so dass dieser seine mit dem Kläger getroffene Absprache auf die Zahlung der Abfindung beschränkt habe. Es gebe auch keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage. Es sei dem Beklagten nur darum gegangen, den Kläger als Chefarzt loszuwerden. An dieser Geschäftsgrundlage habe sich durch den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 nichts geändert, da der Ausgang dieses Verfahrens für den Beklagten völlig gleichgültig gewesen sei. Der aus Verzugsgründen gerechtfertigte Zinsanspruch bestehe ab Fälligkeit des Abfindungsanspruchs, welche der 17.06.2009 gewesen sei, als sein Rechtsanwalt wirksamen Rechtsmittelverzicht bezüglich der Entlassung erklärt habe. Einer Mahnung habe es nicht bedurft, da der Beklagte im Zuge der Weisung des Ministeriums die Erfüllung endgültig verweigert habe. Ein höherer Schaden sei entstanden, weil der Kläger den höher verzinslichen Bankkredit nicht habe zurückzahlen bzw. mit dem den Kreditbetrag übersteigenden Teil der Abfindung nicht habe arbeiten und somit nicht eine über den Verzugszinsen liegende Rendite erzielen können. Sein Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass sich die Schadenshöhe derzeit noch nicht abschließend bestimmen lasse.
40 
Der Kläger, der zunächst Leistung an sich begehrt hat, beantragt zuletzt,
41 
1. den Beklagten zu verurteilen, an Rechtsanwalt XXX, XXX, 1,98 Mio. EUR zu bezahlen zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2009;
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist und künftig entsteht, dass der Beklagte den dem Kläger nach § 1 der zwischen den Parteien am 20.02.2009 getroffenen Vereinbarung geschuldeten Abfindungsbetrag von 1,98 Mio. EUR nicht spätestens am 18.06.2009 auszahlte.
42 
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
44 
Er erwidert: Die Wirksamkeit des Sicherungsabtretungsvertrages sei anzuzweifeln, da nicht offengelegt werde, welche Ansprüche damit gesichert würden. Die Zahlungspflicht sei nachträglich wegen Unmöglichkeit weggefallen, da der Kläger seine Verpflichtung aus § 2 Abs. 5 der Vereinbarung, den beim VGH Baden-Württemberg anhängigen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, nicht erfüllt und der VGH deshalb den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen habe. Gemäß dem entsprechend anwendbaren § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfalle der Anspruch des Klägers auf die Gegenleistung, da ihm gemäß § 275 Abs. 1 BGB die Beendigung des Rechtsstreits durch Erklärung der Hauptsache als erledigt, unmöglich geworden sei. Die Zahlungsverpflichtung des Beklagten einerseits und die Erledigung des Rechtsstreits beim VGH durch Erledigungserklärung ohne Sachentscheidung andererseits, hätten in einem unauflösbaren Wechselverhältnis gestanden, da im Fall einer Entscheidung des VGH keine Ungewissheit mehr bestanden hätte, da dann Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Kündigung der Berufungsvereinbarung und somit Berechtigung oder Nichtberechtigung einer Abfindung für entgangene/entgehende Privatliquidation festgestanden hätten. Jedenfalls aber sei die Leistungspflicht des Beklagten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 60 Abs. 1 VwVfG entfallen. Das zentrale Ziel der Vertragsparteien habe darin bestanden, alle anhängigen Verfahren ohne gerichtliche Entscheidung durch einen außergerichtlichen Vergleich zu beenden und damit alle gegenseitigen Ansprüche zu erledigen. Diese Erwartung sei nicht eingetreten, da der Kläger innerhalb der vom VGH gesetzten Frist die entsprechende Erklärung nicht abgegeben und der VGH durch Beschluss vom 24.04.2009 in der Sache entschieden habe. Jedenfalls aber sei die Vereinbarung unter dem 06.07.2009 wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten worden. Der Kläger habe den Beklagten und den Beigeladenen dadurch getäuscht, dass er in der Korrespondenz der Jahre 2003 und 2004 wahrheitswidrig erklärt habe, keine Nebentätigkeit auszuüben. Die im Urteil des XXX Gerichts geschilderten Tätigkeiten seien ohne die notwendige Genehmigung ausgeübte Nebentätigkeiten, da es sich um eine gewerblich/unternehmerische Tätigkeit handele. Grundlage für die Vereinbarung der Abfindung in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung vom 20.02.2009 sei gewesen, dass der Kläger in Zukunft nicht mehr beamteter Chefarzt sein würde und dass ihm deshalb Einkünfte aus Privatliquidation entgangen waren und entgehen würden. Eine Anfechtung rechtfertige sich gemäß § 119 BGB auch wegen der Alkoholprobleme des Klägers. Bei Abschluss der Vereinbarung seien der Beklagte und der Beigeladene von einem dienstfähigen Arzt ausgegangen, der im Rahmen des anhängigen Disziplinarverfahrens nicht hätte aus dem Dienst entfernt werden können und der bei Unwirksamkeit der Kündigung der Berufungsvereinbarung erhebliche Einkünfte aus Privatliquidationen erzielt hätte. Diese Beurteilung hätte sich bei Kenntnis des Alkoholproblems des Klägers geändert. Wenn sich ein Beamter weigere, entsprechende Therapiemaßnahmen durchzuführen und wenn er nicht abstinent bleibe, sei die Entfernung aus dem Dienst bei einer Alkoholabhängigkeit durchaus möglich. Selbst wenn die Hauptforderung bestünde, fehle dem Kläger teilweise die Aktivlegitimation, nachdem am 08.11.2013 durch Pfändungs- und Überweisungsbeschuss des AG XXX zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau Forderungen des Klägers gegen den Beklagten, „insbesondere aus Chefarztvertrag, Aufhebung des Chefarztvertrages, Vergleichen“ gepfändet und der Ehefrau in Höhe des gepfändeten Betrages überwiesen worden seien. Der Zinsanspruch sei nicht begründet. Verzug liege nicht vor, da es an einer Mahnung fehle. Der Kläger könne nicht doppelt Verzugsschaden geltend machen, indem er sowohl 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz als auch die von der Bank in Rechnung gestellten Zinsen als Schaden verlange. Der Klagantrag Ziff. 2. sei teilweise bereits unzulässig. Soweit sich die Feststellungsklage auf die Vergangenheit beziehe, scheitere sie am Vorrang der Leistungsklage. Der Kläger sei ohne Weiteres in der Lage, den behaupteten Verzugsschaden für die Vergangenheit zu beziffern. Schließlich sei der Antrag auch nicht hinreichend bestimmt. Es gebe viele Gründe, die den Kläger gehindert haben könnten, den Kredit zurückzuzahlen, für die der Beklagte aber nicht verantwortlich sei.
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Der Beigeladene bezieht sich auf den Vortrag des Beklagten und beantragt ebenfalls,
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die Klage abzuweisen.
47 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Inhalt der Akten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind (2 Ordner des Universitätsklinikums und ein weiterer Ordner Anlagen zur Klageerwiderung; 4 Hefte des ausgesetzten Verfahrens 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart; 2 Hefte des VGH Baden-Württemberg 9 S 1848/06 und 9 S 603/09; ein Heft VG Freiburg 3 K 1362/04; ein Heft VG Freiburg 1 K 2043/01; ein Heft Disziplinarkammer VG Freiburg 12 K 11/01; ein Heft Disziplinarkammer VG Freiburg 12 K 1/02; ein Heft Disziplinarkammer VG Freiburg DL 10 K 1644/09).

Entscheidungsgründe

 
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I. Die beiden Klagebegehren sind zulässig.
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1.) Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1 hat der Kläger, indem er nunmehr Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten statt - wie ursprünglich - an sich selbst verlangt, eine zulässige, da gemäß § 91 Abs. 1 VwGO sachdienliche Klageänderung vorgenommen. Diese geänderte Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere steht einer Klagebefugnis (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO) nicht der vom Kläger vorgelegte Abtretungsvertrag vom 11.03.2009 entgegen, mit dem er u.a. seinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 der Hauptvereinbarung vom 20.02.2009 (im Folgenden, wie dort, schlicht bezeichnet als „Vereinbarung“ - auf die „Zusatzvereinbarung“ vom selben Tag kommt es vorliegend nicht an) an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten hat. Evidente Anhaltspunkte dafür, dass dieses Rechtsgeschäft - etwa, wie vom Beklagten erwogen, wegen Sittenwidrigkeit (Gläubigerschädigung) - nichtig sein könnte, hat die Kammer nicht. Geht man von der Wirksamkeit der Abtretung aus, ist der Kläger ausnahmsweise nach den Grundsätzen über die gewillkürte Prozessstandschaft befugt, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten zu verlangen, durch den er ersichtlich hierzu ermächtigt worden ist. Im Fall einer - wie hier - zulässigen Abtretung/Übertragung eines Rechts ist die gewillkürte Prozessstandschaft ausnahmsweise auch im Verwaltungsprozess zulässig (Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 62 Rnr. 21; a.A.: Kopp/Schenke, VwGO 19. Aufl. 2013, Vorb § 40 Rnr. 25; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 42 Rnr. 35). In der Rechtsprechung wird dies ebenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, solange es sich nicht - was vorliegend bei der Abfindung auch nicht der Fall ist - um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt (BVerwG, Urt. v. 29.11.1982 - 7 C 34/80 -, NJW 1983, 1133; Saarl. OVG, Urt. v. 17.10.2013 - 2 A 303/12 -, juris). Voraussetzung ist allerdings, dass der Kläger ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse besitzt (in diesem Sinne VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 -, NVwZ-RR 1995, 639; vgl. entsprechend für den Zivilprozess: BGH, Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 49/99 -, NJW-RR 2002, 20). Ein solches Interesse kann dem Kläger in der hier vorliegenden Konstellation einer Sicherungsabtretung nicht abgesprochen werden. Denn mit einer Entscheidung darüber, ob die behauptete Abfindungsforderung besteht, ist zugleich die Klärung verbunden, ob der zwischen Zedent und Zessionar vereinbarte Sicherungszweck erfüllt werden kann.
50 
Sollte die Abtretung hingegen nichtig sein, ergäbe sich die Klagebefugnis des Klägers ohne Besonderheit aufgrund des dann bei ihm verbliebenen eigenen Rechts.
51 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist ebenfalls zulässig. Insbesondere einer Statthaftigkeit der darin verfolgten Feststellungsklage stehen weder ein Vorrang der Leistungsklage
(§ 43 Abs. 2 VwGO) noch Bestimmtheitsgründe entgegen. Befindet sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung eine teilweise Bezifferung möglich wäre, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung endgültig beziffert werden kann (BGH, Urt. v. 30.03.1983 - VIII ZR 3/82 -, NJW 1984, 1552; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 19.11.2012 - 6 O 2345/12 -, NJW-RR 2013, 732). Diese im Zivilprozess entwickelten Grundsätze hält die Kammer hier für übertragbar.
52 
II. Die Klagen sind indessen in der Sache erfolglos.
53 
1.) Der Klageantrag zu Ziff. 1 ist unbegründet. Darauf, ob die Sicherungsabtretung nichtig und der Kläger aufgrund einer dann wirksamen teilweisen Pfändung und Überweisung der eingeklagten Forderung möglicherweise nicht mehr im gesamten Umfang aktivlegitimiert ist, kommt es hier ebenfalls nicht an. Denn dem Kläger stand gegen den Beklagten bereits dem Grunde nach von vornherein kein Zahlungsanspruch zu.
54 
a.) Der in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung vom 20.02.2009 geregelte Zahlungsanspruch ist bereits nicht entstanden, da die Vereinbarung insoweit von Anfang an nichtig ist. Auf die Frage der wirksamen Anfechtung, einer nachträglichen Unmöglichkeit oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt es damit nicht an. Die Beteiligten sind auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden.
55 
Bei der Vereinbarung handelt es sich angesichts ihres Gegenstands und Inhalts um einen öffentlich-rechtlichen (verwaltungsrechtlichen) Vertrag gemäß §§ 1, 54 LVwVfG. §§ 1 und 2 der Vereinbarung gestalten die Rechtsbeziehungen der Beteiligten auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts. Als Universitätsprofessor ist der Kläger Beamter des Beigeladenen gewesen. Auch wenn er den ihm vom Beklagten unter dem 09.12.1998 angebotenen Chefarztvertrag (vgl. GAS. 469 des Verfahrens 1 K 2043/01) nicht abgeschlossen hatte (zum doppelten Dienstverhältnis eines Chefarztes mit Vertrag vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012 - 9 S 2752/11 -, DVBl. 2013, 326), stand er ferner aufgrund seiner Dienstpflichten in der Krankenversorgung (§ 77a UG bzw. § 53 Abs. 1 LHG) gleichwohl auch in einer besonderen verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehung zum Beklagten. Insbesondere seine Rechtsstellung als Leiter der Abteilung Unfallchirurgie behielt auch nach rechtlicher Verselbständigung des Universitätsklinikums zum 01.01.1998 ihre Grundlage in der beamtenrechtlichen Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997, nachdem eine „Kombinationslösung“ aus Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und Ernennung zum Universitätsprofessor einerseits sowie Abschluss eines gesonderten Chefarztvertrages mit dem Beklagten als Träger der klinischen Einrichtung andererseits nicht zustande gekommen war. Die qualitativ die Vereinbarung prägenden Leistungen betrafen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und die Beendigung des Disziplinarverfahrens sowie die Abfindung für entgangene/entgehende Einnahmen aus dem an die ärztliche Leitungsfunktion gebundenen Privatliquidationsrecht (zu den Zuordnungsgesichtspunkten für einen verwaltungsrechtlichen Vertrag allgemein vgl. Fehling, in: HK-VerwR, 3. Aufl. 2013, VwVfG, § 54, Rnr. 40; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 54 Rnr. 30). Aufgrund dieser im Normenkontext der beamtenrechtlichen Über- und Unterordnung stehenden Prägung handelt es sich ferner um einen subordinationsrechtlichen Vertrag gemäß § 54 Satz 2 LVwVfG. Es kommt nicht darauf an, ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung „sonst“ durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte. Das Wort „sonst“ im letzten Halbsatz der Vorschrift bedeutet nicht, dass die Behörde im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (noch) befugt gewesen sein muss, die vom Bürger zu erbringende Leistung mit demselben Inhalt durch Verwaltungsakt festzusetzen (zur maßgeblichen abstrakten Betrachtungsweise vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2003 - 2 C 23/02 -, NVwZ-RR 2003, 874; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4/99 -, NVwZ 2000, 1285). Für die weitere rechtliche Prüfung der Vereinbarung hat das zur Folge, dass neben den §§ 57, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 3, 60 und 62 LVwVfG auch die (ausdrücklich nur für subordinationsrechtliche Verträge geltenden) §§ 55, 58 Abs. 2, 59 Abs. 2 und 61 LVwVfG Anwendung finden.
56 
Zwar gab es kein Vertragsformverbot i.S.v. § 54 Satz 1 LVwVfG. Ferner bestehen hinsichtlich formeller Anforderungen wie der Zuständigkeit des für den Beklagten handelnden Organs bzw. der für den Beigeladenen handelnden Behörde sowie der Schriftform (vgl. § 57 LVwVfG) keine Bedenken. Materiell verstößt die in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung statuierte Abfindung des Klägers für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation indessen gegen zwingendes Recht (dazu unter aa.). Zwar besaß diese Regelung wegen ihres spezifischen Charakters als Vergleichsvertrag an sich das Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen. Die hierfür in § 55 LVwVfG normierten besonderen Vergleichsvoraussetzungen lagen indessen nicht vor mit der Folge der materiellen Rechtswidrigkeit der Abfindungsvereinbarung und weitergehend ihrer Nichtigkeit (dazu unter bb.).
57 
Dem Beklagten war es rechtlich verwehrt, den Kläger für seit November 2000 entgangene (für die Zeit bis Ende Oktober 2000 war im Mai 2000 ein Ruhen der klinischen Tätigkeit sowie des Liquidationsrechts bei allerdings 50%-iger Netto-Erlösbeteiligung vereinbart worden) und in der Zukunft noch entgehende Einkünfte aus Privatliquidation zu entschädigen.
58 
Der Kläger hatte seit Zugang (am 26.10.2000) der vorläufigen Dienstenthebungsverfügung vom 24.10.2000 keinen Anspruch mehr auf amtsangemessene Beschäftigung und durfte sämtliche Dienstgeschäfte nicht mehr führen (zur Rechtsfolge der vorläufigen Suspendierung vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris [Rnr. 10]; ferner Eckstein VBlBW 1997, 333 [337]). Zwar gehörte die dem Privatliquidationsrecht zugeordnete Behandlung von Privatpatienten nicht zum Hauptamt des Klägers. Leitenden Krankenhausärzten wird üblicherweise vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen. Bei Chefärzten im Beamtenverhältnis gilt die Ausübung dieses persönlichen Behandlungsrechts als Nebentätigkeit, sodass sein Inhalt durch die Nebentätigkeitsgenehmigung festgelegt wird. Demzufolge wird die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt zugeordnet, während die Behandlung von Privatpatienten als Nebentätigkeit gilt (BVerwG, Urt. v. 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, NVwZ 2008, 1029; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 8]). Jedoch war die Befugnis zur Privatliquidation an die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Klinikabteilung gebunden. Die Liquidationsbefugnis ist eine durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemein genehmigte Nebentätigkeit (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012, a.a.O.). Mit der Suspendierung war dem Kläger aber gerade auch diese sein Amt im konkret-funktionellen Sinn ausfüllende (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 9]) Tätigkeit als Abteilungsleiter verboten und deshalb eine Privatbehandlung und Liquidation unmöglich geworden. Aufgrund dieses untrennbaren Zusammenhanges konnte die Liquidationsbefugnis neben der vorläufigen Dienstenthebung nicht als Rechtsposition weiterbestehen.
59 
Die somit auch ein Privatliquidationsrecht vereitelnde vorläufige (störungsabwehrende) Suspendierung ist in ihrer Rechtmäßigkeit in zwei disziplinargerichtlichen Instanzen (VG Freiburg, Beschl. v. 01.02.2002 - D 12 K 11/01; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.04.2002 - DL 17 S 6/02) bestätigt und unanfechtbar geworden, ohne später wieder aufgehoben worden zu sein. Sie verlor ihre Wirkung gemäß § 93 Abs. 4 LDO (i.V.m. Art. 26 Abs. 3 LDNOG; nicht anders insoweit nunmehr § 23 Abs. 6 LDG) erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens durch (unanfechtbare) Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis am 17.06.2009. Jenseits einer - hier durch die Disziplinargerichte kassierten - Einbehaltung von Besoldungsbezügen findet nach Beendigung des Disziplinarverfahrens keine (rückwirkende) Abwicklung hinsichtlich der sonstigen Folgen einer vorläufigen Dienstenthebung statt (vgl. § 94 LDO bzw. § 24 LDG).
60 
Bei dieser Rechtslage dem Kläger gleichwohl eine Abfindung für bis Februar 2009 entgangene und bis zur (vereinbarten) Entlassung aus dem Beamtenverhältnis noch entgehende Privatliquidation (Zeitraum 01.11.2000 bis 17.06.2009) zu gewähren, war der Beklagte aus Rechtsgründen gehindert. Der Kläger hatte in dieser Zeit zwar noch Beamtenstellung und Leitungsfunktion inne. Aufgrund des umfassenden und rechtmäßigen dienstlichen Tätigkeitsverbots konnte und durfte er jedoch keine Leistung mehr erbringen. Ihn für eine rechtmäßig erzwungene Untätigkeit trotzdem zu entschädigen, bedeutete ein evidentes und eklatantes Missverhältnis, da diese Gegenleistung keine Entsprechung auf Seite des Klägers mehr hatte. Angesichts der in § 5 Abs. 1 Satz 2 UKG festgelegten Verpflichtung des Beklagten auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stellte eine gleichwohl erfolgte Abfindungsvereinbarung einen qualifizierten Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht dar, der diese gemäß § 59 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig machte (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 59 Rnr. 54).
61 
Einen ebensolchen qualifizierten und zur Nichtigkeit einer Vereinbarung führenden Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht im vorgenannten Sinne stellte es schließlich dar, den Kläger auch über das Ende der Wirkungen der Suspendierung hinaus für in der weiteren Zukunft (jenseits des 17.06.2009) entgehende Privatliquidationseinnahmen abzufinden. Denn durch die (Teil-)Kündigung vom 04.02.2004 der in der Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997 zugesagten Leitungsfunktion hatte der Kläger bereits seit Zugang dieser Kündigung das Recht zur Ausübung der Chefarztposition und der daran geknüpften Nebentätigkeit in Gestalt der Behandlung von Privatpatienten für eigene Rechnung endgültig verloren. Diese Wirkungen dauerten auch nach Erledigung der vorläufigen Suspendierung fort. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung ist in zwei Instanzen unanfechtbar bestätigt worden (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2006 - 3 K 1362/04 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris).
62 
Das zuvor unter festgestellte Abfindungsverbot hätte nur in Anwendung des § 55 LVwVfG zu einer gleichwohl wirksamen Leistungspflicht des Beklagten führen können. Liegen die in dieser Vorschrift normierten besonderen Voraussetzungen vor, vermag ein Vergleichsvertrag Leistungspflichten selbst dann zu begründen, wenn der Vergleichsinhalt der Gesetzeslage - wie hier - widerspricht (zu diesem „Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen“ vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1995 - 8 C 32/93 -, NJW 1996, 608; Urt. v. 01.12.1989 - 8 C 17/87 -, NJW 1990, 2700; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 6).
63 
Die Abfindungsregelung in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung ist Bestandteil eines Vergleichsvertrages. Dies ergibt sich aufgrund der Auslegung der Erklärungen der Beteiligten, die sich gemäß § 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB nach dem objektivierten Empfängerhorizont bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Fehling, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rnr. 29). In tatsächlicher Hinsicht sind der Wortlaut der Erklärungen zu erfassen und die tatsächlichen Umstände, die für die gewollte Bedeutung der Erklärung erheblich sind, zu sichten und aufzuklären. Aus dem materiell-rechtlichen Hintergrund der Erklärungen ergibt sich schließlich, ob und mit welchem Inhalt eine rechtliche Regelung angestrebt wird (BVerwG, Beschl. v. 27.03.2013 - 6 B 50/12 -, NVwZ-RR 2013, 491).
64 
Die Beteiligten selbst bezeichnen die Vereinbarung als Vergleich. Aus der Präambel der Vereinbarung (Ziff. 3 in Verbindung mit Ziff. 2) ergibt sich, dass sie sich über die Beendigung der noch anhängigen streitigen Verfahren (Disziplinarverfahren [vgl. Ziff. 2.1], Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg betreffend die Kündigung der Berufungsvereinbarung [vgl. Ziff. 2.5] und Mahnbescheidverfahren vor dem Landgericht Stuttgart [vgl. Ziff. 2.6] sowie des zwar bereits im gerichtlichen Erkenntnisverfahren 1 K 2043/01 abgeschlossenen, auf der Ebene der Erfüllung bzw. Vollstreckung jedoch noch nicht völlig abgewickelten Verfahrens auf Zahlung von Nutzungsentgelt und Mitarbeiterbeteiligung [vgl. Ziff. 2.3]) verständigen wollten. Ziff. 3 der Präambel endet damit, nach Vorlage des Teilberichts des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren vom 20.10.2008 seien die zu diesem Zeitpunkt ruhenden „Vergleichsgespräche wieder aufgenommen“ worden. „Vor diesem Hintergrund“ träfen die Parteien die nachstehenden Vereinbarungen der §§ 1 bis 3.
65 
Insbesondere auch die Vorkorrespondenz in der Anbahnungsphase der Vereinbarung belegt deren wesentlichen Vergleichscharakter, da man übereinstimmend ein gegenseitiges Nachgeben vor dem Hintergrund ungewisser streitiger Rechtsbeziehungen beabsichtigte. Der Kaufmännische Direktor des Beklagten hielt in einem Schreiben vom 30.10.2006 an das Ministerium (UK-AS. 47) fest, bei einem Gespräch mit den Rechtsanwälten des Klägers hätten diese es für realistisch gehalten, dass der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragen werde. Dies hänge allerdings von der Höhe der Summe ab, die das Universitätsklinikum zu zahlen bereit sei. In seinem hierzu verfassten Schreiben vom 31.10.2006 an die Rechtsanwälte des Klägers (UK-AS. 54) konkretisierte der Kaufmännische Direktor dies dahin, um mit der Abfindungszahlung alle gegenseitigen Ansprüche abzugelten, müssten folgende Rahmenbedingungen erfüllt werden: Der Kläger beantrage sofort seine unverzügliche Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Die Entlassung müsse bestandskräftig sein, bevor die oben genannte Zahlung vorgenommen werde. Alle noch laufenden Verfahren würden beendet. Dies bedeute einerseits, dass der Kläger die „Nichtzulassungsbeschwerde“ zum VGH hinsichtlich der Kündigung der Berufungsvereinbarung zurücknehme, andererseits werde das Verfahren gegen das Land, mit dem per Mahnbescheid Schadensersatzansprüche geltend gemacht seien, beendet. Auf Kostenerstattungsansprüche werde verzichtet. Das Klinikum werde bezüglich der ihm noch zustehenden Forderungen wegen ausstehenden Nutzungsentgelts nicht mehr weiter vorgehen. Diese würden mit der Abfindung verrechnet. Der im Verwaltungsverfahren für den Beklagten und den Beigeladenen tätige Rechtsanwalt XXX berichtete unter dem 19.12.2006 (UK-AS. 87/88) an das Ministerium und den Beklagten über eine Unterredung mit Rechtsanwalt XXX (Verteidiger des Klägers im Straf- und Disziplinarverfahren). Eine mögliche Einigung solle danach nicht durch eine Entscheidung des VGH torpediert werden. Es sei sinnvoll, den VGH zu bitten, wegen der Vergleichsverhandlungen zunächst nicht zu entscheiden. Das gebe allen Beteiligten die Gelegenheit, eine eventuelle Vereinbarung mit den Unwägbarkeiten jenes Prozesses zu begründen. Die Vertragsentwürfe ab Januar 2007 enthielten sodann unverändert die später in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung eingegangene Abfindungsverpflichtung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte in seinem Schreiben vom 01.02.2007 an den Kaufmännischen Direktor (UK-AS. 207) aus, da nach der Verfügung des Senatsvorsitzenden (sc. vom 02.01.2007 - darin war angeregt worden, im Hinblick auf das noch anhängige Disziplinarverfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen) der Ausgang dieses Verfahrens als offen angesehen werden müsse, halte man es für angemessen, dass es bei der vom Gesetz für den Vergleichsfall vorgesehenen Regelung verbleibe, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben würden. Dies auch im Hinblick darauf, dass vermieden werden solle, dass aus der Kostenregelung wiederum Schlüsse gezogen würden, die dem Verfahrensstand nicht entsprächen. Der Kaufmännische Direktor erwiderte unter dem 23.02.2007 (UK-AS 224/225), das Klinikum müsse darauf bestehen, die Abfindungssumme erst dann auszubezahlen, wenn die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich bestandskräftig sei. Diese Bestandskraft sei mit Blick auf die Höhe der zu leistenden Zahlung Bedingung. Ferner teilte er in Abweichung von einem Kostentragungsvorschlag des Klägers betreffend das zu erledigende Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH mit, das Ministerium bestehe darauf, dass die Gerichtskosten vom Kläger zu tragen seien, während die außergerichtlichen Kosten jede Partei selbst trage. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers indessen beharrte mit Schreiben vom 22.03.2007 an das Klinikum (UK-AS 259) darauf, die Kostenregelung seines Entwurfs („Die Kosten dieses Verfahrens regeln sich nach § 98 ZPO“) zu übernehmen. Dies sei nicht nur sachgerecht, sondern auch geboten. Gerade der Umstand, dass die Frage noch offen sei, ob die Berufungsvereinbarung wirksam gekündigt worden sei, gebe einen wesentlichen Rechtfertigungsgrund dafür, dass das Klinikum an den Kläger die vorgesehene Abfindung bezahle. Vor diesem Hintergrund sei auch die Gestaltung der Präambel zu sehen.
66 
Die in dieser Korrespondenz belegte Ungewissheit bei allen Beteiligten betraf nicht nur den Ausgang des Rechtsstreits um die Wirksamkeit der Teilkündigung der Berufungsvereinbarung und damit die Rückkehr des Klägers in die Leitungsfunktion. Vielmehr erstreckte sie sich nach Vorlage des vorläufigen Teilberichts des Untersuchungsführers vom 20.10.2008 auch auf den Ausgang des förmlichen Disziplinarverfahrens und die Frage, ob dieses zu einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst und damit zu einer Unmöglichkeit der Rückkehr in jegliche dienstliche Tätigkeit führen könne. Das Ministerium nahm diesen Teilbericht zum Anlass, die Ende 2007 zunächst abgebrochenen Vergleichsverhandlungen wieder aufzunehmen (vgl. Vermerk vom 23.10.2008, AS. 439-447 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart). Hierzu korrespondierend hatte Rechtsanwalt XXX für den Kläger mit Schreiben vom 30.10.2008 an das Ministerium (UK-AS. 476) noch einmal die Bereitschaft bekräftigt, „eine Verständigung außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens herbeizuführen“ und darauf hingewiesen, die „vertraglichen Vorbereitungen (seien) bereits weit gediehen“.
67 
Entscheidend für den Vergleichscharakter der Vereinbarung spricht schließlich, dass sich Unsicherheit und Nachgeben auf denselben Punkt bezogen. Die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kündigung sollte dadurch „beseitigt“ werden, dass der Beklagte nachgab, indem er eine (die mögliche Unwirksamkeit der Kündigung in Betracht ziehende) Abfindung gewährte. Der Kläger und der Beigeladene - Letztgenannter hatte die zur Privatliquidation berechtigende Leitungsposition ursprünglich in der Berufungsvereinbarung eingeräumt und später gekündigt - verzichteten hierzu auf eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass § 2 Abs. 5 der Vereinbarung dahin auszulegen ist, dass Kläger und Beigeladener nicht nur das förmliche Berufungszulassungsverfahren beim VGH, sondern auch das dem vorausgehende VG-Klageverfahren mit der Folge erledigen wollten, dass das Urteil der 3. Kammer vom 06.07.2006 unwirksam wurde und somit keine gerichtliche Entscheidung über die Kündigung vorlag. Schließlich sollte die Ungewissheit des Ausgangs des Disziplinarverfahrens und die damit verbundene Frage einer Rückkehr des Klägers auch als Abteilungsleiter dadurch bewältigt werden, dass Kläger und Beigeladener einen Fortgang durch Entlassungsantrag und anschließende Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, die zwingend zur Einstellung des Disziplinarverfahrens führte, verhinderten. Durch dieses Nachgeben sollte wiederum dem Beklagten eine Abfindung für künftig entgehende Liquidation ermöglicht werden, da es zu einer Entfernung aus dem Dienst mit daraus folgendem Wegfall auch der ärztlichen Leitungsposition nicht mehr kommen konnte.
68 
Es ist unzutreffend, wenn der Kläger nunmehr - die Abfindungsvereinbarung damit aus dem zuvor dargestellten gegenseitigen Nachgeben lösend - behauptet, der beim VGH anhängige Rechtsstreit sei für die Abfindungsverpflichtung des Beklagten „mangels jeder Relevanz“ nicht von Interesse gewesen. Denn wenngleich Verfahrensgegner vor dem VG und VGH der Beigeladene war, so verteidigte dieser doch die Kündigung der Berufungsvereinbarung, welche wiederum dem Kläger die Chefarztposition und das damit verbundene Privatliquidationsrecht eingeräumt hatte, um dessen Abfindung durch den Beklagten es nunmehr in der Vereinbarung vom 20.02.2009 ging. Auch der Ausgang des Disziplinarverfahrens hätte im Fall der Entfernung aus dem Dienst mit dem daraus folgenden Verlust aller Dienstposten unmittelbar Wirkung auf die Zulässigkeit einer Abfindung gehabt. In einem mit Anschreiben vom 07.05.2007 (UK-AS. 292) unterbreiteten Vereinbarungsentwurf hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwar möglicherweise noch einmal versucht, die Abfindung zur schlichten Austauschleistung für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis zu machen. Übernommen haben die Beteiligten dies jedoch nicht, sondern sich vielmehr in einem gemeinsamen Gespräch vom 13.06.2007 (vgl. den hierüber gefertigten Vermerk des Kaufmännischen Direktors vom 14.06.2007, UK-AS. 317/318) wieder auf einen Entwurf (vom 11.05.2007, vgl. UK-AS. 321-326) geeinigt, der den früheren Entwürfen im Zusammenhang mit der Korrespondenz bis zuletzt 22.03.2007 entsprach und die Abfindung somit wieder zum Bestandteil eines gegenseitigen Nachgebens zwecks Ungewissheitsbeseitigung machte.
69 
Die Voraussetzungen des § 55 LVwVfG für den Abschluss des Vergleichsvertrages lagen indessen nicht vor, so dass dieser materiell rechtswidrig ist.
70 
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 LVwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird, kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Hier haben die Beteiligten das gegenseitige Nachgeben in Gestalt von Antrags-Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Einstellung des Disziplinarverfahrens sowie Abfindung für entgangene/künftig entgehende Einnahmen aus Privatliquidation auf eine rechtliche und nicht auf eine tatsächliche Ungewissheit zurückführen wollen. Denn der zur Kündigung der Berufungsvereinbarung führende und zugleich für das Disziplinarverfahren verwertbare Sachverhalt stand ebenso fest (rechtskräftig abgeurteilte Straftaten einer vorsätzlichen sowie dreier fahrlässiger Körperverletzungen) wie die Rechtsposition des Klägers, in die eingegriffen wurde (Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG, ferner besonders zugesagte Abteilungsleitung). Allseitige Zweifel bestanden demgegenüber nach dem bereits oben zur Einordnung als Vergleichsvertrag Dargelegten darüber, ob die Kündigung der Leitungsposition gerichtlich unanfechtbar bestätigt würde und ob bereits die rechtskräftig festgestellten Straftaten des Klägers disziplinargerichtlich für eine Entfernung aus dem Dienst genügten.
71 
An der tatbestandlichen Voraussetzung einer bei verständiger Würdigung der Rechtslage bestehenden Ungewissheit, die ein Nachgeben durch Abfindungszahlung gerechtfertigt hätte, fehlte es im Februar 2009 jedoch. Damit die Gesetzesbindung der Verwaltung nicht unterlaufen wird, darf die bestehende Ungewissheit hinsichtlich der Rechtslage nur aus Sicht eines objektiven Betrachters und nur restriktiv bzw. unter strengen Anforderungen angenommen werden. Dies ist der Fall bei gänzlich umstrittener und/oder verworrener Rechtslage, wenn zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage divergierende gleichrangige Rechtsprechung vorliegt oder die Frage von den Gerichten noch gar nicht entschieden wurde und die Auffassungen im Schrifttum geteilt sind (Fehling, a.a.O., § 55 Rnr. 20). Eine relevante Ungewissheit ist auch dann anzunehmen, wenn nach dem von den Parteien erwarteten Maß verständiger Würdigung der Rechtslage der Verwaltungsaufwand einschließlich der damit verbundenen Kosten und des Zeitaufwandes, der zur Klärung der Rechtsfrage erforderlich wäre, zu ihrer (objektiven) Bedeutung außer Verhältnis stünde (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 38). Das übliche Verfahrensrisiko, das dem allgemeinen Prozessrisiko entspricht, rechtfertigt einen Vergleichsabschluss demgegenüber nicht (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987 - 23 B 86.02281 -, NVwZ 1989, 167; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 55 Rnr. 16a). Auf Seite des Klägers kann kein großzügigerer Maßstab angelegt werden, da er ständig durch einen und stellenweise sogar durch zwei versierte Rechtsanwälte vertreten war.
72 
In Ansehung der seit Ende Oktober 2000 bestehenden Wirkungen der vorläufigen Suspendierung (vgl. oben unter aa.) kann von einer berechtigten Unsicherheit darüber, ob dem Kläger in der Vergangenheit möglicherweise Einkünfte aus Privatliquidation zugestanden hätten, keine Rede sein. Denn hier hatte ihn ein vollständiges Tätigkeitsverbot getroffen, welches mangels anderweitiger Aufhebung bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens fortdauerte. Für einen objektiven Betrachter änderte sich auch nicht dadurch etwas, dass der Kläger wegen behaupteter Fürsorgepflichtverletzung im Mahnbescheidsverfahren eine Schadensersatzklage über 4,45 Mio. EUR bei den Zivilgerichten angestrengt hatte, die seit Frühjahr 2006 beim LG Stuttgart ruht. Diese Klage richtete sich nämlich nicht gegen den Beklagten, sondern gegen den Beigeladenen. Ferner lagen, wie von den Disziplinargerichten bestätigt, die Voraussetzungen für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung (hinreichender Verdacht eines schweren Dienstvergehens; dienstliches Bedürfnis) vor, was beim zivilgerichtlich erreichten Verfahrensstand keinen beachtlichen Schluss auf eine gleichwohl rechtswidrige und schuldhafte Schädigung des Klägers aufgrund eines gegen ihn „inszenierten Komplotts“ (vgl. Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.11.2006 an den Kaufmännischen Direktor, UK-AS. 58/59) zuließ.
73 
Eine verständige Würdigung ließ es schließlich auch nicht zu, von einem rechtlich ungewissen Schicksal der Kündigung der Leitungsposition auszugehen. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung vom 04.02.2004, die sich der Beigeladene zuvor überdies noch durch ein Rechtsgutachten von Prof. XXX vom November 2003 hatte untermauern lassen, war mit Urteil der 3. Kammer des VG Freiburg vom 06.07.2006 bestätigt worden. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen, weshalb der Kläger gezwungen war, zunächst eine Zulassung der Berufung durch den VGH Baden-Württemberg zu erreichen, wenn er überhaupt noch die Chance einer Abänderung der VG-Entscheidung durch das Obergericht wahren wollte. Bereits hieraus folgte eine beachtliche Rechtsposition zu Gunsten des Beigeladenen und des Beklagten. Die vom Kläger ausschließlich mit dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des VG-Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beantragte Zulassung (vgl. AS. 33-59 in der VGH-Verfahrensakte 9 S 1848/06) wurde auf eine von derjenigen des VG abweichende Bewertung und nicht auf eine divergierende Rechtsprechung/Literatur gestützt. Davon, der zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage noch erforderliche Aufwand sei beträchtlich gewesen und hätte zur Bedeutung des Streits für die Beteiligten außer Verhältnis gestanden, konnte im Februar 2009 nicht die Rede sein. Vielmehr bestand einseitig zulasten des Klägers ein beträchtliches Prozess-/Unterliegensrisiko, welches noch einmal dadurch erhöht war, dass zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg dazu, ob die Berufung zugelassen wird, noch nicht ergangen war. Erst die in § 2 Abs. 5 der Vereinbarung vorgesehenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Rechtsstreits um die Kündigung hätten, wenn sie erfolgt wären, eine relevante Ungewissheit erzeugen können.
74 
An dieser Bewertung ändert sich schließlich nichts durch das am 10.01.2008 geführte Telefonat zwischen Prof. XXX und einem Mitglied des 9. Senats beim VGH Baden-Württemberg. Obwohl dieses Gespräch in den beigezogenen VGH-Akten keinen Niederschlag gefunden hat, unterstellt die Kammer, dass dessen Inhalt in einem Vermerk vom 11.01.2008 in den Disziplinarakten des Ministeriums (vgl. AS. 462 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart) richtig wiedergegeben ist. Darin heißt es:
75 
„Herr Prof. XXX hat mir mitgeteilt, dass der VGH Mannheim in der Verwaltungsrechtssache XXX gegen Land BW wegen Kündigung der Berufungsvereinbarung (Leitungsfunktion) eine Mitteilung zum Sachstand erbeten hat. Außerdem teilte er mit, dass die Kammer, die die Sache verhandelt, einen neuen Vorsitzenden hat. Dieser sei bekannt dafür, dass er eine rigide beamtenrechtliche Linie vertritt. In einem Gespräch mit Prof. XXX habe dieser angedeutet, dass er die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts hält. Er wolle die Angelegenheit nun entscheiden. Prof. XXX befürchtet eine Niederlage des Landes. Es sei sehr ungewöhnlich, in welcher Deutlichkeit sich der Vorsitzende ihm gegenüber geäußert habe. Prof. XXX plädiert für eine einvernehmliche Einigung und steht zu einem Gespräch mit Herrn Minister zur Verfügung.“
76 
Die Bemerkung eines einzelnen Mitglieds des Senats gegenüber nur einem der am Verfahren Beteiligten in einem Telefongespräch, es halte die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts, durfte indessen bei verständiger Würdigung nicht Ausschlag für die Annahme einer Ungewissheit der Rechtslage geben. Dafür, dass diese Bemerkung der Überzeugung des gesamten Senats entsprochen hätte, geht weder aus dem Vermerk noch aus den sonstigen Umständen etwas hervor. Schon etwas mehr als 3 Monate später, unter dem 17.04.2008, vermerkte der Berichterstatter des Senats, in einem Telefonanruf sei mitgeteilt worden, dass „der Senat keine Stellungnahme zu einer möglichen vergleichsweisen Erledigung abgeben“ werde (AS. 129 in der VGH-Akte 9 S 1848/06). Spätestens hierdurch musste die Einzelansicht eines Senatsmitgliedes vom Januar 2008 wieder als relativiert angesehen werden. Gegen eine beachtliche Meinungsäußerung spricht schließlich auch, dass der spätere VGH-Beschluss vom 24.04.2009 zur Problematik der „Umgehung des Disziplinarrechts“ sogar eine deutlich gegenteilige Auffassung enthält (vgl. Rnr. 12 in der juris-Veröffentlichung: „Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich, dass die Entscheidung über den Entzug eines konkreten Aufgabenbereiches nicht dem Disziplinarverfahren vorbehalten ist … . Denn die das Beamtenrecht kennzeichnenden Verfahrensgarantien für die Entziehung des Amtes betreffen nur das Statusamt, nicht aber den Dienstposten; ein „Recht am Amt“ kennt das Dienstrecht grundsätzlich nicht. …“).
77 
Der damit materiell rechtswidrige Vergleichsvertrag war ferner unwirksam. Gemäß dem (für Subordinationsverträge wie hier geltenden) besonderen Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG ist ein Vergleichsvertrag nichtig, wenn die Voraussetzungen für seinen Abschluss nicht vorlagen. Dies ist hier der Fall. Wie oben dargelegt, fehlte es an einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 55 LVwVfG, da nach den Umständen des Falles die Rechtslage bei verständiger Würdigung nicht ungewiss war. Auf eine Kenntnis der Beteiligten von der Rechtswidrigkeit kommt es nicht an (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 59 Rnr. 26a und 27; Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 32/33). Auch die weitere Nichtigkeitsvoraussetzung des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 LVwVfG rechtswidrig wäre, liegt vor, da sich die Rechtswidrigkeit aus materiellen und nicht lediglich formellen Gesichtspunkten ergibt (Kopp/Ramsauer, a.a.O.; Fehling, a.a.O.).
78 
b.) Eine Aufrechterhaltung der nichtigen Abfindungsvereinbarung scheidet aus. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung sieht allerdings vor, dass im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung die Vertragsparteien gegenseitig verpflichtet sind, eine wirksame Regelung zu treffen, die den rechtlichen und wirtschaftlichen Zielen und Zwecken der unwirksamen Bestimmung möglichst nahe kommt. Unabhängig davon, dass hierzu die Vertragsparteien (und nicht das Gericht) aufgerufen wären, ist nicht ersichtlich, wie der Erfolg einer Abfindung anderweit erreicht werden könnte. Eine insoweit kraft Gesetzes eintretende und folglich vom Gericht zu beachtende Umdeutung (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 140 BGB) ist ebenfalls nicht möglich, da kein anderer zulässiger Rechtsakt erkennbar ist, der das angestrebte Regelungsziel (im Sinne des Klageanspruchs) zumindest teilweise erreichte.
79 
Es ist ferner nicht treuwidrig (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 242 BGB), dem Kläger die Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung entgegenzuhalten und ihn somit um den Erfüllungsanspruch zu bringen. Zwar hat er seine Leistung erbracht, indem er einen Entlassungsantrag stellte, dem - nach Rücknahme- und Rechtsmittelverzicht - unanfechtbar stattgegeben wurde. Indessen hatte der Beigeladene dem Kläger zweimal Gelegenheit gegeben, diesen Entlassungsantrag zurückzuziehen, ohne ihn am in § 2 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung erklärten Verzicht auf eine Antragsrücknahme festzuhalten. Unter dem 29.04.2009 (UK-AS. 684-687) wandte sich das Ministerium an die Rechtsanwälte des Klägers und führte aus, im Lichte des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 sei der Vergleich in seiner bisherigen Form nicht mehr vollziehbar und neu zu bewerten. Der Kläger werde aufgefordert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen sowie um Äußerung gebeten, ob unter diesen Umständen der Antrag vom 24.02.2009 auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufrechterhalten werde. In einem weiteren Schreiben vom 13.05.2009 (UK-AS. 783-786) verdeutlichte das Ministerium seinen Rechtsstandpunkt, warum es die beiden Vereinbarungen vom 20.02.2009 als hinfällig betrachte. Der Kläger sei der Verpflichtung, den Rechtsstreit vor dem VGH durch Abgabe einer Erledigungserklärung zu beenden, nicht nachgekommen. Eine Prozessbeendigung durch eine Erledigungserklärung sei aufgrund der Entscheidung des VGH rechtlich unmöglich geworden. Die Erklärung der Hauptsacheerledigung sei Gegenleistung zur Zahlungsverpflichtung gewesen. Abschließend gab es dem Kläger Gelegenheit, bis spätestens 20.05.2009 mitzuteilen, ob er an seinem Entlassungsantrag vom 24.02.2009 festhalte. Dass der Beigeladene hierbei nicht von einer anfänglichen Unwirksamkeit, sondern „nur“ von einer nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung und entfallener Gegenleistungspflicht des Beklagten ausging, ist unschädlich, denn dem Kläger war damit verdeutlicht worden, dass er selbst im Fall seiner - bei unterlassener Antragsrücknahme zwingenden - Entlassung keine Abfindungszahlung erhalten werde. Angesichts dieser noch vor dem Erbringen seiner eigenen Leistung geschaffenen neuen Sachlage kann nicht die Rede davon sein, er sei, weil er am Vertrag festgehalten hat, nunmehr unerträglich belastet. Denn dass sich die Rechtsauffassung des Klägers nicht bestätigt hat, liegt in seinem Risikobereich.
80 
Dass der Beklagte dem Kläger die 1,98 Mio. EUR oder zumindest einen Teilbetrag als Schaden wegen Verschuldens bei Vertragsschluss („culpa in contrahendo“, kurz: c.i.c. - entsprechend § 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG) schuldet, ist schließlich ebenfalls abzulehnen. Handelt es sich um ein allgemeines Wirksamkeitshindernis, das nicht dem Verantwortungsbereich einer Partei zuzuordnen ist, besteht grundsätzlich kein Anspruch wegen c.i.c.. Denn die Wirksamkeit eines Vertrages sicherzustellen, ist ein Gebot des jeweils eigenen Interesses, aber keine Rechtspflicht gegenüber dem anderen Teil, solange keine gesetzlichen oder vertraglichen Betreuungs- bzw. Aufklärungspflichten bestehen (Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 56; Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 311 Rnr. 39 m.w.N.). An spezifischen Pflichten des Beigeladenen und des Beklagten gegenüber dem Kläger bei Vertragsabschluss fehlte es hier. Die drei Beteiligten standen sich von Beginn der Verhandlungen an „auf Augenhöhe“ bzw. ebenbürtig gegenüber und handelten die Vertragsbedingungen einvernehmlich aus (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 07.04.2005 - 2 C 5/04 -, NVwZ 2005, 1188). Der Kläger, der persönlich nie selbst auftrat, war hierbei stets von sachkundigen sowie fachlich einschlägig tätigen und erfahrenen Rechtsanwälten vertreten.
81 
c.) Da nach dem zuvor Dargelegten die Hauptforderung des Klägers nicht besteht, scheidet auch - sei es aus Verzug (§ 288 BGB entsprechend) oder aus Rechtshängigkeit (§ 291 BGB entsprechend) - die geltend gemachte Nebenforderung aus.
82 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist, da allein als Verzugsschadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Hauptforderung in Klageantrag Ziff. 1 denkbar, aufgrund des Ergebnisses oben unter 1.) ebenfalls unbegründet.
83 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und folglich für den Fall des Unterliegens ein Kostentragungsrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
84 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagtem aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO und im Verhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem aus §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO.
85 
IV. Die Kammer lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß
§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu (Frage der Wirksamkeitsvoraussetzungen eines dreiseitigen verwaltungsrechtlichen Vergleichsvertrages im öffentlichen Dienstrecht). Es gilt deshalb für die Anfechtbarkeit dieses Urteils folgende
86 
B e s c h l u s s
87 
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.985.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat die Kammer für den Klageantrag Ziff. 1 gemäß § 52 Abs. 3 GKG den Betrag von 1,98 Mio. EUR (ohne Nebenforderung, vgl. § 43 Abs. 1 GKG) angesetzt und für den Klageantrag Ziff. 2, da unbeziffert und „nur“ als (nicht vollstreckungsfähiger) Feststellungsantrag gestellt, den Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG. Beide Beträge sind gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
88 
Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach § 68 Abs. 1 GKG.

Gründe

 
48 
I. Die beiden Klagebegehren sind zulässig.
49 
1.) Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1 hat der Kläger, indem er nunmehr Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten statt - wie ursprünglich - an sich selbst verlangt, eine zulässige, da gemäß § 91 Abs. 1 VwGO sachdienliche Klageänderung vorgenommen. Diese geänderte Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere steht einer Klagebefugnis (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO) nicht der vom Kläger vorgelegte Abtretungsvertrag vom 11.03.2009 entgegen, mit dem er u.a. seinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 der Hauptvereinbarung vom 20.02.2009 (im Folgenden, wie dort, schlicht bezeichnet als „Vereinbarung“ - auf die „Zusatzvereinbarung“ vom selben Tag kommt es vorliegend nicht an) an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten hat. Evidente Anhaltspunkte dafür, dass dieses Rechtsgeschäft - etwa, wie vom Beklagten erwogen, wegen Sittenwidrigkeit (Gläubigerschädigung) - nichtig sein könnte, hat die Kammer nicht. Geht man von der Wirksamkeit der Abtretung aus, ist der Kläger ausnahmsweise nach den Grundsätzen über die gewillkürte Prozessstandschaft befugt, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten zu verlangen, durch den er ersichtlich hierzu ermächtigt worden ist. Im Fall einer - wie hier - zulässigen Abtretung/Übertragung eines Rechts ist die gewillkürte Prozessstandschaft ausnahmsweise auch im Verwaltungsprozess zulässig (Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 62 Rnr. 21; a.A.: Kopp/Schenke, VwGO 19. Aufl. 2013, Vorb § 40 Rnr. 25; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 42 Rnr. 35). In der Rechtsprechung wird dies ebenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, solange es sich nicht - was vorliegend bei der Abfindung auch nicht der Fall ist - um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt (BVerwG, Urt. v. 29.11.1982 - 7 C 34/80 -, NJW 1983, 1133; Saarl. OVG, Urt. v. 17.10.2013 - 2 A 303/12 -, juris). Voraussetzung ist allerdings, dass der Kläger ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse besitzt (in diesem Sinne VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 -, NVwZ-RR 1995, 639; vgl. entsprechend für den Zivilprozess: BGH, Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 49/99 -, NJW-RR 2002, 20). Ein solches Interesse kann dem Kläger in der hier vorliegenden Konstellation einer Sicherungsabtretung nicht abgesprochen werden. Denn mit einer Entscheidung darüber, ob die behauptete Abfindungsforderung besteht, ist zugleich die Klärung verbunden, ob der zwischen Zedent und Zessionar vereinbarte Sicherungszweck erfüllt werden kann.
50 
Sollte die Abtretung hingegen nichtig sein, ergäbe sich die Klagebefugnis des Klägers ohne Besonderheit aufgrund des dann bei ihm verbliebenen eigenen Rechts.
51 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist ebenfalls zulässig. Insbesondere einer Statthaftigkeit der darin verfolgten Feststellungsklage stehen weder ein Vorrang der Leistungsklage
(§ 43 Abs. 2 VwGO) noch Bestimmtheitsgründe entgegen. Befindet sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung eine teilweise Bezifferung möglich wäre, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung endgültig beziffert werden kann (BGH, Urt. v. 30.03.1983 - VIII ZR 3/82 -, NJW 1984, 1552; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 19.11.2012 - 6 O 2345/12 -, NJW-RR 2013, 732). Diese im Zivilprozess entwickelten Grundsätze hält die Kammer hier für übertragbar.
52 
II. Die Klagen sind indessen in der Sache erfolglos.
53 
1.) Der Klageantrag zu Ziff. 1 ist unbegründet. Darauf, ob die Sicherungsabtretung nichtig und der Kläger aufgrund einer dann wirksamen teilweisen Pfändung und Überweisung der eingeklagten Forderung möglicherweise nicht mehr im gesamten Umfang aktivlegitimiert ist, kommt es hier ebenfalls nicht an. Denn dem Kläger stand gegen den Beklagten bereits dem Grunde nach von vornherein kein Zahlungsanspruch zu.
54 
a.) Der in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung vom 20.02.2009 geregelte Zahlungsanspruch ist bereits nicht entstanden, da die Vereinbarung insoweit von Anfang an nichtig ist. Auf die Frage der wirksamen Anfechtung, einer nachträglichen Unmöglichkeit oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt es damit nicht an. Die Beteiligten sind auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden.
55 
Bei der Vereinbarung handelt es sich angesichts ihres Gegenstands und Inhalts um einen öffentlich-rechtlichen (verwaltungsrechtlichen) Vertrag gemäß §§ 1, 54 LVwVfG. §§ 1 und 2 der Vereinbarung gestalten die Rechtsbeziehungen der Beteiligten auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts. Als Universitätsprofessor ist der Kläger Beamter des Beigeladenen gewesen. Auch wenn er den ihm vom Beklagten unter dem 09.12.1998 angebotenen Chefarztvertrag (vgl. GAS. 469 des Verfahrens 1 K 2043/01) nicht abgeschlossen hatte (zum doppelten Dienstverhältnis eines Chefarztes mit Vertrag vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012 - 9 S 2752/11 -, DVBl. 2013, 326), stand er ferner aufgrund seiner Dienstpflichten in der Krankenversorgung (§ 77a UG bzw. § 53 Abs. 1 LHG) gleichwohl auch in einer besonderen verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehung zum Beklagten. Insbesondere seine Rechtsstellung als Leiter der Abteilung Unfallchirurgie behielt auch nach rechtlicher Verselbständigung des Universitätsklinikums zum 01.01.1998 ihre Grundlage in der beamtenrechtlichen Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997, nachdem eine „Kombinationslösung“ aus Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und Ernennung zum Universitätsprofessor einerseits sowie Abschluss eines gesonderten Chefarztvertrages mit dem Beklagten als Träger der klinischen Einrichtung andererseits nicht zustande gekommen war. Die qualitativ die Vereinbarung prägenden Leistungen betrafen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und die Beendigung des Disziplinarverfahrens sowie die Abfindung für entgangene/entgehende Einnahmen aus dem an die ärztliche Leitungsfunktion gebundenen Privatliquidationsrecht (zu den Zuordnungsgesichtspunkten für einen verwaltungsrechtlichen Vertrag allgemein vgl. Fehling, in: HK-VerwR, 3. Aufl. 2013, VwVfG, § 54, Rnr. 40; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 54 Rnr. 30). Aufgrund dieser im Normenkontext der beamtenrechtlichen Über- und Unterordnung stehenden Prägung handelt es sich ferner um einen subordinationsrechtlichen Vertrag gemäß § 54 Satz 2 LVwVfG. Es kommt nicht darauf an, ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung „sonst“ durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte. Das Wort „sonst“ im letzten Halbsatz der Vorschrift bedeutet nicht, dass die Behörde im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (noch) befugt gewesen sein muss, die vom Bürger zu erbringende Leistung mit demselben Inhalt durch Verwaltungsakt festzusetzen (zur maßgeblichen abstrakten Betrachtungsweise vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2003 - 2 C 23/02 -, NVwZ-RR 2003, 874; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4/99 -, NVwZ 2000, 1285). Für die weitere rechtliche Prüfung der Vereinbarung hat das zur Folge, dass neben den §§ 57, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 3, 60 und 62 LVwVfG auch die (ausdrücklich nur für subordinationsrechtliche Verträge geltenden) §§ 55, 58 Abs. 2, 59 Abs. 2 und 61 LVwVfG Anwendung finden.
56 
Zwar gab es kein Vertragsformverbot i.S.v. § 54 Satz 1 LVwVfG. Ferner bestehen hinsichtlich formeller Anforderungen wie der Zuständigkeit des für den Beklagten handelnden Organs bzw. der für den Beigeladenen handelnden Behörde sowie der Schriftform (vgl. § 57 LVwVfG) keine Bedenken. Materiell verstößt die in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung statuierte Abfindung des Klägers für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation indessen gegen zwingendes Recht (dazu unter aa.). Zwar besaß diese Regelung wegen ihres spezifischen Charakters als Vergleichsvertrag an sich das Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen. Die hierfür in § 55 LVwVfG normierten besonderen Vergleichsvoraussetzungen lagen indessen nicht vor mit der Folge der materiellen Rechtswidrigkeit der Abfindungsvereinbarung und weitergehend ihrer Nichtigkeit (dazu unter bb.).
57 
Dem Beklagten war es rechtlich verwehrt, den Kläger für seit November 2000 entgangene (für die Zeit bis Ende Oktober 2000 war im Mai 2000 ein Ruhen der klinischen Tätigkeit sowie des Liquidationsrechts bei allerdings 50%-iger Netto-Erlösbeteiligung vereinbart worden) und in der Zukunft noch entgehende Einkünfte aus Privatliquidation zu entschädigen.
58 
Der Kläger hatte seit Zugang (am 26.10.2000) der vorläufigen Dienstenthebungsverfügung vom 24.10.2000 keinen Anspruch mehr auf amtsangemessene Beschäftigung und durfte sämtliche Dienstgeschäfte nicht mehr führen (zur Rechtsfolge der vorläufigen Suspendierung vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris [Rnr. 10]; ferner Eckstein VBlBW 1997, 333 [337]). Zwar gehörte die dem Privatliquidationsrecht zugeordnete Behandlung von Privatpatienten nicht zum Hauptamt des Klägers. Leitenden Krankenhausärzten wird üblicherweise vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen. Bei Chefärzten im Beamtenverhältnis gilt die Ausübung dieses persönlichen Behandlungsrechts als Nebentätigkeit, sodass sein Inhalt durch die Nebentätigkeitsgenehmigung festgelegt wird. Demzufolge wird die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt zugeordnet, während die Behandlung von Privatpatienten als Nebentätigkeit gilt (BVerwG, Urt. v. 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, NVwZ 2008, 1029; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 8]). Jedoch war die Befugnis zur Privatliquidation an die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Klinikabteilung gebunden. Die Liquidationsbefugnis ist eine durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemein genehmigte Nebentätigkeit (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012, a.a.O.). Mit der Suspendierung war dem Kläger aber gerade auch diese sein Amt im konkret-funktionellen Sinn ausfüllende (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 9]) Tätigkeit als Abteilungsleiter verboten und deshalb eine Privatbehandlung und Liquidation unmöglich geworden. Aufgrund dieses untrennbaren Zusammenhanges konnte die Liquidationsbefugnis neben der vorläufigen Dienstenthebung nicht als Rechtsposition weiterbestehen.
59 
Die somit auch ein Privatliquidationsrecht vereitelnde vorläufige (störungsabwehrende) Suspendierung ist in ihrer Rechtmäßigkeit in zwei disziplinargerichtlichen Instanzen (VG Freiburg, Beschl. v. 01.02.2002 - D 12 K 11/01; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.04.2002 - DL 17 S 6/02) bestätigt und unanfechtbar geworden, ohne später wieder aufgehoben worden zu sein. Sie verlor ihre Wirkung gemäß § 93 Abs. 4 LDO (i.V.m. Art. 26 Abs. 3 LDNOG; nicht anders insoweit nunmehr § 23 Abs. 6 LDG) erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens durch (unanfechtbare) Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis am 17.06.2009. Jenseits einer - hier durch die Disziplinargerichte kassierten - Einbehaltung von Besoldungsbezügen findet nach Beendigung des Disziplinarverfahrens keine (rückwirkende) Abwicklung hinsichtlich der sonstigen Folgen einer vorläufigen Dienstenthebung statt (vgl. § 94 LDO bzw. § 24 LDG).
60 
Bei dieser Rechtslage dem Kläger gleichwohl eine Abfindung für bis Februar 2009 entgangene und bis zur (vereinbarten) Entlassung aus dem Beamtenverhältnis noch entgehende Privatliquidation (Zeitraum 01.11.2000 bis 17.06.2009) zu gewähren, war der Beklagte aus Rechtsgründen gehindert. Der Kläger hatte in dieser Zeit zwar noch Beamtenstellung und Leitungsfunktion inne. Aufgrund des umfassenden und rechtmäßigen dienstlichen Tätigkeitsverbots konnte und durfte er jedoch keine Leistung mehr erbringen. Ihn für eine rechtmäßig erzwungene Untätigkeit trotzdem zu entschädigen, bedeutete ein evidentes und eklatantes Missverhältnis, da diese Gegenleistung keine Entsprechung auf Seite des Klägers mehr hatte. Angesichts der in § 5 Abs. 1 Satz 2 UKG festgelegten Verpflichtung des Beklagten auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stellte eine gleichwohl erfolgte Abfindungsvereinbarung einen qualifizierten Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht dar, der diese gemäß § 59 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig machte (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 59 Rnr. 54).
61 
Einen ebensolchen qualifizierten und zur Nichtigkeit einer Vereinbarung führenden Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht im vorgenannten Sinne stellte es schließlich dar, den Kläger auch über das Ende der Wirkungen der Suspendierung hinaus für in der weiteren Zukunft (jenseits des 17.06.2009) entgehende Privatliquidationseinnahmen abzufinden. Denn durch die (Teil-)Kündigung vom 04.02.2004 der in der Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997 zugesagten Leitungsfunktion hatte der Kläger bereits seit Zugang dieser Kündigung das Recht zur Ausübung der Chefarztposition und der daran geknüpften Nebentätigkeit in Gestalt der Behandlung von Privatpatienten für eigene Rechnung endgültig verloren. Diese Wirkungen dauerten auch nach Erledigung der vorläufigen Suspendierung fort. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung ist in zwei Instanzen unanfechtbar bestätigt worden (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2006 - 3 K 1362/04 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris).
62 
Das zuvor unter festgestellte Abfindungsverbot hätte nur in Anwendung des § 55 LVwVfG zu einer gleichwohl wirksamen Leistungspflicht des Beklagten führen können. Liegen die in dieser Vorschrift normierten besonderen Voraussetzungen vor, vermag ein Vergleichsvertrag Leistungspflichten selbst dann zu begründen, wenn der Vergleichsinhalt der Gesetzeslage - wie hier - widerspricht (zu diesem „Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen“ vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1995 - 8 C 32/93 -, NJW 1996, 608; Urt. v. 01.12.1989 - 8 C 17/87 -, NJW 1990, 2700; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 6).
63 
Die Abfindungsregelung in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung ist Bestandteil eines Vergleichsvertrages. Dies ergibt sich aufgrund der Auslegung der Erklärungen der Beteiligten, die sich gemäß § 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB nach dem objektivierten Empfängerhorizont bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Fehling, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rnr. 29). In tatsächlicher Hinsicht sind der Wortlaut der Erklärungen zu erfassen und die tatsächlichen Umstände, die für die gewollte Bedeutung der Erklärung erheblich sind, zu sichten und aufzuklären. Aus dem materiell-rechtlichen Hintergrund der Erklärungen ergibt sich schließlich, ob und mit welchem Inhalt eine rechtliche Regelung angestrebt wird (BVerwG, Beschl. v. 27.03.2013 - 6 B 50/12 -, NVwZ-RR 2013, 491).
64 
Die Beteiligten selbst bezeichnen die Vereinbarung als Vergleich. Aus der Präambel der Vereinbarung (Ziff. 3 in Verbindung mit Ziff. 2) ergibt sich, dass sie sich über die Beendigung der noch anhängigen streitigen Verfahren (Disziplinarverfahren [vgl. Ziff. 2.1], Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg betreffend die Kündigung der Berufungsvereinbarung [vgl. Ziff. 2.5] und Mahnbescheidverfahren vor dem Landgericht Stuttgart [vgl. Ziff. 2.6] sowie des zwar bereits im gerichtlichen Erkenntnisverfahren 1 K 2043/01 abgeschlossenen, auf der Ebene der Erfüllung bzw. Vollstreckung jedoch noch nicht völlig abgewickelten Verfahrens auf Zahlung von Nutzungsentgelt und Mitarbeiterbeteiligung [vgl. Ziff. 2.3]) verständigen wollten. Ziff. 3 der Präambel endet damit, nach Vorlage des Teilberichts des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren vom 20.10.2008 seien die zu diesem Zeitpunkt ruhenden „Vergleichsgespräche wieder aufgenommen“ worden. „Vor diesem Hintergrund“ träfen die Parteien die nachstehenden Vereinbarungen der §§ 1 bis 3.
65 
Insbesondere auch die Vorkorrespondenz in der Anbahnungsphase der Vereinbarung belegt deren wesentlichen Vergleichscharakter, da man übereinstimmend ein gegenseitiges Nachgeben vor dem Hintergrund ungewisser streitiger Rechtsbeziehungen beabsichtigte. Der Kaufmännische Direktor des Beklagten hielt in einem Schreiben vom 30.10.2006 an das Ministerium (UK-AS. 47) fest, bei einem Gespräch mit den Rechtsanwälten des Klägers hätten diese es für realistisch gehalten, dass der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragen werde. Dies hänge allerdings von der Höhe der Summe ab, die das Universitätsklinikum zu zahlen bereit sei. In seinem hierzu verfassten Schreiben vom 31.10.2006 an die Rechtsanwälte des Klägers (UK-AS. 54) konkretisierte der Kaufmännische Direktor dies dahin, um mit der Abfindungszahlung alle gegenseitigen Ansprüche abzugelten, müssten folgende Rahmenbedingungen erfüllt werden: Der Kläger beantrage sofort seine unverzügliche Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Die Entlassung müsse bestandskräftig sein, bevor die oben genannte Zahlung vorgenommen werde. Alle noch laufenden Verfahren würden beendet. Dies bedeute einerseits, dass der Kläger die „Nichtzulassungsbeschwerde“ zum VGH hinsichtlich der Kündigung der Berufungsvereinbarung zurücknehme, andererseits werde das Verfahren gegen das Land, mit dem per Mahnbescheid Schadensersatzansprüche geltend gemacht seien, beendet. Auf Kostenerstattungsansprüche werde verzichtet. Das Klinikum werde bezüglich der ihm noch zustehenden Forderungen wegen ausstehenden Nutzungsentgelts nicht mehr weiter vorgehen. Diese würden mit der Abfindung verrechnet. Der im Verwaltungsverfahren für den Beklagten und den Beigeladenen tätige Rechtsanwalt XXX berichtete unter dem 19.12.2006 (UK-AS. 87/88) an das Ministerium und den Beklagten über eine Unterredung mit Rechtsanwalt XXX (Verteidiger des Klägers im Straf- und Disziplinarverfahren). Eine mögliche Einigung solle danach nicht durch eine Entscheidung des VGH torpediert werden. Es sei sinnvoll, den VGH zu bitten, wegen der Vergleichsverhandlungen zunächst nicht zu entscheiden. Das gebe allen Beteiligten die Gelegenheit, eine eventuelle Vereinbarung mit den Unwägbarkeiten jenes Prozesses zu begründen. Die Vertragsentwürfe ab Januar 2007 enthielten sodann unverändert die später in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung eingegangene Abfindungsverpflichtung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte in seinem Schreiben vom 01.02.2007 an den Kaufmännischen Direktor (UK-AS. 207) aus, da nach der Verfügung des Senatsvorsitzenden (sc. vom 02.01.2007 - darin war angeregt worden, im Hinblick auf das noch anhängige Disziplinarverfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen) der Ausgang dieses Verfahrens als offen angesehen werden müsse, halte man es für angemessen, dass es bei der vom Gesetz für den Vergleichsfall vorgesehenen Regelung verbleibe, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben würden. Dies auch im Hinblick darauf, dass vermieden werden solle, dass aus der Kostenregelung wiederum Schlüsse gezogen würden, die dem Verfahrensstand nicht entsprächen. Der Kaufmännische Direktor erwiderte unter dem 23.02.2007 (UK-AS 224/225), das Klinikum müsse darauf bestehen, die Abfindungssumme erst dann auszubezahlen, wenn die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich bestandskräftig sei. Diese Bestandskraft sei mit Blick auf die Höhe der zu leistenden Zahlung Bedingung. Ferner teilte er in Abweichung von einem Kostentragungsvorschlag des Klägers betreffend das zu erledigende Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH mit, das Ministerium bestehe darauf, dass die Gerichtskosten vom Kläger zu tragen seien, während die außergerichtlichen Kosten jede Partei selbst trage. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers indessen beharrte mit Schreiben vom 22.03.2007 an das Klinikum (UK-AS 259) darauf, die Kostenregelung seines Entwurfs („Die Kosten dieses Verfahrens regeln sich nach § 98 ZPO“) zu übernehmen. Dies sei nicht nur sachgerecht, sondern auch geboten. Gerade der Umstand, dass die Frage noch offen sei, ob die Berufungsvereinbarung wirksam gekündigt worden sei, gebe einen wesentlichen Rechtfertigungsgrund dafür, dass das Klinikum an den Kläger die vorgesehene Abfindung bezahle. Vor diesem Hintergrund sei auch die Gestaltung der Präambel zu sehen.
66 
Die in dieser Korrespondenz belegte Ungewissheit bei allen Beteiligten betraf nicht nur den Ausgang des Rechtsstreits um die Wirksamkeit der Teilkündigung der Berufungsvereinbarung und damit die Rückkehr des Klägers in die Leitungsfunktion. Vielmehr erstreckte sie sich nach Vorlage des vorläufigen Teilberichts des Untersuchungsführers vom 20.10.2008 auch auf den Ausgang des förmlichen Disziplinarverfahrens und die Frage, ob dieses zu einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst und damit zu einer Unmöglichkeit der Rückkehr in jegliche dienstliche Tätigkeit führen könne. Das Ministerium nahm diesen Teilbericht zum Anlass, die Ende 2007 zunächst abgebrochenen Vergleichsverhandlungen wieder aufzunehmen (vgl. Vermerk vom 23.10.2008, AS. 439-447 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart). Hierzu korrespondierend hatte Rechtsanwalt XXX für den Kläger mit Schreiben vom 30.10.2008 an das Ministerium (UK-AS. 476) noch einmal die Bereitschaft bekräftigt, „eine Verständigung außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens herbeizuführen“ und darauf hingewiesen, die „vertraglichen Vorbereitungen (seien) bereits weit gediehen“.
67 
Entscheidend für den Vergleichscharakter der Vereinbarung spricht schließlich, dass sich Unsicherheit und Nachgeben auf denselben Punkt bezogen. Die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kündigung sollte dadurch „beseitigt“ werden, dass der Beklagte nachgab, indem er eine (die mögliche Unwirksamkeit der Kündigung in Betracht ziehende) Abfindung gewährte. Der Kläger und der Beigeladene - Letztgenannter hatte die zur Privatliquidation berechtigende Leitungsposition ursprünglich in der Berufungsvereinbarung eingeräumt und später gekündigt - verzichteten hierzu auf eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass § 2 Abs. 5 der Vereinbarung dahin auszulegen ist, dass Kläger und Beigeladener nicht nur das förmliche Berufungszulassungsverfahren beim VGH, sondern auch das dem vorausgehende VG-Klageverfahren mit der Folge erledigen wollten, dass das Urteil der 3. Kammer vom 06.07.2006 unwirksam wurde und somit keine gerichtliche Entscheidung über die Kündigung vorlag. Schließlich sollte die Ungewissheit des Ausgangs des Disziplinarverfahrens und die damit verbundene Frage einer Rückkehr des Klägers auch als Abteilungsleiter dadurch bewältigt werden, dass Kläger und Beigeladener einen Fortgang durch Entlassungsantrag und anschließende Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, die zwingend zur Einstellung des Disziplinarverfahrens führte, verhinderten. Durch dieses Nachgeben sollte wiederum dem Beklagten eine Abfindung für künftig entgehende Liquidation ermöglicht werden, da es zu einer Entfernung aus dem Dienst mit daraus folgendem Wegfall auch der ärztlichen Leitungsposition nicht mehr kommen konnte.
68 
Es ist unzutreffend, wenn der Kläger nunmehr - die Abfindungsvereinbarung damit aus dem zuvor dargestellten gegenseitigen Nachgeben lösend - behauptet, der beim VGH anhängige Rechtsstreit sei für die Abfindungsverpflichtung des Beklagten „mangels jeder Relevanz“ nicht von Interesse gewesen. Denn wenngleich Verfahrensgegner vor dem VG und VGH der Beigeladene war, so verteidigte dieser doch die Kündigung der Berufungsvereinbarung, welche wiederum dem Kläger die Chefarztposition und das damit verbundene Privatliquidationsrecht eingeräumt hatte, um dessen Abfindung durch den Beklagten es nunmehr in der Vereinbarung vom 20.02.2009 ging. Auch der Ausgang des Disziplinarverfahrens hätte im Fall der Entfernung aus dem Dienst mit dem daraus folgenden Verlust aller Dienstposten unmittelbar Wirkung auf die Zulässigkeit einer Abfindung gehabt. In einem mit Anschreiben vom 07.05.2007 (UK-AS. 292) unterbreiteten Vereinbarungsentwurf hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwar möglicherweise noch einmal versucht, die Abfindung zur schlichten Austauschleistung für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis zu machen. Übernommen haben die Beteiligten dies jedoch nicht, sondern sich vielmehr in einem gemeinsamen Gespräch vom 13.06.2007 (vgl. den hierüber gefertigten Vermerk des Kaufmännischen Direktors vom 14.06.2007, UK-AS. 317/318) wieder auf einen Entwurf (vom 11.05.2007, vgl. UK-AS. 321-326) geeinigt, der den früheren Entwürfen im Zusammenhang mit der Korrespondenz bis zuletzt 22.03.2007 entsprach und die Abfindung somit wieder zum Bestandteil eines gegenseitigen Nachgebens zwecks Ungewissheitsbeseitigung machte.
69 
Die Voraussetzungen des § 55 LVwVfG für den Abschluss des Vergleichsvertrages lagen indessen nicht vor, so dass dieser materiell rechtswidrig ist.
70 
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 LVwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird, kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Hier haben die Beteiligten das gegenseitige Nachgeben in Gestalt von Antrags-Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Einstellung des Disziplinarverfahrens sowie Abfindung für entgangene/künftig entgehende Einnahmen aus Privatliquidation auf eine rechtliche und nicht auf eine tatsächliche Ungewissheit zurückführen wollen. Denn der zur Kündigung der Berufungsvereinbarung führende und zugleich für das Disziplinarverfahren verwertbare Sachverhalt stand ebenso fest (rechtskräftig abgeurteilte Straftaten einer vorsätzlichen sowie dreier fahrlässiger Körperverletzungen) wie die Rechtsposition des Klägers, in die eingegriffen wurde (Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG, ferner besonders zugesagte Abteilungsleitung). Allseitige Zweifel bestanden demgegenüber nach dem bereits oben zur Einordnung als Vergleichsvertrag Dargelegten darüber, ob die Kündigung der Leitungsposition gerichtlich unanfechtbar bestätigt würde und ob bereits die rechtskräftig festgestellten Straftaten des Klägers disziplinargerichtlich für eine Entfernung aus dem Dienst genügten.
71 
An der tatbestandlichen Voraussetzung einer bei verständiger Würdigung der Rechtslage bestehenden Ungewissheit, die ein Nachgeben durch Abfindungszahlung gerechtfertigt hätte, fehlte es im Februar 2009 jedoch. Damit die Gesetzesbindung der Verwaltung nicht unterlaufen wird, darf die bestehende Ungewissheit hinsichtlich der Rechtslage nur aus Sicht eines objektiven Betrachters und nur restriktiv bzw. unter strengen Anforderungen angenommen werden. Dies ist der Fall bei gänzlich umstrittener und/oder verworrener Rechtslage, wenn zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage divergierende gleichrangige Rechtsprechung vorliegt oder die Frage von den Gerichten noch gar nicht entschieden wurde und die Auffassungen im Schrifttum geteilt sind (Fehling, a.a.O., § 55 Rnr. 20). Eine relevante Ungewissheit ist auch dann anzunehmen, wenn nach dem von den Parteien erwarteten Maß verständiger Würdigung der Rechtslage der Verwaltungsaufwand einschließlich der damit verbundenen Kosten und des Zeitaufwandes, der zur Klärung der Rechtsfrage erforderlich wäre, zu ihrer (objektiven) Bedeutung außer Verhältnis stünde (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 38). Das übliche Verfahrensrisiko, das dem allgemeinen Prozessrisiko entspricht, rechtfertigt einen Vergleichsabschluss demgegenüber nicht (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987 - 23 B 86.02281 -, NVwZ 1989, 167; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 55 Rnr. 16a). Auf Seite des Klägers kann kein großzügigerer Maßstab angelegt werden, da er ständig durch einen und stellenweise sogar durch zwei versierte Rechtsanwälte vertreten war.
72 
In Ansehung der seit Ende Oktober 2000 bestehenden Wirkungen der vorläufigen Suspendierung (vgl. oben unter aa.) kann von einer berechtigten Unsicherheit darüber, ob dem Kläger in der Vergangenheit möglicherweise Einkünfte aus Privatliquidation zugestanden hätten, keine Rede sein. Denn hier hatte ihn ein vollständiges Tätigkeitsverbot getroffen, welches mangels anderweitiger Aufhebung bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens fortdauerte. Für einen objektiven Betrachter änderte sich auch nicht dadurch etwas, dass der Kläger wegen behaupteter Fürsorgepflichtverletzung im Mahnbescheidsverfahren eine Schadensersatzklage über 4,45 Mio. EUR bei den Zivilgerichten angestrengt hatte, die seit Frühjahr 2006 beim LG Stuttgart ruht. Diese Klage richtete sich nämlich nicht gegen den Beklagten, sondern gegen den Beigeladenen. Ferner lagen, wie von den Disziplinargerichten bestätigt, die Voraussetzungen für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung (hinreichender Verdacht eines schweren Dienstvergehens; dienstliches Bedürfnis) vor, was beim zivilgerichtlich erreichten Verfahrensstand keinen beachtlichen Schluss auf eine gleichwohl rechtswidrige und schuldhafte Schädigung des Klägers aufgrund eines gegen ihn „inszenierten Komplotts“ (vgl. Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.11.2006 an den Kaufmännischen Direktor, UK-AS. 58/59) zuließ.
73 
Eine verständige Würdigung ließ es schließlich auch nicht zu, von einem rechtlich ungewissen Schicksal der Kündigung der Leitungsposition auszugehen. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung vom 04.02.2004, die sich der Beigeladene zuvor überdies noch durch ein Rechtsgutachten von Prof. XXX vom November 2003 hatte untermauern lassen, war mit Urteil der 3. Kammer des VG Freiburg vom 06.07.2006 bestätigt worden. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen, weshalb der Kläger gezwungen war, zunächst eine Zulassung der Berufung durch den VGH Baden-Württemberg zu erreichen, wenn er überhaupt noch die Chance einer Abänderung der VG-Entscheidung durch das Obergericht wahren wollte. Bereits hieraus folgte eine beachtliche Rechtsposition zu Gunsten des Beigeladenen und des Beklagten. Die vom Kläger ausschließlich mit dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des VG-Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beantragte Zulassung (vgl. AS. 33-59 in der VGH-Verfahrensakte 9 S 1848/06) wurde auf eine von derjenigen des VG abweichende Bewertung und nicht auf eine divergierende Rechtsprechung/Literatur gestützt. Davon, der zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage noch erforderliche Aufwand sei beträchtlich gewesen und hätte zur Bedeutung des Streits für die Beteiligten außer Verhältnis gestanden, konnte im Februar 2009 nicht die Rede sein. Vielmehr bestand einseitig zulasten des Klägers ein beträchtliches Prozess-/Unterliegensrisiko, welches noch einmal dadurch erhöht war, dass zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg dazu, ob die Berufung zugelassen wird, noch nicht ergangen war. Erst die in § 2 Abs. 5 der Vereinbarung vorgesehenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Rechtsstreits um die Kündigung hätten, wenn sie erfolgt wären, eine relevante Ungewissheit erzeugen können.
74 
An dieser Bewertung ändert sich schließlich nichts durch das am 10.01.2008 geführte Telefonat zwischen Prof. XXX und einem Mitglied des 9. Senats beim VGH Baden-Württemberg. Obwohl dieses Gespräch in den beigezogenen VGH-Akten keinen Niederschlag gefunden hat, unterstellt die Kammer, dass dessen Inhalt in einem Vermerk vom 11.01.2008 in den Disziplinarakten des Ministeriums (vgl. AS. 462 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart) richtig wiedergegeben ist. Darin heißt es:
75 
„Herr Prof. XXX hat mir mitgeteilt, dass der VGH Mannheim in der Verwaltungsrechtssache XXX gegen Land BW wegen Kündigung der Berufungsvereinbarung (Leitungsfunktion) eine Mitteilung zum Sachstand erbeten hat. Außerdem teilte er mit, dass die Kammer, die die Sache verhandelt, einen neuen Vorsitzenden hat. Dieser sei bekannt dafür, dass er eine rigide beamtenrechtliche Linie vertritt. In einem Gespräch mit Prof. XXX habe dieser angedeutet, dass er die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts hält. Er wolle die Angelegenheit nun entscheiden. Prof. XXX befürchtet eine Niederlage des Landes. Es sei sehr ungewöhnlich, in welcher Deutlichkeit sich der Vorsitzende ihm gegenüber geäußert habe. Prof. XXX plädiert für eine einvernehmliche Einigung und steht zu einem Gespräch mit Herrn Minister zur Verfügung.“
76 
Die Bemerkung eines einzelnen Mitglieds des Senats gegenüber nur einem der am Verfahren Beteiligten in einem Telefongespräch, es halte die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts, durfte indessen bei verständiger Würdigung nicht Ausschlag für die Annahme einer Ungewissheit der Rechtslage geben. Dafür, dass diese Bemerkung der Überzeugung des gesamten Senats entsprochen hätte, geht weder aus dem Vermerk noch aus den sonstigen Umständen etwas hervor. Schon etwas mehr als 3 Monate später, unter dem 17.04.2008, vermerkte der Berichterstatter des Senats, in einem Telefonanruf sei mitgeteilt worden, dass „der Senat keine Stellungnahme zu einer möglichen vergleichsweisen Erledigung abgeben“ werde (AS. 129 in der VGH-Akte 9 S 1848/06). Spätestens hierdurch musste die Einzelansicht eines Senatsmitgliedes vom Januar 2008 wieder als relativiert angesehen werden. Gegen eine beachtliche Meinungsäußerung spricht schließlich auch, dass der spätere VGH-Beschluss vom 24.04.2009 zur Problematik der „Umgehung des Disziplinarrechts“ sogar eine deutlich gegenteilige Auffassung enthält (vgl. Rnr. 12 in der juris-Veröffentlichung: „Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich, dass die Entscheidung über den Entzug eines konkreten Aufgabenbereiches nicht dem Disziplinarverfahren vorbehalten ist … . Denn die das Beamtenrecht kennzeichnenden Verfahrensgarantien für die Entziehung des Amtes betreffen nur das Statusamt, nicht aber den Dienstposten; ein „Recht am Amt“ kennt das Dienstrecht grundsätzlich nicht. …“).
77 
Der damit materiell rechtswidrige Vergleichsvertrag war ferner unwirksam. Gemäß dem (für Subordinationsverträge wie hier geltenden) besonderen Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG ist ein Vergleichsvertrag nichtig, wenn die Voraussetzungen für seinen Abschluss nicht vorlagen. Dies ist hier der Fall. Wie oben dargelegt, fehlte es an einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 55 LVwVfG, da nach den Umständen des Falles die Rechtslage bei verständiger Würdigung nicht ungewiss war. Auf eine Kenntnis der Beteiligten von der Rechtswidrigkeit kommt es nicht an (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 59 Rnr. 26a und 27; Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 32/33). Auch die weitere Nichtigkeitsvoraussetzung des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 LVwVfG rechtswidrig wäre, liegt vor, da sich die Rechtswidrigkeit aus materiellen und nicht lediglich formellen Gesichtspunkten ergibt (Kopp/Ramsauer, a.a.O.; Fehling, a.a.O.).
78 
b.) Eine Aufrechterhaltung der nichtigen Abfindungsvereinbarung scheidet aus. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung sieht allerdings vor, dass im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung die Vertragsparteien gegenseitig verpflichtet sind, eine wirksame Regelung zu treffen, die den rechtlichen und wirtschaftlichen Zielen und Zwecken der unwirksamen Bestimmung möglichst nahe kommt. Unabhängig davon, dass hierzu die Vertragsparteien (und nicht das Gericht) aufgerufen wären, ist nicht ersichtlich, wie der Erfolg einer Abfindung anderweit erreicht werden könnte. Eine insoweit kraft Gesetzes eintretende und folglich vom Gericht zu beachtende Umdeutung (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 140 BGB) ist ebenfalls nicht möglich, da kein anderer zulässiger Rechtsakt erkennbar ist, der das angestrebte Regelungsziel (im Sinne des Klageanspruchs) zumindest teilweise erreichte.
79 
Es ist ferner nicht treuwidrig (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 242 BGB), dem Kläger die Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung entgegenzuhalten und ihn somit um den Erfüllungsanspruch zu bringen. Zwar hat er seine Leistung erbracht, indem er einen Entlassungsantrag stellte, dem - nach Rücknahme- und Rechtsmittelverzicht - unanfechtbar stattgegeben wurde. Indessen hatte der Beigeladene dem Kläger zweimal Gelegenheit gegeben, diesen Entlassungsantrag zurückzuziehen, ohne ihn am in § 2 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung erklärten Verzicht auf eine Antragsrücknahme festzuhalten. Unter dem 29.04.2009 (UK-AS. 684-687) wandte sich das Ministerium an die Rechtsanwälte des Klägers und führte aus, im Lichte des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 sei der Vergleich in seiner bisherigen Form nicht mehr vollziehbar und neu zu bewerten. Der Kläger werde aufgefordert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen sowie um Äußerung gebeten, ob unter diesen Umständen der Antrag vom 24.02.2009 auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufrechterhalten werde. In einem weiteren Schreiben vom 13.05.2009 (UK-AS. 783-786) verdeutlichte das Ministerium seinen Rechtsstandpunkt, warum es die beiden Vereinbarungen vom 20.02.2009 als hinfällig betrachte. Der Kläger sei der Verpflichtung, den Rechtsstreit vor dem VGH durch Abgabe einer Erledigungserklärung zu beenden, nicht nachgekommen. Eine Prozessbeendigung durch eine Erledigungserklärung sei aufgrund der Entscheidung des VGH rechtlich unmöglich geworden. Die Erklärung der Hauptsacheerledigung sei Gegenleistung zur Zahlungsverpflichtung gewesen. Abschließend gab es dem Kläger Gelegenheit, bis spätestens 20.05.2009 mitzuteilen, ob er an seinem Entlassungsantrag vom 24.02.2009 festhalte. Dass der Beigeladene hierbei nicht von einer anfänglichen Unwirksamkeit, sondern „nur“ von einer nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung und entfallener Gegenleistungspflicht des Beklagten ausging, ist unschädlich, denn dem Kläger war damit verdeutlicht worden, dass er selbst im Fall seiner - bei unterlassener Antragsrücknahme zwingenden - Entlassung keine Abfindungszahlung erhalten werde. Angesichts dieser noch vor dem Erbringen seiner eigenen Leistung geschaffenen neuen Sachlage kann nicht die Rede davon sein, er sei, weil er am Vertrag festgehalten hat, nunmehr unerträglich belastet. Denn dass sich die Rechtsauffassung des Klägers nicht bestätigt hat, liegt in seinem Risikobereich.
80 
Dass der Beklagte dem Kläger die 1,98 Mio. EUR oder zumindest einen Teilbetrag als Schaden wegen Verschuldens bei Vertragsschluss („culpa in contrahendo“, kurz: c.i.c. - entsprechend § 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG) schuldet, ist schließlich ebenfalls abzulehnen. Handelt es sich um ein allgemeines Wirksamkeitshindernis, das nicht dem Verantwortungsbereich einer Partei zuzuordnen ist, besteht grundsätzlich kein Anspruch wegen c.i.c.. Denn die Wirksamkeit eines Vertrages sicherzustellen, ist ein Gebot des jeweils eigenen Interesses, aber keine Rechtspflicht gegenüber dem anderen Teil, solange keine gesetzlichen oder vertraglichen Betreuungs- bzw. Aufklärungspflichten bestehen (Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 56; Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 311 Rnr. 39 m.w.N.). An spezifischen Pflichten des Beigeladenen und des Beklagten gegenüber dem Kläger bei Vertragsabschluss fehlte es hier. Die drei Beteiligten standen sich von Beginn der Verhandlungen an „auf Augenhöhe“ bzw. ebenbürtig gegenüber und handelten die Vertragsbedingungen einvernehmlich aus (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 07.04.2005 - 2 C 5/04 -, NVwZ 2005, 1188). Der Kläger, der persönlich nie selbst auftrat, war hierbei stets von sachkundigen sowie fachlich einschlägig tätigen und erfahrenen Rechtsanwälten vertreten.
81 
c.) Da nach dem zuvor Dargelegten die Hauptforderung des Klägers nicht besteht, scheidet auch - sei es aus Verzug (§ 288 BGB entsprechend) oder aus Rechtshängigkeit (§ 291 BGB entsprechend) - die geltend gemachte Nebenforderung aus.
82 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist, da allein als Verzugsschadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Hauptforderung in Klageantrag Ziff. 1 denkbar, aufgrund des Ergebnisses oben unter 1.) ebenfalls unbegründet.
83 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und folglich für den Fall des Unterliegens ein Kostentragungsrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
84 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagtem aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO und im Verhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem aus §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO.
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IV. Die Kammer lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß
§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu (Frage der Wirksamkeitsvoraussetzungen eines dreiseitigen verwaltungsrechtlichen Vergleichsvertrages im öffentlichen Dienstrecht). Es gilt deshalb für die Anfechtbarkeit dieses Urteils folgende
86 
B e s c h l u s s
87 
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.985.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat die Kammer für den Klageantrag Ziff. 1 gemäß § 52 Abs. 3 GKG den Betrag von 1,98 Mio. EUR (ohne Nebenforderung, vgl. § 43 Abs. 1 GKG) angesetzt und für den Klageantrag Ziff. 2, da unbeziffert und „nur“ als (nicht vollstreckungsfähiger) Feststellungsantrag gestellt, den Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG. Beide Beträge sind gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
88 
Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach § 68 Abs. 1 GKG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2011 - 1 K 1568/10 - geändert. Die Klage auf Zurückzahlung entrichteter Abwassergebühren wird abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Abwassergebühren für das Jahr 2008 und begehrt die Rückzahlung geleisteter Abwassergebühren.
Die Klägerin ist eine sich in Liquidation befindende GmbH. Bis zu ihrer Auflösung, die am 15.07.2010 in das Handelsregister eingetragen wurde, stellte sie auf dem an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück ... Fruchtsaft, Fruchtsaftkonzentrate, Fruchtnektare sowie Fruchtsaftgetränke her.
Die Beklagte betrieb die Beseitigung des in ihrem Gebiet angefallenen Abwassers zunächst gemäß § 1 Abs. 1 ihrer am 01.01.2002 in Kraft getretenen Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 11.12.2001 als öffentliche Einrichtung. Für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen erhob sie Abwassergebühren. Bei Grundstücken, die an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossen sind, wurde die Gebühr einheitlich nach der auf dem Grundstück anfallenden Abwassermenge bemessen (§ 37 Abs. 1 AbwS). Als angefallene Abwassermenge galt die dem Grundstück in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum aus der öffentlichen Wasserversorgung zugeführte Wassermenge (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 AbwS). Die Gebühr betrug zunächst 3,04 EUR je m³ Abwasser (§ 41 Abs. 1 AbwS). Die Gebühr wurde mit Änderungssatzung vom 22.02.2005 mit Wirkung zum 01.01.2005 auf 3,54 EUR je m³ Abwasser erhöht.
Die Abwassersatzung der Beklagten vom 11.12.2001 war Gegenstand eines von der Fa. ... am 23.12.2002 eingeleiteten Normenkontrollverfahrens. Deren Antrag, die Satzung für nichtig zu erklären, wurde mit Urteil des Senats vom 07.10.2004 (- 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239) abgewiesen. Die Beklagte beschloss am 16.09.2014 rückwirkend eine neue Abwassersatzung für die Jahre 2008 und 2009.
Mit Bescheiden vom 31.12.2008 zog die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage ihrer Satzung vom 11.12.2001/22.02.2005 zu Abwassergebühren für das Jahr 2008 in Höhe von 26.008,38 EUR (Kunden-Nr. ...) und 10.152,72 EUR (Kunden-Nr. ...) heran. Sie legte dabei einen Frischwasserverbrauch von 7.347 m³ bzw. 2.868 m³ zu Grunde.
Gegen die Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 30.01.2009 "vorsorglich" Widerspruch ein und beantragte ferner, das von ihr im Jahr 2008 nicht eingeleitete Abwasser bei der Bemessung der Abwassergebühren abzusetzen. Zur Begründung führte sie aus, von der an der Entnahmestelle "Keller" entnommenen Trinkwassermenge von 7.347 m³ seien mindestens 3.294,72 m³, von den an der Entnahmestelle "Abfüllerei" entnommenen Trinkwassermenge von 2.868 m³ mindestens 1.281,28 m³ nicht in die gemeindliche Kanalisation eingeleitet, sondern zur Herstellung von Fruchtsäften verwendet worden.
Mit Bescheid vom 06.04.2010 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Nach § 40 AbwS würden Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet worden seien, auf Antrag des Gebührenschuldners bei der Bemessung der Abwassergebühren abgesetzt. Der Nachweis könne auf verallgemeinerungsfähige Erfahrungswerte oder, wenn solche Werte fehlten, durch ein Einzelgutachten geführt werden, das nachvollziehbare Rückschlüsse auf die dem konkreten Betrieb zuzuordnenden Werte erlaube. Bei Fruchtsaftbetrieben fehle es wegen der unterschiedlichen Produktionsweisen an allgemeinen Erfahrungswerten. Die nicht eingeleiteten Abwassermengen müssten deshalb durch ein einzelfallbezogenes Gutachten nachgewiesen werden. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin bisher nicht erbracht. Eine Vereinbarung über die Höhe der Absetzung des nicht eingeleiteten Abwassers sei nicht zustande gekommen, da die Klägerin die vorbereitete Vergleichsberechnung vom Februar 2006 nicht unterzeichnet habe.
Die Klägerin hat am 02.05.2010 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, - 1. - die Gebührenbescheide vom 31.12.2008 und den Widerspruchsbescheid aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die nicht als Abwasser eingeleiteten Trinkwassermengen bei der Bemessung der Abwassergebühren für das Jahr 2008 abzusetzen, sowie - 2. - die Beklagte zu verpflichten, die für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren in Höhe von insgesamt 18.080,55 EUR an sie, hilfsweise an die Fa. ..., Inhaberin ..., zu erstatten. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie bestehe als Liquidationsgesellschaft fort und sei daher weiterhin parteifähig. Nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 01.03.2010 verstoße die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip. Die diesen Maßstab verwendende Abwassersatzung der Beklagten sei deshalb nichtig. Die angefochtenen Bescheide seien somit aufzuheben und die bereits bezahlten Beträge zu erstatten. Die Ansprüche auf Rückzahlung der für 2008 bezahlten Abwassergebühren seien an die Fa. ..., Inhaberin ..., abgetreten worden. Die Fa. ... habe aber sie, die Klägerin, ermächtigt, die Ansprüche im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Die Klägerin sei ausweislich des Handelsregisters aufgelöst und deshalb nicht mehr parteifähig. Da die Klägerin in einem anderen Verfahren vorgetragen habe, sie sei nicht mehr Anschlussnehmer für die beide Trinkwasseranschlüsse, sei außerdem von einem Wegfall der Aktivlegitimation auszugehen. Im Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide habe noch die frühere Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg gegolten, wonach der Frischwassermaßstab einen tauglichen Maßstab für die Erhebung von Abwassergebühren darstelle. Bei Fruchtsaftbetrieben wie dem der Klägerin fehle es an verallgemeinerungsfähigen Erfahrungswerten über die nicht eingeleiteten Abwassermengen. Diese Abwassermengen müssten deshalb durch ein einzelfallbezogenes Gutachten nachgewiesen werden. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin bisher nicht erbracht.
10 
Mit Urteil vom 17.02.2011 hat das Verwaltungsgericht die Abwassergebührenbescheide vom 31.12.2008 sowie den Widerspruchsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die entrichteten Abwassergebühren in Höhe von 18.080,55 EUR an die Klägerin zurückzuzahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, einer gelöschten GmbH sei die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren, die ihrer Ansicht nach nicht entstanden seien. Die Klage sei zulässig. Auch wenn die Klägerin aufgelöst und im Handelsregister gelöscht worden sei, habe sie deshalb ihre Beteiligtenfähigkeit nicht verloren. Die danach zulässige Klage sei auch begründet. Für die Heranziehung der Klägerin zu Gebühren für die Entsorgung von Abwasser fehle es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 11.12.2001 in der Fassung vom 22.02.2005 sei nichtig, da sie keine gültige Maßstabsregelung enthalte. Die Satzung sehe als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den einheitlichen Frischwassermaßstab vor. Dieser Maßstab verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip. Dass der VGH Baden-Württemberg den Antrag der Klägerin, die Abwassersatzung der Beklagten vom 11.12.2001 für nichtig zu erklären, mit Urteil vom 07.10.2004 abgelehnt habe, hindere eine inzidente Überprüfung der Satzung nicht. Die Rechtskraftwirkung der einen Normenkontrollantrag abweisenden Entscheidung entfalle u. a., wenn Tatsachen einen (entgegenstehenden) Rechtssatz außer Kraft setzten oder wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden. So liege es hier, nachdem der VGH Baden-Württemberg mit Urteil vom 01.03.2010 festgestellt habe, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstoße. Die angefochtenen Gebührenbescheide seien danach rechtswidrig und aufzuheben. Eine Entscheidung über den Hilfsantrag sei damit entbehrlich. Die Aufhebung der Gebührenbescheide beseitige den Rechtsgrund für die Zahlungen der Klägerin an die Beklagte. Die Klägerin habe deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG in Verbindung mit § 37 Abs. 2 AO einen Anspruch auf Erstattung des geleisteten Betrags.
11 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.05.2011 zugelassene Berufung der Beklagten. Zu deren Begründung macht die Beklagte geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts fehle es der Klägerin an der Aktivlegitimation. Die Klägerin sei seit 15.07.2010 gelöscht. Es sei zudem von der Vermögenslosigkeit der Klägerin auszugehen, da sie nach ihren eigenen Angaben ihre Ansprüche auf Rückzahlung der für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren abgetreten habe. Eine vermögenslose Gesellschaft könne auch in gewillkürter Prozessstandschaft nicht klagen. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit seinem Urteil vom 07.10.2004 festgestellt, dass aufgrund der Homogenität der Bebauung auf dem Gebiet der Stadt die Gebührenkalkulation auch im Hinblick darauf nicht zu beanstanden sei, als der Anteil der Kosten für die Beseitigung des Niederschlagswassers offenbar unter 12 % liege. An den örtlichen Verhältnissen habe sich in der Zwischenzeit nichts geändert.
12 
In einer ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.09.2011 sind u.a. Vergleichsmöglichkeiten dem Grunde nach sondiert und nach Schließung der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich weiterverfolgt worden. Nach deren vorläufigem Scheitern hat der Senat die mündliche Verhandlung wieder eröffnet und am 09.10.2014 eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt. Darin hat die Klägerin ausgeführt, die von ihr erklärte Abtretung von Erstattungsansprüchen sei unwirksam, da sie den Anforderungen des § 46 AO nicht genügt habe. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat sich gegen die Aufhebung der Abgabenbescheide auch mit dem zusätzlichen Hinweis auf die inzwischen rückwirkend in Kraft gesetzte neue Abwassergebührensatzung vom 16.09.2014 (AbwS 2014) gewandt; die Klägerin sei danach auch Gebührenschuldnerin und habe sich zudem stets als solche geriert.
13 
Der Senat hat die mündliche Verhandlung nach Erlass einer bis 31.10.2014 zu befolgenden Aufklärungsverfügung geschlossen; die Beteiligten haben auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Mit Schriftsatz vom 27.10.2014 hat die Beklagte ihre Rechtspositionen bekräftigt und Mehrfertigungen der Abtretungsurkunde und der Abtretungsanzeige vorgelegt.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.02.2011 - 1 K 1568/10 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
16 
Die Klägerin beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts und die Behördenakten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
22 
1. Soweit sie sich gegen die Aufhebung der Gebührenbescheide der Beklagten vom 31.12.2008 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 06.04.2010 wendet, bleibt sie ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (a) und begründet (b).
23 
a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einer Beteiligtenfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Die Einwendungen der Beklagten hiergegen greifen nicht durch.
24 
Die Klägerin ist zwar nach dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister aufgelöst (Eintragung vom 15.07.2010). Die Auflösung einer Gesellschaft führt jedoch noch nicht zu deren Beendigung. Die Gesellschaft besteht vielmehr auch nach ihrer Auflösung als solche unverändert fort. Lediglich ihr "werbender" Zweck wandelt sich zum Abwicklungszweck (Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. zum GmbHG, 6. Aufl., § 60 Rn. 6). Eine Löschung im Handelsregister (gemäß § 394 FamFG) ist bisher nicht erfolgt. An der Beteiligtenfähigkeit der Klägerin i. S. von § 61 VwGO ist deshalb nicht zu zweifeln.
25 
Die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin wäre im Übrigen selbst dann zu bejahen, wenn die GmbH bereits im Handelsregister gelöscht worden sein sollte. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist auch einer gelöschten GmbH die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren, die ihrer Ansicht nach nicht entstanden sind. Die Gesellschaft bleibe insoweit parteifähig (BGH, Urt. v. 18.01.1994 - XI ZR 95/93 - NJW-RR 1994, 542; Urt. v. 11.05.1989 - III ZR 96/87 - BGHR LöschG § 1 Abs. 1 Satz 1, Parteifähigkeit 1; Beschl. v. 26.04.1990 - VII ZB 2/90 - VersR 1991, 121).
26 
b) Die Klage ist schon deshalb begründet, weil die Klägerin nicht Gebührenschuldnerin ist.
27 
aa) Maßgeblich für die Beurteilung ist - zunächst (s. aber unten bb) - nicht die Abwassersatzung von 2001 (in der Fassung der Änderungssatzung von 2005), da diese eine Beitragspflicht mangels wirksamer Maßstabsregelung nicht begründen konnte.
28 
Dieser Beurteilung steht das Normenkontrollurteil des Senats vom 07.10.2004 (- 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239) nicht im Weg. Es entfaltet im vorliegenden Fall keine Bindungswirkung, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Das ergibt sich allerdings nicht aus der vom Verwaltungsgericht angenommenen Erwägung, die Rechtskraftwirkung eines Normenkontrollurteils, durch das ein Antrag abgelehnt wurde, entfalle u.a., wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden. So liege es hier, nachdem der Senat mit Urteil vom 01.03.2010 festgestellt habe, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstoße.
29 
Diese Auffassung wird der Rechtskraftwirkung nicht gerecht. Zwischen den Beteiligten des damaligen Verfahrens steht aufgrund des rechtskräftigen Normenkontrollurteils - bei unveränderter Sach- und Rechtslage - vielmehr mit bindender Wirkung fest, dass die Satzung im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gültig war. Diese Bindung gilt nicht nur für ein erneutes Normenkontrollverfahren, sondern für alle Verfahren zwischen diesen Beteiligten, bei denen es auf die Gültigkeit der Satzung ankommt (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995 - 8 B 32.95 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 71; Beschl. v. 03.11.1991 - 4 NB 33.93 - NVwZ-RR 1994, 236; Urteil vom 19.01.1984 - 3 C 88.82 - BVerwGE 68, 306). Sie erstreckt sich außerdem nicht nur auf Nichtigkeitsgründe, die bereits in dem ersten Normenkontrollverfahren geltend gemacht worden sind, sondern auch auf Einwände, die in einem späteren Verfahren erstmalig vorgetragen werden (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO).
30 
Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Rechtskraftwirkung der einen Normenkontrollantrag abweisenden Entscheidung entfalle, wenn Tatsachen einen (entgegenstehenden) Rechtssatz außer Kraft setzten oder wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden, kann nicht gefolgt werden. So wird die Rechtskraft eines Urteils jedenfalls nicht schon dann durchbrochen, wenn von einem der Beteiligten neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden oder sich abweichende Rechtsanschauungen zu den maßgebenden Fragen gebildet haben (a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. § 47 Rn. 146), da damit die Rechtskraft in einer nicht hinnehmbaren Weise ausgehöhlt würde. Die Bindungswirkung eines den Antrag abweisenden Normenkontrollurteils entfällt vielmehr - jedenfalls grundsätzlich - nur dann, wenn nach Erlass des rechtskräftigen Urteils eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO; Beschl. v. 03.11.1991, aaO). Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ist im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Eine Änderung der Rechtsprechung stellt eine Änderung der Rechtslage nicht dar und steht einer solchen auch nicht gleich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.1993 - 9 B 241.92 - NVwZ-RR 1994, 119; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89.90 - NVwZ 1982, 500 zu § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 121 Rn. 49; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 74 m.w.N.). Die Rechtsprechung, auch die des Bundesverwaltungsgerichts, ändert nicht bestehende Rechtsnormen, sondern wendet diese an, d.h. vollzieht deren schon vorher bestehenden Inhalt nach.
31 
Eine Bindung an das Normenkontrollurteil vom 07.10.2004 besteht aber deshalb nicht, weil sich die Rechtskraftwirkung auf die Beteiligten des damaligen Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger beschränkt (§ 121 Nr. 1 VwGO), die Klägerin des vorliegenden Verfahrens aber weder mit derjenigen des Normenkontrollverfahrens identisch noch deren Rechtsnachfolgerin ist. Unter diesen Umständen ist dem Verwaltungsgericht im Ergebnis darin beizupflichten, dass die frühere Satzung mangels wirksamer Maßstabsregelung nichtig und daher nicht in der Lage war, eine Beitragspflicht der Klägerin zu begründen.
32 
bb) Konnte eine Abwassergebührenpflicht für das Jahr 2008 damit (frühestens) durch die Abwassersatzung 2014 - rückwirkend in Kraft gesetzt gem. ihres § 52 Abs. 2 - entstehen, beurteilt sich auch die Frage nach dem Gebührenschuldner grundsätzlich nach den dort getroffenen Regelungen.
33 
Nach § 39 Abs. 1 AbwS 2014 ist Schuldner der Abwassergebühren der Grundstückseigentümer bzw. im Fall des Erbbaurechts der Erbbauberechtigte. Weder das eine noch das andere trifft auf die Klägerin zu; vielmehr ist laut vorgelegtem Grundbuchauszug Eigentümerin des Grundstücks seit 2003 ..., die ... als früherem Eigentümer nachfolgte. Neben dem Grundstückseigentümer können gemäß § 39 auch die sonstigen zur Benutzung oder Nutzung des Grundstücks oder von Grundstücksteilen Berechtigten (z.B. Mieter, Pächter usw.) Schuldner der Abwassergebühren sein, wenn ihre Anteile an den Bemessungsgrundlagen nach den §§ 38, 40 und 42a gesondert festgestellt werden können. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich eine Gebührenpflicht der Klägerin auf diese Tatbestandsvariante auch dann nicht stützen, wenn die Klägerin im fraglichen Zeitraum einzige schuldrechtlich berechtigte Nutzerin des Grundstückes gewesen sein sollte. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob auch insoweit vom Satzungsgeber eine Rückwirkung angeordnet werden sollte. Jedenfalls § 40 Abs. 2 AbwS 2014 (Nachweis durch besondere Wasserzähler) ist laut § 52 Abs. 2 AbwS 2014 ausdrücklich von der Rückwirkung ausgenommen; viel spricht dafür, dass schuldrechtlich Berechtigte generell erst dann als mögliche Gebührenschuldner einbezogen werden sollten, wenn ihre Anteile entsprechend den Vorschriften der §§ 38, 40 und 42a auch technisch gesondert festgestellt werden können. Das bedarf aber hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn eine Rückwirkung insoweit vom Satzungsgeber beabsichtigt gewesen sein sollte, wäre sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass in der Abwassersatzung 2001 im dortigen § 38 Abs. 1 als Gebührenschuldner ausschließlich Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte vorgesehen waren. Zwar ist die rückwirkende Ersetzung einer wegen eines Fehlers im Abgabenmaßstab unwirksamen Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Maßstab nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes nicht verboten, sondern zulässig. Das gilt aber nicht für abgeschlossene Tatbestände (vgl. Driehaus, Abgabensatzungen, § 6 Rn. 9). Hierzu zählt auch der Kreis der Gebührenschuldner. Die neue Regelung stellte sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende rückwirkende Erweiterung der Abgabenpflichtigen dar (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 27.07.1984 - 2 S 2790/83 - KStz 1985, 94; Gössl in Gössl/Reif, KAG, § 2 Anm.1.4.2.1). Daher muss es dabei bleiben, dass Schuldner der Abwassergebühr im vorliegenden Fall nach Satzungsrecht ausschließlich der Eigentümer ist.
34 
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass im Hinblick auf Feststellungen in früheren Prozessen und die späte Geltendmachung der Eigentumssituation die Eigentümerstellung der Klägerin bzw. ihre Rechtsnachfolge in die Eigentümerstellung rechtskräftig feststehe und die Klägerin sich - wie in verschiedenen Verfahren deutlich geworden sei - stets als Eigentümerin der maßgeblichen Grundstücke geriert und auch stets betont habe, dass sie zu Recht dem Grunde nach für Abwassergebühren herangezogen werden könne, vermögen diese Argumente die satzungsmäßigen Anforderungen an die Entstehung der Gebührenschuld nicht zu relativieren. Soweit behauptet wird, in früheren Entscheidungen sei rechtskräftig festgestellt worden, dass die Klägerin Eigentümerin der entsprechenden Grundstücke bzw. Rechtsnachfolgerin des früheren Eigentümers sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich insoweit um rechtliche Vorfragen von rechtskräftig entschiedenen Gebührenstreitigkeiten handelt, hinsichtlich derer eine Rechtskraftwirkung nicht angenommen werden kann; die Rechtskraft ist vielmehr auf den Entscheidungssatz beschränkt (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 48). Auch eine der Sache nach geltend gemachte Treuwidrigkeit wäre nicht geeignet, das Satzungsrecht zu überspielen, zumal da die Voraussetzungen der Gebührenschuld durch einen Blick ins Grundbuch jederzeit verifizierbar waren und sind. Schließlich fehlen auch normative Präklusionsregelungen, die einer Berücksichtigung der objektiven Eigentumssituation im Wege stehen könnten.
35 
2. Die Berufung hat aber Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Verwaltungsgericht angeordnete Pflicht zur Rückzahlung von für das Jahr 2008 gezahlten Abwassergebühren richtet. Zwar bestand ein entsprechender Erstattungsanspruch für den zu Unrecht Leistenden (a), doch steht dieser der Klägerin wegen Abtretung nicht mehr zu (b), und sie kann ihn auch nicht in Prozessstandschaft für die Zessionarin geltend machen (c).
36 
a) Die von der Klägerin beantragte Verpflichtung der Beklagten, die für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren in Höhe von insgesamt 18.080,55 EUR zu erstatten, kann sich zwar im Ansatz auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG, § 37 Abs. 2 AO stützen, wonach rechtsgrundlos erbrachte Kommunalabgaben an denjenigen zu erstatten sind, der sie erbracht hat, da ein Rechtsgrund für die Gebührenzahlung der Klägerin - wie unter 1. ausgeführt - nicht bestand.
37 
b) Der Erstattungsanspruch für das Jahr 2008 stand der Klägerin jedoch nicht zu, weil sie ihn wirksam an die Fa. ..., Inhaberin ..., abgetreten hatte. Dies hat sie im bisherigen Verfahren selbst angegeben; entgegen ihrer erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2014 erhobenen Behauptung sind auch keine Hinweise auf eine Unwirksamkeit der Abtretung ersichtlich. Die von der Beklagten auf Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegte Abtretungsurkunde vom 27.12.2009 bestätigt die bisherige Behauptung der Klägerin über die Abtretung an die Fa. ... Die nach § 398 BGB grundsätzlich formlos mögliche Abtretung genügte auch den zusätzlichen Anforderungen des über § 3 Abs. 2 Nr. 2 b KAG geltenden § 46 Abs. 2 und 3 AO. Nach § 46 Abs. 2 AO wird eine - nach § 46 Abs. 1 grundsätzlich mögliche - Abtretung von Erstattungsansprüchen erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Absatz 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehen des Anspruchs anzeigt. Eine wirksame Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 3 AO lag vor. Danach ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben. Diesen Anforderungen genügte die am 16.02.2011 von Zedentin und Zessionarin unterschriebene und an die Beklagte - die bei der Kommunalabgabenerstattung an die Stelle der Finanzbehörde tritt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG) - adressierte Abtretungsanzeige. Sie enthielt auf dem Vordruck insbesondere auch Angaben zum Abtretungsgrund, der mit „Rückabwicklung bzw. Vorfinanzierung, Abwicklung Bankdarlehen u. Lieferantenverbindlichkeiten s. Anlage 2“ bezeichnet wurde; außerdem wurde ausdrücklich erklärt, dass es sich um keine Sicherungsabtretung handele (vgl. zu diesen Anforderungen BFH, Urt. v. 28.09.2011 - VII R 52/10 - BFHE 235, 111).
38 
c) Soweit sich die Klägerin darauf stützt, sie sei von der Zessionarin ermächtigt worden, die dieser zustehende Erstattungsforderung gerichtlich geltend zu machen, bleibt sie damit ohne Erfolg. Zunächst fehlt es schon an einem Nachweis für eine entsprechende Ermächtigung. Hierauf kommt es aber nicht an, da auch bei ihrem Vorliegen die Klägerin nicht zur Geltendmachung der Forderung befugt wäre. Denn dies wäre nur bei Anerkennung einer gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess möglich, die allerdings nach Auffassung des Senats jedenfalls für den vorliegenden Fall abzulehnen ist. Ob und inwieweit es eine gewillkürte Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess gibt, ist umstritten. Die Frage wird überwiegend verneint (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 - NVwZ-RR 1995, 639; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 76 sowie Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, § 42 Abs. 2 Rn. 37: generell unzulässig; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb. § 40 Rn. 25 m.w.N: denkbar allenfalls bei der allgemeinen Feststellungsklage; a. A. Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14 Aufl., § 42 Rn. 153 zur allgemeinen Leistungsklage). Der Senat hält im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO - und auch dem seiner analogen Anwendung im Fall einer Leistungsklage (so zu Recht auch Kopp/Schenke aaO) - eine Erweiterung der Geltendmachungsmöglichkeit von Rechten nur im Rahmen von gesetzlich geregelten Ausnahmen für zulässig, nicht aber eine gewillkürte Prozessstandschaft. Unabhängig davon wäre selbst bei grundsätzlicher Bejahung der Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft erforderlich, dass die Klägerin an der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat, wie dies die zivilgerichtliche Rechtsprechung für eine gewillkürte Prozessstandschaft im Rahmen der ZPO verlangt (vgl. die Nachweise bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 44). Auch hierfür ist im konkreten Fall weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
39 
Daher hat das Verwaltungsgericht der Klage insoweit zu Unrecht im Hauptantrag stattgegeben und - folgerichtig - über den Hilfsantrag an Zahlung an die Zessionarin nicht mehr entschieden. Der Hilfsantrag bleibt aber in gleicher Weise wie der Hauptantrag erfolglos. Hier wäre noch weniger plausibel, weshalb die Klägerin berechtigt sein sollte, in eigenem Namen die Durchsetzung eines der Zessionarin zustehenden Anspruches zu verlangen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 2 ZPO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
22 
1. Soweit sie sich gegen die Aufhebung der Gebührenbescheide der Beklagten vom 31.12.2008 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 06.04.2010 wendet, bleibt sie ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (a) und begründet (b).
23 
a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einer Beteiligtenfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Die Einwendungen der Beklagten hiergegen greifen nicht durch.
24 
Die Klägerin ist zwar nach dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister aufgelöst (Eintragung vom 15.07.2010). Die Auflösung einer Gesellschaft führt jedoch noch nicht zu deren Beendigung. Die Gesellschaft besteht vielmehr auch nach ihrer Auflösung als solche unverändert fort. Lediglich ihr "werbender" Zweck wandelt sich zum Abwicklungszweck (Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. zum GmbHG, 6. Aufl., § 60 Rn. 6). Eine Löschung im Handelsregister (gemäß § 394 FamFG) ist bisher nicht erfolgt. An der Beteiligtenfähigkeit der Klägerin i. S. von § 61 VwGO ist deshalb nicht zu zweifeln.
25 
Die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin wäre im Übrigen selbst dann zu bejahen, wenn die GmbH bereits im Handelsregister gelöscht worden sein sollte. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist auch einer gelöschten GmbH die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren, die ihrer Ansicht nach nicht entstanden sind. Die Gesellschaft bleibe insoweit parteifähig (BGH, Urt. v. 18.01.1994 - XI ZR 95/93 - NJW-RR 1994, 542; Urt. v. 11.05.1989 - III ZR 96/87 - BGHR LöschG § 1 Abs. 1 Satz 1, Parteifähigkeit 1; Beschl. v. 26.04.1990 - VII ZB 2/90 - VersR 1991, 121).
26 
b) Die Klage ist schon deshalb begründet, weil die Klägerin nicht Gebührenschuldnerin ist.
27 
aa) Maßgeblich für die Beurteilung ist - zunächst (s. aber unten bb) - nicht die Abwassersatzung von 2001 (in der Fassung der Änderungssatzung von 2005), da diese eine Beitragspflicht mangels wirksamer Maßstabsregelung nicht begründen konnte.
28 
Dieser Beurteilung steht das Normenkontrollurteil des Senats vom 07.10.2004 (- 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239) nicht im Weg. Es entfaltet im vorliegenden Fall keine Bindungswirkung, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Das ergibt sich allerdings nicht aus der vom Verwaltungsgericht angenommenen Erwägung, die Rechtskraftwirkung eines Normenkontrollurteils, durch das ein Antrag abgelehnt wurde, entfalle u.a., wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden. So liege es hier, nachdem der Senat mit Urteil vom 01.03.2010 festgestellt habe, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstoße.
29 
Diese Auffassung wird der Rechtskraftwirkung nicht gerecht. Zwischen den Beteiligten des damaligen Verfahrens steht aufgrund des rechtskräftigen Normenkontrollurteils - bei unveränderter Sach- und Rechtslage - vielmehr mit bindender Wirkung fest, dass die Satzung im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gültig war. Diese Bindung gilt nicht nur für ein erneutes Normenkontrollverfahren, sondern für alle Verfahren zwischen diesen Beteiligten, bei denen es auf die Gültigkeit der Satzung ankommt (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995 - 8 B 32.95 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 71; Beschl. v. 03.11.1991 - 4 NB 33.93 - NVwZ-RR 1994, 236; Urteil vom 19.01.1984 - 3 C 88.82 - BVerwGE 68, 306). Sie erstreckt sich außerdem nicht nur auf Nichtigkeitsgründe, die bereits in dem ersten Normenkontrollverfahren geltend gemacht worden sind, sondern auch auf Einwände, die in einem späteren Verfahren erstmalig vorgetragen werden (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO).
30 
Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Rechtskraftwirkung der einen Normenkontrollantrag abweisenden Entscheidung entfalle, wenn Tatsachen einen (entgegenstehenden) Rechtssatz außer Kraft setzten oder wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden, kann nicht gefolgt werden. So wird die Rechtskraft eines Urteils jedenfalls nicht schon dann durchbrochen, wenn von einem der Beteiligten neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden oder sich abweichende Rechtsanschauungen zu den maßgebenden Fragen gebildet haben (a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. § 47 Rn. 146), da damit die Rechtskraft in einer nicht hinnehmbaren Weise ausgehöhlt würde. Die Bindungswirkung eines den Antrag abweisenden Normenkontrollurteils entfällt vielmehr - jedenfalls grundsätzlich - nur dann, wenn nach Erlass des rechtskräftigen Urteils eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO; Beschl. v. 03.11.1991, aaO). Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ist im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Eine Änderung der Rechtsprechung stellt eine Änderung der Rechtslage nicht dar und steht einer solchen auch nicht gleich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.1993 - 9 B 241.92 - NVwZ-RR 1994, 119; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89.90 - NVwZ 1982, 500 zu § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 121 Rn. 49; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 74 m.w.N.). Die Rechtsprechung, auch die des Bundesverwaltungsgerichts, ändert nicht bestehende Rechtsnormen, sondern wendet diese an, d.h. vollzieht deren schon vorher bestehenden Inhalt nach.
31 
Eine Bindung an das Normenkontrollurteil vom 07.10.2004 besteht aber deshalb nicht, weil sich die Rechtskraftwirkung auf die Beteiligten des damaligen Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger beschränkt (§ 121 Nr. 1 VwGO), die Klägerin des vorliegenden Verfahrens aber weder mit derjenigen des Normenkontrollverfahrens identisch noch deren Rechtsnachfolgerin ist. Unter diesen Umständen ist dem Verwaltungsgericht im Ergebnis darin beizupflichten, dass die frühere Satzung mangels wirksamer Maßstabsregelung nichtig und daher nicht in der Lage war, eine Beitragspflicht der Klägerin zu begründen.
32 
bb) Konnte eine Abwassergebührenpflicht für das Jahr 2008 damit (frühestens) durch die Abwassersatzung 2014 - rückwirkend in Kraft gesetzt gem. ihres § 52 Abs. 2 - entstehen, beurteilt sich auch die Frage nach dem Gebührenschuldner grundsätzlich nach den dort getroffenen Regelungen.
33 
Nach § 39 Abs. 1 AbwS 2014 ist Schuldner der Abwassergebühren der Grundstückseigentümer bzw. im Fall des Erbbaurechts der Erbbauberechtigte. Weder das eine noch das andere trifft auf die Klägerin zu; vielmehr ist laut vorgelegtem Grundbuchauszug Eigentümerin des Grundstücks seit 2003 ..., die ... als früherem Eigentümer nachfolgte. Neben dem Grundstückseigentümer können gemäß § 39 auch die sonstigen zur Benutzung oder Nutzung des Grundstücks oder von Grundstücksteilen Berechtigten (z.B. Mieter, Pächter usw.) Schuldner der Abwassergebühren sein, wenn ihre Anteile an den Bemessungsgrundlagen nach den §§ 38, 40 und 42a gesondert festgestellt werden können. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich eine Gebührenpflicht der Klägerin auf diese Tatbestandsvariante auch dann nicht stützen, wenn die Klägerin im fraglichen Zeitraum einzige schuldrechtlich berechtigte Nutzerin des Grundstückes gewesen sein sollte. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob auch insoweit vom Satzungsgeber eine Rückwirkung angeordnet werden sollte. Jedenfalls § 40 Abs. 2 AbwS 2014 (Nachweis durch besondere Wasserzähler) ist laut § 52 Abs. 2 AbwS 2014 ausdrücklich von der Rückwirkung ausgenommen; viel spricht dafür, dass schuldrechtlich Berechtigte generell erst dann als mögliche Gebührenschuldner einbezogen werden sollten, wenn ihre Anteile entsprechend den Vorschriften der §§ 38, 40 und 42a auch technisch gesondert festgestellt werden können. Das bedarf aber hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn eine Rückwirkung insoweit vom Satzungsgeber beabsichtigt gewesen sein sollte, wäre sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass in der Abwassersatzung 2001 im dortigen § 38 Abs. 1 als Gebührenschuldner ausschließlich Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte vorgesehen waren. Zwar ist die rückwirkende Ersetzung einer wegen eines Fehlers im Abgabenmaßstab unwirksamen Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Maßstab nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes nicht verboten, sondern zulässig. Das gilt aber nicht für abgeschlossene Tatbestände (vgl. Driehaus, Abgabensatzungen, § 6 Rn. 9). Hierzu zählt auch der Kreis der Gebührenschuldner. Die neue Regelung stellte sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende rückwirkende Erweiterung der Abgabenpflichtigen dar (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 27.07.1984 - 2 S 2790/83 - KStz 1985, 94; Gössl in Gössl/Reif, KAG, § 2 Anm.1.4.2.1). Daher muss es dabei bleiben, dass Schuldner der Abwassergebühr im vorliegenden Fall nach Satzungsrecht ausschließlich der Eigentümer ist.
34 
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass im Hinblick auf Feststellungen in früheren Prozessen und die späte Geltendmachung der Eigentumssituation die Eigentümerstellung der Klägerin bzw. ihre Rechtsnachfolge in die Eigentümerstellung rechtskräftig feststehe und die Klägerin sich - wie in verschiedenen Verfahren deutlich geworden sei - stets als Eigentümerin der maßgeblichen Grundstücke geriert und auch stets betont habe, dass sie zu Recht dem Grunde nach für Abwassergebühren herangezogen werden könne, vermögen diese Argumente die satzungsmäßigen Anforderungen an die Entstehung der Gebührenschuld nicht zu relativieren. Soweit behauptet wird, in früheren Entscheidungen sei rechtskräftig festgestellt worden, dass die Klägerin Eigentümerin der entsprechenden Grundstücke bzw. Rechtsnachfolgerin des früheren Eigentümers sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich insoweit um rechtliche Vorfragen von rechtskräftig entschiedenen Gebührenstreitigkeiten handelt, hinsichtlich derer eine Rechtskraftwirkung nicht angenommen werden kann; die Rechtskraft ist vielmehr auf den Entscheidungssatz beschränkt (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 48). Auch eine der Sache nach geltend gemachte Treuwidrigkeit wäre nicht geeignet, das Satzungsrecht zu überspielen, zumal da die Voraussetzungen der Gebührenschuld durch einen Blick ins Grundbuch jederzeit verifizierbar waren und sind. Schließlich fehlen auch normative Präklusionsregelungen, die einer Berücksichtigung der objektiven Eigentumssituation im Wege stehen könnten.
35 
2. Die Berufung hat aber Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Verwaltungsgericht angeordnete Pflicht zur Rückzahlung von für das Jahr 2008 gezahlten Abwassergebühren richtet. Zwar bestand ein entsprechender Erstattungsanspruch für den zu Unrecht Leistenden (a), doch steht dieser der Klägerin wegen Abtretung nicht mehr zu (b), und sie kann ihn auch nicht in Prozessstandschaft für die Zessionarin geltend machen (c).
36 
a) Die von der Klägerin beantragte Verpflichtung der Beklagten, die für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren in Höhe von insgesamt 18.080,55 EUR zu erstatten, kann sich zwar im Ansatz auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG, § 37 Abs. 2 AO stützen, wonach rechtsgrundlos erbrachte Kommunalabgaben an denjenigen zu erstatten sind, der sie erbracht hat, da ein Rechtsgrund für die Gebührenzahlung der Klägerin - wie unter 1. ausgeführt - nicht bestand.
37 
b) Der Erstattungsanspruch für das Jahr 2008 stand der Klägerin jedoch nicht zu, weil sie ihn wirksam an die Fa. ..., Inhaberin ..., abgetreten hatte. Dies hat sie im bisherigen Verfahren selbst angegeben; entgegen ihrer erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2014 erhobenen Behauptung sind auch keine Hinweise auf eine Unwirksamkeit der Abtretung ersichtlich. Die von der Beklagten auf Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegte Abtretungsurkunde vom 27.12.2009 bestätigt die bisherige Behauptung der Klägerin über die Abtretung an die Fa. ... Die nach § 398 BGB grundsätzlich formlos mögliche Abtretung genügte auch den zusätzlichen Anforderungen des über § 3 Abs. 2 Nr. 2 b KAG geltenden § 46 Abs. 2 und 3 AO. Nach § 46 Abs. 2 AO wird eine - nach § 46 Abs. 1 grundsätzlich mögliche - Abtretung von Erstattungsansprüchen erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Absatz 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehen des Anspruchs anzeigt. Eine wirksame Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 3 AO lag vor. Danach ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben. Diesen Anforderungen genügte die am 16.02.2011 von Zedentin und Zessionarin unterschriebene und an die Beklagte - die bei der Kommunalabgabenerstattung an die Stelle der Finanzbehörde tritt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG) - adressierte Abtretungsanzeige. Sie enthielt auf dem Vordruck insbesondere auch Angaben zum Abtretungsgrund, der mit „Rückabwicklung bzw. Vorfinanzierung, Abwicklung Bankdarlehen u. Lieferantenverbindlichkeiten s. Anlage 2“ bezeichnet wurde; außerdem wurde ausdrücklich erklärt, dass es sich um keine Sicherungsabtretung handele (vgl. zu diesen Anforderungen BFH, Urt. v. 28.09.2011 - VII R 52/10 - BFHE 235, 111).
38 
c) Soweit sich die Klägerin darauf stützt, sie sei von der Zessionarin ermächtigt worden, die dieser zustehende Erstattungsforderung gerichtlich geltend zu machen, bleibt sie damit ohne Erfolg. Zunächst fehlt es schon an einem Nachweis für eine entsprechende Ermächtigung. Hierauf kommt es aber nicht an, da auch bei ihrem Vorliegen die Klägerin nicht zur Geltendmachung der Forderung befugt wäre. Denn dies wäre nur bei Anerkennung einer gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess möglich, die allerdings nach Auffassung des Senats jedenfalls für den vorliegenden Fall abzulehnen ist. Ob und inwieweit es eine gewillkürte Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess gibt, ist umstritten. Die Frage wird überwiegend verneint (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 - NVwZ-RR 1995, 639; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 76 sowie Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, § 42 Abs. 2 Rn. 37: generell unzulässig; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb. § 40 Rn. 25 m.w.N: denkbar allenfalls bei der allgemeinen Feststellungsklage; a. A. Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14 Aufl., § 42 Rn. 153 zur allgemeinen Leistungsklage). Der Senat hält im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO - und auch dem seiner analogen Anwendung im Fall einer Leistungsklage (so zu Recht auch Kopp/Schenke aaO) - eine Erweiterung der Geltendmachungsmöglichkeit von Rechten nur im Rahmen von gesetzlich geregelten Ausnahmen für zulässig, nicht aber eine gewillkürte Prozessstandschaft. Unabhängig davon wäre selbst bei grundsätzlicher Bejahung der Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft erforderlich, dass die Klägerin an der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat, wie dies die zivilgerichtliche Rechtsprechung für eine gewillkürte Prozessstandschaft im Rahmen der ZPO verlangt (vgl. die Nachweise bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 44). Auch hierfür ist im konkreten Fall weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
39 
Daher hat das Verwaltungsgericht der Klage insoweit zu Unrecht im Hauptantrag stattgegeben und - folgerichtig - über den Hilfsantrag an Zahlung an die Zessionarin nicht mehr entschieden. Der Hilfsantrag bleibt aber in gleicher Weise wie der Hauptantrag erfolglos. Hier wäre noch weniger plausibel, weshalb die Klägerin berechtigt sein sollte, in eigenem Namen die Durchsetzung eines der Zessionarin zustehenden Anspruches zu verlangen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 2 ZPO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Ist eine Geldforderung für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, dem die Forderung überwiesen wurde, verpflichtet, unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse an das Amtsgericht, dessen Beschluss ihm zuerst zugestellt ist, den Schuldbetrag zu hinterlegen.

(1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vorschriften der §§ 853 bis 855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben.

(2) Jeder Gläubiger, für den der Anspruch gepfändet ist, kann sich dem Kläger in jeder Lage des Rechtsstreits als Streitgenosse anschließen.

(3) Der Drittschuldner hat bei dem Prozessgericht zu beantragen, dass die Gläubiger, welche die Klage nicht erhoben und dem Kläger sich nicht angeschlossen haben, zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen werden.

(4) Die Entscheidung, die in dem Rechtsstreit über den in der Klage erhobenen Anspruch erlassen wird, ist für und gegen sämtliche Gläubiger wirksam.

(5) Der Drittschuldner kann sich gegenüber einem Gläubiger auf die ihm günstige Entscheidung nicht berufen, wenn der Gläubiger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden ist.

(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.

(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.

Tenor

Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentlichen Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am ... geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität ... auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität ... Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Der Kläger nahm den Ruf zum 01.01.1984 an. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt, als Dienstaufgabe wurde ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität übertragen. Mit Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums. In einer zwischen dem Beklagten und dem Kläger geschlossenen „Vereinbarung“ vom 09.12.1998 heißt es in der Präambel, der Kläger sei gemäß § 77a UG aus seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens und der Schulen für nichtärztliche medizinische Berufe zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) wird vereinbart, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor.
Wie sich aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums ... - Landespolizeidirektion - vom 07.01.2008 an den Rektor der Universität ... ergibt, gingen in den Monaten Januar und März 2007 beim Amtsgericht ... zwei anonyme Anzeigen ein, denen zu entnehmen war, dass beim Zustandekommen eines Rahmenvertrages zwischen dem Klinikum ... und der Firma ... (...) Schmiergelder gezahlt worden sein sollen. Als Vorteilsnehmer wurde der Kläger benannt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein. Der Beklagte wurde am 22.03.2007 informiert.
Zwischen dem Beklagten und dem Kläger wurde am 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ (im Folgenden auch „Chefarztvertrag“) geschlossen. In der Präambel heißt es, der Kläger sei an der Universität ... tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Der Beklagte sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 des Dienstvertrags (Dienstverhältnis) wird ausgeführt, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde bestätigt. Das Dienstverhältnis sei bürgerlich-rechtlicher Natur. In § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) heißt es u.a., unberührt blieben die Aufgaben als Universitätsprofessor, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richteten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) ist der Ärztliche Direktor für die medizinische Versorgung der Patienten verantwortlich; ihm obliegen für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft tritt, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft tritt.
Mit Beschluss vom 13.11.2007 ordnete das Amtsgericht ... die Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers an. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Firma ... abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens 5 Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Hierfür habe der Kläger Zuwendungen seitens der Firma ... und ihrer Muttergesellschaft, der Firma ... erhalten. Am 11.12.2007 wurden die Büroräume des Klägers durchsucht. Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger auf, eine ausführliche Stellungnahme zu den im Durchsuchungsbeschluss genannten Vorwürfen abzugeben. Der Kläger führte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.12.2007 aus: Am Abschluss des Rahmenvertrages sei er nicht beteiligt gewesen. Es sei richtig, dass er seit Dezember 2005 diverse finanzielle Mittel erhalten habe, die allerdings nicht aus Mitteln der Firma ... stammten. Die Firma ... sei erst im Sommer 2006 gegründet worden. Die zugewandten Beträge stammten aus Darlehen verschiedener Freunde und von Herrn ..., der ebenfalls ein langjähriger Freund sei. Zwar sei Herr ... Geschäftsführer der Firma ..., die Darlehen, die dieser dem Kläger gewährt habe, hätten aber nichts mit dem Abschluss des Rahmenvertrages zu tun.
Mit Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität ... führte die Landespolizeidirektion u.a. aus: Aufgrund des derzeitigen Ermittlungsstandes sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen und Vorteile im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Firma ... stünden und dass der Kläger der Firma ... durch die Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Der Beklagte forderte den Kläger zur Stellungnahme auf. Der Kläger erwiderte unter dem 18.01.2008, die Firma ... habe einen Vertrag mit der größten Klinikumsgruppe ... abgeschlossen. Im Rahmen dieser geschäftlichen Entwicklung solle sie auch eigene Labore betreiben. Im Zuge dieser „strategischen Ausrichtung“ habe er Herrn ... beraten. Zu keinem Zeitpunkt habe er interne Unterlagen an die Firma ... übermittelt. - Am 22.01.2008 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger über die von der Landespolizeidirektion erhobenen Vorwürfe der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, das Gespräch diene dazu, dass der Beklagte prüfen könne, inwieweit er arbeitsrechtliche Konsequenzen aus den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen ziehen müsse.
Mit „Verdachtskündigung“ vom 24.und 25.01.2008 führte der Beklagte aus, er nehme Bezug auf sein Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 und kündige hiermit den zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Zugleich teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25.01.2008 mit, da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum hiermit beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 30.01.2008, in dem Ruf des MWK vom 17.08.1983 werde ihm zugesichert, dass er das Fach Klinische Chemie und Laborato-riumsmedizin an der Universität ... vertreten dürfe und ihm die Leitung des Zentrallabors der Beklagten übertragen werde. Die Berufungszusage enthalte also auch die Leitung des Zentrallaboratoriums.
Die Staatsanwaltschaft ... erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger. Er wird beschuldigt, Vergehen der Bestechlichkeit in 4 Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2009 forderte der Beklagte den Kläger auf, fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen. Unter dem 20.01.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Das MWK führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 08.02.2010 aus: Die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C 3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum... gem. § 53 LHG. Gegen die Abberufung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
10 
Der Kläger hat die vorliegende Klage bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht ... erhoben. Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht ... den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen. Der Kläger trägt ergänzend vor: Die fristlose Kündigung vom 24. und 25.01.2008 sei unwirksam, da sie nicht fristgerecht i.S. des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden sei. Der Beklagte habe spätestens seit den anonymen Anzeigen Ende Januar 2007 Kenntnis von den Vorfällen. Nach seiner Stellungnahme vom 19.12.2007 hätte der Beklagte spätestens die Verdachtskündigung aussprechen müssen. Die vom Beklagten erhobenen Vorwürfe seien haltlos und rechtfertigten keinen für eine Verdachtskündigung notwendigen dringenden Tatverdacht. Die fristlose Kündigung enthalte keinerlei Begründung. Die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung sei unzureichend gewesen. Ihm sei trotz mehrfachem Nachfragen zu keinem Zeitpunkt Einblick in die ihn angeblich belastenden Unterlagen gewährt worden, so dass eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich gewesen sei. Schließlich sei der Abwägungsvorgang, sofern der Beklagte überhaupt eine Abwägung vorgenommen habe, völlig unzureichend verlaufen. Sozialdaten seien nicht gewürdigt worden. Die Berechnung der ordentlichen Kündigungsfrist sei unzutreffend. Der Beklagte könne vielleicht eine Vergütungsregelung kündigen, nicht aber das zugrundeliegende Dienstverhältnis. Hierfür sei nur das Land Baden-Württemberg zuständig.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
festzustellen, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25. Januar 2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrages vom 24.07.2007 unwirksam sind,
13 
hilfsweise, den Bescheid vom 24. und 25. Januar 2008 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Er führt weiter aus: Ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorlägen, richte sich allein nach § 626 BGB. Unerheblich sei, ob es sich um einen privatrechtlichen Dienstvertrag nach § 611 BGB oder um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handle. Es existiere keine Rechtsgrundlage, die es dem Land Baden-Württemberg erlauben würde, seine Beamten bestimmten Dienststellen anderer, selbständiger juristischer Personen mit zwingender Wirkung zuzuweisen. Zwar sei der Kläger gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, beim Beklagten Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens zu erfüllen. Dem stehe jedoch keine Pflicht des Beklagten gegenüber, ihn mit diesen Aufgaben zu betrauen. Somit komme es für die Frage, ob der Kläger seine ihm vom Beigeladenen übertragenen Dienstpflichten erfüllen könne, darauf an, dass ihm die Möglichkeit der Beschäftigung beim Beklagten durch einen entsprechenden Dienstvertrag eröffnet werde. Abgesehen davon werde das dem Kläger verliehene Amt und damit seine statusrechtliche Stellung als Beamter von der Kündigung des Dienstvertrages nicht berührt. Sofort nach Kenntnisnahme vom Schreiben der Landespolizeidirektion vom 07.01.2008 (am 14.01.2008) habe er den Kläger aufgefordert, sich zu den neuen Vorwürfen zu äußern. Unmittelbar nach Zugang des Schreibens des Klägers vom 18.01.2008 sei es am 22.01.2008 zu einem Gespräch über die erhobenen Vorwürfe gekommen. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, Akteneinsicht könne nicht gewährt werden, der Beklagte sei selbst nicht im Besitz der strafrechtlichen Ermittlungsakten und habe in diese auch noch keine Einsicht genommen. Die gegen den Kläger sprechenden Verdachtsmomente hätten sich in einer Weise erhärtet, dass das erforderliche Vertrauen zerstört sei. Jedenfalls bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine vertraglichen Pflichten nach § 2 Abs. 4 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 in grobem Maße verletzt habe. Nach dieser vertraglichen Bestimmung habe er über interne Angelegenheiten des Universitätsklinikums Stillschweigen zu bewahren. Die erforderliche Interessenabwägung falle ohne weiteres zu Lasten des Klägers aus. Auch unter Berücksichtigung der schlechten finanziellen Lage des Klägers sei eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen. Nach der Stellungnahme vom 19.12.2007 seien die Verdachtsmomente noch nicht hinreichend konkretisiert gewesen, auch habe der Kläger noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen persönlich zu äußern. Aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB folge, dass die Angabe von Gründen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche Kündigung sei.
17 
Der Beigeladene beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Dem Gericht liegen Akten des Beklagten und des Beigeladenen, die Akten des Arbeitsgerichts .../... sowie die Akten des Verwaltungsgerichts .../... und .../... vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Gründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. Februar 2010 - 3 K 2749/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Kündigung seines Chefarztvertrags.
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am 04.01.1947 geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität Freiburg auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität Freiburg. Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt. Als Dienstaufgabe wurden ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 64 UG übertragen. Mit weiterem Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums.
Nach der Verselbständigung der Universitätsklinika in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Hochschulmedizinreformgesetz schlossen der Beklagte und der Kläger am 09.12.1998 eine „Vereinbarung“. In deren Präambel ist festgehalten, der Kläger sei als Universitätsprofessor verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) heißt es, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor. Die unmittelbare Liquidation für in Nebentätigkeit für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchgeführte Untersuchungen war in § 5 der Vereinbarung geregelt. Nachdem es hinsichtlich des vom Kläger insoweit zu entrichtenden Nutzungsentgeltes zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien gekommen war, entzog ihm der Beklagte - in gewissem Umfang - die Befugnis zur Privatliquidation mit Wirkung vom 01.03.2004.
An die Stelle der vorgenannten Vereinbarung trat unter dem 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ zwischen denselben Beteiligten. In dessen Präambel ist ausgeführt, der Kläger sei an der Universität Freiburg tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Die Berechtigung, in Nebentätigkeit Untersuchungen für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchzuführen und von diesen hierfür ein Honorar zu fordern, sei mit Wirkung vom 01.03.2004 beendet worden. Das Universitätsklinikum sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 (Dienstverhältnis) heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“ (Absatz 1). Nach § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) bleiben die Aufgaben als Universitätsprofessor unberührt, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) obliegen dem Ärztlichen Direktor für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft trete, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft trete. Ferner sind dort Bestimmungen zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung sowie über die Vertragsbeendigung im Falle der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses, der Versetzung in den Ruhestand oder eines beamtenrechtlichen Verbots zur Führung der Dienstgeschäfte aufgenommen.
Bereits im Januar 2007 war der Kläger in einem anonymen Schreiben an den Beklagten der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit bezichtigt worden. Im Rahmen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens erfolgte aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Freiburg vom 13.11.2007 am 11.12.2007 eine polizeiliche Durchsuchung am Universitätsklinikum. Nach dem Stand der damaligen Ermittlungen war am 01.09.2006 zwischen dem Beklagten und der ............... (Fa. ...) ein fünfjähriger Rahmenvertrag abgeschlossen worden, in dem sich der Beklagte verpflichtete, den gesamten Bedarf an Ausrüstungen und Einrichtungen sowie sämtliche Betriebsmittel für seine Labore über die Fa. ... zu beziehen (Umsatzvolumen: mindestens 25 Mio. EUR). Dem Kläger wurde u.a. vorgeworfen, seine Funktion als Ärztlicher Direktor dazu genutzt zu haben, die Auftragsvergabe zu vermitteln, wofür er finanzielle Zuwendungen vom Geschäftsführer der Fa. ... erhalten habe, mit dem zusammen der Kläger Gesellschafter einer „......... Management GmbH“ mit dem Geschäftszweck „Verwaltung des eigenen Vermögens“ war.
Auf die Aufforderung des Beklagten in einem Schreiben vom 14.01.2008 nahm der Kläger zu den Vorwürfen unter dem 18.01.2008 Stellung. Am 22.01.2008 fand beim Beklagten „zur Prüfung arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ ein Gespräch mit dem Kläger statt.
Mit gleich lautenden Schreiben vom 24. und 25.01.2008 sprach der Beklagte eine „Verdachtskündigung“ aus: Unter Bezugnahme auf das Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 kündige er hiermit den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Im Begleitschreiben vom 28.01.2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, mit der Kündigung sei er „sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben“. Die kommissarische Leitung der Abteilung übertrage der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Professor Dr. W. Da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Mit Schriftsatz vom 30.01.2008 bat der Kläger um Mitteilung der rechtlichen Grundlagen, die den Beklagten dazu berechtigten, die verbindliche Berufungszusage des Ministeriums vom 17.08.1983 zunichte zu machen. In einer Stellungnahme des Klinikumsvorstands vom 01.02.2008 heißt es hierzu, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors sei durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2008 (richtig: 2007) auf eine neue Basis gestellt worden. Die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das MWK sei damit überholt gewesen. Allein aufgrund dieses Chefarztvertrages habe er die Leitung des Zentrallabors inne gehabt. Mit Kündigung des Chefarztvertrags sei ihm diese Leitung entzogen und seien alle rechtlichen Beziehungen zwischen Kläger und Klinikum beendet worden.
Unter dem 12.02.2008 ordnete der Rektor der Universität disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Kläger an. Unter dem 21.07.2008 leitete des MWK ein förmliches Disziplinarverfahren ein und forderte nach Inkrafttreten des Landesdisziplinargesetzes am 22.10.2008 den Rektor der Universität unter dem 05.01.2009 auf, das Disziplinarverfahren fortzusetzen. Mit Schreiben vom 19.02.2009 setzte der Rektor das Verfahren gemäß § 13 LDG bis zu einer Entscheidung der Strafermittlungsbehörden aus.
10 
Mit Schreiben vom 25.02.2009 teilte das MWK dem Kläger mit, aufgrund der Darlegungen im Anhörungsverfahren und nach derzeitigen Erkenntnissen gehe man davon aus, dass unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG nicht auszusprechen sei. Wie sich die Angelegenheit gegenwärtig darstelle, lägen keine Gründe vor, die den Erlass eines entsprechenden Verbots zwingend erforderten, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden.
11 
Mit Schreiben vom 26.05.2009 stellte der Kläger beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) einen „Antrag auf Wahrnehmung der Fürsorgepflicht“, mit dem er u. a. die Wiedereinsetzung in die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung begehrte. Das MWK leitete diesen Antrag an die seiner Auffassung nach zuständige Universität weiter.
12 
Nachdem eine gütliche Einigung der Beteiligten über eine Beurlaubung des Klägers und seinen anschließenden Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand gescheitert war, wies der Dekan der Medizinischen Fakultät mit Schreiben vom 10.06.2009 den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs an, im laufenden Sommersemester 2009 bestimmte Lehrveranstaltungen abzuhalten. Den hiergegen gerichteten Eilantrag wies das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 29.06.2009 (1 K 1011/09) zurück.
13 
Die Staatsanwaltschaft Freiburg erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger zum Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg. Er wird beschuldigt, im Zusammenhang mit Verträgen über Laborbedarf Vergehen der Bestechlichkeit in vier Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben. Gegenüber zugleich angeklagten weiteren Personen wurde das Verfahren im November 2009 gegen Auflagen eingestellt. Mit Beschluss vom 06.12.2010 legte das Schöffengericht die Akten gemäß § 209 Abs. 2 StPO der Großen Strafkammer des Landgerichts Freiburg zur Entscheidung vor. Eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens steht noch aus.
14 
Auf eine Anfrage des Verwaltungsgerichts teilte das MWK unter dem 31.08.2009 mit, das Ministerium beabsichtige, die Universität aufzufordern, das Verfahren zur Änderung der Funktionsbeschreibung der Professur des Klägers sowie seiner Dienstaufgaben mit dem Ziel der Entziehung der Leitung des Zentrallabors einzuleiten und das Universitätsklinikum anzuweisen, die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie vorzunehmen. Ferner würden Universität und Beklagter angewiesen, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger amtsangemessen beschäftigt werde und seine Dienstaufgaben in Forschung und Lehre sowie in der Krankenversorgung wahrnehme.
15 
Mit Schreiben vom 17.09.2009 unterrichtete die Universität den Kläger darüber, dass ihm der Fakultätsvorstand - in Ergänzung der bereits zur Verfügung gestellten Labor- und Büroräume - ein Sachmittelbudget in Höhe von jährlich 15.000 EUR und Personalmittel in Form von 2,5 Stellen zugewiesen habe.
16 
In seiner Sitzung vom 28.09.2009 fasste der Vorstand des Beklagten u.a. folgenden Beschluss:
17 
1. Der Dienstvertrag/Chefarztvertrag vom 24.07.2007 mit Herrn Professor Dr. ... wird vom Universitätsklinikum hinsichtlich der Rechte und Pflichten, die nicht seiner Beamtenstellung innewohnen, vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt. Die Kündigung betrifft die mit dem Dienstvertrag bestätigte Stellung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten. An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten. Das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät hierzu wird unverzüglich eingeholt.
2. …
3. …
18 
Am 30.09.2009 beschloss der Vorstand der Medizinischen Fakultät, hierzu das „erforderliche Einvernehmen in der vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
19 
Mit Schreiben vom 30.09.2009 kündigte der Beklagte den Dienstvertrag mit dem Kläger vom 24.07.2007 vorsorglich erneut zum nächstmöglichen Termin (31.03.2010), soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung betreffe. Auch gegen diese Kündigung erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg (1 K 1803/10). Mit Beschluss vom 19.12.2010 setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Blick auf das hiesige Berufungsverfahren aus.
20 
Nach Durchführung des entsprechenden hochschulinternen Verfahrens beantragte die Universität unter dem 17.12.2009 beim MWK, die bisherige Funktionsbeschreibung der Professur des Klägers zu ändern. Das MWK gab dem Antrag der Universität statt und führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 09.02.2010 aus, die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum Freiburg.
21 
Unter dem 20.01.2010 hatte das Universitätsklinikum dem Kläger mitgeteilt, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Hiergegen und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
22 
Bereits mit Schriftsatz vom 22.12.2009 hatte der Vorstand des Beklagten den Kläger aufgefordert, nach Zuweisung personeller und sachlicher Grundausstattung fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen.
23 
Gegen die Kündigung des Dienstvertrags vom 24./25.01.2008 hatte der Kläger bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht Freiburg Klage erhoben (11 Ca 84/08). Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen.
24 
Der Kläger hat die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen und der ordentlichen Kündigung, hilfsweise die Aufhebung des „Bescheids vom 24. und 25.01.2008“ begehrt. Mit Urteil vom 24.02.2010 (3 K 2749/08) hat das Verwaltungsgericht Freiburg festgestellt, dass die mit Schreiben vom 24.01. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind. Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung habe es in formell-rechtlicher Hinsicht am erforderlichen Einvernehmen des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät gefehlt. Das Einvernehmenserfordernis sichere gegenüber dem verselbständigten Beklagten die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht komme schützende Wirkung zu Gunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu. Ob die Kündigung auch deshalb unwirksam sei, weil der Beklagte nicht befugt sei, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden, bleibe offen.
25 
Hiergegen hat der Beklagte die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:
26 
Die Kündigung sei formell rechtmäßig. Sie habe weder zu einem Eingriff in das statusrechtliche noch in das abstrakt-funktionelle Amt des Klägers geführt. Daran ändere auch nichts, dass dem Kläger durch Einweisungserlasse des Dienstherrn die Leitungsfunktion zugewiesen worden sei. Ihm sei das statusrechtliche Amt eines Universitätsprofessors und das abstrakt-funktionelle Amt eines Universitätsprofessors an der Universität Freiburg und nicht die Leitung des Zentrallabors bzw. der Abteilung Klinische Chemie zugewiesen. Im Übrigen liege ein Eingriff in das abstrakt-funktionelle Amt auch deshalb nicht vor, weil die Kündigung nicht zu einem Entzug der Leitungsfunktion und zu einer Entbindung von Aufgaben der Krankenversorgung geführt habe. Die im Begleitschreiben vom 28.01.2008 erwähnten Maßnahmen seien nicht Gegenstand der Kündigungserklärung und deshalb auch nicht des vorliegenden Prozesses. Es handele sich um die Kündigung flankierende selbständig anfechtbare Vollzugsmaßnahmen, die Gegenstand gesonderter Rechtsbehelfsverfahren seien. Die Leitungsfunktion und die Aufgaben in der Krankenversorgung seien ihm nicht durch die Kündigung, sondern durch andere selbständig anfechtbare Maßnahmen entzogen worden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts setze die Kündigung des Chefarztvertrags die Abberufung des Klägers nicht voraus. Neben das Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg und neben die Bestellung zum Abteilungsleiter trete der Chefarztvertrag als dritte Rechtsebene. Weder der Chefarztvertrag vom 09.12.1998 noch der Chefarztvertrag vom 24.07.2007 hätten den Kläger zum Abteilungsleiter bestellt. Dies belege der Inhalt dieser Verträge. Die Hauptbedeutung des Vertrags bestehe darin, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Die Funktion als Abteilungsleiter sei nicht zwingend mit den Rechten aus dem gekündigten Chefarztvertrag verbunden. Die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung sei Bestandteil des abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor. Die Kündigung habe nur dazu geführt, dass die Konkretisierung dieser Aufgaben durch den Chefarztvertrag entfallen sei. Die Aufgabe selbst und ihre Wahrnehmung seien von der Kündigung unberührt geblieben. Die Erklärung des Einvernehmens der medizinischen Fakultät gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. sei nicht erforderlich gewesen. Durch die Kündigung vom 24./25.01.2008 sei dem Kläger die Funktion als Abteilungsleiter nicht vollständig entzogen worden und es habe sich daher nicht um eine Abberufung gehandelt. Die Parteien hätten mit dem Chefarztvertrag eine von der Stellung des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelung treffen wollen. Die Kündigung habe sich auf die Rechtspositionen des Klägers bezogen, die sich nicht unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis und der Übertragung der Abteilungsleitung ergeben hätten. Dies gelte etwa für den Vergütungsanspruch in § 8, der nicht aus der Bestellung zum Abteilungsleiter folge, sondern sich aus dem Chefarztvertrag ergebe. Wie § 5 des Chefarztvertrags vom 09.12.1998 belege, setze die Liquidationsbefugnis wie die daraus folgenden Ansprüche die Bestellung zum Abteilungsleiter voraus, sie folge aber nicht aus ihr. Der Chefarztvertrag sei unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar, wobei die Kündigung nur das Nebenamt und nicht das Hauptamt betreffe. Selbst wenn man davon ausginge, dass in der Kündigung des Chefarztvertrags zugleich die Abberufung von der Abteilungsleitung liege, wäre der angebliche Verfahrensmangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG geheilt. Der Vorstand des Beklagten habe in seiner Sitzung vom 28.09.2009 u. a. beschlossen, an der Kündigung vom 24.01.2008 festzuhalten. Der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät habe in seiner Sitzung vom 30.09.2009 das Einvernehmen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG erteilt. Die Kündigung des Chefarztvertrags habe keine Auswirkungen auf die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit des Klägers gehabt. Die Leitungsfunktion sei dem Kläger erst durch die Abberufung von der Abteilungsleitung mit Schreiben vom 20.01.2010 entzogen worden. Im Übrigen sei die Tätigkeit als Leiter der Abteilung Klinische Chemie mit der Ernennung zum Universitätsprofessor weder zwingend verbunden noch garantiert. Deshalb berühre der unterstellte Entzug der Leitungsfunktion für das Zentrallabor nicht die Wissenschaftsfreiheit des Klägers als Universitätsprofessor aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung präge die amtsangemessene Beschäftigung des Klägers und sei Bestandteil des abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor. Diese Gewährleistungen würden indes durch die Kündigung des Chefarztvertrages nicht berührt. Selbst wenn die Kündigung zum Entzug der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung geführt hätte, wäre sie allenfalls teilweise unwirksam. Denn sie habe keine Auswirkungen auf die Tätigkeit des Klägers in Forschung und Lehre gehabt. Mit Schreiben vom 17.09.2009 habe der Dekan der medizinischen Fakultät dem Kläger in Ergänzung zu den ihm bereits zugewiesenen Labor- und Büroräumen Personal zugeteilt und ihm ein jährliches Sachmittelbudget in Höhe von 15.000,-- EUR (für das Jahr 2009: 7.500,-- EUR) zur Verfügung gestellt. Zur Erfüllung seiner persönlichen Lehrverpflichtung im Wintersemester 2009/2010 habe er ihm bestimmte Lehrveranstaltungen zugewiesen. Die Zuweisung angemessener Räume und die Sach- und Personalmittelzuweisung seien Gegenstand gerichtlicher Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Der Kläger nehme seit Sommersemester 2009 wieder Aufgaben in der Lehre wahr. Die außerordentliche wie auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung seien auch materiell rechtmäßig gewesen.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
29 
Der Kläger beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, für eine Kündigung, wie sie ihm gegenüber ausgesprochen worden sei, fehle dem Beklagten die Zuständigkeit. Mit dem unter dem Deckmantel einer arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung ausgesprochenen Verbot der Wahrnehmung jeglicher Aufgaben in der Krankenversorgung sei von einem unzuständigen Organ sein statusrechtliches bzw. abstrakt-funktionelles Amt derart beschnitten worden, dass eine amtsgemäße Verwendung nicht mehr gegeben sei. Unter Verletzung der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit sei ihm die Möglichkeit gänzlich genommen worden, patientennahe klinische Forschungsarbeiten weiterzuverfolgen und durchzuführen, da das Verbot der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung ein Verbot, die Forschungsräume und das Zentrallabor zu betreten, mit umfasse. Es liege auf der Hand, dass sich seine Forschungstätigkeit mit den ihm später zugewiesenen Mitteln nicht mehr auf die gesamte Breite des von ihm vertretenen Fachs erstrecken könne. Da der Beklagte ihm auch das Recht zum Betreten des Klinikums verwehrt habe, wo die Lehrveranstaltungen abgehalten würden, sei er auch aus dem Lehrbetrieb ausgeschlossen worden. Erst mit Verfügung vom 08.05.2009 sei er verpflichtet worden, eine fremdorganisierte und rein praktisch ausgerichtete Lehrveranstaltung abzuhalten. Als verbeamteter Hochschullehrer habe er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, amtsgemäß beschäftigt zu werden. Selbst nach dem Vortrag des Beklagten sei er indes beinahe zwei Jahre von der Krankenversorgung ausgeschlossen worden. Bei der ihm auferlegten Befundtätigkeit im sog. Lipid-Labor handle es sich um eine medizinisch unangebrachte, gefährliche und schikanierende Pseudo-Tätigkeit, nur um in dem hier vorliegenden Rechtsstreit vortragen zu können, dass er noch Aufgaben in der Krankenversorgung habe. Durch den Einweisungserlass vom 09.07.1990 sei auch die Leitung der Abteilung Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums am Klinikum als zu seinem statusrechtlichen und abstrakt- funktionellen Amt gehörend erklärt worden. Seit Entzug seines bisherigen Aufgabenbereichs habe er nicht mehr in ausreichender Weise Zugang zu Patienten, so dass die Ausbildung von Assistenten unmöglich sei. Da zudem seine Forschungstätigkeit vereitelt werde, werde ihm u.a. die Aufrechterhaltung seiner wissenschaftlichen Qualifikation unmöglich gemacht. Klinische prospektive Studien könne er ohne direkten Zutritt zu den Räumen des Zentrallabors nicht durchführen. Selbst wenn man die Leitungsfunktion nicht dem Statusamt zuordne, sei diese wenigstens als Amt im abstrakt-funktionellen Sinne zu verstehen. Denn die Leitungsfunktion sei ihm durch gesonderte Verfügungen des Dienstherrn zunächst am 22.02.1984 und später am 01.07.1990 auf Dauer zugewiesen worden. Durch die Kündigung sei ihm die Leitungsfunktion endgültig entzogen worden und folglich sein Recht auf amtsangemessene Beschäftigung im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Auch wenn man lediglich einen Eingriff in das konkret-funktionelle Amt annehme, sei die Kündigung nicht als rechtmäßig zu qualifizieren. Als Leiter einer Institution der mittelbaren Krankenversorgung habe er keinen direkten Patientenkontakt, so dass das Vertrauen der Öffentlichkeit bzw. der Patienten in die Kompetenz und Integrität der leitenden Ärzte durch die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag nicht zum Tragen kämen. Der Dienstherr habe festgestellt, dass sich die Vorwürfe gegen ihn nicht zweifelsfrei bestätigt hätten und deshalb von einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG abgesehen werde. Der Vortrag des Beklagten, die Kündigung des Chefarztvertrages habe die Abteilungsleitung unberührt gelassen, sei unschlüssig und unzutreffend. Da die Dienstaufgaben eines Hochschullehrers aus dem Fachbereich Medizin in Form von Lehre, Forschung und Krankenversorgung untrennbar miteinander verknüpft seien, stelle der dauerhafte Ausschluss aus der Krankenversorgung regelmäßig eine Verletzung des Statusamts dar. Der Beklagte selbst habe ausgeführt, dass die Abberufung von der Abteilungsleitung nur durch einen widerrufenden Verwaltungsakt der zuständigen Behörde, dem MWK, und unter den Voraussetzungen der dafür im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgesehenen Vorschriften hätte erfolgen dürfen. Der Beklagte verkenne, dass der Chefarztvertrag als öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Rechte und Pflichten zu sehen sei, die erst durch die Bestellung zum Abteilungsleiter begründet würden. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch das MWK der Ansicht, dass das Recht zur Privatliquidation automatisch mit der Bestellung zum Abteilungsleiter verbunden sei. § 5 Abs. 1 Nr. 2 HNTVO zeige, dass die Liquidationsbefugnis entgegen der Ansicht des Beklagten sehr wohl mit der Abteilungsleitung verbunden sei. Für die Frage, ob eine staatliche Maßnahme das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit verletze, komme es nicht auf die Gestalt oder Form, sondern auf die Auswirkungen des staatlichen Eingriffs an. Da die Kündigung mit dem dauerhaften Verbot jeglicher Tätigkeit in der Krankenversorgung und einem Ausschluss aus Forschung und Lehre einhergegangen und dem Regelungsgehalt nach auch als Abberufung von der Abteilungsleitung anzusehen sei, sei vom Einvernehmenserfordernis des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG auszugehen. Einer Heilung seines Fehlens über § 45 LVwVfG stehe entgegen, dass diese Vorschrift nur für bloße Verfahrensvorschriften gelte. Bei dem Einvernehmenserfordernis des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG handle es sich indes um eine mit Sicherungsfunktion ausgestattete Verfahrensvorschrift, die einen individualgrundrechtlichen Schutz der Wissenschaftsfreiheit des medizinischen Hochschullehrers konstituiere und deshalb dem materiellen Recht zuzuordnen sei.
32 
Die streitgegenständliche Kündigung sei auch materiell rechtswidrig. Obwohl sie einen Eingriff in das Statusamt, zumindest aber in das abstrakt-funktionelle Amt darstelle, fehle es für den Entzug der Leitungsfunktion und den Entzug der Dienstaufgaben an einer Ermächtigungsgrundlage. Dadurch sei er in seinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 GG und Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Weder § 11 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 noch § 626 BGB stellten eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die kündigungsbedingten Grundrechtseingriffe dar. Im Übrigen lägen objektive tatsächliche Anhaltspunkte, die einen dringenden Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schwerwiegenden Vertragsverletzung begründeten, nicht vor. Aber auch die weitere Voraussetzung, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, könne mit Blick auf die Ansicht des Beklagten, durch die Kündigung sei vor allem seine Aufgabe in der Krankenversorgung wie auch die Leitungsfunktion unberührt geblieben, nicht angenommen werden. Durch die Kündigung seien ihm sowohl die Abteilungsleitung als auch sämtliche Aufgaben in der Krankenversorgung entzogen worden. Selbst nach der Rechtsauffassung des Beklagten wäre dies nur im Wege eines Verwaltungsakts möglich, so dass an dem Hilfsantrag festgehalten werde.
33 
Das beigeladene Land beantragt ebenfalls,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Es führt aus, dass die in den Chefarztverträgen geregelte Krankenhausliquidation eine anders ausgestaltete Form der allgemein genehmigten Nebentätigkeit im Sinne des § 5 HNTVO darstelle. Dieses Recht zur Privatliquidation sei automatisch mit der Bestellung zum Abteilungsleiter verbunden. Am 24.07.2007 hätten das Universitätsklinikum Freiburg und der Kläger einen Chefarztvertrag abgeschlossen, in dem er sein Recht zur Privatliquidation auf das Universitätsklinikum übertragen habe. In der Folgezeit sei eine Klinikliquidation durch das Universitätsklinikum Freiburg erfolgt. Die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen des Chefarztvertrages bemesse sich danach, ob ein Kündigungsgrund gemäß § 11 des Chefarztvertrages vorgelegen habe. Die Stellung als Abteilungsleiter werde von der Kündigung des Chefarztvertrages nicht berührt. Sie umfasse das gesamte Spektrum der Aufgaben des Professors auch in Forschung und Lehre und in den in der Einweisungsverfügung übertragenen Grundaufgaben in der Krankenversorgung über den Chefarztvertrag hinaus. Der Chefarztvertrag umfasse ergänzend nur bestimmte Aspekte in der Krankenversorgung als Institut zur Ablösung des Liquidationsrechts, insbesondere Fragen der Vergütung, Behandlung der Privatpatienten und der Durchführung von Leitungsaufgaben an der Klinik. Die Stellung als Abteilungsleiter könne nur durch Abberufung gemäß den gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Im Chefarztvertrag sei lediglich die nähere Ausgestaltung der Aufgaben im Bereich der Krankenversorgung des Universitätsklinikums im vorgenannten Sinne vorgenommen worden. Das Beamtenverhältnis zum Land könne nicht durch einen Chefarztvertrag des rechtlich selbständigen Universitätsklinikums Freiburg verändert werden, zuständig dafür wäre der Minister als Dienstvorgesetzter der Professoren.
36 
Mit Beschluss vom 15.07.2010 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den auf Zutrittgewährung zum Zentrallabor oder anderweitig angemessene Mittelausstattung sowie Verschaffung einer Möglichkeit zur Teilnahme an der Krankenversorgung gerichteten Eilantrag abgelehnt (1 K 2586/09). Der hiergegen erhobenen Beschwerde hat der Senat teilweise stattgegeben (9 S 1984/10).
37 
Am 30.12.2011 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Zahlungsklage wegen der ihm im Jahre 2008 aus dem Chefarztvertrag zustehenden Vergütung erhoben (1 K 2594/11). Mit Beschluss vom 27.02.2012 ist das Klageverfahren bis zur unanfechtbaren Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden.
38 
Am 31.03.2012 ist der Kläger wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten.
39 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg zu den Verfahren 3 K 2749/08 (einschließlich der dort beigezogenen Akten des Beklagten <3 Leitzordner> und des beigeladenen Landes , 1 K 2594/11 und 1 K 1803/10 ebenso vor wie die Akten der Beschwerdeverfahren 9 S 1948/10 und 9 S 3387/11 und des Verfahrens auf Zulassung der Berufung 9 S 2596/10 (einschließlich der dort vorgelegten Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg 3 K 1412/08 und1 K 2104/03). Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage des Klägers ist mit dem Hauptantrag zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.
41 
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs war vom erkennenden Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass auch er von einem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24.07.2007 und damit auch des vorliegenden Rechtsstreits ausgeht. Der zwischen dem als juristischer Person des öffentlichen Rechts konstituierten Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält materiell insbesondere die Konkretisierung der dem Kläger als beamteten Hochschulprofessor durch das Landeshochschulgesetz übertragenen Dienstaufgaben (vgl. § 53 Abs. 1 LHG sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/08 -, Juris Rn. 20). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ausgegangen. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des Dienstvertrags betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dem Kläger kann auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Zwar ist er wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs am 31.03.2012 in den Ruhestand getreten (vgl. § 25 Beamtenstatusgesetz - BeamtenStG - i.V.m. Art. 62 § 3 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27.10.2010 i.V.m. § 49 Abs. 4 Satz 1 LHG). Deshalb hat der Dienstvertrag jedenfalls mit der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses gemäß dessen § 11 Abs. 4 1. Spiegelstrich sein Ende gefunden. Da indes von der Wirksamkeit der im Januar 2008 erklärten Kündigung des Dienstvertrags abhängt, ob dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten gemäß § 8 des Dienstvertrags mehr zustanden, begegnet sein Feststellungsinteresse keinen Zweifeln (vgl. die beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Zahlungsklage 1 K 2594/11). Auch § 43 Abs. 2 VwGO hindert die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht. Die Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit Gestaltungswirkung, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Derartige rechtsgeschäftliche Erklärungen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen sind keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 136 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 49/04 -, NVwZ 2006, 703, 704).
42 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG war entbehrlich. Denn bei der gegen den Beklagten gerichteten Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Der Kläger steht in keinem Beamtenverhältnis zum Beklagten. Auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika bleiben Professoren des Medizinischen Fachbereichs weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika im Sinne des § 11UKG (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
43 
2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Sowohl die außerordentliche als auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 sind unwirksam.
44 
Beide Kündigungen sind bereits in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie verstoßen gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. (a). Die Kündigung des Dienstvertrags erforderte das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg (aa). Dieses lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung nicht vor und der Mangel ist auch nicht durch eine Nachholung der erforderlichen Mitwirkung geheilt worden (bb). Unabhängig davon ergibt sich die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen daraus, dass dem Beklagten die Zuständigkeit fehlte, mit der Kündigung einen umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung auszusprechen (b). Mit der Kündigung wurden dem Kläger auch seine Aufgaben in der mittelbaren Krankenversorgung entzogen (aa). Hiermit hat der Beklagte seine Zuständigkeit überschritten (bb). Eine teilweise Unwirksamkeit der Kündigungen kommt nicht in Betracht (c).
45 
a) Die streitgegenständlichen Kündigungen sind bereits wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. unwirksam.
46 
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Universitätsklinika-Gesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 15.09.2005 (GBl. 2005, S. 625) - UKG a.F. - (= § 7 Abs. 1 Satz 2 UKG in der Fassung des Gesetzes vom 07.02.2011, GBl. 2011 S. 47 - UKG n.F. -) ist bei der Errichtung, Aufhebung und Veränderung von Abteilungen, der Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern sowie den allgemeinen Regelungen der Organisation des Universitätsklinikums das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich.
47 
Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Kläger begegnet keinen Bedenken. Die Regelung galt als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UKG bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1998 (Art. 7 Abs. 1 des Hochschulmedizinreform-Gesetzes vom 24.11.1997, GBl. S. 474). Dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Personen erstreckt, die - wie der Kläger - bereits vor dem 01.01.1998 zum Leiter einer Abteilung bestellt worden waren, lässt sich nicht feststellen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 27) sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelung nur die Abberufung von Abteilungsleitern erfasst, deren erstmalige Bestellung nach dem 01.01.1998 erfolgte.
48 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung lagen vor. Zwar ist eine ausdrückliche Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter nicht erfolgt. Eine Auslegung des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 24./25.01.2008 ergibt indes, dass mit der Kündigung des Dienstvertrags durch den Beklagten auch eine Abberufung des Klägers von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie verbunden war.
49 
Auch die Auslegung der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung. Es kommt darauf an, wie der Kündigungsadressat die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auffassen muss (§ 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB; zur Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1990 - 4 C 21/89 -, BVerwGE 84, 258; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rn. 12; zur Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, § 133 Rn. 9 m.w.N.; speziell zur Auslegung von Kündigungserklärungen Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 2002, § 123 Rn. 38). Ausgehend hiervon hat der Senat keine Zweifel daran, dass mit der ausgesprochenen Kündigung - entgegen der Ansicht des Beklagten und des beigeladenen Landes - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in umfassender Weise beendet werden sollten, der Kläger insbesondere von der Abteilungsleitung abberufen werden sollte.
50 
Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 24./25.01.2008 bezogen sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung auf „den Chefarztvertrag vom 24.07.2007“. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte lediglich bestimmte Teile dieses Vertrags hat kündigen wollen, enthält das Kündigungsschreiben nicht. Da ein wesentliches Element der Vereinbarung vom 24.07.2007 die rechtlich verbindliche Beibehaltung der Übertragung der Leitung der Abteilung Klinische Chemie im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger war, stellt sich die Kündigung der Vereinbarung auch als Abberufung von der Abteilungsleitung dar. Das ergibt sich aus Folgendem:
51 
Bei den in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. aufgeführten Handlungen des Klinikums handelt es sich um rein organisatorische Maßnahmen, für die weder das Gesetz noch die Satzung des Klinikums (vgl. § 13 Abs. 2) eine bestimmte Form, etwa die eines Verwaltungsakts, vorschreibt. Demgemäß bestehen keine Bedenken, eine derartige Maßnahme, wie etwa die hier gegenständliche Bestellung des Abteilungsleiters, in den Inhalt einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger aufzunehmen (zu dieser Zielrichtung der Chefarztverträge nach der sog. „Kombinationslösung“ siehe unten S. 24 f.). Dies ist in § 1 Absatz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 geschehen. Dort heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist diese Erklärung nicht allein deklaratorischer Natur. Vielmehr bringt der Beklagte damit zum Ausdruck, dass er in rechtsverbindlicher Weise an der - bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 09.12.1998 (vgl. deren § 1) von dem Beklagten vorgenommenen - Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhält. Für einen konstitutiven Charakter spricht insbesondere, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht nur nachrichtlich in der Präambel erwähnt, sondern explizit zum Gegenstand der Eingangsbestimmung des Dienstvertrags gemacht wird. Mit Blick auf den vom Beklagten erhobenen Einwand, Chefarztvertrag und Bestellung zum Abteilungsleiter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. seien rechtlich zu trennen, ist dabei von Bedeutung, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht lediglich im Rahmen der vertraglichen Regelungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten (vgl. §§ 2 ff. des Dienstvertrags) angesprochen wird. Während deren schuldrechtlicher Charakter dort durch entsprechende Formulierungen (z.B. „ist verpflichtet“, „obliegt“, „dürfen“, “sorgt für“, „stellt sicher“ usw.) verdeutlicht wird, spricht die hiervon deutlich abweichende Ausdrucksweise („wird hiermit bestätigt“) in § 1 Abs. 1 des Vertrags für den verfügenden Charakter der Erklärung zur Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters. Mithin ist davon auszugehen, dass sich der Dienstvertrag vom 24.07.2007 aus einem verfügenden (§ 1 Abs. 1) und einem verpflichtenden Teil zusammensetzt. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die damals vom Beklagten selbst vertretene Rechtsauffassung. In seinem Schreiben vom 01.02.2008 hat der Klinikumsvorstand ausgeführt, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien „durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden“ und der Kläger habe „allein aufgrund dieses Chefarztvertrags“ die Leitung des Zentrallabors inne.
52 
Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 haben die Beteiligten im Übrigen deutlich gemacht, dass die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor (Leiter) der Abteilung Klinische Chemie Ausgangspunkt und Grundbedingung des gesamten Dienstvertrags sein sollte. Jede der nachfolgenden Regelungen in den §§ 2 bis 10 des Vertrags über die gegenseitigen Rechte und Pflichten knüpft an den „Ärztlichen Direktor“ an, dessen Funktion in der vorangestellten Bestimmung des § 1 Abs. 1 (ausschließlich) dem Kläger zugewiesen wird. Dies belegt - auch mit Blick darauf, dass die Vereinbarung eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter nicht vornimmt -, dass die Vertragspartner auf diese Weise mit der verfügenden Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags die übrigen - schuldrechtlichen - Bestimmungen des Dienstvertrags derart mit der Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter verknüpfen wollten, dass beide Teile des Vertrags in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhingen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 139 Rn. 7; zur Verknüpfung der organisationsrechtlichen Bestellung mit dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bei Organen juristischer Personen des Bürgerlichen Rechts vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB § 27 Rn. 8). Dass aufgrund dieses Junktims eine den gesamten Dienstvertrag erfassende Kündigung zwangsläufig als Abberufung auf die Stellung als Abteilungsleiter „durchschlägt“, entspricht im Übrigen der authentischen Interpretation durch den Beklagten. So heißt es in dem der Kündigung vorgehefteten Begleitschreiben des Klinikumsvorstandes vom 25.01.2008, dass der Kläger „mit der Kündigung des Chefarztvertrags“ sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben sei und die kommissarische Leitung der Abteilung der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Prof. Dr. W. übertragen werde. Im erläuternden Schreiben vom 01.02.2008 führt der Klinikumsvorstand aus, „mit Kündigung des Chefarztvertrags durch das Universitätsklinikum“ sei ihm die - allein aufgrund des Chefarztvertrags innegehabte - Leitung (des Zentrallabors) entzogen. Dass auch diese außerhalb des Wortlauts der auszulegenden Kündigungserklärung und des Dienstvertrags liegenden Umstände bei deren Interpretation ergänzend heranzuziehen sind, entspricht allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 15 ff.).
53 
Bei dieser Sachlage entbehrt auch der Einwand des Beklagten, die Leitungsfunktion sei dem Kläger nicht durch die Kündigung, sondern durch andere, selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Maßnahmen entzogen worden, einer tragfähigen Grundlage. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, war die Kündigung vom 24./25.01.2008 die einzige Erklärung des Beklagten von erkennbarer rechtlicher Erheblichkeit, die zum damaligen Zeitpunkt von diesem mit dem Ziel einer Beendigung der Abteilungsleitung abgegeben worden war. Demgemäß hat der Kläger sich gegen die Beendigung der Abteilungsleitung durch den Beklagten auch allein mit der hier gegenständlichen, gegen die Kündigung gerichteten Klage gewandt. Der Umstand, dass sich der Kläger auch gegen Maßnahmen wie das Zutrittsverbot zum Zentrallabor oder die Versagung der Teilnahme an der Krankenversorgung im Klinikum mit gegen die Universität Freiburg gerichteten Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat, vermag daran nichts zu ändern. Dies wird nicht zuletzt durch das nach einer Intervention des Wissenschaftsministeriums erfolgte weitere Vorgehen des Beklagten bestätigt. Insbesondere hat dieser eine ausdrückliche Entscheidung über die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie erstmals mit Verfügung vom 20.01.2010 getroffen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
54 
Insgesamt konnte es aus dem „Empfängerhorizont“ des Klägers auch bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein, dass die Kündigung auch die Abberufung von der Abteilungsleitung bedeutete. Der so festgestellte Inhalt der Kündigungserklärung korrespondiert im Übrigen mit den durch die Kündigung hervorgerufenen tatsächlichen Folgen für den Kläger. Dessen weitere Tätigkeit als Abteilungsleiter wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Kündigung unterbunden. Er musste umgehend sein Dienstzimmer räumen, der Zutritt zum Zentrallabor wurde ihm untersagt; als kommissarischer Leiter der Abteilung wurde Prof. Dr. W. eingesetzt.
55 
Der Beklagte meint, die Bestellung des Klägers zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie sei bereits vor Erlass des Universitätsklinikagesetzes und vor Abschluss der Chefarztverträge durch Erlass des MWK vom 09.07.1990 erfolgt, weshalb insbesondere die Funktion als Abteilungsleiter nicht Gegenstand der Chefarztverträge bzw. der Kündigung habe sein können. Dieser Einwand geht fehl. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass Professoren mit Leitungsfunktion im Bereich der Hochschulmedizin in einem doppelten Dienstverhältnis stehen. Als Universitätsprofessoren sind sie Beamte des Landes Baden-Württemberg, deren Dienstaufgaben sich nach § 46 und § 53 Abs. 1 LHG bestimmen. Gleichzeitig stehen sie in ihrer Eigenschaft als Leiter einer Abteilung in einem durch den sog. Chefarztvertrag begründeten Dienstverhältnis zum Universitätsklinikum (vgl. Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 1205; ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, IX Rn. 212; Becker, Das Recht der Hochschulmedizin, 2005, S. 260 ff.). Dieses in Baden-Württemberg praktizierte sog. Kombinationsmodell geht auf Vorschläge der Kultusministerkonferenz zurück. In deren Positionspapier zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (S. 31 des Positionspapiers; vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht“ über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers des KMK vom 19.11.1999 in den Ländern „vom 20.06.2003“). Vor diesem Hintergrund geht das einschlägige Schrifttum bei diesem Modell davon aus, dass auch im Fall des beamteten Hochschullehrers die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen (nach dortigem Verständnis privaten) Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. Becker, a.a.O., S. 260; Böhmann, WissR 2007, 403; Wahlers, ZBR 2006, 221; Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 157). Ein mit der Kombinationslösung verfolgtes Ziel ist dabei unter anderem, die Abberufung aus Leitungsfunktionen wegen mangelnder Eignung oder organisatorischer Umstrukturierungen zu erleichtern (vgl. Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 212; Becker, a.a.O., S. 261 f.). Mithin bilden das beamtenrechtliche Dienstverhältnis zum Beigeladenen und das Dienstverhältnis zum Klinikum zwei eigenständige Regelungsbereiche.
56 
Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist dem Beklagten die Zuständigkeit und Befugnis zur Bestellung und Abberufung des Abteilungsleiters eingeräumt worden (vgl. § 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 1 Abs. 2 Satz 2 UKG a.F.). In Wahrnehmung dieser Organisationsbefugnis hat der Klinikumsvorstand bereits 1998 im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 09.11.1998 - wie sich explizit aus deren § 1 ergibt - dem Kläger zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen und damit die Bestellung zum Abteilungsleiter im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger „aktualisiert“. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die allein das Beamtenverhältnis zum Beigeladenen betreffende Einweisungsverfügung des MWK vom 09.07.1990 geeignet war, die dem Beklagten als selbständigem Rechtsträger durch das Universitätsklinikagesetz eingeräumte Organisationsbefugnis und die Möglichkeit deren Konkretisierung im Rechtsverhältnis zwischen Klinikum und Chefarzt durch Abschluss oder Kündigung des jeweiligen Chefarztvertrags von vornherein zu begrenzen (vgl. im Übrigen die auf den Dienstvertrag vom 24.07.2007 bezogene Aussage des Klinikumsvorstands, wonach „damit“ die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überholt gewesen sei; vgl. auch das o.g. Positionspapier, a.a.O., S. 41). Die Frage, ob und inwieweit Rechtspositionen des Chefarztes aus dem Beamtenverhältnis die materielle Rechtmäßigkeit einer Bestellungs- oder Abberufungsentscheidung des Universitätsklinikums berühren können, ist dadurch nicht präjudiziert.
57 
Der Beklagte meint ferner, nach der Präambel zum Dienstvertrag habe dessen Hauptbedeutung darin bestanden, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Diesem die Entstehungsgeschichte des Dienstvertrags betreffenden Umstand kommt nach Auffassung des Senats für die hier streitige Frage keine entscheidende Bedeutung zu. Denn dem Wortlaut der Vereinbarung selbst lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Parteien lediglich Fragen der Nebentätigkeit oder der Vergütung (vgl. § 7 und § 8 des Dienstvertrags) hätten regeln wollen. Vielmehr werden neben der „Bestätigung“ der Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie („§ 1 Dienstverhältnis“) die im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Rechte und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter in umfassender und insoweit mit der Vorgängervereinbarung vergleichbaren Weise geregelt. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des Dienstvertrags belegt, dass der Wille der Beteiligten dahin ging, den neuen Dienstvertrag mit Wirkung vom 01.04.2007 vollumfänglich an die Stelle der Vereinbarung vom 09.12.1998 treten zu lassen. Soweit ersichtlich, enthält die Vereinbarung im Kern sämtliche Regelungselemente der üblichen Chefarztverträge, insbesondere sind dadurch im Verhältnis zum Beklagten die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Vergütung des Klägers begründet worden (vgl. Quaas, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, S. 350 ff.; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris). Wie bereits oben aufgezeigt, sind Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Dienstvertrag eine von der Abteilungsleitung unabhängige Regelung getroffen werden und der Vertrag deshalb unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar sein sollte, nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die von dem Beklagten in den Vordergrund gerückte Bestimmung über die Vergütung (§ 8 des Dienstvertrags). Die Regelung sieht als Ersatz für die dem Kläger zuvor noch in § 5 der Vereinbarung vom 09.12.1998 - explizit in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter - gestattete Privatliquidation eine Beteiligung des Klägers - in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor - an dem in der Abteilung erzielten Nettoliquidationserlös des Klinikums in Form von fixen und von variablen Vergütungsbestandteilen vor. Dass dieser Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werden sollte, ist nicht erkennbar. Üblicherweise wird nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 100, 252; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303; VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris, Rn. 9). Die Tätigkeit als leitender Klinikarzt ist daher mit der Befugnis zur Privatliquidation verbunden (vgl. den Beschluss des Senats vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Dies gilt auch, soweit - wie hier - im Zuge des Wechsels von der Privatliquidation zur Klinikliquidation in Baden-Württemberg die Privatliquidation ersetzende Chefarztverträge abgeschlossen wurden und die den Chefärzten zustehende Liquidationsbefugnis auf die Kliniken übertragen wurde (vgl. die insoweit zutreffende Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369). Obwohl der Kläger bereits in der Vergangenheit zum Hochschulprofessor berufen und zum Abteilungsleiter bestellt worden war, begegnet die auf freiwilliger Basis erfolgte Vereinbarung einer gesonderten Vergütung in § 8 der Dienstvertrags als Ersatz für die Privatliquidation keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Becker, a.a.O., S. 260 f.; Positionspapier, S. 36, 43 ff.). Im Übrigen handelt es sich sowohl bei der Liquidationsbefugnis wie auch bei der in den Chefarztverträgen geregelten Krankenhausliquidation um durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemeine genehmigte Nebentätigkeit (vgl. die Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369).
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Vor diesem Hintergrund kann nicht davon die Rede sein, die Vertragsparteien hätten insoweit von der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelungen treffen wollen bzw. die Kündigung beziehe sich nur auf Rechtspositionen, die nicht mit der Abteilungsleitung zusammenhingen.
59 
Der Beklagte trägt ferner vor, wenn dem Kläger die Abteilungsleitung durch den Chefarztvertrag übertragen worden sei, könne dieser hieraus nichts für sein Begehren herleiten, weil diese Bestellung wegen Fehlens des erforderlichen Einvernehmens der Universität (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F.) unwirksam gewesen wäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil dieser verfahrensrechtliche Mangel der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzurechnen wäre. Vor diesem Hintergrund würde sich die Geltendmachung der darauf beruhenden Unwirksamkeit bereits als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich darstellen.
60 
Nach alledem geht der Einwand des Beklagten, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 habe die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt gelassen, ersichtlich fehl. Einer derartigen Auffassung stünde schließlich das auch im öffentlichen Recht geltende Verbot des Formenmissbrauchs entgegen (vgl. dazu Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. V, § 99 Mittel staatlichen Handelns, Rn. 64 ff., 66; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 23 Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.09.2010 - 6 A 3249/08 -, Juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Staat durch den Austausch von Handlungsformen oder der eingesetzten Mittel keine Freizeichnung von rechtlichen Bindungen erreichen kann (vgl. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, 1991, S. 211 m.w.N.). Werden - wie hier - mit der Kündigung des Dienstvertrags Folgen beabsichtigt und faktisch bewirkt, die einer Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. entsprechen, erscheint es zur Vermeidung einer Umgehung der für die Abberufung geltenden rechtlichen Anforderungen geboten, diese Anforderungen auf die Kündigung zu erstrecken. Mit Blick auf die oben aufgezeigte Verknüpfung gilt das Verfahrenserfordernis auch für den mit der Bestellung zusammenhängenden schuldrechtlichen Teil des Dienstvertrags.
61 
Hiernach war mit der gegenständlichen Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. war hierzu das Einvernehmen der medizinischen Fakultät erforderlich.
62 
bb) Das erforderliche Einvernehmen der medizinischen Fakultät lag weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger kann das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigungen entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums, Amtliche Bekanntmachungen der Universität Freiburg, Jahrgang 36, Nr. 41, S. 246 ff.).
63 
Für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG ist er für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt. Eine anderweitige Regelung ist hier nicht ersichtlich. Dem Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Dass der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät damals sein Einvernehmen zu der streitgegenständlichen Kündigung erteilt hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
64 
Der Verfahrensmangel ist nicht durch den am 30.09.2009 gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG nachträglich geheilt worden.
65 
Dies gilt bereits deshalb, weil diese Regelung auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird. Die Vorschrift dient speziell der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern beim Erlass von Verwaltungsakten. Deshalb scheidet eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift aus, weil es sich - wie bereits dargelegt wurde - bei der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Doch auch eine entsprechende Anwendung kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht. Denn verwaltungsrechtliche Verträge haben im Landesverwaltungsverfahrensgesetz eigenständige Regelungen erfahren, die insbesondere auch die Fehlerfolgen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 59 LVwVfG) und die Beendigungsmöglichkeiten (vgl. etwa § 60 und § 62 Satz LVwVfG in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfassen. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht ferner, dass es sich insoweit nicht um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern um eine Neuschöpfung des Gesetzgebers handelt, die dem früheren Recht fremd war (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 9).
66 
Doch selbst wenn eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG im vorliegenden Fall für möglich gehalten würde, könnte eine Heilung des Verfahrensmangels nicht angenommen werden. Denn aus dem grundrechtswahrenden Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. folgt bereits eine zeitliche Grenze der Heilungsmöglichkeit (zur einschränkenden Auslegung des § 45 VwVfG mit Blick auf spezialgesetzliche Zwecke und verfassungsrechtliche Vorgaben vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 45 Rn. 14 ff., 27, 97, 103 ff., 129-131). Diese wird mit dem Beschluss des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät vom 30.09.2009 überschritten.
67 
Dem Einvernehmenserfordernis liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass Entscheidungen wie die Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter überhaupt nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden können (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Hochschulmedizinreform-Gesetz vom 15.07.1997, LT-Drs. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmen trägt der Gleichrangigkeit der Aufgaben Rechnung (LT-Drs. 12/1740, a.a.O.). Die Rückbindung von Entscheidungen des organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität sichert deren Zuständigkeit für die die Wissenschaftsfreiheit betreffenden Fragen organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin den ihnen garantierten Einfluss auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums ausüben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.11.2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, NVwZ 2003, 600, 601; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - Juris). Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substantieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf den Forschung und Lehre betreffenden Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Unabhängig davon, ob und inwieweit für die Annahme eines Betroffenseins von Forschung und Lehre auf eine gewisse Erheblichkeit der Auswirkungen einer Entscheidung des Universitätsklinikums auf Forschung und Lehre abzustellen ist, stellt sich die organisatorische Verselbständigung der Universitätsklinik nämlich lediglich als eine funktionale Trennung des universitären Wissenschaftsbetriebs einerseits und des Krankenhausbetriebs andererseits dar. Als Universitätsklinikum bleibt dieses nach der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung trotz seiner organisatorischen Verselbständigung vorrangig in den Dienst der Erfüllung der dem Fachbereich Medizin obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre gestellt und hat insoweit sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich daher als eine andere Art der Realisierung des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Bereich des Klinikumsbetriebs dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Durch das Einvernehmenserfordernis sollte der grundrechtlich verbürgte Einfluss auf Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, verfahrensrechtlich als Kompensation für den Verlust des direkten Einflusses durch die früher fachbereichseigene Klinikleitung abgesichert werden. Damit hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sowohl dem Ziel der Entlastung des Fachbereichs von der Klinikleitung als auch der grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Einvernehmenserfordernis schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O).
68 
Was das konkrete Procedere anbelangt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, muss sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010, a.a.O.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, NVwZ-RR 2010, 844). Da dem Einvernehmen eine sichernde Funktion für die Verwirklichung des Rechts auf Wissenschaftsfreiheit durch den einzelnen Hochschullehrer zukommt und damit auch dessen eigenen subjektiven Rechten zu dienen bestimmt ist, muss der Herstellung des Einvernehmens eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
69 
An diesem Maßstab gemessen erscheint fraglich, ob Wortlaut und Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verlangen, dass das Einvernehmen des Fakultätsvorstands bereits vorliegen muss, wenn der Entscheidungsprozess des Klinikums hinsichtlich der Abberufung abgeschlossen ist oder die Maßnahme dem Betroffenen bekanntgegeben wird. Wie dargelegt, kommt der abwägenden Entscheidung des Fachbereichs das Grundrecht des betroffenen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sichernde Funktion zu. Im Unterschied zu anderen in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG angesprochenen behördlichen Mitwirkungshandlungen im gestuften Verwaltungsverfahren bezweckt die behördliche Mitwirkung hier unmittelbar den wirksamen Schutz der grundrechtlichen Belange eines „Dritten“. Deshalb darf die Mitwirkung jedenfalls nicht so spät erfolgen, dass sie ihre reale Schutzwirkung zu dessen Gunsten nicht mehr entfalten kann. Mithin scheidet eine heilende Nachholung des erforderlichen Einvernehmens aus, wenn die Abberufung von der Abteilungsleitung bereits vollzogen worden ist (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Juris, zum Verfahrenserfordernis des Benehmens). Da der Kläger durch die Kündigung bereits seit Ende Januar 2008 seine Funktion als Abteilungsleiter verloren hatte, ist schon aus diesem Grund eine heilende Wirkung des Beschlusses des Fakultätsvorstands vom 30.09.2009 ausgeschlossen.
70 
Unabhängig davon steht einer heilenden Berücksichtigung der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens durch den Fachbereich entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der grundrechtswahrende Zweck des Einvernehmens sogar endgültig nicht mehr erreicht werden konnte.
71 
Mit Beschluss vom 28.09.2009 sprach der Klinikumsvorstand ausdrücklich eine Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung aus und hierzu erteilte der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen (Gegenstand des Verfahrens des VG Freiburg 1 K 1803/10). Das die streitgegenständliche Kündigung vom 24./25.01.2008 betreffende Einvernehmen konnte sich somit nur noch auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beziehen, nämlich die Zeitspanne von der durch die Kündigung erklärten Entziehung der Abteilungsleitung bis zur Erteilung des Einvernehmens (24./25.01.2008 - 30.09.2009). Da dem Kläger während dieser Phase durchgehend die Abteilungsleitung entzogen war, war das Verfahrensergebnis, die mit der Kündigung verbundene Abberufung von der Abteilungsleitung, im Zeitpunkt der Erteilung des Einvernehmens vollständig vollzogen. Mithin war der mit dem Erfordernis des Einvernehmens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verfolgte Zweck, die dem Kläger durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte in wirksamer Weise zu wahren, definitiv nicht mehr erreichbar. Wollte man in dieser Situation der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens noch heilende Wirkung zuerkennen, würde die Verfahrensanforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. zur bloßen Förmlichkeit degradiert.
72 
Form und Verfahrensweise bei der Beschlussfassung des Fakultätsvorstands werden auch aus einem weiteren Grunde dem grundrechtswahrenden Gehalt des Verfahrenserfordernisses nicht gerecht.
73 
Über die Erteilung des Einvernehmens entschied der Fakultätsvorstand im schriftlichen Umlaufverfahren. In der Beschlussvorlage heißt es unter „1. Sachverhalt“, der Klinikumsvorstand habe sich am 28.09.2009 mit der Kündigung einer Chefarztvereinbarung befasst und bitte den Fakultätsvorstand „um Erklärung des Einvernehmens“. Beigefügt ist lediglich ein Auszug aus dem vorläufigen Protokoll über die Sitzung des Klinikumsvorstands vom 28.09.2009 mit dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut. Der Fakultätsvorstand fasste am 30.09.2009 den Beschluss, das erforderliche Einvernehmen in der „vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
74 
Der dem Fakultätsvorstand vorgelegten Beschlussvorlage war nicht eindeutig zu entnehmen, dass sich das zu erteilende Einvernehmen (auch) auf die streitgegenständliche Kündigung beziehen sollte. Mit den Beschlüssen vom 28.09.2009 hatte der Klinikumsvorstand den Fakultätsvorstand um die Erteilung des Einvernehmens zu einer Reihe aktueller Maßnahmen des Klinikumsvorstands gebeten, nämlich unter 1. zur erneuten ordentlichen Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007, unter 2. zur Antragstellung nach § 46 Abs. 3 LHG durch die Universität und unter 3. zur erstmaligen ausdrücklichen Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung. Die gegenständliche Kündigung wurde unter 1. eher beiläufig im Zusammenhang mit der erneuten Kündigung erwähnt („An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten“.). Dass der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen auch zu dieser Kündigung erteilen sollte, lässt sich der Vorlage nicht hinreichend deutlich entnehmen. Dies lag schon angesichts der vom Klinikumsvorstand in der Sitzung vom 28.09.2009 aktuell getroffenen Maßnahmen nicht nahe. Hierzu hätte es vor allem des erläuternden Hinweises bedurft, dass insoweit um die rückwirkende Erteilung des Einvernehmens für eine bereits vor 1 ¾ Jahren vom Klinikum ausgesprochene, im Übrigen bereits vollzogene Maßnahme nachgesucht wird. Angesichts des Nebeneinanders der aktuellen und der streitgegenständlichen „alten“ Kündigung hätten den Mitgliedern des Fakultätsvorstands auch die zwischen den Kündigungen bestehenden Unterschiede in Reichweite und Rechtswirkungen erklärt werden müssen. Auch in dem an die Mitglieder des Fakultätsvorstands per Email gerichteten Anschreiben des Dekans vom 29.09.2009, mit dem die Beschlussvorlage übersandt wurde, wird lediglich darauf Bezug genommen darauf, dass der Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom Vortag den Dienstvertrag mit dem Kläger „vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt“ habe.
75 
Grundvoraussetzung einer zweckgerechten Durchführung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. und einer sachgerechten Abwägung der durch die dort aufgeführten organisatorischen Maßnahmen betroffenen Belange ist allerdings, dass das zuständige Gremium der Medizinischen Fakultät Kenntnis vom konkreten Verfahrensgegenstand hat. Deshalb muss die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lassen, auf welche konkrete(n) Organisationsmaßnahme(n) sich das Einvernehmen beziehen soll. Ist dies - wie hier bezogen auf die streitgegenständliche Kündigung - nicht der Fall, hält der Senat jedenfalls insoweit zur hinreichenden Bestimmung des Verfahrensgegenstandes eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung für rechtlich geboten (für eine grundsätzliche Dokumentationspflicht bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station einer nuklearmedizinischen Klinik vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010, a.a.O.). An einer derartigen Dokumentation fehlt es.
76 
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage bedurfte es der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung nicht.
77 
b) Die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich auch aus einem weiteren Grund. Da der Beklagte mit der Kündigung auch eine umfassende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung bewirkte, fehlte es insoweit an seiner Zuständigkeit.
78 
aa) Der Inhalt des dem Kläger übertragenen Amtes wurde durch den Einweisungserlass des Ministeriums vom 22.02.1984 konkretisiert. Danach wurden ihm als Dienstaufgabe die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe der damals geltenden § 64 UG übertragen. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 UG gehörte zu den hauptberuflichen Aufgaben der Professoren u. a. die Wahrnehmung der nach § 3 Abs. 8 UG übertragenen Aufgaben und damit - wie sich aus § 3 Abs. 8 UG unmissverständlich ergibt - auch solcher der Krankenversorgung. Dieser Amtsinhalt bestand auch noch im Zeitpunkt der Kündigung. Nach § 53 Abs. 1 LHG ist das wissenschaftliche Personal der Universität gemäß seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das durch diese Bestimmung erfasste Personal auch weiterhin die Krankenversorgung als Dienstaufgabe wahrnimmt (vgl. die amtliche Begründung zur Vorgängerregelung des § 77a UG, LT-Drs. 12/1740, S. 38). Die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung gehörte somit zur amtsgemäßen Verwendung des Klägers und war insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O.).
79 
Ausgehend hiervon beschneidet die mit der Kündigung ausgesprochene Entbindung von Aufgaben in der Krankenversorgung den Kläger in einem wesentlichen Teil seiner amtsgemäßen Verwendung und greift in sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne ein.
80 
Mit der Kündigung vom 24./25.01.2008 wurde der Kläger auch seiner Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Der Einwand des Beklagten, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, verfängt nicht. Die genaue Ausgestaltung der sich aus § 53 Abs. 1 LHG für Medizinprofessoren ergebenden Dienstaufgabe Krankenversorgung am Universitätsklinikum wird von diesem definiert und berücksichtigt dabei die Belange von Forschung und Lehre. Dementsprechend enthält der Dienstvertrag vom 15.07.2007 auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung (vgl. § 6). Bereits oben ist als Ergebnis der Auslegung der Kündigungserklärung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont festgestellt worden, dass der Beklagte mit der Kündigung die Rechtsbeziehungen zum Kläger in umfassender Weise beenden wollte. Dabei beschränkte sich die Kündigung jedoch nicht darauf, den die Krankenversorgung betreffenden vertraglichen Rechten und Pflichten die Grundlage zu entziehen. Vielmehr zielte die Kündigung darauf ab, die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung schlechthin zu unterbinden und ihm damit einen Teil seiner amtsangemessen Beschäftigung zu entziehen. Dies war der ausdrückliche Wille des Beklagten und ist von diesem so auch verwirklicht worden. So heißt es im Begleitschreiben zur Kündigung vom 25.01.2008, mit der Kündigung sei der Kläger sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Dies wurde auch umgesetzt. Der Kläger wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beendigung seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung im Begleitschreiben vom 25.01.2008 aufgefordert, sein bisheriges Büro bis zum 30.01.2008 zu räumen. Dementsprechend war ihm in der Folgezeit eine Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung versagt. Erst im Dezember 2009 (nach Intervention des MWK) forderte der Beklagte den Kläger auf, wieder diese Aufgaben zu übernehmen. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die u.a. nach Intervention des MWK erfolgte erneute (vorsorgliche) Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 durch Schreiben des Klinikumsvorstands vom 30.09.2009. Denn der Inhalt dieser Kündigungserklärung wurde nunmehr ausdrücklich eingeschränkt: Der Dienstvertrag wurde lediglich gekündigt, „soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung“ des Klägers „betrifft“.
81 
bb) Mit dem umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung hat der Beklagte gestaltend auf die amtsgemäße Verwendung des Klägers eingewirkt. Damit hat er seine Zuständigkeit überschritten. Denn es handelt sich insoweit um eine beamtenrechtliche Entscheidung über eine persönliche Angelegenheit, für die der Wissenschaftsminister als Dienstvorgesetzter zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 LHG; vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010, a.a.O., sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O., auch zur Abgrenzung von der Zuständigkeit nach § 4 Abs. 3 UKG). Das Wissenschaftsministerium hatte indes eine Entbindung des Klägers von Aufgaben der Krankenversorgung nicht verfügt. Ausweislich des Schreibens vom 25.02.2009 hat es trotz der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ausdrücklich kein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
82 
Der Beklagte meint auch in diesem Zusammenhang, die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung sei von der Kündigung überhaupt nicht berührt. Auch dieser Ansicht steht indes jedenfalls das Verbot des Formenmissbrauchs entgegen. Denn der - ultra vires erfolgte - umfassende und die vertraglichen Rechte und Pflichten überschreitende Entzug von Aufgaben der Krankenversorgung war von dem Beklagten beabsichtigt und wurde von ihm - mit dem Mittel der Kündigung - durchgesetzt. Auf diesem Wege kann der Beklagte eine Umgehung beamtenrechtlicher Zuständigkeiten nicht erreichen.
83 
c) Die Annahme einer nur teilweisen - die Abteilungsleitung und die Teilnahme an der Krankenversorgung erfassenden - Unwirksamkeit der Kündigungen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB kommt nicht in Betracht. Dies käme der Sache nach einer Teilkündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 gleich. Die Kündigung einzelner Teile eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ist indes grundsätzlich unzulässig, weil sie einen einseitigen, mit dem Prinzip der Vertragsautonomie unvereinbaren Eingriff in das Gefüge von Leistung und Gegenleistung bei einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis bedeutet (vgl. nur Hesse, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, Vorbemerkung zu §§ 620-630 BGB, Rn.71; Palandt-Ellenberger, a.a.O., Vorb. v. § 620, Rn. 34; Schaub, a.a.O., § 123 Rn. 49 v. Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, § 2 Rn. 29 m.w.N.; zur Bezugnahme des Dienstvertrags auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des § 626 BGB vgl. dessen § 11 Abs. 2 und 3). Demgemäß würde etwa die vom Beklagten befürwortete Aufrechterhaltung der Kündigung hinsichtlich der Vergütungsregelung des § 8 des Dienstvertrags das vertragliche Synallagma bei Fortbestehen des Dienstvertrags erheblich beeinträchtigen.
84 
Dass die Parteien des Dienstvertrags das Recht zur Teilkündigung vertraglich vereinbart hätten, ist weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil ist bereits oben (S. 22) aufgezeigt worden, dass die Vertragspartner in der Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ein rechtliches Junktim zwischen der Stellung bzw. Bestellung des Klägers als Abteilungsleiter und den übrigen Bestimmungen des Dienstvertrags vereinbart hatten. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit keine gespaltene Kündigung möglich sein sollte.
85 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
86 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.
87 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88 
Beschluss vom 2. August 2012
89 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG); zugrunde gelegt wurden die monatlichen Abschlagzahlungen auf die Vergütung nach § 8 des Dienstvertrag in Höhe von 33.000,-- EUR, vgl. die Berufungsschrift des Beklagtenvertreters vom 09.12.2011, S. 8, AS 211).
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage des Klägers ist mit dem Hauptantrag zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.
41 
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs war vom erkennenden Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass auch er von einem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24.07.2007 und damit auch des vorliegenden Rechtsstreits ausgeht. Der zwischen dem als juristischer Person des öffentlichen Rechts konstituierten Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält materiell insbesondere die Konkretisierung der dem Kläger als beamteten Hochschulprofessor durch das Landeshochschulgesetz übertragenen Dienstaufgaben (vgl. § 53 Abs. 1 LHG sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/08 -, Juris Rn. 20). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ausgegangen. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des Dienstvertrags betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dem Kläger kann auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Zwar ist er wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs am 31.03.2012 in den Ruhestand getreten (vgl. § 25 Beamtenstatusgesetz - BeamtenStG - i.V.m. Art. 62 § 3 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27.10.2010 i.V.m. § 49 Abs. 4 Satz 1 LHG). Deshalb hat der Dienstvertrag jedenfalls mit der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses gemäß dessen § 11 Abs. 4 1. Spiegelstrich sein Ende gefunden. Da indes von der Wirksamkeit der im Januar 2008 erklärten Kündigung des Dienstvertrags abhängt, ob dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten gemäß § 8 des Dienstvertrags mehr zustanden, begegnet sein Feststellungsinteresse keinen Zweifeln (vgl. die beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Zahlungsklage 1 K 2594/11). Auch § 43 Abs. 2 VwGO hindert die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht. Die Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit Gestaltungswirkung, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Derartige rechtsgeschäftliche Erklärungen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen sind keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 136 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 49/04 -, NVwZ 2006, 703, 704).
42 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG war entbehrlich. Denn bei der gegen den Beklagten gerichteten Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Der Kläger steht in keinem Beamtenverhältnis zum Beklagten. Auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika bleiben Professoren des Medizinischen Fachbereichs weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika im Sinne des § 11UKG (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
43 
2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Sowohl die außerordentliche als auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 sind unwirksam.
44 
Beide Kündigungen sind bereits in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie verstoßen gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. (a). Die Kündigung des Dienstvertrags erforderte das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg (aa). Dieses lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung nicht vor und der Mangel ist auch nicht durch eine Nachholung der erforderlichen Mitwirkung geheilt worden (bb). Unabhängig davon ergibt sich die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen daraus, dass dem Beklagten die Zuständigkeit fehlte, mit der Kündigung einen umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung auszusprechen (b). Mit der Kündigung wurden dem Kläger auch seine Aufgaben in der mittelbaren Krankenversorgung entzogen (aa). Hiermit hat der Beklagte seine Zuständigkeit überschritten (bb). Eine teilweise Unwirksamkeit der Kündigungen kommt nicht in Betracht (c).
45 
a) Die streitgegenständlichen Kündigungen sind bereits wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. unwirksam.
46 
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Universitätsklinika-Gesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 15.09.2005 (GBl. 2005, S. 625) - UKG a.F. - (= § 7 Abs. 1 Satz 2 UKG in der Fassung des Gesetzes vom 07.02.2011, GBl. 2011 S. 47 - UKG n.F. -) ist bei der Errichtung, Aufhebung und Veränderung von Abteilungen, der Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern sowie den allgemeinen Regelungen der Organisation des Universitätsklinikums das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich.
47 
Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Kläger begegnet keinen Bedenken. Die Regelung galt als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UKG bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1998 (Art. 7 Abs. 1 des Hochschulmedizinreform-Gesetzes vom 24.11.1997, GBl. S. 474). Dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Personen erstreckt, die - wie der Kläger - bereits vor dem 01.01.1998 zum Leiter einer Abteilung bestellt worden waren, lässt sich nicht feststellen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 27) sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelung nur die Abberufung von Abteilungsleitern erfasst, deren erstmalige Bestellung nach dem 01.01.1998 erfolgte.
48 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung lagen vor. Zwar ist eine ausdrückliche Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter nicht erfolgt. Eine Auslegung des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 24./25.01.2008 ergibt indes, dass mit der Kündigung des Dienstvertrags durch den Beklagten auch eine Abberufung des Klägers von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie verbunden war.
49 
Auch die Auslegung der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung. Es kommt darauf an, wie der Kündigungsadressat die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auffassen muss (§ 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB; zur Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1990 - 4 C 21/89 -, BVerwGE 84, 258; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rn. 12; zur Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, § 133 Rn. 9 m.w.N.; speziell zur Auslegung von Kündigungserklärungen Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 2002, § 123 Rn. 38). Ausgehend hiervon hat der Senat keine Zweifel daran, dass mit der ausgesprochenen Kündigung - entgegen der Ansicht des Beklagten und des beigeladenen Landes - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in umfassender Weise beendet werden sollten, der Kläger insbesondere von der Abteilungsleitung abberufen werden sollte.
50 
Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 24./25.01.2008 bezogen sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung auf „den Chefarztvertrag vom 24.07.2007“. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte lediglich bestimmte Teile dieses Vertrags hat kündigen wollen, enthält das Kündigungsschreiben nicht. Da ein wesentliches Element der Vereinbarung vom 24.07.2007 die rechtlich verbindliche Beibehaltung der Übertragung der Leitung der Abteilung Klinische Chemie im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger war, stellt sich die Kündigung der Vereinbarung auch als Abberufung von der Abteilungsleitung dar. Das ergibt sich aus Folgendem:
51 
Bei den in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. aufgeführten Handlungen des Klinikums handelt es sich um rein organisatorische Maßnahmen, für die weder das Gesetz noch die Satzung des Klinikums (vgl. § 13 Abs. 2) eine bestimmte Form, etwa die eines Verwaltungsakts, vorschreibt. Demgemäß bestehen keine Bedenken, eine derartige Maßnahme, wie etwa die hier gegenständliche Bestellung des Abteilungsleiters, in den Inhalt einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger aufzunehmen (zu dieser Zielrichtung der Chefarztverträge nach der sog. „Kombinationslösung“ siehe unten S. 24 f.). Dies ist in § 1 Absatz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 geschehen. Dort heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist diese Erklärung nicht allein deklaratorischer Natur. Vielmehr bringt der Beklagte damit zum Ausdruck, dass er in rechtsverbindlicher Weise an der - bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 09.12.1998 (vgl. deren § 1) von dem Beklagten vorgenommenen - Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhält. Für einen konstitutiven Charakter spricht insbesondere, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht nur nachrichtlich in der Präambel erwähnt, sondern explizit zum Gegenstand der Eingangsbestimmung des Dienstvertrags gemacht wird. Mit Blick auf den vom Beklagten erhobenen Einwand, Chefarztvertrag und Bestellung zum Abteilungsleiter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. seien rechtlich zu trennen, ist dabei von Bedeutung, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht lediglich im Rahmen der vertraglichen Regelungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten (vgl. §§ 2 ff. des Dienstvertrags) angesprochen wird. Während deren schuldrechtlicher Charakter dort durch entsprechende Formulierungen (z.B. „ist verpflichtet“, „obliegt“, „dürfen“, “sorgt für“, „stellt sicher“ usw.) verdeutlicht wird, spricht die hiervon deutlich abweichende Ausdrucksweise („wird hiermit bestätigt“) in § 1 Abs. 1 des Vertrags für den verfügenden Charakter der Erklärung zur Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters. Mithin ist davon auszugehen, dass sich der Dienstvertrag vom 24.07.2007 aus einem verfügenden (§ 1 Abs. 1) und einem verpflichtenden Teil zusammensetzt. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die damals vom Beklagten selbst vertretene Rechtsauffassung. In seinem Schreiben vom 01.02.2008 hat der Klinikumsvorstand ausgeführt, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien „durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden“ und der Kläger habe „allein aufgrund dieses Chefarztvertrags“ die Leitung des Zentrallabors inne.
52 
Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 haben die Beteiligten im Übrigen deutlich gemacht, dass die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor (Leiter) der Abteilung Klinische Chemie Ausgangspunkt und Grundbedingung des gesamten Dienstvertrags sein sollte. Jede der nachfolgenden Regelungen in den §§ 2 bis 10 des Vertrags über die gegenseitigen Rechte und Pflichten knüpft an den „Ärztlichen Direktor“ an, dessen Funktion in der vorangestellten Bestimmung des § 1 Abs. 1 (ausschließlich) dem Kläger zugewiesen wird. Dies belegt - auch mit Blick darauf, dass die Vereinbarung eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter nicht vornimmt -, dass die Vertragspartner auf diese Weise mit der verfügenden Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags die übrigen - schuldrechtlichen - Bestimmungen des Dienstvertrags derart mit der Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter verknüpfen wollten, dass beide Teile des Vertrags in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhingen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 139 Rn. 7; zur Verknüpfung der organisationsrechtlichen Bestellung mit dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bei Organen juristischer Personen des Bürgerlichen Rechts vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB § 27 Rn. 8). Dass aufgrund dieses Junktims eine den gesamten Dienstvertrag erfassende Kündigung zwangsläufig als Abberufung auf die Stellung als Abteilungsleiter „durchschlägt“, entspricht im Übrigen der authentischen Interpretation durch den Beklagten. So heißt es in dem der Kündigung vorgehefteten Begleitschreiben des Klinikumsvorstandes vom 25.01.2008, dass der Kläger „mit der Kündigung des Chefarztvertrags“ sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben sei und die kommissarische Leitung der Abteilung der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Prof. Dr. W. übertragen werde. Im erläuternden Schreiben vom 01.02.2008 führt der Klinikumsvorstand aus, „mit Kündigung des Chefarztvertrags durch das Universitätsklinikum“ sei ihm die - allein aufgrund des Chefarztvertrags innegehabte - Leitung (des Zentrallabors) entzogen. Dass auch diese außerhalb des Wortlauts der auszulegenden Kündigungserklärung und des Dienstvertrags liegenden Umstände bei deren Interpretation ergänzend heranzuziehen sind, entspricht allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 15 ff.).
53 
Bei dieser Sachlage entbehrt auch der Einwand des Beklagten, die Leitungsfunktion sei dem Kläger nicht durch die Kündigung, sondern durch andere, selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Maßnahmen entzogen worden, einer tragfähigen Grundlage. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, war die Kündigung vom 24./25.01.2008 die einzige Erklärung des Beklagten von erkennbarer rechtlicher Erheblichkeit, die zum damaligen Zeitpunkt von diesem mit dem Ziel einer Beendigung der Abteilungsleitung abgegeben worden war. Demgemäß hat der Kläger sich gegen die Beendigung der Abteilungsleitung durch den Beklagten auch allein mit der hier gegenständlichen, gegen die Kündigung gerichteten Klage gewandt. Der Umstand, dass sich der Kläger auch gegen Maßnahmen wie das Zutrittsverbot zum Zentrallabor oder die Versagung der Teilnahme an der Krankenversorgung im Klinikum mit gegen die Universität Freiburg gerichteten Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat, vermag daran nichts zu ändern. Dies wird nicht zuletzt durch das nach einer Intervention des Wissenschaftsministeriums erfolgte weitere Vorgehen des Beklagten bestätigt. Insbesondere hat dieser eine ausdrückliche Entscheidung über die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie erstmals mit Verfügung vom 20.01.2010 getroffen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
54 
Insgesamt konnte es aus dem „Empfängerhorizont“ des Klägers auch bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein, dass die Kündigung auch die Abberufung von der Abteilungsleitung bedeutete. Der so festgestellte Inhalt der Kündigungserklärung korrespondiert im Übrigen mit den durch die Kündigung hervorgerufenen tatsächlichen Folgen für den Kläger. Dessen weitere Tätigkeit als Abteilungsleiter wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Kündigung unterbunden. Er musste umgehend sein Dienstzimmer räumen, der Zutritt zum Zentrallabor wurde ihm untersagt; als kommissarischer Leiter der Abteilung wurde Prof. Dr. W. eingesetzt.
55 
Der Beklagte meint, die Bestellung des Klägers zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie sei bereits vor Erlass des Universitätsklinikagesetzes und vor Abschluss der Chefarztverträge durch Erlass des MWK vom 09.07.1990 erfolgt, weshalb insbesondere die Funktion als Abteilungsleiter nicht Gegenstand der Chefarztverträge bzw. der Kündigung habe sein können. Dieser Einwand geht fehl. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass Professoren mit Leitungsfunktion im Bereich der Hochschulmedizin in einem doppelten Dienstverhältnis stehen. Als Universitätsprofessoren sind sie Beamte des Landes Baden-Württemberg, deren Dienstaufgaben sich nach § 46 und § 53 Abs. 1 LHG bestimmen. Gleichzeitig stehen sie in ihrer Eigenschaft als Leiter einer Abteilung in einem durch den sog. Chefarztvertrag begründeten Dienstverhältnis zum Universitätsklinikum (vgl. Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 1205; ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, IX Rn. 212; Becker, Das Recht der Hochschulmedizin, 2005, S. 260 ff.). Dieses in Baden-Württemberg praktizierte sog. Kombinationsmodell geht auf Vorschläge der Kultusministerkonferenz zurück. In deren Positionspapier zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (S. 31 des Positionspapiers; vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht“ über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers des KMK vom 19.11.1999 in den Ländern „vom 20.06.2003“). Vor diesem Hintergrund geht das einschlägige Schrifttum bei diesem Modell davon aus, dass auch im Fall des beamteten Hochschullehrers die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen (nach dortigem Verständnis privaten) Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. Becker, a.a.O., S. 260; Böhmann, WissR 2007, 403; Wahlers, ZBR 2006, 221; Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 157). Ein mit der Kombinationslösung verfolgtes Ziel ist dabei unter anderem, die Abberufung aus Leitungsfunktionen wegen mangelnder Eignung oder organisatorischer Umstrukturierungen zu erleichtern (vgl. Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 212; Becker, a.a.O., S. 261 f.). Mithin bilden das beamtenrechtliche Dienstverhältnis zum Beigeladenen und das Dienstverhältnis zum Klinikum zwei eigenständige Regelungsbereiche.
56 
Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist dem Beklagten die Zuständigkeit und Befugnis zur Bestellung und Abberufung des Abteilungsleiters eingeräumt worden (vgl. § 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 1 Abs. 2 Satz 2 UKG a.F.). In Wahrnehmung dieser Organisationsbefugnis hat der Klinikumsvorstand bereits 1998 im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 09.11.1998 - wie sich explizit aus deren § 1 ergibt - dem Kläger zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen und damit die Bestellung zum Abteilungsleiter im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger „aktualisiert“. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die allein das Beamtenverhältnis zum Beigeladenen betreffende Einweisungsverfügung des MWK vom 09.07.1990 geeignet war, die dem Beklagten als selbständigem Rechtsträger durch das Universitätsklinikagesetz eingeräumte Organisationsbefugnis und die Möglichkeit deren Konkretisierung im Rechtsverhältnis zwischen Klinikum und Chefarzt durch Abschluss oder Kündigung des jeweiligen Chefarztvertrags von vornherein zu begrenzen (vgl. im Übrigen die auf den Dienstvertrag vom 24.07.2007 bezogene Aussage des Klinikumsvorstands, wonach „damit“ die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überholt gewesen sei; vgl. auch das o.g. Positionspapier, a.a.O., S. 41). Die Frage, ob und inwieweit Rechtspositionen des Chefarztes aus dem Beamtenverhältnis die materielle Rechtmäßigkeit einer Bestellungs- oder Abberufungsentscheidung des Universitätsklinikums berühren können, ist dadurch nicht präjudiziert.
57 
Der Beklagte meint ferner, nach der Präambel zum Dienstvertrag habe dessen Hauptbedeutung darin bestanden, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Diesem die Entstehungsgeschichte des Dienstvertrags betreffenden Umstand kommt nach Auffassung des Senats für die hier streitige Frage keine entscheidende Bedeutung zu. Denn dem Wortlaut der Vereinbarung selbst lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Parteien lediglich Fragen der Nebentätigkeit oder der Vergütung (vgl. § 7 und § 8 des Dienstvertrags) hätten regeln wollen. Vielmehr werden neben der „Bestätigung“ der Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie („§ 1 Dienstverhältnis“) die im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Rechte und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter in umfassender und insoweit mit der Vorgängervereinbarung vergleichbaren Weise geregelt. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des Dienstvertrags belegt, dass der Wille der Beteiligten dahin ging, den neuen Dienstvertrag mit Wirkung vom 01.04.2007 vollumfänglich an die Stelle der Vereinbarung vom 09.12.1998 treten zu lassen. Soweit ersichtlich, enthält die Vereinbarung im Kern sämtliche Regelungselemente der üblichen Chefarztverträge, insbesondere sind dadurch im Verhältnis zum Beklagten die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Vergütung des Klägers begründet worden (vgl. Quaas, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, S. 350 ff.; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris). Wie bereits oben aufgezeigt, sind Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Dienstvertrag eine von der Abteilungsleitung unabhängige Regelung getroffen werden und der Vertrag deshalb unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar sein sollte, nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die von dem Beklagten in den Vordergrund gerückte Bestimmung über die Vergütung (§ 8 des Dienstvertrags). Die Regelung sieht als Ersatz für die dem Kläger zuvor noch in § 5 der Vereinbarung vom 09.12.1998 - explizit in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter - gestattete Privatliquidation eine Beteiligung des Klägers - in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor - an dem in der Abteilung erzielten Nettoliquidationserlös des Klinikums in Form von fixen und von variablen Vergütungsbestandteilen vor. Dass dieser Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werden sollte, ist nicht erkennbar. Üblicherweise wird nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 100, 252; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303; VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris, Rn. 9). Die Tätigkeit als leitender Klinikarzt ist daher mit der Befugnis zur Privatliquidation verbunden (vgl. den Beschluss des Senats vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Dies gilt auch, soweit - wie hier - im Zuge des Wechsels von der Privatliquidation zur Klinikliquidation in Baden-Württemberg die Privatliquidation ersetzende Chefarztverträge abgeschlossen wurden und die den Chefärzten zustehende Liquidationsbefugnis auf die Kliniken übertragen wurde (vgl. die insoweit zutreffende Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369). Obwohl der Kläger bereits in der Vergangenheit zum Hochschulprofessor berufen und zum Abteilungsleiter bestellt worden war, begegnet die auf freiwilliger Basis erfolgte Vereinbarung einer gesonderten Vergütung in § 8 der Dienstvertrags als Ersatz für die Privatliquidation keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Becker, a.a.O., S. 260 f.; Positionspapier, S. 36, 43 ff.). Im Übrigen handelt es sich sowohl bei der Liquidationsbefugnis wie auch bei der in den Chefarztverträgen geregelten Krankenhausliquidation um durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemeine genehmigte Nebentätigkeit (vgl. die Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369).
58 
Vor diesem Hintergrund kann nicht davon die Rede sein, die Vertragsparteien hätten insoweit von der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelungen treffen wollen bzw. die Kündigung beziehe sich nur auf Rechtspositionen, die nicht mit der Abteilungsleitung zusammenhingen.
59 
Der Beklagte trägt ferner vor, wenn dem Kläger die Abteilungsleitung durch den Chefarztvertrag übertragen worden sei, könne dieser hieraus nichts für sein Begehren herleiten, weil diese Bestellung wegen Fehlens des erforderlichen Einvernehmens der Universität (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F.) unwirksam gewesen wäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil dieser verfahrensrechtliche Mangel der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzurechnen wäre. Vor diesem Hintergrund würde sich die Geltendmachung der darauf beruhenden Unwirksamkeit bereits als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich darstellen.
60 
Nach alledem geht der Einwand des Beklagten, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 habe die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt gelassen, ersichtlich fehl. Einer derartigen Auffassung stünde schließlich das auch im öffentlichen Recht geltende Verbot des Formenmissbrauchs entgegen (vgl. dazu Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. V, § 99 Mittel staatlichen Handelns, Rn. 64 ff., 66; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 23 Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.09.2010 - 6 A 3249/08 -, Juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Staat durch den Austausch von Handlungsformen oder der eingesetzten Mittel keine Freizeichnung von rechtlichen Bindungen erreichen kann (vgl. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, 1991, S. 211 m.w.N.). Werden - wie hier - mit der Kündigung des Dienstvertrags Folgen beabsichtigt und faktisch bewirkt, die einer Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. entsprechen, erscheint es zur Vermeidung einer Umgehung der für die Abberufung geltenden rechtlichen Anforderungen geboten, diese Anforderungen auf die Kündigung zu erstrecken. Mit Blick auf die oben aufgezeigte Verknüpfung gilt das Verfahrenserfordernis auch für den mit der Bestellung zusammenhängenden schuldrechtlichen Teil des Dienstvertrags.
61 
Hiernach war mit der gegenständlichen Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. war hierzu das Einvernehmen der medizinischen Fakultät erforderlich.
62 
bb) Das erforderliche Einvernehmen der medizinischen Fakultät lag weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger kann das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigungen entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums, Amtliche Bekanntmachungen der Universität Freiburg, Jahrgang 36, Nr. 41, S. 246 ff.).
63 
Für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG ist er für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt. Eine anderweitige Regelung ist hier nicht ersichtlich. Dem Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Dass der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät damals sein Einvernehmen zu der streitgegenständlichen Kündigung erteilt hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
64 
Der Verfahrensmangel ist nicht durch den am 30.09.2009 gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG nachträglich geheilt worden.
65 
Dies gilt bereits deshalb, weil diese Regelung auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird. Die Vorschrift dient speziell der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern beim Erlass von Verwaltungsakten. Deshalb scheidet eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift aus, weil es sich - wie bereits dargelegt wurde - bei der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Doch auch eine entsprechende Anwendung kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht. Denn verwaltungsrechtliche Verträge haben im Landesverwaltungsverfahrensgesetz eigenständige Regelungen erfahren, die insbesondere auch die Fehlerfolgen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 59 LVwVfG) und die Beendigungsmöglichkeiten (vgl. etwa § 60 und § 62 Satz LVwVfG in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfassen. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht ferner, dass es sich insoweit nicht um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern um eine Neuschöpfung des Gesetzgebers handelt, die dem früheren Recht fremd war (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 9).
66 
Doch selbst wenn eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG im vorliegenden Fall für möglich gehalten würde, könnte eine Heilung des Verfahrensmangels nicht angenommen werden. Denn aus dem grundrechtswahrenden Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. folgt bereits eine zeitliche Grenze der Heilungsmöglichkeit (zur einschränkenden Auslegung des § 45 VwVfG mit Blick auf spezialgesetzliche Zwecke und verfassungsrechtliche Vorgaben vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 45 Rn. 14 ff., 27, 97, 103 ff., 129-131). Diese wird mit dem Beschluss des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät vom 30.09.2009 überschritten.
67 
Dem Einvernehmenserfordernis liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass Entscheidungen wie die Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter überhaupt nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden können (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Hochschulmedizinreform-Gesetz vom 15.07.1997, LT-Drs. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmen trägt der Gleichrangigkeit der Aufgaben Rechnung (LT-Drs. 12/1740, a.a.O.). Die Rückbindung von Entscheidungen des organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität sichert deren Zuständigkeit für die die Wissenschaftsfreiheit betreffenden Fragen organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin den ihnen garantierten Einfluss auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums ausüben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.11.2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, NVwZ 2003, 600, 601; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - Juris). Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substantieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf den Forschung und Lehre betreffenden Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Unabhängig davon, ob und inwieweit für die Annahme eines Betroffenseins von Forschung und Lehre auf eine gewisse Erheblichkeit der Auswirkungen einer Entscheidung des Universitätsklinikums auf Forschung und Lehre abzustellen ist, stellt sich die organisatorische Verselbständigung der Universitätsklinik nämlich lediglich als eine funktionale Trennung des universitären Wissenschaftsbetriebs einerseits und des Krankenhausbetriebs andererseits dar. Als Universitätsklinikum bleibt dieses nach der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung trotz seiner organisatorischen Verselbständigung vorrangig in den Dienst der Erfüllung der dem Fachbereich Medizin obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre gestellt und hat insoweit sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich daher als eine andere Art der Realisierung des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Bereich des Klinikumsbetriebs dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Durch das Einvernehmenserfordernis sollte der grundrechtlich verbürgte Einfluss auf Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, verfahrensrechtlich als Kompensation für den Verlust des direkten Einflusses durch die früher fachbereichseigene Klinikleitung abgesichert werden. Damit hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sowohl dem Ziel der Entlastung des Fachbereichs von der Klinikleitung als auch der grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Einvernehmenserfordernis schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O).
68 
Was das konkrete Procedere anbelangt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, muss sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010, a.a.O.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, NVwZ-RR 2010, 844). Da dem Einvernehmen eine sichernde Funktion für die Verwirklichung des Rechts auf Wissenschaftsfreiheit durch den einzelnen Hochschullehrer zukommt und damit auch dessen eigenen subjektiven Rechten zu dienen bestimmt ist, muss der Herstellung des Einvernehmens eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
69 
An diesem Maßstab gemessen erscheint fraglich, ob Wortlaut und Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verlangen, dass das Einvernehmen des Fakultätsvorstands bereits vorliegen muss, wenn der Entscheidungsprozess des Klinikums hinsichtlich der Abberufung abgeschlossen ist oder die Maßnahme dem Betroffenen bekanntgegeben wird. Wie dargelegt, kommt der abwägenden Entscheidung des Fachbereichs das Grundrecht des betroffenen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sichernde Funktion zu. Im Unterschied zu anderen in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG angesprochenen behördlichen Mitwirkungshandlungen im gestuften Verwaltungsverfahren bezweckt die behördliche Mitwirkung hier unmittelbar den wirksamen Schutz der grundrechtlichen Belange eines „Dritten“. Deshalb darf die Mitwirkung jedenfalls nicht so spät erfolgen, dass sie ihre reale Schutzwirkung zu dessen Gunsten nicht mehr entfalten kann. Mithin scheidet eine heilende Nachholung des erforderlichen Einvernehmens aus, wenn die Abberufung von der Abteilungsleitung bereits vollzogen worden ist (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Juris, zum Verfahrenserfordernis des Benehmens). Da der Kläger durch die Kündigung bereits seit Ende Januar 2008 seine Funktion als Abteilungsleiter verloren hatte, ist schon aus diesem Grund eine heilende Wirkung des Beschlusses des Fakultätsvorstands vom 30.09.2009 ausgeschlossen.
70 
Unabhängig davon steht einer heilenden Berücksichtigung der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens durch den Fachbereich entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der grundrechtswahrende Zweck des Einvernehmens sogar endgültig nicht mehr erreicht werden konnte.
71 
Mit Beschluss vom 28.09.2009 sprach der Klinikumsvorstand ausdrücklich eine Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung aus und hierzu erteilte der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen (Gegenstand des Verfahrens des VG Freiburg 1 K 1803/10). Das die streitgegenständliche Kündigung vom 24./25.01.2008 betreffende Einvernehmen konnte sich somit nur noch auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beziehen, nämlich die Zeitspanne von der durch die Kündigung erklärten Entziehung der Abteilungsleitung bis zur Erteilung des Einvernehmens (24./25.01.2008 - 30.09.2009). Da dem Kläger während dieser Phase durchgehend die Abteilungsleitung entzogen war, war das Verfahrensergebnis, die mit der Kündigung verbundene Abberufung von der Abteilungsleitung, im Zeitpunkt der Erteilung des Einvernehmens vollständig vollzogen. Mithin war der mit dem Erfordernis des Einvernehmens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verfolgte Zweck, die dem Kläger durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte in wirksamer Weise zu wahren, definitiv nicht mehr erreichbar. Wollte man in dieser Situation der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens noch heilende Wirkung zuerkennen, würde die Verfahrensanforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. zur bloßen Förmlichkeit degradiert.
72 
Form und Verfahrensweise bei der Beschlussfassung des Fakultätsvorstands werden auch aus einem weiteren Grunde dem grundrechtswahrenden Gehalt des Verfahrenserfordernisses nicht gerecht.
73 
Über die Erteilung des Einvernehmens entschied der Fakultätsvorstand im schriftlichen Umlaufverfahren. In der Beschlussvorlage heißt es unter „1. Sachverhalt“, der Klinikumsvorstand habe sich am 28.09.2009 mit der Kündigung einer Chefarztvereinbarung befasst und bitte den Fakultätsvorstand „um Erklärung des Einvernehmens“. Beigefügt ist lediglich ein Auszug aus dem vorläufigen Protokoll über die Sitzung des Klinikumsvorstands vom 28.09.2009 mit dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut. Der Fakultätsvorstand fasste am 30.09.2009 den Beschluss, das erforderliche Einvernehmen in der „vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
74 
Der dem Fakultätsvorstand vorgelegten Beschlussvorlage war nicht eindeutig zu entnehmen, dass sich das zu erteilende Einvernehmen (auch) auf die streitgegenständliche Kündigung beziehen sollte. Mit den Beschlüssen vom 28.09.2009 hatte der Klinikumsvorstand den Fakultätsvorstand um die Erteilung des Einvernehmens zu einer Reihe aktueller Maßnahmen des Klinikumsvorstands gebeten, nämlich unter 1. zur erneuten ordentlichen Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007, unter 2. zur Antragstellung nach § 46 Abs. 3 LHG durch die Universität und unter 3. zur erstmaligen ausdrücklichen Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung. Die gegenständliche Kündigung wurde unter 1. eher beiläufig im Zusammenhang mit der erneuten Kündigung erwähnt („An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten“.). Dass der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen auch zu dieser Kündigung erteilen sollte, lässt sich der Vorlage nicht hinreichend deutlich entnehmen. Dies lag schon angesichts der vom Klinikumsvorstand in der Sitzung vom 28.09.2009 aktuell getroffenen Maßnahmen nicht nahe. Hierzu hätte es vor allem des erläuternden Hinweises bedurft, dass insoweit um die rückwirkende Erteilung des Einvernehmens für eine bereits vor 1 ¾ Jahren vom Klinikum ausgesprochene, im Übrigen bereits vollzogene Maßnahme nachgesucht wird. Angesichts des Nebeneinanders der aktuellen und der streitgegenständlichen „alten“ Kündigung hätten den Mitgliedern des Fakultätsvorstands auch die zwischen den Kündigungen bestehenden Unterschiede in Reichweite und Rechtswirkungen erklärt werden müssen. Auch in dem an die Mitglieder des Fakultätsvorstands per Email gerichteten Anschreiben des Dekans vom 29.09.2009, mit dem die Beschlussvorlage übersandt wurde, wird lediglich darauf Bezug genommen darauf, dass der Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom Vortag den Dienstvertrag mit dem Kläger „vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt“ habe.
75 
Grundvoraussetzung einer zweckgerechten Durchführung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. und einer sachgerechten Abwägung der durch die dort aufgeführten organisatorischen Maßnahmen betroffenen Belange ist allerdings, dass das zuständige Gremium der Medizinischen Fakultät Kenntnis vom konkreten Verfahrensgegenstand hat. Deshalb muss die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lassen, auf welche konkrete(n) Organisationsmaßnahme(n) sich das Einvernehmen beziehen soll. Ist dies - wie hier bezogen auf die streitgegenständliche Kündigung - nicht der Fall, hält der Senat jedenfalls insoweit zur hinreichenden Bestimmung des Verfahrensgegenstandes eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung für rechtlich geboten (für eine grundsätzliche Dokumentationspflicht bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station einer nuklearmedizinischen Klinik vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010, a.a.O.). An einer derartigen Dokumentation fehlt es.
76 
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage bedurfte es der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung nicht.
77 
b) Die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich auch aus einem weiteren Grund. Da der Beklagte mit der Kündigung auch eine umfassende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung bewirkte, fehlte es insoweit an seiner Zuständigkeit.
78 
aa) Der Inhalt des dem Kläger übertragenen Amtes wurde durch den Einweisungserlass des Ministeriums vom 22.02.1984 konkretisiert. Danach wurden ihm als Dienstaufgabe die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe der damals geltenden § 64 UG übertragen. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 UG gehörte zu den hauptberuflichen Aufgaben der Professoren u. a. die Wahrnehmung der nach § 3 Abs. 8 UG übertragenen Aufgaben und damit - wie sich aus § 3 Abs. 8 UG unmissverständlich ergibt - auch solcher der Krankenversorgung. Dieser Amtsinhalt bestand auch noch im Zeitpunkt der Kündigung. Nach § 53 Abs. 1 LHG ist das wissenschaftliche Personal der Universität gemäß seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das durch diese Bestimmung erfasste Personal auch weiterhin die Krankenversorgung als Dienstaufgabe wahrnimmt (vgl. die amtliche Begründung zur Vorgängerregelung des § 77a UG, LT-Drs. 12/1740, S. 38). Die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung gehörte somit zur amtsgemäßen Verwendung des Klägers und war insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O.).
79 
Ausgehend hiervon beschneidet die mit der Kündigung ausgesprochene Entbindung von Aufgaben in der Krankenversorgung den Kläger in einem wesentlichen Teil seiner amtsgemäßen Verwendung und greift in sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne ein.
80 
Mit der Kündigung vom 24./25.01.2008 wurde der Kläger auch seiner Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Der Einwand des Beklagten, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, verfängt nicht. Die genaue Ausgestaltung der sich aus § 53 Abs. 1 LHG für Medizinprofessoren ergebenden Dienstaufgabe Krankenversorgung am Universitätsklinikum wird von diesem definiert und berücksichtigt dabei die Belange von Forschung und Lehre. Dementsprechend enthält der Dienstvertrag vom 15.07.2007 auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung (vgl. § 6). Bereits oben ist als Ergebnis der Auslegung der Kündigungserklärung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont festgestellt worden, dass der Beklagte mit der Kündigung die Rechtsbeziehungen zum Kläger in umfassender Weise beenden wollte. Dabei beschränkte sich die Kündigung jedoch nicht darauf, den die Krankenversorgung betreffenden vertraglichen Rechten und Pflichten die Grundlage zu entziehen. Vielmehr zielte die Kündigung darauf ab, die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung schlechthin zu unterbinden und ihm damit einen Teil seiner amtsangemessen Beschäftigung zu entziehen. Dies war der ausdrückliche Wille des Beklagten und ist von diesem so auch verwirklicht worden. So heißt es im Begleitschreiben zur Kündigung vom 25.01.2008, mit der Kündigung sei der Kläger sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Dies wurde auch umgesetzt. Der Kläger wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beendigung seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung im Begleitschreiben vom 25.01.2008 aufgefordert, sein bisheriges Büro bis zum 30.01.2008 zu räumen. Dementsprechend war ihm in der Folgezeit eine Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung versagt. Erst im Dezember 2009 (nach Intervention des MWK) forderte der Beklagte den Kläger auf, wieder diese Aufgaben zu übernehmen. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die u.a. nach Intervention des MWK erfolgte erneute (vorsorgliche) Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 durch Schreiben des Klinikumsvorstands vom 30.09.2009. Denn der Inhalt dieser Kündigungserklärung wurde nunmehr ausdrücklich eingeschränkt: Der Dienstvertrag wurde lediglich gekündigt, „soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung“ des Klägers „betrifft“.
81 
bb) Mit dem umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung hat der Beklagte gestaltend auf die amtsgemäße Verwendung des Klägers eingewirkt. Damit hat er seine Zuständigkeit überschritten. Denn es handelt sich insoweit um eine beamtenrechtliche Entscheidung über eine persönliche Angelegenheit, für die der Wissenschaftsminister als Dienstvorgesetzter zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 LHG; vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010, a.a.O., sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O., auch zur Abgrenzung von der Zuständigkeit nach § 4 Abs. 3 UKG). Das Wissenschaftsministerium hatte indes eine Entbindung des Klägers von Aufgaben der Krankenversorgung nicht verfügt. Ausweislich des Schreibens vom 25.02.2009 hat es trotz der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ausdrücklich kein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
82 
Der Beklagte meint auch in diesem Zusammenhang, die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung sei von der Kündigung überhaupt nicht berührt. Auch dieser Ansicht steht indes jedenfalls das Verbot des Formenmissbrauchs entgegen. Denn der - ultra vires erfolgte - umfassende und die vertraglichen Rechte und Pflichten überschreitende Entzug von Aufgaben der Krankenversorgung war von dem Beklagten beabsichtigt und wurde von ihm - mit dem Mittel der Kündigung - durchgesetzt. Auf diesem Wege kann der Beklagte eine Umgehung beamtenrechtlicher Zuständigkeiten nicht erreichen.
83 
c) Die Annahme einer nur teilweisen - die Abteilungsleitung und die Teilnahme an der Krankenversorgung erfassenden - Unwirksamkeit der Kündigungen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB kommt nicht in Betracht. Dies käme der Sache nach einer Teilkündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 gleich. Die Kündigung einzelner Teile eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ist indes grundsätzlich unzulässig, weil sie einen einseitigen, mit dem Prinzip der Vertragsautonomie unvereinbaren Eingriff in das Gefüge von Leistung und Gegenleistung bei einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis bedeutet (vgl. nur Hesse, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, Vorbemerkung zu §§ 620-630 BGB, Rn.71; Palandt-Ellenberger, a.a.O., Vorb. v. § 620, Rn. 34; Schaub, a.a.O., § 123 Rn. 49 v. Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, § 2 Rn. 29 m.w.N.; zur Bezugnahme des Dienstvertrags auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des § 626 BGB vgl. dessen § 11 Abs. 2 und 3). Demgemäß würde etwa die vom Beklagten befürwortete Aufrechterhaltung der Kündigung hinsichtlich der Vergütungsregelung des § 8 des Dienstvertrags das vertragliche Synallagma bei Fortbestehen des Dienstvertrags erheblich beeinträchtigen.
84 
Dass die Parteien des Dienstvertrags das Recht zur Teilkündigung vertraglich vereinbart hätten, ist weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil ist bereits oben (S. 22) aufgezeigt worden, dass die Vertragspartner in der Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ein rechtliches Junktim zwischen der Stellung bzw. Bestellung des Klägers als Abteilungsleiter und den übrigen Bestimmungen des Dienstvertrags vereinbart hatten. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit keine gespaltene Kündigung möglich sein sollte.
85 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
86 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.
87 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88 
Beschluss vom 2. August 2012
89 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG); zugrunde gelegt wurden die monatlichen Abschlagzahlungen auf die Vergütung nach § 8 des Dienstvertrag in Höhe von 33.000,-- EUR, vgl. die Berufungsschrift des Beklagtenvertreters vom 09.12.2011, S. 8, AS 211).
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Juli 2010 - 8 K 273/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Verfahrens in beiden Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. Juli 2010 - auf jeweils 100.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Das Verfahren betrifft die Organisationsmaßnahme eines Universitätsklinikums, deren Vollzug eine Schmälerung des Zuständigkeitsbereichs der von der Antragstellerin geleiteten Klinik zur Folge hätte.
Die Antragstellerin ist im Jahr 2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Universitätsprofessorin der Besoldungsgruppe C4 im Fach Viszerale Chirurgie ernannt worden. Die damit verbundenen Aufgaben in der Krankenversorgung sind durch eine Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und dem als Antragsgegner in Anspruch genommenen Universitätsklinikum vom 22.02.2001/14.03.2001 (Chefarztvertrag) festgelegt worden. Danach ist der Antragstellerin die Leitung der bestehenden Abteilung für Viszeral- und Transplantationschirurgie übertragen und das Recht, Privatpatienten behandeln und hierfür ein besonderes Honorar verlangen zu dürfen, eingeräumt worden. Hinsichtlich etwaiger künftiger Änderungen ist geregelt:
§ 4
Entwicklungs- und Anpassungsklausel
Im Benehmen mit der Abteilungsleiterin kann das UK strukturelle und organisatorische Änderungen im Klinikum vornehmen.
Insbesondere kann es, wenn dies sachlich geboten ist,
- selbständige Fachabteilungen, Funktionsbereiche oder Institute neu einrichten, unterteilen, abtrennen oder schließen
- den Umfang der Abteilung sowie die Bettenzahl und die Bettenaufteilung der Abteilung ändern
- die Ausführung bestimmter Leistungen von der Abteilung ganz oder teilweise abtrennen und/oder anderen geeigneten Fachabteilungen, Funktionsbereichen, Instituten, Untersuchungs- oder Behandlungseinrichtungen oder Ärzten zuweisen.
Für die Folgen derartiger Maßnahmen auf die Liquidationsbefugnis ist in § 5 Abs. 8 bestimmt:
Das UK übernimmt keine Gewähr für den Umfang der gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen und für Höhe und Eingang der Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechts gem. Abs. 1. Bei Rückgang der Liquidationserlöse entstehen keinerlei Ausgleichsansprüche gegen das UK. Entsprechendes gilt auch bei organisatorischen Maßnahmen nach § 4 dieses Vertrages. Grundsätzlich darf der Anteil der Patienten mit der Wahlleistung Arzt pro Jahr durchschnittlich 22% der stationär aufgenommenen Patienten nicht übersteigen.
Mit Beschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 wurde die Errichtung eines Departements für Allgemeine und Viszeralchirurgie und damit zusammenhängend eine Umstrukturierung der von der Antragstellerin geleiteten Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie verabschiedet. Die bisherige Klinik soll danach in „Klinik für Allgemeine Chirurgie“ umbenannt und im Tätigkeitsfeld entsprechend reduziert werden. Die neustrukturierte Klinik für Allgemeine Chirurgie, eine neu zu gründende Klinik für Onkologische Chirurgie sowie eine umbenannte und aus dem bisherigen Klinikum für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie ausgegliederte Abteilung für Kinderchirurgie sollen das Departement für Allgemeine und Viszeralchirurgie umfassen. Die Transplantationschirurgie soll ebenfalls ausgegliedert und der „Klinik für Urologie und Kinderurologie“ zugeordnet werden. Hinsichtlich des Wirksamwerdens enthält der Schlusssatz die Bestimmung:
10 
„Die oben genannten Beschlüsse treten nach Zustimmung des Aufsichtsrats mit der Annahme eines Rufs auf eine W3-Professur für Onkologische Chirurgie in Kraft“.
11 
Die Antragstellerin ist mit der Neuordnung des ihr bislang zugeordneten Aufgabenbereichs nicht einverstanden und hat verschiedene Alternativkonzepte vorgelegt. Nachdem der Aufsichtsrat den Maßnahmen in seiner Sitzung vom 09.07.2008 zugestimmt und das Wissenschaftsministeriums die Genehmigung zur Ausschreibung der W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie mit Schreiben vom 31.10.2008 erteilt hatte, ist im Deutschen Ärzteblatt vom 20.02.2009 indes eine W3-Professur für „Allgemeine und Viszeralchirurgie“ ausgeschrieben worden. Ein auf die vorläufige Untersagung des Besetzungsverfahrens gerichteter Eilantrag blieb erfolglos (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -). Auf seiner Sitzung vom 18.02.2010 hat der Senat des Antragsgegners der Berufungsliste zur Besetzung der W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie zugestimmt. Das Wissenschaftsministerium hat sein Einvernehmen hierzu aber noch nicht erteilt.
12 
Am 27.01.2010 hat der Klinikumsvorstand des Antragsgegners die Errichtung eines Transplantationszentrums als Gemeinsamen Bereich auch für die Chirurgischen Kliniken beschlossen. Mit Umlaufbeschluss vom 08./11.02.2010 ist weiterhin beschlossen worden, dass im Umstrukturierungskonzept für die Chirurgischen Kliniken der Zugang der Antragstellerin zu onkologischen Patienten in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang gewährleistet bleibt.
13 
Mit dem vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz gegen die Umsetzung der beschlossenen Umstrukturierung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab dem Antrag durch Beschluss vom 26.07.2010 (- 8 K 273/10 -) statt und untersagte dem Antragsgegner vorläufig, den Organisationsbeschluss seines Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 in der Fassung des Umlaufbeschlusses vom 08./11.02.2010 zu vollziehen. Hiergegen hat der Antragsgegner am 10.08.2010 Beschwerde eingelegt.
II.
14 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (vgl. § 147 Abs. 1 VwGO). Sie ist aber nicht begründet. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin vorläufig vor Vollzugsmaßnahmen aus dem Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 geschützt werden muss.
15 
Trotz der beachtlichen, mit der Beschwerde vorgetragenen Einwände steht dem Begehren der Antragstellerin ein Anordnungsgrund zur Seite. Denn obwohl die im Raum stehenden Organisationsmaßnahmen - anders als statusrechtliche Entscheidungen - nicht irreversibel sind und insbesondere die von der Antragstellerin befürchteten Einnahmeverluste aus Privatbehandlungen nachträglich ausgeglichen werden könnten, ist ihr bei unterstelltem Anordnungsanspruch ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar. Ausgehend von einem Eingriff in das von ihr reklamierte Recht auf Wissenschaftsfreiheit und die ihr durch den Chefarztvertrag eingeräumte Rechtsstellung könnte der Antragstellerin die Schmälerung ihres Tätigkeits- und Wirkungsfeldes für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden. Entgegen der vom beigeladenen Land geäußerten Auffassung ist die Organisationsmaßnahme auch nicht schwebend unwirksam, bis eine Satzungsänderung durch das Wissenschaftsministerium genehmigt worden ist. Denn der Antragsgegner hat mit dem Beschluss seines Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 nicht eine Satzungsänderung beschlossen, sondern eine auf die Erprobungsklausel des § 7 Abs. 4 seiner Satzung gestützte Organisationsmaßnahme. Dementsprechend geht der Antragsgegner auch davon aus, dass eine Genehmigung erst „nach Bedingungseintritt“ einzuholen ist (vgl. Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 13.07.2010, S. 4). Damit muss die Antragstellerin auch schon vor einer entsprechenden Genehmigung mit Vollzugsmaßnahmen des Antragsgegners rechnen.
16 
Auch der für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Es ist - bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage - davon auszugehen, dass der Antragsgegner mit dem Vollzug des beanstandeten Organisationsbeschlusses in rechtswidriger Weise in ein subjektives Recht der Antragstellerin eingreifen würde, sodass der Antragstellerin hiergegen ein öffentlich-rechtlicher Abwehr- und Unterlassungsanspruch zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 - 6 C 5/95 -, BVerwGE 102, 304 [315]).
17 
1. Allerdings beeinträchtigt der von der Antragstellerin angegriffene Organisationsbeschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 weder ihre statusrechtliche Stellung als Universitätsprofessorin noch die in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit.
18 
Mit der Ernennung zur Professorin für Viszeralchirurgie an der beigeladenen Universität ist der Antragstellerin das Amt und die Aufgabe übertragen worden, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten. Die damit begründete Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verleiht einen subjektiv-rechtlichen Schutz gegen staatliche Eingriffe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.10.2008 - 1 BvR 462/06 -, BVerfGE 122, 89 [105]). Auch die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gehört gemäß § 53 Abs. 1 LHG zu den der Antragstellerin als Dienstaufgabe übertragenen Tätigkeitsbereichen, die - im Hinblick auf den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung - auch gerichtlich verteidigt und in Anspruch genommen werden können. Sie prägt die amtsgemäße Verwendung der Antragstellerin und ist insofern Bestandteil ihres abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessorin (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
19 
Diese Gewährleistungen werden durch die vom Antragsgegner beschlossenen Organisationsmaßnahmen indes nicht verletzt. Dies gilt zunächst für die sich mittelbar aus dem Beschluss ergebende Folge der Ausschreibung einer W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie. Denn ein Recht auf alleinige Vertretung des übertragenen Faches wird mit der Ernennung nicht begründet (vgl. etwa Reich, Hochschulrahmengesetz, 10. Aufl. 2007, § 43 Rn. 2). Auch hinsichtlich der mit der Beschwerde in den Vordergrund gerückten Tätigkeit im Bereich der Krankenversorgung ist nicht erkennbar, dass durch die Maßnahmen der subjektiv-rechtlich abgesicherte Anspruch der Antragstellerin auf amtsangemessene Beschäftigung beeinträchtigt werden könnte. Trotz des Organisationsbeschlusses behält die Antragstellerin ihre Funktion als leitende Ärztin einer chirurgischen Klinik samt der damit verbundenen Möglichkeit der Behandlung von Privatpatienten. Die Beschäftigung der Antragstellerin wird daher nicht in qualitativer Hinsicht geändert und ihr insbesondere auch nicht die Ausübung einer unterwertigen Tätigkeit zugemutet. Verändert werden vielmehr nur der sachliche Umfang und der Zuschnitt ihres Aufgabengebietes und damit das „Amt im konkret-funktionalen Sinn“. Die der Antragstellerin verliehene Stellung als Universitätsprofessorin vermittelt aber keinen Anspruch auf ungeschmälerte Aufrechterhaltung des bestehenden Aufgabenbereichs. Derartige Garantien können allenfalls aus Individualabreden folgen (vgl. hierzu unter 2.). Gleiches gilt auch für den Umfang der von der Antragstellerin ausgeübten Nebentätigkeiten und die damit verbundenen Einkunftsmöglichkeiten. Auch insoweit gewährleistet Art. 33 Abs. 5 GG kein Recht auf den Besitzstand „wohlerworbener Rechte“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.12.2006 - 2 BvR 385/05 -, BVerfGK 10, 59 [62 ff.]).
20 
Ob zur Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit auf dem Gebiet der Viszeralchirurgie - also dem auf die inneren Organe bezogene Teilbereich der Chirurgie (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl. 2002) - auch die von der Antragstellerin bislang ausgeübte Tätigkeit im onkologischen Bereich zwingend gehört, vermag der Senat nach Aktenlage nicht zu entscheiden (vgl. zur Ermittlung der inhaltlichen Reichweite des übertragenen Faches BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010 - 1 BvR 216/07 -, DVBl 2010, 1106 [Rn. 58]). Selbst wenn dem so sein sollte, wäre mit den angegriffenen Organisationsmaßnahmen eine Verletzung der der Antragstellerin zukommenden Rechtsposition bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nicht zwingend verbunden. Vielmehr sind auch danach Ausgestaltungen denkbar, die der Antragstellerin Aufgaben der Krankenversorgung im Bereich der Onkologischen Chirurgie belassen. Der aus dem Organisationsbeschluss folgende Entzug der Leitungsfunktion für den Bereich der Onkologischen Chirurgie dagegen verletzt die Antragstellerin nicht in der ihr aus der Wissenschaftsfreiheit als Universitätsprofessorin zukommenden Rechtsstellung. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Tätigkeit als leitender Klinikarzt mit der Ernennung zum Universitätsprofessor weder zwingend verbunden noch garantiert ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Auch aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgt nicht, dass ein Hochschullehrer Leitungsfunktionen an der wissenschaftlichen Einrichtung, an welcher er tätig ist, ausüben muss. Im Bereich der Krankenversorgung ergibt sich dies bereits daraus, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine Zusatzaufgabe handelt, die vom ärztlichen Hochschullehrer neben seinen Aufgaben in Forschung und Lehre betrieben wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1981 - 1 BvR 608/79 -, BVerfGE 57, 70 [92 und 96]). Dementsprechend ist in der mit der Antragstellerin geschlossenen Berufungsvereinbarung vom 26./30.04.2001 auch nur von „Aufgaben in der Krankenversorgung“ die Rede, nicht aber von Leitungsfunktionen oder bestimmten Bereichen. Bezugspunkt der aus der Wissenschaftsfreiheit abgeleiteten Rechtsposition ist damit nicht die Leitungstätigkeit, sondern nur die Mitwirkung in der Krankenversorgung.
21 
Die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs muss demnach - sofern die Tätigkeit im Bereich der Onkologischen Chirurgie zum Gewährleistungsgehalt der Wissenschaftsfreiheit gehören sollte - lediglich sicherstellen, dass der Antragstellerin in ausreichender Weise Zugang zu Patienten ermöglicht wird, um diese für eine Mitwirkung in ihren Lehrveranstaltungen gewinnen, Assistenten ausbilden und ihre klinische Qualifikation aufrecht erhalten zu können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 08.04.1981 - 1 BvR 608/79 -, BVerfGE 57, 70 [98]). Diesen Anforderungen ist vorliegend aber Rechnung getragen. Denn am 08./11.02.2010 hat der Klinikumsvorstand des Antragsgegners beschlossen, dass im Umstrukturierungskonzept für die Chirurgischen Kliniken der Zugang der Antragstellerin zu onkologischen Patienten in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang gewährleistet bleibt.
22 
2. Der Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 bewirkt aber einen rechtswidrigen Eingriff in die der Antragstellerin durch den Chefarztvertrag eingeräumte Rechtsposition. Zwar sind entsprechende Neustrukturierungsmaßnahmen grundsätzlich durch die in § 4 dieses Vertrags enthaltene Anpassungsklausel gedeckt (a). Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen aber voraussichtlich nicht vor (b).
23 
a) § 4 des zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner geschlossenen Chefarztvertrags lässt Organisationsmaßnahmen, wie die im Beschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 enthaltenen, grundsätzlich zu.
24 
aa) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die in § 4 des Chefarztvertrags enthaltene Anpassungsklausel aber an § 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 308 Nr. 4 BGB gemessen.
25 
Die Vereinbarung zwischen dem Antragsgegner und der Antragstellerin zur Ausgestaltung ihrer Aufgaben in der Krankenversorgung vom 22.02.2001/ 14.03.2001 (Chefarztvertrag) konkretisiert die der Antragstellerin als beamteter Hochschullehrerein nach § 53 LHG übertragenen Dienstaufgaben in der Krankenversorgung und regelt damit einen Vertragsgegenstand, der öffentlich-rechtlichen Charakter aufweist (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 - sowie LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.2010 - 3 Ta 10/10 -; zum Maßstab auch BVerwG, Beschluss vom 26.05.2010 - 6 A 5/09 -, NVwZ-RR 2001, 682; BGH, Beschluss vom 20.05.2009 - XII ZB 166/08 -, NVwZ 2009, 1054). Denn auch die Versorgung von Privatpatienten gehört zu den „originären Hauptpflichten“ eines leitenden Krankenhausarztes (BVerfG, Beschluss vom 08.12.2006 - 2 BvR 385/05 -, BVerfGK 10, 59 [63]). Dementsprechend wurde die Antragstellerin im Berufungsschreiben des Wissenschaftsministers vom 04.12.2000 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Professur neben der Verpflichtung, das Fach in Forschung und Lehre zu vertreten, auch Aufgaben in der Krankenversorgung verbunden sind, deren Ausgestaltung und Übertragung einem Vertrag mit dem rechtlich selbständigen Universitätsklinikum vorbehalten sei. Auch auf öffentlich-rechtliche Verträge sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nach § 62 Satz 2 LVwVfG aber ergänzend anwendbar.
26 
Dies gilt auch für die in § 308 Nr. 4 BGB enthaltene Regelung. Denn obwohl die Vorschrift erst durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) und damit nach Abschluss des Chefarztvertrages eingeführt worden ist, erstreckt sich ihr Geltungsanspruch gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auch auf „Altverträge“, die schon vor Inkrafttreten der Neuregelung geschlossen waren, und ordnet deren Unwirksamkeit nach Ablauf der Übergangsfrist zum 01.01.2003 an (vgl. BAG, Urteil vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 -, NJW 2007, 536). Dass die Klausel vorformuliert und mit der Antragstellerin nicht ausgehandelt worden war, ist mit der Beschwerdeschrift ausdrücklich eingeräumt worden.
27 
bb) Der Senat teilt indes nicht die Auffassung, dass danach die in § 4 des Chefarztvertrags enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel ersatzlos zu entfallen hat. Dies folgt schon daraus, dass der in § 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Chefarztvertrages enthaltene Anpassungsvorbehalt einer Kontrolle am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB stand hält.
28 
Diese Vorschrift verbietet die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Zumutbar ist eine Entwicklungsklausel aber, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist (vgl. BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140 [144 f.]). Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Verträge ergibt sich dies bereits aus der in § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gesetzlich angeordneten Anpassungsmöglichkeit (vgl. insoweit auch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).
29 
Voraussetzung und Umfang der vorbehaltenen Änderungen sollen dabei möglichst konkretisiert werden. Allerdings sind genaue Festlegungen angesichts der ungewissen Zukunftsentwicklung schwierig. Dies gilt erst recht bei den auf lange Laufzeiten angelegten Chefarztverträgen, die den sich fortentwickelnden Vorgaben aus Wissenschaft und Technik sowie des gesetzlichen Rahmens in besonderer Weise ausgesetzt sind (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1997 - 5 AZR 125/96 -, BAGE 86, 61 [72]; Reinecke, NJW 2005, 3383 [3387]). Jedenfalls aber „die Richtung, aus der der Widerruf möglich sein soll“, muss für den Chefarzt offen gelegt sein, damit er erkennen kann, was gegebenenfalls auf ihn zukommt (BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140 [146]; Urteil vom 13.04.2010 - 9 AZR 113/09 - [Rn. 29]). Änderungsklauseln im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB müssen zumindest ein „Mindestmaß an Kalkulierbarkeit“ aufweisen (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2010 - XI ZR 197/09 -, NJW 2010, 1742 [Rn. 15]).
30 
Diesen Anforderungen genügt die streitige Klausel noch. Denn sie macht deutlich, dass nur „strukturelle und organisatorische Änderungen im Klinikum“ ermöglicht werden sollen. Angesprochen sind ausdrücklich die Schließung und Abtrennung von Fachabteilungen, Funktionsbereichen oder Instituten, die Änderung der Bettenzahl und -aufteilung sowie die Abtrennung bestimmter Leistungen. Damit ist nicht nur der Anlass etwaiger Anpassungen markiert, sondern insbesondere auch der Umfang denkbarer Eingriffe festgeschrieben. Die Antragstellerin konnte sich auf dieser Grundlage durchaus ein Bild der möglichen Anpassungen machen und musste danach auch mit intensiven Eingriffen in die bestehende Organisationsstruktur rechnen. Dass hiermit auch finanzielle Einbußen im Bereich der Privatliquidationserlöse verbunden sein könnten, ist in § 5 Abs. 8 Satz 3 des Chefarztvertrages ausdrücklich ausgesprochen und klargestellt worden.
31 
Die Klausel unterscheidet sich daher erheblich von den durch das Bundesarbeitsgericht entschiedenen Konstellationen, in denen „jederzeitige und unbeschränkte“ Widerrufsvorbehalte zu beurteilen waren und der Grund daher nicht bereits in der Änderungsklausel beschrieben war (vgl. Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140; Urteil vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 -, NJW 2007, 536; Urteil vom 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 -, BB 2007, 1624; Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, NZA 2009, 428). Sie enthält - anders als in dem vom Arbeitsgericht Heilbronn (Urteil vom 04.09.2008 - 7 Ca 214/08 -, MedR 2009, 99) entschiedenen Fall - bereits im Wortlaut einen Sachgrund und ist entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht „völlig unbestimmt“.
32 
Die streitige Klausel mutet der Antragstellerin auch keine unangemessen benachteiligende Abweichung von dem Vereinbarten zu. Dies folgt zunächst schon daraus, dass sie nur diejenigen Anpassungen ermöglicht, die aus strukturellen und organisatorischen Gründen „sachlich geboten“ sind. Die Vereinbarung berücksichtigt damit die Belange der Antragstellerin und setzt überdies die Herstellung eines „Benehmens“ voraus. Insbesondere aber enthält das Entwicklungsrecht keinen Eingriff in den Kernbereich der vertraglichen Regelung. Die Anpassung erlaubt dem Antragsgegner nicht, die Art der Dienstleistung (Leitung einer chirurgischen Abteilung) zu ändern oder ihr andere ihrer beruflichen Qualifikation nicht entsprechende oder unterwertige Tätigkeiten zuzuweisen. Vielmehr betrifft die mögliche Anpassung allein den sachlichen Umfang und die organisatorische Ausgestaltung ihres Aufgabenfeldes. Dass hierdurch mittelbar auch die Möglichkeit der Behandlung von Privatpatienten und die hiermit verbundenen Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechts betroffen sein können, führt nicht zur Unwirksamkeit. Denn eine vertragliche Zusicherung für die dauerhafte Erhaltung dieser Einnahmemöglichkeiten enthält der Chefarztvertrag nicht. Dort ist vielmehr in § 5 Abs. 8 ausdrücklich geregelt, dass eine Gewähr für Umfang und Höhe der Einnahmen aus Privatliquidation nicht besteht, und auf die Möglichkeit des Rückgangs bei organisatorischen Änderungsmaßnahmen verwiesen. Schließlich wird der Antragstellerin durch die möglichen Maßnahmen auch nicht der Zugang zur Krankenversorgung entzogen.
33 
cc) Selbst wenn man von der Unwirksamkeit der Anpassungsklausel ausginge, wäre der Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 am Maßstab der sachlichen Gebotenheit zu prüfen.
34 
Angesichts der Tatsache, dass die Anwendung des § 308 Nr. 4 BGB auf Altfälle, bei deren Abschluss die Vorgaben noch gar nicht berücksichtigt werden konnten, eine Rückwirkung darstellt, bedarf es auch nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Verstoßfällen einer ergänzenden Vertragsauslegung zur Schließung der entstandenen Lücke. Nur so kann eine verhältnismäßige und verfassungskonforme Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen gewährleistet werden (vgl. grundlegend BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140; Urteil vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 -, NJW 2007, 536).
35 
Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf die vorliegend in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Chefarztvertrages ausdrücklich enthaltene Bestimmung, so dass es auf das teilweise angedeutete Erfordernis vorangegangener Anpassungsversuche (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, NZA 2009, 428) - deren anlassunabhängige Erforderlichkeit jedenfalls im Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge eher fraglich erscheint - nicht ankommt. Die gegenteilige Auffassung hätte eine „Versteinerung“ der einem Chefarzt zugebilligten Rechtspositionen zur Folge, selbst wenn organisatorische Änderungen aus Sachgründen unabweisbar erforderlich wären, was mit der gesetzlich angeordneten Anpassungsmöglichkeit aus § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG nicht vereinbar ist (vgl. zur Zulässigkeit der Kündigung aus wichtigem Grund Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 191; zur Anpassung von Ausstattungszusagen Senatsurteil vom 21.10.2008 - 9 S 1507/06 -, VBlBW 2009, 69). Entgegen der vom Verwaltungsgericht geäußerten Auffassung bestehen an der Wirksamkeit dieser Klausel auch keine Bedenken, weil sie - anders als in dem zitierten Fall des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 -, BAGE 115, 19 [28]) - gerade keine geltungserhaltende Reduktion, sondern nur die Pflicht der Vertragsergänzung enthält. Im Übrigen sind auch die der Antragstellerin von der Medizinischen Fakultät gegebenen Zusagen zu Struktur und Ausstattung der Abteilung im Berufungsangebot vom 13.02.2001 ausdrücklich auf 5 Jahre befristet worden. Sie konnte daher nicht darauf vertrauen, dass ihre Stellung auch nach Ablauf dieser Frist ungeschmälert aufrecht erhalten bleibt.
36 
Maßgeblich wäre demgemäß, was die Beteiligten vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzliche angeordnete Unwirksamkeit der Anpassungsklausel bekannt gewesen wäre. Zur Beantwortung dieser Frage ist der durch den Vertrag selbst (vgl. BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, NZA 2009, 428 [Rn. 38]) und die gesetzlichen Vorgaben gezogene Rahmen heranzuziehen. Auch danach wäre der Antragstellerin aber die Hinnahme einer sachlich gebotenen Änderung der Organisationsstruktur aufgebürdet worden. Dies folgt nach dem oben Ausgeführten schon daraus, dass der Vertrag eine dauerhafte Zusicherung der bei Abschluss bestehenden Aufgabenbereiche und Organisationsstrukturen nicht enthält, sondern vielmehr von einer Veränderlichkeit der Tätigkeit der Antragstellerin in der Krankenversorgung - auch im Hinblick auf mögliche Einnahmen aus Privatliquidation - ausgeht. Jedenfalls für grundlegende Struktur- und Ausrichtungsentscheidung ergibt sich dies überdies aus §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 62 Satz 1 LVwVfG. Die Antragstellerin hätte dem redlicher Weise nicht widersprechen können und für den Fall der aus strukturellen und organisatorischen Gründen sachlich gebotenen Änderungen ein Anpassungsrecht vereinbart. In dieser Konstellation ist ein sachlicher und triftiger Grund zur nachführenden Anpassung nicht von der Hand zu weisen.
37 
b) Die Voraussetzungen aus § 4 des Chefarztvertrages erfüllt der Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 aber nicht.
38 
aa) Allerdings dürfte sich der Organisationsbeschluss entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Meinung nicht schon deshalb als fehlerhaft erweisen, weil Anpassungsmaßnahmen nach § 4 des Chefarztvertrags „im Benehmen“ mit der Antragstellerin vorzunehmen sind.
39 
Mit dem - gesetzlich nicht bestimmten - Begriff des Benehmens wird eine Form der Mitwirkung beschrieben, die zwar über die bloße Information oder Anhörung hinausgeht, eine Verbindlichkeit wie beim Einvernehmen oder der Zustimmung aber nicht erreicht (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2003 - 6 AZR 55/01 -, MedR 2004, 390). Die Herstellung des Benehmens dient daher der erläuternden Kontaktnahme und zielt auf eine möglichst einvernehmliche Lösung (vgl. etwa Püttner, in: Tilch/Arloth, Deutsches Rechts-Lexikon, Bd. 1, 3. Aufl. 2001, S. 637). Sie hindert bei fehlender Einigung aber die bestehende Entscheidungskompetenz nicht.
40 
Angesichts dieser Zweckbestimmung liegt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - nahe, dass die Fühlungnahme grundsätzlich im Vorfeld stattfinden muss. Andernfalls ist die Achtung und Berücksichtigung der Belange und Wünsche der Gegenseite schwerlich möglich.
41 
Fraglich ist allerdings bereits, welcher Zeitpunkt hierfür im vorliegenden Falle maßgeblich ist. Denn § 4 des Chefarztvertrags stellt auf die „Vornahme“ der organisatorischen Änderung ab. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung ist daher nicht erforderlich, dass bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands ein Benehmen mit der Antragstellerin hergestellt worden ist. Selbst die „abschließende Entscheidung“ hierüber trifft nicht der Klinikumsvorstand, vielmehr sind nachfolgend noch eigenständige Willensbildungen des Aufsichtsrats und der Medizinischen Fakultät erforderlich. Hinzu kommt vorliegend überdies, dass das Inkrafttreten des Organisationsbeschlusses an die aufschiebende Bedingung der Rufannahme für die W3-Professur für Onkologische Chirurgie geknüpft worden ist. Damit verbleibt ein beachtlicher Zeitrahmen, in dem Details und Umsetzungsfragen geklärt werden können. Gerade die Rechtsstellung der Antragstellerin wird aber maßgeblich durch die konkrete Ausgestaltung betroffen und ausgeformt. So ist auf ihre Einwände (und das gerichtliche Eilverfahren gegen die Fortführung des Berufungsverfahrens) hin etwa durch Umlaufbeschluss vom 08./11.02.2010 - und damit nach dem Organisationsbeschluss vom 18.06.2008 - durch den Klinikumsvorstand beschlossen worden, dass bei der Umstrukturierung der Chirurgischen Kliniken der Zugang der Antragstellerin auch zu onkologischen Patienten in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang gewährleistet bleiben muss. Jedenfalls in den Umständen des vorliegenden Falles spricht daher viel dafür, dass Sinn und Zweck des Benehmens auch noch durch eine nach der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 stattfindende Kommunikation gewährleistet werden können.
42 
Dem entspricht auch, dass der Antragstellerin auf die von ihr vorgetragenen Einwände hin unmittelbar durch Schreiben des Vorsitzenden des Vorstands des Antragsgegners vom 04.08.2008 zugesichert wurde, dass bis zur Bewertung ihres Gegenkonzepts von Maßnahmen abgesehen werde, die eine irreversible Weichenstellung bedeuten könnten. Der Sache nach ist daher - zwar nach dem Organisationsbeschluss vom 18.06.2008, aber weit vor dessen Wirksamwerden und Vollzug - sachliche Verständigungsbereitschaft signalisiert worden. Diese war ersichtlich auch auf etwaige Änderungen des Beschlusses gerichtet und daher geeignet, die vom „Benehmen“ intendierte Beachtung der Interessen der Antragstellerin zu gewährleisten. Demgemäß ist es nachfolgend zu einer Vielzahl von Gesprächen und Stellungnahmen gekommen. Der Antragstellerin ist folglich nach der tatsächlichen Übung Gelegenheit gegeben worden, auf die abschließende Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen und ihren Vorstellungen Ausdruck zu verleihen (vgl. BAG, Beschluss vom 05.05.2010 - 7 ABR 97/08 -, NZA 2010, 955). Dass hierbei die Antragstellerin ihre Vorstellungen nicht durchzusetzen vermochte, beeinträchtigt die Herstellung des Benehmens nicht. Der Umstand, dass auch die intensive nachträgliche Beratung, unter Einschaltung von Ministerium und Universität und unter dem Druck der schwebenden Gerichtsverfahren eine inhaltlichen Änderungen der Entscheidung nicht bewirken konnte, verdeutlicht vielmehr, dass auch eine vor der Beschlussfassung vom 18.06.2008 erfolgte Kontaktaufnahme zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. Dass Änderungen des Konzeptes aber noch möglich waren und sind, belegt der Beschluss des Klinikumsvorstands vom 27.01.2010 zur Errichtung eines Transplantationszentrums. Denn auch hiermit wird der Beschluss vom 18.06.2008 inhaltlich abgeändert: danach war die Transplantationschirurgie noch der Klinik für Urologie und Kinderurologie zugeordnet.
43 
bb) Weiter erscheint auch eine Heilung nach den in § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5 LVwVfG niedergelegten Rechtsgrundsätzen nicht ausgeschlossen.
44 
In klassisch verwaltungsrechtlicher Terminologie bezeichnet das „Benehmen“ die Mitwirkung anderer Behörden beim Erlass eines mehrstufigen Verwaltungsakts (vgl. etwa Henneke, in: Knack/Henneke, VwVfG-Kommentar, 9. Aufl. 2010, § 35 Rn. 57). Insoweit handelt es sich um ein Erfordernis, dessen heilende Nachholbarkeit in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ausdrücklich angeordnet ist. Selbst die unabdingbar erforderliche Zustimmung anderer Behörden kann grundsätzlich nachträglich erteilt werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.09.1982 - 8 C 145/81 -, DVBl 1983, 135).
45 
Da die Antragstellerin hier nicht Dritte, sondern unmittelbar von der Maßnahme Betroffene ist, passt die kategoriale Zuordnung in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG aber nicht. Unabhängig von der Begrifflichkeit des „Benehmens“ liegt der Sache nach nicht die Mitwirkung einer anderen Behörde oder Stelle vor, sondern die Beteiligung des Betroffenen selbst. Diese Konstellation ist in klassisch verwaltungsrechtlicher Terminologie die „Anhörung“, für die in § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG ebenfalls die Möglichkeit der Nachholung anerkannt ist.
46 
Auch diese Rubrizierung trifft den vorliegenden Sachverhalt indes nicht voll, weil Anhörung und Benehmen nicht identisch sind. Die sachlichen Unterschiede erscheinen aber nicht dergestalt gewichtig, dass eine Anwendung der Heilungsvorschriften sachwidrig erscheinen würde. Denn auch im Falle der von § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unmittelbar erfassten Anhörung geht es darum, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, seine Sichtweise und Vorstellungen in das Verfahren einzubringen. Auch wenn der beim Benehmen geforderte Einigungswille insoweit fehlt, setzt hier wie dort der Sinn der Vorschrift eine tatsächliche Berücksichtigung des Vorbringens voraus. Eine Heilung kann demgemäß nur eintreten, wenn die nachträglich vorgetragenen Erwägungen noch Beachtung finden und in den Entscheidungsprozess einfließen können. Hierfür reicht es nach der in § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG enthaltenen Wertung aus, wenn der Vortrag nachträglich berücksichtigt werden muss und zu einer Abänderung im Abhilfe- oder Widerspruchsverfahren führen kann (vgl. etwa Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Aufl. 2008, § 45 Rn. 84).
47 
Diese Grundsätze sind nach Auffassung des Senats auch für das vorliegende Benehmen zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner heranzuziehen (vgl. zur Erstreckung auf „anhörungsbezogene Fälle“ auch Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG-Kommentar, § 45 Rn. 43). Auch insoweit ist Zweck der in § 4 des Chefarztvertrags enthaltenen Regelung, dass der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt werden soll, ihre Sichtweise und Interessen vor einer abschließenden Entscheidung über etwaige Anpassungsmaßnahmen geltend zu machen. Wie bei der Anhörung ist diesen Anforderungen grundsätzlich nur bei vorheriger Durchführung vollständig Rechnung getragen. Eine nachträgliche Mitwirkung ist indes nicht ausgeschlossen, sofern ihre wirksame Berücksichtigung noch möglich ist. Dies gilt im Falle der Anhörung durch die nachträgliche Berücksichtigung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens, vorliegend durch die ernsthafte Prüfung etwaigen Änderungsbedarfs vor Eintritt des erst in der Zukunft liegenden Wirksamkeitszeitpunkts.
48 
cc) Die mit dem Organisationsbeschluss verfügten Änderungen sind bei der im Rahmen einer Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Beurteilung nach Aktenlage aber nicht sachlich geboten, so dass dem Antragsgegner - jedenfalls vorläufig - ein Festhalten an der ursprünglich vereinbarten Klinikstruktur zugemutet werden kann.
49 
1) Dieses Ergebnis folgt nicht bereits daraus, dass der Antragsgegner die beschlossene Neustrukturierung deshalb durchführen möchte, weil er mit der Leitungstätigkeit der Antragstellerin in den vergangen Jahren nicht zufrieden ist. Allein dieser Befund macht den Beschluss nicht rechtswidrig. Insbesondere kann die beschlossene Umstrukturierung nicht als „Umgehung“ disziplinarischer Maßnahmen gewertet werden. Denn sie knüpft nicht an eine vorwerfbare Verletzung dienstlicher Pflichten oder ein disziplinarrechtlich sanktionierbares Fehlverhalten an. Soweit dies nach Aktenlage beurteilt werden kann, ist durch die vom Antragsgegner angenommene „Schlechtleistung“ der der Antragstellerin übertragenen Leitungsfunktion der Anwendungsbereich des Disziplinarrechts noch nicht eröffnet. Im Übrigen dürfte die Entscheidung über den Entzug eines konkreten Aufgabenbereiches nicht dem Disziplinarverfahren vorbehalten sein. Denn die das Beamtenrecht kennzeichnenden Verfahrensgarantien für die Entziehung des Amtes betreffen nur das Statusamt, nicht aber die Ausgestaltung des Tätigkeitsfeldes (vgl. Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 191; BVerwG, Urteil vom 07.03.1968 - II C 11/64 -, ZBR 1968, 218). Auch die alternativ denkbare Kündigung des Chefarztvertrages kann nicht als vorrangiges Instrumentarium bewertet werden. Der Antragsgegner ist nicht gezwungen, gegen die Antragstellerin persönlich vorzugehen. Unabhängig davon, dass insoweit andere Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssten, ist auch nicht ersichtlich, warum die Möglichkeit einer Vertragskündigung Maßnahmen zur Umgestaltung der Aufgabenorganisation sperren sollte. Dies gilt um so mehr, als organisatorische Anpassungen insoweit als milderes Mittel einzustufen wären. Organisationsmaßnahmen sind demnach ein grundsätzlich zulässiges Mittel, um unabhängig von vorwerfbarem Fehlverhalten und unterhalb der Kündigungsschwelle auf Missstände reagieren zu können. Maßgeblich bleibt daher die Frage, ob die beschlossenen Organisationsänderungen sachlich geboten und zumutbar erscheinen.
50 
2) Missstände und Fehlentwicklungen sind im „Positionspapier zur Gründung eines Departments Allgemeine und Viszeralchirurgie“, das dem Beschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 zu Grunde lag, nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Dies gilt zunächst für das „Kerngeschäft“ der Krankenversorgung. Nach den ausgewiesenen Daten und Tabellen sind die Fallzahlen durchgängig niedrig und gemessen am Standard der Universitätskliniken des Landes auch signifikant unterdurchschnittlich. Dies gilt exemplarisch für den Bereich der Nierentransplantationen, in dem die Zahl nicht nur absolut, sondern auch bezogen auf die Größe des jeweiligen Klinikums deutlich am geringsten ausfällt. Angesichts der bereits seit dem Jahr 2005 durchgängig niedrigen Werte konstatiert das Positionspapier, dass auch keine erfolgversprechenden Ansätze zu erkennen seien, wie die Zahl der Transplantationen gesteigert werden könnte. Diese Entwicklung hat sich nachfolgend offenbar noch verschärft, so dass gegenwärtig nicht einmal mehr die gesetzlich vorgesehene Zahl von Mindestoperationen erreicht wird (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 16.03.2010). Pankreastransplantationen würden „aufgrund des Mangels an ausreichender Expertise“ seit dem Jahr 2003 überhaupt nicht mehr durchgeführt und nach Tübingen überwiesen. Auch bei den Kolon- und Pankreas-Operationen nehme die Klinik den letzten Rang im Lande ein und habe überdies in weiten Bereichen eine rückläufige Tendenz der Leistungszahlen zu verzeichnen. Schließlich habe die Patientenbefragung 2007 eine klare Verschlechterung und auch ein unterhalb des Durchschnitts liegendes Ergebnis erzielt. Auch in anderen Bereichen habe die Klinik keine profilgebende oder positive Entwicklung vorzuweisen. Drittmitteleinwerbung und Publikationsleistungen etwa seien dergestalt abgefallen, dass die Hochschulmedizinstrukturkommission eine Halbierung des F&L-Zuschusses empfohlen habe. Auch im Klinikmanagement seien Defizite insbesondere bei der Abstimmung und Kommunikation sowie der Außendarstellung zu verzeichnen. Dementsprechend sei es zu OP- und Terminsabsagen und entsprechenden Beschwerden gekommen. Schließlich sei auch die Abstimmung und fachliche Interaktion mit anderen Kliniken verbesserungswürdig.
51 
Nach diesen Darlegungen ist der im Positionspapier konstatierte „dringende Handlungsbedarf“ nicht von der Hand zu weisen. Vielmehr lässt schon der angesichts der geringen Fallzahlen drohende Verlust der Zulassung zur Durchführung von Nierentransplantationen organisatorische Nachführungen sachlich geboten erscheinen. Diese Einschätzungen werden durch das Vorbringen der Antragstellerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen. In der ausführlichen Stellungnahme zum Positionspapier vom 16.07.2010 wird zwar eine Vielzahl von Einzelaussagen bestritten und wiederholt darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin ein Verschulden nicht trifft; die Fallzahlen selbst indes und der Stand der Operationsleistungen werden auch von der Antragstellerin im Wesentlichen nicht bestritten.
52 
Darüber hinaus hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass der von der Antragstellerin geleitete Bereich der Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie den defizitärsten Klinikumsbereich des Antragsgegners darstellt und im Jahr 2009 mit einem negativen Ergebnis von über 2 Millionen Euro abgeschlossen hat. Auch wenn die Antragstellerin hiergegen umfängliche Einwendungen - insbesondere im Hinblick auf die fehlende Transparenz der internen Leistungsverrechnung - vorgetragen hat, sind Defizite im Bereich des Krankenversorgungsbudgets nach Aktenlage durchaus plausibel. Auch die wirtschaftliche Lage legt daher nahe, dass ein Handlungsbedarf in dem von der Antragstellerin zu verantwortenden Aufgabenbereich „sachlich geboten“ erscheint. Dies gilt um so mehr, als auch die staatliche Finanzierung der Hochschule gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LHG von den erbrachten Leistungen abhängig ist.
53 
3) Die Geeignetheit und Gebotenheit der vom Antragsgegner zur Abhilfe konkret beschlossenen Maßnahmen ist bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen Beurteilung nach Aktenlage aber nicht hinreichend erkennbar.
54 
Ausweislich der Begründung im Positionspapier geht die Einführung der neuen Organisationsstruktur in sachlicher Hinsicht auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom 13.07.2007 zurück. Darin war die Bildung von Departments empfohlen worden, um die Fächergrenzen überwinden und eine verbesserte Koordination und „Quervernetzung“ der Tätigkeitsbereiche ermöglichen zu können. Dieser Organisationsrahmen passe auch besser, um das Potential der Nachwuchsgruppen mit ihren individuellen Schwerpunktsetzungen auszuschöpfen und eine Karriereplanung für „High potentials“ bieten zu können. Hieran anknüpfend führt das Positionspapier aus, dass die angestrebte Stärkung des Bereiches in der derzeitigen Struktur nicht leistbar erscheine. Eine Erhöhung der Fallzahlen, Drittmitteleinwerbungen und Publikationsleistungen, die zur Positionierung im Wettbewerb mit anderen Kliniken erforderlich sei, setze eine Umstrukturierung der bestehenden Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie voraus. Hierauf nimmt der Beschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 Bezug.
55 
Warum die formulierten - und legitimen - Ziele aber (gerade) durch die beabsichtigten Organisationsmaßnahmen erreicht oder auch nur gefördert werden sollten, bleibt indes offen. Weder das Positionspapier noch der Beschluss des Klinikumsvorstands, das Erläuterungsschreiben vom 09.07.2008 oder das umfängliche Vorbringen im gerichtlichen Verfahren erbringen hierzu substantiierten und über formelhafte Floskeln hinausgehenden Vortrag. Hierzu hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil sich die behauptete Abhilfe nicht aus sich selbst heraus ergibt. Warum die Aufspaltung der bestehenden Klinik und die damit verbundene Aussonderung verschiedener Bereich für sich genommen bereits aus organisatorischen Gründen zu einer Erhöhung der Fallzahlen, Drittmitteleinwerbungen oder Publikationsleistungen beitragen könnte, ist nicht erkennbar. Dies gilt um so mehr, als damit gerade nicht eine bessere Vernetzung oder Verbindung über Fachgrenzen hinweg verbunden ist, sondern im Gegenteil weitere organisatorische Abtrennungen und Verselbständigungen vorgenommen werden. Dementsprechend hat auch der Wissenschaftsrat selbst darauf hingewiesen, dass die Bezugnahme auf die von ihm abgegebenen Empfehlungen fehl geht. Sowohl im Schreiben der Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrats vom 05.09.2008 als auch in der Stellungnahme des Generalsekretärs des Wissenschaftsrats vom 17.11.2008 wird in deutlichen Worten klargestellt, dass die vom Antragsgegner beschlossene Herauslösung einer bestehenden Organisationseinheit den abgegebenen Empfehlungen nicht entspricht. Sinn und Zweck der empfohlenen Departmentsstruktur habe vielmehr gerade darin gelegen, bisher unzureichend vernetzte Organisationseinheiten in einer neuen Struktur zusammenzuformen. Dem laufe das Ansinnen des Antragsgegners aber - trotz der Verwendung der geprägten Begrifflichkeit des Departments - diametral entgegen. Konkrete Vorteile, die sich aus den beabsichtigten Trennungen ergeben könnten, seien im Positionspapier weder benannt noch sonst ersichtlich.
56 
Auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie hat mit Schriftsatz vom 29.08.2008 auf „wesentliche Kritikpunkte“ hingewiesen und „dringend gebeten“, die Entscheidung erneut zu überdenken. Dabei ist in fachlicher Hinsicht zunächst reklamiert worden, dass die beabsichtigte Trennung zwischen gutartigen und bösartigen chirurgischen Erkrankungen im klinischen Alltag nicht realisierbar sei und eine derartige Aufteilung unweigerlich zu permanenten Streitigkeiten führen müsse. Insbesondere aber lasse die absolute Größe der bestehenden Klinik eine weitere Unterteilung in zwei kleinere Abteilungen nicht zu. Eine „ausreichend kritische Masse“ dürfe aus Gründen der Bettenkapazität, der Operationskapazität und wegen der weiterzubildenden Mitarbeiter nicht unterschritten werden. Die beabsichtigte Verkleinerung führe deshalb „unweigerlich zu einer Universitätschirurgie zweiter Klasse“.
57 
Eine direkte Auseinandersetzung mit diesen Expertisen findet sich in den gesamten, dem Gericht zugänglich gemachten Akten nicht. Vielmehr setzt sich der Antragsgegner mit „behaupteten Mängeln“ des Organisationsbeschlusses nur rudimentär auseinander. Immerhin wird im Schreiben des Vorstandsvorsitzenden des Antragsgegners vom 01.09.2009 an den Präsidenten der Universität zur Sinnhaftigkeit einer Unterteilung der Aufgaben nach onkologischer und nicht-onkologischer allgemeiner Chirurgie Stellung bezogen und ausgeführt, bezüglich dieser Frage sei „auf namhafte Experten (z.B. Prof. S... aus Heidelberg) zu verweisen, die bestätigen, dass eine solche Einteilung etwa in den USA üblich ist“. Diese Stellungnahme oder andere Fachaussagen hierzu finden sich in den Akten aber nicht. Umgekehrt hat nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin (vgl. Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin an das VG Sigmaringen vom 11.09.2009, S. 13) gerade Prof. Dr. S... eine Teilung der bestehenden Klinik für wenig sinnvoll gehalten, da dadurch zwei Kliniken mit deutlich 'unterkritischer' Größe von jeweils lediglich etwa 25 Betten entstehen würden.
58 
Damit ist bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nicht erkennbar, warum die beschlossenen Organisationsmaßnahmen zu einer Verbesserung der diagnostizierten Lage führen sollten. Die Feststellung einer „sachlichen Gebotenheit“ jedenfalls ist dem erkennenden Senat auf dieser Grundlage nicht möglich.
59 
Nahe liegt vielmehr, dass sich der Antragsgegner Abhilfe nicht durch den geänderten Organisationsrahmen verspricht, sondern durch den damit ermöglichten Leitungswechsel an den neu geschaffenen Kliniken und Abteilungen. Demgemäß ist (allein) darauf verwiesen worden, dass der zu berufende W3-Professor „infolge seiner persönlichen Reputation, fachlichen Kompetenz und seines Leistungseinsatzes rasch Fallzahlen und damit weitere Erträge zugunsten der Antragsgegnerin generieren wird“ (vgl. Schriftsätze vom 13.07.2010, S. 17 und vom 27.08.2010, S. 19). Dies ist für sich genommen zwar nicht illegitim, vermag der aus sich selbst heraus nicht sinnfälligen und allein streitbefangenen Organisationsmaßnahme aber nicht zu der erforderlichen Gebotenheit zu verhelfen. Vielmehr erscheint nicht fernliegend, dass der Antragsgegner im Falle eines Ausscheidens der Antragstellerin von ihrer Tätigkeit als Abteilungsleiterin von den geplanten strukturellen Änderungen Abstand nehmen würde. Im Fokus steht folglich nicht eine unzweckmäßige Struktur oder die Schaffung einer übergeordneten Einheit (wie etwa bei der Errichtung des Transplantationszentrums), der Organisationsrahmen soll vielmehr nur geändert werden, um personelle Änderungen in der Leitungsstruktur zu bewirken. Damit ist die Organisationsmaßnahme als solche aber nicht sachlich geboten.
60 
3. Ob der Organisationsbeschluss auch gegen die verfahrensmäßigen Voraussetzungen aus dem Universitätsklinika-Gesetz oder der Satzung des Antragsgegners verstößt, kann daher im Ergebnis ebenso offen bleiben wie die Frage, inwieweit aus einer etwaigen Verletzung dieser Vorschriften ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin abgeleitet werden könnte (vgl. zweifelnd hierzu LAG Hamm, Urteil vom 13.11.2003 - 16 Sa 1570/03 -, ArztR 2005, 13).
61 
a) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht aber die Bezugnahme auf § 7 Abs. 4 der Satzung für unzulässig gehalten, wonach eine Abweichung von den Bestimmungen der Satzung zur Erprobung neuer Verfahren und/oder neuer Organisations- und Leitungsstrukturen und Bezeichnungen in Einzelfällen zulässig ist.
62 
„Erprobungen“ sind grundsätzlich als vorläufige Maßnahmen angelegt (vgl. Senatsbeschluss vom 31.08.1988 - 9 S 2624/88 -, NVwZ 1990, 87 [88]), deren dauerhafter Bestand von einer nach Abschluss der Erprobungsphase durchgeführten Evaluation abhängt (vgl. insoweit etwa die ausdrücklichen Vorgaben in § 41 Abs. 2 Nr. 4 der Approbationsordnung für Ärzte oder § 20 Abs. 3 des Heimgesetzes für Baden-Württemberg). Allerdings kennt das geltende Recht durchaus „Erprobungsklauseln“, die auf einen vorab definierten zeitlichen Horizont verzichten, wie etwa § 22 SchG für die Erprobung neuer Schulformen oder § 37a LHG hinsichtlich der Einführung neuer Studiengänge. Maßgeblich für die Qualifizierung einer Maßnahme als einer solchen zur Erprobung ist daher nicht zwingend der bereits im vorhinein definierte zeitliche Rahmen, sondern die noch ausstehende Entscheidung über die dauerhafte Fortführung. Diese hängt vom Ergebnis der Erprobung ab und bedarf daher einer erst nach deren Abschluss zu treffenden Bewertung. „Probemaßnahmen“ sind folglich ihrem Wesen nach vorläufig und vertagen die Entscheidung über die endgültige und dauerhafte Etablierung in die Zukunft.
63 
An diesen Maßstäben gemessen, bereitet die Einordnung des streitigen Organisationsbeschlusses vom 18.06.2008 als Erprobungsmaßnahme Schwierigkeiten.
64 
Dies gilt zunächst in zeitlicher Hinsicht. Denn Anhaltspunkte für eine begrenzte Dauer der beschlossenen Neustrukturierung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie sind nicht ersichtlich. Vielmehr spricht bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen summarischen Betrachtung nach Aktenlage viel dafür, dass die Grundsatzentscheidung über die Einführung der neuen Departmentsstruktur bereits getroffen worden und diese auf Dauer angelegt ist. Dies folgt zunächst schon daraus, dass irgendwie geartete Hinweise auf die Vorläufigkeit weder im Beschluss selbst noch im Positionspapier oder den sonstigen hierauf bezogenen Unterlagen zu finden sind. Auch der Antragsgegner hat hierzu nichts vorgetragen. Umgekehrt sind die Erwägungen in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Positionspapier von grundsätzlicher Natur. Im Rahmen der „strategischen“ Erwägungen wird dort ausgeführt, dass die Aufgaben in der derzeitigen Struktur nicht leistbar sind und die Klinik daher umstrukturiert werden muss. Dabei wird maßgeblich auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats Bezug genommen, die ebenfalls in die Zukunft gerichtete Strukturen und Organisationsrahmen in den Blick nehmen.
65 
Insbesondere aber sind die Umsetzungsmaßnahmen auch inhaltlich nicht nur „vorläufig“ angesetzt. Denn weder die Gründung einer Klinik für Onkologische Chirurgie noch die Besetzung der - ohne jeden Hinweis auf eine Befristung, Erprobung oder Vorläufigkeit ausgeschriebenen - W3-Professur als Direktor hierfür lassen die Einordnung der Umstrukturierung als nur vorläufige Maßnahme zu. Abgesehen davon, dass eine Rückabwicklung (etwa im Hinblick auf die Chefarztvereinbarung) kaum vorstellbar wäre, finden sich in den Unterlagen keinerlei Erwägungen zu der Frage, wie im Falle einer Nichtbewährung verfahren werden könnte oder anhand welcher Kriterien das Organisationsmodell kontrolliert werden soll. Die Grundsatzentscheidung zur Einführung der neuen Departmentsstruktur im Bereich der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie scheint daher bereits auf Dauer und unabhängig von einer späteren Evaluations- oder Kontrollentscheidung getroffen.
66 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch darauf verwiesen, dass aus der - im Übrigen nur im Positionspapier enthalten - Formulierung: „Das Organisationsmodell soll bei Eignung auf andere Kliniken des Chirurgischen Zentrums übertragen werden“ nicht auf die Vorläufigkeit der Umstrukturierung geschlossen werden kann. Aus diesem Passus folgt nur, dass dem Organisationsmodell gegebenenfalls Modellcharakter für künftige Umstrukturierungen zukommen soll, nicht aber, dass die Maßnahme selbst nur probeweise stattfindet. Denn die positive Eignung wird nur für die Erstreckung auf weitere Bereiche vorausgesetzt. Der dauerhafte Bestand hinsichtlich des Departments für Allgemeine und Viszeralchirurgie wird dagegen nicht von einer positiven Erprobung abhängig gemacht. Dementsprechend findet sich eine entsprechende Einschränkung im Organisationsbeschluss selbst auch nicht.
67 
Offen und noch „vorläufig“ erscheint dagegen die konkrete Ausgestaltung des Departments. Weder im Beschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 noch im Positionspapier ist der konkrete Zuschnitt der dem Department zugeordneten Kliniken und Abteilungen festgelegt. Selbst dem Entwurf einer Satzung des Departments ist die Ausgestaltung der Departmentsstruktur nicht zu entnehmen. Diese soll offenbar erst nachträglich fixiert werden; in der Präambel des Satzungsentwurfs heißt es dazu, dass eine „flexible und veränderbare Aufgaben- und Verantwortungszuweisung“ ermöglicht werden soll. Dem entspricht, dass auch die Zuordnung der Transplantationschirurgie offenbar noch nicht abschließend getroffen war, zunächst in Abhängigkeit der Besetzung der W3-Professur für Allgemein- und Viszeralchirurgie bzw. der W3-Professur für Urologie erfolgen sollte (vgl. Vermerk des Beklagen vom 14.05.2009, Anlage A 18 der Akten des Verwaltungsgerichts) und zwischenzeitlich mit der Errichtung eine Transplantationszentrums eine gänzlich andere Lösung beschlossen worden ist. Ausgestaltung und Binnenstruktur des Departments sind damit noch nicht auf Dauer festgelegt.
68 
Diese Vorläufigkeit reicht indes nicht aus, um den Organisationsbeschluss vom 18.06.2008 als Erprobungsmaßnahme im Sinne des § 7 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums zu bewerten. Dies folgt zunächst schon daraus, dass es für die konkrete Aufgabenzuweisung an die einzelnen Kliniken und Abteilungen keiner von der Satzung abweichenden Bestimmung bedarf, mit der die Inanspruchnahme der Erprobungsklausel gerechtfertigt werden könnte. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung erfordert die Etablierung des Departments eine Korrektur der als Anlage zur Satzung beschlossenen Gliederung in dem Punkt, dass die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie durch ein Department für Allgemeine und Viszeralchirurgie - mit den Untergliederungen: Klinik für Allgemeine Chirurgie, Klinik für Onkologische Chirurgie sowie Abteilung für Kinderchirurgie - ersetzt werden muss. Diese Änderung wird durch die noch offenen Fragen des jeweiligen Einzelzuschnitts nicht berührt, weil diese Differenzierung durch die Gliederung nicht abgebildet oder vorgegeben wird. Die noch bestehende Unsicherheit und Vorläufigkeit hinsichtlich der Binnenausgestaltung macht mit anderen Worten eine nur vorläufige Satzungsregelung nicht erforderlich, weil die insoweit noch variablen Fragen in der Satzung bzw. deren Anhang nicht zu regeln sind. Anderes könnte allenfalls für die Frage gelten, wo die Transplantationschirurgie zugeordnet werden soll; wobei auch insoweit allerdings eine unselbständige Zuweisung in der Gliederung nicht offen zu legen wäre. Diese Frage ist ausweislich des Beschlusses vom 18.06.2008 aber nicht offen, sondern (zugunsten der Klinik für Urologie und Kinderurologie) entschieden. Anlass, die organisatorischen Fragen nur vorläufig zu regeln, bestand mithin nicht. Darüber hinaus beruhen die verbleibenden Unsicherheiten auch nicht auf einer noch erforderlichen Erprobung sondern schlicht auf dem Umstand, dass die als leitende Direktoren in Betracht kommenden Personen noch nicht bestimmt sind und ein befriedender Interessenausgleich noch nicht hergestellt worden ist.
69 
Hintergrund der Bezugnahme auf die Erprobungsklausel dürfte nach Aktenlage daher die Absicht gewesen sein, die Errichtung des Departments und dessen Binnenstruktur vorab (oder mit den Worten des Organisationsbeschlusses: „bereits jetzt“) zu beschließen, um Klarheit für die Ausschreibung der W3-Professur für Onkologische Chirurgie und die hierfür angedachten Leitungsfunktionen zu erhalten. Denn die Funktionsbeschreibung für die künftige Stellenbesetzung sollte noch vor der Sommerpause dem Wissenschaftsministerium vorgelegt werden (vgl. Vermerk des Dekanats der Medizinischen Fakultät vom 23.07.2008). Diese Erwägungen zum zeitlichen Horizont machen die Maßnahme indes nicht zu einer solchen der Erprobung. Die Entscheidung war danach zwar eilig, aber nicht vorläufig. Dem entspricht auch der weitere Verfahrensablauf. Denn nach dem Organisationsbeschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 ist die Funktionsbeschreibung bereits am 02.07.2008 vom Fakultätsvorstand vorgeschlagen und in außerordentlicher Sitzung des Fakultätsrats vom 22.07.2008, Eilentscheidung des Klinikumsvorstands vom 23.07.2008, Sitzung des Aufsichtsrats vom 24.07.2008, Sondersitzung des Senats vom 30.07.2008 und Sitzung des Präsidiums vom 06.08.2008 beschlossen worden. Das Verfahren ist demnach unter größtmöglicher Beschleunigung vorangetrieben worden. Schließlich belegt auch der Vergleich zur Vorgehensweise bei der Errichtung des Transplantationszentrums, dass die Umstrukturierungen nicht als Erprobungsmaßnahmen gedacht sind. Denn diese, ebenfalls neuartige Organisationsform ist im Beschluss des Klinikumsvorstands vom 27.01.2010 nicht auf die Erprobungsklausel gestützt worden.
70 
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erprobungsklausel des § 7 Abs. 4 Satz 1 der Satzung des Universitätsklinikums dürften daher nicht erfüllt sein. Damit aber steht der Organisationsbeschluss nicht in Einklang mit Nr. 2.1 der als Anhang zur Satzung des Universitätsklinikums beschlossenen Gliederung.
71 
Ob und inwieweit der Beschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 als Änderung dieser Gliederung umgedeutet werden könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
72 
b) Das gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG erforderliche Einvernehmen der Medizinischen Fakultät zu den Organisationsmaßnahmen des Universitätsklinikums dagegen ist durch Beschluss des Fakultätsrats vom 22.07.2008 erteilt worden (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - m.w.N.).
73 
Anhaltspunkte dafür, dass dieses fehlerhaft zustande gekommen sein könnte, sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen worden. Auf die Frage der Benehmensherstellung kommt es insoweit nicht an, denn die in § 4 des Chefarztvertrages enthaltende Verpflichtung betrifft nur den als Vertragspartner in Bezug genommenen Antragsgegner. Eine förmliche Anhörung oder Beteiligung der betroffenen Hochschullehrer durch die Fakultät sieht das Gesetz aber nicht vor. Im Übrigen war die Betroffenheit der Antragstellerin auch offensichtlich.
74 
4. Der Vollzug des Organisationsbeschlusses des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 verletzt daher nach den im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten die der Antragstellerin im Chefarztvertrag vom 22.02.2001/14.03.2001 eingeräumte Rechtsstellung, so dass ein Anordnungsanspruch für die begehrte einstweilige Anordnung vorliegt. Die Beschwerde des Antragsgegners war daher zurückzuweisen.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO. Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, besteht nicht. Diese haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Im Übrigen sind die Beigeladenen der Sache nach auf Seiten des Antragsgegners aufgetreten und damit unterlegen.
76 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Dabei ist von den durch die Antragstellerin vorgetragenen Einnahmeverlusten aus Privatliquidation in Höhe von 200.000,-- EUR jährlich auszugehen (vgl. Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 01.09.2009 an das Verwaltungsgericht; hierzu auch bereits Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -), der im Hinblick auf die Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327). Damit ist auch die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte erkennbar, die eine abweichende Streitwertbestimmung für das erstinstanzliche Verfahren sachgerecht erscheinen lassen könnten.
77 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. November 2011 - 8 Sa 1021/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung restlicher Weihnachtsgratifikationen für die Jahre 2007 bis 2010 in Anspruch.

2

Der Kläger trat im Jahre 1995 in die Dienste der Beklagten, die ein Unternehmen für Maschinenbau betreibt. Er war bis zu seinem Ausscheiden im Januar 2012 als Zerspanungsmechaniker tätig und erzielte eine monatliche Vergütung von rund 3.000,00 Euro brutto.

3

Im Arbeitsvertrag vom 5. Dezember 2005, der zuletzt die Zusammenarbeit der Parteien regelte, heißt es ua.:

        

„§ 6 Vergütungen

        

…       

        

+ Weihnachtsgratifikation

50 % bei einer Betriebszugehörigkeit von mind. 6 Monaten

                 

100 % bei einer Betriebszugehörigkeit von 12 Monaten

        

von der vom Arbeitgeber jeweils pro Jahr festgelegten Höhe der Weihnachtsgratifikation.

        

Sie wird zusammen mit dem Novemberlohn/-gehalt im jeweiligen Jahr ausgezahlt.

        

...     

        

Endet das Arbeitsverhältnis vor dem 31.03. des folgenden Jahres durch Kündigung des Arbeitnehmers, sind jegliche - auch anteilige - Ansprüche auf das Weihnachtsgeld ausgeschlossen. Eine Aufhebungsvereinbarung oder ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses stehen einer Kündigung gleich.

                 
        

Der Arbeitgeber ist in diesem Fall berechtigt, das Weihnachtsgeld zurückzufordern und mit einer Rückzahlungsforderung gegen alle etwaigen fälligen bzw. noch fällig werdenden Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers unter Beachtung der Pfändungsschutzbestimmungen aufzurechnen.“

4

Gleichlautende Regelungen vereinbarte die Beklagte mit ihren übrigen Mitarbeitern.

5

Der Kläger erhielt im Jahr 2001 Weihnachtsgeld in Höhe von 55 % des Monatsgrundlohns. In den Jahren 2002 und 2003 belief sich die Höhe auf jeweils 40 %, im Jahr 2004 auf 31,4 % und im Jahr 2005 auf 25 % des damaligen Grundlohns. Für das Jahr 2006 ist zwischen den Parteien streitig, ob ein Weihnachtsgeld in Höhe von nur 8 % oder von rund 30 % des Grundlohns gezahlt wurde. Im Jahr 2007 erhielt der Kläger ein Weihnachtsgeld in Höhe von 524,00 Euro brutto, im Jahr 2008 in Höhe von 393,00 Euro brutto. In den Jahren 2009 und 2010 wurde wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage kein Weihnachtsgeld gezahlt. Stattdessen erhielt der Kläger im Jahr 2010 als „kleines Dankeschön“ zwei Tankgutscheine über je 25 Liter Kraftstoff.

6

Der Kläger hat die Zahlung von Weihnachtsgeld in Anlehnung an tarifliche Vorschriften der Metallbranche verlangt. Die Regelung im Arbeitsvertrag benachteilige ihn unangemessen und sei unwirksam. An ihre Stelle trete die branchenübliche Regelung der Metallindustrie, die ein Weihnachtsgeld in Höhe von 55 % des Monatsverdienstes vorsehe. Daraus ergebe sich - nach Abzug der bereits erbrachten Leistungen - die für den Zeitraum 2007 bis 2010 eingeklagte Summe.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.847,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2010 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe nach dem Vertrag ein Leistungsbestimmungsrecht, von dem sie angesichts der jeweiligen wirtschaftlichen Lage in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

I. Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

11

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des eingeklagten Betrags. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 6 des Arbeitsvertrags. Die Vorschrift legt keine bestimmte Höhe für die Sonderzahlung fest.

12

2. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 612 BGB iVm. tariflichen Vorschriften über Sonderzahlungen stützen. Voraussetzung hierfür wäre die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Regelung zur Weihnachtsgratifikation. § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrags ist jedoch wirksam.

13

a) Die Vorschrift regelt die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation. Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet sie keinen Freiwilligkeitsvorbehalt. Sie gewährt dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in einer von der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) festzulegenden Höhe. Die Höhe der Gratifikation musste, da der Kläger länger als zwölf Monate beschäftigt war, 100 % der von der Beklagten festzusetzenden Gratifikation betragen. Das ergibt die Auslegung der Vertragsklausel.

14

b) Die Regelung der Weihnachtsgratifikation ist im Arbeitsvertrag unter der Überschrift „Vergütungen“ enthalten. Sie beschreibt in Vomhundertsätzen die Höhe der zu leistenden Zahlung und legt den Zahlungstermin (jeweils mit dem Novemberlohn) fest. Als Anspruchsvoraussetzung für die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach ist bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis nicht am 31. März des Folgejahres vom Arbeitnehmer gekündigt, nicht durch Aufhebungsvertrag beendet und auch nicht ruhend gestellt ist. Der Anspruch ist damit weder an Arbeitsleistung im Bezugszeitraum noch an weitere Voraussetzungen geknüpft. Irgendein Vorbehalt oder eine Widerrufsmöglichkeit für den Arbeitgeber ist nicht vorgesehen. Allerdings ist die Höhe des Anspruchs nicht im Vertrag bestimmt. Von ihr ist gesagt, sie sei vom Arbeitgeber jeweils festzusetzen. Damit ist hinreichend deutlich, dass einerseits ein Anspruch vereinbart werden sollte, andererseits die Bestimmung der Höhe dem Arbeitgeber vorbehalten sein sollte. Für derartige Vertragsregelungen legt § 315 Abs. 1 BGB fest, dass die Leistungsbestimmung billigem Ermessen zu entsprechen hat und dass bei unterlassener oder verzögerter Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen eine Festsetzung durch das Gericht erfolgt(§ 315 Abs. 3 BGB).

15

c) Mit diesem Inhalt hält § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrags der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

16

aa) § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrags enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

17

(1) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne von § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32 mwN, NZA 2013, 148).

18

(2) So liegt es hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist nicht auf eine bestimmte Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern auf Entscheidung nach billigem Ermessen über die Höhe der Gratifikation und gegebenenfalls ihre Auszahlung im November des Bezugsjahres gerichtet. Die Beklagte entscheidet jährlich jeweils neu über die Höhe der Gratifikation.

19

bb) Die vertragliche Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

20

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, BAGE 138, 80; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

21

(2) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch den Arbeitsvertrag ausreichend beschrieben. Der Kläger konnte erkennen, dass die Beklagte über die Festsetzung der Höhe der Gratifikation zu entscheiden hatte. Erkennbar war auch, dass die Entscheidung eine Abwägung der maßgeblichen Interessen beider Seiten erforderte. Richtig ist, dass die Vertragsklausel selbst keine Maßstäbe für die von der Beklagten zu treffende Entscheidung festlegt. Insoweit ist die Auffassung des Klägers nachvollziehbar, aus der Klausel sei nicht zu erkennen, wie hoch insgesamt sich letzten Endes die vertraglichen Zahlungen belaufen werden. Indes betrifft das Leistungsbestimmungsrecht im Streitfall noch nicht einmal das im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Entgelt, sondern lediglich eine - der Höhe nach unbestimmte - Zusatzleistung, zu welcher der Arbeitgeber an sich nicht verpflichtet wäre. Der Streitfall liegt also anders als bei Preisänderungsklauseln, etwa in Gaslieferungsverträgen. Diese räumen dem Bestimmungsberechtigten die Möglichkeit ein, das Äquivalenzverhältnis der Hauptleistungspflichten einseitig zu verändern (vgl. etwa BGH 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09 - BB 2011, 719). Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere hätte der Arbeitgeber auch die Möglichkeit, Leistungen der hier betroffenen Art jeweils mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt zu verbinden und dadurch einen Rechtsanspruch für die Zukunft auszuschließen.

22

(3) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein bei der jeweiligen Zahlung erklärter Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 136, 294), wohingegen vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte, jedenfalls wenn sie alle zukünftigen Leistungen erfassen sollen, unzulässig sind (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung darüber vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen bei der Zahlung erklärten klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 20, 30 ff., aaO).

23

(4) Verglichen mit einer solchen - zulässigen - Vertragsgestaltung ist die Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsrechts in der hier gegebenen Form - also auch ohne nähere Eingrenzung der für das billige Ermessen geltenden Maßstäbe - nicht zu beanstanden. Immerhin erhält der Arbeitnehmer auf diese Weise einen klagbaren Anspruch. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber kann er vom Gericht überprüfen lassen. Die mit der Regelung verbundene Ungewissheit ist regelmäßig hinnehmbar, insbesondere in den Fällen, in denen eine Sonderzahlung nicht von der Erbringung der Gegenleistung abhängig ist.

24

cc) Die Vertragsklausel ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligen würde.

25

(1) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

26

(a) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

27

(b) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts und die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

28

(2) Nach diesen Maßstäben enthält die Klausel keine unangemessene Benachteiligung.

29

(a) Die Regelung weicht mit ihrem durch Auslegung ermittelten Inhalt nicht vom Gesetz ab. Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar (BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 42, NZA 2013, 148).

30

(b) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die leistungssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Die vertragliche Regelung setzt keine spezifischen Leistungsanreize. Anspruchsvoraussetzung ist lediglich der Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. März des Folgejahres. Die Gratifikation ändert deshalb auch nicht das Äquivalenzverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt.

31

3. Ob der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen erfüllt und damit erloschen ist, kann, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahinstehen, weil der Kläger nicht geltend macht, die von der Beklagten für die im Streit stehenden Jahre getroffene Leistungsbestimmung entspreche nicht billigem Ermessen und sei daher nicht bindend.

32

a) Soll die Bestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dem Gläubiger ist damit ein - nicht fristgebundenes, aber durch den Gesichtspunkt der Verwirkung begrenztes - Klagerecht eingeräumt (vgl. BGH 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10 - Rn. 39, NJW 2012, 2178; 6. März 1986 III ZR 195/84 - zu III 1 der Gründe, BGHZ 97, 212). Die Klage kann auch unmittelbar auf Leistung gerichtet werden (BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - Rn. 24, NJW-RR 2007, 103).

33

b)  Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe einen Anspruch auf Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen mit der Klage nicht geltend gemacht. Das hat der Kläger in der Senatsverhandlung bestätigen lassen. Er errechnet seinen Zahlungsanspruch nicht auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung, indem er etwa geltend machen würde, die Ausübung billigen Ermessens müsse zu einer Festsetzung der zu zahlenden Gratifikation in der verlangten Höhe führen. Im Gegenteil, er beruft sich ausdrücklich auf die Unwirksamkeit der Vertragsklausel und meint, diese führe zur Lückenhaftigkeit des Vertrags, die wiederum durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen sei.

34

c) Da die Vertragsklausel wirksam ist, kann die Richtigkeit der Auffassung des Klägers, die durch ihre Unwirksamkeit entstehende Lücke sei gemäß der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung in der Metallindustrie zu füllen, dahinstehen.

35

II. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Thiel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 31. März 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger kaufte mit notariellem Vertrag vom 29. November 2007 von der Beklagten landwirtschaftliche Grundstücke unter Inanspruchnahme des in § 3 Abs. 7 AusglLeistG vorgesehenen Preisnachlasses von 35% des Verkehrswerts für 352.418,61 €. Ergänzend bestimmt der Kaufvertrag folgendes:

„Nach Ansicht des Käufers ergibt sich für ihn nach den Vorgaben des AusglLeistG und der FlErwV ein Anspruch darauf, die vertragsgegenständlichen Flächen zu einem günstigeren als dem vereinbarten Kaufpreis erwerben zu können. Er behält sich daher vor, gerichtlich die erfolgte Kaufpreisbildung und -höhe einer Prüfung zu unterziehen sowie einen Anspruch auf Anpassung des vereinbarten Kaufpreises geltend zu machen.

Die Verkäuferin erklärt, dass sie bei der Kaufpreisbildung, die sie dem Käufer im Einzelnen dargelegt hat, nicht von niedrigeren Werten als den von ihr festgestellten und anhand anderer vergleichbarer Verkäufe in der Region abgeleiteten Vergleichswerten ausgehen durfte. Anderenfalls würde sie bei Vereinbarung eines niedrigeren Kaufpreises eine ggf. europarechtswidrige Beihilfe gewähren, zumindest aber einen höheren Preisnachlass als den durch das AusglLeistG vorgegebenen 35%igen Abschlag vom Verkehrswert.

Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass sie den Vertrag entsprechend einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ggf. anpassen werden. Die Einigkeit besteht jedoch auch darüber, dass der Vertrag mit dem vereinbarten Kaufpreis Bestand haben soll, sofern der Käufer den sich vorbehaltenen Kaufpreisanpassungsanspruch nicht weiterverfolgt oder ggf. durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt wird, dass ihm ein solcher nicht zusteht.“

2

Der Kläger zahlte den vereinbarten Kaufpreis zu dem vereinbarten Fälligkeitstermin am 29. Februar 2008 an die Beklagte. Mit Schreiben vom 8. September 2011 erhob er Widerspruch gegen die Kaufpreisermittlung. Ein Gutachten vom 27. Dezember 2011 kam zu dem Ergebnis, dass der Verkehrswert für den Kaufgegenstand zum Stichtag 29. November 2007 nur 357.000 € betragen habe. Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlter 120.368,61 € zu. Die Beklagte beruft sich auf Verjährung.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch jedenfalls für verjährt. Sowohl für den Anspruch auf Anpassung des Kaufpreises als auch für einen aus der Anpassung resultierenden Rückzahlungsanspruch gelte nicht die Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 196 BGB, sondern die regelmäßige Verjährungsfrist. Diese habe mit Vertragsschluss begonnen. Die Anpassungsregelung sei auch nicht als ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB anzusehen mit der Folge, dass erst die rechtskräftige Feststellung der geschuldeten Leistung durch Gerichtsurteil den Lauf der Verjährung auslöse. Denn die Anpassung des Kaufpreises richte sich nach dem tatsächlichen Verkehrswert. Dem Beginn der Verjährung stehe auch nicht die fehlende Kenntnis des Klägers von der Person des Schuldners und den den Anspruch begründenden Umständen entgegen. Der Kläger sei unmittelbar nach Vertragsschluss in der Lage gewesen, seinen möglichen Rückzahlungsanspruch gerichtlich geltend zu machen. An dieser Beurteilung ändere es nichts, wenn als Beginn der Verjährung nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, sondern derjenige der Kaufpreiszahlung zugrunde gelegt werde. Dann beginne die Verjährung zwar nicht schon am 1. Januar 2008, sondern erst am 1. Januar 2009. Die dreijährige Frist habe der Kläger durch seine am 29. Dezember 2011 eingereichte Klage aber dennoch nicht gewahrt, weil er den Kostenvorschuss zu spät habe einzahlen lassen.

II.

5

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch ist nicht verjährt.

6

1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch zusteht, wenn sich der Verkehrswert, der der Berechnung des vereinbarten Kaufpreises zugrunde liegt, als überhöht erweist.

7

a) Die Parteien haben in § 2 Nr. 4 des Kaufvertrags vereinbart, den Kaufvertrag an das Ergebnis einer gerichtlichen Überprüfung des Verkehrswerts anzupassen. Diese Anpassung kann bei dem von dem Kläger erwarteten und für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Ergebnis dieser Prüfung nur in einer Herabsetzung des Kaufpreises und in einem vertraglichen Rückzahlungsanspruch des Klägers bestehen. Denn der Kläger hatte zunächst den vereinbarten - möglicherweise überhöhten - Kaufpreis bei Fälligkeit zu zahlen und konnte eine Reduktion des Kaufpreises erst nach rechtskräftiger Feststellung verlangen, dass der für die Berechnung des Kaufpreises nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG zugrunde gelegte Verkehrswert niedriger als von der Beklagten angenommen ist.

8

b) Den Rückzahlungsanspruch kann der Kläger unmittelbar geltend machen. Wer eine Anpassung des Vertrags verlangen kann, muss nicht erst diese durchsetzen. Er kann, unabhängig davon, auf welcher Grundlage sie erfolgt, auch unmittelbar die Ansprüche geltend machen, die sich aus der Anpassung ergeben (Senat, Urteile vom 24. November 1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054, 1056 für § 315 Abs. 3 BGB, vom 30. September 2011- V ZR 17/11, BGHZ 191, 139 Rn. 34 für § 313 Abs. 1 BGB und vom 12. Mai 2006 - V ZR 97/05, NJW 2006, 2843 Rn. 27 für einen Vorvertrag).

9

2. Richtig ist ferner, dass dieser Anspruch im Sinne sowohl von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch im Sinne von § 200 BGB nicht erst mit dem Ergebnis der vorbehaltenen gerichtlichen Überprüfung entsteht. Wenn der Verkehrswert von der Beklagten oder von dem Gericht entsprechend § 315 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen oder wie durch einen Schiedsgutachter nach § 317, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Parteien verbindlich festzustellen wäre, entstünde er zwar erst mit dem Abschluss einer gerichtlichen Überprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 24. November 1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054, 1056; BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, WM 2013, 1452 Rn. 33). So ist es bei der Ermittlung des Verkehrswerts und des davon abhängigen Kaufpreises bei Verkäufen nach § 3 AusglLeistG aber nicht.

10

a) Ein Leistungsbestimmungsrecht setzt nach § 315 Abs. 1 und 3 BGB voraus, dass einer der Vertragsschließenden die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen soll. Das ist hier nach Ansicht des Klägers die Beklagte, die den von ihm geschuldeten Kaufpreis nach billigem Ermessen zu bestimmen habe. Denkbar wäre auch eine Anpassungsklausel, nach welcher die Bestimmung der Leistung entsprechend den § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil erfolgen soll (Senat, Urteile vom 7. April 1978 - V ZR 141/75, BGHZ 71, 276, 284 und vom 3. Februar 1995 - V ZR 222/93, NJW 1995, 1360). Ein solches Leistungsbestimmungsrecht ist nur anzunehmen, wenn die Leistung nicht schon in dem Vertrag und den in dem Vertrag in Bezug genommenen Vorschriften oder Regelwerken festgelegt ist, sondern letztlich erst durch die Entscheidung der bestimmungsberechtigten Vertragspartei festgelegt wird (Senat, Urteil vom 5. Juli 1991 - V ZR 117/90, NJW-RR 1992, 142 und BGH, Urteil vom 23. November 1994 - IV ZR 124/93, BGHZ 128, 54, 57 f.; Erman/Hager, BGB, 14. Aufl., § 315 Rn. 7). Dabei wäre es unschädlich, wenn das Ermessen der Vertragspartei gebunden wäre. Es muss nur überhaupt bestehen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 19). Bei einer der Schiedsgutachtenabrede ähnlichen Vereinbarung käme es darauf an, dass die von der Partei oder dem Dritten vorzunehmende Feststellung - hier des Verkehrswerts - und die Ausfüllung der damit gegebenenfalls verbundenen Wertungsspielräume einer gerichtlichen Überprüfung entzogen sein sollen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, WM 2013, 1452 Rn. 28).

11

b) Ein Recht der Beklagten, den Kaufpreis in diesem Sinne verbindlich festzulegen oder festzustellen, verneint das Berufungsgericht zu Recht.

12

aa) Die Auslegung der maßgeblichen Regelung in § 2 Nr. 4 des Kaufvertrags der Parteien unterliegt zwar der vollständigen Überprüfung durch den Senat, weil es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323). Die Beklagte verwendet sie in einer Vielzahl von Verträgen (vgl. KG, NL-BzAR 2011, 27, dazu Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 192/10, ZOV 2011, 120). Die Auslegung des Berufungsgerichts ist aber auch in diesem erweiterten Prüfungsrahmen nicht zu beanstanden, sondern zutreffend.

13

bb) Schon dem Wortlaut der Klausel lässt sich eine Befugnis der Beklagten oder des Gerichts zur verbindlichen Festlegung oder Feststellung des Kaufpreises nach billigem Ermessen entsprechend § 315 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2, § 317, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht entnehmen. Denn darin wird dem Kläger eine gerichtliche Überprüfung des Verkehrswerts gerade vorbehalten. Davon sind auch die Oberlandesgerichte ausgegangen, die im Zusammenhang mit der Klausel § 315 Abs. 3 BGB erwähnt haben (KG, NL-BzAR 2011, 27, 29 und OLG Dresden, RdL 2014, 96, 97).

14

cc) Die am Wortlaut orientierte Auslegung wird durch den Vertragszweck bestätigt. Der Kaufvertrag dient der Erfüllung des Erwerbsanspruchs des Klägers nach § 3 Abs. 1 AusglLeistG. Nach dieser Vorschrift kann der Kläger von der Beklagten den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen nicht nur in dem in § 3 Abs. 3 AusglLeistG festgelegten Umfang, sondern auch zu dem in § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG festgelegten Preis verlangen. Von diesem Preis dürfte die Beklagte nicht abweichen. Sie darf die Bedingungen, zu denen die Verkäufe nach § 3 AusglLeistG durchgeführt werden, nicht privatautonom, also abweichend von den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen festlegen (Senat, Urteil vom 4. Mai 2007 - V ZR 162/06, ZOV 2007, 30 Rn. 9; vgl. auch Senat, Urteil vom 21. Juli 2006 - V ZR 158/05, WM 2006, 2101 Rn. 22). Das gilt auch für den Verkaufspreis.

15

dd) Aus dem vorgeschriebenen Verfahren bei dem Abschluss von Kaufverträgen nach § 3 AusglLeistG ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers nichts anderes. Die Beklagte hat den - in § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG als „Wertansatz“ bezeichneten - Kaufpreis nach § 9 Abs. 1 Satz 2 FlErwV nicht zu bestimmen, sondern nach Maßgabe des (hier einschlägigen) § 5 FlErwV und den in dieser Vorschrift in Bezug genommenen Vorschriften der Wertermittlungsverordnung (dazu: Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 192/10, ZOV 2011, 120 Rn. 7) zu „ermitteln“. Die Ermittlung des Kaufpreises durch die Beklagte bindet weder den Käufer noch die Privatisierungsstelle selbst. Beide dürfen nach dem hier noch maßgeblichen § 5 Abs. 1 Satz 4 FlErwV in der bis zum 10. Juli 2009 geltenden Fassung die Bestimmung des Verkehrswerts durch ein Verkehrswertgutachten nach § 192 BauGB durch den zuständigen Gutachterausschuss verlangen.

16

ee) Ein Bestimmungsrecht lässt sich auch nicht, wie der Kläger meint, aus § 3a AusglLeistG ableiten. Danach gelten Kaufverträge nach § 3 AusglLeistG, die vor dem 28. Januar 1999 abgeschlossen wurden, mit der Maßgabe als bestätigt, dass der Verkäufer bei Verträgen mit anderen als den in § 3 Abs. 2 Satz 3 oder § 3 Abs. 5 Satz 1 bezeichneten Personen den Kaufpreis nach den Absätzen 2 und 3 bestimmt. Zweck dieser Regelung war es, die durch einen Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen das Beihilfeverbot des Gemeinschaftsrechts nichtig gewordenen Kaufverträge zu heilen. Ein Preisanhebungsrecht des Verkäufers hat der Gesetzgeber vorgesehen, weil die Heilung nur durch Beseitigung des Verstoßes erfolgen konnte (Begründung des Entwurfs eines Vermögensrechtsergänzungsgesetzes in BT-Drucks. 14/1932 S. 16). Dass dazu in die Verträge eine besondere Anhebungsermächtigung eingefügt wurde, zeigt, dass die Beklagte als Privatisierungsstelle ohne eine solche besondere Regelung gerade nicht berechtigt ist, den Verkaufspreis nach billigem Ermessen festzulegen.

17

3. Unzutreffend ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der aus einer geschuldeten Anpassung des Kaufvertrags folgende Rückzahlungsanspruch unterliege ebenso wie der Anspruch auf Anpassung selbst der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB. Der Anspruch verjährt vielmehr nach § 196 BGB in einer Frist von zehn Jahren.

18

a) Diese Frist gilt, vorbehaltlich besonderer Regelungen wie § 902 BGB, für jeden Anspruch auf eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstück und für jeden Anspruch auf die Gegenleistung für diese Verfügung. Unerheblich ist, auf welchem Rechtsgrund der Anspruch beruht (Senat, Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824 Rn. 20 f.). Deshalb gilt § 196 BGB nicht nur für die wechselseitigen Primäransprüche aus einem Vertrag, der eine Verfügung über ein Grundstück zum Gegenstand hat (dazu: Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 196 Rn. 6), sondern auch für die Sekundäransprüche und für die wechselseitigen Bereicherungsansprüche bei Nichtigkeit eines solchen Vertrags (Senat, Urteile vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824 Rn. 20 f. und vom 6. Februar 2009 - V ZR 26/08, NVwZ-RR 2009, 412 Rn. 30). Es kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob ein nichtiger oder gescheiterter Vertrag vollständig rückabgewickelt wird. Der Anspruch auf die Gegenleistung verjährt auch dann nach § 196 BGB, wenn der Anspruch auf die Rückabwicklung der Verfügung nicht geltend gemacht wird oder gar nicht besteht, etwa weil es nicht zu einer Verfügung gekommen ist (Senat, Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, aaO Rn. 24). Gegenstand des Anspruchs muss nicht die gesamte Gegenleistung sein. Wenn die Gegenleistung für die Verfügung über das Grundstück mehrere Komponenten hat, genügt es, wenn der Zahlungsanspruch eine davon ist (Senat, Urteil vom 8. November 2013 - V ZR 95/12, NJW 2014, 1000 Rn. 11, 14). Entsprechendes gilt für die Rückabwicklung der Gegenleistung, die sich auf Teile der insgesamt geschuldeten Leistung beschränken kann (Senat, Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, aaO Rn. 27).

19

b) Nach diesen Grundsätzen unterliegt der Rückzahlungsanspruch des Klägers der Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB.

20

aa) Das folgt allerdings, anders als der Kläger meint, nicht daraus, dass der Kaufvertrag der Parteien wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG teilnichtig wäre. Ein solcher Verstoß liegt nämlich nicht vor. Er wird durch die Anpassungsregelung in § 2 Nr. 4 des Vertrags gerade vermieden. Diese Regelung stellt sicher, dass der Kläger im Ergebnis nur den gesetzlich vorgeschriebenen Preis von 65% des (tatsächlichen) Verkehrswerts bezahlen muss.

21

bb) Der Rückzahlungsanspruch des Klägers unterliegt aber deshalb der Verjährungsfrist des § 196 BGB, weil er auf Rückabwicklung von Teilen der im Vertrag vereinbarten Gegenleistung gerichtet ist. Der Kaufpreis durfte den in § 3 Abs. 7 Satz 1 AuslLeistG bestimmten Betrag nicht überschreiten. Ob der dazu von der Beklagten ermittelte Verkehrswert zutraf, war zwischen den Parteien streitig. Sie mussten deshalb eine Regelung treffen, die sicherstellte, dass im Ergebnis nur der gesetzlich festgelegte Kaufpreis zu zahlen war. Ob sie dazu einen möglicherweise zu niedrigen Kaufpreis verbunden mit einem Nachforderungsrecht der Beklagten vereinbarten oder - wie hier - umgekehrt einen möglicherweise überhöhten Kaufpreis verbunden mit einem Rückforderungsrecht des Klägers, ist für die Anwendbarkeit von § 196 BGB gleichgültig. Gegenstand des Anspruchs ist im einen wie im anderen Fall ein Teil des Kaufpreises, mithin der Gegenleistung für die Verfügung im Sinne von § 196 BGB.

22

c) An diesem Ergebnis ändert entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts, dass der Anspruch der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB auf Anpassung eines Vertrags bei Wegfall der Geschäftsgrundlage der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen soll (in diesem Sinne: Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 3. Aufl., § 313 Rn. 95; MünchKomm-BGB/Finkenauer, 6. Aufl., § 313 Rn. 109; NK-BGB/Krebs, 2. Aufl., § 313 Rn. 97; Soergel/Teichmann, BGB, 13. Aufl., § 313 Rn. 152; BeckOK-UrhG/Ahlberg/Götting, Stand: 1. September 2013, § 32 Rn. 98). Ob dem insbesondere bei Grundstückskaufverträgen zu folgen wäre, ist hier nicht zu entscheiden. Der Anpassungsanspruch des Klägers nach § 2 Nr. 4 des Kaufvertrags dient nämlich keiner der Anpassung eines Vertrags an den Wegfall der Geschäftsgrundlage vergleichbaren Gestaltungsaufgabe. Er soll lediglich eine Überprüfung des Kaufpreises ermöglichen und zu einer Rückzahlung des überzahlten Kaufpreises führen, wenn der Preisberechnung nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG, § 4 FlErwV ein überhöhter Verkehrswert zugrunde liegt. Ein solcher Anspruch unterliegt nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist. Er ist dem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Käufers bei Nichtigkeit des Vertrags vergleichbar, der nach der erwähnten Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824 Rn. 20 f.) gemäß § 196 BGB verjährt.

III.

23

Der Anspruch des Klägers ist danach nicht verjährt. Da Feststellungen zum Verkehrswert fehlen, ist die Sache nicht entscheidungsreif. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nach Maßgabe der Wertermittlungsverordnung (dazu Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 192/10, ZOV 2011, 120 Rn. 7-9) festzustellen haben, ob der Verkehrswert der verkauften Flächen bei Vertragsschluss niedriger war, als bei der Berechnung des vereinbarten Verkaufspreises angenommen.

Stresemann     

        

Schmidt-Räntsch     

        

     Brückner

        

Weinland     

        

RiBGH Dr. Göbel ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 9. Januar 2015

        
                          

Die Vorsitzende
Stresemann

        

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Februar 2012 - 10 Sa 210/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15. Dezember 2010 - 38 Ca 3536/10 - abgeändert, soweit es die Beklagte zur Zahlung von 15.000,00 Euro nebst Zinsen verurteilt hat. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.

2

Die Beklagte ist Mitte 2009 aus dem Zusammenschluss der H Bank AG und der D AG entstanden. Sie gehört zur H-Group (H-Gruppe). Diese besteht aus der H Holding AG, der Beklagten, der DE BANK plc, Dublin (Irland) sowie deren Tochtergesellschaften.

3

Der Kläger trat am 1. November 2002 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten und war bis zu seinem Ausscheiden Ende Oktober 2009 als Kundenbetreuer beschäftigt.

4

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt ein zwischen den Parteien im April 2005 geschlossener Dienstvertrag, in dem es ua. wie folgt heißt:

        

„II.   

        

Vergütung

        

Sie erhalten ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus Grundgehalt, Sonderzahlung und Leistungsbonus zusammensetzt.

        

…       

        

Leistungsbonus

        

Sie erhalten darüber hinaus einen Leistungsbonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank. Er wird jedes Jahr neu für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Leistungsbonus wird derzeit mit dem Maigehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt. Er kann zwischen 0 - 200 % des Basiswertes betragen, der zurzeit bei EUR 5.400,00 brutto liegt.

        

…       

        

V.    

        

…       

        

Betriebsvereinbarungen

        

Es gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsvereinbarungen der Bank in den jeweils gültigen Fassungen.“

5

In der zuletzt geltenden einschlägigen Betriebsvereinbarung vom 13. Oktober 2005 (BV 2005) ist ua. Folgendes bestimmt:

        

„B. Flexible Vergütung

        

I. Die zwei Vergütungskomponenten

        

Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen (Leistungs-)Bonus (im Folgenden Bonus genannt).

        

II. Die Vergütung der einzelnen Mitarbeitergruppen

        

1. Tarifmitarbeiter

        

…       

        

2. Außertariflich vergütete Mitarbeiter

        

Das Festgehalt außertariflich vergüteter Mitarbeiter besteht ebenfalls aus zwölf Monatsgehältern und einer Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts. Die Sonderzahlung wird jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt ausgezahlt.

        

Der Basiswert des Bonus wird dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt. Der Anteil am Gesamtjahresgehalt richtet sich insbesondere nach der Funktion und dem Verantwortungsbereich des Mitarbeiters.

        

Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung und Bonus zeitanteilig vergütet. …

        

C. Mitarbeitergespräch

        

…       

        

IV. Zielerreichung/Gesamtbewertung

        

Hier wird die Leistung des Mitarbeiters insgesamt beurteilt. Hierbei sind alle Ergebnisse, nicht nur die individuellen fachlichen Arbeitsziele (Punkt 1), sondern auch die Ziele zu persönlichen Kompetenzen (Punkt 2) und sonstige Ergebnisse zu berücksichtigen.

        

…       

        

V. Festlegung der individuellen Höhe des Bonus

        

Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesamtbankerfolg bestimmt.

        

Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Bank - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.“

6

Der Kläger erhielt für das Jahr 2005 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro, für das Jahr 2006 iHv. 10.000,00 Euro und für das Jahr 2007 iHv. 20.000,00 Euro.

7

Der Bonusbasiswert wurde letztmals für das Geschäftsjahr 2008 auf 15.000,00 Euro festgesetzt. Für dieses Jahr fand am 22. Januar 2009 ein Mitarbeitergespräch mit dem Kläger statt, das zu der Gesamtbewertung „Ziele weit übertroffen“ führte.

8

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten geriet im Zusammenhang mit der weltweiten Bankenkrise in eine finanzielle Schieflage. Im Geschäftsjahr 2008 kam es zu einem Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro; die gesamte H-Gruppe wies einen Fehlbetrag iHv. 5,461 Mrd. Euro aus. Eine Insolvenz wurde nur durch staatliche Unterstützungszahlungen und Garantien in Milliardenhöhe abgewendet. Der H-Gruppe wurden in den Jahren 2008 und 2009 kurz- und mittelfristig Liquiditätshilfen iHv. insgesamt 102 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, davon 87 Mrd. Euro durch Garantien der Bundesrepublik Deutschland. Zum 31. Dezember 2008 betrug das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unmittelbar in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen 6,37 Mrd. Euro.

9

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte bis einschließlich September 2008 an ausscheidende Mitarbeiter anteilige Boni. Ab 29. September 2008 stellte sie diese Praxis ein. Am 12. März 2009 teilte der Vorstand der Bank in einem Mitarbeiterbrief im Intranet mit, für das Geschäftsjahr 2008 werde keine diskretionäre variable Vergütung gezahlt.

10

Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe auch für das Jahr 2008 ein Anspruch auf Bezahlung einer variablen Vergütung zu. Er habe im Jahr 2008 die vereinbarten Ziele weit übertroffen, wie sich aus dem Mitarbeitergesprächsprotokoll vom 22. Januar 2009 ergebe. Bei einem festgesetzten Basiswert iHv. 15.000,00 Euro und angesichts der Übererfüllung der vereinbarten Ziele ergebe sich daraus eine Bewertung von 200 % und damit ein Anspruch iHv. 30.000,00 Euro brutto. Der Anspruch folge aus II des Dienstvertrags von April 2005. Soweit der Dienstvertrag von den Regelungen der Betriebsvereinbarung abweiche, gehe er vor. Die Zurverfügungstellung eines Bonustopfs sei hier nicht erforderlich. Aber auch nach der Betriebsvereinbarung selbst ergebe sich ein Anspruch des Klägers, weil auch diese nicht allein auf den Erfolg der Bank abstelle. Für die Bonuszahlung genüge allein die Erreichung der Ziele. Mit der Festsetzung des Bonus auf „Null“ habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Allein wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation sei auch nicht die Geschäftsgrundlage weggefallen. Schließlich folge ein Anspruch des Klägers aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, nachdem im Jahr 2008 ausscheidende Arbeitnehmer eine Bonuszahlung erhalten hätten.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2009 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, dem Kläger stehe für das Jahr 2008 keine Bonuszahlung zu. Nachdem sich gezeigt habe, dass ein Überleben ohne massive staatliche Hilfe nicht möglich gewesen sei, sei der Vorstand berechtigt gewesen, im März 2009 zu beschließen, dass es keine Bonuszahlung geben werde. Auch die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes führe nicht zu einem Anspruch des Klägers. Wenn im Jahr 2008 ausgeschiedenen Mitarbeitern noch anteilig Bonusansprüche gezahlt worden seien, so liege dies daran, dass seinerzeit die finanzielle Schieflage noch nicht absehbar gewesen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 15.000,00 Euro brutto für das Jahr 2008 verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

15

I. Der Kläger hat keinen Anspruch aus II des Dienstvertrags von April 2005 iVm. § 315 Abs. 1 BGB.

16

1. Nach II des Dienstvertrags erhält der Kläger einen Leistungsbonus, der sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank richtet und der jährlich für das abgelaufene Jahr festgesetzt wird.

17

2. Dieser Anspruch ist auf Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB gerichtet. Das beinhaltet die Möglichkeit, nicht nur bei kumulativer Nichterreichung aller Ziele, sondern - im Ausnahmefall - auch bei Nichterreichung eines Teils der Ziele keinen Leistungsbonus zu zahlen.

18

a) Der Dienstvertrag von April 2005 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 ff. BGB. Das steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

19

b) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19).

20

c) Nach II des Dienstvertrags erhält („Sie erhalten …“) der Mitarbeiter einen Leistungsbonus. Grundsätzlich besteht damit ein Anspruch, dieser ist der Höhe nach aber nicht bestimmt. Vereinbart sind die Kriterien für die Bemessung des Bonus, die inhaltlich nicht konkretisiert sind und deren Verhältnis zueinander nicht festgeschrieben ist. Die Auffassung, bei Erfüllung eines der drei Kriterien müsse in jedem Fall ein Mindestbetrag gezahlt werden, steht mit den vertraglichen Vorgaben nicht im Einklang. Sie lassen die Festsetzung auf 0 % ausdrücklich zu, ohne dafür besondere Voraussetzungen zu nennen. Der Vertrag setzt demnach voraus, dass die Ausübung „billigen Ermessens“ auch die Bestimmung des Bonus mit dem Wert „Null“ ermöglichen kann. Für einen verständigen Vertragspartner folgt daraus, dass der Verwender sich ein Leistungsbestimmungsrecht sowohl in Bezug auf die Höhe des Anspruchs als auch in Bezug auf die Gewichtung der Kriterien vorbehalten hat und die Festlegung des jeweiligen Bonus nach billigem Ermessen erfolgen muss.

21

d) Die im Vertrag enthaltene Beschreibung der Kriterien für die Bonuszahlung ist allerdings nicht bedeutungslos. Vielmehr setzt sie Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens durch den Arbeitgeber. Die im Vertrag genannten Gesichtspunkte sollen bei der Ausübung des Ermessens jedenfalls erwogen werden. Denn nach II des Dienstvertrags „richtet“ sich der Leistungsbonus nach den Bemessungskriterien. An diese Vorgaben ist die Beklagte gebunden. Haben die Vertragsparteien - zB durch eine Zielvereinbarung - die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend vereinbart, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien ( BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 22). Nach dem Dienstvertrag der Parteien entspricht die Leistungsbestimmung regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Eine Leistungsbestimmung auf „Null“ kann also nur dann billiges Ermessen wahren, wenn für eine vom Regelfall abweichende Gewichtung vereinbarter Kriterien ausnahmsweise besonders wichtige Gründe sprechen.

22

3. Mit diesem Inhalt hält II des Dienstvertrags einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

23

a) Die Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

24

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, BAGE 138, 80).

25

bb) Diese Gefahr besteht nicht. Der Dienstvertrag bestimmt eindeutig, dass nach billigem Ermessen über den Leistungsbonus zu entscheiden ist und welche Faktoren in seine Bemessung einfließen. Dass sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Bestimmung der Leistung vorbehalten hat, macht die Vereinbarung nicht unklar. Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausübung des billigen Ermessens, den er gerichtlich durchsetzen kann (§ 315 Abs. 3 BGB).

26

b) II des Dienstvertrags enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSv. § 308 Nr. 4 BGB.

27

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte nach § 315 ff. BGB fallen aber nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149).

28

bb) So ist es hier. Der Anspruch ist auf Festlegung des Leistungsbonus nach billigem Ermessen unter Beachtung vertraglich vereinbarter Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Änderung bereits zugesagter Leistungen ist nicht vereinbart.

29

c) II des Dienstvertrags enthält keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

30

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f.; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

31

bb) Die Beklagte hat sich zur Zahlung eines Leistungsbonus nach billigem Ermessen verpflichtet und nicht das Recht vorbehalten, Vergütungschancen zu entziehen. Es ist zwar möglich, dass sich das Verhältnis zwischen festen und variablen Bezügen zugunsten der Festbezüge verschiebt, wenn der variable Teil aufgrund schlechter individueller Leistung und/oder schlechter wirtschaftlicher Situation niedrig festgesetzt wird. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber verpflichtet, den Leistungsbonus nach billigem Ermessen festzusetzen, und unterliegt die Leistungsbestimmung der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46).

32

cc) Die vertragliche Regelung weicht nicht vom Gesetz ab, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Das Gesetz sieht die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass dies einem rechtlichen Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen kann und deshalb nicht von vornherein unangemessen ist. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und sie gegebenenfalls durch Urteil ersetzen lassen kann. Damit sind gegenüber einer Gefährdung des Gläubigers Vorkehrungen getroffen (BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 43). Hinzu kommt, dass das einseitige Leistungsbestimmungsrecht nur einen Teil der vereinbarten Vergütung betrifft. Das in monatlichen Teilbeträgen auszukehrende Grundgehalt und eine weitere Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts sind im Dienstvertrag fest vereinbart. Der Kernbereich des Austauschverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung wird damit durch die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB nicht berührt.

33

4. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Leistungsbonus für das Jahr 2008 ermessensfehlerfrei auf „Null“ festgesetzt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).

34

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

35

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B IV 1 der Gründe; zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).

36

c) Diesen Maßgaben wird die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung für den Leistungsbonus für das Jahr 2008 gerecht.

37

aa) Die Leistungsbestimmung war über die Vorgaben des Dienstvertrags hinaus an die Regelungen der BV 2005 gebunden. Vorgaben für die Ausübung des billigen Ermessens iSv. § 315 BGB können sich aus vertraglichen(vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 21) oder aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben, vorliegend aus der BV 2005. Die vorher geltende Betriebsvereinbarung ist durch die BV 2005 abgelöst worden und hat im Streitzeitraum keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (sog. Ablösungsprinzip; st. Rspr., vgl. BAG 18. September 2012 - 3 AZR 431/10 - Rn. 34; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Die BV 2005 begründet keinen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Leistungsbonus, sie bestimmt vielmehr das Verfahren zur Festlegung der individuellen Höhe eines Leistungsbonus auf der Grundlage eines im Arbeitsvertrag zugesagten Basiswerts. Nach C V Abs. 1 der BV 2005 hängt die Höhe des individuellen Bonus von der Höhe des jährlichen Bonustopfs ab, der vom Gesamtbankerfolg bestimmt wird. Auch nach der BV 2005 können deshalb die Kriterien zur Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gewichtet werden und besteht kein unbedingter Anspruch bei Teilerreichung von Zielen.

38

bb) Die Leistungsbestimmung der Rechtsvorgängerin der Beklagten entspricht den vertraglichen Vorgaben des Dienstvertrags und den kollektivrechtlichen Vorgaben der BV 2005, auch wenn am 22. Januar 2009 ein Mitarbeitergespräch stattfand, das zu der Gesamtbewertung „Ziele weit übertroffen" führte. Die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ trotz Erreichung vereinbarter persönlicher Ziele könnte bei einem negativen Ergebnis der Bank im Rahmen „normaler“ Schwankungsbreiten zwar billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB widersprechen; für das Geschäftsjahr 2008 haben aber besonders gewichtige, außergewöhnliche Umstände vorgelegen, die ausnahmsweise die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ gerechtfertigt haben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat im Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro, die H-Gruppe sogar einen solchen iHv. 5,461 Mrd. Euro ausgewiesen. Die H-Gruppe ist nur durch Liquiditätshilfen in den Jahren 2008 bis 2009 iHv. 102 Mrd. Euro gerettet worden; allein das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen betrug zum 31. Dezember 2008 6,37 Mrd. Euro. Dies zeigt, dass sich im Geschäftsjahr 2008 nicht die im Dienstvertrag vorausgesetzten und vom Arbeitgeber gegebenenfalls selbst zu tragenden Risiken einer „normalen“ negativen Geschäftsentwicklung verwirklicht haben. Die Risiken übertrafen auch bei Weitem die typischerweise mit einer Insolvenz einhergehenden Gefährdungen, weil sie nicht nur Gläubiger der Bank betrafen, sondern das gesamte Bankensystem. Die Rettung von Banken diente nicht der Sicherung von Vergütungsansprüchen ihrer Arbeitnehmer, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Abwehr schwerer Gefahren für die Volkswirtschaft (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 50). Es bestand deshalb eine Ausnahmesituation, die es auch unter Berücksichtigung der guten Leistungen des Klägers nicht unangemessen erscheinen lässt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Leistungsbonus auf „Null“ festgesetzt hat.

39

II. Der Kläger hat keinen Anspruch wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, obwohl an Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2008 ausgeschieden sind, bis Anfang September anteilige Boni ausgekehrt wurden.

40

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei der Zahlung der Arbeitsvergütung anwendbar, wenn diese durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., vgl. BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 12, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14). Die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt aber noch nicht den Schluss, diese bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt erst dann vor, wenn die Besserstellung nach bestimmten Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79).

41

2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht dargelegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind Zahlungen an ausscheidende Mitarbeiter, die nach B II 2 Abs. 3 der BV 2005 dem Grunde nach auch vorgesehen sind, durch Anweisung der Personalleiterin mit E-Mail vom 29. September 2008 zu dem Zeitpunkt eingestellt worden, in dem die Krise erkennbar wurde. Bei der Entscheidung über einen Anspruch des Klägers und der anderen nicht ausgeschiedenen Mitarbeiter stellte sich die wirtschaftliche Situation grundlegend anders dar; die Besserstellung der ausscheidenden Mitarbeiter beruhte ausschließlich auf der zum Zeitpunkt des Ausscheidens fehlenden Absehbarkeit der späteren desaströsen Lage und damit auf einer anderen Tatsachengrundlage. Eine sachfremde Gruppenbildung liegt danach nicht vor.

42

3. Unerheblich ist, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei der Entscheidung über einen Bonus aufgrund der Staatshilfen wieder zahlungsfähig war. An der maßgeblichen wirtschaftlichen Lage der H-Gruppe hat sich dadurch nichts geändert.

43

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Mestwerdt    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision beider Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. August 2011 - 5 Sa 490/11 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 489.760,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt und soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 31. März 2011 - 1 Ca 2138/10 - hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsantrags abgeändert und die Klage abgewiesen hat.

 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der variablen Vergütungsansprüche nach einem „Partnervergütungssystem“ (PVS) für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010, über die damit zusammenhängende Leistungsbewertung des Klägers und über Auskunftsansprüche.

2

Der Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Arbeitnehmer beschäftigt. Der ursprüngliche Anstellungsvertrag vom 27. September/1. Oktober 1996 enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 ist Herr S zum Mitglied der Geschäftsleitung (Partner Stufe II) der Niederlassung E ernannt worden.

        

…       

        

§ 2

        

Herr S bezieht mit Wirkung vom 1. Januar 1996 ein Jahresgehalt von DM 162.000,-- (in Worten: Deutsche Mark einhundertzweiundsechzigtausend) zahlbar in monatlichen Raten postnumerando.

        

…       

        

§ 3

        

Für den Fall eines günstigen Jahresabschlusses der C ist die Zahlung einer jährlichen Abschlussgratifikation vorgesehen. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht nicht. Der Aufsichtsrat der C wird in jedem Jahr auf Vorschlag des Vorstandes darüber beschließen, ob und in welcher Höhe diese Gratifikation gezahlt werden soll.

        

Die Abschlussgratifikation wird zeitanteilig gekürzt, soweit während des Geschäftsjahres, auf das sich die Abschlussgratifikation bezieht, keine laufenden Bezüge gemäß § 2 gezahlt worden sind (z. B. bei Eintritt und Ausscheiden im Geschäftsjahr, bei einer länger dauernden Krankheit ab der 7. Woche, bei unbezahltem Urlaub etc.).

        

Ein 13. Gehalt, Vergütung für Überstunden, Stadttagegeld und ähnliche Leistungen werden nicht gezahlt.“

3

Am 17. März/26. Mai 2006 vereinbarten die Parteien folgende Vertragsänderung (VÄ):

        

„Präambel

        

Mit Änderung des Konsortialvertrages wurde vom Arbeitsausschuss des Country Leadership Teams (CLT) in Abstimmung mit dem Partnerrat beschlossen, das bestehende Partnervergütungssystem zu modifizieren. Die Änderung besteht zum einen im ersatzlosen Entfall der Responsibility Kategorien (RK) für Partner. Zum anderen werden alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Die daraus resultierende Änderung des Anstellungsvertrages wird mit Wirkung ab 1. Juli 2006 wie folgt vereinbart:

                          
        

1.    

Entfall der Responsibility Kategorien

        

Die Einstufung in RK-Gruppen allgemein und damit speziell ihre bisherige vertragliche Zuordnung entfällt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 ersatzlos.

                          
        

2.    

Festbezüge und variable Vergütung

        

Die Festbezüge (Gehalt) betragen 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Ein eventuell erworbener Besitzstand bleibt erhalten. Soweit aufgrund eines Besitzstandes die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens überschreiten, verringert sich entsprechend der Anteil der variablen Bezüge.

        

Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens.

        

3.    

Partnervergütungssystem

        

Im Übrigen gilt zum 1. Juli 2006 das beigefügte Partnervergütungssystem.

        

Soweit nicht durch diese Vereinbarung geändert, gelten die bisher mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen unverändert fort.“

4

In dem PVS vom 1. Juli 2006 heißt es ua.:

        

„Vorbemerkung

        

…       

        

Im Folgenden wird dargelegt, wie sich die dienstvertragliche Vergütung der Partner/Partnerinnen bestimmt. …

        

Dem eigentlichen Vergütungssystem vorgelagert sind die Grundsätze für eine angemessene Leistungsbeurteilung, wie sie durch Abschluss und Beurteilung von Zielvereinbarungen erfolgt.

        

1.    

Gesamtbezüge

        

Die Gesamtbezüge eines Partners/einer Partnerin der P AG bestehen aus den

                          

·       

Festbezügen (Gehalt) und den

                          

·       

variablen Bezügen (Tantieme).

        

Die Gesamtbezüge werden bei Vertragsbeginn vereinbart und grundsätzlich jährlich für ein Geschäftsjahr neu festgelegt (Zieleinkommen).

        

Die Gesamtbezüge orientieren sich an den von dem Partner/der Partnerin in dem jeweiligen Geschäftsjahr wahrgenommenen Aufgaben, an seiner/ihrer Verantwortung, an den in dem Geschäftsjahr erbrachten individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin sowie an dem Erfolg des Unternehmens und der Einheit, in der der Partner/die Partnerin tätig ist.

                 
        

Festbezüge und variable Bezüge

        

Die Festbezüge betragen 60 % des Zieleinkommens. Die Höhe des Zieleinkommens und damit die Höhe der Festbezüge bemisst sich nach dem Inhalt der Aufgabe und dem damit verbundenen Verantwortungsbereich.

        

Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % des Zieleinkommens. Durch die Mitteilung der Gesamtvergütung (Zieleinkommen) wird auf Auszahlung der variablen Bezüge weder dem Grunde noch der Höhe nach ein Anspruch begründet. Vielmehr folgt sowohl aus der Leistungsbezogenheit der variablen Bezüge als auch aus der Anknüpfung an den Erfolg des Unternehmens bzw. der jeweiligen Unternehmenseinheit, dass sie den Charakter einer Tantieme haben und in jedem Jahr neu verdient werden müssen. Insbesondere begründet die Zahlung variabler Bezüge im Vorjahr keinen Anspruch auf Gewährung von variablen Bezügen für das Folgejahr; Besitzstände können nicht erdient werden. Außerdem liegt der Bemessung der Tantieme die Erwartung zu Grunde, dass der Partner/die Partnerin auch im Folgejahr weiter erfolgreich für das Unternehmen tätig ist (Betriebstreue). Dieser Aspekt bleibt im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht.

        

Die Bemessung der variablen Bezüge berücksichtigt die individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr. Außerdem ist die Höhe der variablen Bezüge von dem Erfolg des Unternehmens P AG in der abgelaufenen Periode sowie dem Erfolg der Unternehmenseinheit, zu der der Partner/die Partnerin gehört, abhängig.

                 
        

2.    

Zieleinkommen und Isteinkommen

        

Ausgangspunkt der Vergütung ist das sog. Zieleinkommen, das sowohl die Festbezüge als auch die variablen Bezüge umfasst und bei Vertragsbeginn sowie zu Beginn des Geschäftsjahrs festgelegt wird. Bei der Bestimmung des variablen Teils (40 % der Gesamtbezüge) wird unterstellt, dass die individuelle Leistung den Erwartungen und der Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit den budgetierten Beträgen entspricht. Das neue Zieleinkommen wird den Partnern/Partnerinnen zu Beginn jedes Geschäftsjahres mitgeteilt.

        

Nach Ablauf des Geschäftsjahres wird das Isteinkommen festgelegt. Diese nachträgliche Festlegung betrifft den variablen Teil der Bezüge. Grundlage für die endgültige Festlegung der variablen Bezüge sind die mit Hilfe der Zielvereinbarung festgestellten individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und
-beurteilungssystems) sowie der tatsächlich erzielte Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit und die Betriebstreue.

        

Unter Berücksichtigung der individuellen Leistungen und des Unternehmenserfolgs sowie der Betriebstreue kann der variable Teil der Bezüge niedriger, aber auch höher festgesetzt werden als mit dem Betrag, der als Teil des Zieleinkommens vorgesehen war.

        

Grundlage für die Bemessung der individuellen Partnerperformance sind servicelineübergreifende Beurteilungskriterien, deren Erfüllungsgrad von dem Primary Reporting Partner (von der Primary Reporting Partnerin), ggf. dem Secondary Reporting Partner (der Secondary Reporting Partnerin), dem LoS-Leadershipteam und dem Unternehmens-Leadershipteam beurteilt wird. Hieraus wird die Entscheidung über die Vergütung abgeleitet.

                 
        

3.    

Auszahlung der Bezüge

        

Die Festbezüge in Höhe von 60 % des Zieleinkommens werden in zwölf gleichen Beträgen monatlich nachschüssig ausgezahlt. Die variablen Bezüge werden nach Ablauf des Geschäftsjahres und Feststellung des Jahresabschlusses sowie Genehmigung durch den Aufsichtsrat der P AG gezahlt.“

5

Darüber hinaus existiert ein „Zielvereinbarungs- und Beurteilungssystem für Partner/Anwenderhandbuch“ (im Folgenden: Handbuch). Aus diesem ergibt sich ua. eine fünfstufige Beurteilungsskala.

6

Auf Grundlage dieser Regelungen teilte die Beklagte dem Kläger jeweils zu Beginn des Geschäftsjahres (1. Juli des Jahres bis 30. Juni des Folgejahres) sein Zieleinkommen und die Höhe der Festbezüge mit. Zudem schlossen die Parteien Zielvereinbarungen und bewerteten die Zielerreichung nach Ablauf des Beurteilungszeitraums. Danach teilte die Beklagte dem Kläger jeweils sein Gesamteinkommen und dessen Zusammensetzung mit. Für die Geschäftsjahre nach der Vertragsänderung ergaben sich folgende Werte:

        

Geschäftsjahr

Zieleinkommen

Festbezüge

Gesamteinkommen

Abschlussgratifikation

        

2006/2007

400.000,00

240.000,00

650.000,00

410.000,00

        

2007/2008

700.000,00

420.000,00

600.000,00

180.000,00

        

2008/2009

740.000,00

444.000,00

510.000,00

66.000,00

        

2009/2010

520.000,00

444.000,00

450.000,00

6.000,00

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, sein jährliches Zieleinkommen seit dem Geschäftsjahr 2008/2009 auf mindestens 740.000,00 Euro festzusetzen. Da seine Festvergütung von der Beklagten zuletzt zutreffend mit 444.000,00 Euro (= 60 %) angegeben worden sei, müsse die erreichbare variable Vergütung weitere 296.000,00 Euro (= 40 %) betragen. Auf den Freiwilligkeitsvorbehalt in Ziff. 1 PVS könne sich die Beklagte nicht berufen. Bei den dort geregelten Bezügen handele es sich erkennbar um Leistungsentgelt, auf das der Kläger einen Rechtsanspruch besitze. Darüber hinaus verstießen die Vergütungsregelungen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil nicht klar sei, wie sich der variable Teil seiner Vergütung und damit auch das Gesamteinkommen errechne. Die Bewertung und Benotung seiner Leistungen erweise sich als willkürlich und widersprüchlich, zumal es auch unter Berücksichtigung des Handbuchs an objektiv messbaren Kriterien für die Festsetzung des Zieleinkommens einerseits und für die Berechnung des tatsächlich erreichten Gesamteinkommens andererseits fehle.

8

Die für die Geschäftsjahre 2007/2008 und 2008/2009 vorgegebenen finanziellen Ziele seien zu hoch angesetzt und nicht zu erreichen gewesen. Überdies seien seine Leistungen fehlerhaft beurteilt worden. Für das Geschäftsjahr 2009/2010 müsse die Beurteilung schon als willkürlich bezeichnet werden. Die Beurteilungen und die niedrige Festsetzung des Zieleinkommens stünden im Zusammenhang mit dem Wunsch der Beklagten, sich von ihm zu trennen. Die beanspruchten Auskünfte benötige er zur Prüfung der Frage, ob es bei der Ermittlung der Vergütung zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung gegenüber anderen Partnern gekommen sei.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 620.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass sein Zieleinkommen bei der Beklagten je Geschäftsjahr, beginnend mit dem Geschäftsjahr 2008/2009 mindestens 740.000,00 Euro beträgt,

        

3.    

die Beklagte - im Wege der Stufenklage - zu verurteilen,

                 

3.1     

ihm Auskunft zu erteilen

                 

a)    

über die Höhe der Zieleinkommen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom

                          

1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007,

                          

1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,

                          

1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009,

                          

1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010,

                          

wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner insbesondere folgende Angaben enthalten muss:

                          

-       

Name des Partners

                          

-       

Geburtsdatum des Partners

                          

-       

Eintrittsdatum des Partners bei der Beklagten sowie die Bewertungskriterien der daraus resultierenden Betriebstreue nach dem Partnervergütungssystem

                          

-       

Aufgabeninhalt, Funktion und jeweiliger Verantwortungsbereich des Partners sowie die Bewertungskriterien der daraus resultierenden Daten nach dem Partnervergütungssystem für den jeweiligen Partner

                          

-       

Region, in der der Partner tätig war

                          

-       

Höhe des für den jeweiligen Partner festgesetzten Zieleinkommens

                          

-       

Kriterien und Ergebnis der individuellen Leistungsbestimmung des jeweiligen Partners

                          

-       

Unternehmenseinheit des Partners und deren Erfolg im Sinne des Partnervergütungssystems sowie die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien

                          

-       

Unternehmenserfolg im Sinne des Partnervergütungssystems und die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien,

                 

b)    

über die tatsächlich gezahlten Bruttovergütungen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom

                          

1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007,

                          

1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,

                          

1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009,

                          

1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010,

                          

wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner im jeweiligen Zeitraum insbesondere folgende Angaben enthalten muss:

                          

-       

Name des Partners

                          

-       

Umfang der Zielerreichung gemäß Partnervergütungssystem getrennt nach

                          

        

-       

Unternehmenserfolg

-       

Erfolg der Unternehmenseinheit

                                   

-       

individuelle Leistung gemäß Zielvereinbarung (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und Beurteilungssystems)

                                   

-       

Betriebstreue,

                 

3.2     

an ihn einen nach erteilter Auskunft noch zu beziffernden Betrag zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Freiwilligkeitsvorbehalt sei zulässig und rechtswirksam, weil die Zahlung der variablen Vergütung nach dem Partnervergütungssystem keinen Entgeltcharakter im engeren Sinne habe. Die bei ihr praktizierte Vergütungsregelung sei transparent. Die Kriterien zur Berechnung des Ziel- und des Gesamteinkommens stünden fest und der Kläger habe es selbst in der Hand, Einfluss auf die Festsetzung des jährlichen Zieleinkommens zu nehmen. Die Ziele im streitbefangenen Zeitraum hätten sich an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientiert. Aus dem PVS iVm. dem Handbuch ergebe sich im Einzelnen, wie die Zielvereinbarungen zu treffen seien, welche Kriterien beurteilt werden dürften, wie das Bewertungsverfahren ablaufe und welche Beurteilungsgrundsätze und Noten in Betracht kämen. Auch die jeweiligen Beurteilungen des Klägers seien nicht zu beanstanden, weil dieser zuletzt teilweise sehr schlechte Leistungen gezeigt habe. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung komme nicht in Betracht, da es bei der Festsetzung der Vergütung an einem abstrakt generalisierenden Prinzip fehle. Überdies stünden berechtigte Interessen der anderen Partner einer Auskunft entgegen; eine solche würde Datenschutzbestimmungen widersprechen.

11

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 1. und zu 2. in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs und eines möglicherweise daraus folgenden Zahlungsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert, den Zahlungsanspruch des Klägers reduziert und seinen Feststellungsantrag abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge in vollem Umfang weiter. Die Beklagte begehrt weiterhin vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässigen Revisionen beider Parteien sind hinsichtlich der für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 geltend gemachten Zahlungsansprüche des Klägers begründet (zu I). Hinsichtlich der begehrten Feststellung über die Höhe seines Zieleinkommens und hinsichtlich der Stufenklage ist die Revision des Klägers dagegen unbegründet (zu II).

13

I. Ob dem Kläger nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. Ziff. 2 Abs. 2 VÄ und den Regelungen des PVS eine höhere variable Vergütung (Tantieme) für den streitgegenständlichen Zeitraum zusteht, steht noch nicht fest. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte weder die Beklagte zur Zahlung verurteilt noch die Klage teilweise abgewiesen werden. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Revisionen beider Parteien führen daher insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

14

1. Die vertraglichen Bestimmungen gewähren dem Kläger - neben dem Anspruch auf Festbezüge (Gehalt) in Höhe von 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens - grundsätzlich einen Anspruch auf eine variable Vergütung. Die Höhe der erreichbaren variablen Vergütung bestimmt sich für das jeweilige Geschäftsjahr nach einem nach billigem Ermessen durch die Arbeitgeberin festzusetzenden Zieleinkommen, welches mindestens ein bestimmtes Verhältnis zu den Festbezügen erreichen muss. Die Höhe der tatsächlich auszuzahlenden variablen Bezüge (Tantieme, auch als Abschlussgratifikation bezeichnet) ergibt sich aus einer Festsetzung nach billigem Ermessen unter Beachtung der individuellen Leistung, des Unternehmenserfolgs, des Erfolgs der Unternehmenseinheit und der Betriebstreue. Die Bewertung der individuellen Leistung erfolgt dabei bezogen auf das Erreichen der in einer Zielvereinbarung festgelegten Ziele. Dieses mit der Vertragsänderung im Jahre 2006 vereinbarte Vergütungssystem ist - mit einer Ausnahme - rechtlich nicht zu beanstanden.

15

a) Bei den Vertragsbestimmungen vom 17. März/26. Mai 2006 und den Regelungen des PVS handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 ff. BGB. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

16

b) Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54).

17

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung der einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt, von denen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

18

c) Eine Auslegung nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Parteien eine Vergütung vereinbart haben, welche sich aus einem festen, durch die Arbeitgeberin nur zugunsten des Arbeitnehmers veränderbaren Anteil (Festbezüge/Gehalt) und aus einem variablen Anteil (Tantieme/Abschlussgratifikation), dessen Höhe sowohl hinsichtlich der Erwerbschancen als auch hinsichtlich der tatsächlichen Auszahlung schwanken kann und von der Beklagten jeweils nach billigem Ermessen festzusetzen ist, zusammensetzt.

19

aa) Mit der VÄ sollte das Vergütungssystem der Partner/innen, wie sich aus der Präambel ergibt, umgestellt und vereinheitlicht werden. Das System sieht Festbezüge und variable Bezüge vor, deren Ermittlung - abgesehen von der erstmaligen Vereinbarung der Gesamtbezüge bei Vertragsbeginn - durch Festlegung eines Zieleinkommens vor und eines Isteinkommens nach Ablauf des Bezugszeitraums erfolgt (Ziff. 3 VÄ iVm. PVS). Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 VÄ legt dabei den Anteil der Festbezüge auf 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens fest, wobei sich Modifikationen durch die Besitzstandsklausel in Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ergeben. Ziff. 2 Abs. 2 VÄ bestimmt den Anteil der variablen Bezüge auf 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Die weiteren Einzelheiten des Vergütungssystems ergeben sich aus Ziff. 3 VÄ iVm. PVS. Dort ist ua. bestimmt, dass bei Festlegung des Zieleinkommens hinsichtlich des variablen Teils eine Zielerreichung unterstellt wird.

20

(1) Die Vertragsbestimmungen vom 17. März/26. Mai 2006 enthalten keine konkrete Angabe über die Höhe der Gesamtbezüge des Klägers. Diese ergibt sich aber aus der vorgefundenen Vertragslage und der Vergütung zum Inkrafttreten der VÄ. Einer gesonderten Vereinbarung der Gesamtvergütung bedurfte es daher - anders als bei einer Neueinstellung - nicht. Zwischen den Parteien ist diese Frage nicht streitig; für das am 1. Juli 2006 beginnende Geschäftsjahr 2006/2007 betrug das Zieleinkommen nach dem Schreiben der Beklagten vom 17. Juli 2006 400.000,00 Euro und die Festbezüge waren mit 240.000,00 Euro, dh. 60 % hiervon, ausgewiesen. Damit betrug die feste Vergütung des Klägers gemäß Ziff. 2 Abs. 1 VÄ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Vergütungssystems 240.000,00 Euro.

21

(2) Mindestens in dieser Höhe waren die Festbezüge nach Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 VÄ festgeschrieben. Diese Besitzstandsklausel ist - anders als der vergangenheitsbezogene Wortlaut („erworbener Besitzstand“) zunächst glauben lässt - nicht auf den Zeitpunkt der Einführung des PVS beschränkt. Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 VÄ bestimmt nämlich, dass die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens betragen. Es ist also vor und nach jedem Geschäftsjahr deren Anteil zu bestimmen. Gegebenenfalls tritt eine Erhöhung der Festbezüge ein, die dann den neuen Besitzstand darstellen. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Erhöhungen des Zieleinkommens (zB im Geschäftsjahr 2008/2009) haben zu einer Anpassung der Festbezüge auf 60 % dieses Zieleinkommens und zu einem entsprechend höheren Besitzstand des Klägers im Folgejahr (444.000,00 Euro) geführt.

22

(3) Hinsichtlich des variablen Teils der Vergütung fehlt es hingegen an einer solchen dauerhaften Festlegung. Zwar werden nach der Präambel der VÄ alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Auch benennt Ziff. 2 Abs. 2 VÄ die Höhe der variablen Bezüge mit 40 %. Der Wert von 40 % bezieht sich aber - ebenso wie bei den Festbezügen - nicht nur auf das Zieleinkommen, sondern auch auf die Gesamtbezüge. Im Fall eines niedrigen Zielerreichungsgrades und damit eines niedrigeren Isteinkommens verschiebt sich damit notwendigerweise das Verhältnis zwischen fixen und variablen Vergütungsbestandteilen, da andernfalls eine - unzulässige und nicht vorgesehene - Absenkung der festen Vergütungsbestandteile die Folge wäre. Deshalb bestimmt Ziff. 2 Abs. 1 Satz 3 VÄ für diesen Fall ausdrücklich, dass sich der Anteil der variablen Bezüge entsprechend vermindert. Gleiches gilt, wenn aufgrund eines Besitzstandes bereits beim Zieleinkommen der Anteil der Festbezüge 60 % übersteigt. Der Anteil an variablen Bezügen verringert sich dann entsprechend. Eine andere Auslegung erscheint auch nach der Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht ernsthaft möglich, würde sie doch den Bezug auf die Gesamtbezüge völlig ausblenden. Auch die Regelungen des PVS tragen dieses Ergebnis. Sowohl Ziff. 1 PVS (Gesamtbezüge) als auch Ziff. 2 PVS (Zieleinkommen und Isteinkommen) legen fest, dass das Zieleinkommen zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres neu festgelegt wird. Damit ist erkennbar, dass das Zieleinkommen weder immer die gleiche Höhe haben muss noch dass eine Veränderung nur nach oben erfolgen kann.

23

Das gefundene Ergebnis liegt auch nahe. Die beteiligten Verkehrskreise konnten bei Einführung eines teilvariablen Vergütungssystems nicht davon ausgehen, dass nicht nur die Festbezüge, sondern auch das Zieleinkommen unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und den individuellen Leistungen des jeweiligen Arbeitnehmers für alle Zukunft garantiert ist und sich allenfalls steigern kann. Dies gilt erst recht im Hinblick auf die dynamische Ausgestaltung der Besitzstandsklausel hinsichtlich der Festbezüge.

24

(4) Damit ist die Beklagte nach der vertraglichen Regelung berechtigt und verpflichtet, die Höhe des Zieleinkommens für jedes Geschäftsjahr neu zu bestimmen. Dabei ist sie hinsichtlich der Höhe der Festbezüge ebenso wie hinsichtlich des Verhältnisses von Festbezügen und variabler Vergütung durch die Regelungen der VÄ und des PVS gebunden. Dieses Verhältnis beträgt im Grundsatz 60 zu 40, soweit es sich nicht gemäß Ziff. 2 Abs. 1 Satz 3 VÄ verschoben hat. Von diesem Verhältnis kann die Beklagte nicht nach unten abweichen. Im Übrigen überlässt ihr die vertragliche Regelung bei der Festsetzung des Zieleinkommens ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB. Die Leistungsbestimmung hat nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen.

25

Damit enthalten die vertraglichen Bestimmungen keinen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt (vgl. zu einer solchen Konstellation: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 16 ff., BAGE 124, 259). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Beklagte die Entscheidung vorbehalten wollte, die Vergütung auf die Festbezüge zu beschränken oder kein Zieleinkommen festzusetzen. Vielmehr ist sie hierzu nach den obigen Grundsätzen verpflichtet.

26

(5) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine bestimmte Höhe des Zieleinkommens nicht aus seiner (stillschweigenden) Zustimmung zum Zieleinkommen des Vorjahres und einer daraus jeweils folgenden Vertragsänderung nach § 151 BGB. Es fehlt schon an einem Angebot der Beklagten zur Vertragsänderung. Ihre jeweiligen Schreiben, mit denen dem Kläger sein Zieleinkommen mitgeteilt wurde, beziehen sich ausdrücklich auf ein bestimmtes Geschäftsjahr und lassen im Übrigen erkennen, dass die Beklagte - in Übereinstimmung mit den vertraglichen Regelungen - hinsichtlich des variablen Teils der Vergütung ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt.

27

bb) Das Isteinkommen wird gemäß Ziff. 2 Abs. 2 PVS nach Ablauf des Geschäftsjahres festgelegt. Dabei betrifft die nachträgliche Festlegung nur den variablen Teil der Bezüge. Über diesen hat die Beklagte wiederum unter Berücksichtigung der vertraglichen Vorgaben nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu entscheiden.

28

Ziff. 2 Abs. 2 Satz 3 PVS bestimmt vier Faktoren, die bei der Festlegung der variablen Bezüge zu berücksichtigen sind, nämlich die Betriebstreue, den Erfolg des Unternehmens, den Erfolg der Unternehmenseinheit sowie die individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin. Letztere bestimmen sich aus den Ergebnissen des Partnerzielvereinbarungs- und -beurteilungssystems (Ziff. 2 Abs. 4 PVS). Allerdings sind weder das Verhältnis der verschiedenen Faktoren zueinander noch die Höhe des zu verteilenden Gesamtbetrags festgelegt. Demnach kann die Höhe der variablen Bezüge von der Festsetzung im Rahmen des Zieleinkommens abweichen (vgl. Ziff. 2 Abs. 3 PVS). Damit verbleibt der Beklagten auch insoweit in bestimmtem Umfang ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Dieses ist mangels abweichender Anhaltspunkte ebenfalls nach billigem Ermessen auszuüben.

29

d) Entgegen der Auffassung des Klägers hält das PVS mit dem oben beschriebenen Inhalt einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB im Wesentlichen stand.

30

aa) Die Regelungen der VÄ und des PVS verstoßen nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

31

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

32

(2) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch die Bestimmungen der VÄ iVm. dem PVS und der jeweiligen Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Für den Kläger als Wirtschaftsprüfer und leitenden Mitarbeiter der Beklagten war erkennbar, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über das Zieleinkommen und die tatsächliche Höhe der variablen Bezüge zu entscheiden hat und an welche Faktoren sie hierbei gebunden ist. Soweit die Beklagte sich danach noch einen Beurteilungsspielraum, insbesondere zum Verhältnis der verschiedenen Faktoren und zur Beurteilung der Leistungen des Klägers vorbehalten hat, ist dieser im Hinblick auf die auf Dauer angelegte Regelung und sich stetig ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht unangemessen weit.

33

bb) Die vertraglichen Regelungen enthalten keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

34

(1) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5).

35

(2) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist sowohl hinsichtlich des Zieleinkommens als auch hinsichtlich des variablen Anteils des Isteinkommens auf Entscheidungen nach billigem Ermessen unter Beachtung bestimmter vertraglicher Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Abweichung von einer bereits versprochenen Leistung behält sich die Beklagte mit dieser Vertragsgestaltung nicht vor. Vielmehr ist sichergestellt, dass die dem Kläger zugesagten Festbezüge unverändert zur Auszahlung kommen und sich diese allenfalls zugunsten des Klägers erhöhen können. Die variablen Bezüge sind demgegenüber nur in einem bestimmten, aber an sich verändernde Ausgangslagen angepassten Verhältnis festgeschrieben. An dieses Verhältnis ist die Beklagte auch bei ihrer Ermessensausübung gebunden.

36

cc) Weder die Regelungen in Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 Abs. 1 PVS, wonach das Zieleinkommen jährlich neu festgelegt wird, noch das Recht der Beklagten, die tatsächliche Höhe des variablen Teils der Bezüge nach vorgegebenen Faktoren nach billigem Ermessen festzulegen, benachteiligen den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

37

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54).

38

(2) Wie bereits dargelegt, enthält die vertragliche Regelung keinen Freiwilligkeitsvorbehalt (vgl. dazu BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 16 ff., BAGE 124, 259). Die Beklagte hat sich nicht das Recht vorbehalten, dem Kläger den Anspruch auf variable Bezüge und damit die entsprechende Vergütungschance zu entziehen. Zwar ist es denkbar, dass sich in Ausnahmefällen das Verhältnis zwischen Festbezügen und variablen Bezügen stark zugunsten der Festbezüge verschiebt. Dies kann der Fall sein, wenn der variable Teil des Isteinkommens aufgrund einer schlechten individuellen Leistung und/oder einer schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und/oder des Unternehmensteils niedrig festgesetzt wird und auf einen hohen Besitzstand hinsichtlich der Festbezüge trifft. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber vertraglich verpflichtet, ein Zieleinkommen nach billigem Ermessen festzusetzen. Billiges Ermessen wird nur dann gewahrt sein, wenn eine im Verhältnis zum Festgehalt angemessene Chance auf Erzielung einer variablen Vergütung erhalten bleibt. Ob dies der Fall ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28).

39

(3) Die Regelung weicht mit dem so ermittelten Inhalt auch nicht vom Gesetz ab. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt keine Abweichung von § 611 BGB vor, da hinsichtlich der variablen Vergütung keine bestimmte Leistung zugesagt wurde, deren späteren Entzug sich die Beklagte vorbehalten hätte. Weder die Höhe der Festvergütung noch der Anteil der variablen Vergütung lassen die Annahme zu, dass sich der Arbeitgeber faktisch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich seiner Gegenleistung vorbehalte und damit das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko unzulässigerweise auf den Arbeitnehmer übertrage (vgl. dazu zB Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II Z 5 Rn. 15; eine solche Einschränkung ablehnend zB Annuß NZA 2007, 290, 291). Die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte sieht das Gesetz vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass diese einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber damit Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass sie für ein Partnervergütungssystem der vorliegenden Art nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar.

40

(4) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Die Beklagte ist sowohl an die Vorgaben der vertraglichen Regelungen gebunden als auch - hinsichtlich der Bestimmung der individuellen Leistung - an die getroffene Zielvereinbarung. Insbesondere kann sie nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern.

41

(5) Eine unangemessene Benachteiligung liegt allerdings vor, soweit die Beklagte nach Ziff. 1 Abs. 5 PVS die Bemessung der variablen Vergütung davon abhängig macht, dass der Partner/die Partnerin auch im Folgejahr weiter für das Unternehmen tätig ist, und diesen Aspekt nur im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht lassen will. Eine solche Regelung, die die Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung oder jedenfalls deren Höhe an den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums - hier des jeweiligen Geschäftsjahres - bindet, ist unwirksam und benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Die Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert(vgl. für gewinn- und leistungsabhängige Bonuszahlungen: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 259). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31).

42

Die Unwirksamkeit dieser Klausel führt nicht zur Unwirksamkeit der sonstigen Vergütungsregelungen. Vielmehr handelt es um eine teilbare Klausel. Der unzulässige Teil ist sprachlich eindeutig abtrennbar und die verbleibende Regelung weiterhin sinnvoll und verständlich. Der unzulässige Teil ist daher zu streichen (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). Es ist ohne Weiteres möglich, bei der Ausübung billigen Ermessens diesen Aspekt außer Betracht zu lassen. Im Übrigen hat der Kläger die verlangte Betriebstreue im Streitzeitraum und im jeweiligen Folgejahr erbracht, sodass sich die Klausel nicht auf die Höhe seines Anspruchs ausgewirkt hat.

43

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die streitgegenständlichen Geschäftsjahre Folgendes:

44

a) Für das Geschäftsjahr 2007/2008 steht noch nicht fest, ob ein Anspruch auf eine höhere variable Vergütung besteht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann ein solcher nicht bejaht werden. Die Festsetzung des Zieleinkommens und die Höhe der Festbezüge stehen zwischen den Parteien für diesen Zeitraum nicht im Streit. Ob die Festsetzung der variablen Vergütung billigem Ermessen entspricht, kann aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht beurteilt werden.

45

aa) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31 mwN, BAGE 135, 239). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - aaO; 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28, NZA 2012, 1154; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

46

bb) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 12. Okto-ber 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Welche Folgen hieraus für die Reichweite der Überprüfung durch das Revisionsgericht zu ziehen sind, kann dahinstehen (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

47

cc) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es fehle an einem nachvollziehbaren System, wie die Faktoren zueinander in Beziehung zu setzen seien. Ein derartiges System ist - wie ausgeführt - nicht erforderlich. Darüber hinaus nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Beklagte habe nicht nachvollziehbar dargelegt, woraus sich die Wertung „teilweise nicht erfüllt“ (= einfaches Minus) im Rahmen des Beurteilungssystems ergebe. Dabei hat es wesentlichen Vortrag der Beklagten nicht berücksichtigt. Aus dem Handbuch ergibt sich, dass die Bewertung nach einer fünfstufigen Beurteilungsskala erfolgt (dort Seite 15). Darüber hinaus ist festgelegt, dass es sowohl dem Beurteilten, der eine Selbsteinschätzung abzugeben hat, als auch dem Beurteiler (Reviewing Partner) obliegt, wie die einzelnen Kriterien bei der abschließenden Gesamtbeurteilung untereinander zu gewichten sind (dort Seite 22, 23). In der Bewertung der Zielerreichung für das Geschäftsjahr 2007/2008 haben sowohl der Kläger als auch der Reviewing Partner 1 unter Hinweis auf das Nichterreichen der wirtschaftlichen Ziele übereinstimmend die Einschätzung „Erwartungen/Ziel teilweise erfüllt“ abgegeben. Nach der Bewertungsskala ergibt dies ein einfaches Minus. Vor diesem Hintergrund durfte das Landesarbeitsgericht nicht ohne entgegenstehende Anhaltspunkte annehmen, alle Beurteilungskriterien seien gleich zu gewichten, und mit dieser Begründung von einer Gesamtbewertung „gut“ (Erwartungen/Ziel erfüllt) ausgehen. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die übereinstimmende Einschätzung des Klägers und seines Vorgesetzten zugrunde zu legen ist.

48

Im Rahmen der Beurteilung der Grenzen billigen Ermessens wird das Landesarbeitsgericht allerdings die Behauptung des Klägers zu berücksichtigen haben, die Erreichung der wirtschaftlichen Ziele sei von vornherein unmöglich gewesen. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein - wofür nach dem Vortrag der Parteien bisher wenig spricht - müsste dies Beachtung finden. Billiges Ermessen ist nämlich nur dann gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind. Hierzu könnte beispielsweise eine deutliche Fehleinschätzung des Vorgesetzten im Rahmen des Zielvereinbarungsprozesses gehören. Allerdings hat der Kläger im Kommentarfeld, das für Konflikte im Zielvereinbarungsprozess vorgesehen ist (Handbuch Seite 20), keine Angaben gemacht. Auch dies kann nicht unbeachtet bleiben.

49

Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht zu überprüfen haben, ob die Beklagte hinsichtlich der Wertung der weiteren Faktoren (Unternehmensergebnis/Ergebnis der Unternehmenseinheit) und ihres Verhältnisses zur Bewertung der individuellen Leistung billiges Ermessens gewahrt hat. Dafür wird die Beklagte über ihren bisherigen Vortrag hinaus darlegen müssen, von welchem Unternehmensergebnis/Ergebnis der Unternehmenseinheit sie ausging, in welchem Verhältnis die drei Faktoren zueinander stehen und was dies für die Höhe und Verteilung der Tantieme auf die am PVS beteiligten Partner/innen bedeutet. Dem Kläger ist Gelegenheit zu geben, auf den Vortrag der Beklagten zur Bandbreitenregelung (Schriftsatz vom 8. August 2011, Seite 10 ff.), näher einzugehen. Dabei trifft die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts zu, dass sich ein von der Beklagten aufgrund bestimmter Umstände vorgenommenes Abschlagsverfahren ausschließlich auf den variablen Anteil der Vergütung, nicht aber auf das Zieleinkommen beziehen kann. Nur der variable Teil der Vergütung ist vom Kläger durch seine Leistung beeinflussbar und von den im PVS genannten Faktoren abhängig. Eine andere Handhabung würde im Übrigen dem Charakter der Festvergütung nach Ziff. 2 Abs. 1 VÄ iVm. § 611 Abs. 1 BGB widersprechen.

50

Sollte das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung dieser Faktoren zu dem Ergebnis kommen, dass die Beklagte billiges Ermessen nicht gewahrt hat, so hat es gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Leistungsbestimmung durch Urteil vorzunehmen.

51

b) Gleiches gilt für das Geschäftsjahr 2008/2009. Auch insoweit steht die Höhe des Zieleinkommens und der Festbezüge zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Höhe der Tantieme steht noch nicht fest.

52

aa) Hinsichtlich der Bewertung der individuellen Leistung des Klägers ist zu prüfen, ob die Gesamtbeurteilung zutrifft. Dabei ist die Beklagte - da die Frage im Raum steht, ob sie billiges Ermessen gewahrt hat - für die Richtigkeit der Beurteilung als Teil der Leistungsbestimmung darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 77 Rn. 24; für diese Konstellation ebenso: Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 791; ebenso bei einseitiger Zielfeststellung durch den Arbeitgeber, „insbesondere bei weichen Zielen“: Otto/Walk BB 2010, 373, 376 f.; bei Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers: Heiden Entgeltrelevante Zielvereinbarungen aus arbeitsrechtlicher Sicht Diss. 2006, S. 317). Es gilt ein abgestuftes System der Darlegungslast. Maßgeblich sind zunächst die Beurteilungen in der Zielvereinbarung. Erst wenn der Arbeitnehmer bestimmte Bewertungen bestreitet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese unter Vortrag von Tatsachen substanziiert zu begründen. Bestreitet der Arbeitnehmer solchen Vortrag substanziiert auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen, so hat der Arbeitgeber die Richtigkeit der Beurteilung zu beweisen. Dabei werden die Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten steigen, wenn die arbeitgeberseitige Beurteilung einer vom Arbeitnehmer abgegebenen Selbsteinschätzung entspricht. Darüber hinaus kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass dem Beurteiler notwendigerweise ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. für dienstliche Beurteilungen: BAG 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 33, BAGE 131, 367). Deshalb ist bei der Beurteilung der Zielerreichung innerhalb von Zielvereinbarungen zu unterscheiden. Geht es um die Erreichung sog. harter (quantitativer) Ziele wie zB Umsatz- oder Kundenzahlen, die Durchführung bestimmter Veranstaltungen etc., so ist konkreter Vortrag möglich und erforderlich. Geht es hingegen um das Erreichen sog. weicher (qualitativer) Ziele, wie zB das Führungsverhalten, muss der Arbeitgeber seine Wertungen auf entsprechendes Bestreiten (nur) soweit wie möglich konkretisieren und plausibel machen. Soweit solche Wertungen auf bestimmte Einzelvorkommnisse oder Bewertungen anderer Mitarbeiter (Upward-Feedback) gestützt werden, sind diese konkret zu benennen. Reine Werturteile bedürfen zwar keines näheren Vortrags, reichen aber für sich genommen nicht aus, um eine negative Bewertung zu stützen.

53

Wie die Darlegungs- und Beweislast für die Zielerreichung in den Fällen verteilt ist, in denen in der Zielvereinbarung abschließend alle Faktoren und deren finanzielle Auswirkungen bestimmt sind, ohne dass dem Arbeitgeber noch ein Ermessensspielraum iSv. § 315 BGB verbleibt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (vgl. dazu zB Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag II Z 5 Rn. 32 - 34; Annuß NZA 2007, 290, 294; Behrens/Rinsdorf NZA 2003, 364; Deich Arbeitsvertragliche Gestaltung von Zielvereinbarungen S. 85 f.; Heiden Entgeltrelevante Zielvereinbarungen aus arbeitsrechtlicher Sicht Diss. 2006, S. 299 ff.; Mohnke Zielvereinbarungen im Arbeitsverhältnis Diss. 2006, S. 295 ff.; Friedrich Arbeitsrechtliche Fragen der Zielvereinbarung Diss. 2008, S. 195 ff.; vgl. zum Entlastungsbeweis für den Fall der unterbliebenen Zielvereinbarung: BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 14 ff., AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 23).

54

bb) Im Übrigen gelten auch beim Geschäftsjahr 2008/2009 die Anforderungen an die Darlegung der Beklagten zur wirtschaftlichen Lage und zum Verhältnis der verschiedenen Faktoren. Da substanzieller Vortrag hierzu bisher fehlt, kann auch die teilweise Klageabweisung durch das Landesarbeitsgericht keinen Bestand haben.

55

c) Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2009/2010 ist die Festsetzung sowohl des Zieleinkommens als auch des Isteinkommens streitig.

56

aa) Ob das festgesetzte Zieleinkommen billigem Ermessen entsprach, steht noch nicht fest. Die Beklagte hat dieses auf 520.000,00 Euro und damit deutlich niedriger als im Vorjahr festgesetzt. Eine solche Festsetzung ist dann nicht ausgeschlossen, wenn die Gesamtbezüge des Klägers im Geschäftsjahr 2008/2009 tatsächlich entsprechend dem Schreiben vom 25. September 2009 (nur) 510.000,00 Euro betragen haben. In diesem Fall hätte sich das Verhältnis zwischen Festbezügen und variabler Vergütung auf 87 % zu 13 % verschoben. Damit hätte die Beklagte ein Zieleinkommen bestimmt, das sich an diesem geänderten Verhältnis orientiert. Allerdings wird die Beklagte auch dann noch darlegen müssen, inwieweit dieses Zieleinkommen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände (wie zB des Budgets und dessen Verteilung auf die verschiedenen Partner) billigem Ermessen entspricht. Sollte sich hinsichtlich der Gesamtbezüge des Geschäftsjahres 2008/2009 (vgl. oben zu b) jedoch ein höherer Anspruch des Klägers ergeben, wird das Landesarbeitsgericht das sich dann ergebende Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung zugrunde zu legen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Zieleinkommen zu bestimmen haben.

57

bb) Wegen des Streits über die Zielerreichung und wegen der Bewertung der verschiedenen Faktoren zueinander ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Dabei wird der Vortrag des Klägers zu berücksichtigen sein, dass ihm die Kostenstellenverantwortung entzogen wurde, und es wird festzustellen sein, inwieweit dies Auswirkungen auf die Möglichkeiten seiner Zielerreichung hatte.

58

d) Ein möglicher Zinsanspruch bestünde gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bis zur Höhe eines Betrages von 330.000,00 Euro brutto bereits ab 29. Juli 2010, da die Klageschrift am 28. Juli 2010 zugestellt wurde. Lediglich hinsichtlich des übersteigenden Betrages bestünde ein Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 30. Oktober 2010.

59

II. Im Übrigen ist die Revision des Klägers unbegründet.

60

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines Zieleinkommens von mindestens 740.000,00 Euro ab dem Geschäftsjahr 2008/2009 hat. Auf die Ausführungen zu I 1 wird verwiesen.

61

2. Ebenso wenig ist die Annahme der Vorinstanzen zu beanstanden, dass nach dem Vortrag des Klägers weder der geltend gemachte Auskunftsanspruch noch ein Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen. Deshalb konnte über die Stufenklage einheitlich entschieden und die Klage insoweit insgesamt abgewiesen werden (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, AP BetrAVG § 9 Nr. 24 = EzA BetrAVG § 9 Nr. 9).

62

a) Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung besteht im Arbeitsverhältnis nicht. Auch die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substanziierten Bestreiten hinausgehende - Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen. Gewohnheitsrechtlich ist aber anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Denn der Ausgleich gestörter Vertragsparität gehört zu den Hauptaufgaben des Zivilrechts. Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme; dies ist nunmehr ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normiert. Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, zB weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden. Grundlage ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis (grundlegend dazu: BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 113, 55).

63

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet ein Auskunfts- und Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus. Der Kläger benennt keine hinreichenden Anhaltspunkte, die einen Auskunftsanspruch begründen könnten. Er begehrt umfassend Auskunft über die individuelle Vergütungssituation der anderen Partner/innen, ohne dass er die Erforderlichkeit solcher Auskünfte dargelegt hat. Soweit er sich auf abstrakte Regelungen bei der Festlegung der Vergütungshöhe bezieht, könnte deren Existenz allenfalls einen hierauf gerichteten Auskunftsanspruch begründen. Soweit der Kläger der Sache nach wissen möchte, wie die Festsetzung seines Zieleinkommens und seiner Gesamtbezüge zustande kommt und welche Faktoren dabei in welcher Gewichtung Berücksichtigung finden, ist dafür weder die begehrte Auskunft erforderlich, noch erreicht er mit dieser das angestrebte Ziel. Vielmehr wird die Beklagte im Rahmen ihrer Darlegungslast nach § 315 BGB zu erläutern haben, wie sich die Höhe von Zieleinkommen und variabler Vergütung ergibt; dem insoweit berechtigten Anliegen des Klägers wird damit an anderer Stelle Rechnung getragen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    A. Effenberger     

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 110/10 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KZVKS § 55 Abs. 3 Satz 3, § 63, § 64, DVO zu § 64 KZVKS; BGB § 315 Abs. 1
1. Die Höhe des Sanierungsgeldes einer Kirchlichen Zusatzversorgungskasse beruht
schon deshalb nicht auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien, weil
es hierzu an einer tarifvertraglichen Regelung fehlt. Die Bestimmung der Höhe des
Sanierungsgeldes durch die Zusatzversorgungskasse hat gemäß § 315 Abs. 1
BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen.
2. Die Regelung einer Zahlungsverpflichtung von Beteiligten in einer Durchführungsvorschrift
zu einer Satzungsbestimmung (hier: sog. "Beitragszuschuss Ost") ist
nach § 305c Abs. 1 BGB eine überraschende Klausel.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche
Verhandlung vom 5. Dezember 2012

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. März 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, hat die Aufgabe, Beschäftigten des kirchlichen und kirchlich-caritativen Dienstes in den Diözesen in der Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung nach den für Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren. Gemäß § 11 Abs. 2 ihrer Satzung (KZVKS) ist Voraussetzung für den Erwerb einer Beteiligung, dass der Arbeitgeber das für die Mitglieder der in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände geltende Versorgungstarifrecht oder in Bezug auf die Leistungen ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts tarifvertraglich oder allgemein einzelvertraglich anwendet. Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KZVKS ein privatrechtliches Versi- cherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin. Die Beklagte hat in ihrer Beteiligungsvereinbarung das jeweils geltende Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt und ausdrücklich erklärt, ein Versorgungsrecht entsprechend der Kassensatzung anzuwenden.
2
Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums K. 2002, S. 214 ff.) stellte die Klägerin ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) um. Zuvor hatten die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände sowie die Gewerkschaften im Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) vom 1. März 2002 einen entsprechenden Systemwechsel vereinbart. Dabei regelt § 17 Abs. 1 Satz1 ATV-K, dass die Zusatzversorgungskassen zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, vom Arbeitgeber Sanierungsgelder erheben. Die Höhe des Sanierungsgeldes ist für die Klägerin tarifvertraglich nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001). Nach dessen Ziff. 2.2. Abs. 3 Satz 2 werden von den Überschüssen der Kasse nach Abzug der Verwaltungskosten vorrangig die sozialen Komponenten und die Bonuspunkte finanziert.
3
Ziff. 4.1 AVP 2001 bestimmt: "Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst. Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v.H. - wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt. …"
4
In der KZVKS finden sich unter anderem folgende Finanzierungsregelungen : § 53 Kassenvermögen (1) … 3Innerhalb des Kassenvermögens werden drei ge- trennte Abrechnungsverbände geführt, und zwar
a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen (Abrechnungsverband P),
b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen (Abrechnungsverband F) und
c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche (Abrechnungsverband S). ... (3) 1Für jedes Geschäftsjahr erstellt die Kasse nach den Grundsätzen des kaufmännischen Rechnungswesens einen Wirtschaftsplan … sowie einen Rechnungsabschluss. 2Bestandteil des Rechnungsabschlusses ist eine gesonderte Bilanz, die vom Verantwortlichen Aktuar zu testieren ist. … § 54 Deckungsrückstellung 1In der gesonderten Bilanz ist eine Deckungsrückstellung in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts aller am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach bestehenden Anwartschaften und Ansprüche von Pflichtversicherten … sowie beitragsfrei Versicherten mit erfüllter Wartezeit einzustellen. … § 55 Deckung von Fehlbeträgen und Überschussverwendung … (3) 1Weist die gesonderte Bilanz einen Fehlbetrag aus, können zu seiner Deckung die Verlustrücklage und die Rückstellung für Überschussbeteiligung herangezogen werden. …3Solange die Verlustrücklage einen für den Abrechnungsverband S festgestellten Fehlbetrag der Höhe nach unterschreitet, kann der Verwaltungsrat der Kasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Deckung des Fehlbetrages die Erhebung eines Sanierungsgeldes festle- gen. … § 63 Sanierungsgeld (1) Der Beteiligte ist Schuldner eines pauschalen Sanierungsgeldes. (2) Das insgesamt von allen Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz der Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der jeweiligen Pflichtversicherten des Abrechnungsverbandes S, … … (5) 1Das Sanierungsgeld wird von der Kasse nach Abschluss der Jahresabrechnung für das vorangegangene Ka- lenderjahr erhoben. …
5
Der Verwaltungsrat der Klägerin setzte durch Beschluss vom 16. April 2002 die Höhe des zu erhebenden Sanierungsgeldes ab dem 1. Januar 2002 auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts fest.

6
Im Leistungsrecht regelt § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 KZVKS soziale Komponenten. Dazu gehören unter anderem Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungsrenten , Kindererziehungszeiten und eine Übergangsregelung für die Versicherten mit einer Mindestpflichtversicherungszeit von 20 Jahren.
7
Die Klägerin erhebt zudem einen so genannten Beitragszuschuss Ost. Dabei stützt sie sich auf § 64 KZVKS, wonach sie "nach Maßgabe gesonderter Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen" kann. Der Beitragszuschuss Ost dient der Finanzierung der weiteren sozialen Komponente gemäß § 35 Abs. 5 KZVKS, demzufolge in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet unabhängig vom tatsächlichen Beitrag Versorgungspunkte auf Basis des Beitragssatzes hinzugerechnet werden, der auch im übrigen Bundesgebiet erhoben wird. Zu § 64 KZVKS wurde eine gesonderte Durchführungsvorschrift erlassen (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums K. 2002, S. 233). Auszugsweise heißt es dort: "1. Die nach § 35 Abs. 5 hinzugerechneten Versorgungspunkte werden zu einem Drittel aus den Überschüssen des Abrechnungsverbandes P und zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West und schließlich zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss des Verbandes der Diözesen Deutschlands finanziert. … 3. Basis für die Belastung des jeweiligen Dienstgebers ist sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001. ..."
8
Bei der Beklagten sind Arbeitnehmer des kirchlich-caritativen Dienstes beschäftigt. Sie ist Beteiligte der Klägerin. In ihrer Beteiligungsvereinbarung hat sie das jeweils gültige Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt. Von der Klägerin geforderte Zahlungen für das Sanierungsgeld und den Beitragszuschuss Ost hat sie nicht geleistet; diese summieren sich für die Jahre 2002 bis 2005 auf rund 935.000 €.
9
Die Klägerin hält § 63 KZVKS für wirksam. Sie habe das Sanierungsgeld zu Recht erhoben. Anlässlich der Systemumstellung habe sich eine Deckungslücke von 446.840.912,26 € ergeben, die aus den in das neue Betriebsrentensystem zu überführenden Besitzständen resultiere. Diese Deckungslücke sei gemäß dem Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars durch Erhebung eines Sanierungsgeldes in Höhe von 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu schließen. Der Beitragszuschuss Ost sei auf Grundlage des § 64 KZVKS rechtmäßig erhoben worden. Unter Zuwendungen seien im Sinne von § 4c Abs. 1 EStG Zuwendungen zur Abdeckung von Fehlbeträgen der Kasse zu verstehen. Der Beitragszuschuss Ost schließe einen Finanzierungsbedarf der Klägerin.
10
Nach Ansicht der Beklagten ist § 63 KZVKS unwirksam. Die Klägerin könne sich bei der Einführung des Sanierungsgeldes nicht auf den ATV-K stützen, da ihre Beteiligten nicht diesen Tarifvertrag, sondern die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C. (AVR) anwendeten. Für den Beitragszuschuss Ost fehle es an einer Rechtsgrundlage; unter einer Zuwendung i.S. des § 64 KZVKS sei nur eine freiwillige Leistung zu verstehen.
11
Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob bei der Klägerin ein durch die Systemum- stellung bedingter Finanzierungsbedarf bestanden habe, abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderungen weiter.
12
Der Verwaltungsrat der Klägerin hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Vomhundertsatz für die Erhebung des Sanierungsgeldes rückwirkend für den Zeitraum ab 1. Januar 2002 erneut auf 0,75 und für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 auf 1,35 festgesetzt.

Entscheidungsgründe:


13
Die Revision hat keinen Erfolg.
14
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Sanierungsgeld verneint. Die Satzungsregelung des § 63 KZVKS sei zwar wirksam. Allerdings sei der Verwaltungsratsbeschluss vom 16. April 2002 über die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes unwirksam. Die auf billiges Ermessen hin zu überprüfende Entscheidung des Verwaltungsrats beruhe auf einem Ermessensfehler, weil der Verwaltungsrat von einer unzutreffenden Höhe der umstellungsbedingten Deckungslücke ausgegangen sei. Zum einen widerspreche die von der Klägerin vorgenommene Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit der abschließenden Regelung in § 54 Satz 1 KZVKS, wonach bei der Deckungsrückstellung nur beitragsfrei Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen seien. Zum anderen seien in die Deckungslücke die sozialen Komponenten nach § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 KZVKS pauschal hineingerechnet worden, obwohl diese aus Überschüssen zu finanzieren seien, die hin- reichende Möglichkeit einer konkreten Berechnung bestehe und die sozialen Komponenten überwiegend zum Abrechnungsverband P gehörten und deshalb nicht im Abrechnungsverband S zu berücksichtigen seien. Die Deckungslücke für 2002 liege daher um rund 286 Mio. € niedriger als die vom Verwaltungsrat angenommene Summe von rund 447 Mio. €. Diese Diskrepanz schließe eine sachgerechte und ermessensfehlerfreie Ermessensausübung des Verwaltungsrats aus.
15
Einen Anspruch auf den Beitragszuschuss Ost gebe es ebenso wenig. § 64 KZVKS könne nicht im Sinne einer Zahlungsverpflichtungen auslösenden Anordnungsermächtigung verstanden werden. Überdies könnten die West-Beteiligten nicht im Wege einer bloßen Durchführungsvorschrift zu einer Sonderfinanzierung herangezogen werden.
16
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
17
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Sanierungsgeld verneint.
18
a) Allerdings enthält die Satzung der Klägerin - anders als das Berufungsgericht meint - in § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS nur einen einzigen, einheitlichen Sanierungsgeldtatbestand. Der Beteiligte hat als durchschnittlicher Versicherungsnehmer keinen Anlass, von unterschiedlichen Sanierungsgeldern in § 63 KZVKS einerseits und § 55 Abs. 3 KZVKS andererseits auszugehen. Insbesondere kann er § 63 KZVKS kein gesondertes, von einem konkreten Finanzierungsbedarf abgekoppeltes Sanierungsgeld entnehmen.
19
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Einführung eines Sanierungsgeldes durch § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS und dessen Erhebung allein von den Arbeitgebern nicht als unangemessene Benachteiligung der Beklagten i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB betrachtet. Die Satzungsbestimmungen der Klägerin übernehmen insoweit tarifrechtliche Grundentscheidungen der Tarifvertragsparteien (§ 17 ATV-K und Ziff. 4.1 AVP 2001). Soweit hiernach § 55 und § 63 KZVKS nur einer Überprüfung an Hand des deutschen Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts unterliegt, verstößt er hiergegen nicht; ebenso sind die Grenzen der Satzungsänderungsbefugnis nicht überschritten (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - IV ZR 76/09, BGHZ 190, 314Rn. 63 ff.). Dabei muss sich die Beklagte über ihre Beteiligungsvereinbarung im Rahmen der AGB-Prüfung den ATV-K und den AVP 2001 entgegenhalten lassen (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 aaO Rn. 59 ff.). Keine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien besteht indessen zur konkreten Höhe des Sanierungsgeldes, weil der ATV-K und der AVP 2001 insoweit keine Regelung für die Klägerin treffen.
20
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes durch den Verwaltungsratsbeschluss vom 16. April 2002 auf die Einhaltung billigen Ermessens hin überprüft und diesen für unwirksam erachtet.
21
aa) § 315 Abs. 1 BGB setzt eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (BGH, Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 33 m.w.N.). Ein faktisches Bestimmungsrecht reicht nicht aus (BGH aaO). Eine vertragliche Bestimmung der Leistung geht vor und schließt die Anwendung des § 315 BGB aus, etwa wenn die Vertragspartner objektive Maßstäbe vereinbaren, die es ermöglichen, die vertraglichen Leistungspflichten zu bestimmen (Erman/Hager, BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 1, 4). So liegt bei einer Preisanpassungsklausel nur dann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor, wenn dem Leistungserbringer bei der Preisgestaltung ein Ermessensspielraum zusteht; dies ist nicht der Fall, wenn vertraglich die Berechnungsfaktoren im Einzelnen bestimmt sind (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 19).
22
Nach diesen Grundsätzen ist von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB auszugehen. § 63 Abs. 2 KZVKS überlässt die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes allein der Klägerin. Die Satzung selbst gibt zwar den Rahmen vor, indem § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS als Voraussetzung für die Erhebung einen Fehlbetrag im Abrechnungsverband S festlegt, § 63 Abs. 2 KZVKS Verfahrensregelungen trifft und § 63 Abs. 3 KZVKS Einzelheiten zur Berechnung enthält. Die Kernentscheidung der Bestimmung der Sanierungsgeldhöhe bleibt indes ausdrücklich kraft satzungsmäßiger Zuweisung dem Verwaltungsrat der Klägerin vorbehalten, womit allein ihm die Leistungsbestimmung obliegt. Diese hat er gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen.
23
bb) Gegenstand des Verfahrens ist allein der Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. April 2002. Der nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangene neue Beschluss des Verwaltungsrats vom 20. Mai 2010 ist entgegen der Ansicht der Klägerin im Revisionsverfahren nicht zu beachten.
24
Das Revisionsgericht hat das zur Zeit seiner Entscheidung geltende Recht anzuwenden (BGH, Urteil vom 26. Februar 1953 - III ZR 214/50, BGHZ 9, 101; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 545 Rn. 9). Hierzu gehören Vorschriften, die Normen objektiven Rechts enthalten. Dem Verwaltungsratsbeschluss fehlt es an der erforderlichen Normqualität. Er ist lediglich Tatbestandsvoraussetzung des als Allgemeine Versicherungsbedingung anzusehenden § 63 Abs. 2 KZVKS, enthält jedoch kein revisibles objektives Recht.
25
cc) Das Berufungsgericht hat mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine Überschreitung des billigen Ermessens angenommen.
26
(1) Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 BGB können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat (BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 20 m.w.N.).
27
(2) Das Berufungsgericht hat den Begriff des billigen Ermessens nicht verkannt. Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BAG NJW 1962, 268, 270). Mithin ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Entscheidungskontrolle nicht auf eine Ergebniskontrolle verengt werden darf, sondern auch der subjektive Ermessensfehlgebrauch in Anlehnung an die verwaltungsrechtliche Ermessensfehlerlehre von Bedeutung ist (Staudinger/ Rieble, BGB Neubearb. 2009 § 315 Rn. 327 f.). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht geprüft, ob der Verwaltungsrat deshalb nicht ermessensfehlerfrei entscheiden konnte, weil er von einem unzutreffenden Sachverhalt in Form eines weit überhöhten umstellungsbedingten Finanzierungsbedarfs ausgegangen war. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, dass der Verwaltungsrat nach dem Vorbringen der Klägerin den gleichen Vomhundertsatz mit einer anderen Begründung hätte festsetzen können.
28
(3) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 16. April 2002 als ermessensfehlerhaft betrachtet hat, weil diesem die Annahme einer weit übersetzten Deckungslücke zu Grunde lag.
29
(aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht aus § 54 Satz 1 KZVKS abgeleitet, dass bei der Bestimmung der Deckungsrückstellung allein Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen sind und im Umkehrschluss Versicherte ohne erfüllte Wartezeit bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden können. Der Auslegung der Revision, wonach der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne, dass diese Bestimmungen zur Bilanzierung nicht vollständig seien und deshalb anderweitige Bilanzierungsregeln Vorrang hätten, kann nicht gefolgt wer- den. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer orientiert sich bei seinem Verständnis am Satzungswortlaut. Gibt ihm dieser wie hier keinen entsprechenden Hinweis, besteht für ihn kein Anlass, nicht benannten Bilanzregeln den Vorrang vor ausdrücklich genannten Bewertungsregeln zu geben. Gleiches gilt für den Einwand der Revision, die Anknüpfung des Sanierungsgeldes in § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS beziehe sich auf den Fehlbetrag in der gesonderten Bilanz und nicht auf die Deckungsrückstellung. Dass das Berufungsgericht dem Vortrag der Klägerin nicht gefolgt ist, für die Versicherten ohne Wartezeit bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit des Erreichens der Wartezeit über eine anderweitige Beschäftigung , lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Aus § 54 Satz 1 KZVKS ist zu entnehmen, dass dieser Umstand erst Berücksichtigung finden soll, wenn die Wartezeit erfüllt und mithin die von der Revision aufgezeigte Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.
30
(bb) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Abrechnungsverband S habe nicht über die Berücksichtigung sozialer Komponenten bei der Deckungsrückstellung belastet werden dürfen.
31
Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die sozialen Komponenten aus den Überschüssen zu finanzieren sind. Ziff. 2.2 Abs. 3 Satz 2 AVP 2001 bestimmt dies für die dort näher genannten sozialen Komponenten der Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungs - und Hinterbliebenenrenten, Kindererziehungszeiten und der Übergangsregelung für langjährig Versicherte ausdrücklich durch Tarifvertrag. Hiervon ist die Klägerin nicht abgewichen. Zu Recht hat das Berufungsgericht insoweit den Technischen Geschäftsplan der Klägerin als widersprüchlich angesehen, weil er einerseits anordnet, dass die Finan- zierung der sozialen Komponenten aus dem Überschuss erfolgt, und andererseits die Deckungsrückstellung mit sozialen Komponenten belastet. Daher gibt es keine Grundlage dafür, Aufwendungen für soziale Komponenten bei der Ermittlung der systembedingten Deckungslücke anzusetzen. Überzeugend hat das Berufungsgericht den Einwand der Klägerin verworfen, die vorherige Einstellung in die Deckungsrücklage sei nichts anderes als eine Überschussverteilung, weil auf diese Weise später kein oder ein geringerer Überschuss verbleibe. Überschussverteilung bedeutet , dass ein Überschuss ermittelt und dessen positiver Saldo verteilt wird. Mithin besagt die Überschussfinanzierung der sozialen Komponenten , dass der Verantwortliche Aktuar die sozialen Komponenten aus den erwirtschafteten Erträgen der Kasse abdecken muss (Langenbrinck/ Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 3. Aufl. Rn. 55).
32
Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Annahme des Berufungsgerichts , dass es auf Grundlage des technischen Geschäftsplans der Klägerin gegen versicherungsmathematische Grundsätze verstößt, die Deckungsrückstellung - wie von der Klägerin praktiziert - durch den Ansatz einer Pauschale für die sozialen Komponenten zu belasten. Diese auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten gestützte tatrichterliche Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal der Technische Geschäftsplan der Klägerin selbst davon spricht, dass die sozialen Komponenten bei der Ermittlung der Deckungsrückstellung grundsätzlich erst berücksichtigt werden, wenn sie endgültig feststehen.
33
Da bereits aus diesen Gründen die Einbeziehung der sozialen Komponenten in die Berechnung der umstellungsbedingten Deckungslücke fehlerhaft ist, kann dahinstehen, ob sich - wie das Berufungsgericht meint - zusätzlich noch aus § 53 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a KZVKS eine Zuordnung der sozialen Komponenten zum Abrechnungsverband P ergibt.
34
d) Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verzichtet, eine eigene Bestimmung der Leistung durch Urteil vorzunehmen.
35
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Betriebsrente ist § 315 Abs. 3 BGB einschränkend dahingehend auszulegen, dass bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung zwar die Anpassungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht jedoch nicht seine Entscheidung an die Stelle einer unwirksamen Anpassungsentscheidung setzen kann (BAG NZA-RR 2008, 520). Dies gilt auch hier. Die Zusatzversorgung der Klägerin stellt ein komplexes Versicherungssystem dar, das bezüglich seiner Finanzierung über die Belange der Beklagten hinausgeht und die Beteiligten in ihrer Gesamtheit betrifft.
36
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf den von ihr erhobenen Beitragszuschuss Ost mangels entsprechender Anspruchsgrundlage verneint.
37
a) Dabei hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Bestimmung des § 64 KZVKS "Die Kasse kann nach Maßgabe besonderer Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen." keine Regelung entnehmen kann, die ihm eine Zahlungspflicht auferlegt. Es kann dahinstehen, ob der hier maßgebliche Kreis der kirchlichen Arbeitgeber unter einem Zuschuss gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch eine freiwillige Leistung oder gemäß dem steuerrechtli- chen Begriff der Zuwendung i.S. des § 4c EStG einen Zuschuss an eine Pensionskasse zur Sicherstellung ihrer Leistungen (Heger in Blümich, EStG, 115. Aufl. § 4c EStG Rn. 38) versteht. Der Begriff des "Entgegennehmens" beschreibt einen rein passiven Akt auf Seiten der Klägerin. Eine Zahlungsverpflichtung auf Seiten des Beteiligten wird damit nicht statuiert , zumal der Begriff "kann" den unverbindlichen Charakter nochmals unterstreicht. Die Satzung spricht nicht davon, dass Zuschüsse von der Kasse verpflichtend erhoben werden können. Dass eine Partei etwas entgegennimmt, besagt nicht zwangsläufig, dass die gebende Partei eine Verpflichtung hierzu hat. Dies zeigt sich anschaulich daran, dass 1/3 der von der Klägerin entgegen genommenen Zuwendungen aus einem freiwilligen Zuschuss des Verbandes der Diözesen Deutschlands stammt.
38
b) Ein anderes Verständnis folgt nicht aus der Durchführungsvorschrift zu § 64 KZVKS.
39
Trotz des Verweises in § 64 KZVKS auf die einschlägige Durchführungsvorschrift braucht der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese nicht zu berücksichtigen, weil sie als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.
40
aa) Überraschend ist eine Klausel nur, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des typischerweise damit konfrontierten Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (Senatsurteile vom 21. Juli 2011 - IV ZR 42/10, VersR 2011, 1257 Rn. 16; vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09, VersR 2009, 1622 Rn. 13 m.w.N.). Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu ei- ner ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BGH, Urteile vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261 Rn. 10; vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08, NJW 2010, 3152 Rn. 27; vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 unter 2 a). Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, an welcher Stelle des Klauselwerks die entsprechende Klausel steht, weil alle Bestimmungen grundsätzlich gleich bedeutsam sind und nicht durch die Platzierung einer Vorschrift im Klauselwerk auf deren Bedeutung geschlossen werden kann. Aus der Stellung der Klausel kann sich ein Überraschungseffekt vielmehr dann ergeben , wenn diese in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht (BGH, Urteile vom 21. Juli 2010 aaO; vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 Rn. 16 f.).
41
bb) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
42
Die Durchführungsvorschrift beschreibt unter Ziff. 1 die Finanzierung der sozialen Komponente des § 35 Abs. 5 KZVKS. Dabei spricht Ziff. 1 davon, dass ein Drittel der Kosten "durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West" finanziert wird. Ziff. 3 bestimmt, dass Basis für die "Belastung des jeweiligen Dienstgebers" sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001 ist. Dies besagt, dass die Kasse eine zwangsweise Belastung der Beteiligten West vornimmt.
43
Ein kirchlicher Arbeitgeber braucht nicht damit zu rechnen, dass in einer so gefassten Durchführungsvorschrift zu einer Satzungsbestimmung erstmals eine zwangsweise Zahlungsverpflichtung begründet wird. Der Beteiligte muss sich als durchschnittlicher Versicherungsnehmer da- rauf verlassen können, dass in der Satzung der Klägerin alle wesentlichen Regelungen getroffen sind. Nach allgemeinem Verständnis haben Durchführungsvorschriften nur subsidiären Charakter; sie dienen dazu, die in der Satzung getroffenen Regelungen mit Detailbestimmungen auszugestalten. Keinesfalls sind sie dazu bestimmt, Kernverpflichtungen des Beteiligten aus seinem Beteiligungsverhältnis wie dessen laufende Zahlungen an die Klägerin erstmals festzulegen. Die von der Klägerin gewählte Form der Erhebung des Beitragszuschusses Ost ist für den Beteiligten daher ungewöhnlich und erfolgt in einer Art und Weise, mit der dieser nicht zu rechnen braucht.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 13.01.2009 - 8 O 433/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.03.2010- 20 U 45/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
K Z R 2 7 / 1 3 Verkündet am:
22. Juli 2014
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stromnetznutzungsentgelt VI

a) Macht ein Netznutzer geltend, die vom Netzbetreiber vorgenommene Bestimmung
des Entgelts für die Nutzung eines Elektrizitätsnetzes sei gemäß
§ 315 Abs. 3 BGB unwirksam, so kann eine Umkehr der Darlegungs- und
Beweislast zu Lasten des Netzbetreibers nicht auf den Umstand gestützt
werden, dass die verlangten Entgelte um rund 9,75 % höher sind als die genehmigten
Entgelte eines darauffolgenden Abrechnungszeitraums.

b) Ist eine Preisbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB unwirksam, so darf dem
auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützten Bereicherungsanspruch des
Abnehmers auf Rückzahlung des nicht geschuldeten Teils des Entgelts
grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass der Gläubiger den überhöhten
Preis ganz oder teilweise auf seine eigenen Abnehmer abwälzen
konnte (Bestätigung von BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007
- XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 34; Urteil vom 5. November 2002
- XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307, 315 f.). Dies gilt auch dann, wenn die nach
§ 315 Abs. 3 BGB unwirksame Preisbestimmung zugleich gegen kartellrechtliche
Vorschriften verstößt oder dies zumindest nicht auszuschließen ist.
BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 - KZR 27/13 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und die Richter Prof. Dr. Strohn, Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 24. April 2013 verkündete Urteil des 2. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung eines Teils des gezahlten Entgelts für die Nutzung eines Hochspannungsnetzes im Zeitraum vom 1. Januar bis 28. Oktober 2005.
2
Die Klägerin betreibt ein Stromverteilnetz, die Beklagte das vorgelagerte Hochspannungsnetz. Die Klägerin zahlte für die Nutzung dieses Netzes Entgelte , die auf der Grundlage eines veröffentlichten Preisblatts (Anlage K3) berechnet wurden und deren Kalkulation die Verbändevereinbarung Strom II plus zugrunde lag.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 2008 (K8) forderte die Klägerin die Beklagte auf, einen Teil des gezahlten Entgelts für das Jahr 2005 zu erstatten. Im vorliegenden Rechtsstreit, der durch einen am 23. Dezember 2008 eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides eingeleitet wurde, hat sie erstinstanzlich Zahlung von 633.967,50 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nur noch Bereicherungsansprüche für den Zeitraum bis 28. Oktober 2005 weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 503.289,36 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
6
Der Klägerin stehe der mit der Berufung geltend gemachte Betrag gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu, weil die Beklagte nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Bestimmung des Entgelts der Billigkeit entsprochen habe.
7
Die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der Bestimmung liege allerdings primär bei der Klägerin. Zwar spreche einiges dafür, dass die Klägerin zunächst nur Abschlagszahlungen erbracht habe. Diese hätten mit der von der Beklagten erstellten Endabrechnung aber ihre Bedeutung verloren. Nach der Abrechnung liege eine endgültige Zahlung vor. Die Klägerin habe auch nicht schlüssig dargelegt, das Entgelt unter Vorbehalt gezahlt zu haben. Der nach ihrer Auffassung aus Nr. 6.7 des Netznutzungsvertrages konkludent zu entnehmende Vorbehalt betreffe nur nachträgliche Rechtsänderungen oder behördliche Maßnahmen, nicht aber die Unbilligkeit der Entgeltbestimmung.
8
Der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin stehe aber eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagten gegenüber. Diese sei gehalten, entsprechenden Sachvortrag der Klägerin substantiiert zu bestreiten, was schlüssigen Vortrag zur Angemessenheit der von ihr erhobenen Entgelte voraussetze. Der Sachvortrag der Klägerin, auf der Grundlage der genehmigten Preise aus dem ab 1. Oktober 2006 gültigen Preisblatt ergebe sich ein um rund 9,75 % geringeres Entgelt, sei zur Begründung einer sekundären Darlegungs- und Beweislast ausreichend. Die Entgeltgenehmigung stelle ein gewichtiges Indiz für die Billigkeit der genehmigten Entgelte und damit gleichzeitig für die Unbilligkeit der zuvor geforderten, im Ergebnis höheren Entgelte dar.
9
Der Beklagten sei es nicht gelungen, dieses Indiz zu widerlegen. Die von ihr vorgelegten Zahlen zielten auf eine Rechtfertigung der geforderten Entgelte nach der Verbändevereinbarung II plus, ließen aber nicht erkennen, welche Bewertungsspielräume innerhalb der Preisfindungsprinzipien dieser Vereinbarung bestanden hätten und in welcher Weise die Beklagte diese genutzt habe. Da die Verbändevereinbarung keinen rechtsverbindlichen Maßstab für die Billigkeit von Netznutzungsentgelten darstelle, sei mithin nicht dargetan, dass die geforderten und gezahlten Entgelte der Billigkeit entsprochen hätten.
10
Die Bestimmung des Entgelts habe deshalb durch das Gericht zu erfolgen , wozu gemäß § 287 ZPO eine Schätzung vorgenommen werden könne. Hierbei könne das ab 1. Oktober 2006 geltende Preisblatt der Beklagten herangezogen werden. Dies führe zu einer Reduzierung des Entgelts um den von der Klägerin zuletzt geltend gemachten Betrag.
11
Dem Rückforderungsanspruch stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Netzentgelte vollständig an ihre Kunden weitergereicht habe. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung fänden im Bereicherungsrecht keine Anwendung. Sie dürften auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben herangezogen werden.
12
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Beklagten die volle Darlegungs - und Beweislast für die Billigkeit der von ihr in Rechnung gestellten Entgelte auferlegt.
14
a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Netznutzer, der die Erstattung gezahlter Nutzungsentgelte verlangt, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass eine vom Netzbetreiber nach § 315 BGB vorgenommene Bestimmung des Entgelts nicht der Billigkeit entspricht. Dieser Ansatz steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 8 f.) und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
15
b) Das Berufungsgericht ist ferner in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass die Darlegungsund Beweislast beim Netzbetreiber liegt, wenn der Nutzer nur Abschlags- oder Vorauszahlungen in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erbracht (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 343 - Stromnetznutzungsentgelt
I) oder die Entgelte nur unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung gezahlt hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 26 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV; Urteil vom 15. Mai 2012 - EnZR 105/10, RdE 2012, 382 Rn. 33 - Stromnetznutzungsentgelt V). Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall nicht vorliegen. Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin, die Revisionserwiderung erhebt keine Gegenrügen. Rechtsfehler sind insoweit ebenfalls nicht zu erkennen.
16
c) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht schließlich davon ausgegangen , dass den Netzbetreiber eine sekundäre Darlegungslast treffen kann.
17
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Bereicherungsgläubiger , dem insoweit der Beweis einer negativen Tatsache obliegt, nicht jeden theoretisch denkbaren Rechtsgrund für die erbrachte Leistung ausschließen. Es genügt vielmehr der Beweis, dass der vom Schuldner geltend gemachte Rechtsgrund nicht besteht. Dabei trifft den Schuldner eine erweiterte Behauptungslast, wenn der Gläubiger außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt, während er selbst über derartiges Wissen verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind. Im Rahmen des Zumutbaren kann von ihm dann insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für die positive Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden (BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 9).
18
d) Das Berufungsgericht ist indes davon ausgegangen, dass die Beklagte insoweit nicht nur eine Darlegungslast trägt, sondern auch die Beweislast. Dies ist mit den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast nicht vereinbar.
19
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden die Grundsätze über die sekundäre Darlegungslast keine Anwendung auf die Beweisführung (BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 18). Selbst eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden kann aus diesen Grundsätzen nicht abgeleitet werden, sondern allenfalls aus § 142 ZPO (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 16).
20
e) Die vom Berufungsgericht im Ergebnis angenommene Umkehr der Darlegungs- und Beweislast kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die für das Jahr 2005 verlangten Entgelte von den genehmigten Entgelten aus dem ab 1. Oktober 2006 geltenden Preisblatt abweichen.
21
Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen die Ergebnisse der unmittelbar nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 und der Stromnetzentgeltverordnung durchgeführten Genehmigungsverfahren zwar bei der Billigkeitskontrolle der zuvor verlangten Entgelte herangezogen werden, weil sie auf den Unternehmensdaten des Jahres 2004 und damit auf einer zeitnahen und auch für angrenzende Jahre brauchbaren Beurteilungsgrundlage beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 43 - Stromnetznutzungsentgelt IV). Dies gilt indes nur für die gerichtliche Bestimmung des Entgelts gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und setzt somit voraus, dass die Unbilligkeit der vom Netzbetreiber getroffenen Bestimmung feststeht.
22
Die Annahme des Berufungsgerichts, wenn die Genehmigung der Entgelte ein Indiz für die Billigkeit der Festsetzung bilde, begründe eine Abweichung von den genehmigten Entgelten ein Indiz für die Unbilligkeit, ist nicht tragfähig. Sie beruht auf der Prämisse, nur ein einziges Entgelt könne der Billigkeit entsprechen. Diese Prämisse ist unzutreffend.
23
Eine Vertragspartei, die nach § 315 Abs. 1 BGB zur Bestimmung der Leistung befugt ist, hat einen Ermessensspielraum. Die von ihr vorgenommene Bestimmung ist erst dann durch das Gericht zu ersetzen, wenn die durch § 315 Abs. 3 BGB gezogenen Grenzen überschritten sind, nicht hingegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 - I ZR 299/02, BGHZ 163, 119, 130 = GRUR 2005, 757 - PRO-Verfahren). Daraus ist zu folgern, dass nicht jede Abweichung von einer behördlichen Genehmigung oder einer gerichtlichen Bestimmung des Entgelts als Indiz für die Überschreitung des Ermessensspielraums gewertet werden kann. Jedenfalls die vom Berufungsgericht festgestellte Abweichung um 9,75 % reicht hierfür nicht aus. Damit kann offen bleiben, ob es überhaupt eine abstrakte Grenze gibt, von der an eine solche Indizwirkung in der Regel bejaht werden kann.
24
2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe ihrer Darlegungslast nicht genügt.
25
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob an den Vortrag des Netzbetreibers geringere Anforderungen zu stellen sind, wenn diesen wie hier nur eine sekundäre Darlegungslast trifft. Der Vortrag der Beklagten ist auch dann hinreichend substantiiert, wenn er an denselben Anforderungen gemessen wird, die gälten, wenn der Beklagten die primäre Darlegungslast obläge.
26
a) Nach der Rechtsprechung des Senats wird der allgemeine Maßstab des billigen Ermessens, den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, durch § 6 Abs. 1 EnWG aF konkretisiert.
27
Danach wird das Ermessen des Netzbetreibers in zweifacher Hinsicht gebunden. Außer an der Beachtung des Diskriminierungsverbots muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG aF einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG aF) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen. Danach kommt es für die Beurteilung , ob die Ermessensentscheidung des Netzbetreibers der Billigkeit entspricht , darauf an, inwiefern das geforderte Netzentgelt der Deckung der Kosten des Netzbetriebs und der Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns dient. Es obliegt dabei dem Netzbetreiber, im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihm nach seiner Kalkulation durch den Netzbetrieb in dem in Rede stehenden Zeitraum entstanden sind, abzudecken waren und welchen Teil seiner Einnahmen er zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des Eigenkapitals mit dem der Klägerin berechneten Preis erzielen wollte (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 32 f. - Stromnetznutzungsentgelt IV).
28
b) Im Streitfall hat die Beklagte wie bereits erwähnt ihre Kalkulation offengelegt. Damit hat sie die aufgezeigten Anforderungen an die Substantiierung ihres Vortrags erfüllt.
29
Die Beklagte hat die angesetzten Kosten im Einzelnen aufgeführt und dargelegt, anhand welcher Methoden sie diese aus der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung abgeleitet hat. Sie hat auch den Zinssatz für die kalkulatorische Verzinsung des Eigenkapitals angegeben, und zwar mit 6,5 %. Ferner hat sie dargelegt, nach welchen Grundsätzen sie die Kosten auf die Netznutzer verteilt hat.
30
Dies entspricht den oben genannten Anforderungen und ermöglicht die gerichtliche Überprüfung, ob die von der Beklagten angewendeten Methoden vor dem Hintergrund der gesetzlichen Anforderungen dem Maßstab der Billigkeit entsprechen.
31
c) Das Berufungsgericht hält den Vortrag für unzureichend, weil lediglich dargelegt werde, dass die Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung II plus eingehalten seien, nicht aber, welche Spielräume diese Prinzipien eröffnet hätten und in welcher Weise die Beklagte diese ausgefüllt habe.
32
Damit hat das Berufungsgericht die vom Senat aufgestellten Anforderungen an die Substantiierung des Parteivortrags überspannt.
33
Wie die Revision zutreffend geltend macht, hat die Beklagte zum Beispiel eingehend aufgezeigt, welche verschiedenen Möglichkeiten es zur Bemessung der kalkulatorischen Abschreibungen auf das Anlagevermögen und zur Verteilung der Kosten auf die einzelnen Netznutzer gibt und aufgrund welcher Erwägungen sie sich für die von ihr angewendete Methode entschieden hat. Dass es hinsichtlich weiterer, für die Preisbildung wesentlicher Faktoren Spielräume ge- geben haben könnte, ist nicht ersichtlich und wird weder vom Berufungsgericht noch von der Revisionserwiderung konkret aufgezeigt.
34
III. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif.
35
1. Das Berufungsgericht wird der Klägerin im wiedereröffneten Berufungsverfahren auf der Basis der zutreffenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen geben müssen.
36
2. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung wiederum zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin ein Anspruch zusteht, wird es die Klage nicht im Hinblick auf die weiteren von der Revision erhobenen Rügen abzuweisen haben.
37
a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe der von ihm vorgenommenen Entgeltbestimmung unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Senats sei es nur zulässig, die verlangten Preise entsprechend den Kürzungen herabzusetzen, die die Regulierungsbehörde im Rahmen der ersten Entscheidungen zur Entgeltgenehmigung vorgenommen hätte; die vom Berufungsgericht vorgenommene Herabsetzung anhand des Verhältnisses zwischen den früher verlangten und den der ersten Genehmigung zugrunde liegenden Entgelten sei demgegenüber unzulässig.
38
Diese Rüge ist unbegründet.
39
Der Senat hat es in der oben aufgezeigten Entscheidung (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 41 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV) nicht beanstandet, die richterliche Bestimmung des Entgelts anhand von durchschnittlichen Kürzungsraten aus den ersten Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Dies schließt es indes nicht aus, im Einzelfall einen anderen, (mindestens) in gleicher Weise geeigneten Maßstab heranzuziehen.
40
Einen solchen Maßstab hat das Berufungsgericht zutreffend im Verhältnis zwischen den Entgelten gesehen, die die Beklagte vor und nach der ersten Genehmigung verlangt hat. Die beiden Entgeltregelungen betreffen unmittelbar aufeinanderfolgende Zeiträume. Mangels besonderer Umstände des Einzelfalls - deren Vorliegen weder festgestellt ist noch von der Revision aufgezeigt wird - kann davon ausgegangen werden, dass sich die Kostenstruktur im Netz der Beklagten innerhalb dieser Zeitspanne nicht wesentlich geändert hat. Nach der Lebenserfahrung ist zudem damit zu rechnen, dass die Kosten selbst bei ansonsten gleichen Ausgangsbedingungen aufgrund der Teuerung angestiegen sind. Angesichts dessen erscheinen die Entgelte, die für das konkrete Netz Gegenstand der ersten Entgeltgenehmigung waren, als Maßstab für die richterliche Entgeltbestimmung grundsätzlich mindestens ebenso gut geeignet wie die aus einer Mehrzahl von Entscheidungen bezüglich unterschiedlicher Netzbetreiber gebildeten Durchschnittswerte der von der Regulierungsbehörde vorgenommenen Kürzungen. Mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten - der sich weder aus den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt noch von der Revision aufgezeigt wird - brauchte sich das Berufungsgericht folglich nicht mit der Frage zu befassen, welches Entgelt Gegenstand des ersten Antrags der Beklagten auf Erteilung einer Entgeltgenehmigung war und welche Kürzungen die Regulierungsbehörde ausgehend davon vorgenommen hat.
41
b) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe der Beklagten den Einwand der Vorteilsausgleichung zu Unrecht versagt.
42
Diese Auffassung, für die sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch das Bundeskartellamt eingesetzt hat, ist unzutreffend.
43
aa) Wie auch die Revision und das Bundeskartellamt im Ansatz nicht verkennen, finden die schadensersatzrechtlichen Grundsätze der Vorteilsausgleichung im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Anwendung (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 34; Urteil vom 5. November 2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307, 315 f. mwN).
44
Das gilt auch im Streitfall. Besondere Umstände, die zu einer abweichenden Beurteilung führen, liegen entgegen der Auffassung der Revision und des Bundeskartellamts nicht vor.
45
bb) Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben können zwar im Einzelfall Ausnahmen in Betracht kommen. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Verhältnis zwischen zwei Netzbetreibern aber nicht mit der Konstellation vergleichbar, die der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 1961 (III ZR 130/60, BGHZ 36, 232 = NJW 1962, 580) zugrunde lag.
46
In dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Fall waren die Kläger, die die Nichtigkeit eines Kaufvertrages wegen überhöhten Kaufpreises (durch unzulässige Einschaltung einer staatlichen Stelle als Zwischenhändler) geltend machten, nach der Bewertung des Bundesgerichtshofs nicht als selbständig disponierende Kaufleute am Markt tätig, sondern als "Glieder in dem Automatismus der staatlich gelenkten Warenverteilung" ohne jedes Preis- oder Absatzrisiko. Die Weiterveräußerung der Ware (Trockenvollei) zum Einkaufspreis zuzüglich eines behördlich bewilligten Handelsaufschlags war von Anfang an gesichert. Selbst die Käufer, an welche die Kläger die Ware zu liefern hatten, waren im Vorhinein behördlich festgelegt worden.
47
Auch wenn die Stellung eines Netzbetreibers, der ein vorgelagertes Netz in Anspruch nimmt, dazu die eine oder andere Ähnlichkeit aufweist, kann er nicht als bloßes Glied einer staatlich gelenkten Warenverteilung angesehen werden. Er kann die Kosten der Nutzung vorgelagerter Netze zwar an seine Kunden weitergeben. Er trägt aber das Absatzrisiko und das Risiko der Zah- lungsunfähigkeit seiner Kunden. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, wenn die Klägerin überhöhte Entgelte zurückfordern kann, auch wenn sie nicht damit zu rechnen hat, ihrerseits von ihren Kunden in Anspruch genommen zu werden. Dies gilt umso mehr, als sich die Stellung der Klägerin - ebenfalls anders als in dem Fall aus der Nachkriegszeit - nicht wesentlich von derjenigen der Beklagten unterscheidet.
48
cc) Die vom Senat aufgestellten Grundsätze über die Vorteilsanrechnung bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Verstößen gegen das Kartellrecht (passing-on defence) führen jedenfalls in Konstellationen wie der vorliegenden ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
49
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats muss es sich ein Geschädigter , der wegen eines Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften Schadensersatz verlangt, schadensmindernd anrechnen lassen, wenn es ihm gelungen ist, einen wegen des Verstoßes überhöhten Kaufpreis auf seine eigenen Abnehmer abzuwälzen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 55 ff. - ORWI). Diese Abnehmer können den Schaden, der ihnen durch die Abwälzung entstanden ist, unmittelbar vom Schädiger ersetzt verlangen, weil dieser aufgrund des begangenen Verstoßes auch ihnen gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist (aaO Rn. 18 ff.).
50
(2) Diese Grundsätze können auf Fälle, in denen eine Preisbestimmung schon gemäß § 315 Abs. 3 BGB unwirksam ist und dem Abnehmer deshalb ein auf (teilweise) Rückzahlung des Entgelts gerichteter Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zusteht, nicht übertragen werden.
51
Ein Bereicherungsanspruch der genannten Art kann auch dann bestehen, wenn die unwirksame Preisbestimmung weder auf eine Kartellabsprache noch auf einen Missbrauch von Marktmacht zurückgeht. Dann stehen typischerweise weder dem unmittelbaren Abnehmer noch den Abnehmern auf nachgelagerten Absatzstufen Schadensersatzansprüche gegen denjenigen zu, der die unwirksame Preisbestimmung vorgenommen hat. Eine Inanspruchnahme dieses Schuldners durch mittelbare Abnehmer auf anderer Rechtsgrundlage scheidet in der Regel aus, weil es insoweit an einem unmittelbaren Rechtsverhältnis fehlt und weil auch eventuelle Bereicherungsansprüche wegen rechtsgrundloser Leistung grundsätzlich nur innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen geltend gemacht werden dürfen. Müsste es sich der erste Abnehmer anspruchsmindernd anrechnen lassen, dass er das überhöhte Entgelt ganz oder teilweise auf die nächste Absatzstufe abwälzen konnte, so blieben dem Schuldner die Vorteile der unwirksamen Preisbestimmung damit in der Regel schon aus Rechtsgründen erhalten. Dies ist mit der Zielsetzung von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB nicht vereinbar und stünde auch in Widerspruch zu dem Anliegen, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverstößen zu fördern.
52
(3) Ob eine abweichende Beurteilung geboten ist, wenn das Verlangen eines überhöhten Entgelts ausschließlich auf einem Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften beruht, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB, der sich wie hier bereits daraus ergibt, dass eine Preisbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB unwirksam ist, darf jedenfalls nicht deshalb eingeschränkt werden, weil die Preisbestimmung zugleich gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. Der Bereicherungsanspruch aus § 315 Abs. 3 und § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB tritt in solchen Fällen vielmehr neben eventuelle Schadensersatzansprüche aus § 33 GWB.
53
Sofern eine Handlung die Tatbestände mehrerer anspruchsbegründender Normen erfüllt, treten die daraus resultierenden Ansprüche, soweit sie auf dasselbe Ziel gerichtet sind, grundsätzlich in so genannter echter Anspruchskonkurrenz nebeneinander, mit der Folge, dass jeder Anspruch nach seinen Voraussetzungen , seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbständig zu beurtei- len ist und seinen eigenen Regeln folgt (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03, NJW-RR 2005, 172; Urteil vom 16. September 1987 - VIII ZR 334/86, BGHZ 101, 337, 343 f.). Eine abweichende Beurteilung ist zwar geboten, wenn einer Vorschrift zu entnehmen ist, dass sie einen Sachverhalt erschöpfend regeln und dementsprechend die Haftung aus anderen Anspruchsgrundlagen ausschließen oder in bestimmter Hinsicht beschränken will (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Dezember 1991 - I ZR 212/89, BGHZ 116, 297, 300; Urteil vom 17. März 1987- VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 201). In der hier zu beurteilenden Konstellation kann § 33 GWB aber nicht die Zielsetzung entnommen werden, dass ein schon auf anderer Grundlage begründeter Bereicherungsanspruch einzuschränken ist, um jede Überlagerung des kartellrechtlichen Sanktionensystems zu verhindern.
54
Zwar ist denkbar, dass der Schuldner wegen des überhöhten Entgelts sowohl von seinem unmittelbaren Abnehmer aus Bereicherungsrecht als auch von mittelbaren Abnehmern aus § 33 GWB in Anspruch genommen wird. Sofern den mittelbaren Abnehmern zugleich ein Ausgleichsanspruch gegen den unmittelbaren Abnehmer zusteht, ist der Schuldner vor einer doppelten Inanspruchnahme im Ergebnis aber dadurch geschützt, dass er entsprechend § 255 BGB (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. April 2010 - IX ZR 223/07, NJW 2010, 1961 Rn. 29 mwN) zur Leistung von Schadensersatz an den mittelbaren Abnehmer nur Zug um Zug gegen Abtretung von dessen Ansprüchen gegen den unmittelbaren Abnehmer verpflichtet ist. Zwar ist nicht auszuschließen, dass dem mittelbaren Abnehmer in einzelnen Fallkonstellationen keine Ausgleichsansprüche gegen den unmittelbaren Abnehmer zustehen. Diese theoretische Möglichkeit bildet aber keine hinreichende Grundlage, um Bereicherungsansprüche des unmittelbaren Abnehmers abweichend von den anerkannten Grundsätzen des Bereicherungsrechts zu beschränken.
Meier-Beck Strohn Kirchhoff
Bacher Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.06.2012 - 37 O 180/09 (Kart) -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.04.2013 - VI-2 U (Kart) 8/12 -

Tenor

Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentlichen Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am ... geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität ... auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität ... Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Der Kläger nahm den Ruf zum 01.01.1984 an. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt, als Dienstaufgabe wurde ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität übertragen. Mit Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums. In einer zwischen dem Beklagten und dem Kläger geschlossenen „Vereinbarung“ vom 09.12.1998 heißt es in der Präambel, der Kläger sei gemäß § 77a UG aus seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens und der Schulen für nichtärztliche medizinische Berufe zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) wird vereinbart, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor.
Wie sich aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums ... - Landespolizeidirektion - vom 07.01.2008 an den Rektor der Universität ... ergibt, gingen in den Monaten Januar und März 2007 beim Amtsgericht ... zwei anonyme Anzeigen ein, denen zu entnehmen war, dass beim Zustandekommen eines Rahmenvertrages zwischen dem Klinikum ... und der Firma ... (...) Schmiergelder gezahlt worden sein sollen. Als Vorteilsnehmer wurde der Kläger benannt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein. Der Beklagte wurde am 22.03.2007 informiert.
Zwischen dem Beklagten und dem Kläger wurde am 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ (im Folgenden auch „Chefarztvertrag“) geschlossen. In der Präambel heißt es, der Kläger sei an der Universität ... tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Der Beklagte sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 des Dienstvertrags (Dienstverhältnis) wird ausgeführt, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde bestätigt. Das Dienstverhältnis sei bürgerlich-rechtlicher Natur. In § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) heißt es u.a., unberührt blieben die Aufgaben als Universitätsprofessor, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richteten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) ist der Ärztliche Direktor für die medizinische Versorgung der Patienten verantwortlich; ihm obliegen für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft tritt, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft tritt.
Mit Beschluss vom 13.11.2007 ordnete das Amtsgericht ... die Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers an. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Firma ... abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens 5 Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Hierfür habe der Kläger Zuwendungen seitens der Firma ... und ihrer Muttergesellschaft, der Firma ... erhalten. Am 11.12.2007 wurden die Büroräume des Klägers durchsucht. Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger auf, eine ausführliche Stellungnahme zu den im Durchsuchungsbeschluss genannten Vorwürfen abzugeben. Der Kläger führte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.12.2007 aus: Am Abschluss des Rahmenvertrages sei er nicht beteiligt gewesen. Es sei richtig, dass er seit Dezember 2005 diverse finanzielle Mittel erhalten habe, die allerdings nicht aus Mitteln der Firma ... stammten. Die Firma ... sei erst im Sommer 2006 gegründet worden. Die zugewandten Beträge stammten aus Darlehen verschiedener Freunde und von Herrn ..., der ebenfalls ein langjähriger Freund sei. Zwar sei Herr ... Geschäftsführer der Firma ..., die Darlehen, die dieser dem Kläger gewährt habe, hätten aber nichts mit dem Abschluss des Rahmenvertrages zu tun.
Mit Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität ... führte die Landespolizeidirektion u.a. aus: Aufgrund des derzeitigen Ermittlungsstandes sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen und Vorteile im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Firma ... stünden und dass der Kläger der Firma ... durch die Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Der Beklagte forderte den Kläger zur Stellungnahme auf. Der Kläger erwiderte unter dem 18.01.2008, die Firma ... habe einen Vertrag mit der größten Klinikumsgruppe ... abgeschlossen. Im Rahmen dieser geschäftlichen Entwicklung solle sie auch eigene Labore betreiben. Im Zuge dieser „strategischen Ausrichtung“ habe er Herrn ... beraten. Zu keinem Zeitpunkt habe er interne Unterlagen an die Firma ... übermittelt. - Am 22.01.2008 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger über die von der Landespolizeidirektion erhobenen Vorwürfe der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, das Gespräch diene dazu, dass der Beklagte prüfen könne, inwieweit er arbeitsrechtliche Konsequenzen aus den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen ziehen müsse.
Mit „Verdachtskündigung“ vom 24.und 25.01.2008 führte der Beklagte aus, er nehme Bezug auf sein Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 und kündige hiermit den zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Zugleich teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25.01.2008 mit, da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum hiermit beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 30.01.2008, in dem Ruf des MWK vom 17.08.1983 werde ihm zugesichert, dass er das Fach Klinische Chemie und Laborato-riumsmedizin an der Universität ... vertreten dürfe und ihm die Leitung des Zentrallabors der Beklagten übertragen werde. Die Berufungszusage enthalte also auch die Leitung des Zentrallaboratoriums.
Die Staatsanwaltschaft ... erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger. Er wird beschuldigt, Vergehen der Bestechlichkeit in 4 Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2009 forderte der Beklagte den Kläger auf, fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen. Unter dem 20.01.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Das MWK führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 08.02.2010 aus: Die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C 3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum... gem. § 53 LHG. Gegen die Abberufung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
10 
Der Kläger hat die vorliegende Klage bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht ... erhoben. Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht ... den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen. Der Kläger trägt ergänzend vor: Die fristlose Kündigung vom 24. und 25.01.2008 sei unwirksam, da sie nicht fristgerecht i.S. des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden sei. Der Beklagte habe spätestens seit den anonymen Anzeigen Ende Januar 2007 Kenntnis von den Vorfällen. Nach seiner Stellungnahme vom 19.12.2007 hätte der Beklagte spätestens die Verdachtskündigung aussprechen müssen. Die vom Beklagten erhobenen Vorwürfe seien haltlos und rechtfertigten keinen für eine Verdachtskündigung notwendigen dringenden Tatverdacht. Die fristlose Kündigung enthalte keinerlei Begründung. Die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung sei unzureichend gewesen. Ihm sei trotz mehrfachem Nachfragen zu keinem Zeitpunkt Einblick in die ihn angeblich belastenden Unterlagen gewährt worden, so dass eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich gewesen sei. Schließlich sei der Abwägungsvorgang, sofern der Beklagte überhaupt eine Abwägung vorgenommen habe, völlig unzureichend verlaufen. Sozialdaten seien nicht gewürdigt worden. Die Berechnung der ordentlichen Kündigungsfrist sei unzutreffend. Der Beklagte könne vielleicht eine Vergütungsregelung kündigen, nicht aber das zugrundeliegende Dienstverhältnis. Hierfür sei nur das Land Baden-Württemberg zuständig.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
festzustellen, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25. Januar 2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrages vom 24.07.2007 unwirksam sind,
13 
hilfsweise, den Bescheid vom 24. und 25. Januar 2008 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Er führt weiter aus: Ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorlägen, richte sich allein nach § 626 BGB. Unerheblich sei, ob es sich um einen privatrechtlichen Dienstvertrag nach § 611 BGB oder um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handle. Es existiere keine Rechtsgrundlage, die es dem Land Baden-Württemberg erlauben würde, seine Beamten bestimmten Dienststellen anderer, selbständiger juristischer Personen mit zwingender Wirkung zuzuweisen. Zwar sei der Kläger gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, beim Beklagten Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens zu erfüllen. Dem stehe jedoch keine Pflicht des Beklagten gegenüber, ihn mit diesen Aufgaben zu betrauen. Somit komme es für die Frage, ob der Kläger seine ihm vom Beigeladenen übertragenen Dienstpflichten erfüllen könne, darauf an, dass ihm die Möglichkeit der Beschäftigung beim Beklagten durch einen entsprechenden Dienstvertrag eröffnet werde. Abgesehen davon werde das dem Kläger verliehene Amt und damit seine statusrechtliche Stellung als Beamter von der Kündigung des Dienstvertrages nicht berührt. Sofort nach Kenntnisnahme vom Schreiben der Landespolizeidirektion vom 07.01.2008 (am 14.01.2008) habe er den Kläger aufgefordert, sich zu den neuen Vorwürfen zu äußern. Unmittelbar nach Zugang des Schreibens des Klägers vom 18.01.2008 sei es am 22.01.2008 zu einem Gespräch über die erhobenen Vorwürfe gekommen. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, Akteneinsicht könne nicht gewährt werden, der Beklagte sei selbst nicht im Besitz der strafrechtlichen Ermittlungsakten und habe in diese auch noch keine Einsicht genommen. Die gegen den Kläger sprechenden Verdachtsmomente hätten sich in einer Weise erhärtet, dass das erforderliche Vertrauen zerstört sei. Jedenfalls bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine vertraglichen Pflichten nach § 2 Abs. 4 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 in grobem Maße verletzt habe. Nach dieser vertraglichen Bestimmung habe er über interne Angelegenheiten des Universitätsklinikums Stillschweigen zu bewahren. Die erforderliche Interessenabwägung falle ohne weiteres zu Lasten des Klägers aus. Auch unter Berücksichtigung der schlechten finanziellen Lage des Klägers sei eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen. Nach der Stellungnahme vom 19.12.2007 seien die Verdachtsmomente noch nicht hinreichend konkretisiert gewesen, auch habe der Kläger noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen persönlich zu äußern. Aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB folge, dass die Angabe von Gründen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche Kündigung sei.
17 
Der Beigeladene beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Dem Gericht liegen Akten des Beklagten und des Beigeladenen, die Akten des Arbeitsgerichts .../... sowie die Akten des Verwaltungsgerichts .../... und .../... vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Gründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.

2

Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.

3

Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.

        

Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.

        

…       

        

Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.

        

(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)

        

Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.

        

Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.

        

Hochachtungsvoll

        

…“    

4

Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.

5

Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

6

Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr R,

        

aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.

        

Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“

7

Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.

10

In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

14

I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).

15

II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.

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1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

17

2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.

18

3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

19

a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

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b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.

21

aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.

22

bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

23

(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.

24

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).

25

cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.

26

(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.

27

(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.

28

(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

29

III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).

30

IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 55/00
Verkündet am:
25. September 2002
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Macht der Kläger im Rahmen einer Stufenklage einen Mindestbetrag geltend, weil er
die Klageforderung insofern beziffern und begründen zu können meinte, ohne auf
eine Auskunft des Beklagten angewiesen zu sein, liegt nur wegen des darüber hinausgehenden
Klagebegehrens eine Stufenklage, im übrigen eine bezifferte Teilklage
vor.
BGH, Urteil vom 25. September 2002 - XII ZR 55/00 - OLG Schleswig
AG Eckernförde
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 20. Dezember 1999 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Der Kläger macht gegen die Beklagte Zugewinnausgleichsansprüche geltend. Er hat beim Familiengericht zunächst eine als Stufenklage bezeichnete Klageschrift eingereicht mit folgenden Anträgen: "I. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die Verkehrswerte folgender ihr gehörender Gegenstände, und zwar jeweils zum Zeitpunkt des Erwerbs, sowie per 24. März 1993 ... (es werden 10, zum Teil bebaute Grundstücke aufgeführt). II. an den Kläger den sich aus den Auskünften zu I. ergebenden Zugewinn (Wertsteigerung in der Zeit ab dem Erwerbszeitpunkt durch die
Beklagte und dem 24. März 1993 abzüglich der auf diese Zeit ent- fallenden Kaufkraftverminderung) zu zahlen, vorerst 3.900 DM." In der Begründung wird ausgeführt, er - der Kläger - habe keinen Zugewinn erzielt. Bezüglich eines Vermögensgegenstandes könne er den von der Beklagten gemachten Zugewinn berechnen, dieser betrage 3.900 DM. Bezüglich zehn weiterer Vermögensgegenstände sei er auf eine Auskunft der Beklagten angewiesen. Mit der Klage hat der Kläger in Form von Gerichtskostenmarken einen Vorschuß für einen Streitwert von 3.900 DM eingezahlt. Das Gericht hat die Klage zunächst nicht zugestellt und den Kläger mit Verfügung vom 22. März 1996 aufgefordert, binnen zwei Wochen mitzuteilen, "welche Vorstellungen er von der Höhe des von der Beklagten zu zahlenden Zugewinns" habe. Der gezahlte Kostenvorschuß sei wohl bei weitem nicht ausreichend. Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28. März 1996 mitgeteilt, er mache "zunächst nur den beantragten Teilbetrag in diesem Verfahren geltend". Die ursprüngliche Klageschrift wurde dann zusammen mit dem Schriftsatz vom 28. März 1996 zugestellt. Die Beklagte hat nicht nur zu dem bezifferten Antrag Stellung genommen , sondern auch zu den Vermögenspositionen, zu denen der Kläger in der Klageschrift Auskunft verlangt hatte. Daraufhin haben die Parteien den Auskunftsanspruch für erledigt erklärt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß ihm aufgrund der erteilten Auskünfte ein Zugewinnausgleichsanspruch auf Zahlung weiterer 1.572.210,70 DM zustehe. Mit Schriftsatz vom 18. November 1996 hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.900 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen und ihm Prozeßkostenhilfe für einen weitergehenden, auf 1.572.210,70 DM zuzüglich Zinsen ge-
richteten Zahlungsantrag zu bewilligen. Den Antrag auf Bewilligung von Pro- zeßkostenhilfe für die Erweiterung der Klage hat das Familiengericht durch Beschluß vom 19. November 1996 zurückgewiesen, eine Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluß und eine Gegenvorstellung gegen die Beschwerdeentscheidung hatten keinen Erfolg. Im Termin vor dem Familiengericht am 8. Dezember 1998 hat der Kläger den Antrag aus der ursprünglichen Klageschrift zu Ziffer II gestellt mit dem Bemerken , er "mache diesen Betrag als Teilbetrag geltend". Außerdem hat er beantragt , ein Grundurteil zu erlassen "mit dem Inhalt, daß die Beklagte dem Kläger auf Zahlung von Zugewinn haftet". Seinen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Erweiterung der Klage hat er wiederholt. Die Beklagte hat den Zahlungsanspruch aus dem Antrag II der Klageschrift anerkannt. Durch Urteil vom 8. Januar 1999 hat das Familiengericht die Beklagte im Wege des Anerkenntnisses verurteilt, an den Kläger 3.900 DM zu zahlen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß über mehr nicht zu entscheiden sei. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung weiterer 5.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Familiengericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen mit der Begründung, der Kläger sei durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seine in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nach §§ 547 ZPO a.F., 26 Nr. 5 EGZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist die Berufung unzulässig , weil der Kläger durch das angefochtene erstinstanzliche Urteil nicht beschwert ist. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein im Kostenpunkt bestehen darf, sowie das Bestreben, gerade diese Beschwer durch das Rechtsmittel zu beseitigen (Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. vor § 711 Rdn. 10 m.N. aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Daß der Rechtsmittelkläger mit seinem Rechtsmittel andere, möglicherweise an sich berechtigte Interessen verfolgt , genügt nicht. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist von der sogenannten formellen Beschwer auszugehen. Das bedeutet, daß der Rechtsmittelkläger beschwert ist, wenn das angefochtene Urteil von seinen in der Vorinstanz gestellten Anträgen abweicht (ständ. Rechtspr. des BGH, vgl. Urteil vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 89/90 - NJW 1991, 703, 704 m.w.N.). Das erstinstanzliche Gericht hat dem Antrag des Klägers, die Beklagte zur Zahlung von 3.900 DM zu verurteilen, im Wege eines Anerkenntnisurteils uneingeschränkt stattgegeben. Eine Klage mit einem darüber hinausgehenden Klageantrag ist nicht rechtshängig geworden. Das Familiengericht hatte deshalb nur über den bezifferten Klageantrag auf Zahlung von 3.900 DM zu entscheiden und hat auch nur über diesen Antrag entschieden. Da es ihm voll stattgegeben hat, scheidet eine Beschwer des Klägers aus.

a) Die Revision geht zu Unrecht davon aus, das Familiengericht habe auch über eine über den bezifferten Zahlungsantrag hinausgehende Stufenklage entscheiden müssen. Eine Stufenklage ist nicht rechtshängig geworden. Die ursprüngliche Klageschrift enthielt allerdings eine Stufenklage. Darin hat der Kläger geltend gemacht, er könne wegen eines bestimmten Teils seiner Klageforderung seine Ansprüche beziffern, weil er insofern keine Auskünfte benötige. Wegen eines anderen, größeren Teils könne er seinen Anspruch dagegen noch nicht beziffern, weil er insofern auf Auskünfte der Beklagten angewiesen sei. Insofern hat der Kläger in der ursprünglichen Klageschrift eine bezifferte Teilklage geltend gemacht verbunden mit einer unbezifferten Stufenklage. Gegen diese Art des prozessualen Vorgehens bestehen zwar keine Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in einem solchen Falle die Klage nur hinsichtlich des Begehrens, das das bezifferte Zahlungsbegehren übersteigt, als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO anzusehen (BGHZ 107, 236, 239 m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; Stein/Jonas/Schumann, ZPO 21. Aufl. § 254 Rdn. 18; Lüke in MünchKomm /ZPO 2. Aufl., § 254 Rdn. 16). Die Klageschrift ist aber nicht uneingeschränkt mit dem ursprünglichen Inhalt zugestellt worden. Sie ist vielmehr zusammen mit dem Schriftsatz des Klägers vom 28. März 1996 zugestellt worden, in dem er - auf die Verfügung des Gerichts vom 22. März 1996 hin - ausdrücklich erklärt hat, er mache "zunächst nur den beantragten Teilbetrag in diesem Verfahren geltend." Es hätte nahegelegen, den Kläger aufzufordern, zum Zwecke der Zustellung eine dem neuen Begehren angepaßte Klageschrift vorzulegen. Daß das Gericht diesen Weg nicht gewählt hat, ändert aber nichts daran, daß der zu dem Zeitpunkt der Zustellung der Klage geltend gemachte Klageantrag anhand der von dem Kläger abgegebenen Erklärungen auszulegen ist (vgl. Lüke in MünchKomm/ZPO
aaO § 253 Rdn. 90 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ). Aus dem gleichzeitig mit der Klageschrift zugestellten Schriftsatz des Klägers vom 28. März 1996 ergibt sich, daß der Kläger - jedenfalls zunächst und aus Kostengründen - nur wegen des mit 3.500 DM bezifferten Zahlungsantrags aus der Klageschrift Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollte. Das bedeutet, daß auch nur insofern Rechtshängigkeit eingetreten ist. Daß der Kläger dies selbst auch so verstanden hat, ergibt sich aus seinen Schriftsätzen vom 11. November 1996 und vom 18. November 1996. Auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 11. November 1996 heißt es ausdrücklich, der Kläger mache "nach wie vor" aus Gründen der Prozeßökonomie vorerst nur den rangletzten Teilbetrag in Höhe von 3.900 DM geltend. In dem Schriftsatz vom 18. November 1996 kündigt der Kläger den Antrag an, die Beklagte zu verurteilen , an ihn 3.900 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen, und beantragt wegen einer beabsichtigten Klageerweiterung Prozeßkostenhilfe.
b) Da nur eine bezifferte Zahlungsklage, nicht aber eine Stufenklage rechtshängig geworden ist, hatte die von den Parteien wegen des in der Klageschrift ursprünglich geltend gemachten Auskunftsanspruchs abgegebene Erledigungserklärung für den vorliegenden Prozeß keine Bedeutung, sie ging insofern ins Leere. Bedeutung konnte sie nur für die von dem Kläger beabsichtigte Klageerweiterung haben, für die er erfolglos Prozeßkostenhilfe beantragt und die er dann nicht vorgenommen hat.
c) Zu Unrecht meint die Revision, die Rechtshängigkeit der gesamten in der Klageschrift enthaltenen Stufenklage sei nach den §§ 261 Abs. 2, 297 ZPO zumindest dadurch eingetreten, daß der Kläger in den mündlichen Verhandlungen vom 26. Februar 1998 und insbesondere vom 8. Dezember 1998, auf die hin das erstinstanzliche Urteil ergangen ist, den Klageantrag II aus der ur-
sprünglichen Klageschrift "insgesamt" gestellt habe. Auch diese Anträge konnten nach den Erklärungen, die der Kläger mehrfach abgegeben hatte, nur dahin verstanden werden, daß er den in dem Antrag II der Klageschrift enthaltenen bezifferten Zahlungsantrag stelle. In der entscheidenden mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 1998 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers dies noch einmal ausdrücklich klargestellt, indem er hinzugefügt hat: "Ich mache diesen Betrag als Teilbetrag geltend." Wäre die Stufenklage, wie von der Revision angenommen, in der mündlichen Verhandlung (oder schon durch die Zustellung der Klageschrift) rechtshängig geworden, hätte das im übrigen nur zur Folge, daß dieser Teil der Klage als unzulässig abgewiesen werden müßte. Nachdem der Kläger nämlich erklärt hat, daß ihm alle erforderlichen Auskünfte erteilt seien, und nachdem er in dem Prozeßkostenhilfeverfahren den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Zugewinnausgleichsanspruch beziffert hatte, hätte er auch im Rahmen einer Stufenklage einen bezifferten Leistungsantrag stellen müssen. Dies hat er nicht getan mit der Folge, daß die Stufenklage durch Prozeßurteil abzuweisen wäre (vgl. Lüke in MünchKomm/ZPO aaO § 254 Rdn. 21).
d) Entgegen der Annahme der Revision ergibt sich eine Beschwer des Klägers auch nicht deshalb, weil das Familiengericht dem zusätzlichen Antrag des Klägers auf Erlaß eines Grundurteils "mit dem Inhalt, daß die Beklagte dem Kläger auf Zahlung von Zugewinn haftet", nicht entsprochen hat. Der Antrag, ein Grundurteil zu erlassen, ist ein Prozeßantrag, kein Sachantrag. Der Erlaß eines Grundurteils nach § 304 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Ein Grundurteil kann nur bezüglich des rechtshängig gewordenen Anspruchs erlassen werden, wenn dieser Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist. Da im vorliegenden Fall über den rechtshängig gewordenen Anspruch aufgrund des
Anerkenntnisses der Beklagten abschließend entschieden werden konnte, kam der Erlaß eines Grundurteils nicht in Betracht.
e) Entgegen der Ansicht der Revision bestand für das Familiengericht auch kein Anlaß, den Antrag auf Erlaß eines Grundurteils wegen des genannten Zusatzes in eine Feststellungsklage umzudeuten, die einen die bezifferten 3.900 DM übersteigenden Zugewinnausgleichsanspruch betrifft. Eine solche Umdeutung verbietet sich schon deshalb, weil ein entsprechender Feststellungsantrag unzulässig gewesen wäre. Da der Kläger nach seinem eigenen Vortrag seinen Zahlungsanspruch uneingeschränkt beziffern konnte, hätte für die Erhebung einer Feststellungsklage das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) gefehlt. Der Kläger kann eine Beschwer nicht daraus herleiten, daß das Familiengericht den Prozeßantrag nicht in einen unzulässigen Feststellungsantrag umgedeutet hat, durch den der Umfang der Rechtshängigkeit erweitert worden wäre.
f) Schließlich hatte das Berufungsgericht auch keine Veranlassung, sich mit der Frage zu befassen, ob der von dem Kläger in erster Instanz gestellte Antrag auf Erlaß eines Grundurteils in einen Antrag auf Erlaß eines Zwischenfeststellungsurteils nach § 256 Abs. 2 ZPO hätte umgedeutet werden können. Das Urteil des Familiengerichts behandelt diese Frage nicht. Hätte der Kläger mit der Berufung geltend machen wollen, daß er eine Entscheidung nach § 256 Abs. 2 ZPO vermisse, hätte er hierzu in der Berufungsbegründung Ausführungen machen müssen. Selbst wenn man unterstellt, daß der Kläger mit seiner Berufung auch das Fehlen einer Entscheidung über einen konkludent gestellten Zwischenfeststellungsantrag angefochten hat, wäre seine Berufung insofern mangels Begründung unzulässig.

g) Da dem Begehren des Klägers, soweit es rechtshängig geworden ist, durch das erstinstanzliche Urteil uneingeschränkt entsprochen worden ist, ist der Kläger durch dieses Urteil nicht beschwert.
Hahne Gerber Weber-Monecke
Fuchs Ahlt

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Einsicht in Akten des Bundesministeriums der Justiz, die im Zusammenhang mit einem Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts entstanden sind.

2

Mit Urteil vom 29. Januar 2003 - 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01 - (BVerfGE 107, 150) entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB über die nur unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Ausübung der gemeinsamen Sorge für nichteheliche Kinder mit dem Elternrecht des Vaters vereinbar sei. Der Gesetzgeber sei jedoch verpflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die der gesetzgeberischen Entscheidung zugrunde liegende prognostische Annahme auch vor der Wirklichkeit Bestand habe.

3

Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 bat der Kläger um Auskunft zu Stand und Ergebnis der hierzu vom Bundesministerium der Justiz bei Jugendämtern und Rechtsanwälten durchgeführten Befragung und beantragte zugleich Einsicht in die diesbezüglichen Akten des Ministeriums. Mit Bescheid vom 5. Juni 2008 teilte das Bundesministerium der Justiz dem Kläger mit, dass nach der Auswertung der Befragung - deren Zusammenfassung war beigefügt - eine wissenschaftliche Untersuchung erforderlich sei. Den Antrag auf Akteneinsicht lehnte das Ministerium ab.

4

Im Laufe des Klageverfahrens gewährte das Bundesministerium der Justiz dem Kläger Einsicht in die Aktenbestandteile, die Grundlage der bereits erteilten Auskunft waren. Bezüglich der übrigen Akten gab das Verwaltungsgericht der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Gewährung von Akteneinsicht. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte dem Kläger erneut bzw. erstmalig Akteneinsicht in sämtliche zum Prüfungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts beim Bundesministerium der Justiz vorhandenen Originalakten zugesagt mit Ausnahme personenbezogener Daten sowie von zwei in den Akten enthaltenen hausinternen Vorlagen für die Ministerin. Hinsichtlich der freigegebenen Akten haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Als Teil der Exekutive sei das Bundesministerium der Justiz grundsätzlich informationspflichtige Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Eine Differenzierung zwischen Regierungshandeln und Behördentätigkeit finde in dieser Bestimmung keine Stütze. Weder der Wortlaut und der systematische Zusammenhang noch ein Vergleich mit anderen gesetzlichen Regelungen rechtfertigten eine restriktive Auslegung des Behördenbegriffs. Diese sei des Weiteren nicht mit Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes vereinbar, das nach dem Willen des Gesetzgebers in weitem Umfang Partizipation und Kontrolle ermöglichen solle. Ablehnungsgründe stünden dem Informationsanspruch nicht entgegen. Eine nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG erforderliche konkrete Gefährdung des innerbehördlichen Beratungsvorgangs sei vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung im Bereich des Sorgerechts für nichteheliche Kinder weder substantiiert dargetan noch ersichtlich. Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 3. Dezember 2009 - Nr. 22028/04, Zaunegger (NJW 2010, 501) und der daran anschließenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 420/09 - (BVerfGE 127, 132) seien die ursprünglich im Anschluss an den Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Bundesministerium der Justiz angestellten Erwägungen und Untersuchungen zur Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Handelns überholt. Der pauschale Hinweis, dass der politisch verantwortlichen Ministerin ein von Einsichtsansprüchen unbelasteter "Schutzraum" zugebilligt werden müsse, könne die gebotene einzelfallbezogene Darlegung einer konkreten Gefährdung nicht ersetzen. Der Ablehnungsgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG greife hiernach ebenso wenig ein. Schließlich sei jedenfalls substantiiert auch nichts dafür dargetan, dass der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bei dem hier abgeschlossenen Vorgang der Herausgabe der Informationen entgegenstehe. Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens des erledigten Teils des Rechtsstreits hat das Oberverwaltungsgericht die Billigkeitsentscheidung zu Lasten der Beklagten auf die Erwägung gestützt, dass diese den Kläger ohne erkennbare Änderung der Sach- und Rechtslage klaglos gestellt habe.

5

Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:

Die Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz zur Reform des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB unterfielen als Regierungshandeln nicht dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes. Der von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG rezipierte funktionelle Behördenbegriff des § 1 Abs. 4 VwVfG umfasse den Bereich des Regierungshandelns von vornherein nicht. Die ausführende Verwaltung sei von den Maßnahmen der Regierung, die mit ihrem staatsleitenden Charakter unmittelbar auf verfassungsrechtlichen Befugnissen fußten, zu unterscheiden. Die Doppelrolle der Ministerien als Verfassungsorgan und Behörde dürfe nicht überspielt werden; vielmehr komme es für die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes auf den jeweiligen Funktionsbereich an. Soweit in der Gesetzesbegründung die Gesetzesvorbereitung als Verwaltungshandeln angesehen worden sei, handele es sich nur um die Mitteilung einer - unzutreffenden - Rechtsansicht; nicht aber um den Ausdruck eines Regelungswillens. Eine enge Auslegung des Behördenbegriffs sei auch von Verfassung wegen geboten. Das Grundgesetz differenziere bei der vollziehenden Gewalt zwischen Verwaltung und Regierung. Davon ausgehend habe es eine Wertentscheidung zu Gunsten einer repräsentativen Demokratie mit einzelnen plebiszitären Elementen getroffen. Dabei werde die vollziehende Gewalt durch den Bundestag als das unmittelbar demokratisch legitimierte Organ kontrolliert, nicht aber direkt durch das Volk. Eine zusätzliche Kontrolle der Regierung durch den Einzelnen würde das System der Zuordnung von Kompetenzen und Verantwortungsbereichen im Verhältnis zwischen Regierung und Bundestag verändern. Bei der Gesetzesvorbereitung handele die Regierung als Verfassungsorgan, das auf den dauerhaften Schutz seiner Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung vertrauen dürfe. Die Frage, ob und wie Gesetzesvorhaben verfolgt würden, sei eine typische Leitungsaufgabe. Hierzu zähle bereits die Vorbereitung und Ausarbeitung im Hinblick auf ein eventuelles Gesetzesvorhaben; auch die Sammlung von Tatsachen und die Aufbereitung und Bewertung zur Vorbereitung einer ministeriellen Entscheidung gehörten hierzu. Insbesondere die Anfangsphase sei von besonderer Bedeutung und Sensibilität, sodass insofern eine Sphäre der Vertraulichkeit zu gewährleisten sei.

6

Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht jedenfalls die Versagungsgründe nach § 3 Nr. 4 IFG und § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG verkannt. Des Weiteren stehe der Schutz der exekutiven Eigenverantwortung als ungeschriebener Versagungstatbestand dem geltend gemachten Anspruch entgegen. Abschließend rügt die Beklagte, dass das Ermessen im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO hinsichtlich des erledigten Teils der Klage nicht sachgerecht ausgeübt worden sei.

7

Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet und demnach zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht den Informationszugangsanspruch bejaht und die Berufung zurückgewiesen hat (1.). Soweit die Beklagte ausdrücklich eine Korrektur der Kostenentscheidung bezüglich des in der Berufungsinstanz für erledigt erklärten Teils des Verfahrens begehrt, ist die Revision bereits unzulässig und gemäß § 144 Abs. 1 VwGO zu verwerfen (2.).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Zugang zu den noch im Streit stehenden Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ist eröffnet (a). Versagungsgründe stehen dem Anspruch nicht entgegen (b).

10

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Darüber hinaus richtet sich der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gegen sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Das Bundesministerium der Justiz zählt zu den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG grundsätzlich zur Auskunft verpflichteten Behörden; die gesetzesvorbereitende Tätigkeit als Teil des Regierungshandelns ist hiervon nicht ausgenommen.

11

aa) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs der Behörde, der in einem organisatorisch-institutionellen oder in einem funktionellen Sinn verwendet werden kann. Die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG legt indessen ein funktionelles Verständnis nahe, indem sie bei sonstigen Bundesorganen und -einrichtungen die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes von der jeweils wahrgenommenen Aufgabe abhängig macht. Dieses auf die Aufgabe bezogene Merkmal kennzeichnet dann sowohl die in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG als auch die im folgenden Satz genannten Anspruchsverpflichteten. Die Begründung des Gesetzentwurfs bestätigt dies durch den Verweis auf § 1 Abs. 4 VwVfG (BTDrucks 15/4493 S. 7). Danach sind Behörden alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

12

aaa) Der Begriff der Stelle hat einen organisationsrechtlichen Bezug. Er bezeichnet eine gewisse organisatorische Eigenständigkeit und meint jede Person des öffentlichen Rechts und ihre Organe, d.h. jede Organisationseinheit, die durch Organisationsrecht gebildet, vom Wechsel des Amtsinhabers unabhängig und nach den einschlägigen Zuständigkeitsregelungen berufen ist, unter eigenem Namen eigenständige Aufgaben wahrzunehmen (Urteil vom 20. Juli 1984 - BVerwG 7 C 28.83 - BVerwGE 70, 5 <13> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 198; vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 1 Rn. 241, 248 f.). Beim Bundesministerium der Justiz als einer Behörde im organisationsrechtlichen Sinne sind diese Voraussetzungen ohne Weiteres gegeben.

13

bbb) Nach materiellen Kriterien entscheidet sich, ob die Aufgaben der Stelle dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zuzurechnen sind. Der Versuch einer positiven Umschreibung der Verwaltung führt allerdings nicht weiter. Denn damit werden nur einzelne typische Merkmale der Verwaltung hervorgehoben, ohne allerdings ihre Vielfalt abschließend zu erfassen. Das kann nur eine negative Begriffsbestimmung leisten, die den Bereich der Verwaltung im Wege der Subtraktionsmethode allein in Abgrenzung von den anderen Staatsfunktionen ermittelt (vgl. nur Ehlers, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 1 Rn. 5 ff. m.w.N.). Dieser Ansatz führt zu einem weiten Verständnis der Verwaltung, wenn in Anlehnung an den in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Gewaltenteilung bzw. der Funktionentrennung die Verwaltung mit der vollziehenden Gewalt gleichgesetzt und lediglich der Gesetzgebung und der Rechtsprechung gegenübergestellt wird. Der Bereich der Verwaltung fällt demgegenüber enger aus, wenn - wie nach Ansicht der Beklagten geboten - innerhalb der Exekutive die typischerweise gesetzesgebundene Verwaltung von der Aufgabe der Regierung unterschieden wird, die Anteil an der Staatsleitung hat und in den allein von der Verfassung gesetzten rechtlichen Grenzen Ziele und Zwecke des staatlichen Handelns vorgibt (vgl. etwa Schröder, HStR, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 106 Rn. 4, 10 f., 29 f.).

14

Wenn auch im Staatsrecht die Eigenständigkeit der Regierungsfunktion betont wird, so weist der Rechtsbegriff der Verwaltung gleichwohl einen gesetzesübergreifend allgemein gültigen Inhalt nicht auf; er ist vielmehr je eigenständig zu bestimmen (vgl. Ehlers a.a.O. Rn. 12). Der Normtext kann insoweit aus sich heraus aussagekräftig sein. So spricht etwa § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG von der "Regierung und anderen Stellen der Verwaltung" und gibt damit für einen unionsrechtlich determinierten Ausschnitt des Informationsfreiheitsrechts (siehe Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen) zu erkennen, dass die Verwaltung umfassend verstanden wird (siehe hierzu auch Urteil vom 18. Oktober 2005 - BVerwG 7 C 5.04 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 1 Rn. 21). Fehlt es wie hier im Gesetzestext an ausdrücklichen Hinweisen auf das maßgebliche Normverständnis, ist auf den jeweiligen Regelungszusammenhang und das Regelungsziel des Gesetzes abzustellen. Das führt hier zu einem weiten Verständnis der Verwaltung und hieran anknüpfend zu einem umfassenden Begriff der Behörde.

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(1) Für den Bereich des Informationsfreiheitsgesetzes wird die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Verwaltung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensrechts geprägt.

16

Zum einen verweist das Informationsfreiheitsgesetz insoweit nicht auf das Verwaltungsverfahrensgesetz. Vielmehr übernimmt das Informationsfreiheitsgesetz nur den dort normierten Behördenbegriff (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 79). Die zum Verwaltungsverfahrensgesetz ergangene Rechtsprechung, die u.a. mit dem Begriff des Regierungsakts einen gesonderten Bereich der Regierungstätigkeit anerkennt, bezieht sich demgegenüber auf den Begriff der Verwaltungstätigkeit nach § 1 Abs. 1 VwVfG, die den Anwendungsbereich des Gesetzes umschreibt und somit dem Individualrechtsschutz beim Verwaltungshandeln verpflichtet ist (siehe Schmitz a.a.O. § 1 Rn. 83, 165 ff., 186 ff.; vgl. auch Pieper, Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2008, S. 59 <75 f.>). Darum geht es beim Informationsfreiheitsgesetz aber nicht. Zwar wird mit dem Antrag auf Informationszugang ein eigenes Verwaltungsverfahren eröffnet. Dessen Anknüpfungspunkt, die begehrte amtliche Information, muss aber nicht aus einem behördlichen Handeln stammen, das als solches dem Verwaltungsverfahrensgesetz unterliegt.

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Zum anderen kann ein enger Bezug zum Verwaltungsverfahrensgesetz auch nicht mit der Erwägung bejaht werden, dass das Informationsfreiheitsgesetz der Sache nach verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen enthalte. Denn das Informationsfreiheitsgesetz gewährt einen eigenständigen materiellrechtlichen Anspruch auf Informationszugang, der sich vom Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren grundlegend unterscheidet (Beschluss vom 15. Oktober 2007 - BVerwG 7 B 9.07 - Buchholz 451.09 IHKG Nr. 20; vgl. etwa Gusy, GVwR, Bd. II, § 23 Rn. 81 ff. m.w.N.).

18

(2) Gibt demnach der gesetzesübergreifende Regelungszusammenhang für ein enges Verständnis von Verwaltung nichts her, ergeben sich aus einer Zusammenschau der Regelungen in § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 IFG demgegenüber Anhaltspunkte für ein umfassendes Verständnis. Ausgehend von einem funktionellen Behördenbegriff hat die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG für die sonstigen Bundesorgane und -einrichtungen keine konstitutive Bedeutung (Schoch a.a.O. § 1 Rn. 90). Vielmehr soll lediglich klargestellt werden, dass auch Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichte sowie Bundesbank vom Geltungsbereich des Gesetzes erfasst sind, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (BTDrucks 15/4493 S. 7 f.). Ein entsprechender und bei Zugrundelegung der Rechtsansicht der Beklagten gleichfalls klarstellender Hinweis, dass bei einem wichtigen Teil der von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erfassten Behörden im organisationsrechtlichen Sinne, nämlich den obersten Bundesbehörden, ein ganz bedeutender Ausschnitt ihrer Tätigkeit ausgenommen sein soll, fehlt indessen. Das legt den Schluss nahe, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG im Wesentlichen den Bereich der Staatstätigkeit bezeichnen soll, auf die sich die Informationspflicht nicht erstreckt. Davon geht auch die Begründung des Gesetzentwurfs aus, nach der "nach § 1 Abs. 1 (...) nur der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten, (...) der Rechtsprechung und sonstiger unabhängiger Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben" soll (BTDrucks 15/4493 S. 8).

19

(3) Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Verwaltung ist letztlich das Regelungsziel des Gesetzes. Sinn und Zweck des Gesetzes erschließen sich insbesondere auch unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien. Hiernach spricht, wie bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, alles für ein weites Verständnis (so auch Schoch a.a.O. § 1 Rn. 84, 88; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, 2009, S. 111 ff.; Gurlit, Verw 2011, S. 75 <84 ff.>; Schaar, Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2010, S. 1 <4 ff.>; Sokol, in: FS Jaeger, 2011, S. 573 <587>; a.A. etwa Pieper a.a.O. <68 ff.>).

20

Das Informationsfreiheitsgesetz will die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger durch die Verbesserung der Informationszugangsrechte stärken und vor allem auf der Grundlage der so vermittelten Erkenntnisse der Meinungs- und Willensbildung in der Demokratie dienen (BTDrucks 15/4493 S. 6). Dieser Zweck würde nur unvollkommen gefördert, wenn gerade der Bereich der Vorbereitung und Durchführung grundlegender Weichenstellungen für das Gemeinwesen vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen wäre. In Einklang mit der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ist der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs ohne Weiteres davon ausgegangen, dass nicht nur die alltägliche insbesondere der Anwendung der Gesetze dienende Verwaltungstätigkeit, sondern gerade auch der Bereich des Regierungshandelns grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen sollte und sich Ausnahmen - jedenfalls grundsätzlich - nach Maßgabe der gesetzlich vorgesehenen Informationsversagungsgründe rechtfertigen lassen müssen. Nur so lässt sich erklären, dass die Begründung des Gesetzentwurfs, der im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht widersprochen worden ist, ausdrücklich einen von der Verfassung gebotenen Verweigerungsgrund für einen Teilausschnitt des Regierungshandelns - nämlich den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung - anführt (BTDrucks 15/4493 S. 12). Dies wäre entbehrlich, wenn die obersten Bundesbehörden in ihrer Rolle als Träger der Regierungstätigkeit schon nicht zum Kreis der Anspruchsverpflichteten gehörten. Entsprechendes hat insbesondere für den Versagungsgrund des § 3 Nr. 3 Buchst. a IFG zu gelten. Auch die ausdrückliche Einordnung der Vorbereitung von Gesetzen in den Bundesministerien als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit (BTDrucks 15/4493 S. 7) kann nicht als rechtsirrig und deshalb unbeachtlich abgetan werden.

21

bb) Dieser Auslegung des Begriffs der Verwaltung, der sich grundsätzlich auch auf das Regierungshandeln erstreckt, stehen verfassungsrechtliche Vorgaben nicht entgegen. Die Einwände der Beklagten greifen nicht durch.

22

aaa) Die im Grundgesetz verwirklichte Staatsform der repräsentativen Demokratie mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber der Ermöglichung einer informellen öffentlichen Kontrolle auch des Regierungshandelns durch einen grundsätzlich umfassenden Informationszugang.

23

In der parlamentarischen Demokratie wird die Herrschaft des Volkes durch die Wahl der Volksvertretung mediatisiert, also nicht dauernd unmittelbar ausgeübt. Die Wahl ist dabei das wesentliche Element des Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen (BVerfG, Urteil vom 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 - BVerfGE 123, 39 ). Im Wahlakt erschöpft sich dieser Prozess allerdings nicht. Denn das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur darin, sondern auch in der Einflussnahme auf den ständigen Prozess der politischen Meinungsbildung, der Bildung der "öffentlichen Meinung" (BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 - 2 BvF 1/65 - BVerfGE 20, 56 <98>). Die demokratische Ordnung ist deswegen durch einen parlamentsübergreifenden Prozesscharakter gekennzeichnet (vgl. Dreier, in ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2008, Art. 20 Rn. 83). Die parlamentarische Kontrolle der Regierung, die den demokratischen Verantwortlichkeitszusammenhang gegenüber dem Repräsentationsorgan herstellt, schließt deswegen eine Kontrolle durch die öffentliche Meinung, die auf fundierte Informationen angewiesen ist, nicht aus. Vielmehr können sich diese verschiedenen Kontrollen auch ergänzen (vgl. Böckenförde, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 34 Rn. 19; sowie Scherzberg, GVwR, Bd. III, § 49 Rn. 126; Kahl, GVwR, Bd. III, § 47 Rn. 210). Dieser staatsrechtlichen Verortung des vom Informationsfreiheitsgesetz ermöglichten Informationszugangs steht nicht entgegen, dass er als Jedermannsrecht nicht dem Staatsbürger als dem Zurechnungsendsubjekt der demokratischen Legitimation der Staatsgewalt vorbehalten ist. Denn der auf die demokratische Willensbildung bezogene Wirkungszusammenhang wird durch eine in personeller Hinsicht überschießende Regelung nicht beeinträchtigt.

24

bbb) Soweit die Beklagte auf die besondere Schutzbedürftigkeit sensibler und vertraulicher Informationen aus dem Bereich der Regierung verweist, so ist dem zunächst unter Beachtung der jeweils konkreten Umstände nach Maßgabe der gesetzlich vorgesehenen Verweigerungsgründe Rechnung zu tragen. Dabei sind verfassungsrechtlich begründete Rechtspositionen zu berücksichtigen. Falls erforderlich sind ergänzend verfassungsunmittelbare Weigerungsgründe heranzuziehen (siehe unten, 1. b) cc)).

25

b) Versagungsgründe stehen dem Anspruch auf Zugang zu den streitigen Unterlagen nicht entgegen. Für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der von der Beklagten für die hausinternen Vorlagen für die Ministerin in Anspruch genommenen Weigerungsgründe ist nichts dargetan.

26

aa) Die Berufung auf § 3 Nr. 4 IFG geht fehl. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Die Unterlagen der Ministerin werden vom damit gewährleisteten besonderen Geheimnisschutz nicht erfasst. Denn die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nach § 6 BMinG zählt ebenso wenig wie die im Beamtenrecht geregelten Verschwiegenheitspflichten (§ 67 Abs. 1 Satz 1 BBG, § 37 BeamtStG) zu den besonderen Amtsgeheimnissen (vgl. hierzu Urteil vom 24. Mai 2011 - BVerwG 7 C 6.10 - NVwZ 2011, 1012 Rn. 15).

27

bb) § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG steht dem Informationsanspruch ebenso wenig entgegen. Nach dieser Bestimmung soll der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt wird. Ob die hausinternen Vorlagen für die Ministerien in diesem Sinne zu den Arbeiten zur unmittelbaren Vorbereitung einer Entscheidung zählen, kann dahinstehen. Denn der Versagungsgrund greift jedenfalls wegen der zeitlichen Abläufe nicht ein.

28

Der mit § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG bezweckte Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses ist zeitlich begrenzt und endet spätestens mit dem Abschluss des Verfahrens (Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 - NVwZ 2011, 1072 Rn. 5). Dabei kann ein Verfahren nicht nur durch eine Sachentscheidung beendet werden; es kann sich auch auf andere Weise erledigen, etwa wenn das beabsichtigte Vorhaben nicht mehr weiterverfolgt werden soll oder wenn veränderte Umstände eine Entscheidung entbehrlich machen. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die im Anschluss an den Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Bundesministerium der Justiz angestellten Erwägungen und Untersuchungen zur Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Handelns durch den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 420/09 - (BVerfGE 127, 132) überholt. Das Verfahren hat sich insoweit erledigt und ein Schutz durch § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG ist entfallen. Aber selbst wenn man im Anschluss an die Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung annehmen wollte, dass auch diese Unterlagen im Hinblick auf die weiterhin anstehende - nun durch das Bundesverfassungsgericht zwingend vorgegebene - gesetzliche Neuregelung von Bedeutung sein können und sich folglich auf einen noch nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozess beziehen, ist nichts dafür ersichtlich, dass der Sache nach die Verweigerung des Informationszugangs gerechtfertigt wäre. Inwieweit durch eine Veröffentlichung dieser Unterlagen der Erfolg der Entscheidung - hier gegebenenfalls die Formulierung und Einbringung eines Gesetzentwurfs - vereitelt werden könnte, erschließt sich nämlich nicht.

29

cc) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich darauf, dass dem begehrten Informationszugang der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegenstehe.

30

Diese ausgehend vom Gewaltenteilungsprinzip insbesondere im Parlamentsrecht entwickelte Rechtsfigur schließt zur Wahrung der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich ein (siehe zuletzt BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78 ). Zu diesem Bereich gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Um ein Mitregieren Dritter bei noch ausstehenden Entscheidungen der Regierung zu verhindern, erstreckt sich die Kontrollkompetenz des Parlaments daher grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen sind zur Wahrung eigenverantwortlicher Kompetenzausübung der Regierung geschützt. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, die dem Einblick Außenstehender weiterhin verschlossen bleiben müssen. Denn ein Informationsanspruch könnte durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der ihr zugewiesenen selbstständigen Funktion beeinträchtigen. Schließlich gilt, dass Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen umso schutzwürdiger sind, je näher sie der gubernativen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber der parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen.

31

Der nach diesen Maßstäben gewährleistete Schutz der Regierungstätigkeit muss sich auch gegenüber einfachgesetzlichen Auskunftsansprüchen Dritter durchsetzen, damit er im Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander nicht unterlaufen wird und ins Leere geht. Um dies zu erreichen, wird der Kernbereichsschutz in der Begründung des Gesetzentwurfs als ungeschriebener Versagungsgrund angeführt (BTDrucks 15/4493 S. 12). Dessen Anliegen überschneidet sich indessen jedenfalls teilweise mit geschriebenen Versagungsgründen, insbesondere dem nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Der Schutz der Vertraulichkeit behördlicher Beratungen und das daraus folgende Verbot der Offenlegung von Beratungsinterna kann dabei über den Abschluss des laufenden Verfahrens hinausreichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 - NVwZ 2011, 1072 Rn. 5). Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind auch offen für die Berücksichtigung des präventiven Schutzes der Funktionsfähigkeit der Regierung. Hiernach spricht viel dafür, dass den verfassungsrechtlichen Vorgaben bereits im Rahmen der vorrangig zu prüfenden gesetzlich normierten Versagungsgründe Rechnung getragen werden kann. Falls sich gleichwohl Schutzlücken auftun sollten, ist auf verfassungsunmittelbare Grenzen des Informationsanspruchs zurückzugreifen. Ob eine solche Sondersituation hier gegeben ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn es ist nichts dafür dargetan, dass die streitigen Ministervorlagen am Schutz des Kernbereichs teilhaben. Die Beklagte trägt hierzu lediglich vor, die Willensbildung innerhalb der Regierung nehme Schaden, weil eine nachträgliche Publizität von Unterlagen, die der Vorbereitung eines Gesetzes dienten, auch künftig eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten hemmen könne. Es bestehe die Gefahr, dass die Offenheit des der Regierungsentscheidung vorgelagerten Abstimmungsprozesses leide und es zu einer Versteinerung dieses Prozesses komme, weil ein Abweichen von Bewertungen dann schwierig sei. Mit diesem Vorbringen, das im Übrigen das Bild einer Ministerialverwaltung mit einem eher geringen Selbstbewusstsein zeichnet, wird die Beklagte dem Erfordernis nicht gerecht, die befürchteten negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Regierung anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles nachvollziehbar zu belegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 110, 199 ). Die Beklagte macht letztlich geltend, dass die Beratungen im Rahmen der Gesetzesvorbereitung in jeglicher Hinsicht vertraulich bleiben müssten und deshalb auch nach Abschluss des Verfahrens der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden dürften. Diese Argumentation läuft darauf hinaus, die gesetzesvorbereitende Tätigkeit des Ministeriums entgegen den abweichenden und in Kenntnis der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Kernbereichsschutz getätigten Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren ganz generell den Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu entziehen. Das überzeugt nicht.

32

2. Soweit die Beklagte sich auch gegen die Kostenentscheidung bezüglich des für erledigt erklärten Teils des Berufungsverfahrens wendet und meint, dass die Billigkeitsentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO von Rechts wegen zu beanstanden sei, ist die Revision unzulässig und deshalb zu verwerfen. Die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar. Das gilt grundsätzlich auch im Falle einer Teilerledigungserklärung, bei der die einheitliche Kostenentscheidung auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruht (Beschluss vom 7. August 1998 - BVerwG 4 B 75.98 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 115; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 158 Rn. 33 ff.). Ob Abweichendes ausnahmsweise dann anzunehmen ist, wenn die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen für die Kostenentscheidung bezüglich des streitigen Teils mit den nach § 161 Abs. 2 VwGO identisch sind (so Urteil vom 8. September 2005 - BVerwG 3 C 50.04 - Buchholz 316 § 49a VwVfG Nr. 5), kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Denn bezüglich der Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits hat das Oberverwaltungsgericht nicht etwa auf die Erfolgsaussichten der Klage abgestellt und insoweit auf die Ausführungen zum nicht erledigten Teil Bezug genommen; es hat die Kostenentscheidung vielmehr auf die Erwägung gestützt, dass die Beklagte den Kläger ohne erkennbare Änderung der Sach- und Rechtslage klaglos gestellt habe. Da die Revision sich nur teilweise als unzulässig erweist, kann sie abweichend von § 144 Abs. 1 VwGO insoweit durch Urteil verworfen werden (Urteile vom 10. September 1992 - BVerwG 5 C 80.88 - Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 6 Rn. 14 sowie vom 25. August 1992 - BVerwG 1 C 38.90 - BVerwGE 90, 337 <340> = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 50; Neumann a.a.O. § 144 Rn. 12 f.).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 128/03 Verkündet am:
11. November 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Architekt schuldet dem Besteller eine zutreffende Beratung über die voraussichtlichen
Baukosten. Sind Kostenschätzungen zu besonderen Zwecken, wie zur
Unterstützung von Kreditanträgen oder Förderanträgen, unzutreffend, so hat der
Architekt im Rahmen der Beratungspflicht darauf hinzuweisen, daß diese Kostenschätzungen
keine Grundlage für die Investitionsentscheidung sein können.

b) Verfolgt der Architekt mit der Berufung nicht mehr seine Abschlags-, sondern eine
Teilschlußforderung, so ist das gemäß § 264 Nr. 3 ZPO nicht als eine Änderung
der Klage anzusehen (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 5. November 1998 -
VII ZR 191/97, BauR 1999, 267).

c) Haben die Parteien vereinbart, daß der Architekt Leistungen nach § 15 Abs. 2
HOAI, Leistungsphasen 1 bis 9, zu erbringen hat, so sind die Kostenermittlungen
als Teilerfolge geschuldet, die grundsätzlich in den Leistungsphasen erbracht
werden müssen, denen sie in der HOAI zugeordnet sind (im Anschluß an BGH,
Urteil vom 24. Juni 2004 – VII ZR 259/02, BauR 2004, 1640, 1642; Aufgabe von
BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 159/96, BauR 1997, 1067).

d) Nach Fertigstellung des Bauvorhabens hat der Besteller regelmäßig kein Interesse
mehr an einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung und an einem Kostenanschlag
, so daß eine Minderung der Vergütung nicht davon abhängt, daß er dem
Architekt eine Frist zur Erstellung der Kostenermittlungen gesetzt und die Ablehnung
angedroht hat.
BGH, Urteil vom 11. November 2004 - VII ZR 128/03 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. März 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen unrichtiger bzw. unterlassener Aufklärung über die Kosten einer Bausanierung. Er erwarb 1992 die sanierungsbedürftige Villa B. in W. zum Preis von 397.830,00 DM. Am 24. März 1994 erstellten die Beklagten für das Gebäude eine so genannte "Kostenschätzung" für einen Neubau und zwei Sanierungsvarianten. Der Kläger entschied sich für die kostengünstigere Variante, deren Kosten mit 650.000 DM inklusive Abbruchkosten geschätzt worden waren. Er erteilte den Beklagten zunächst mündlich einen Planungsauftrag, der die Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI zum Gegenstand hatte. Später un-
terzeichneten der Kläger im Oktober 1994 und die Beklagten im Januar 1995 einen schriftlichen Architektenvertrag. Am 14. Juni 1994 reichten die Beklagten für den Kläger den Bauantrag ein. Darin wurden die Baukosten mit 650.000 DM angegeben. In einer Kostenaufstellung für Kreditanträge vom 13. Oktober 1994 gaben die Beklagten die Baukosten inklusive Abbruchkosten erneut mit 650.000 DM an. Am 27. Oktober 1994 erstellten die Beklagten eine Baukostenschätzung "Stand 31. Dezember 1994", wonach die Baukosten ohne Abbrucharbeiten 779.000 DM bis zu diesem Datum betragen. Der Kläger begann am 7. November 1994 mit der Vergabe der Aufträge an Bauunternehmer. Das Bauvorhaben wurde im August 1995 bezugsfertig. Der Kläger hat Baukosten von 1.921.435,05 DM und Gesamtkosten von 2.734.638,84 DM errechnet. Die hohen Baukosten führt er nur in geringem Umfang auf Planungsänderungen und Zusatzwünsche während der Bauarbeiten zurück. Er behauptet, die Kostenschätzungen der Beklagten seien fehlerhaft gewesen. Die Beklagten hätten die Kosten bereits im März 1994 auf 1.340.000 DM schätzen müssen. Jedenfalls im Zeitpunkt des Bauantrags hätten diese Kosten auf der Grundlage der eingereichten Planung geschätzt werden müssen. Der Kläger behauptet, er habe sich zu der Sanierung entschlossen , weil er die Investition auf der Grundlage der von den Beklagten vorgenommenen Schätzung für rentabel gehalten habe. Hätte er vor Beauftragung der Bauunternehmer gewußt, daß sich die Baukosten verdoppeln würden, hätte er die Sanierung nicht begonnen und durchgeführt, sondern das Grundstück an einen konkret benannten Interessenten verkauft. Mit dem Kaufpreis hätte er seine bis dahin entstandenen Aufwendungen gedeckt. Der Kläger berechnet seinen Schaden in der Weise, daß er von den Gesamtkosten für das Bauwerk in Höhe von 2.734.638,84 DM den derzeitigen Wert des Grundstücks, den er
mit 1.400.000 DM angibt, abzieht. Als Mindestschaden macht er einen Betrag von 1.000.000 DM geltend. Er stützt seine Klage auch darauf, daß die Beklagten keine baubegleitenden Kostenermittlungen vorgelegt hätten. Im übrigen hat er behauptet, die Beklagten hätten die Handwerkerleistungen überteuert vergeben , die Rechnungen seien nicht ordnungsgemäß geprüft worden. Zudem hat er Mängel der Leistung beanstandet. Die Beklagten haben Widerklage auf Zahlung von 170.000 DM erhoben. Diese Widerklage haben sie in Höhe von 100.000 DM auf Honoraransprüche aus einer Abschlagsrechnung für Leistungen gestützt, die sie für ein anderes Projekt, die Errichtung eines Bürogebäudes in W., erbracht haben. In Höhe von 70.000 DM haben sie Honoraransprüche für Leistungen für die Villa B. aus einer 4. Abschlagsrechnung geltend gemacht. Dieser haben sie eine Kostenberechnung , einen Kostenanschlag und eine Kostenfeststellung nach DIN 276 beigefügt. Der Kläger hat die Aufrechnung mit der Schadensersatzforderung erklärt. Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. In der Berufung ist die Widerklage auf eine Teilschlußrechnung über Architektenleistungen für das Bürogebäude in Höhe von 105.874,36 DM und für die Villa B. in Höhe von 83.305,54 DM gestützt worden. Hilfsweise haben die Beklagten den Gesamtbetrag von 189.179,90 DM als Abschlagszahlung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Beklagten ist der Kläger zur Zahlung von 189.179,90 DM (96.726,14 €) nebst Zinsen verurteilt worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Beklagten nach seinem Klageantrag zu ver-
urteilen und die Widerklage abzuweisen. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet. Der Kläger könne Schadensersatz weder aus § 635 BGB noch aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung verlangen. Zwischen den Parteien sei im Anschluß an die Besprechung der Kostenschätzung vom 24. März 1994 mündlich ein Architektenvertrag mit dem Inhalt geschlossen worden, wie er sich aus dem im Oktober 1994 und Januar 1995 von den Parteien unterzeichneten schriftlichen Vertrag ergebe. Danach seien die Beklagten verpflichtet gewesen, Architektenleistungen gemäß § 15 HOAI, Leistungsphasen 1 bis 9, zu erbringen. Eine mangelhafte Leistung der Beklagten liege nicht vor. Weder sei eine Kostenobergrenze noch ein Kostenrahmen vereinbart worden. Eine gemeinsame Kostenvorstellung der Parteien habe nicht vorgelegen. Die Kostenschät-
zung vom 24. März 1994 habe nach ihrem Sinn und Zweck dem Kläger die Entscheidungsgrundlage zwischen zwei Sanierungsalternativen geboten. Soweit im Bauantrag die Kostenschätzung vom 24. März 1994 übernommen worden sei, habe der Kläger nicht davon ausgehen können, daß es sich hierbei um die neu berechneten Gesamtbaukosten auf der Grundlage seiner nach diesem Datum erteilten Vorgaben handele. Die Kostendarstellung vom 13. Oktober 1994 habe lediglich dazu gedient, die steuerrechtliche Abgrenzung der Baukosten für eigen- und fremdgenutzte Wohnungen vorzunehmen. Eine Kostenvereinbarung könne auch nicht der Baukostenschätzung "Stand 31. Dezember 1994" entnommen werden. Diese habe nur die Kosten bis zum 31. Dezember 1994 wieder gegeben. Ein Mangel könne auch nicht hinsichtlich der Erstellung der Kostenermittlungen , der Kostenberechnung, des Kostenanschlags und der Kostenfeststellung festgestellt werden. Diese seien zwar geschuldet. Die Leistungen seien jedoch während des Prozesses erbracht worden. Die verspätete Vorlage der Kostenermittlungen begründe einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB nicht. Da im Werkvertrag ein Erfolg geschuldet werde, werde die Leistung des Werkunternehmers grundsätzlich erst mit dem für die Ablieferung des Gesamtwerkes maßgeblichen Zeitpunkt fällig, sofern nicht eine Vereinbarung über eine frühere Fälligkeit von Teilleistungen getroffen worden sei. Eine solche frühere Fälligkeit der Kostenermittlungen hätten die Parteien weder mündlich am 23. März 1994 noch im schriftlichen Architektenvertrag vereinbart. Ob die Beklagten ihrer Pflicht, die Kosten des Bauvorhabens im Planungsvorhaben richtig zu ermitteln und diese Kostenermittlung dann auch im Rahmen der Bauausführung so umzusetzen, daß es nicht zu unvertretbar hohen Kostenüberschreitungen komme, nachgekommen seien, könne im Ergebnis dahinstehen. Jedenfalls sei die Kostenschätzung vom 24. März 1994 nach
dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht fehlerhaft gewesen. Ungünstige Vertragsabschlüsse seien den Beklagten nicht vorzuhalten. Auch wenn eine Pflichtverletzung der Beklagten zu bejahen sei, müßte der Schadensersatzanspruch daran scheitern, daß der Kläger keine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gesetzt habe. Dem Kläger sei diese nicht unmöglich oder unzumutbar gewesen. Er habe nach seiner Behauptung selbst um aktualisierte Kostenermittlungen gebeten. Bei der Vergabe der Aufträge sei die Kostensteigerung bereits erkennbar gewesen. Gleichwohl habe er bis zum Ende der Baumaßnahme davon abgesehen, die Beklagten zu einer Korrektur einer Planung aufzufordern. Der Kläger habe die Höhe des Schadens auch nicht substantiiert dargelegt. Er habe schon nicht dargelegt, welche Kosten er für die Sanierung der Immobilie tatsächlich aufgewandt habe. Eine Bezugnahme auf die Kostenermittlung der Beklagten werde den Anforderungen nicht gerecht, da zwischen den Parteien streitig sei, in welchem Umfang der Kläger die Rechnungen der Bauunternehmer bezahlt habe. Er habe darüber hinaus nicht dargelegt, welche Steuervorteile er sich infolge des Bauvorhabens anrechnen lasse. Auf die Frage , in welchem Umfang er Schadensersatzleistungen der Beklagten zu versteuern habe, komme es nicht an. An einen Ersatz des Schadens sei erst zu denken, wenn zuvor ein Schaden festgestellt worden sei. Ob ein Schaden vorliege , könne nicht festgestellt werden, da der Kläger zur Höhe seiner Steuervorteile nichts vorgetragen habe. Da der Kläger erhebliche Abschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz sowie nach § 7 EStG vorgenommen habe, sei es letztlich möglich, daß ein wirtschaftlicher Schaden überhaupt nicht eingetreten sei. Eine mögliche Schadensersatzzahlung der Beklagten vermindere die Anschaffungskosten nicht. Die Schadensersatzverpflichtung habe auf die entstandene und rechtmäßig festgesetzte Einkommenssteuer keinen Einfluß.
Der Kläger könne seinen Schadensersatzanspruch auch nicht auf eine positive Vertragsverletzung der Beklagten stützen. Eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten wäre für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden. Die grundsätzliche Pflicht der Beklagten, den Kläger über Baukostensteigerungen zu beraten, bestehe nur, wenn sich die Verteuerung nicht ohnedies aus den Gesamtumständen von Zusatzaufträgen ergebe bzw. dem Bauherr erkennbar sei. Dies werde bei grundlegenden baulichen Änderungen oder Qualitätsverbesserungen , die der Bauherr gegenüber dem ursprünglichen Ausbaustandard veranlasse, immer der Fall sein. Ob der Kläger auf dieser Grundlage beratungsbedürftig gewesen sei, bedürfe keiner Aufklärung. Ein Schadensersatzanspruch scheitere, wenn davon auszugehen sei, daß der Bauherr das Bauvorhaben auch bei rechtzeitiger Kenntnis der späteren Bausummenüberschreitung fortgesetzt hätte, weil die mangelnde Aufklärung über die fortlaufenden Kosten dann nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden sei. Davon, daß die in der ursprünglichen Kostenschätzung genannten und im Bauantrag wiederholten Kosten von 650.000 DM nicht mehr aufrecht zu erhalten gewesen seien, habe der Kläger spätestens nach Erhalt der Kostenzusammenstellung vom 13. Oktober 1994 sowie der Kostenschätzung vom 27. Oktober 1994 über rund 779.000 DM ausgehen müssen. Der Kläger habe in Kenntnis der geänderten Prognosen gleichwohl ab dem 7. November 1994 die ersten Aufträge erteilt. Er hätte durch einfache Addition der erteilten Aufträge erkennen können, daß er bereits Ende November die Baukostensumme von 1 Mio. DM überschreiten werde. Die Überschreitung habe nicht zum Abbruch des Objekts geführt. Der Kläger habe sich auch später zu keiner Zeit von der Fortsetzung des Projekts abhalten lassen.
Zur Widerklage führt das Berufungsgericht aus, den Beklagten stehe aus der Honorarteilschlußrechnung vom 15. Juli 1999 über Leistungen für das Bürogebäude ein Honorar von 105.874,36 DM und über Leistungen für die Villa B. ein Honorar von 83.305,54 DM zu. Die Leistungen aus den abgerechneten Leistungsphasen seien erbracht. Die neben der Kostenschätzung noch geschuldeten Kostenermittlungen lägen der Honorarteilschlußrechnung bei. Mit Schadensersatzansprüchen aus dem Bauvorhaben Villa B. könne der Kläger nicht aufrechnen, weil diese nicht bestünden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. A. Zur Klage Der Kläger stützt seinen Anspruch auf die Behauptung, die Beklagten hätten ihn nicht richtig über die voraussichtlichen Baukosten für die von ihm gewählte Sanierung aufgeklärt, bevor er die ersten Bauunternehmer beauftragt und damit die Durchführung der Maßnahme in die Wege geleitet habe. Die Aufklärungspflichtverletzung sei ursächlich für seine Entscheidung gewesen, das Bauwerk zu sanieren und nicht zu veräußern. Infolge der unterlassenen Aufklärung habe sich sein Vermögen um mindestens 1 Mio. DM verringert. 1. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verletzung von Aufklärungspflichten scheitert nach dem in der Revision zu unterstellenden Sachverhalt nicht daran, daß die Beklagten keine Pflichten verletzt haben. Auch kann die Ursächlichkeit einer möglichen Pflichtverletzung nicht mit den Erwägungen des Berufungsgerichts verneint werden.

a) Zwischen den Parteien ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Vertrag über Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI für die Sanierung der Villa B. geschlossen worden. aa) Auf der Grundlage dieses Vertrages schuldeten die Beklagten ungeachtet ihrer Verpflichtung, verschiedene Kostenermittlungen vorzulegen, eine zutreffende Aufklärung über die voraussichtlichen Baukosten. Der Architekt ist bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung gehalten, den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken (BGH, Urteil vom 17. Januar 1991 - VII ZR 47/90, BauR 1991, 366, 367). Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, daß die Beklagten nach § 1.2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag verpflichtet waren, den Kläger zu den Baukosten und deren Ermittlung allgemein zu beraten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 159/96, BauR 1997, 1067 = ZfBR 1998, 22). Die Kostenberatung durch den Architekten hat den Zweck, den Besteller über die zu erwartenden Kosten des Bauvorhabens zu informieren, damit dieser die Entscheidung über die Durchführung des Bauvorhabens auf einer geeigneten Grundlage treffen kann. Diese allgemeine Beratungspflicht erfährt keine Einschränkung dadurch, daß Kostenangaben des Architekten zu besonderen Zwecken benötigt werden. Sofern sich aus den Umständen nichts besonderes ergibt, darf der Besteller davon ausgehen, daß zu solchen Zwecken abgegebene Kostenschätzungen zutreffend sind. Ist das nicht der Fall, muß der Architekt über die Schwächen der Kostenangaben aufklären. Er muß deshalb darüber aufklären, daß seine Kostenangaben im Bauantrag oder zur Unterstützung von Kreditanträgen sowie zur Sicherung von Förderungsmöglichkeiten ungenau oder sogar fehlerhaft und deshalb keine geeignete Grundlage für die Investitionsentscheidung sein können.
Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Aufklärungspflicht bestehe nur, wenn die spätere Verteuerung für den Besteller nicht ohnehin erkennbar sei. Die allgemeine Beratungspflicht über die Kosten des Bauvorhabens besteht bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung. Hat der Architekt die Vorlage verschiedener Kostenermittlungen, wie Kostenberechnung , Kostenanschlag und Kostenfeststellung übernommen, ist er jedenfalls in den Zeitpunkten, in denen diese Kostenermittlungen vorgelegt werden müssen, zu zutreffenden Kostenangaben verpflichtet. Legt der Architekt unabhängig davon fehlerhafte Kostenschätzungen zu besonderen Zwecken vor, so besteht eine gesteigerte Aufklärungspflicht über deren Fehler in diesem Zeitpunkt. Sie wird nicht dadurch gemindert, daß der Besteller die Ungenauigkeit oder Fehlerhaftigkeit später erkennen kann. In Ausnahmefällen kann die Aufklärungspflicht entfallen, wenn der Besteller positive Kenntnis von den aufzuklärenden Umständen hat und auch in der Lage ist, die Konsequenzen für die weitere Planung und Durchführung des Bauvorhabens selbständig zu erkennen, so daß er einer Beratung durch den Architekten nicht bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 – VII ZR 196/98, BauR 1999, 1319, 1322 = ZfBR 2000, 28). bb) Gegen ihre Verpflichtung, den Kläger richtig aufzuklären, haben die Beklagten nach dem in der Revision zu unterstellenden Sachverhalt mehrfach verstoßen. Die Beklagten haben im Bauantrag vom 14. Juni 1994 Baukosten von 650.000 DM angegeben. Nach dem Gutachten des Sachverständigen waren diese Kosten fehlerhaft ermittelt. Die Kosten hätten nach der dem Bauantrag zugrunde liegenden Planung auf 1.340.000 DM geschätzt werden müssen. In dem vom Berufungsgericht erwähnten Ergänzungsgutachten hat der Sachverständige lediglich seine Ausführungen zur Kostenschätzung vom 24. März 1994 korrigiert, nicht jedoch die Ausführungen zu den zu schätzenden Baukosten im
Zeitpunkt des Bauantrags. Die Beklagten haben den Kläger nicht darüber aufgeklärt , daß die Angaben im Bauantrag fehlerhaft sind. Die zu diesem Zeitpunkt vorzulegende Kostenberechnung, die über die Fehlerhaftigkeit und Unzuverlässigkeit der bisherigen Kostenangaben Auskunft gegeben hätte, haben sie nicht vorgelegt. Die Beklagten haben sodann in ihrer zur Unterstützung von Kreditanträgen vorgenommenen Kostenschätzung vom 13. Oktober 1994 zu geringe Kosten angegeben. Auch in diesem Zusammenhang haben sie nicht darüber aufgeklärt, daß die Kostenschätzung fehlerhaft ist. Schließlich ergibt sich auch aus der Kostenschätzung vom 27. Oktober 1994 nicht, daß sie die Kosten auch weiterhin zu niedrig eingeschätzt haben.
b) Die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten für die Entscheidung des Klägers, das Haus zu sanieren und nicht zu veräußern, kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden. aa) Richtig ist, daß die Pflichtverletzung dann nicht ursächlich für einen Schaden aus einer Aufklärungspflichtverletzung ist, wenn der Geschädigte sich nach der gebotenen Aufklärung nicht anders verhalten hätte. bb) Zu Unrecht will das Berufungsgericht das annehmen, weil der Kläger das Bauvorhaben in Kenntnis von Kostensteigerungen begonnen und fortgesetzt hat. Allein aus dem Umstand, daß der Kläger in Kenntnis von Kostensteigerungen die Bauunternehmer beauftragt hat, kann nicht geschlossen werden, daß er das Bauvorhaben bei richtiger Aufklärung ebenfalls durchgeführt hätte. In der Revision ist davon auszugehen, daß ihm bei richtiger Aufklärung bewußt gewesen wäre, daß die Baukosten 1.340.000 DM betragen werden und deshalb das Bauvorhaben, wie er behauptet, nach damaliger Einschätzung nicht rentabel ist. Dann liegt es nahe, daß er jedenfalls dann von dem Objekt Abstand ge-
nommen hätte, wenn er es ohne Verlust hätte verkaufen können. Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich kein vernünftiger Grund, warum der Kläger ein unrentables Objekt hätte durchführen sollen. Daraus, daß es bereits bei der Beauftragung Kostensteigerungen im behaupteten Umfang von ca. 230.000 DM gegeben hat, kann nicht geschlossen werden, daß der Kläger bereit war, auch eine deutlich höhere Kostensteigerung, die zur Unrentabilität führt, zu akzeptieren. Aus dem Umstand, daß der Kläger im Laufe des Jahres 1995 den deutlich werdenden Kostensteigerungen nicht widersprochen hat und das Bauvorhaben fortführen ließ, kann nicht ohne Abwägung der gesamten Umstände geschlossen werden, daß er das Bauvorhaben in Kenntnis der hohen Kosten auch begonnen hätte. Das Berufungsgericht läßt unberücksichtigt, daß bei fortschreitendem Bauvorhaben ein wirtschaftlicher Zwang bestehen kann, das Bauvorhaben trotz steigender Kosten fortzuführen. 2. Die Klage kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung als unsubstantiiert abgewiesen werden, daß der Kläger nicht angegeben habe, welche Kosten er für die Sanierung der Immobilie tatsächlich aufgewandt habe; eine Bezugnahme auf die Kostenermittlung der Beklagten werde den Anforderungen nicht gerecht, da zwischen den Parteien streitig sei, in welchem Umfang der Kläger die Rechnungen bezahlt habe. Diese Begründung belegt nicht, daß der Kläger seinen Schaden nicht substantiiert dargelegt hat. Die Frage, in welchem Umfang die Bezahlung der Rechnungen streitig ist, spielt für die Substantiierung des Schadensersatzanspruches keine Rolle. Das Berufungsgericht hat möglicherweise zudem nicht bedacht, daß bereits die Belastung mit Verbindlichkeiten ein Schaden ist. Der Kläger kann sich insoweit auf die Kostenfeststellung der Beklagten beziehen.
3. Das Urteil hat auch keinen Bestand, soweit das Berufungsgericht die Klage deshalb als unschlüssig angesehen hat, weil der Kläger zur Höhe seiner Steuervorteile nicht vorgetragen habe.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Kläger seinen Schaden darlegen muß. Der Schaden des Klägers besteht nach seiner Behauptung darin, daß er Herstellungskosten von über 2 Mio. DM aufgewandt hat, die er bei zutreffender Beratung nicht aufgewandt hätte. Von dieser Schadenssumme muß er sich nicht nur den Wert des Objektes abziehen lassen, sondern auch die Vorteile, die er dadurch erlangt hat, daß er die Herstellungskosten steuerlich abgesetzt hat (BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114 ff.). Diese steuerlichen Vorteile muß der Kläger darlegen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1987 - VI ZR 17/86, NJW 1987, 1814).
b) Der Geschädigte kann allerdings unter Umständen seiner Darlegungslast ohne detaillierte Angaben zu den Steuervorteilen genügen, wenn er einen Sachverhalt vorträgt, nach dem der Steuervorteil deshalb nicht zu einer Schadensminderung führt, weil er den Schadensersatz versteuern muß. Ein durch eine Investitionsentscheidung erlangter Steuervorteil ist grundsätzlich dann nicht zu berücksichtigen, wenn der dem Geschädigten gezahlte Schadensersatz , mit dem er so gestellt wird, als hätte er die Investitionsentscheidung nicht vorgenommen, versteuert werden muß (BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, aaO; Urteil vom 21. September 1987 - II ZR 265/86, NJW-RR 1988, 161). Die Darlegungslast des Geschädigten zu dem von ihm erlittenen Schaden kann auf Grundlage dieser Rechtsprechung nur dann erleichtert sein, wenn Steuervorteil und Steuernachteil im wesentlichen auf der selben Berechnungsgrundlage entstehen. Denn nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, daß sich beide ausgleichsfähig gegenüberstehen. Ist die Berechnungsgrundlage für den Steuervorteil hingegen wesentlich höher als für den Steuernachteil, ist es Sache
des Geschädigten, den ihm dann regelmäßig zwangsläufig verbleibenden Steuervorteil darzulegen. In aller Regel wird ihm das nur möglich sein, wenn er die gesamten steuerlichen Vorteile und auch die durch die Versteuerung des Schadensersatzes drohenden Nachteile darlegt und saldiert. Die durch die Versteuerung drohenden Nachteile kann der Geschädigte aufgrund seiner für ihn erkennbaren steuerlichen Situation schätzen. Wegen der durch die Schätzung verbleibenden Unsicherheit kann er einen Feststellungsantrag stellen.
c) Auf dieser Grundlage reicht der Vortrag des Klägers entgegen seiner Ansicht nicht aus. Er hat nach seiner Behauptung Herstellungskosten von 2.007.440 DM abzüglich seines Eigenanteils steuerlich geltend gemacht. Die Schadensersatzverpflichtung in Höhe von 1.000.000 DM bleibt deutlich unter diesem Betrag. Es ist danach davon auszugehen, daß dem Kläger steuerliche Vorteile zugeflossen sind, die durch die Versteuerung des Schadensersatzes nicht ausgeglichen werden. Unter diesen Umständen ist er verpflichtet, den Schaden unter konkreter Berechnung sämtlicher steuerlicher Vorteile und möglicher Nachteile zu berechnen.
d) Zu diesem Ergebnis kommt auch das Berufungsgericht. Gleichwohl ist sein Urteil aufzuheben, weil seine Begründung nicht zu erkennen gibt, daß der Kläger mit der gebotenen Deutlichkeit auf die Rechtslage hingewiesen worden ist. Der Verweis auf das Urteil des Senats vom 16. Dezember 1993 (VII ZR 115/92, BauR 1994, 268 = ZfBR 1994, 119) reicht dazu nicht. Auch aus dem Vortrag der Beklagten ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger sich nicht auf die dargestellte Rechtsprechung berufen kann. Der Kläger muß Gelegenheit bekommen, seinen Vortrag zu ergänzen.
B. Zur Widerklage 1. Das Berufungsgericht hat den Beklagten Honoraransprüche aus den Teilschlußrechnungen vom 15. Juli 1999 zuerkannt. Es hat nicht geprüft, ob die Berufung schon deshalb unzulässig ist, weil die Beklagten mit der Klage keine Ansprüche aus einer Teilschlußrechnung, sondern aus einer Abschlagsrechnung geltend gemacht haben. Die Berufung ist zulässig, ungeachtet dessen, daß sie auch als Anschlußberufung zulässig wäre. Allerdings muß der Kläger mit der Berufung die Beschwer bekämpfen, die sich durch die Abweisung der Klage ergibt. Stützt der Kläger seine Zahlungsklage in der Berufung auf einen neuen Streitgegenstand, so verfolgt er damit nicht die Beschwer des klageabweisenden Urteils (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 – VII ZR 81/02, BauR 2004, 365 = ZfBR 2004, 151 = NZBau 2004, 157). Anders ist das, wenn der Kläger mit der Berufung statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung einen anderen Gegenstand oder das Interesse fordert, § 264 Nr. 3 ZPO. Dieser Fall liegt vor. Die Beklagten haben in der Berufung eine Schlußrechnung vorgelegt mit der Behauptung, sie seien nach Beendigung der Teilleistung berechtigt, anstelle der Abschlagszahlung eine Schlußzahlung zu verlangen. Damit haben sie wegen einer späteren Veränderung ein anderes Interesse geltend gemacht (BGH, Urteil vom 21. Februar 1985 – VII ZR 160/83, BauR 1985, 360 = NJW 1985, 1840 = ZfBR 1985, 174; Urteil vom 26. Februar 1987 – VII ZR 217/85, BauR 1987, 453 = NJW-RR 1987, 724 = ZfBR 1987, 200). Der Anspruch auf Abschlagszahlung ist lediglich eine modifizierte Form des Anspruchs auf Werklohn (BGH, Urteil vom 15. April 2004 – VII ZR 471/01, BauR 2004, 1146 = NJW-RR 2004, 957 = ZfBR 2004, 552). An seiner insoweit abweichenden Entscheidung (Urteil vom 5. November 1998 – VII ZR 191/97, BauR 1999, 267 = NJW 1999, 713 = ZfBR 1999, 98) hält der Senat nicht fest.
2. Soweit das Berufungsgericht der Honorarklage stattgibt, kann das Berufungsurteil schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Kläger mit der Schadensersatzforderung aufgerechnet hat. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin: Das Berufungsgericht prüft nicht, ob das Honorar deshalb zu mindern ist, weil die Beklagten während des Bauvorhabens die geschuldeten Kostenermittlungen nicht vorgenommen haben. Eine Minderung des Honorars kommt in Betracht.
a) Nach der vom Berufungsgericht vorgenommen Vertragsauslegung waren die Beklagten verpflichtet, die in § 15 Abs. 2 HOAI in den verschiedenen Leistungsphasen dargestellten Kostenermittlungen vorzunehmen. Diese der Revision günstige Auslegung ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht erkennt, daß in § 15 HOAI keine Leistungspflichten geregelt sind. Werden dem Architekten die Leistungsphasen 1 bis 9 aus § 15 Abs. 2 HOAI übertragen, ist eine Vertragsauslegung dahin möglich und nahe liegend, daß dem Architekten damit auch die Verpflichtung auferlegt wird, eine Kostenschätzung, eine Kostenberechnung , einen Kostenanschlag und eine Kostenfeststellung vorzulegen.
b) Das Berufungsgericht geht in anderem Zusammenhang davon aus, daß es den Beklagten frei steht, wann sie die Kostenermittlungen vornehmen. Da beim Werkvertrag ein Erfolg geschuldet sei, werde die Leistung des Werkunternehmers grundsätzlich erst mit dem für die Ablieferung des Gesamtwerkes maßgeblichen Zeitpunkt fällig, sofern nicht eine Vereinbarung über eine frühere Fälligkeit von Teilleistungen getroffen worden sei. Eine solche frühere Fälligkeit hätten die Parteien nicht vereinbart.
Das ist rechtsfehlerhaft. Der vom Architekten geschuldete Gesamterfolg ist im Regelfall nicht darauf beschränkt, daß er die Aufgaben wahrnimmt, die für die mangelfreie Errichtung des Bauwerks erforderlich sind. Vielmehr können auch Teilerfolge vereinbart sein. Inwieweit das der Fall ist, ist durch die Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Dabei sind die durch den Vertrag begründeten Interessen des Bestellers an den Arbeitsschritten zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 – VII ZR 259/02, BauR 2004, 1640, 1642 = NZBau 2004, 509). Vereinbaren die Parteien, daß der Architekt die in § 15 Abs. 2 HOAI genannten Kostenermittlungen schuldet, so sind diese als Teilerfolge geschuldet (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., § 5 Rdn. 20; Preussner in: Thode /Wirth/Kuffer, Prax.Hdb.Architektenrecht, § 9 Rdn. 52). Sie müssen grundsätzlich in den Leistungsphasen erbracht werden, denen sie in der HOAI zugeordnet sind. Andernfalls würden sie ihren Zweck regelmäßig nicht mehr erfüllen können. Dieser besteht darin, eine vom Planungsstand abhängige Information über die voraussichtlichen Kosten des Bauwerks zu erhalten. Soweit sich aus der Entscheidung des Senats vom 3. Juli 1997 – VII ZR 159/96, BauR 1997, 1067 = ZfBR 1998, 22, etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
c) Danach kommt eine Minderung der Vergütung der Beklagten sowohl für die Leistungen für das Bürogebäude als auch für das Vorhaben Villa B. in Betracht. Die Minderung der Honoraransprüche wegen des Fehlens der Kostenschätzung , Kostenberechnung und des Kostenanschlags kann nicht deshalb versagt werden, weil der Kläger den Beklagten keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Auch wenn, wofür viel spricht, § 634 Abs. 1 BGB anwendbar ist, kann der Kläger Schadensersatz oder Minderung verlangen. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist entbehrlich. Eine etwa erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist nicht Voraussetzung für die Minderung wegen eines Mangels der Architektenleistung, wenn der Besteller das Interesse an der Leistung deshalb verloren hat, weil die Leistung ihren vertraglich
vorgesehenen Zweck nicht mehr erfüllen kann. Das ist für die Kostenschätzungen , Kostenberechnungen und Kostenanschläge, die erst nach Durchführung des Bauvorhabens und meist zu Zwecken der Honorarberechnung vorgelegt werden, ohne weiteres anzunehmen. Unzutreffend ist die in anderem Zusammenhang dargestellte Meinung des Berufungsgerichts, ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Kostenermittlungen könne deshalb nicht geltend gemacht werden, weil es dem Kläger während des Bauvorhabens zumutbar gewesen sei, eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen. Das Berufungsgericht stellt auf einen Zeitpunkt ab, der für die Beurteilung nicht maßgebend ist. Inwieweit die im Prozeß vorgelegte Kostenfeststellung ihren Zweck erfüllen kann, so daß sie eine zwar verspätete, aber dennoch sachlich mangelfreie Erfüllung des Vertrages darstellt, die eine Minderung ausschließt, kann der Senat mangels Feststellungen nicht beurteilen.

C.

Der Senat macht von der Möglichkeit der Zurückverweisung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts Gebrauch (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 278/06 Verkündet am:
8. Mai 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Der Streitgegenstand ändert sich nicht, wenn der Kläger seine Aktivlegitimation
zunächst aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und
später aus einer Abtretung der Klageforderung herleitet (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
vom 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens , mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Streithelferin der Beklagten trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem und gepfändetem Recht als Prozessbürgin in Anspruch.
2
Die I. GmbH (im Folgenden: I. ) wurde durch - inzwischen rechtskräftiges - Vorbehaltsurteil des Landgerichts E. vom 23. Dezember 1998 verurteilt, 90.943 DM nebst Zinsen an die IM. GmbH (im Folgenden: IM. ) zu zahlen. Der I. wurde nachgelassen, die Vollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000 DM abzuwenden. Nach dem Beschluss des Landgerichts E. vom 28. Januar 1999 konnte die Sicherheitsleistung auch durch eine Bankbürgschaft erbracht werden.
3
Am 29. Juli 1999 verbürgte sich die Beklagte gegenüber der IM. für die von der I. zu leistende Sicherheit in Höhe von 52.600,95 DM. Die IM. trat der Klägerin am 10. September 1999 ihre Forderungen aus dem Rechtsstreit gegen die I. und aus der Bürgschaft sicherungshalber ab. Am selben Tag erklärte sie in einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis, der Klägerin 260.000 DM zu schulden, und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgelehnt worden war, wurde die IM. im Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 wurden die Forderungen der IM. gegen die I. und gegen die Beklagte gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
4
Klage Die auf Zahlung von 26.894,44 € (= 52.600,95 DM) nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klägerin sei aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 aktivlegitimiert. Außerdem habe sie, auch wenn sie als Zessionarin bereits materielle Rechtsinhaberin gewesen sei, die Forderung der IM. pfänden können, um Inhaberin der formell titulierten Rechtsposition zu werden. Die Pfändungen seien nicht aus formellen Gründen nichtig. Die gepfändete Forderung sei in dem Beschluss vom 11. Februar 2003 ausreichend genau bezeichnet. Dass die IM. als Vollstreckungsschuldnerin bereits seit dem Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht gewesen sei, stehe der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegen.
8
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Ein Anspruch aus einer Prozessbürgschaft verjähre wie die titulierte Hauptforderung in 30 Jahren. Aus § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergebe sich eine Gleichwertigkeit von Bürgschaft und Hinterlegung. Der Anspruch auf Herausgabe hinterlegter Gegenstände erlösche gemäß § 21 Abs. 1 HinterlO grundsätzlich nach 30 Jahren.
9
Auch bei Zugrundelegung einer nur dreijährigen Verjährungsfrist sei keine Verjährung eingetreten. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bis zum 31. Dezember 2004 laufende Verjährungsfrist sei durch die Zustellung der Klage am 15. Dezember 2004 gehemmt worden. Dies gelte nicht nur, wenn die Klägerin die Bürgschaftsforderung durch die Pfändung erworben habe, auf die die Klage von Anfang an gestützt worden sei, sondern auch bei einem Erwerb durch die Abtretung, auf die die Klägerin sich erstmals im Schriftsatz vom 1. Juni 2005 bezogen habe. Streitgegenstand sei immer die Bürgschaftsforderung gewesen, die die Klägerin aus fremdem Recht geltend gemacht habe. Ob die Klägerin durch Abtretung oder durch Pfändung Rechtsinhaberin geworden sei, habe auf den Streitgegenstand der Bürgschaftsklage keinen Einfluss.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 Inhaberin der Forderung gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte in Höhe der Klagesumme geworden ist. Deshalb braucht nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin auch aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 aktivlegitimiert ist, d.h. ob die Klägerin die Forderung, deren Inhaberin sie bereits durch die Abtretung geworden war, noch wirksam pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen konnte (bejahend: OLG Köln WM 1978, 383, 385; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 829 Rdn. 21, 67; Musielak/Becker, ZPO 5. Aufl. § 829 Rdn. 8; Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 829 Rdn. 11; HK-ZPO/Kemper, § 829 Rdn. 9; vgl. auch RGZ 86, 135, 137; verneinend: Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 54 S. 636; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 2. Aufl. § 829 Rdn. 18).
12
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klageforderung sei nicht verjährt, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13
a) Dies gilt auch dann, wenn für den Anspruch aus der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 die kürzeste in Betracht kommende, nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt, die nach der rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts am 31. Dezember 2004 endete. Deshalb kann dahinstehen, ob aufgrund einer längeren Verjährungsfrist, eines späteren Fristbeginns, etwa erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen, oder einer Ablaufhemmung , z.B. bis zur Verjährung der Hauptschuld (vgl. Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl. § 765 Rdn. 26 m.w.Nachw.), von einem späteren Ende der Verjährungsfrist auszugehen ist.
14
b) Die Verjährungsfrist ist durch die Zustellung der Klageschrift am 15. Dezember 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Aktivlegitimation in der Klageschrift nur mit den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 11. und 17. Februar 2003 begründet und erst nach Ablauf der Verjäh- rungsfrist in einem Schriftsatz vom 1. Juni 2005 auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt worden ist.
15
Die Erhebung der Klage hemmt die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 m.w.Nachw.). Hingegen erstreckt sich die Verjährungshemmung nicht auf Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren (vgl. BGHZ 104, 268, 271 ff.; BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066). Der auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse und der auf die Abtretung gestützte Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision derselbe prozessuale Anspruch.
16
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. In diesem Sinn geht der Klagegrund über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (BGHZ 117, 1, 5 f.; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127 m.w.Nachw.).
17
Nach diesen Grundsätzen liegt im Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts grundsätzlich ein Wechsel des Streitgegenstandes im Sinne einer Klageänderung gemäß § 263 ZPO (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005). Hingegen ändert sich der Streitgegenstand nicht, wenn bei einer stillen Sicherungszession der Zedent die abgetretene Forderung zunächst aufgrund der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung geltend macht und später aufgrund einer Rückabtretung des Sicherungsnehmers weiterverfolgt. Dasselbe gilt für eine Umstellung des Klageantrages auf Zahlung an den Sicherungsnehmer nach Offenlegung der Sicherungsabtretung. Bei einer stillen Zession macht der Zedent nämlich aufgrund der Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungsnehmer abgetretene Forderung geltend (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
18
bb) Gemessen hieran hat sich der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht dadurch geändert, dass die Klägerin den Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 765 Abs. 1 BGB aufgrund der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 zunächst auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 und später auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt hat. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, unabhängig von der Begründung ihrer Aktivlegitimation, immer die in der Person der IM. entstan- dene Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte geltend gemacht. Die Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, die Klägerin sei aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus fremdem Recht, aufgrund der Abtretung hingegen aus eigenem Recht vorgegangen. Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung bewirkt zwar keinen Forderungsübergang (BGHZ 114, 138, 141) und steht deshalb einer Forderungsabtretung nicht gleich (Stöber, Forderungspfändung 14. Aufl. Rdn. 589). Sie verschafft dem Vollstreckungsgläubiger aber ein eigenes Einziehungsrecht und ermächtigt ihn, die Forderung in eigenem Namen einzuziehen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1981 - VII ZR 319/80, WM 1981, 1338). Deshalb tritt - ebenso wie bei Geltendmachung einer abgetretenen Forderung aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Einziehungsermächtigung und später aufgrund einer Rückabtretung (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066) - keine Änderung des Streitgegenstandes ein, wenn - wie hier - eine Forderung zunächst aufgrund des durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlangten Einziehungsrechts und später aufgrund einer Abtretung geltend gemacht wird. Der zeitliche Abstand zwischen der Abtretung und dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist entgegen der Auffassung der Revision für die Bestimmung des Streitgegenstandes unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065).

III.


19
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.10.2005 - 21 O 530/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2006 - 13 U 226/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 441/99 Verkündet am:
5. April 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja

a) Der Schuldner kann den Drittschuldner grundsätzlich auf Erfüllung der gepfändeten
Forderung an die Pfändungsgläubiger verklagen.

b) Behauptet der Schuldner, die Befriedigung der Pfändungsgläubiger zehre die
Forderung gegen den Drittschuldner nicht vollständig auf, kann er darüber hinaus
auf Zahlung nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger klagen.

c) Die Klageanträge müssen die einzelnen Pfändungsgläubiger ihrem Rang entsprechend
bezeichnen, die Höhe ihrer Forderungen beziffern, den vom Drittschuldner
zu leistenden Gesamtbetrag angeben und die Erklärung enthalten,
daß an den Kläger nur der nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibende
Restbetrag auszukehren ist.
BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 441/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Hauptantrag in Höhe von 15.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Mai 1999 sowie die Hilfsanträge abgewiesen worden sind.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung in Berlin, die er mit notariellem Vertrag vom 19. März 1989 an Frau M., die Nichte der Beklagten, verkaufte. Die Käuferin vermietete mit Zustimmung des Klägers die Wohnung durch
Vertrag vom 11. April 1989 an die Beklagte. Der Kaufvertrag wurde nicht vollzogen.
Mit einer im März 1995 erhobenen Klage verlangte der Kläger von der Beklagten Räumung der Wohnung und Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Der Räumungsklage wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. März 1998 (V ZR 298/96) stattgegeben, weil der Kaufvertrag wegen Unterverbriefung des Kaufpreises formnichtig war. Im Mai 1998 ist die Beklagte aus der Wohnung ausgezogen. Der Kläger hat seinen Anspruch wegen der Nutzung der Wohnung auf insgesamt 146.239,08 DM beziffert und gegen die Beklagte gerichtlich geltend gemacht.
Schon am 27. August 1993 hatte die Käuferin wegen einer Forderung von insgesamt 18.797,98 DM zuzüglich Zinsen die angebliche Forderung des Klägers gegen die Beklagte aus "Mietzahlungen für Wohnung" einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge gepfändet. Am 11. April, 17. Juni und 29. August 1994 hatte das Finanzamt Zehlendorf wegen Steuerforderungen von insgesamt 530,99 DM und am 21. Februar 1995 das Finanzamt BerlinMitte /Tiergarten wegen einer Forderung von 12.695,86 DM auf dieselben Ansprüche gerichtete Pfändungs- und Einziehungsverfügungen erlassen.
Das Landgericht hat die Zahlungsklage wegen dieser Pfändungen als unzulässig abgewiesen. Im Berufungsrechtszug hat der Kläger den Anspruch weiterverfolgt, hilfsweise Zahlung an das Finanzamt Mitte/Tiergarten und weiter hilfsweise Hinterlegung zum Zwecke der Auskehr an die Gläubiger Finanzamt Mitte/Tiergarten und die Käuferin sowie das Finanzamt Zehlendorf und des Restbetrages an sich selbst begehrt. Außerdem hat der Kläger in Erweiterung
des Hauptantrages Schadensersatz in Höhe von 23.000 DM zuzüglich Zinsen wegen schuldhafter Beschädigungen der Wohnung und nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen verlangt. Der Senat hat die Revision angenommen, soweit der Hauptantrag in Höhe von 15.000 DM zuzüglich Zinsen (Schadensersatz wegen Beschädigung der Wohnung) sowie die Hilfsanträge abgewiesen worden sind.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

A.


Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe den Schaden nicht im einzelnen substantiiert. Er habe pauschal einzelne Beträge angegeben, ohne darzulegen, wie und aufgrund welcher Tatsachen die angeblichen Kosten ermittelt worden seien. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ein Mietvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Das Berufungsgericht geht daher im Ansatz zutreffend davon aus, daß der
geltend gemachte Anspruch nur gemäß §§ 989, 990 BGB begründet sein kann. Nach dem Vorbringen des Klägers wußte die Beklagte im Zeitpunkt der Veränderung und der Beschädigungen, daß sie zum Besitz nicht berechtigt war, und wäre auch in der Lage gewesen, die Verschlechterungen der Sache zu vermeiden. Dem entgegenstehende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist daher davon auszugehen, daß die Beklagte dem Kläger für die behaupteten Beschädigungen und Veränderungen der Mietsache Schadensersatz schuldet.
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe einen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargetan, wird von der Revision mit Erfolg angegriffen.
Derjenige, der einen Anspruch geltend macht, genügt seiner Substantiierungslast (§ 138 Abs. 1 ZPO) durch die Behauptung von Tatsachen, die geeignet sind, in Verbindung mit einem Rechtssatz die behauptete Rechtsfolge entstehen zu lassen (BGH, Urt. v. 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; v. 18. Mai 1999 - X ZR 158/97, NJW 1999, 2887, 2888). Das ist hier dadurch geschehen, daß der Kläger die von ihm beanstandeten Beschädigungen und Veränderungen der Wohnung im einzelnen benannt und den geschätzten Beseitigungsaufwand angegeben hat. Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte in der Wohnung eine Wand entfernt. Deren Wiederherstellung koste 4.000 DM; außerdem seien für im Zusammenhang damit notwendige Elektroinstallationen 1.000 DM und für Malerarbeiten 2.000 DM aufzuwenden. Weiter entständen Kosten von 4.000 DM im Bad für die Erneuerung beschädigter Fliesen , defekter und demontierter Armaturen sowie einer völlig verschmutzten Toilettenschüssel. Schließlich koste in der Küche der Austausch von Fliesen,
das Neuverlegen des beschädigten Bodens, die tischlermäßige Instandsetzung der Möblierung sowie der Wiedereinbau einer Abzugshaube insgesamt 4.000 DM. Da der benötigte Geldbetrag verlangt werden kann, bevor der ordnungsgemäße Zustand der Sache wieder hergestellt ist (§ 249 Satz 2 BGB), gehört zu einer schlüssigen Schadensdarstellung nicht die genaue Angabe aller im einzelnen erforderlichen Arbeiten sowie eine betragsmäßig exakte Kostenberechnung. Im übrigen brauchte der Kläger den Schaden auch deshalb nicht ausführlicher zu erläutern, weil die Beklagte seine Behauptungen lediglich pauschal bestritten hat (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 1991, aaO).
3. Wegen des ihm in diesem Punkt zustehenden Anspruchs kann der Kläger Zahlung an sich verlangen; denn die ergangenen Pfändungsakte erstrecken sich nicht auf Schadensersatzforderungen.

B.


Soweit die Klage den behaupteten Nutzungsentschädigungsanspruch des Klägers in Höhe von 146.239,08 DM betrifft, hat das Berufungsgericht die Hilfsanträge mangels Prozeßführungsbefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Der Hilfsantrag auf Zahlung an das Finanzamt Mitte/Tiergarten müsse erfolglos bleiben, weil weitere Pfändungsmaßnahmen getroffen worden seien, die des Finanzamts Zehlendorf sowie der Käuferin M.. Die von beiden Finanzämtern erteilten Ermächtigungen reichten nicht aus, weil sie die an die einzel-
nen Pfändungsgläubiger auszukehrenden Anteile der Forderungen nicht erfaßten und es zudem an einer Ermächtigung der Gläubigerin M. fehle.
Die Hinterlegung stelle lediglich ein Erfüllungssurrogat zugunsten des Schuldners dar; dieser sei unter den Voraussetzungen des § 372 BGB zur Hinterlegung berechtigt, nicht verpflichtet. Eine Hinterlegung des zur Erfüllung der mehrfach gepfändeten Forderung benötigten Betrages verschlechtere zudem möglicherweise die Rechtsstellung einzelner Pfändungsgläubiger.
Diesen Erwägungen ist ebenfalls nicht zu folgen; denn sie lassen die berechtigten Interessen des Klägers als Gläubiger der gepfändeten Forderungen außer Acht.

I.


Mit dem ersten Hilfsantrag in der bisher gestellten Form auf Zahlung an das Finanzamt Mitte/Tiergarten kann die Klage allerdings keinen Erfolg haben.
Die Pfändung der Gläubigerin M. geht der Pfändungsverfügung des Finanzamts im Range vor. Da der Pfändungsbeschluß keine Beschränkung enthält , erstreckt er sich auf die Gesamtforderung des Klägers; diese ist insgesamt verstrickt worden (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1975 - VIII ZR 119/73, NJW 1975, 738; v. 21. November 1985 - VII ZR 305/84, NJW 1986, 977, 978). Verlangt bei mehrfacher Pfändung ein nachrangiger Gläubiger Zahlung, bevor der bevorrechtigte Gläubiger befriedigt ist, steht dem Drittschuldner der Ein-
wand aus § 804 Abs. 3 ZPO zu. Er kann sich also auf den Vorrang der anderweitigen Pfändung berufen. Entsprechendes gilt, wenn der Schuldner Leistung an den nachrangigen Gläubiger verlangt, weil er nicht zu Verfügungen berechtigt ist, die die Pfändungsgläubiger beeinträchtigen. Davon abgesehen steht dem Finanzamt Mitte/Tiergarten nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nur noch eine Forderung von 12.695,86 DM zu.

II.


Das Berufungsgericht hat jedoch nicht erkannt, daß das der Klage zugrundeliegende Begehren des Klägers mittels einer sachdienlichen Umgestaltung des ersten Hilfsantrags erreichbar ist.
1. Das Klagevorbringen sowie die Staffelung der Anträge machen deutlich , daß der Kläger den behaupteten Anspruch in erster Linie mittels eines Antrags auf Leistung an sich - insoweit ist die Klage infolge der Nichtannahme der Revision rechtskräftig abgewiesen -, in zweiter Linie durch einen Antrag, der zur Folge hat, daß vorrangig die Pfändungsgläubiger befriedigt werden und er den verbleibenden Rest der Forderung erhält, und höchst fürsorglich mit einem Hinterlegungsantrag geltend macht. Vor der Behandlung dieses zweiten Hilfsantrags hätte der Tatrichter prüfen müssen, ob das erkennbar gewordene Klageziel durch eine sachgerechte Fassung des hilfsweise formulierten Zahlungsantrags zum Erfolg führen kann. Aufgrund der dem Richter gemäß § 139 Abs. 1 ZPO obliegenden Hinweispflicht war auf eine entsprechende Ä nderung selbst dann hinzuwirken, wenn es einer weitgehenden Umgestaltung des bis-
her formulierten Antrags bedurfte. Das war hier insbesondere deshalb geboten, weil der Kläger, was sich der Gestaltung seiner Anträge ohne weiteres entnehmen ließ, das wirtschaftlich erstrebte Ziel auf jedem nur möglichen prozessualen Wege erreichen wollte.
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ist der Kläger berechtigt , die Gesamtforderung umfassende Leistungsanträge zu stellen, auch ohne dazu von der vorrangigen Pfändungsgläubigerin ermächtigt worden zu sein.

a) Eine für den Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung verbleibt im Vermögen des Pfändungsschuldners. Die Überweisung bewirkt lediglich, daß er die Forderung nicht mehr für sich einziehen, also nicht Leistung an sich verlangen kann (RGZ 83, 116, 118 f; BGHZ 82, 28, 31; 114, 138, 141). Verboten sind dem Schuldner allein Verfügungen zum Nachteil des pfändenden Gläubigers. Rechtshandlungen, die weder den Bestand der Pfandrechte noch den der gepfändeten Forderung beeinträchtigen, sind ihm infolge der bei ihm verbliebenen Berechtigung dagegen gestattet. Aus diesem Grunde darf er auf Leistung an den Pfändungsgläubiger klagen, und zwar aus eigenem Recht. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage folgt schon aus dem Interesse des Schuldners, von der dem Pfändungsgläubiger gegenüber bestehenden Verbindlichkeit befreit zu werden. Da sich die Prozeßführungsbefugnis schon daraus ergibt, daß ihm die Forderung (noch) gehört, benötigt er insoweit keine Erklärung des Gläubigers, die ihm eine entsprechende Berechtigung erteilt (vgl. BGHZ 114 aaO; Zöller/Stöber, ZPO 22. Aufl. § 836 Rn. 5).

b) Diese Rechtsstellung bleibt auch dann erhalten, wenn die Forderung des Schuldners mehrfach gepfändet worden ist. Aus § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO
folgt, daß seine Verpflichtung sich nunmehr darauf erstreckt, die Rechte aller Pfändungsgläubiger und damit auch das unter ihnen bestehende Rangverhältnis (§ 804 Abs. 3 ZPO) zu beachten. Sind diese Interessen gewahrt, gibt es keinen einsichtigen Grund, ihm bei mehrfacher Pfändung die Klage auf Zahlung an die Pfändungsgläubiger zu versagen. Der Klageantrag muß lediglich zweifelsfrei das Rangverhältnis unter den Gläubigern kennzeichnen, damit dieses bei der Vollstreckung beachtet wird.

c) Da der Schuldner noch Inhaber der Forderung ist, wird ihm von der ganz herrschenden Meinung die Befugnis eingeräumt, auf Feststellung des Bestehens der Forderung zu klagen (vgl. BGHZ 114, 138, 141; Zöller/Stöber, aaO § 836 Rn. 5; Musielak/Becker, ZPO 2. Aufl. § 835 Rn. 12). Dies mag sachgerecht sein, wenn der Schuldner nicht auf Leistung an die Pfändungsgläubiger klagen will. Hier geht es jedoch um eine andere Frage. Der Kläger berühmt sich einer Forderung, die über die Summe der Ansprüche seiner Pfändungsgläubiger weit hinausgeht, von der Drittschuldnerin jedoch bestritten wird. Der Kläger möchte den nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibenden Restanspruch schon jetzt im Wege der Leistungsklage gegen die Beklagte geltend machen. Daran hat er ein berechtigtes Interesse, sofern sichergestellt ist, daß er die Restforderung nicht ausbezahlt erhält, bevor die Forderungen der Pfändungsgläubiger getilgt sind. Der Schuldner verdient auch Schutz davor, daß die Durchsetzung seiner Restforderung durch die infolge der Pfändung gemäß § 829 Abs. 3 ZPO ausgelösten Wirkungen nicht mehr als unbedingt notwendig verzögert und gefährdet wird. Diese Gefahr besteht in besonderem Maße, wenn die durch die Pfändung gesicherten Ansprüche weitaus niedriger sind, als die gepfändete Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner und die Pfändungsgläubiger von sich aus den Drittschuldner nicht in
Anspruch nehmen. Die daraus dem Schuldner entstehenden Risiken treten im Streitfall besonders deutlich hervor. Die Käuferin als vorrangige Pfändungsgläubigerin ist untätig geblieben, möglicherweise deshalb, weil sie kein Interesse daran hat, daß ihre Forderung aus dem Vermögen der Beklagten, ihrer Tante, befriedigt wird. Wäre der Schuldner in solchen Fällen gehindert, gegen den Drittschuldner vorzugehen, solange die Forderungen der Pfändungsgläubiger nicht erfüllt sind, bliebe ihm nur die Möglichkeit, von dem Gläubiger, der die Beitreibung der ihm überwiesenen Forderung verzögert hat, den daraus entstandenen Schaden erstattet zu verlangen (§ 842 ZPO). Daß das Gesetz einen solchen Ersatzanspruch vorsieht, rechtfertigt es jedoch nicht, dem Schuldner die alsbaldige Durchsetzung der ihm trotz der Pfändung verbleibenden Restforderung gegen den Drittschuldner zu versagen, wenn eine Form der Leistungsklage möglich ist, die die berechtigten Belange weder der Pfändungsgläubiger noch des Drittschuldners beeinträchtigt.

d) Der Schuldner kann deshalb zur Sicherung seiner eigenen Rechte schon vor Befriedigung der Pfändungsgläubiger Klage auf zukünftige Leistung erheben.
aa) Eine Klage auf zukünftige Leistung ist gemäß § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Ernstliches Bestreiten der behaupteten Forderung begründet in der Regel die Besorgnis der Leistungsverweigerung (BGHZ 5, 342, 344; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955). Die Beklagte hat ihre Verpflichtung schon dem Grunde nach in Abrede gestellt und davon abgesehen auch die Höhe des Anspruchs bestritten.

bb) Die geltend gemachten Ansprüche müssen bereits entstanden sein; sie dürfen aber von einer Gegenleistung abhängen oder bedingt sein (BGHZ 43, 28, 31; Zöller/Greger, aaO § 259 Rn. 1). Diesen Anforderungen entspricht ein Begehren auf Leistung des nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibenden Restes an den Kläger; denn seine Forderung ist schon jetzt fällig und die Berechtigung auf Zahlung an ihn nur davon abhängig, daß die Pfändungsgläubiger befriedigt sind. Bedingung für den Anspruch ist also der Wegfall der zu deren Gunsten bestehenden Pfändungspfandrechte. Da diese erlöschen, sobald die Forderungen der Gläubiger erfüllt sind, steht einer Klage auf zukünftige Leistung auch nicht der Umstand entgegen, daß gegenwärtig infolge der Pfändung die Gesamtforderung verstrickt ist.
cc) Die Anträge sind auf Zahlung an die einzelnen Pfändungsgläubiger ihrem Rang entsprechend zu richten. Deren Forderungen, einschließlich der aus den Pfändungsbeschlüssen oder -verfügungen ersichtlichen Kostenbeträge (vgl. § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO), müssen genau beziffert werden. Mit diesem Begehren kann ein Antrag auf Zahlung an den Schuldner verbunden werden, der den Gesamtbetrag des geltend gemachten Anspruchs bezeichnet und zugleich zum Ausdruck bringt, daß der Drittschuldner daraus nur den Restbetrag an den Kläger zu leisten hat, der diesem nach Erfüllung der Ansprüche der Pfändungsgläubiger noch zusteht.
dd) Durch diese Form der Antragstellung sind die Rechte der Pfändungsgläubiger ebenso wie die Belange des Drittschuldners sogar dann ausreichend geschützt, wenn die den Pfändungen zugrundeliegenden Forderungen im Klageantrag fehlerhaft, nämlich zu niedrig, angegeben werden. Im Um-
fang der Differenz ist der Antrag auf Zahlung an den Schuldner wegen des Vorrangs der Pfändungsgläubiger als unbegründet abzuweisen. Wird der Fehler im Prozeß zwischen Schuldner und Drittschuldner nicht bemerkt, erleiden die Pfändungsgläubiger im allgemeinen keinen Rechtsverlust. Sie sind in einem solchen Falle berechtigt, den nicht befriedigten Teil der gepfändeten Forderung selbständig gegen den Drittschuldner geltend zu machen. Nach Überweisung der gepfändeten Forderung kann sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner Klage erheben. Beiden steht die Klagebefugnis unabhängig voneinander zu (BGHZ 114, 138, 141; Stöber, Forderungspfändung 12. Aufl. Rn. 671). Das Urteil, das der Schuldner erzielt, äußert gegenüber den Pfändungsgläubigern keine Rechtskraftwirkung. Der Drittschuldner andererseits hat die Möglichkeit, sich vor der Gefahr doppelter Zahlung dadurch zu schützen, daß er den zwischen Schuldner und Pfändungsgläubiger streitigen Betrag hinterlegt (vgl. BGHZ 86, 337, 340). Erhält ein Pfändungsgläubiger im Einzelfall gleichwohl nicht die volle ihm zustehende Leistung und wird an den Schuldner zu viel ausbezahlt, kann er jedenfalls gegen den Schuldner einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen (vgl. BGHZ 82, 28). Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners trifft den pfändenden Gläubiger also allenfalls dann, wenn er sich nicht hinreichend um die Durchsetzung des gepfändeten Anspruchs bemüht.

III.


Da der Kläger den Hinterlegungsantrag nur für den Fall gestellt hat, daß der Zahlungsantrag erfolglos bleibt, ist der zweite Hilfsantrag für die Entschei-
dung über die Revision nicht erheblich. Der Senat braucht daher nicht darauf einzugehen, ob der bisher praktisch einhelligen Meinung, der Schuldner könne den jedem Pfändungsgläubiger gemäß § 856 Abs. 1 ZPO zustehenden Anspruch nicht geltend machen (RGZ 77, 141, 144; Zöller/Stöber, aaO § 836 Rn. 5), ohne jede Einschränkung zu folgen ist.

C.


Das Berufungsgericht wird nunmehr die Begründetheit der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche in dem bezeichneten Umfang zu prüfen haben. Das gibt dem Kläger die Möglichkeit, den Einwand zu erheben und zu beweisen , daß die Pfändungsverfügungen des Finanzamts Zehlendorf inzwischen aufgehoben sind.
Sollte sich im weiteren Verlauf des Rechtsstreits herausstellen, daß die Gläubigerin M. die Pfändung aufrechterhält, eine Zahlung der Beklagten
jedoch nicht annehmen will, kommt eine Verurteilung der Beklagten zur Hinterlegung dieses Betrages in Betracht (§ 372 Satz 1 BGB). Gerät die Pfändungsgläubigerin erst nach rechtskräftiger Verurteilung der Beklagten in Annahmeverzug , wird die Zahlungsverpflichtung ebenfalls im Wege der Hinterlegung erfüllt.
Kreft Kirchhof Fischer
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Zugehör ist wegen Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft Ganter

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für den Beigeladenen ist die Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beigeladenen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt vom beklagten Universitätsklinikum (im Folgenden: Beklagter) die Erfüllung einer Zahlungsvereinbarung sowie die Feststellung eines Verzugsschadens.
Der Kläger schloss unter dem 15.09.1997 mit dem beigeladenen Land (im Folgenden: Beigeladener) eine Berufungsvereinbarung, wonach er vorbehaltlich seiner Ernennung eine Professur für Unfallchirurgie an der Universität XXX übernehme. Die Professur beinhalte die Leitung der Abteilung Unfallchirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik des Beklagten. Mit Urkunde vom 17.10.1997 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe C 4 ernannt. Im Oktober 1997 nahm der Kläger die Tätigkeit als Hochschullehrer an der Universität und Leitender Arzt am Klinikum auf.
Im Frühjahr 2000 erfuhren der Vorstand des Beklagten und das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (im Folgenden: Ministerium) des Beigeladenen erstmals von Vorwürfen gegen den Kläger wegen Fehlverhaltens bei der Dienstausübung. Im Mai 2000 vereinbarte der Beklagte mit dem Kläger, dass dessen klinische Tätigkeit sowie das Liquidationsrecht ab sofort, längstens bis zum 30.11.2000, ruhen solle. Der Beklagte garantierte dem Kläger 50 % der während des Ruhens seiner Tätigkeit in der Abteilung Unfallchirurgie durch den bestellten Vertreter erzielten Netto-Erlöse aus liquidationsberechtigter Behandlung. Im September 2000 leitete das Ministerium das förmliche Disziplinarverfahren ein, welches anschließend im Hinblick auf eine gegen den Kläger in einem Strafverfahren erhobene Anklage ausgesetzt wurde.
Mit Verfügung vom 24.10.2000 (Zugang am 26.10.2000) enthob der Beigeladene den Kläger aus Gründen der Störungsabwehr vorläufig des Dienstes wegen des Vorwurfs der schuldhaft fehlerhaften medizinischen Behandlung mehrerer Patienten. Den dagegen gerichteten Aufhebungsantrag wies das VG Freiburg mit Beschluss vom 01.02.2002 (D 12 K 11/01) ab und beschloss, dass die Disziplinarmaßnahme aufrecht zu erhalten sei. Die Beschwerde des Klägers hiergegen wurde mit Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 12.04.2002 (DL 17 S 6/02) zurückgewiesen. Eine ferner durch Verfügung des Ministeriums vom 10.03.2001 angeordnete hälftige Einbehaltung der Besoldungsbezüge des Klägers hob das VG Freiburg mit Beschluss vom 05.07.2002 (D 12 K 1/02) auf. Die Beschwerde des Beigeladenen hiergegen wies der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 10.09.2002 (DL 17 S 16/02) unter Bezugnahme auf die VG-Entscheidung zurück.
Mit Urteil vom 18.02.2003 (2 KLs 21 Js 20703/00 u.a. AK 22/00) verurteilte das Landgericht Freiburg den Kläger zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 90 EUR wegen vorsätzlicher Körperverletzung in einem Fall sowie wegen fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen. Der Kläger wurde für schuldig befunden, in vier stationären Behandlungsfällen im Zeitraum September 1998 bis September 1999 Behandlungs- und Aufklärungsfehler begangen zu haben. Im Übrigen wurde er freigesprochen. Von der Verhängung eines Berufsverbots sah das Landgericht ab. Mit Urteil vom 20.01.2004 (1 StR 319/03) verwarf der Bundesgerichtshof die Revision der Staatsanwaltschaft und des Klägers.
Der Beigeladene kündigte unter dem 04.02.2004 die Berufungsvereinbarung mit dem Kläger, soweit diesem die Abteilungsleitung an der Chirurgischen Universitätsklinik zugesagt worden war, da er die im Urteil des LG Freiburg festgestellten Straftatbestände im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Tätigkeit als Leiter der Abteilung Unfallchirurgie verwirklicht habe. Der Kläger erhob hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren Klage.
Mit Urteil der Kammer vom 21.07.2004 (1 K 2043/01) wurde der Kläger verurteilt, Nutzungsentgelt in Höhe von XXX EUR (zuzüglich Zinsen) aus seiner Nebentätigkeit in den Jahren 1999 und 2000 an den Beklagten zu zahlen.
Durch einen am 03.02.2005 erlassenen Mahnbescheid des Amtsgerichts Stuttgart machte der Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen den Beigeladenen wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in Höhe von insgesamt 4,45 Mio. EUR geltend. Nachdem der Beigeladene hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, wurde das Verfahren an das Landgericht Stuttgart (15 O 443/05) abgegeben, wo es seit 2006 ruht.
Mit Urteil vom 06.07.2006 (3 K 1362/04 -, juris) wies das VG Freiburg die gegen die Teilkündigung der Berufungsvereinbarung erhobene Klage des Klägers ab. Zur Begründung führte die 3. Kammer u.a. aus, die in der Berufungsvereinbarung zum Inhalt der Professur gemachte Leitung der Abteilung Unfallchirurgie habe als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden können. Dem Beigeladenen sei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zumutbar gewesen, nachdem der Kläger in Ausübung seines Dienstes als Universitätsprofessor Straftaten begangen habe, wegen derer er rechtskräftig verurteilt worden sei. Gerade in der vorsätzlichen Körperverletzung sei eine deutlich über einen Kunstfehler hinausgehende schwerwiegende Pflichtverletzung festzustellen, da der Kläger hier zugleich seine Leitungsfunktion grob missbraucht habe.
10 
Am 08.08.2006 beantragte der Kläger beim VGH Baden-Württemberg im Verfahren
9 S 1848/06 die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Freiburg vom 06.07.2006. Mit Schreiben vom 02.01.2007 regte der Vorsitzende des 9. Senats des VGH an, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens ruhen zu lassen. Der Kläger beantragte das Ruhen am 18.01.2007. Am 08.02.2007 ließ der Beigeladene über seinen Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass das Ruhen des Verfahrens nicht beantragt werde. Ergänzend weise man darauf hin, dass Abfindungsverhandlungen mit dem Kläger liefen.
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Bereits seit Herbst 2005 führten die Beteiligten Gespräche mit dem Ziel, alle Verfahren zu beenden. Zu Ende Oktober 2007 lag ein abgestimmter Vertragsentwurf vor, der u.a. eine Zahlung durch den Beklagten in Höhe von 2 Mio. EUR brutto für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation, die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis und Einstellung des Disziplinarverfahrens sowie eine Erledigung des Rechtsstreits um die Kündigung der Berufungsvereinbarung vorsah. Der Wissenschaftsminister verweigerte seine Zustimmung zu einer Vereinbarung und entschied am 14.01.2008, das (seit Frühjahr 2006 ruhende) förmliche Disziplinarverfahren fortzusetzen. Hierzu forderte er unter dem 15.01.2008 den Untersuchungsführer auf, die Untersuchung wieder aufzugreifen sowie einen vorläufigen Teilbericht vorzulegen.
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Am 15.02.2008 teilte der Beigeladene im Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg mit, der Wissenschaftsminister habe entschieden, dass der zwischen den Beteiligten ausgehandelte Vertrag nicht unterzeichnet werde und das während dieser Verhandlungen ausgesetzte förmliche Disziplinarverfahren gegen den Kläger fortzusetzen sei. Nach Rücksprache mit dem VGH-Berichterstatter beantrage er ebenfalls das Ruhen des Verfahrens. Am 28.04.2008 ließ der Kläger mitteilen, dass Einverständnis mit der Anordnung des Ruhen des Verfahrens bestehe. Mit Beschluss des Berichterstatters des Senats vom 29.04.2008 wurde daraufhin das Ruhen des Verfahrens 9 S 1848/06 angeordnet.
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Mit Datum vom 20.10.2008 legte der Untersuchungsführer (nach Anhörung von 43 Zeugen in der Zeit zwischen 13.07.2004 und 09.01.2006) einen vorläufigen, Vorwürfe in der dritten Erweiterungsverfügung des Ministeriums vom 20.10.2003 betreffenden Teilbericht im förmlichen Disziplinarverfahren gegen den Kläger vor. Hierin wurde abschließend ausgeführt:
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(…) Angesichts der bisherigen Ermittlungsergebnisse und der ggf. noch erforderlichen weiteren längeren Ermittlungen, deren Ausgang in hohem Maße ungewiss ist, erscheint aus der Sicht des Untersuchungsführers eine Verständigung zwischen dem Beamten und dem Land Baden-Württemberg außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens sinnvoll. (…)
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In Konsequenz des vorläufigen Teilberichts und dessen Empfehlung nahmen der Beigeladene und der Beklagte die Einigungsverhandlungen mit dem Kläger wieder auf. Am 20.02.2009 schlossen die Beteiligten eine Vereinbarung. Eine ausführliche „Präambel“ stellt zunächst die wesentliche Vorgeschichte sowie die entschiedenen und noch anhängigen Verfahren/Rechtsstreitigkeiten voran. Der abschließende Text der Präambel sowie der anschließende Regelungsteil des Vertrages lauten auszugsweise wie folgt:
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„ …
Präambel

(3) Seit Herbst 2005 werden Gespräche zwischen Prof. XXX bzw. dessen anwaltlichen Beratern und dem Ministerium sowie dem Universitätsklinikum geführt mit dem Ziel, eine vergleichsweise Beendigung aller Verfahren herbeizuführen. Nach Vorlage des Teilberichts des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren vom 20.10.2008 wurden die zu diesem Zeitpunkt ruhenden Vergleichsgespräche wieder aufgenommen.
Vor diesem Hintergrund treffen die Parteien die nachstehenden Vereinbarungen.
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§1
Universitätsklinikum/Prof. XXX
(1) Wenn und sobald die in § 2 Abs. 1 der vorliegenden Vereinbarung genannte Entlassung von Prof. XXX aus dem Beamtenverhältnis bestandskräftig ist, bezahlt das Universitätsklinikum an Prof. XXX für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation unverzüglich einen Betrag von 1,98 Millionen EUR brutto. Hieraus zahlt das Universitätsklinikum XXX die anfallende Lohnsteuer (unter Beachtung der Lohnsteuer-Anrufungsauskunft des Finanzamtes XXX vom 01.08.2007). Der verbleibende Nettobetrag wird an Prof. XXX durch Überweisung auf das (…) eingerichtete Anwaltsanderkonto von Rechtsanwalt XXX (…) ausbezahlt.
(2) …
(3) Mit dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche zwischen dem Universitätsklinikum und Prof. XXX — soweit in dieser Vertragsurkunde nichts anderes bestimmt ist — erledigt.
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§2
Land Baden-Württemberg/Prof. XXX
(1) Prof. XXX verpflichtet sich, unverzüglich seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit sofortiger Wirkung in gehöriger Form gemäß § 42 LBG zu beantragen. Prof. XXX verzichtet auf das Recht zur Erklärungsrücknahme (§ 42 Abs. 1 Satz 3 LBG).
Das Ministerium verpflichtet sich, beim Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg unverzüglich die Entlassung von Prof. XXX zu beantragen. Rechtsanwalt XXX wird von Prof. XXX unwiderruflich bevollmächtigt, für ihn die Entlassungsurkunde in Empfang zu nehmen.
Prof. XXX verzichtet nach dem Erhalt der Entlassungsurkunde ausdrücklich auf Rechtsmittel gegen die Entlassungsentscheidung.
(2) Es besteht Einigkeit darüber, dass die Besoldungsansprüche von Prof. XXX bis zum Zeitpunkt der Entlassung fortbestehen.
(3) …
(4) Es besteht Einvernehmen darüber, dass das Ministerium verpflichtet ist, das Disziplinarverfahren (vgl. Ziffer 2.1 der Präambel) unverzüglich nach der Entlassung förmlich einzustellen (vgl. Artikel 26 Abs. 3 Satz 1 LDNOG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Nr. 3 LDO).
(5) Das Ministerium und Prof. XXX verpflichten sich wechselseitig, den beim VGH Mannheim anhängigen Rechtsstreit (vgl. Ziffer 2.5 der Präambel) übereinstimmend als in der Hauptsache für erledigt zu erklären, verbunden mit einem beiderseitigen Verzicht auf eine Kostenentscheidung.
Eventuelle Gerichtskosten dieses verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens (gemäß Ziffer 2.5 der Präambel) sind von den Parteien je zur Hälfte zu tragen.
Zu den außergerichtlichen Kosten wird auf § 3 Abs. 2 dieser Vertragsurkunde verwiesen.
(6) Prof. XXX verpflichtet sich, in der Mahnbescheidssache (vgl. Ziffer 2.6 der Präambel) den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens unverzüglich nach Erhalt der Zahlung gemäß § 1 dieser Vertragsurkunde zurückzunehmen (§ 696 Abs. 4 ZPO).
…“
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In einer Zusatzvereinbarung vom selben Tag (dort unter Ziff. 3) verpflichteten sich der Beigeladene und der Beklagte u.a. ferner, sich an den Rechtsverfolgungskosten des Klägers im Verfahren 9 S 1848/06 vor dem VGH Baden-Württemberg mit einem Betrag von 20.000,-- EUR brutto zu beteiligen.
20 
Unter dem 24.02.2009 - beim Ministerium eingegangen am 27.02.2009 - beantragte der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Mit Schreiben vom 05.03.2009 leitete das Ministerium den Antrag des Klägers auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis an das Staatsministerium weiter mit der Bitte, dem Antrag zu entsprechen.
21 
Am 06.03.2009 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen gegenüber dem VGH Baden-Württemberg den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und verzichtete gleichzeitig auf eine Kostenentscheidung des Gerichts. Er teilte hierzu mit, die Parteien hätten einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen und sich verpflichtet, den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt zu erklären. Mit Eingangsverfügung vom 11.03.2009 teilte der Vorsitzende des 9. Senats dem Kläger-Bevollmächtigten mit, der Beklagte habe das ruhende Verfahren wieder angerufen, welches nunmehr unter dem Aktenzeichen 9 S 603/09 weitergeführt werde. Es werde bis zum 15.04.2009 um Mitteilung gebeten, ob der Anregung des Beklagten folgend die Hauptsache für erledigt erklärt werde.
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Am 13.03.2009 unterzeichnete der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg die Urkunde zur Entlassung des Klägers aus dem Landesdienst mit Ablauf des Tages der Zustellung der Urkunde. Eine Aushändigung erfolgte zunächst noch nicht.
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Nachdem der Beklagte bereits unter dem 25.02.2009 eine Presseinformation über die Einigung vom 20.02.2009 herausgegeben hatte, regte sich zeitnah hierzu erheblicher öffentlicher Widerstand. Am 17.03.2009 ersuchte der Landtag auf Antrag der SPD-Fraktion das Ministerium um Bericht zu neun Fragen sowie um Aussetzung des Vollzugs der getroffenen Vereinbarung (LT-Drs. 14/4185). Am 18.03.2009 bat das Ministerium den Beklagten dringend, dass im Hinblick auf die parlamentarische Initiative der SPD-Fraktion die Auszahlung der Abfindung gegenwärtig unterbleibe.
24 
Am 19.03.2009 forderte der Bevollmächtigte des Klägers das Ministerium telefonisch auf, die Entlassungsurkunde auszuhändigen und wiederholte dies mit Schreiben vom selben Tag.
25 
Da in der Öffentlichkeit Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarung vom 20.02.2009 geäußert worden waren, holte das Ministerium eine rechtsgutachtliche Stellungnahme ein. Diese wurde unter dem 26.03.2009 mit dem Ergebnis erstellt, dass die Vereinbarungen rechtsgültig seien.
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Mit Schreiben vom 27.03.2009 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Verzicht auf die in der Zusatzvereinbarung vom 20.02.2009 zugesagte Kostenbeteiligung. Unter dem 30.03.2009 bestätigte das Ministerium die Übereinkunft vom 27.03.2009, wonach Ziff. 3 der Zusatzvereinbarung gegenstandslos sei.
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Am 15.04.2009 fertigte die Geschäftsstelle des 9. Senats des VGH Baden-Württemberg einen Aktenvermerk, wonach der Prozessbevollmächtigte des Klägers angerufen und erklärt habe, dass von Klägerseite aus noch keine Erklärung abgegeben werde. Mit Beschluss vom 24.04.2009 (9 S 603/09 -, juris) lehnte der VGH Baden-Württemberg den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Freiburg ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, über den Zulassungsantrag sei nach Wiederanruf des Verfahrens mangels Erledigungserklärung des Klägers nach Ablauf der ihm hierfür gesetzten Frist zu entscheiden gewesen. Die mit dem Zulassungsantrag dargelegten Gründe (was in der Folge weiter ausgeführt wird) rechtfertigten den allein in Anspruch genommenen Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht.
28 
Unter dem 29.04.2009 wandte sich das Ministerium an die Rechtsanwälte des Klägers und führte aus, im Lichte des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 sei der Vergleich in seiner bisherigen Form nicht mehr vollziehbar und neu zu bewerten. Der Kläger werde aufgefordert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen sowie um Äußerung gebeten, ob unter diesen Umständen der Antrag vom 24.02.2009 auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufrechterhalten werde. Der Kläger ließ hierauf unter dem 08.05.2009 antworten, er halte an dem Vergleich fest, da dieser rechtswirksam zustande gekommen sei. Daran habe auch der Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 nichts geändert. Dieser sei, da kein Wiederaufnahmeantrag gestellt worden sei, nicht prozessordnungsgemäß zustande gekommen, jedenfalls aber für den Bestand der beiden Vereinbarungen ohne Relevanz. Man habe sich gerade wegen der unterschiedlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf eine gemeinsame Regelung verständigt, wie sie Sinn eines Vergleichs sei. Das Ministerium befinde sich seit nunmehr bald drei Monaten in Verzug und er erwarte den Vollzug des Vergleichs.
29 
In einem Schreiben vom 13.05.2009 verdeutlichte das Ministerium gegenüber dem Kläger seinen Standpunkt und hielt daran fest, dass die gesamte Vereinbarung nicht mehr durchgeführt werden könne und die Zahlungspflicht des Beklagten entfallen sei. Der Kläger möge bis spätestens 20.05.2009 mitteilen, ob er an seinem Entlassungsantrag vom 24.02.2009 festhalte. Falls er den Antrag nicht zurücknehme, müsse ihm die Entlassungsurkunde zugestellt werden. Das förmliche Disziplinarverfahren werde fortgeführt, wenn das Beamtenverhältnis nicht durch Entlassung ende.
30 
Am 13.05.2009 übersendete der Beklagte dem Beigeladenen ein am 12.05.2009 im Internet entdecktes Scheidungsurteil des XXX XXX XXX XXX vom XXX in der Familiensache der Eheleute XXX. Am 17.06.2009 erhielt der Beklagte eine (100-seitige) deutsche Übersetzung dieses Urteils.
31 
Am 18.05.2009 wies das Ministerium den Beklagten an, die Vereinbarungen vom 20.02.2009 auf Dauer nicht zu vollziehen und insbesondere eine Auszahlung der Abfindung auf Dauer zu unterlassen.
32 
Mit Schreiben vom 22.05.2009 teilte der Kläger dem Ministerium mit, seinen Entlassungsantrag aufrechtzuerhalten. Die Neubewertung aufgrund des Beschlusses des VGH vom 24.04.2009 sei falsch. Hinsichtlich seiner Verpflichtung, eine Erledigungserklärung abzugeben, habe ihm die Einrede des nichterfüllten Vertrages zugestanden, nachdem der Beigeladene mit seiner Hauptleistung, ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen, seit bald drei Monaten im Verzug sei. Der VGH-Beschluss hätte nicht ergehen dürfen, da das Verfahren weiterhin geruht habe. Seinen unter dem 27.03.2009 erklärten Verzicht auf die vom Beklagten und Beigeladenen in der Zusatzvereinbarung gesamtschuldnerisch übernommene Verpflichtung zur Zahlung einer Beteiligung von 20.000 EUR an den Prozesskosten habe er abgegeben, da man ihm versichert habe, der Vergleich würde im übrigen „durchgezogen“. Aufgrund des nunmehr erfolgten Verhaltens sehe er sich getäuscht und fechte die Verzichtserklärung gemäß § 123 BGB an; jedenfalls liege ein beiderseitiger Irrtum über die Geschäftsgrundlage vor und er erkläre vorsorglich den Rücktritt von der Verzichtsvereinbarung.
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Am 12.06.2009 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in seinem Büro die Entlassungsurkunde ausgehändigt. Unter dem 17.06.2009 bestätigte er gegenüber dem Ministerium den Empfang der Entlassungsurkunde und erklärte zugleich, dass der Kläger auf Rechtsmittel gegen die Entlassungsentscheidung verzichte. Ebenfalls am 17.06.2009 teilte er dies dem Beklagten mit und wies darauf hin, die Voraussetzungen für die Auszahlung der Abfindungssumme seien damit geschaffen und die Abfindung zur Auszahlung fällig. Er bitte um umgehende Anweisung auf sein Anderkonto. Der Beklagte lehnte dies unter dem 19.06.2009 ab.
34 
Mit dort am 22.06.2009 eingegangenen Schriftsatz erhob der Kläger beim Landgericht Stuttgart im Verfahren 15 O 202/09 Schadensersatzklage gegen den Beigeladenen wegen Amtspflichtverletzung des Wissenschaftsministers im Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Vereinbarung vom 20.02.2009 durch den Beklagten. Die Klage wurde dem Ministerium am 30.06.2009 zugestellt.
35 
Mit jeweiligem Schreiben vom 06.07.2009 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers (dort eingegangen am 08.07.2009) und an das Ministerium focht der Beklagte den am 20.02.2009 geschlossenen Vergleich unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten an. Zur Begründung führte er aus, die Anfechtung stütze sich hierbei insbesondere auf die ihm erst jetzt bekannt gewordenen Umstände der Wahrnehmung von Nebentätigkeiten durch Unternehmensbeteiligungen und -gründungen in XXX sowie Verdacht auf Alkoholprobleme/-Missbrauch. Der Kläger habe ihn über die oben genannten Umstände vor Abschluss des Vergleichs nicht aufgeklärt. Wären ihm diese Umstände vor bzw. bei Abschluss des Vertrages bekannt gewesen, so hätte er den Vergleich nicht abgeschlossen. Zugleich lägen auch die Voraussetzungen für einen Rücktritt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor, der hiermit ergänzend ebenfalls erklärt werde.
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Ebenfalls mit jeweiligem Schreiben vom 06.07.2009 an den Klägervertreter und an den Beklagten erklärte das Ministerium für den Beigeladenen die Anfechtung der am 20.02.2009 geschlossenen Vereinbarung und der damit verbundenen Zusatzvereinbarung. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen zwei Urteile des XXX XXX XXX XXX in Sachen XXX gegen XXX vor, die im Internet frei zugänglich seien und die wichtige neue Tatsachen offenbarten. Im Hinblick auf die im Urteil vom 09.09.2008 getroffenen Feststellungen werde gemäß § 62 Satz 2 LVwVfG, §§ 123, 119 BGB die Anfechtung erklärt. In dem genannten Urteil werde festgestellt, dass der Kläger zwei Unternehmen gegründet habe, deren einziger Gesellschafter, Vorstand bzw. Geschäftsführer er jeweils sei und mit denen er Einkünfte erziele. Außerdem sei im Urteil festgestellt, dass der Kläger ein gravierendes Alkoholproblem habe.
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Mit Entscheidung vom 10.08.2009 stellte das Ministerium das gegen den Kläger mit Verfügung vom 11.09.2000 eingeleitete förmliche Disziplinarverfahren ein und erlegte ihm die Kosten auf, welche zugleich auf insgesamt 20.855,19 EUR festgesetzt wurden. Der Kläger beantragte gegen die Kostenentscheidung am 14.09.2009 die Entscheidung der Disziplinarkammer des VG Freiburg (DL 10 K 1644/09). Am 29.03.2010 hob das Ministerium seine Entscheidung vom 10.08.2009 hinsichtlich eines Betrages von 14.798,91 EUR (Kosten des Untersuchungsführers) auf. Mit Beschluss vom 02.07.2010 hob die Disziplinarkammer die verbliebene Kostenentscheidung auf, da es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehle.
38 
Mit Beschluss vom 08.06.2011 erklärte das LG Stuttgart im Prozess des Klägers gegen den Beigeladenen den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hin änderte das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 11.08.2011 (4 W 51/11) die Entscheidung des Landgerichts ab und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart, bei welchem das Verfahren unter dem Aktenzeichen 1 K 3243/11 geführt wird. Mit Beschluss vom 18.05.2012 erklärte sich das VG Stuttgart für örtlich zuständig. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag setzte es das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegend bei der Kammer geführten Rechtsstreits gemäß § 94 VwGO aus. Die gegen den Aussetzungsbeschluss vom Kläger erhobene Beschwerde wies der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 16.10.2012 (4 S 1244/12) zurück.
39 
Der Kläger hat bereits am 09.12.2011 beim VG Freiburg Klage gegen den Beklagten erhoben und trägt zu deren Begründung vor: Ein Verlust seiner Aktivlegitimation sei nicht eingetreten, da der dem Beklagten am 08.11.2013 zugestellte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts XXX vom 30.10.2013 wirkungslos sei. Er habe seine aus der Vereinbarung vom 20.02.2009 resultierenden Ansprüche gegen den Beklagten mit Vertrag vom 11.03.2009 sicherheitshalber an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten. Die zunächst stille und nunmehr offengelegte Sicherungsabtretung der Forderung lasse seine Prozessführungsbefugnis unberührt, da ein Fall der zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft vorliege. Allerdings sei mit der Offenlegung der Sicherungsabtretung der Klageantrag umzustellen auf Zahlung an den Zessionar. Der Klageanspruch zu Ziff. 1 ergebe sich aus der zwischen den Beteiligten am 20.02.2009 getroffenen Vereinbarung. Auszahlungsvoraussetzung sei allein die bestandskräftige Beendigung des Beamtenverhältnisses des Klägers, die seit dem 17.06.2009 gegeben sei. Die vom Beklagten am 06.07.2009 erklärte Anfechtung sei rechtlich ohne Relevanz. Grund für die Abgabe dessen Willenserklärung sei das seit vielen Jahren vom Beklagten verfolgte Ziel gewesen, den Kläger als Leiter der Unfallchirurgischen Abteilung loszuwerden. Für den Beklagten sei es deshalb völlig uninteressant und bedeutungslos gewesen, ob der Kläger Nebentätigkeiten durch Unternehmensbeteiligungen und -gründungen ausgeübt oder ob ein Verdacht auf ein Alkoholproblem bestanden habe. Von einer arglistigen Täuschung könne auch deshalb keine Rede sein, weil - angebliche - Nebentätigkeiten, obwohl im Jahr 2004 thematisiert, bei Abschluss der Vereinbarung vom 20.02.2009 überhaupt kein Thema gewesen seien, auch nicht in den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen. Auch dem Anfechtungseinwand wegen angeblicher Alkoholprobleme mangele es an Erheblichkeit und Schlüssigkeit. Die Auffassung, die Zahlungsverpflichtung des Beklagten sei mit Ergehen der VGH-Entscheidung nachträglich unmöglich geworden, sei falsch. Dem Beklagten sei es allein darum gegangen, den Kläger mittels einer Abfindungszahlung als Leiter der Unfallchirurgie loszuwerden. Der Beigeladene habe bei dieser Gelegenheit die zwischen ihm und dem Kläger noch anhängigen Verfahren zu Ende bringen wollen. Die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen anhängigen Verfahren hätten den Beklagten nicht betroffen, so dass dieser seine mit dem Kläger getroffene Absprache auf die Zahlung der Abfindung beschränkt habe. Es gebe auch keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage. Es sei dem Beklagten nur darum gegangen, den Kläger als Chefarzt loszuwerden. An dieser Geschäftsgrundlage habe sich durch den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 nichts geändert, da der Ausgang dieses Verfahrens für den Beklagten völlig gleichgültig gewesen sei. Der aus Verzugsgründen gerechtfertigte Zinsanspruch bestehe ab Fälligkeit des Abfindungsanspruchs, welche der 17.06.2009 gewesen sei, als sein Rechtsanwalt wirksamen Rechtsmittelverzicht bezüglich der Entlassung erklärt habe. Einer Mahnung habe es nicht bedurft, da der Beklagte im Zuge der Weisung des Ministeriums die Erfüllung endgültig verweigert habe. Ein höherer Schaden sei entstanden, weil der Kläger den höher verzinslichen Bankkredit nicht habe zurückzahlen bzw. mit dem den Kreditbetrag übersteigenden Teil der Abfindung nicht habe arbeiten und somit nicht eine über den Verzugszinsen liegende Rendite erzielen können. Sein Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass sich die Schadenshöhe derzeit noch nicht abschließend bestimmen lasse.
40 
Der Kläger, der zunächst Leistung an sich begehrt hat, beantragt zuletzt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an Rechtsanwalt XXX, XXX, 1,98 Mio. EUR zu bezahlen zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2009;
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist und künftig entsteht, dass der Beklagte den dem Kläger nach § 1 der zwischen den Parteien am 20.02.2009 getroffenen Vereinbarung geschuldeten Abfindungsbetrag von 1,98 Mio. EUR nicht spätestens am 18.06.2009 auszahlte.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er erwidert: Die Wirksamkeit des Sicherungsabtretungsvertrages sei anzuzweifeln, da nicht offengelegt werde, welche Ansprüche damit gesichert würden. Die Zahlungspflicht sei nachträglich wegen Unmöglichkeit weggefallen, da der Kläger seine Verpflichtung aus § 2 Abs. 5 der Vereinbarung, den beim VGH Baden-Württemberg anhängigen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, nicht erfüllt und der VGH deshalb den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen habe. Gemäß dem entsprechend anwendbaren § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfalle der Anspruch des Klägers auf die Gegenleistung, da ihm gemäß § 275 Abs. 1 BGB die Beendigung des Rechtsstreits durch Erklärung der Hauptsache als erledigt, unmöglich geworden sei. Die Zahlungsverpflichtung des Beklagten einerseits und die Erledigung des Rechtsstreits beim VGH durch Erledigungserklärung ohne Sachentscheidung andererseits, hätten in einem unauflösbaren Wechselverhältnis gestanden, da im Fall einer Entscheidung des VGH keine Ungewissheit mehr bestanden hätte, da dann Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Kündigung der Berufungsvereinbarung und somit Berechtigung oder Nichtberechtigung einer Abfindung für entgangene/entgehende Privatliquidation festgestanden hätten. Jedenfalls aber sei die Leistungspflicht des Beklagten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 60 Abs. 1 VwVfG entfallen. Das zentrale Ziel der Vertragsparteien habe darin bestanden, alle anhängigen Verfahren ohne gerichtliche Entscheidung durch einen außergerichtlichen Vergleich zu beenden und damit alle gegenseitigen Ansprüche zu erledigen. Diese Erwartung sei nicht eingetreten, da der Kläger innerhalb der vom VGH gesetzten Frist die entsprechende Erklärung nicht abgegeben und der VGH durch Beschluss vom 24.04.2009 in der Sache entschieden habe. Jedenfalls aber sei die Vereinbarung unter dem 06.07.2009 wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten worden. Der Kläger habe den Beklagten und den Beigeladenen dadurch getäuscht, dass er in der Korrespondenz der Jahre 2003 und 2004 wahrheitswidrig erklärt habe, keine Nebentätigkeit auszuüben. Die im Urteil des XXX Gerichts geschilderten Tätigkeiten seien ohne die notwendige Genehmigung ausgeübte Nebentätigkeiten, da es sich um eine gewerblich/unternehmerische Tätigkeit handele. Grundlage für die Vereinbarung der Abfindung in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung vom 20.02.2009 sei gewesen, dass der Kläger in Zukunft nicht mehr beamteter Chefarzt sein würde und dass ihm deshalb Einkünfte aus Privatliquidation entgangen waren und entgehen würden. Eine Anfechtung rechtfertige sich gemäß § 119 BGB auch wegen der Alkoholprobleme des Klägers. Bei Abschluss der Vereinbarung seien der Beklagte und der Beigeladene von einem dienstfähigen Arzt ausgegangen, der im Rahmen des anhängigen Disziplinarverfahrens nicht hätte aus dem Dienst entfernt werden können und der bei Unwirksamkeit der Kündigung der Berufungsvereinbarung erhebliche Einkünfte aus Privatliquidationen erzielt hätte. Diese Beurteilung hätte sich bei Kenntnis des Alkoholproblems des Klägers geändert. Wenn sich ein Beamter weigere, entsprechende Therapiemaßnahmen durchzuführen und wenn er nicht abstinent bleibe, sei die Entfernung aus dem Dienst bei einer Alkoholabhängigkeit durchaus möglich. Selbst wenn die Hauptforderung bestünde, fehle dem Kläger teilweise die Aktivlegitimation, nachdem am 08.11.2013 durch Pfändungs- und Überweisungsbeschuss des AG XXX zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau Forderungen des Klägers gegen den Beklagten, „insbesondere aus Chefarztvertrag, Aufhebung des Chefarztvertrages, Vergleichen“ gepfändet und der Ehefrau in Höhe des gepfändeten Betrages überwiesen worden seien. Der Zinsanspruch sei nicht begründet. Verzug liege nicht vor, da es an einer Mahnung fehle. Der Kläger könne nicht doppelt Verzugsschaden geltend machen, indem er sowohl 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz als auch die von der Bank in Rechnung gestellten Zinsen als Schaden verlange. Der Klagantrag Ziff. 2. sei teilweise bereits unzulässig. Soweit sich die Feststellungsklage auf die Vergangenheit beziehe, scheitere sie am Vorrang der Leistungsklage. Der Kläger sei ohne Weiteres in der Lage, den behaupteten Verzugsschaden für die Vergangenheit zu beziffern. Schließlich sei der Antrag auch nicht hinreichend bestimmt. Es gebe viele Gründe, die den Kläger gehindert haben könnten, den Kredit zurückzuzahlen, für die der Beklagte aber nicht verantwortlich sei.
45 
Der Beigeladene bezieht sich auf den Vortrag des Beklagten und beantragt ebenfalls,
46 
die Klage abzuweisen.
47 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Inhalt der Akten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind (2 Ordner des Universitätsklinikums und ein weiterer Ordner Anlagen zur Klageerwiderung; 4 Hefte des ausgesetzten Verfahrens 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart; 2 Hefte des VGH Baden-Württemberg 9 S 1848/06 und 9 S 603/09; ein Heft VG Freiburg 3 K 1362/04; ein Heft VG Freiburg 1 K 2043/01; ein Heft Disziplinarkammer VG Freiburg 12 K 11/01; ein Heft Disziplinarkammer VG Freiburg 12 K 1/02; ein Heft Disziplinarkammer VG Freiburg DL 10 K 1644/09).

Entscheidungsgründe

 
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I. Die beiden Klagebegehren sind zulässig.
49 
1.) Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1 hat der Kläger, indem er nunmehr Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten statt - wie ursprünglich - an sich selbst verlangt, eine zulässige, da gemäß § 91 Abs. 1 VwGO sachdienliche Klageänderung vorgenommen. Diese geänderte Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere steht einer Klagebefugnis (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO) nicht der vom Kläger vorgelegte Abtretungsvertrag vom 11.03.2009 entgegen, mit dem er u.a. seinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 der Hauptvereinbarung vom 20.02.2009 (im Folgenden, wie dort, schlicht bezeichnet als „Vereinbarung“ - auf die „Zusatzvereinbarung“ vom selben Tag kommt es vorliegend nicht an) an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten hat. Evidente Anhaltspunkte dafür, dass dieses Rechtsgeschäft - etwa, wie vom Beklagten erwogen, wegen Sittenwidrigkeit (Gläubigerschädigung) - nichtig sein könnte, hat die Kammer nicht. Geht man von der Wirksamkeit der Abtretung aus, ist der Kläger ausnahmsweise nach den Grundsätzen über die gewillkürte Prozessstandschaft befugt, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten zu verlangen, durch den er ersichtlich hierzu ermächtigt worden ist. Im Fall einer - wie hier - zulässigen Abtretung/Übertragung eines Rechts ist die gewillkürte Prozessstandschaft ausnahmsweise auch im Verwaltungsprozess zulässig (Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 62 Rnr. 21; a.A.: Kopp/Schenke, VwGO 19. Aufl. 2013, Vorb § 40 Rnr. 25; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 42 Rnr. 35). In der Rechtsprechung wird dies ebenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, solange es sich nicht - was vorliegend bei der Abfindung auch nicht der Fall ist - um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt (BVerwG, Urt. v. 29.11.1982 - 7 C 34/80 -, NJW 1983, 1133; Saarl. OVG, Urt. v. 17.10.2013 - 2 A 303/12 -, juris). Voraussetzung ist allerdings, dass der Kläger ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse besitzt (in diesem Sinne VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 -, NVwZ-RR 1995, 639; vgl. entsprechend für den Zivilprozess: BGH, Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 49/99 -, NJW-RR 2002, 20). Ein solches Interesse kann dem Kläger in der hier vorliegenden Konstellation einer Sicherungsabtretung nicht abgesprochen werden. Denn mit einer Entscheidung darüber, ob die behauptete Abfindungsforderung besteht, ist zugleich die Klärung verbunden, ob der zwischen Zedent und Zessionar vereinbarte Sicherungszweck erfüllt werden kann.
50 
Sollte die Abtretung hingegen nichtig sein, ergäbe sich die Klagebefugnis des Klägers ohne Besonderheit aufgrund des dann bei ihm verbliebenen eigenen Rechts.
51 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist ebenfalls zulässig. Insbesondere einer Statthaftigkeit der darin verfolgten Feststellungsklage stehen weder ein Vorrang der Leistungsklage
(§ 43 Abs. 2 VwGO) noch Bestimmtheitsgründe entgegen. Befindet sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung eine teilweise Bezifferung möglich wäre, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung endgültig beziffert werden kann (BGH, Urt. v. 30.03.1983 - VIII ZR 3/82 -, NJW 1984, 1552; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 19.11.2012 - 6 O 2345/12 -, NJW-RR 2013, 732). Diese im Zivilprozess entwickelten Grundsätze hält die Kammer hier für übertragbar.
52 
II. Die Klagen sind indessen in der Sache erfolglos.
53 
1.) Der Klageantrag zu Ziff. 1 ist unbegründet. Darauf, ob die Sicherungsabtretung nichtig und der Kläger aufgrund einer dann wirksamen teilweisen Pfändung und Überweisung der eingeklagten Forderung möglicherweise nicht mehr im gesamten Umfang aktivlegitimiert ist, kommt es hier ebenfalls nicht an. Denn dem Kläger stand gegen den Beklagten bereits dem Grunde nach von vornherein kein Zahlungsanspruch zu.
54 
a.) Der in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung vom 20.02.2009 geregelte Zahlungsanspruch ist bereits nicht entstanden, da die Vereinbarung insoweit von Anfang an nichtig ist. Auf die Frage der wirksamen Anfechtung, einer nachträglichen Unmöglichkeit oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt es damit nicht an. Die Beteiligten sind auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden.
55 
Bei der Vereinbarung handelt es sich angesichts ihres Gegenstands und Inhalts um einen öffentlich-rechtlichen (verwaltungsrechtlichen) Vertrag gemäß §§ 1, 54 LVwVfG. §§ 1 und 2 der Vereinbarung gestalten die Rechtsbeziehungen der Beteiligten auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts. Als Universitätsprofessor ist der Kläger Beamter des Beigeladenen gewesen. Auch wenn er den ihm vom Beklagten unter dem 09.12.1998 angebotenen Chefarztvertrag (vgl. GAS. 469 des Verfahrens 1 K 2043/01) nicht abgeschlossen hatte (zum doppelten Dienstverhältnis eines Chefarztes mit Vertrag vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012 - 9 S 2752/11 -, DVBl. 2013, 326), stand er ferner aufgrund seiner Dienstpflichten in der Krankenversorgung (§ 77a UG bzw. § 53 Abs. 1 LHG) gleichwohl auch in einer besonderen verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehung zum Beklagten. Insbesondere seine Rechtsstellung als Leiter der Abteilung Unfallchirurgie behielt auch nach rechtlicher Verselbständigung des Universitätsklinikums zum 01.01.1998 ihre Grundlage in der beamtenrechtlichen Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997, nachdem eine „Kombinationslösung“ aus Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und Ernennung zum Universitätsprofessor einerseits sowie Abschluss eines gesonderten Chefarztvertrages mit dem Beklagten als Träger der klinischen Einrichtung andererseits nicht zustande gekommen war. Die qualitativ die Vereinbarung prägenden Leistungen betrafen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und die Beendigung des Disziplinarverfahrens sowie die Abfindung für entgangene/entgehende Einnahmen aus dem an die ärztliche Leitungsfunktion gebundenen Privatliquidationsrecht (zu den Zuordnungsgesichtspunkten für einen verwaltungsrechtlichen Vertrag allgemein vgl. Fehling, in: HK-VerwR, 3. Aufl. 2013, VwVfG, § 54, Rnr. 40; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 54 Rnr. 30). Aufgrund dieser im Normenkontext der beamtenrechtlichen Über- und Unterordnung stehenden Prägung handelt es sich ferner um einen subordinationsrechtlichen Vertrag gemäß § 54 Satz 2 LVwVfG. Es kommt nicht darauf an, ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung „sonst“ durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte. Das Wort „sonst“ im letzten Halbsatz der Vorschrift bedeutet nicht, dass die Behörde im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (noch) befugt gewesen sein muss, die vom Bürger zu erbringende Leistung mit demselben Inhalt durch Verwaltungsakt festzusetzen (zur maßgeblichen abstrakten Betrachtungsweise vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2003 - 2 C 23/02 -, NVwZ-RR 2003, 874; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4/99 -, NVwZ 2000, 1285). Für die weitere rechtliche Prüfung der Vereinbarung hat das zur Folge, dass neben den §§ 57, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 3, 60 und 62 LVwVfG auch die (ausdrücklich nur für subordinationsrechtliche Verträge geltenden) §§ 55, 58 Abs. 2, 59 Abs. 2 und 61 LVwVfG Anwendung finden.
56 
Zwar gab es kein Vertragsformverbot i.S.v. § 54 Satz 1 LVwVfG. Ferner bestehen hinsichtlich formeller Anforderungen wie der Zuständigkeit des für den Beklagten handelnden Organs bzw. der für den Beigeladenen handelnden Behörde sowie der Schriftform (vgl. § 57 LVwVfG) keine Bedenken. Materiell verstößt die in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung statuierte Abfindung des Klägers für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation indessen gegen zwingendes Recht (dazu unter aa.). Zwar besaß diese Regelung wegen ihres spezifischen Charakters als Vergleichsvertrag an sich das Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen. Die hierfür in § 55 LVwVfG normierten besonderen Vergleichsvoraussetzungen lagen indessen nicht vor mit der Folge der materiellen Rechtswidrigkeit der Abfindungsvereinbarung und weitergehend ihrer Nichtigkeit (dazu unter bb.).
57 
Dem Beklagten war es rechtlich verwehrt, den Kläger für seit November 2000 entgangene (für die Zeit bis Ende Oktober 2000 war im Mai 2000 ein Ruhen der klinischen Tätigkeit sowie des Liquidationsrechts bei allerdings 50%-iger Netto-Erlösbeteiligung vereinbart worden) und in der Zukunft noch entgehende Einkünfte aus Privatliquidation zu entschädigen.
58 
Der Kläger hatte seit Zugang (am 26.10.2000) der vorläufigen Dienstenthebungsverfügung vom 24.10.2000 keinen Anspruch mehr auf amtsangemessene Beschäftigung und durfte sämtliche Dienstgeschäfte nicht mehr führen (zur Rechtsfolge der vorläufigen Suspendierung vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris [Rnr. 10]; ferner Eckstein VBlBW 1997, 333 [337]). Zwar gehörte die dem Privatliquidationsrecht zugeordnete Behandlung von Privatpatienten nicht zum Hauptamt des Klägers. Leitenden Krankenhausärzten wird üblicherweise vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen. Bei Chefärzten im Beamtenverhältnis gilt die Ausübung dieses persönlichen Behandlungsrechts als Nebentätigkeit, sodass sein Inhalt durch die Nebentätigkeitsgenehmigung festgelegt wird. Demzufolge wird die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt zugeordnet, während die Behandlung von Privatpatienten als Nebentätigkeit gilt (BVerwG, Urt. v. 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, NVwZ 2008, 1029; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 8]). Jedoch war die Befugnis zur Privatliquidation an die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Klinikabteilung gebunden. Die Liquidationsbefugnis ist eine durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemein genehmigte Nebentätigkeit (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012, a.a.O.). Mit der Suspendierung war dem Kläger aber gerade auch diese sein Amt im konkret-funktionellen Sinn ausfüllende (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 9]) Tätigkeit als Abteilungsleiter verboten und deshalb eine Privatbehandlung und Liquidation unmöglich geworden. Aufgrund dieses untrennbaren Zusammenhanges konnte die Liquidationsbefugnis neben der vorläufigen Dienstenthebung nicht als Rechtsposition weiterbestehen.
59 
Die somit auch ein Privatliquidationsrecht vereitelnde vorläufige (störungsabwehrende) Suspendierung ist in ihrer Rechtmäßigkeit in zwei disziplinargerichtlichen Instanzen (VG Freiburg, Beschl. v. 01.02.2002 - D 12 K 11/01; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.04.2002 - DL 17 S 6/02) bestätigt und unanfechtbar geworden, ohne später wieder aufgehoben worden zu sein. Sie verlor ihre Wirkung gemäß § 93 Abs. 4 LDO (i.V.m. Art. 26 Abs. 3 LDNOG; nicht anders insoweit nunmehr § 23 Abs. 6 LDG) erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens durch (unanfechtbare) Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis am 17.06.2009. Jenseits einer - hier durch die Disziplinargerichte kassierten - Einbehaltung von Besoldungsbezügen findet nach Beendigung des Disziplinarverfahrens keine (rückwirkende) Abwicklung hinsichtlich der sonstigen Folgen einer vorläufigen Dienstenthebung statt (vgl. § 94 LDO bzw. § 24 LDG).
60 
Bei dieser Rechtslage dem Kläger gleichwohl eine Abfindung für bis Februar 2009 entgangene und bis zur (vereinbarten) Entlassung aus dem Beamtenverhältnis noch entgehende Privatliquidation (Zeitraum 01.11.2000 bis 17.06.2009) zu gewähren, war der Beklagte aus Rechtsgründen gehindert. Der Kläger hatte in dieser Zeit zwar noch Beamtenstellung und Leitungsfunktion inne. Aufgrund des umfassenden und rechtmäßigen dienstlichen Tätigkeitsverbots konnte und durfte er jedoch keine Leistung mehr erbringen. Ihn für eine rechtmäßig erzwungene Untätigkeit trotzdem zu entschädigen, bedeutete ein evidentes und eklatantes Missverhältnis, da diese Gegenleistung keine Entsprechung auf Seite des Klägers mehr hatte. Angesichts der in § 5 Abs. 1 Satz 2 UKG festgelegten Verpflichtung des Beklagten auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stellte eine gleichwohl erfolgte Abfindungsvereinbarung einen qualifizierten Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht dar, der diese gemäß § 59 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig machte (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 59 Rnr. 54).
61 
Einen ebensolchen qualifizierten und zur Nichtigkeit einer Vereinbarung führenden Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht im vorgenannten Sinne stellte es schließlich dar, den Kläger auch über das Ende der Wirkungen der Suspendierung hinaus für in der weiteren Zukunft (jenseits des 17.06.2009) entgehende Privatliquidationseinnahmen abzufinden. Denn durch die (Teil-)Kündigung vom 04.02.2004 der in der Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997 zugesagten Leitungsfunktion hatte der Kläger bereits seit Zugang dieser Kündigung das Recht zur Ausübung der Chefarztposition und der daran geknüpften Nebentätigkeit in Gestalt der Behandlung von Privatpatienten für eigene Rechnung endgültig verloren. Diese Wirkungen dauerten auch nach Erledigung der vorläufigen Suspendierung fort. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung ist in zwei Instanzen unanfechtbar bestätigt worden (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2006 - 3 K 1362/04 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris).
62 
Das zuvor unter festgestellte Abfindungsverbot hätte nur in Anwendung des § 55 LVwVfG zu einer gleichwohl wirksamen Leistungspflicht des Beklagten führen können. Liegen die in dieser Vorschrift normierten besonderen Voraussetzungen vor, vermag ein Vergleichsvertrag Leistungspflichten selbst dann zu begründen, wenn der Vergleichsinhalt der Gesetzeslage - wie hier - widerspricht (zu diesem „Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen“ vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1995 - 8 C 32/93 -, NJW 1996, 608; Urt. v. 01.12.1989 - 8 C 17/87 -, NJW 1990, 2700; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 6).
63 
Die Abfindungsregelung in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung ist Bestandteil eines Vergleichsvertrages. Dies ergibt sich aufgrund der Auslegung der Erklärungen der Beteiligten, die sich gemäß § 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB nach dem objektivierten Empfängerhorizont bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Fehling, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rnr. 29). In tatsächlicher Hinsicht sind der Wortlaut der Erklärungen zu erfassen und die tatsächlichen Umstände, die für die gewollte Bedeutung der Erklärung erheblich sind, zu sichten und aufzuklären. Aus dem materiell-rechtlichen Hintergrund der Erklärungen ergibt sich schließlich, ob und mit welchem Inhalt eine rechtliche Regelung angestrebt wird (BVerwG, Beschl. v. 27.03.2013 - 6 B 50/12 -, NVwZ-RR 2013, 491).
64 
Die Beteiligten selbst bezeichnen die Vereinbarung als Vergleich. Aus der Präambel der Vereinbarung (Ziff. 3 in Verbindung mit Ziff. 2) ergibt sich, dass sie sich über die Beendigung der noch anhängigen streitigen Verfahren (Disziplinarverfahren [vgl. Ziff. 2.1], Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg betreffend die Kündigung der Berufungsvereinbarung [vgl. Ziff. 2.5] und Mahnbescheidverfahren vor dem Landgericht Stuttgart [vgl. Ziff. 2.6] sowie des zwar bereits im gerichtlichen Erkenntnisverfahren 1 K 2043/01 abgeschlossenen, auf der Ebene der Erfüllung bzw. Vollstreckung jedoch noch nicht völlig abgewickelten Verfahrens auf Zahlung von Nutzungsentgelt und Mitarbeiterbeteiligung [vgl. Ziff. 2.3]) verständigen wollten. Ziff. 3 der Präambel endet damit, nach Vorlage des Teilberichts des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren vom 20.10.2008 seien die zu diesem Zeitpunkt ruhenden „Vergleichsgespräche wieder aufgenommen“ worden. „Vor diesem Hintergrund“ träfen die Parteien die nachstehenden Vereinbarungen der §§ 1 bis 3.
65 
Insbesondere auch die Vorkorrespondenz in der Anbahnungsphase der Vereinbarung belegt deren wesentlichen Vergleichscharakter, da man übereinstimmend ein gegenseitiges Nachgeben vor dem Hintergrund ungewisser streitiger Rechtsbeziehungen beabsichtigte. Der Kaufmännische Direktor des Beklagten hielt in einem Schreiben vom 30.10.2006 an das Ministerium (UK-AS. 47) fest, bei einem Gespräch mit den Rechtsanwälten des Klägers hätten diese es für realistisch gehalten, dass der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragen werde. Dies hänge allerdings von der Höhe der Summe ab, die das Universitätsklinikum zu zahlen bereit sei. In seinem hierzu verfassten Schreiben vom 31.10.2006 an die Rechtsanwälte des Klägers (UK-AS. 54) konkretisierte der Kaufmännische Direktor dies dahin, um mit der Abfindungszahlung alle gegenseitigen Ansprüche abzugelten, müssten folgende Rahmenbedingungen erfüllt werden: Der Kläger beantrage sofort seine unverzügliche Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Die Entlassung müsse bestandskräftig sein, bevor die oben genannte Zahlung vorgenommen werde. Alle noch laufenden Verfahren würden beendet. Dies bedeute einerseits, dass der Kläger die „Nichtzulassungsbeschwerde“ zum VGH hinsichtlich der Kündigung der Berufungsvereinbarung zurücknehme, andererseits werde das Verfahren gegen das Land, mit dem per Mahnbescheid Schadensersatzansprüche geltend gemacht seien, beendet. Auf Kostenerstattungsansprüche werde verzichtet. Das Klinikum werde bezüglich der ihm noch zustehenden Forderungen wegen ausstehenden Nutzungsentgelts nicht mehr weiter vorgehen. Diese würden mit der Abfindung verrechnet. Der im Verwaltungsverfahren für den Beklagten und den Beigeladenen tätige Rechtsanwalt XXX berichtete unter dem 19.12.2006 (UK-AS. 87/88) an das Ministerium und den Beklagten über eine Unterredung mit Rechtsanwalt XXX (Verteidiger des Klägers im Straf- und Disziplinarverfahren). Eine mögliche Einigung solle danach nicht durch eine Entscheidung des VGH torpediert werden. Es sei sinnvoll, den VGH zu bitten, wegen der Vergleichsverhandlungen zunächst nicht zu entscheiden. Das gebe allen Beteiligten die Gelegenheit, eine eventuelle Vereinbarung mit den Unwägbarkeiten jenes Prozesses zu begründen. Die Vertragsentwürfe ab Januar 2007 enthielten sodann unverändert die später in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung eingegangene Abfindungsverpflichtung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte in seinem Schreiben vom 01.02.2007 an den Kaufmännischen Direktor (UK-AS. 207) aus, da nach der Verfügung des Senatsvorsitzenden (sc. vom 02.01.2007 - darin war angeregt worden, im Hinblick auf das noch anhängige Disziplinarverfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen) der Ausgang dieses Verfahrens als offen angesehen werden müsse, halte man es für angemessen, dass es bei der vom Gesetz für den Vergleichsfall vorgesehenen Regelung verbleibe, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben würden. Dies auch im Hinblick darauf, dass vermieden werden solle, dass aus der Kostenregelung wiederum Schlüsse gezogen würden, die dem Verfahrensstand nicht entsprächen. Der Kaufmännische Direktor erwiderte unter dem 23.02.2007 (UK-AS 224/225), das Klinikum müsse darauf bestehen, die Abfindungssumme erst dann auszubezahlen, wenn die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich bestandskräftig sei. Diese Bestandskraft sei mit Blick auf die Höhe der zu leistenden Zahlung Bedingung. Ferner teilte er in Abweichung von einem Kostentragungsvorschlag des Klägers betreffend das zu erledigende Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH mit, das Ministerium bestehe darauf, dass die Gerichtskosten vom Kläger zu tragen seien, während die außergerichtlichen Kosten jede Partei selbst trage. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers indessen beharrte mit Schreiben vom 22.03.2007 an das Klinikum (UK-AS 259) darauf, die Kostenregelung seines Entwurfs („Die Kosten dieses Verfahrens regeln sich nach § 98 ZPO“) zu übernehmen. Dies sei nicht nur sachgerecht, sondern auch geboten. Gerade der Umstand, dass die Frage noch offen sei, ob die Berufungsvereinbarung wirksam gekündigt worden sei, gebe einen wesentlichen Rechtfertigungsgrund dafür, dass das Klinikum an den Kläger die vorgesehene Abfindung bezahle. Vor diesem Hintergrund sei auch die Gestaltung der Präambel zu sehen.
66 
Die in dieser Korrespondenz belegte Ungewissheit bei allen Beteiligten betraf nicht nur den Ausgang des Rechtsstreits um die Wirksamkeit der Teilkündigung der Berufungsvereinbarung und damit die Rückkehr des Klägers in die Leitungsfunktion. Vielmehr erstreckte sie sich nach Vorlage des vorläufigen Teilberichts des Untersuchungsführers vom 20.10.2008 auch auf den Ausgang des förmlichen Disziplinarverfahrens und die Frage, ob dieses zu einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst und damit zu einer Unmöglichkeit der Rückkehr in jegliche dienstliche Tätigkeit führen könne. Das Ministerium nahm diesen Teilbericht zum Anlass, die Ende 2007 zunächst abgebrochenen Vergleichsverhandlungen wieder aufzunehmen (vgl. Vermerk vom 23.10.2008, AS. 439-447 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart). Hierzu korrespondierend hatte Rechtsanwalt XXX für den Kläger mit Schreiben vom 30.10.2008 an das Ministerium (UK-AS. 476) noch einmal die Bereitschaft bekräftigt, „eine Verständigung außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens herbeizuführen“ und darauf hingewiesen, die „vertraglichen Vorbereitungen (seien) bereits weit gediehen“.
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Entscheidend für den Vergleichscharakter der Vereinbarung spricht schließlich, dass sich Unsicherheit und Nachgeben auf denselben Punkt bezogen. Die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kündigung sollte dadurch „beseitigt“ werden, dass der Beklagte nachgab, indem er eine (die mögliche Unwirksamkeit der Kündigung in Betracht ziehende) Abfindung gewährte. Der Kläger und der Beigeladene - Letztgenannter hatte die zur Privatliquidation berechtigende Leitungsposition ursprünglich in der Berufungsvereinbarung eingeräumt und später gekündigt - verzichteten hierzu auf eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass § 2 Abs. 5 der Vereinbarung dahin auszulegen ist, dass Kläger und Beigeladener nicht nur das förmliche Berufungszulassungsverfahren beim VGH, sondern auch das dem vorausgehende VG-Klageverfahren mit der Folge erledigen wollten, dass das Urteil der 3. Kammer vom 06.07.2006 unwirksam wurde und somit keine gerichtliche Entscheidung über die Kündigung vorlag. Schließlich sollte die Ungewissheit des Ausgangs des Disziplinarverfahrens und die damit verbundene Frage einer Rückkehr des Klägers auch als Abteilungsleiter dadurch bewältigt werden, dass Kläger und Beigeladener einen Fortgang durch Entlassungsantrag und anschließende Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, die zwingend zur Einstellung des Disziplinarverfahrens führte, verhinderten. Durch dieses Nachgeben sollte wiederum dem Beklagten eine Abfindung für künftig entgehende Liquidation ermöglicht werden, da es zu einer Entfernung aus dem Dienst mit daraus folgendem Wegfall auch der ärztlichen Leitungsposition nicht mehr kommen konnte.
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Es ist unzutreffend, wenn der Kläger nunmehr - die Abfindungsvereinbarung damit aus dem zuvor dargestellten gegenseitigen Nachgeben lösend - behauptet, der beim VGH anhängige Rechtsstreit sei für die Abfindungsverpflichtung des Beklagten „mangels jeder Relevanz“ nicht von Interesse gewesen. Denn wenngleich Verfahrensgegner vor dem VG und VGH der Beigeladene war, so verteidigte dieser doch die Kündigung der Berufungsvereinbarung, welche wiederum dem Kläger die Chefarztposition und das damit verbundene Privatliquidationsrecht eingeräumt hatte, um dessen Abfindung durch den Beklagten es nunmehr in der Vereinbarung vom 20.02.2009 ging. Auch der Ausgang des Disziplinarverfahrens hätte im Fall der Entfernung aus dem Dienst mit dem daraus folgenden Verlust aller Dienstposten unmittelbar Wirkung auf die Zulässigkeit einer Abfindung gehabt. In einem mit Anschreiben vom 07.05.2007 (UK-AS. 292) unterbreiteten Vereinbarungsentwurf hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwar möglicherweise noch einmal versucht, die Abfindung zur schlichten Austauschleistung für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis zu machen. Übernommen haben die Beteiligten dies jedoch nicht, sondern sich vielmehr in einem gemeinsamen Gespräch vom 13.06.2007 (vgl. den hierüber gefertigten Vermerk des Kaufmännischen Direktors vom 14.06.2007, UK-AS. 317/318) wieder auf einen Entwurf (vom 11.05.2007, vgl. UK-AS. 321-326) geeinigt, der den früheren Entwürfen im Zusammenhang mit der Korrespondenz bis zuletzt 22.03.2007 entsprach und die Abfindung somit wieder zum Bestandteil eines gegenseitigen Nachgebens zwecks Ungewissheitsbeseitigung machte.
69 
Die Voraussetzungen des § 55 LVwVfG für den Abschluss des Vergleichsvertrages lagen indessen nicht vor, so dass dieser materiell rechtswidrig ist.
70 
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 LVwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird, kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Hier haben die Beteiligten das gegenseitige Nachgeben in Gestalt von Antrags-Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Einstellung des Disziplinarverfahrens sowie Abfindung für entgangene/künftig entgehende Einnahmen aus Privatliquidation auf eine rechtliche und nicht auf eine tatsächliche Ungewissheit zurückführen wollen. Denn der zur Kündigung der Berufungsvereinbarung führende und zugleich für das Disziplinarverfahren verwertbare Sachverhalt stand ebenso fest (rechtskräftig abgeurteilte Straftaten einer vorsätzlichen sowie dreier fahrlässiger Körperverletzungen) wie die Rechtsposition des Klägers, in die eingegriffen wurde (Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG, ferner besonders zugesagte Abteilungsleitung). Allseitige Zweifel bestanden demgegenüber nach dem bereits oben zur Einordnung als Vergleichsvertrag Dargelegten darüber, ob die Kündigung der Leitungsposition gerichtlich unanfechtbar bestätigt würde und ob bereits die rechtskräftig festgestellten Straftaten des Klägers disziplinargerichtlich für eine Entfernung aus dem Dienst genügten.
71 
An der tatbestandlichen Voraussetzung einer bei verständiger Würdigung der Rechtslage bestehenden Ungewissheit, die ein Nachgeben durch Abfindungszahlung gerechtfertigt hätte, fehlte es im Februar 2009 jedoch. Damit die Gesetzesbindung der Verwaltung nicht unterlaufen wird, darf die bestehende Ungewissheit hinsichtlich der Rechtslage nur aus Sicht eines objektiven Betrachters und nur restriktiv bzw. unter strengen Anforderungen angenommen werden. Dies ist der Fall bei gänzlich umstrittener und/oder verworrener Rechtslage, wenn zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage divergierende gleichrangige Rechtsprechung vorliegt oder die Frage von den Gerichten noch gar nicht entschieden wurde und die Auffassungen im Schrifttum geteilt sind (Fehling, a.a.O., § 55 Rnr. 20). Eine relevante Ungewissheit ist auch dann anzunehmen, wenn nach dem von den Parteien erwarteten Maß verständiger Würdigung der Rechtslage der Verwaltungsaufwand einschließlich der damit verbundenen Kosten und des Zeitaufwandes, der zur Klärung der Rechtsfrage erforderlich wäre, zu ihrer (objektiven) Bedeutung außer Verhältnis stünde (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 38). Das übliche Verfahrensrisiko, das dem allgemeinen Prozessrisiko entspricht, rechtfertigt einen Vergleichsabschluss demgegenüber nicht (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987 - 23 B 86.02281 -, NVwZ 1989, 167; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 55 Rnr. 16a). Auf Seite des Klägers kann kein großzügigerer Maßstab angelegt werden, da er ständig durch einen und stellenweise sogar durch zwei versierte Rechtsanwälte vertreten war.
72 
In Ansehung der seit Ende Oktober 2000 bestehenden Wirkungen der vorläufigen Suspendierung (vgl. oben unter aa.) kann von einer berechtigten Unsicherheit darüber, ob dem Kläger in der Vergangenheit möglicherweise Einkünfte aus Privatliquidation zugestanden hätten, keine Rede sein. Denn hier hatte ihn ein vollständiges Tätigkeitsverbot getroffen, welches mangels anderweitiger Aufhebung bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens fortdauerte. Für einen objektiven Betrachter änderte sich auch nicht dadurch etwas, dass der Kläger wegen behaupteter Fürsorgepflichtverletzung im Mahnbescheidsverfahren eine Schadensersatzklage über 4,45 Mio. EUR bei den Zivilgerichten angestrengt hatte, die seit Frühjahr 2006 beim LG Stuttgart ruht. Diese Klage richtete sich nämlich nicht gegen den Beklagten, sondern gegen den Beigeladenen. Ferner lagen, wie von den Disziplinargerichten bestätigt, die Voraussetzungen für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung (hinreichender Verdacht eines schweren Dienstvergehens; dienstliches Bedürfnis) vor, was beim zivilgerichtlich erreichten Verfahrensstand keinen beachtlichen Schluss auf eine gleichwohl rechtswidrige und schuldhafte Schädigung des Klägers aufgrund eines gegen ihn „inszenierten Komplotts“ (vgl. Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.11.2006 an den Kaufmännischen Direktor, UK-AS. 58/59) zuließ.
73 
Eine verständige Würdigung ließ es schließlich auch nicht zu, von einem rechtlich ungewissen Schicksal der Kündigung der Leitungsposition auszugehen. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung vom 04.02.2004, die sich der Beigeladene zuvor überdies noch durch ein Rechtsgutachten von Prof. XXX vom November 2003 hatte untermauern lassen, war mit Urteil der 3. Kammer des VG Freiburg vom 06.07.2006 bestätigt worden. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen, weshalb der Kläger gezwungen war, zunächst eine Zulassung der Berufung durch den VGH Baden-Württemberg zu erreichen, wenn er überhaupt noch die Chance einer Abänderung der VG-Entscheidung durch das Obergericht wahren wollte. Bereits hieraus folgte eine beachtliche Rechtsposition zu Gunsten des Beigeladenen und des Beklagten. Die vom Kläger ausschließlich mit dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des VG-Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beantragte Zulassung (vgl. AS. 33-59 in der VGH-Verfahrensakte 9 S 1848/06) wurde auf eine von derjenigen des VG abweichende Bewertung und nicht auf eine divergierende Rechtsprechung/Literatur gestützt. Davon, der zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage noch erforderliche Aufwand sei beträchtlich gewesen und hätte zur Bedeutung des Streits für die Beteiligten außer Verhältnis gestanden, konnte im Februar 2009 nicht die Rede sein. Vielmehr bestand einseitig zulasten des Klägers ein beträchtliches Prozess-/Unterliegensrisiko, welches noch einmal dadurch erhöht war, dass zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg dazu, ob die Berufung zugelassen wird, noch nicht ergangen war. Erst die in § 2 Abs. 5 der Vereinbarung vorgesehenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Rechtsstreits um die Kündigung hätten, wenn sie erfolgt wären, eine relevante Ungewissheit erzeugen können.
74 
An dieser Bewertung ändert sich schließlich nichts durch das am 10.01.2008 geführte Telefonat zwischen Prof. XXX und einem Mitglied des 9. Senats beim VGH Baden-Württemberg. Obwohl dieses Gespräch in den beigezogenen VGH-Akten keinen Niederschlag gefunden hat, unterstellt die Kammer, dass dessen Inhalt in einem Vermerk vom 11.01.2008 in den Disziplinarakten des Ministeriums (vgl. AS. 462 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart) richtig wiedergegeben ist. Darin heißt es:
75 
„Herr Prof. XXX hat mir mitgeteilt, dass der VGH Mannheim in der Verwaltungsrechtssache XXX gegen Land BW wegen Kündigung der Berufungsvereinbarung (Leitungsfunktion) eine Mitteilung zum Sachstand erbeten hat. Außerdem teilte er mit, dass die Kammer, die die Sache verhandelt, einen neuen Vorsitzenden hat. Dieser sei bekannt dafür, dass er eine rigide beamtenrechtliche Linie vertritt. In einem Gespräch mit Prof. XXX habe dieser angedeutet, dass er die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts hält. Er wolle die Angelegenheit nun entscheiden. Prof. XXX befürchtet eine Niederlage des Landes. Es sei sehr ungewöhnlich, in welcher Deutlichkeit sich der Vorsitzende ihm gegenüber geäußert habe. Prof. XXX plädiert für eine einvernehmliche Einigung und steht zu einem Gespräch mit Herrn Minister zur Verfügung.“
76 
Die Bemerkung eines einzelnen Mitglieds des Senats gegenüber nur einem der am Verfahren Beteiligten in einem Telefongespräch, es halte die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts, durfte indessen bei verständiger Würdigung nicht Ausschlag für die Annahme einer Ungewissheit der Rechtslage geben. Dafür, dass diese Bemerkung der Überzeugung des gesamten Senats entsprochen hätte, geht weder aus dem Vermerk noch aus den sonstigen Umständen etwas hervor. Schon etwas mehr als 3 Monate später, unter dem 17.04.2008, vermerkte der Berichterstatter des Senats, in einem Telefonanruf sei mitgeteilt worden, dass „der Senat keine Stellungnahme zu einer möglichen vergleichsweisen Erledigung abgeben“ werde (AS. 129 in der VGH-Akte 9 S 1848/06). Spätestens hierdurch musste die Einzelansicht eines Senatsmitgliedes vom Januar 2008 wieder als relativiert angesehen werden. Gegen eine beachtliche Meinungsäußerung spricht schließlich auch, dass der spätere VGH-Beschluss vom 24.04.2009 zur Problematik der „Umgehung des Disziplinarrechts“ sogar eine deutlich gegenteilige Auffassung enthält (vgl. Rnr. 12 in der juris-Veröffentlichung: „Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich, dass die Entscheidung über den Entzug eines konkreten Aufgabenbereiches nicht dem Disziplinarverfahren vorbehalten ist … . Denn die das Beamtenrecht kennzeichnenden Verfahrensgarantien für die Entziehung des Amtes betreffen nur das Statusamt, nicht aber den Dienstposten; ein „Recht am Amt“ kennt das Dienstrecht grundsätzlich nicht. …“).
77 
Der damit materiell rechtswidrige Vergleichsvertrag war ferner unwirksam. Gemäß dem (für Subordinationsverträge wie hier geltenden) besonderen Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG ist ein Vergleichsvertrag nichtig, wenn die Voraussetzungen für seinen Abschluss nicht vorlagen. Dies ist hier der Fall. Wie oben dargelegt, fehlte es an einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 55 LVwVfG, da nach den Umständen des Falles die Rechtslage bei verständiger Würdigung nicht ungewiss war. Auf eine Kenntnis der Beteiligten von der Rechtswidrigkeit kommt es nicht an (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 59 Rnr. 26a und 27; Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 32/33). Auch die weitere Nichtigkeitsvoraussetzung des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 LVwVfG rechtswidrig wäre, liegt vor, da sich die Rechtswidrigkeit aus materiellen und nicht lediglich formellen Gesichtspunkten ergibt (Kopp/Ramsauer, a.a.O.; Fehling, a.a.O.).
78 
b.) Eine Aufrechterhaltung der nichtigen Abfindungsvereinbarung scheidet aus. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung sieht allerdings vor, dass im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung die Vertragsparteien gegenseitig verpflichtet sind, eine wirksame Regelung zu treffen, die den rechtlichen und wirtschaftlichen Zielen und Zwecken der unwirksamen Bestimmung möglichst nahe kommt. Unabhängig davon, dass hierzu die Vertragsparteien (und nicht das Gericht) aufgerufen wären, ist nicht ersichtlich, wie der Erfolg einer Abfindung anderweit erreicht werden könnte. Eine insoweit kraft Gesetzes eintretende und folglich vom Gericht zu beachtende Umdeutung (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 140 BGB) ist ebenfalls nicht möglich, da kein anderer zulässiger Rechtsakt erkennbar ist, der das angestrebte Regelungsziel (im Sinne des Klageanspruchs) zumindest teilweise erreichte.
79 
Es ist ferner nicht treuwidrig (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 242 BGB), dem Kläger die Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung entgegenzuhalten und ihn somit um den Erfüllungsanspruch zu bringen. Zwar hat er seine Leistung erbracht, indem er einen Entlassungsantrag stellte, dem - nach Rücknahme- und Rechtsmittelverzicht - unanfechtbar stattgegeben wurde. Indessen hatte der Beigeladene dem Kläger zweimal Gelegenheit gegeben, diesen Entlassungsantrag zurückzuziehen, ohne ihn am in § 2 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung erklärten Verzicht auf eine Antragsrücknahme festzuhalten. Unter dem 29.04.2009 (UK-AS. 684-687) wandte sich das Ministerium an die Rechtsanwälte des Klägers und führte aus, im Lichte des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 sei der Vergleich in seiner bisherigen Form nicht mehr vollziehbar und neu zu bewerten. Der Kläger werde aufgefordert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen sowie um Äußerung gebeten, ob unter diesen Umständen der Antrag vom 24.02.2009 auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufrechterhalten werde. In einem weiteren Schreiben vom 13.05.2009 (UK-AS. 783-786) verdeutlichte das Ministerium seinen Rechtsstandpunkt, warum es die beiden Vereinbarungen vom 20.02.2009 als hinfällig betrachte. Der Kläger sei der Verpflichtung, den Rechtsstreit vor dem VGH durch Abgabe einer Erledigungserklärung zu beenden, nicht nachgekommen. Eine Prozessbeendigung durch eine Erledigungserklärung sei aufgrund der Entscheidung des VGH rechtlich unmöglich geworden. Die Erklärung der Hauptsacheerledigung sei Gegenleistung zur Zahlungsverpflichtung gewesen. Abschließend gab es dem Kläger Gelegenheit, bis spätestens 20.05.2009 mitzuteilen, ob er an seinem Entlassungsantrag vom 24.02.2009 festhalte. Dass der Beigeladene hierbei nicht von einer anfänglichen Unwirksamkeit, sondern „nur“ von einer nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung und entfallener Gegenleistungspflicht des Beklagten ausging, ist unschädlich, denn dem Kläger war damit verdeutlicht worden, dass er selbst im Fall seiner - bei unterlassener Antragsrücknahme zwingenden - Entlassung keine Abfindungszahlung erhalten werde. Angesichts dieser noch vor dem Erbringen seiner eigenen Leistung geschaffenen neuen Sachlage kann nicht die Rede davon sein, er sei, weil er am Vertrag festgehalten hat, nunmehr unerträglich belastet. Denn dass sich die Rechtsauffassung des Klägers nicht bestätigt hat, liegt in seinem Risikobereich.
80 
Dass der Beklagte dem Kläger die 1,98 Mio. EUR oder zumindest einen Teilbetrag als Schaden wegen Verschuldens bei Vertragsschluss („culpa in contrahendo“, kurz: c.i.c. - entsprechend § 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG) schuldet, ist schließlich ebenfalls abzulehnen. Handelt es sich um ein allgemeines Wirksamkeitshindernis, das nicht dem Verantwortungsbereich einer Partei zuzuordnen ist, besteht grundsätzlich kein Anspruch wegen c.i.c.. Denn die Wirksamkeit eines Vertrages sicherzustellen, ist ein Gebot des jeweils eigenen Interesses, aber keine Rechtspflicht gegenüber dem anderen Teil, solange keine gesetzlichen oder vertraglichen Betreuungs- bzw. Aufklärungspflichten bestehen (Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 56; Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 311 Rnr. 39 m.w.N.). An spezifischen Pflichten des Beigeladenen und des Beklagten gegenüber dem Kläger bei Vertragsabschluss fehlte es hier. Die drei Beteiligten standen sich von Beginn der Verhandlungen an „auf Augenhöhe“ bzw. ebenbürtig gegenüber und handelten die Vertragsbedingungen einvernehmlich aus (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 07.04.2005 - 2 C 5/04 -, NVwZ 2005, 1188). Der Kläger, der persönlich nie selbst auftrat, war hierbei stets von sachkundigen sowie fachlich einschlägig tätigen und erfahrenen Rechtsanwälten vertreten.
81 
c.) Da nach dem zuvor Dargelegten die Hauptforderung des Klägers nicht besteht, scheidet auch - sei es aus Verzug (§ 288 BGB entsprechend) oder aus Rechtshängigkeit (§ 291 BGB entsprechend) - die geltend gemachte Nebenforderung aus.
82 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist, da allein als Verzugsschadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Hauptforderung in Klageantrag Ziff. 1 denkbar, aufgrund des Ergebnisses oben unter 1.) ebenfalls unbegründet.
83 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und folglich für den Fall des Unterliegens ein Kostentragungsrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
84 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagtem aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO und im Verhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem aus §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO.
85 
IV. Die Kammer lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß
§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu (Frage der Wirksamkeitsvoraussetzungen eines dreiseitigen verwaltungsrechtlichen Vergleichsvertrages im öffentlichen Dienstrecht). Es gilt deshalb für die Anfechtbarkeit dieses Urteils folgende
86 
B e s c h l u s s
87 
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.985.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat die Kammer für den Klageantrag Ziff. 1 gemäß § 52 Abs. 3 GKG den Betrag von 1,98 Mio. EUR (ohne Nebenforderung, vgl. § 43 Abs. 1 GKG) angesetzt und für den Klageantrag Ziff. 2, da unbeziffert und „nur“ als (nicht vollstreckungsfähiger) Feststellungsantrag gestellt, den Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG. Beide Beträge sind gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
88 
Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach § 68 Abs. 1 GKG.

Gründe

 
48 
I. Die beiden Klagebegehren sind zulässig.
49 
1.) Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1 hat der Kläger, indem er nunmehr Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten statt - wie ursprünglich - an sich selbst verlangt, eine zulässige, da gemäß § 91 Abs. 1 VwGO sachdienliche Klageänderung vorgenommen. Diese geänderte Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere steht einer Klagebefugnis (entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO) nicht der vom Kläger vorgelegte Abtretungsvertrag vom 11.03.2009 entgegen, mit dem er u.a. seinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 der Hauptvereinbarung vom 20.02.2009 (im Folgenden, wie dort, schlicht bezeichnet als „Vereinbarung“ - auf die „Zusatzvereinbarung“ vom selben Tag kommt es vorliegend nicht an) an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten hat. Evidente Anhaltspunkte dafür, dass dieses Rechtsgeschäft - etwa, wie vom Beklagten erwogen, wegen Sittenwidrigkeit (Gläubigerschädigung) - nichtig sein könnte, hat die Kammer nicht. Geht man von der Wirksamkeit der Abtretung aus, ist der Kläger ausnahmsweise nach den Grundsätzen über die gewillkürte Prozessstandschaft befugt, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an seinen Prozessbevollmächtigten zu verlangen, durch den er ersichtlich hierzu ermächtigt worden ist. Im Fall einer - wie hier - zulässigen Abtretung/Übertragung eines Rechts ist die gewillkürte Prozessstandschaft ausnahmsweise auch im Verwaltungsprozess zulässig (Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 62 Rnr. 21; a.A.: Kopp/Schenke, VwGO 19. Aufl. 2013, Vorb § 40 Rnr. 25; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 42 Rnr. 35). In der Rechtsprechung wird dies ebenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, solange es sich nicht - was vorliegend bei der Abfindung auch nicht der Fall ist - um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt (BVerwG, Urt. v. 29.11.1982 - 7 C 34/80 -, NJW 1983, 1133; Saarl. OVG, Urt. v. 17.10.2013 - 2 A 303/12 -, juris). Voraussetzung ist allerdings, dass der Kläger ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse besitzt (in diesem Sinne VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 -, NVwZ-RR 1995, 639; vgl. entsprechend für den Zivilprozess: BGH, Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 49/99 -, NJW-RR 2002, 20). Ein solches Interesse kann dem Kläger in der hier vorliegenden Konstellation einer Sicherungsabtretung nicht abgesprochen werden. Denn mit einer Entscheidung darüber, ob die behauptete Abfindungsforderung besteht, ist zugleich die Klärung verbunden, ob der zwischen Zedent und Zessionar vereinbarte Sicherungszweck erfüllt werden kann.
50 
Sollte die Abtretung hingegen nichtig sein, ergäbe sich die Klagebefugnis des Klägers ohne Besonderheit aufgrund des dann bei ihm verbliebenen eigenen Rechts.
51 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist ebenfalls zulässig. Insbesondere einer Statthaftigkeit der darin verfolgten Feststellungsklage stehen weder ein Vorrang der Leistungsklage
(§ 43 Abs. 2 VwGO) noch Bestimmtheitsgründe entgegen. Befindet sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung eine teilweise Bezifferung möglich wäre, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung endgültig beziffert werden kann (BGH, Urt. v. 30.03.1983 - VIII ZR 3/82 -, NJW 1984, 1552; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 19.11.2012 - 6 O 2345/12 -, NJW-RR 2013, 732). Diese im Zivilprozess entwickelten Grundsätze hält die Kammer hier für übertragbar.
52 
II. Die Klagen sind indessen in der Sache erfolglos.
53 
1.) Der Klageantrag zu Ziff. 1 ist unbegründet. Darauf, ob die Sicherungsabtretung nichtig und der Kläger aufgrund einer dann wirksamen teilweisen Pfändung und Überweisung der eingeklagten Forderung möglicherweise nicht mehr im gesamten Umfang aktivlegitimiert ist, kommt es hier ebenfalls nicht an. Denn dem Kläger stand gegen den Beklagten bereits dem Grunde nach von vornherein kein Zahlungsanspruch zu.
54 
a.) Der in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung vom 20.02.2009 geregelte Zahlungsanspruch ist bereits nicht entstanden, da die Vereinbarung insoweit von Anfang an nichtig ist. Auf die Frage der wirksamen Anfechtung, einer nachträglichen Unmöglichkeit oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt es damit nicht an. Die Beteiligten sind auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden.
55 
Bei der Vereinbarung handelt es sich angesichts ihres Gegenstands und Inhalts um einen öffentlich-rechtlichen (verwaltungsrechtlichen) Vertrag gemäß §§ 1, 54 LVwVfG. §§ 1 und 2 der Vereinbarung gestalten die Rechtsbeziehungen der Beteiligten auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts. Als Universitätsprofessor ist der Kläger Beamter des Beigeladenen gewesen. Auch wenn er den ihm vom Beklagten unter dem 09.12.1998 angebotenen Chefarztvertrag (vgl. GAS. 469 des Verfahrens 1 K 2043/01) nicht abgeschlossen hatte (zum doppelten Dienstverhältnis eines Chefarztes mit Vertrag vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012 - 9 S 2752/11 -, DVBl. 2013, 326), stand er ferner aufgrund seiner Dienstpflichten in der Krankenversorgung (§ 77a UG bzw. § 53 Abs. 1 LHG) gleichwohl auch in einer besonderen verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehung zum Beklagten. Insbesondere seine Rechtsstellung als Leiter der Abteilung Unfallchirurgie behielt auch nach rechtlicher Verselbständigung des Universitätsklinikums zum 01.01.1998 ihre Grundlage in der beamtenrechtlichen Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997, nachdem eine „Kombinationslösung“ aus Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und Ernennung zum Universitätsprofessor einerseits sowie Abschluss eines gesonderten Chefarztvertrages mit dem Beklagten als Träger der klinischen Einrichtung andererseits nicht zustande gekommen war. Die qualitativ die Vereinbarung prägenden Leistungen betrafen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und die Beendigung des Disziplinarverfahrens sowie die Abfindung für entgangene/entgehende Einnahmen aus dem an die ärztliche Leitungsfunktion gebundenen Privatliquidationsrecht (zu den Zuordnungsgesichtspunkten für einen verwaltungsrechtlichen Vertrag allgemein vgl. Fehling, in: HK-VerwR, 3. Aufl. 2013, VwVfG, § 54, Rnr. 40; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 54 Rnr. 30). Aufgrund dieser im Normenkontext der beamtenrechtlichen Über- und Unterordnung stehenden Prägung handelt es sich ferner um einen subordinationsrechtlichen Vertrag gemäß § 54 Satz 2 LVwVfG. Es kommt nicht darauf an, ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung „sonst“ durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte. Das Wort „sonst“ im letzten Halbsatz der Vorschrift bedeutet nicht, dass die Behörde im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (noch) befugt gewesen sein muss, die vom Bürger zu erbringende Leistung mit demselben Inhalt durch Verwaltungsakt festzusetzen (zur maßgeblichen abstrakten Betrachtungsweise vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2003 - 2 C 23/02 -, NVwZ-RR 2003, 874; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4/99 -, NVwZ 2000, 1285). Für die weitere rechtliche Prüfung der Vereinbarung hat das zur Folge, dass neben den §§ 57, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 3, 60 und 62 LVwVfG auch die (ausdrücklich nur für subordinationsrechtliche Verträge geltenden) §§ 55, 58 Abs. 2, 59 Abs. 2 und 61 LVwVfG Anwendung finden.
56 
Zwar gab es kein Vertragsformverbot i.S.v. § 54 Satz 1 LVwVfG. Ferner bestehen hinsichtlich formeller Anforderungen wie der Zuständigkeit des für den Beklagten handelnden Organs bzw. der für den Beigeladenen handelnden Behörde sowie der Schriftform (vgl. § 57 LVwVfG) keine Bedenken. Materiell verstößt die in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung statuierte Abfindung des Klägers für entgangene und künftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation indessen gegen zwingendes Recht (dazu unter aa.). Zwar besaß diese Regelung wegen ihres spezifischen Charakters als Vergleichsvertrag an sich das Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen. Die hierfür in § 55 LVwVfG normierten besonderen Vergleichsvoraussetzungen lagen indessen nicht vor mit der Folge der materiellen Rechtswidrigkeit der Abfindungsvereinbarung und weitergehend ihrer Nichtigkeit (dazu unter bb.).
57 
Dem Beklagten war es rechtlich verwehrt, den Kläger für seit November 2000 entgangene (für die Zeit bis Ende Oktober 2000 war im Mai 2000 ein Ruhen der klinischen Tätigkeit sowie des Liquidationsrechts bei allerdings 50%-iger Netto-Erlösbeteiligung vereinbart worden) und in der Zukunft noch entgehende Einkünfte aus Privatliquidation zu entschädigen.
58 
Der Kläger hatte seit Zugang (am 26.10.2000) der vorläufigen Dienstenthebungsverfügung vom 24.10.2000 keinen Anspruch mehr auf amtsangemessene Beschäftigung und durfte sämtliche Dienstgeschäfte nicht mehr führen (zur Rechtsfolge der vorläufigen Suspendierung vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris [Rnr. 10]; ferner Eckstein VBlBW 1997, 333 [337]). Zwar gehörte die dem Privatliquidationsrecht zugeordnete Behandlung von Privatpatienten nicht zum Hauptamt des Klägers. Leitenden Krankenhausärzten wird üblicherweise vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen. Bei Chefärzten im Beamtenverhältnis gilt die Ausübung dieses persönlichen Behandlungsrechts als Nebentätigkeit, sodass sein Inhalt durch die Nebentätigkeitsgenehmigung festgelegt wird. Demzufolge wird die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt zugeordnet, während die Behandlung von Privatpatienten als Nebentätigkeit gilt (BVerwG, Urt. v. 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, NVwZ 2008, 1029; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 8]). Jedoch war die Befugnis zur Privatliquidation an die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Klinikabteilung gebunden. Die Liquidationsbefugnis ist eine durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemein genehmigte Nebentätigkeit (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.08.2012, a.a.O.). Mit der Suspendierung war dem Kläger aber gerade auch diese sein Amt im konkret-funktionellen Sinn ausfüllende (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009, a.a.O. [Rnr. 9]) Tätigkeit als Abteilungsleiter verboten und deshalb eine Privatbehandlung und Liquidation unmöglich geworden. Aufgrund dieses untrennbaren Zusammenhanges konnte die Liquidationsbefugnis neben der vorläufigen Dienstenthebung nicht als Rechtsposition weiterbestehen.
59 
Die somit auch ein Privatliquidationsrecht vereitelnde vorläufige (störungsabwehrende) Suspendierung ist in ihrer Rechtmäßigkeit in zwei disziplinargerichtlichen Instanzen (VG Freiburg, Beschl. v. 01.02.2002 - D 12 K 11/01; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.04.2002 - DL 17 S 6/02) bestätigt und unanfechtbar geworden, ohne später wieder aufgehoben worden zu sein. Sie verlor ihre Wirkung gemäß § 93 Abs. 4 LDO (i.V.m. Art. 26 Abs. 3 LDNOG; nicht anders insoweit nunmehr § 23 Abs. 6 LDG) erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens durch (unanfechtbare) Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis am 17.06.2009. Jenseits einer - hier durch die Disziplinargerichte kassierten - Einbehaltung von Besoldungsbezügen findet nach Beendigung des Disziplinarverfahrens keine (rückwirkende) Abwicklung hinsichtlich der sonstigen Folgen einer vorläufigen Dienstenthebung statt (vgl. § 94 LDO bzw. § 24 LDG).
60 
Bei dieser Rechtslage dem Kläger gleichwohl eine Abfindung für bis Februar 2009 entgangene und bis zur (vereinbarten) Entlassung aus dem Beamtenverhältnis noch entgehende Privatliquidation (Zeitraum 01.11.2000 bis 17.06.2009) zu gewähren, war der Beklagte aus Rechtsgründen gehindert. Der Kläger hatte in dieser Zeit zwar noch Beamtenstellung und Leitungsfunktion inne. Aufgrund des umfassenden und rechtmäßigen dienstlichen Tätigkeitsverbots konnte und durfte er jedoch keine Leistung mehr erbringen. Ihn für eine rechtmäßig erzwungene Untätigkeit trotzdem zu entschädigen, bedeutete ein evidentes und eklatantes Missverhältnis, da diese Gegenleistung keine Entsprechung auf Seite des Klägers mehr hatte. Angesichts der in § 5 Abs. 1 Satz 2 UKG festgelegten Verpflichtung des Beklagten auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stellte eine gleichwohl erfolgte Abfindungsvereinbarung einen qualifizierten Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht dar, der diese gemäß § 59 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig machte (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 59 Rnr. 54).
61 
Einen ebensolchen qualifizierten und zur Nichtigkeit einer Vereinbarung führenden Verstoß gegen Haushalts- und Wirtschaftsrecht im vorgenannten Sinne stellte es schließlich dar, den Kläger auch über das Ende der Wirkungen der Suspendierung hinaus für in der weiteren Zukunft (jenseits des 17.06.2009) entgehende Privatliquidationseinnahmen abzufinden. Denn durch die (Teil-)Kündigung vom 04.02.2004 der in der Berufungsvereinbarung vom 15.09.1997 zugesagten Leitungsfunktion hatte der Kläger bereits seit Zugang dieser Kündigung das Recht zur Ausübung der Chefarztposition und der daran geknüpften Nebentätigkeit in Gestalt der Behandlung von Privatpatienten für eigene Rechnung endgültig verloren. Diese Wirkungen dauerten auch nach Erledigung der vorläufigen Suspendierung fort. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung ist in zwei Instanzen unanfechtbar bestätigt worden (VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2006 - 3 K 1362/04 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, juris).
62 
Das zuvor unter festgestellte Abfindungsverbot hätte nur in Anwendung des § 55 LVwVfG zu einer gleichwohl wirksamen Leistungspflicht des Beklagten führen können. Liegen die in dieser Vorschrift normierten besonderen Voraussetzungen vor, vermag ein Vergleichsvertrag Leistungspflichten selbst dann zu begründen, wenn der Vergleichsinhalt der Gesetzeslage - wie hier - widerspricht (zu diesem „Privileg gesteigerter Unempfindlichkeit gegenüber Gesetzesverletzungen“ vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1995 - 8 C 32/93 -, NJW 1996, 608; Urt. v. 01.12.1989 - 8 C 17/87 -, NJW 1990, 2700; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 6).
63 
Die Abfindungsregelung in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung ist Bestandteil eines Vergleichsvertrages. Dies ergibt sich aufgrund der Auslegung der Erklärungen der Beteiligten, die sich gemäß § 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB nach dem objektivierten Empfängerhorizont bestimmt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Fehling, a.a.O., § 62 Rnr. 11; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rnr. 29). In tatsächlicher Hinsicht sind der Wortlaut der Erklärungen zu erfassen und die tatsächlichen Umstände, die für die gewollte Bedeutung der Erklärung erheblich sind, zu sichten und aufzuklären. Aus dem materiell-rechtlichen Hintergrund der Erklärungen ergibt sich schließlich, ob und mit welchem Inhalt eine rechtliche Regelung angestrebt wird (BVerwG, Beschl. v. 27.03.2013 - 6 B 50/12 -, NVwZ-RR 2013, 491).
64 
Die Beteiligten selbst bezeichnen die Vereinbarung als Vergleich. Aus der Präambel der Vereinbarung (Ziff. 3 in Verbindung mit Ziff. 2) ergibt sich, dass sie sich über die Beendigung der noch anhängigen streitigen Verfahren (Disziplinarverfahren [vgl. Ziff. 2.1], Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg betreffend die Kündigung der Berufungsvereinbarung [vgl. Ziff. 2.5] und Mahnbescheidverfahren vor dem Landgericht Stuttgart [vgl. Ziff. 2.6] sowie des zwar bereits im gerichtlichen Erkenntnisverfahren 1 K 2043/01 abgeschlossenen, auf der Ebene der Erfüllung bzw. Vollstreckung jedoch noch nicht völlig abgewickelten Verfahrens auf Zahlung von Nutzungsentgelt und Mitarbeiterbeteiligung [vgl. Ziff. 2.3]) verständigen wollten. Ziff. 3 der Präambel endet damit, nach Vorlage des Teilberichts des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren vom 20.10.2008 seien die zu diesem Zeitpunkt ruhenden „Vergleichsgespräche wieder aufgenommen“ worden. „Vor diesem Hintergrund“ träfen die Parteien die nachstehenden Vereinbarungen der §§ 1 bis 3.
65 
Insbesondere auch die Vorkorrespondenz in der Anbahnungsphase der Vereinbarung belegt deren wesentlichen Vergleichscharakter, da man übereinstimmend ein gegenseitiges Nachgeben vor dem Hintergrund ungewisser streitiger Rechtsbeziehungen beabsichtigte. Der Kaufmännische Direktor des Beklagten hielt in einem Schreiben vom 30.10.2006 an das Ministerium (UK-AS. 47) fest, bei einem Gespräch mit den Rechtsanwälten des Klägers hätten diese es für realistisch gehalten, dass der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragen werde. Dies hänge allerdings von der Höhe der Summe ab, die das Universitätsklinikum zu zahlen bereit sei. In seinem hierzu verfassten Schreiben vom 31.10.2006 an die Rechtsanwälte des Klägers (UK-AS. 54) konkretisierte der Kaufmännische Direktor dies dahin, um mit der Abfindungszahlung alle gegenseitigen Ansprüche abzugelten, müssten folgende Rahmenbedingungen erfüllt werden: Der Kläger beantrage sofort seine unverzügliche Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Die Entlassung müsse bestandskräftig sein, bevor die oben genannte Zahlung vorgenommen werde. Alle noch laufenden Verfahren würden beendet. Dies bedeute einerseits, dass der Kläger die „Nichtzulassungsbeschwerde“ zum VGH hinsichtlich der Kündigung der Berufungsvereinbarung zurücknehme, andererseits werde das Verfahren gegen das Land, mit dem per Mahnbescheid Schadensersatzansprüche geltend gemacht seien, beendet. Auf Kostenerstattungsansprüche werde verzichtet. Das Klinikum werde bezüglich der ihm noch zustehenden Forderungen wegen ausstehenden Nutzungsentgelts nicht mehr weiter vorgehen. Diese würden mit der Abfindung verrechnet. Der im Verwaltungsverfahren für den Beklagten und den Beigeladenen tätige Rechtsanwalt XXX berichtete unter dem 19.12.2006 (UK-AS. 87/88) an das Ministerium und den Beklagten über eine Unterredung mit Rechtsanwalt XXX (Verteidiger des Klägers im Straf- und Disziplinarverfahren). Eine mögliche Einigung solle danach nicht durch eine Entscheidung des VGH torpediert werden. Es sei sinnvoll, den VGH zu bitten, wegen der Vergleichsverhandlungen zunächst nicht zu entscheiden. Das gebe allen Beteiligten die Gelegenheit, eine eventuelle Vereinbarung mit den Unwägbarkeiten jenes Prozesses zu begründen. Die Vertragsentwürfe ab Januar 2007 enthielten sodann unverändert die später in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung eingegangene Abfindungsverpflichtung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte in seinem Schreiben vom 01.02.2007 an den Kaufmännischen Direktor (UK-AS. 207) aus, da nach der Verfügung des Senatsvorsitzenden (sc. vom 02.01.2007 - darin war angeregt worden, im Hinblick auf das noch anhängige Disziplinarverfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen) der Ausgang dieses Verfahrens als offen angesehen werden müsse, halte man es für angemessen, dass es bei der vom Gesetz für den Vergleichsfall vorgesehenen Regelung verbleibe, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben würden. Dies auch im Hinblick darauf, dass vermieden werden solle, dass aus der Kostenregelung wiederum Schlüsse gezogen würden, die dem Verfahrensstand nicht entsprächen. Der Kaufmännische Direktor erwiderte unter dem 23.02.2007 (UK-AS 224/225), das Klinikum müsse darauf bestehen, die Abfindungssumme erst dann auszubezahlen, wenn die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich bestandskräftig sei. Diese Bestandskraft sei mit Blick auf die Höhe der zu leistenden Zahlung Bedingung. Ferner teilte er in Abweichung von einem Kostentragungsvorschlag des Klägers betreffend das zu erledigende Berufungszulassungsverfahren vor dem VGH mit, das Ministerium bestehe darauf, dass die Gerichtskosten vom Kläger zu tragen seien, während die außergerichtlichen Kosten jede Partei selbst trage. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers indessen beharrte mit Schreiben vom 22.03.2007 an das Klinikum (UK-AS 259) darauf, die Kostenregelung seines Entwurfs („Die Kosten dieses Verfahrens regeln sich nach § 98 ZPO“) zu übernehmen. Dies sei nicht nur sachgerecht, sondern auch geboten. Gerade der Umstand, dass die Frage noch offen sei, ob die Berufungsvereinbarung wirksam gekündigt worden sei, gebe einen wesentlichen Rechtfertigungsgrund dafür, dass das Klinikum an den Kläger die vorgesehene Abfindung bezahle. Vor diesem Hintergrund sei auch die Gestaltung der Präambel zu sehen.
66 
Die in dieser Korrespondenz belegte Ungewissheit bei allen Beteiligten betraf nicht nur den Ausgang des Rechtsstreits um die Wirksamkeit der Teilkündigung der Berufungsvereinbarung und damit die Rückkehr des Klägers in die Leitungsfunktion. Vielmehr erstreckte sie sich nach Vorlage des vorläufigen Teilberichts des Untersuchungsführers vom 20.10.2008 auch auf den Ausgang des förmlichen Disziplinarverfahrens und die Frage, ob dieses zu einer Entfernung des Klägers aus dem Dienst und damit zu einer Unmöglichkeit der Rückkehr in jegliche dienstliche Tätigkeit führen könne. Das Ministerium nahm diesen Teilbericht zum Anlass, die Ende 2007 zunächst abgebrochenen Vergleichsverhandlungen wieder aufzunehmen (vgl. Vermerk vom 23.10.2008, AS. 439-447 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart). Hierzu korrespondierend hatte Rechtsanwalt XXX für den Kläger mit Schreiben vom 30.10.2008 an das Ministerium (UK-AS. 476) noch einmal die Bereitschaft bekräftigt, „eine Verständigung außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens herbeizuführen“ und darauf hingewiesen, die „vertraglichen Vorbereitungen (seien) bereits weit gediehen“.
67 
Entscheidend für den Vergleichscharakter der Vereinbarung spricht schließlich, dass sich Unsicherheit und Nachgeben auf denselben Punkt bezogen. Die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kündigung sollte dadurch „beseitigt“ werden, dass der Beklagte nachgab, indem er eine (die mögliche Unwirksamkeit der Kündigung in Betracht ziehende) Abfindung gewährte. Der Kläger und der Beigeladene - Letztgenannter hatte die zur Privatliquidation berechtigende Leitungsposition ursprünglich in der Berufungsvereinbarung eingeräumt und später gekündigt - verzichteten hierzu auf eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass § 2 Abs. 5 der Vereinbarung dahin auszulegen ist, dass Kläger und Beigeladener nicht nur das förmliche Berufungszulassungsverfahren beim VGH, sondern auch das dem vorausgehende VG-Klageverfahren mit der Folge erledigen wollten, dass das Urteil der 3. Kammer vom 06.07.2006 unwirksam wurde und somit keine gerichtliche Entscheidung über die Kündigung vorlag. Schließlich sollte die Ungewissheit des Ausgangs des Disziplinarverfahrens und die damit verbundene Frage einer Rückkehr des Klägers auch als Abteilungsleiter dadurch bewältigt werden, dass Kläger und Beigeladener einen Fortgang durch Entlassungsantrag und anschließende Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, die zwingend zur Einstellung des Disziplinarverfahrens führte, verhinderten. Durch dieses Nachgeben sollte wiederum dem Beklagten eine Abfindung für künftig entgehende Liquidation ermöglicht werden, da es zu einer Entfernung aus dem Dienst mit daraus folgendem Wegfall auch der ärztlichen Leitungsposition nicht mehr kommen konnte.
68 
Es ist unzutreffend, wenn der Kläger nunmehr - die Abfindungsvereinbarung damit aus dem zuvor dargestellten gegenseitigen Nachgeben lösend - behauptet, der beim VGH anhängige Rechtsstreit sei für die Abfindungsverpflichtung des Beklagten „mangels jeder Relevanz“ nicht von Interesse gewesen. Denn wenngleich Verfahrensgegner vor dem VG und VGH der Beigeladene war, so verteidigte dieser doch die Kündigung der Berufungsvereinbarung, welche wiederum dem Kläger die Chefarztposition und das damit verbundene Privatliquidationsrecht eingeräumt hatte, um dessen Abfindung durch den Beklagten es nunmehr in der Vereinbarung vom 20.02.2009 ging. Auch der Ausgang des Disziplinarverfahrens hätte im Fall der Entfernung aus dem Dienst mit dem daraus folgenden Verlust aller Dienstposten unmittelbar Wirkung auf die Zulässigkeit einer Abfindung gehabt. In einem mit Anschreiben vom 07.05.2007 (UK-AS. 292) unterbreiteten Vereinbarungsentwurf hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwar möglicherweise noch einmal versucht, die Abfindung zur schlichten Austauschleistung für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis zu machen. Übernommen haben die Beteiligten dies jedoch nicht, sondern sich vielmehr in einem gemeinsamen Gespräch vom 13.06.2007 (vgl. den hierüber gefertigten Vermerk des Kaufmännischen Direktors vom 14.06.2007, UK-AS. 317/318) wieder auf einen Entwurf (vom 11.05.2007, vgl. UK-AS. 321-326) geeinigt, der den früheren Entwürfen im Zusammenhang mit der Korrespondenz bis zuletzt 22.03.2007 entsprach und die Abfindung somit wieder zum Bestandteil eines gegenseitigen Nachgebens zwecks Ungewissheitsbeseitigung machte.
69 
Die Voraussetzungen des § 55 LVwVfG für den Abschluss des Vergleichsvertrages lagen indessen nicht vor, so dass dieser materiell rechtswidrig ist.
70 
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 LVwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird, kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Hier haben die Beteiligten das gegenseitige Nachgeben in Gestalt von Antrags-Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und Einstellung des Disziplinarverfahrens sowie Abfindung für entgangene/künftig entgehende Einnahmen aus Privatliquidation auf eine rechtliche und nicht auf eine tatsächliche Ungewissheit zurückführen wollen. Denn der zur Kündigung der Berufungsvereinbarung führende und zugleich für das Disziplinarverfahren verwertbare Sachverhalt stand ebenso fest (rechtskräftig abgeurteilte Straftaten einer vorsätzlichen sowie dreier fahrlässiger Körperverletzungen) wie die Rechtsposition des Klägers, in die eingegriffen wurde (Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG, ferner besonders zugesagte Abteilungsleitung). Allseitige Zweifel bestanden demgegenüber nach dem bereits oben zur Einordnung als Vergleichsvertrag Dargelegten darüber, ob die Kündigung der Leitungsposition gerichtlich unanfechtbar bestätigt würde und ob bereits die rechtskräftig festgestellten Straftaten des Klägers disziplinargerichtlich für eine Entfernung aus dem Dienst genügten.
71 
An der tatbestandlichen Voraussetzung einer bei verständiger Würdigung der Rechtslage bestehenden Ungewissheit, die ein Nachgeben durch Abfindungszahlung gerechtfertigt hätte, fehlte es im Februar 2009 jedoch. Damit die Gesetzesbindung der Verwaltung nicht unterlaufen wird, darf die bestehende Ungewissheit hinsichtlich der Rechtslage nur aus Sicht eines objektiven Betrachters und nur restriktiv bzw. unter strengen Anforderungen angenommen werden. Dies ist der Fall bei gänzlich umstrittener und/oder verworrener Rechtslage, wenn zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage divergierende gleichrangige Rechtsprechung vorliegt oder die Frage von den Gerichten noch gar nicht entschieden wurde und die Auffassungen im Schrifttum geteilt sind (Fehling, a.a.O., § 55 Rnr. 20). Eine relevante Ungewissheit ist auch dann anzunehmen, wenn nach dem von den Parteien erwarteten Maß verständiger Würdigung der Rechtslage der Verwaltungsaufwand einschließlich der damit verbundenen Kosten und des Zeitaufwandes, der zur Klärung der Rechtsfrage erforderlich wäre, zu ihrer (objektiven) Bedeutung außer Verhältnis stünde (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 55 Rnr. 38). Das übliche Verfahrensrisiko, das dem allgemeinen Prozessrisiko entspricht, rechtfertigt einen Vergleichsabschluss demgegenüber nicht (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987 - 23 B 86.02281 -, NVwZ 1989, 167; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 55 Rnr. 16a). Auf Seite des Klägers kann kein großzügigerer Maßstab angelegt werden, da er ständig durch einen und stellenweise sogar durch zwei versierte Rechtsanwälte vertreten war.
72 
In Ansehung der seit Ende Oktober 2000 bestehenden Wirkungen der vorläufigen Suspendierung (vgl. oben unter aa.) kann von einer berechtigten Unsicherheit darüber, ob dem Kläger in der Vergangenheit möglicherweise Einkünfte aus Privatliquidation zugestanden hätten, keine Rede sein. Denn hier hatte ihn ein vollständiges Tätigkeitsverbot getroffen, welches mangels anderweitiger Aufhebung bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens fortdauerte. Für einen objektiven Betrachter änderte sich auch nicht dadurch etwas, dass der Kläger wegen behaupteter Fürsorgepflichtverletzung im Mahnbescheidsverfahren eine Schadensersatzklage über 4,45 Mio. EUR bei den Zivilgerichten angestrengt hatte, die seit Frühjahr 2006 beim LG Stuttgart ruht. Diese Klage richtete sich nämlich nicht gegen den Beklagten, sondern gegen den Beigeladenen. Ferner lagen, wie von den Disziplinargerichten bestätigt, die Voraussetzungen für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung (hinreichender Verdacht eines schweren Dienstvergehens; dienstliches Bedürfnis) vor, was beim zivilgerichtlich erreichten Verfahrensstand keinen beachtlichen Schluss auf eine gleichwohl rechtswidrige und schuldhafte Schädigung des Klägers aufgrund eines gegen ihn „inszenierten Komplotts“ (vgl. Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.11.2006 an den Kaufmännischen Direktor, UK-AS. 58/59) zuließ.
73 
Eine verständige Würdigung ließ es schließlich auch nicht zu, von einem rechtlich ungewissen Schicksal der Kündigung der Leitungsposition auszugehen. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung vom 04.02.2004, die sich der Beigeladene zuvor überdies noch durch ein Rechtsgutachten von Prof. XXX vom November 2003 hatte untermauern lassen, war mit Urteil der 3. Kammer des VG Freiburg vom 06.07.2006 bestätigt worden. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen, weshalb der Kläger gezwungen war, zunächst eine Zulassung der Berufung durch den VGH Baden-Württemberg zu erreichen, wenn er überhaupt noch die Chance einer Abänderung der VG-Entscheidung durch das Obergericht wahren wollte. Bereits hieraus folgte eine beachtliche Rechtsposition zu Gunsten des Beigeladenen und des Beklagten. Die vom Kläger ausschließlich mit dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des VG-Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beantragte Zulassung (vgl. AS. 33-59 in der VGH-Verfahrensakte 9 S 1848/06) wurde auf eine von derjenigen des VG abweichende Bewertung und nicht auf eine divergierende Rechtsprechung/Literatur gestützt. Davon, der zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage noch erforderliche Aufwand sei beträchtlich gewesen und hätte zur Bedeutung des Streits für die Beteiligten außer Verhältnis gestanden, konnte im Februar 2009 nicht die Rede sein. Vielmehr bestand einseitig zulasten des Klägers ein beträchtliches Prozess-/Unterliegensrisiko, welches noch einmal dadurch erhöht war, dass zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg dazu, ob die Berufung zugelassen wird, noch nicht ergangen war. Erst die in § 2 Abs. 5 der Vereinbarung vorgesehenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Rechtsstreits um die Kündigung hätten, wenn sie erfolgt wären, eine relevante Ungewissheit erzeugen können.
74 
An dieser Bewertung ändert sich schließlich nichts durch das am 10.01.2008 geführte Telefonat zwischen Prof. XXX und einem Mitglied des 9. Senats beim VGH Baden-Württemberg. Obwohl dieses Gespräch in den beigezogenen VGH-Akten keinen Niederschlag gefunden hat, unterstellt die Kammer, dass dessen Inhalt in einem Vermerk vom 11.01.2008 in den Disziplinarakten des Ministeriums (vgl. AS. 462 im Verfahren 1 K 3243/11 vor dem VG Stuttgart) richtig wiedergegeben ist. Darin heißt es:
75 
„Herr Prof. XXX hat mir mitgeteilt, dass der VGH Mannheim in der Verwaltungsrechtssache XXX gegen Land BW wegen Kündigung der Berufungsvereinbarung (Leitungsfunktion) eine Mitteilung zum Sachstand erbeten hat. Außerdem teilte er mit, dass die Kammer, die die Sache verhandelt, einen neuen Vorsitzenden hat. Dieser sei bekannt dafür, dass er eine rigide beamtenrechtliche Linie vertritt. In einem Gespräch mit Prof. XXX habe dieser angedeutet, dass er die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts hält. Er wolle die Angelegenheit nun entscheiden. Prof. XXX befürchtet eine Niederlage des Landes. Es sei sehr ungewöhnlich, in welcher Deutlichkeit sich der Vorsitzende ihm gegenüber geäußert habe. Prof. XXX plädiert für eine einvernehmliche Einigung und steht zu einem Gespräch mit Herrn Minister zur Verfügung.“
76 
Die Bemerkung eines einzelnen Mitglieds des Senats gegenüber nur einem der am Verfahren Beteiligten in einem Telefongespräch, es halte die Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt für eine Umgehung des Disziplinarrechts, durfte indessen bei verständiger Würdigung nicht Ausschlag für die Annahme einer Ungewissheit der Rechtslage geben. Dafür, dass diese Bemerkung der Überzeugung des gesamten Senats entsprochen hätte, geht weder aus dem Vermerk noch aus den sonstigen Umständen etwas hervor. Schon etwas mehr als 3 Monate später, unter dem 17.04.2008, vermerkte der Berichterstatter des Senats, in einem Telefonanruf sei mitgeteilt worden, dass „der Senat keine Stellungnahme zu einer möglichen vergleichsweisen Erledigung abgeben“ werde (AS. 129 in der VGH-Akte 9 S 1848/06). Spätestens hierdurch musste die Einzelansicht eines Senatsmitgliedes vom Januar 2008 wieder als relativiert angesehen werden. Gegen eine beachtliche Meinungsäußerung spricht schließlich auch, dass der spätere VGH-Beschluss vom 24.04.2009 zur Problematik der „Umgehung des Disziplinarrechts“ sogar eine deutlich gegenteilige Auffassung enthält (vgl. Rnr. 12 in der juris-Veröffentlichung: „Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich, dass die Entscheidung über den Entzug eines konkreten Aufgabenbereiches nicht dem Disziplinarverfahren vorbehalten ist … . Denn die das Beamtenrecht kennzeichnenden Verfahrensgarantien für die Entziehung des Amtes betreffen nur das Statusamt, nicht aber den Dienstposten; ein „Recht am Amt“ kennt das Dienstrecht grundsätzlich nicht. …“).
77 
Der damit materiell rechtswidrige Vergleichsvertrag war ferner unwirksam. Gemäß dem (für Subordinationsverträge wie hier geltenden) besonderen Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG ist ein Vergleichsvertrag nichtig, wenn die Voraussetzungen für seinen Abschluss nicht vorlagen. Dies ist hier der Fall. Wie oben dargelegt, fehlte es an einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 55 LVwVfG, da nach den Umständen des Falles die Rechtslage bei verständiger Würdigung nicht ungewiss war. Auf eine Kenntnis der Beteiligten von der Rechtswidrigkeit kommt es nicht an (Bay. VGH, Urt. v. 29.07.1987, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 59 Rnr. 26a und 27; Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 32/33). Auch die weitere Nichtigkeitsvoraussetzung des § 59 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 LVwVfG rechtswidrig wäre, liegt vor, da sich die Rechtswidrigkeit aus materiellen und nicht lediglich formellen Gesichtspunkten ergibt (Kopp/Ramsauer, a.a.O.; Fehling, a.a.O.).
78 
b.) Eine Aufrechterhaltung der nichtigen Abfindungsvereinbarung scheidet aus. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung sieht allerdings vor, dass im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung die Vertragsparteien gegenseitig verpflichtet sind, eine wirksame Regelung zu treffen, die den rechtlichen und wirtschaftlichen Zielen und Zwecken der unwirksamen Bestimmung möglichst nahe kommt. Unabhängig davon, dass hierzu die Vertragsparteien (und nicht das Gericht) aufgerufen wären, ist nicht ersichtlich, wie der Erfolg einer Abfindung anderweit erreicht werden könnte. Eine insoweit kraft Gesetzes eintretende und folglich vom Gericht zu beachtende Umdeutung (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 140 BGB) ist ebenfalls nicht möglich, da kein anderer zulässiger Rechtsakt erkennbar ist, der das angestrebte Regelungsziel (im Sinne des Klageanspruchs) zumindest teilweise erreichte.
79 
Es ist ferner nicht treuwidrig (§ 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 242 BGB), dem Kläger die Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung entgegenzuhalten und ihn somit um den Erfüllungsanspruch zu bringen. Zwar hat er seine Leistung erbracht, indem er einen Entlassungsantrag stellte, dem - nach Rücknahme- und Rechtsmittelverzicht - unanfechtbar stattgegeben wurde. Indessen hatte der Beigeladene dem Kläger zweimal Gelegenheit gegeben, diesen Entlassungsantrag zurückzuziehen, ohne ihn am in § 2 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung erklärten Verzicht auf eine Antragsrücknahme festzuhalten. Unter dem 29.04.2009 (UK-AS. 684-687) wandte sich das Ministerium an die Rechtsanwälte des Klägers und führte aus, im Lichte des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 24.04.2009 sei der Vergleich in seiner bisherigen Form nicht mehr vollziehbar und neu zu bewerten. Der Kläger werde aufgefordert, die Verhandlungen wieder aufzunehmen sowie um Äußerung gebeten, ob unter diesen Umständen der Antrag vom 24.02.2009 auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufrechterhalten werde. In einem weiteren Schreiben vom 13.05.2009 (UK-AS. 783-786) verdeutlichte das Ministerium seinen Rechtsstandpunkt, warum es die beiden Vereinbarungen vom 20.02.2009 als hinfällig betrachte. Der Kläger sei der Verpflichtung, den Rechtsstreit vor dem VGH durch Abgabe einer Erledigungserklärung zu beenden, nicht nachgekommen. Eine Prozessbeendigung durch eine Erledigungserklärung sei aufgrund der Entscheidung des VGH rechtlich unmöglich geworden. Die Erklärung der Hauptsacheerledigung sei Gegenleistung zur Zahlungsverpflichtung gewesen. Abschließend gab es dem Kläger Gelegenheit, bis spätestens 20.05.2009 mitzuteilen, ob er an seinem Entlassungsantrag vom 24.02.2009 festhalte. Dass der Beigeladene hierbei nicht von einer anfänglichen Unwirksamkeit, sondern „nur“ von einer nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung und entfallener Gegenleistungspflicht des Beklagten ausging, ist unschädlich, denn dem Kläger war damit verdeutlicht worden, dass er selbst im Fall seiner - bei unterlassener Antragsrücknahme zwingenden - Entlassung keine Abfindungszahlung erhalten werde. Angesichts dieser noch vor dem Erbringen seiner eigenen Leistung geschaffenen neuen Sachlage kann nicht die Rede davon sein, er sei, weil er am Vertrag festgehalten hat, nunmehr unerträglich belastet. Denn dass sich die Rechtsauffassung des Klägers nicht bestätigt hat, liegt in seinem Risikobereich.
80 
Dass der Beklagte dem Kläger die 1,98 Mio. EUR oder zumindest einen Teilbetrag als Schaden wegen Verschuldens bei Vertragsschluss („culpa in contrahendo“, kurz: c.i.c. - entsprechend § 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG) schuldet, ist schließlich ebenfalls abzulehnen. Handelt es sich um ein allgemeines Wirksamkeitshindernis, das nicht dem Verantwortungsbereich einer Partei zuzuordnen ist, besteht grundsätzlich kein Anspruch wegen c.i.c.. Denn die Wirksamkeit eines Vertrages sicherzustellen, ist ein Gebot des jeweils eigenen Interesses, aber keine Rechtspflicht gegenüber dem anderen Teil, solange keine gesetzlichen oder vertraglichen Betreuungs- bzw. Aufklärungspflichten bestehen (Fehling, a.a.O., § 59 Rnr. 56; Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 311 Rnr. 39 m.w.N.). An spezifischen Pflichten des Beigeladenen und des Beklagten gegenüber dem Kläger bei Vertragsabschluss fehlte es hier. Die drei Beteiligten standen sich von Beginn der Verhandlungen an „auf Augenhöhe“ bzw. ebenbürtig gegenüber und handelten die Vertragsbedingungen einvernehmlich aus (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 07.04.2005 - 2 C 5/04 -, NVwZ 2005, 1188). Der Kläger, der persönlich nie selbst auftrat, war hierbei stets von sachkundigen sowie fachlich einschlägig tätigen und erfahrenen Rechtsanwälten vertreten.
81 
c.) Da nach dem zuvor Dargelegten die Hauptforderung des Klägers nicht besteht, scheidet auch - sei es aus Verzug (§ 288 BGB entsprechend) oder aus Rechtshängigkeit (§ 291 BGB entsprechend) - die geltend gemachte Nebenforderung aus.
82 
2.) Klageantrag Ziff. 2 ist, da allein als Verzugsschadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Hauptforderung in Klageantrag Ziff. 1 denkbar, aufgrund des Ergebnisses oben unter 1.) ebenfalls unbegründet.
83 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und folglich für den Fall des Unterliegens ein Kostentragungsrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
84 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagtem aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO und im Verhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem aus §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO, § 167 Abs. 1 VwGO.
85 
IV. Die Kammer lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß
§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu (Frage der Wirksamkeitsvoraussetzungen eines dreiseitigen verwaltungsrechtlichen Vergleichsvertrages im öffentlichen Dienstrecht). Es gilt deshalb für die Anfechtbarkeit dieses Urteils folgende
86 
B e s c h l u s s
87 
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.985.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat die Kammer für den Klageantrag Ziff. 1 gemäß § 52 Abs. 3 GKG den Betrag von 1,98 Mio. EUR (ohne Nebenforderung, vgl. § 43 Abs. 1 GKG) angesetzt und für den Klageantrag Ziff. 2, da unbeziffert und „nur“ als (nicht vollstreckungsfähiger) Feststellungsantrag gestellt, den Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG. Beide Beträge sind gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
88 
Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach § 68 Abs. 1 GKG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2011 - 1 K 1568/10 - geändert. Die Klage auf Zurückzahlung entrichteter Abwassergebühren wird abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Abwassergebühren für das Jahr 2008 und begehrt die Rückzahlung geleisteter Abwassergebühren.
Die Klägerin ist eine sich in Liquidation befindende GmbH. Bis zu ihrer Auflösung, die am 15.07.2010 in das Handelsregister eingetragen wurde, stellte sie auf dem an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück ... Fruchtsaft, Fruchtsaftkonzentrate, Fruchtnektare sowie Fruchtsaftgetränke her.
Die Beklagte betrieb die Beseitigung des in ihrem Gebiet angefallenen Abwassers zunächst gemäß § 1 Abs. 1 ihrer am 01.01.2002 in Kraft getretenen Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 11.12.2001 als öffentliche Einrichtung. Für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen erhob sie Abwassergebühren. Bei Grundstücken, die an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossen sind, wurde die Gebühr einheitlich nach der auf dem Grundstück anfallenden Abwassermenge bemessen (§ 37 Abs. 1 AbwS). Als angefallene Abwassermenge galt die dem Grundstück in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum aus der öffentlichen Wasserversorgung zugeführte Wassermenge (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 AbwS). Die Gebühr betrug zunächst 3,04 EUR je m³ Abwasser (§ 41 Abs. 1 AbwS). Die Gebühr wurde mit Änderungssatzung vom 22.02.2005 mit Wirkung zum 01.01.2005 auf 3,54 EUR je m³ Abwasser erhöht.
Die Abwassersatzung der Beklagten vom 11.12.2001 war Gegenstand eines von der Fa. ... am 23.12.2002 eingeleiteten Normenkontrollverfahrens. Deren Antrag, die Satzung für nichtig zu erklären, wurde mit Urteil des Senats vom 07.10.2004 (- 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239) abgewiesen. Die Beklagte beschloss am 16.09.2014 rückwirkend eine neue Abwassersatzung für die Jahre 2008 und 2009.
Mit Bescheiden vom 31.12.2008 zog die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage ihrer Satzung vom 11.12.2001/22.02.2005 zu Abwassergebühren für das Jahr 2008 in Höhe von 26.008,38 EUR (Kunden-Nr. ...) und 10.152,72 EUR (Kunden-Nr. ...) heran. Sie legte dabei einen Frischwasserverbrauch von 7.347 m³ bzw. 2.868 m³ zu Grunde.
Gegen die Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 30.01.2009 "vorsorglich" Widerspruch ein und beantragte ferner, das von ihr im Jahr 2008 nicht eingeleitete Abwasser bei der Bemessung der Abwassergebühren abzusetzen. Zur Begründung führte sie aus, von der an der Entnahmestelle "Keller" entnommenen Trinkwassermenge von 7.347 m³ seien mindestens 3.294,72 m³, von den an der Entnahmestelle "Abfüllerei" entnommenen Trinkwassermenge von 2.868 m³ mindestens 1.281,28 m³ nicht in die gemeindliche Kanalisation eingeleitet, sondern zur Herstellung von Fruchtsäften verwendet worden.
Mit Bescheid vom 06.04.2010 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Nach § 40 AbwS würden Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet worden seien, auf Antrag des Gebührenschuldners bei der Bemessung der Abwassergebühren abgesetzt. Der Nachweis könne auf verallgemeinerungsfähige Erfahrungswerte oder, wenn solche Werte fehlten, durch ein Einzelgutachten geführt werden, das nachvollziehbare Rückschlüsse auf die dem konkreten Betrieb zuzuordnenden Werte erlaube. Bei Fruchtsaftbetrieben fehle es wegen der unterschiedlichen Produktionsweisen an allgemeinen Erfahrungswerten. Die nicht eingeleiteten Abwassermengen müssten deshalb durch ein einzelfallbezogenes Gutachten nachgewiesen werden. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin bisher nicht erbracht. Eine Vereinbarung über die Höhe der Absetzung des nicht eingeleiteten Abwassers sei nicht zustande gekommen, da die Klägerin die vorbereitete Vergleichsberechnung vom Februar 2006 nicht unterzeichnet habe.
Die Klägerin hat am 02.05.2010 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, - 1. - die Gebührenbescheide vom 31.12.2008 und den Widerspruchsbescheid aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die nicht als Abwasser eingeleiteten Trinkwassermengen bei der Bemessung der Abwassergebühren für das Jahr 2008 abzusetzen, sowie - 2. - die Beklagte zu verpflichten, die für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren in Höhe von insgesamt 18.080,55 EUR an sie, hilfsweise an die Fa. ..., Inhaberin ..., zu erstatten. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie bestehe als Liquidationsgesellschaft fort und sei daher weiterhin parteifähig. Nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 01.03.2010 verstoße die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip. Die diesen Maßstab verwendende Abwassersatzung der Beklagten sei deshalb nichtig. Die angefochtenen Bescheide seien somit aufzuheben und die bereits bezahlten Beträge zu erstatten. Die Ansprüche auf Rückzahlung der für 2008 bezahlten Abwassergebühren seien an die Fa. ..., Inhaberin ..., abgetreten worden. Die Fa. ... habe aber sie, die Klägerin, ermächtigt, die Ansprüche im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Die Klägerin sei ausweislich des Handelsregisters aufgelöst und deshalb nicht mehr parteifähig. Da die Klägerin in einem anderen Verfahren vorgetragen habe, sie sei nicht mehr Anschlussnehmer für die beide Trinkwasseranschlüsse, sei außerdem von einem Wegfall der Aktivlegitimation auszugehen. Im Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide habe noch die frühere Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg gegolten, wonach der Frischwassermaßstab einen tauglichen Maßstab für die Erhebung von Abwassergebühren darstelle. Bei Fruchtsaftbetrieben wie dem der Klägerin fehle es an verallgemeinerungsfähigen Erfahrungswerten über die nicht eingeleiteten Abwassermengen. Diese Abwassermengen müssten deshalb durch ein einzelfallbezogenes Gutachten nachgewiesen werden. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin bisher nicht erbracht.
10 
Mit Urteil vom 17.02.2011 hat das Verwaltungsgericht die Abwassergebührenbescheide vom 31.12.2008 sowie den Widerspruchsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die entrichteten Abwassergebühren in Höhe von 18.080,55 EUR an die Klägerin zurückzuzahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, einer gelöschten GmbH sei die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren, die ihrer Ansicht nach nicht entstanden seien. Die Klage sei zulässig. Auch wenn die Klägerin aufgelöst und im Handelsregister gelöscht worden sei, habe sie deshalb ihre Beteiligtenfähigkeit nicht verloren. Die danach zulässige Klage sei auch begründet. Für die Heranziehung der Klägerin zu Gebühren für die Entsorgung von Abwasser fehle es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 11.12.2001 in der Fassung vom 22.02.2005 sei nichtig, da sie keine gültige Maßstabsregelung enthalte. Die Satzung sehe als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den einheitlichen Frischwassermaßstab vor. Dieser Maßstab verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip. Dass der VGH Baden-Württemberg den Antrag der Klägerin, die Abwassersatzung der Beklagten vom 11.12.2001 für nichtig zu erklären, mit Urteil vom 07.10.2004 abgelehnt habe, hindere eine inzidente Überprüfung der Satzung nicht. Die Rechtskraftwirkung der einen Normenkontrollantrag abweisenden Entscheidung entfalle u. a., wenn Tatsachen einen (entgegenstehenden) Rechtssatz außer Kraft setzten oder wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden. So liege es hier, nachdem der VGH Baden-Württemberg mit Urteil vom 01.03.2010 festgestellt habe, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstoße. Die angefochtenen Gebührenbescheide seien danach rechtswidrig und aufzuheben. Eine Entscheidung über den Hilfsantrag sei damit entbehrlich. Die Aufhebung der Gebührenbescheide beseitige den Rechtsgrund für die Zahlungen der Klägerin an die Beklagte. Die Klägerin habe deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG in Verbindung mit § 37 Abs. 2 AO einen Anspruch auf Erstattung des geleisteten Betrags.
11 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.05.2011 zugelassene Berufung der Beklagten. Zu deren Begründung macht die Beklagte geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts fehle es der Klägerin an der Aktivlegitimation. Die Klägerin sei seit 15.07.2010 gelöscht. Es sei zudem von der Vermögenslosigkeit der Klägerin auszugehen, da sie nach ihren eigenen Angaben ihre Ansprüche auf Rückzahlung der für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren abgetreten habe. Eine vermögenslose Gesellschaft könne auch in gewillkürter Prozessstandschaft nicht klagen. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit seinem Urteil vom 07.10.2004 festgestellt, dass aufgrund der Homogenität der Bebauung auf dem Gebiet der Stadt die Gebührenkalkulation auch im Hinblick darauf nicht zu beanstanden sei, als der Anteil der Kosten für die Beseitigung des Niederschlagswassers offenbar unter 12 % liege. An den örtlichen Verhältnissen habe sich in der Zwischenzeit nichts geändert.
12 
In einer ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.09.2011 sind u.a. Vergleichsmöglichkeiten dem Grunde nach sondiert und nach Schließung der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich weiterverfolgt worden. Nach deren vorläufigem Scheitern hat der Senat die mündliche Verhandlung wieder eröffnet und am 09.10.2014 eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt. Darin hat die Klägerin ausgeführt, die von ihr erklärte Abtretung von Erstattungsansprüchen sei unwirksam, da sie den Anforderungen des § 46 AO nicht genügt habe. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat sich gegen die Aufhebung der Abgabenbescheide auch mit dem zusätzlichen Hinweis auf die inzwischen rückwirkend in Kraft gesetzte neue Abwassergebührensatzung vom 16.09.2014 (AbwS 2014) gewandt; die Klägerin sei danach auch Gebührenschuldnerin und habe sich zudem stets als solche geriert.
13 
Der Senat hat die mündliche Verhandlung nach Erlass einer bis 31.10.2014 zu befolgenden Aufklärungsverfügung geschlossen; die Beteiligten haben auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Mit Schriftsatz vom 27.10.2014 hat die Beklagte ihre Rechtspositionen bekräftigt und Mehrfertigungen der Abtretungsurkunde und der Abtretungsanzeige vorgelegt.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.02.2011 - 1 K 1568/10 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
16 
Die Klägerin beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts und die Behördenakten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
22 
1. Soweit sie sich gegen die Aufhebung der Gebührenbescheide der Beklagten vom 31.12.2008 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 06.04.2010 wendet, bleibt sie ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (a) und begründet (b).
23 
a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einer Beteiligtenfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Die Einwendungen der Beklagten hiergegen greifen nicht durch.
24 
Die Klägerin ist zwar nach dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister aufgelöst (Eintragung vom 15.07.2010). Die Auflösung einer Gesellschaft führt jedoch noch nicht zu deren Beendigung. Die Gesellschaft besteht vielmehr auch nach ihrer Auflösung als solche unverändert fort. Lediglich ihr "werbender" Zweck wandelt sich zum Abwicklungszweck (Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. zum GmbHG, 6. Aufl., § 60 Rn. 6). Eine Löschung im Handelsregister (gemäß § 394 FamFG) ist bisher nicht erfolgt. An der Beteiligtenfähigkeit der Klägerin i. S. von § 61 VwGO ist deshalb nicht zu zweifeln.
25 
Die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin wäre im Übrigen selbst dann zu bejahen, wenn die GmbH bereits im Handelsregister gelöscht worden sein sollte. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist auch einer gelöschten GmbH die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren, die ihrer Ansicht nach nicht entstanden sind. Die Gesellschaft bleibe insoweit parteifähig (BGH, Urt. v. 18.01.1994 - XI ZR 95/93 - NJW-RR 1994, 542; Urt. v. 11.05.1989 - III ZR 96/87 - BGHR LöschG § 1 Abs. 1 Satz 1, Parteifähigkeit 1; Beschl. v. 26.04.1990 - VII ZB 2/90 - VersR 1991, 121).
26 
b) Die Klage ist schon deshalb begründet, weil die Klägerin nicht Gebührenschuldnerin ist.
27 
aa) Maßgeblich für die Beurteilung ist - zunächst (s. aber unten bb) - nicht die Abwassersatzung von 2001 (in der Fassung der Änderungssatzung von 2005), da diese eine Beitragspflicht mangels wirksamer Maßstabsregelung nicht begründen konnte.
28 
Dieser Beurteilung steht das Normenkontrollurteil des Senats vom 07.10.2004 (- 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239) nicht im Weg. Es entfaltet im vorliegenden Fall keine Bindungswirkung, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Das ergibt sich allerdings nicht aus der vom Verwaltungsgericht angenommenen Erwägung, die Rechtskraftwirkung eines Normenkontrollurteils, durch das ein Antrag abgelehnt wurde, entfalle u.a., wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden. So liege es hier, nachdem der Senat mit Urteil vom 01.03.2010 festgestellt habe, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstoße.
29 
Diese Auffassung wird der Rechtskraftwirkung nicht gerecht. Zwischen den Beteiligten des damaligen Verfahrens steht aufgrund des rechtskräftigen Normenkontrollurteils - bei unveränderter Sach- und Rechtslage - vielmehr mit bindender Wirkung fest, dass die Satzung im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gültig war. Diese Bindung gilt nicht nur für ein erneutes Normenkontrollverfahren, sondern für alle Verfahren zwischen diesen Beteiligten, bei denen es auf die Gültigkeit der Satzung ankommt (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995 - 8 B 32.95 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 71; Beschl. v. 03.11.1991 - 4 NB 33.93 - NVwZ-RR 1994, 236; Urteil vom 19.01.1984 - 3 C 88.82 - BVerwGE 68, 306). Sie erstreckt sich außerdem nicht nur auf Nichtigkeitsgründe, die bereits in dem ersten Normenkontrollverfahren geltend gemacht worden sind, sondern auch auf Einwände, die in einem späteren Verfahren erstmalig vorgetragen werden (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO).
30 
Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Rechtskraftwirkung der einen Normenkontrollantrag abweisenden Entscheidung entfalle, wenn Tatsachen einen (entgegenstehenden) Rechtssatz außer Kraft setzten oder wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden, kann nicht gefolgt werden. So wird die Rechtskraft eines Urteils jedenfalls nicht schon dann durchbrochen, wenn von einem der Beteiligten neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden oder sich abweichende Rechtsanschauungen zu den maßgebenden Fragen gebildet haben (a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. § 47 Rn. 146), da damit die Rechtskraft in einer nicht hinnehmbaren Weise ausgehöhlt würde. Die Bindungswirkung eines den Antrag abweisenden Normenkontrollurteils entfällt vielmehr - jedenfalls grundsätzlich - nur dann, wenn nach Erlass des rechtskräftigen Urteils eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO; Beschl. v. 03.11.1991, aaO). Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ist im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Eine Änderung der Rechtsprechung stellt eine Änderung der Rechtslage nicht dar und steht einer solchen auch nicht gleich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.1993 - 9 B 241.92 - NVwZ-RR 1994, 119; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89.90 - NVwZ 1982, 500 zu § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 121 Rn. 49; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 74 m.w.N.). Die Rechtsprechung, auch die des Bundesverwaltungsgerichts, ändert nicht bestehende Rechtsnormen, sondern wendet diese an, d.h. vollzieht deren schon vorher bestehenden Inhalt nach.
31 
Eine Bindung an das Normenkontrollurteil vom 07.10.2004 besteht aber deshalb nicht, weil sich die Rechtskraftwirkung auf die Beteiligten des damaligen Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger beschränkt (§ 121 Nr. 1 VwGO), die Klägerin des vorliegenden Verfahrens aber weder mit derjenigen des Normenkontrollverfahrens identisch noch deren Rechtsnachfolgerin ist. Unter diesen Umständen ist dem Verwaltungsgericht im Ergebnis darin beizupflichten, dass die frühere Satzung mangels wirksamer Maßstabsregelung nichtig und daher nicht in der Lage war, eine Beitragspflicht der Klägerin zu begründen.
32 
bb) Konnte eine Abwassergebührenpflicht für das Jahr 2008 damit (frühestens) durch die Abwassersatzung 2014 - rückwirkend in Kraft gesetzt gem. ihres § 52 Abs. 2 - entstehen, beurteilt sich auch die Frage nach dem Gebührenschuldner grundsätzlich nach den dort getroffenen Regelungen.
33 
Nach § 39 Abs. 1 AbwS 2014 ist Schuldner der Abwassergebühren der Grundstückseigentümer bzw. im Fall des Erbbaurechts der Erbbauberechtigte. Weder das eine noch das andere trifft auf die Klägerin zu; vielmehr ist laut vorgelegtem Grundbuchauszug Eigentümerin des Grundstücks seit 2003 ..., die ... als früherem Eigentümer nachfolgte. Neben dem Grundstückseigentümer können gemäß § 39 auch die sonstigen zur Benutzung oder Nutzung des Grundstücks oder von Grundstücksteilen Berechtigten (z.B. Mieter, Pächter usw.) Schuldner der Abwassergebühren sein, wenn ihre Anteile an den Bemessungsgrundlagen nach den §§ 38, 40 und 42a gesondert festgestellt werden können. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich eine Gebührenpflicht der Klägerin auf diese Tatbestandsvariante auch dann nicht stützen, wenn die Klägerin im fraglichen Zeitraum einzige schuldrechtlich berechtigte Nutzerin des Grundstückes gewesen sein sollte. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob auch insoweit vom Satzungsgeber eine Rückwirkung angeordnet werden sollte. Jedenfalls § 40 Abs. 2 AbwS 2014 (Nachweis durch besondere Wasserzähler) ist laut § 52 Abs. 2 AbwS 2014 ausdrücklich von der Rückwirkung ausgenommen; viel spricht dafür, dass schuldrechtlich Berechtigte generell erst dann als mögliche Gebührenschuldner einbezogen werden sollten, wenn ihre Anteile entsprechend den Vorschriften der §§ 38, 40 und 42a auch technisch gesondert festgestellt werden können. Das bedarf aber hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn eine Rückwirkung insoweit vom Satzungsgeber beabsichtigt gewesen sein sollte, wäre sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass in der Abwassersatzung 2001 im dortigen § 38 Abs. 1 als Gebührenschuldner ausschließlich Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte vorgesehen waren. Zwar ist die rückwirkende Ersetzung einer wegen eines Fehlers im Abgabenmaßstab unwirksamen Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Maßstab nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes nicht verboten, sondern zulässig. Das gilt aber nicht für abgeschlossene Tatbestände (vgl. Driehaus, Abgabensatzungen, § 6 Rn. 9). Hierzu zählt auch der Kreis der Gebührenschuldner. Die neue Regelung stellte sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende rückwirkende Erweiterung der Abgabenpflichtigen dar (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 27.07.1984 - 2 S 2790/83 - KStz 1985, 94; Gössl in Gössl/Reif, KAG, § 2 Anm.1.4.2.1). Daher muss es dabei bleiben, dass Schuldner der Abwassergebühr im vorliegenden Fall nach Satzungsrecht ausschließlich der Eigentümer ist.
34 
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass im Hinblick auf Feststellungen in früheren Prozessen und die späte Geltendmachung der Eigentumssituation die Eigentümerstellung der Klägerin bzw. ihre Rechtsnachfolge in die Eigentümerstellung rechtskräftig feststehe und die Klägerin sich - wie in verschiedenen Verfahren deutlich geworden sei - stets als Eigentümerin der maßgeblichen Grundstücke geriert und auch stets betont habe, dass sie zu Recht dem Grunde nach für Abwassergebühren herangezogen werden könne, vermögen diese Argumente die satzungsmäßigen Anforderungen an die Entstehung der Gebührenschuld nicht zu relativieren. Soweit behauptet wird, in früheren Entscheidungen sei rechtskräftig festgestellt worden, dass die Klägerin Eigentümerin der entsprechenden Grundstücke bzw. Rechtsnachfolgerin des früheren Eigentümers sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich insoweit um rechtliche Vorfragen von rechtskräftig entschiedenen Gebührenstreitigkeiten handelt, hinsichtlich derer eine Rechtskraftwirkung nicht angenommen werden kann; die Rechtskraft ist vielmehr auf den Entscheidungssatz beschränkt (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 48). Auch eine der Sache nach geltend gemachte Treuwidrigkeit wäre nicht geeignet, das Satzungsrecht zu überspielen, zumal da die Voraussetzungen der Gebührenschuld durch einen Blick ins Grundbuch jederzeit verifizierbar waren und sind. Schließlich fehlen auch normative Präklusionsregelungen, die einer Berücksichtigung der objektiven Eigentumssituation im Wege stehen könnten.
35 
2. Die Berufung hat aber Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Verwaltungsgericht angeordnete Pflicht zur Rückzahlung von für das Jahr 2008 gezahlten Abwassergebühren richtet. Zwar bestand ein entsprechender Erstattungsanspruch für den zu Unrecht Leistenden (a), doch steht dieser der Klägerin wegen Abtretung nicht mehr zu (b), und sie kann ihn auch nicht in Prozessstandschaft für die Zessionarin geltend machen (c).
36 
a) Die von der Klägerin beantragte Verpflichtung der Beklagten, die für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren in Höhe von insgesamt 18.080,55 EUR zu erstatten, kann sich zwar im Ansatz auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG, § 37 Abs. 2 AO stützen, wonach rechtsgrundlos erbrachte Kommunalabgaben an denjenigen zu erstatten sind, der sie erbracht hat, da ein Rechtsgrund für die Gebührenzahlung der Klägerin - wie unter 1. ausgeführt - nicht bestand.
37 
b) Der Erstattungsanspruch für das Jahr 2008 stand der Klägerin jedoch nicht zu, weil sie ihn wirksam an die Fa. ..., Inhaberin ..., abgetreten hatte. Dies hat sie im bisherigen Verfahren selbst angegeben; entgegen ihrer erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2014 erhobenen Behauptung sind auch keine Hinweise auf eine Unwirksamkeit der Abtretung ersichtlich. Die von der Beklagten auf Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegte Abtretungsurkunde vom 27.12.2009 bestätigt die bisherige Behauptung der Klägerin über die Abtretung an die Fa. ... Die nach § 398 BGB grundsätzlich formlos mögliche Abtretung genügte auch den zusätzlichen Anforderungen des über § 3 Abs. 2 Nr. 2 b KAG geltenden § 46 Abs. 2 und 3 AO. Nach § 46 Abs. 2 AO wird eine - nach § 46 Abs. 1 grundsätzlich mögliche - Abtretung von Erstattungsansprüchen erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Absatz 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehen des Anspruchs anzeigt. Eine wirksame Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 3 AO lag vor. Danach ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben. Diesen Anforderungen genügte die am 16.02.2011 von Zedentin und Zessionarin unterschriebene und an die Beklagte - die bei der Kommunalabgabenerstattung an die Stelle der Finanzbehörde tritt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG) - adressierte Abtretungsanzeige. Sie enthielt auf dem Vordruck insbesondere auch Angaben zum Abtretungsgrund, der mit „Rückabwicklung bzw. Vorfinanzierung, Abwicklung Bankdarlehen u. Lieferantenverbindlichkeiten s. Anlage 2“ bezeichnet wurde; außerdem wurde ausdrücklich erklärt, dass es sich um keine Sicherungsabtretung handele (vgl. zu diesen Anforderungen BFH, Urt. v. 28.09.2011 - VII R 52/10 - BFHE 235, 111).
38 
c) Soweit sich die Klägerin darauf stützt, sie sei von der Zessionarin ermächtigt worden, die dieser zustehende Erstattungsforderung gerichtlich geltend zu machen, bleibt sie damit ohne Erfolg. Zunächst fehlt es schon an einem Nachweis für eine entsprechende Ermächtigung. Hierauf kommt es aber nicht an, da auch bei ihrem Vorliegen die Klägerin nicht zur Geltendmachung der Forderung befugt wäre. Denn dies wäre nur bei Anerkennung einer gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess möglich, die allerdings nach Auffassung des Senats jedenfalls für den vorliegenden Fall abzulehnen ist. Ob und inwieweit es eine gewillkürte Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess gibt, ist umstritten. Die Frage wird überwiegend verneint (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 - NVwZ-RR 1995, 639; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 76 sowie Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, § 42 Abs. 2 Rn. 37: generell unzulässig; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb. § 40 Rn. 25 m.w.N: denkbar allenfalls bei der allgemeinen Feststellungsklage; a. A. Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14 Aufl., § 42 Rn. 153 zur allgemeinen Leistungsklage). Der Senat hält im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO - und auch dem seiner analogen Anwendung im Fall einer Leistungsklage (so zu Recht auch Kopp/Schenke aaO) - eine Erweiterung der Geltendmachungsmöglichkeit von Rechten nur im Rahmen von gesetzlich geregelten Ausnahmen für zulässig, nicht aber eine gewillkürte Prozessstandschaft. Unabhängig davon wäre selbst bei grundsätzlicher Bejahung der Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft erforderlich, dass die Klägerin an der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat, wie dies die zivilgerichtliche Rechtsprechung für eine gewillkürte Prozessstandschaft im Rahmen der ZPO verlangt (vgl. die Nachweise bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 44). Auch hierfür ist im konkreten Fall weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
39 
Daher hat das Verwaltungsgericht der Klage insoweit zu Unrecht im Hauptantrag stattgegeben und - folgerichtig - über den Hilfsantrag an Zahlung an die Zessionarin nicht mehr entschieden. Der Hilfsantrag bleibt aber in gleicher Weise wie der Hauptantrag erfolglos. Hier wäre noch weniger plausibel, weshalb die Klägerin berechtigt sein sollte, in eigenem Namen die Durchsetzung eines der Zessionarin zustehenden Anspruches zu verlangen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 2 ZPO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
22 
1. Soweit sie sich gegen die Aufhebung der Gebührenbescheide der Beklagten vom 31.12.2008 und des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 06.04.2010 wendet, bleibt sie ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (a) und begründet (b).
23 
a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einer Beteiligtenfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Die Einwendungen der Beklagten hiergegen greifen nicht durch.
24 
Die Klägerin ist zwar nach dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister aufgelöst (Eintragung vom 15.07.2010). Die Auflösung einer Gesellschaft führt jedoch noch nicht zu deren Beendigung. Die Gesellschaft besteht vielmehr auch nach ihrer Auflösung als solche unverändert fort. Lediglich ihr "werbender" Zweck wandelt sich zum Abwicklungszweck (Altmeppen in Roth/Altmeppen, Komm. zum GmbHG, 6. Aufl., § 60 Rn. 6). Eine Löschung im Handelsregister (gemäß § 394 FamFG) ist bisher nicht erfolgt. An der Beteiligtenfähigkeit der Klägerin i. S. von § 61 VwGO ist deshalb nicht zu zweifeln.
25 
Die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin wäre im Übrigen selbst dann zu bejahen, wenn die GmbH bereits im Handelsregister gelöscht worden sein sollte. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist auch einer gelöschten GmbH die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen oder Ansprüche abzuwehren, die ihrer Ansicht nach nicht entstanden sind. Die Gesellschaft bleibe insoweit parteifähig (BGH, Urt. v. 18.01.1994 - XI ZR 95/93 - NJW-RR 1994, 542; Urt. v. 11.05.1989 - III ZR 96/87 - BGHR LöschG § 1 Abs. 1 Satz 1, Parteifähigkeit 1; Beschl. v. 26.04.1990 - VII ZB 2/90 - VersR 1991, 121).
26 
b) Die Klage ist schon deshalb begründet, weil die Klägerin nicht Gebührenschuldnerin ist.
27 
aa) Maßgeblich für die Beurteilung ist - zunächst (s. aber unten bb) - nicht die Abwassersatzung von 2001 (in der Fassung der Änderungssatzung von 2005), da diese eine Beitragspflicht mangels wirksamer Maßstabsregelung nicht begründen konnte.
28 
Dieser Beurteilung steht das Normenkontrollurteil des Senats vom 07.10.2004 (- 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239) nicht im Weg. Es entfaltet im vorliegenden Fall keine Bindungswirkung, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Das ergibt sich allerdings nicht aus der vom Verwaltungsgericht angenommenen Erwägung, die Rechtskraftwirkung eines Normenkontrollurteils, durch das ein Antrag abgelehnt wurde, entfalle u.a., wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden. So liege es hier, nachdem der Senat mit Urteil vom 01.03.2010 festgestellt habe, dass die Erhebung einer nach dem Frischwassermaßstab berechneten einheitlichen Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip verstoße.
29 
Diese Auffassung wird der Rechtskraftwirkung nicht gerecht. Zwischen den Beteiligten des damaligen Verfahrens steht aufgrund des rechtskräftigen Normenkontrollurteils - bei unveränderter Sach- und Rechtslage - vielmehr mit bindender Wirkung fest, dass die Satzung im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gültig war. Diese Bindung gilt nicht nur für ein erneutes Normenkontrollverfahren, sondern für alle Verfahren zwischen diesen Beteiligten, bei denen es auf die Gültigkeit der Satzung ankommt (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995 - 8 B 32.95 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 71; Beschl. v. 03.11.1991 - 4 NB 33.93 - NVwZ-RR 1994, 236; Urteil vom 19.01.1984 - 3 C 88.82 - BVerwGE 68, 306). Sie erstreckt sich außerdem nicht nur auf Nichtigkeitsgründe, die bereits in dem ersten Normenkontrollverfahren geltend gemacht worden sind, sondern auch auf Einwände, die in einem späteren Verfahren erstmalig vorgetragen werden (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO).
30 
Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Rechtskraftwirkung der einen Normenkontrollantrag abweisenden Entscheidung entfalle, wenn Tatsachen einen (entgegenstehenden) Rechtssatz außer Kraft setzten oder wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten sei oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht würden, kann nicht gefolgt werden. So wird die Rechtskraft eines Urteils jedenfalls nicht schon dann durchbrochen, wenn von einem der Beteiligten neue rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden oder sich abweichende Rechtsanschauungen zu den maßgebenden Fragen gebildet haben (a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. § 47 Rn. 146), da damit die Rechtskraft in einer nicht hinnehmbaren Weise ausgehöhlt würde. Die Bindungswirkung eines den Antrag abweisenden Normenkontrollurteils entfällt vielmehr - jedenfalls grundsätzlich - nur dann, wenn nach Erlass des rechtskräftigen Urteils eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist (BVerwG, Beschl. v. 10.05.1995, aaO; Beschl. v. 03.11.1991, aaO). Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage ist im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Eine Änderung der Rechtsprechung stellt eine Änderung der Rechtslage nicht dar und steht einer solchen auch nicht gleich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.1993 - 9 B 241.92 - NVwZ-RR 1994, 119; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89.90 - NVwZ 1982, 500 zu § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 121 Rn. 49; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 74 m.w.N.). Die Rechtsprechung, auch die des Bundesverwaltungsgerichts, ändert nicht bestehende Rechtsnormen, sondern wendet diese an, d.h. vollzieht deren schon vorher bestehenden Inhalt nach.
31 
Eine Bindung an das Normenkontrollurteil vom 07.10.2004 besteht aber deshalb nicht, weil sich die Rechtskraftwirkung auf die Beteiligten des damaligen Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger beschränkt (§ 121 Nr. 1 VwGO), die Klägerin des vorliegenden Verfahrens aber weder mit derjenigen des Normenkontrollverfahrens identisch noch deren Rechtsnachfolgerin ist. Unter diesen Umständen ist dem Verwaltungsgericht im Ergebnis darin beizupflichten, dass die frühere Satzung mangels wirksamer Maßstabsregelung nichtig und daher nicht in der Lage war, eine Beitragspflicht der Klägerin zu begründen.
32 
bb) Konnte eine Abwassergebührenpflicht für das Jahr 2008 damit (frühestens) durch die Abwassersatzung 2014 - rückwirkend in Kraft gesetzt gem. ihres § 52 Abs. 2 - entstehen, beurteilt sich auch die Frage nach dem Gebührenschuldner grundsätzlich nach den dort getroffenen Regelungen.
33 
Nach § 39 Abs. 1 AbwS 2014 ist Schuldner der Abwassergebühren der Grundstückseigentümer bzw. im Fall des Erbbaurechts der Erbbauberechtigte. Weder das eine noch das andere trifft auf die Klägerin zu; vielmehr ist laut vorgelegtem Grundbuchauszug Eigentümerin des Grundstücks seit 2003 ..., die ... als früherem Eigentümer nachfolgte. Neben dem Grundstückseigentümer können gemäß § 39 auch die sonstigen zur Benutzung oder Nutzung des Grundstücks oder von Grundstücksteilen Berechtigten (z.B. Mieter, Pächter usw.) Schuldner der Abwassergebühren sein, wenn ihre Anteile an den Bemessungsgrundlagen nach den §§ 38, 40 und 42a gesondert festgestellt werden können. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich eine Gebührenpflicht der Klägerin auf diese Tatbestandsvariante auch dann nicht stützen, wenn die Klägerin im fraglichen Zeitraum einzige schuldrechtlich berechtigte Nutzerin des Grundstückes gewesen sein sollte. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob auch insoweit vom Satzungsgeber eine Rückwirkung angeordnet werden sollte. Jedenfalls § 40 Abs. 2 AbwS 2014 (Nachweis durch besondere Wasserzähler) ist laut § 52 Abs. 2 AbwS 2014 ausdrücklich von der Rückwirkung ausgenommen; viel spricht dafür, dass schuldrechtlich Berechtigte generell erst dann als mögliche Gebührenschuldner einbezogen werden sollten, wenn ihre Anteile entsprechend den Vorschriften der §§ 38, 40 und 42a auch technisch gesondert festgestellt werden können. Das bedarf aber hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn eine Rückwirkung insoweit vom Satzungsgeber beabsichtigt gewesen sein sollte, wäre sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass in der Abwassersatzung 2001 im dortigen § 38 Abs. 1 als Gebührenschuldner ausschließlich Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte vorgesehen waren. Zwar ist die rückwirkende Ersetzung einer wegen eines Fehlers im Abgabenmaßstab unwirksamen Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Maßstab nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes nicht verboten, sondern zulässig. Das gilt aber nicht für abgeschlossene Tatbestände (vgl. Driehaus, Abgabensatzungen, § 6 Rn. 9). Hierzu zählt auch der Kreis der Gebührenschuldner. Die neue Regelung stellte sich daher als mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende rückwirkende Erweiterung der Abgabenpflichtigen dar (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 27.07.1984 - 2 S 2790/83 - KStz 1985, 94; Gössl in Gössl/Reif, KAG, § 2 Anm.1.4.2.1). Daher muss es dabei bleiben, dass Schuldner der Abwassergebühr im vorliegenden Fall nach Satzungsrecht ausschließlich der Eigentümer ist.
34 
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass im Hinblick auf Feststellungen in früheren Prozessen und die späte Geltendmachung der Eigentumssituation die Eigentümerstellung der Klägerin bzw. ihre Rechtsnachfolge in die Eigentümerstellung rechtskräftig feststehe und die Klägerin sich - wie in verschiedenen Verfahren deutlich geworden sei - stets als Eigentümerin der maßgeblichen Grundstücke geriert und auch stets betont habe, dass sie zu Recht dem Grunde nach für Abwassergebühren herangezogen werden könne, vermögen diese Argumente die satzungsmäßigen Anforderungen an die Entstehung der Gebührenschuld nicht zu relativieren. Soweit behauptet wird, in früheren Entscheidungen sei rechtskräftig festgestellt worden, dass die Klägerin Eigentümerin der entsprechenden Grundstücke bzw. Rechtsnachfolgerin des früheren Eigentümers sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich insoweit um rechtliche Vorfragen von rechtskräftig entschiedenen Gebührenstreitigkeiten handelt, hinsichtlich derer eine Rechtskraftwirkung nicht angenommen werden kann; die Rechtskraft ist vielmehr auf den Entscheidungssatz beschränkt (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 48). Auch eine der Sache nach geltend gemachte Treuwidrigkeit wäre nicht geeignet, das Satzungsrecht zu überspielen, zumal da die Voraussetzungen der Gebührenschuld durch einen Blick ins Grundbuch jederzeit verifizierbar waren und sind. Schließlich fehlen auch normative Präklusionsregelungen, die einer Berücksichtigung der objektiven Eigentumssituation im Wege stehen könnten.
35 
2. Die Berufung hat aber Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Verwaltungsgericht angeordnete Pflicht zur Rückzahlung von für das Jahr 2008 gezahlten Abwassergebühren richtet. Zwar bestand ein entsprechender Erstattungsanspruch für den zu Unrecht Leistenden (a), doch steht dieser der Klägerin wegen Abtretung nicht mehr zu (b), und sie kann ihn auch nicht in Prozessstandschaft für die Zessionarin geltend machen (c).
36 
a) Die von der Klägerin beantragte Verpflichtung der Beklagten, die für das Jahr 2008 bezahlten Abwassergebühren in Höhe von insgesamt 18.080,55 EUR zu erstatten, kann sich zwar im Ansatz auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 b KAG, § 37 Abs. 2 AO stützen, wonach rechtsgrundlos erbrachte Kommunalabgaben an denjenigen zu erstatten sind, der sie erbracht hat, da ein Rechtsgrund für die Gebührenzahlung der Klägerin - wie unter 1. ausgeführt - nicht bestand.
37 
b) Der Erstattungsanspruch für das Jahr 2008 stand der Klägerin jedoch nicht zu, weil sie ihn wirksam an die Fa. ..., Inhaberin ..., abgetreten hatte. Dies hat sie im bisherigen Verfahren selbst angegeben; entgegen ihrer erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2014 erhobenen Behauptung sind auch keine Hinweise auf eine Unwirksamkeit der Abtretung ersichtlich. Die von der Beklagten auf Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegte Abtretungsurkunde vom 27.12.2009 bestätigt die bisherige Behauptung der Klägerin über die Abtretung an die Fa. ... Die nach § 398 BGB grundsätzlich formlos mögliche Abtretung genügte auch den zusätzlichen Anforderungen des über § 3 Abs. 2 Nr. 2 b KAG geltenden § 46 Abs. 2 und 3 AO. Nach § 46 Abs. 2 AO wird eine - nach § 46 Abs. 1 grundsätzlich mögliche - Abtretung von Erstattungsansprüchen erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Absatz 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehen des Anspruchs anzeigt. Eine wirksame Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 3 AO lag vor. Danach ist die Abtretung der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben. Diesen Anforderungen genügte die am 16.02.2011 von Zedentin und Zessionarin unterschriebene und an die Beklagte - die bei der Kommunalabgabenerstattung an die Stelle der Finanzbehörde tritt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG) - adressierte Abtretungsanzeige. Sie enthielt auf dem Vordruck insbesondere auch Angaben zum Abtretungsgrund, der mit „Rückabwicklung bzw. Vorfinanzierung, Abwicklung Bankdarlehen u. Lieferantenverbindlichkeiten s. Anlage 2“ bezeichnet wurde; außerdem wurde ausdrücklich erklärt, dass es sich um keine Sicherungsabtretung handele (vgl. zu diesen Anforderungen BFH, Urt. v. 28.09.2011 - VII R 52/10 - BFHE 235, 111).
38 
c) Soweit sich die Klägerin darauf stützt, sie sei von der Zessionarin ermächtigt worden, die dieser zustehende Erstattungsforderung gerichtlich geltend zu machen, bleibt sie damit ohne Erfolg. Zunächst fehlt es schon an einem Nachweis für eine entsprechende Ermächtigung. Hierauf kommt es aber nicht an, da auch bei ihrem Vorliegen die Klägerin nicht zur Geltendmachung der Forderung befugt wäre. Denn dies wäre nur bei Anerkennung einer gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess möglich, die allerdings nach Auffassung des Senats jedenfalls für den vorliegenden Fall abzulehnen ist. Ob und inwieweit es eine gewillkürte Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess gibt, ist umstritten. Die Frage wird überwiegend verneint (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 - NVwZ-RR 1995, 639; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 76 sowie Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, § 42 Abs. 2 Rn. 37: generell unzulässig; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., Vorb. § 40 Rn. 25 m.w.N: denkbar allenfalls bei der allgemeinen Feststellungsklage; a. A. Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14 Aufl., § 42 Rn. 153 zur allgemeinen Leistungsklage). Der Senat hält im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO - und auch dem seiner analogen Anwendung im Fall einer Leistungsklage (so zu Recht auch Kopp/Schenke aaO) - eine Erweiterung der Geltendmachungsmöglichkeit von Rechten nur im Rahmen von gesetzlich geregelten Ausnahmen für zulässig, nicht aber eine gewillkürte Prozessstandschaft. Unabhängig davon wäre selbst bei grundsätzlicher Bejahung der Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft erforderlich, dass die Klägerin an der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat, wie dies die zivilgerichtliche Rechtsprechung für eine gewillkürte Prozessstandschaft im Rahmen der ZPO verlangt (vgl. die Nachweise bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 44). Auch hierfür ist im konkreten Fall weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
39 
Daher hat das Verwaltungsgericht der Klage insoweit zu Unrecht im Hauptantrag stattgegeben und - folgerichtig - über den Hilfsantrag an Zahlung an die Zessionarin nicht mehr entschieden. Der Hilfsantrag bleibt aber in gleicher Weise wie der Hauptantrag erfolglos. Hier wäre noch weniger plausibel, weshalb die Klägerin berechtigt sein sollte, in eigenem Namen die Durchsetzung eines der Zessionarin zustehenden Anspruches zu verlangen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 2 ZPO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Mit dem Hauptanspruch verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Ist eine Geldforderung für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, dem die Forderung überwiesen wurde, verpflichtet, unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse an das Amtsgericht, dessen Beschluss ihm zuerst zugestellt ist, den Schuldbetrag zu hinterlegen.

(1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vorschriften der §§ 853 bis 855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben.

(2) Jeder Gläubiger, für den der Anspruch gepfändet ist, kann sich dem Kläger in jeder Lage des Rechtsstreits als Streitgenosse anschließen.

(3) Der Drittschuldner hat bei dem Prozessgericht zu beantragen, dass die Gläubiger, welche die Klage nicht erhoben und dem Kläger sich nicht angeschlossen haben, zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen werden.

(4) Die Entscheidung, die in dem Rechtsstreit über den in der Klage erhobenen Anspruch erlassen wird, ist für und gegen sämtliche Gläubiger wirksam.

(5) Der Drittschuldner kann sich gegenüber einem Gläubiger auf die ihm günstige Entscheidung nicht berufen, wenn der Gläubiger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden ist.

(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.

(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.

Tenor

Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentlichen Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am ... geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität ... auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität ... Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Der Kläger nahm den Ruf zum 01.01.1984 an. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt, als Dienstaufgabe wurde ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität übertragen. Mit Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums. In einer zwischen dem Beklagten und dem Kläger geschlossenen „Vereinbarung“ vom 09.12.1998 heißt es in der Präambel, der Kläger sei gemäß § 77a UG aus seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens und der Schulen für nichtärztliche medizinische Berufe zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) wird vereinbart, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor.
Wie sich aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums ... - Landespolizeidirektion - vom 07.01.2008 an den Rektor der Universität ... ergibt, gingen in den Monaten Januar und März 2007 beim Amtsgericht ... zwei anonyme Anzeigen ein, denen zu entnehmen war, dass beim Zustandekommen eines Rahmenvertrages zwischen dem Klinikum ... und der Firma ... (...) Schmiergelder gezahlt worden sein sollen. Als Vorteilsnehmer wurde der Kläger benannt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein. Der Beklagte wurde am 22.03.2007 informiert.
Zwischen dem Beklagten und dem Kläger wurde am 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ (im Folgenden auch „Chefarztvertrag“) geschlossen. In der Präambel heißt es, der Kläger sei an der Universität ... tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Der Beklagte sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 des Dienstvertrags (Dienstverhältnis) wird ausgeführt, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde bestätigt. Das Dienstverhältnis sei bürgerlich-rechtlicher Natur. In § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) heißt es u.a., unberührt blieben die Aufgaben als Universitätsprofessor, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richteten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) ist der Ärztliche Direktor für die medizinische Versorgung der Patienten verantwortlich; ihm obliegen für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft tritt, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft tritt.
Mit Beschluss vom 13.11.2007 ordnete das Amtsgericht ... die Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers an. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Firma ... abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens 5 Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Hierfür habe der Kläger Zuwendungen seitens der Firma ... und ihrer Muttergesellschaft, der Firma ... erhalten. Am 11.12.2007 wurden die Büroräume des Klägers durchsucht. Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger auf, eine ausführliche Stellungnahme zu den im Durchsuchungsbeschluss genannten Vorwürfen abzugeben. Der Kläger führte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.12.2007 aus: Am Abschluss des Rahmenvertrages sei er nicht beteiligt gewesen. Es sei richtig, dass er seit Dezember 2005 diverse finanzielle Mittel erhalten habe, die allerdings nicht aus Mitteln der Firma ... stammten. Die Firma ... sei erst im Sommer 2006 gegründet worden. Die zugewandten Beträge stammten aus Darlehen verschiedener Freunde und von Herrn ..., der ebenfalls ein langjähriger Freund sei. Zwar sei Herr ... Geschäftsführer der Firma ..., die Darlehen, die dieser dem Kläger gewährt habe, hätten aber nichts mit dem Abschluss des Rahmenvertrages zu tun.
Mit Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität ... führte die Landespolizeidirektion u.a. aus: Aufgrund des derzeitigen Ermittlungsstandes sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen und Vorteile im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Firma ... stünden und dass der Kläger der Firma ... durch die Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Der Beklagte forderte den Kläger zur Stellungnahme auf. Der Kläger erwiderte unter dem 18.01.2008, die Firma ... habe einen Vertrag mit der größten Klinikumsgruppe ... abgeschlossen. Im Rahmen dieser geschäftlichen Entwicklung solle sie auch eigene Labore betreiben. Im Zuge dieser „strategischen Ausrichtung“ habe er Herrn ... beraten. Zu keinem Zeitpunkt habe er interne Unterlagen an die Firma ... übermittelt. - Am 22.01.2008 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger über die von der Landespolizeidirektion erhobenen Vorwürfe der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, das Gespräch diene dazu, dass der Beklagte prüfen könne, inwieweit er arbeitsrechtliche Konsequenzen aus den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen ziehen müsse.
Mit „Verdachtskündigung“ vom 24.und 25.01.2008 führte der Beklagte aus, er nehme Bezug auf sein Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 und kündige hiermit den zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Zugleich teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25.01.2008 mit, da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum hiermit beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 30.01.2008, in dem Ruf des MWK vom 17.08.1983 werde ihm zugesichert, dass er das Fach Klinische Chemie und Laborato-riumsmedizin an der Universität ... vertreten dürfe und ihm die Leitung des Zentrallabors der Beklagten übertragen werde. Die Berufungszusage enthalte also auch die Leitung des Zentrallaboratoriums.
Die Staatsanwaltschaft ... erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger. Er wird beschuldigt, Vergehen der Bestechlichkeit in 4 Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2009 forderte der Beklagte den Kläger auf, fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen. Unter dem 20.01.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Das MWK führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 08.02.2010 aus: Die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C 3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum... gem. § 53 LHG. Gegen die Abberufung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
10 
Der Kläger hat die vorliegende Klage bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht ... erhoben. Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht ... den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen. Der Kläger trägt ergänzend vor: Die fristlose Kündigung vom 24. und 25.01.2008 sei unwirksam, da sie nicht fristgerecht i.S. des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden sei. Der Beklagte habe spätestens seit den anonymen Anzeigen Ende Januar 2007 Kenntnis von den Vorfällen. Nach seiner Stellungnahme vom 19.12.2007 hätte der Beklagte spätestens die Verdachtskündigung aussprechen müssen. Die vom Beklagten erhobenen Vorwürfe seien haltlos und rechtfertigten keinen für eine Verdachtskündigung notwendigen dringenden Tatverdacht. Die fristlose Kündigung enthalte keinerlei Begründung. Die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung sei unzureichend gewesen. Ihm sei trotz mehrfachem Nachfragen zu keinem Zeitpunkt Einblick in die ihn angeblich belastenden Unterlagen gewährt worden, so dass eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich gewesen sei. Schließlich sei der Abwägungsvorgang, sofern der Beklagte überhaupt eine Abwägung vorgenommen habe, völlig unzureichend verlaufen. Sozialdaten seien nicht gewürdigt worden. Die Berechnung der ordentlichen Kündigungsfrist sei unzutreffend. Der Beklagte könne vielleicht eine Vergütungsregelung kündigen, nicht aber das zugrundeliegende Dienstverhältnis. Hierfür sei nur das Land Baden-Württemberg zuständig.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
festzustellen, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25. Januar 2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrages vom 24.07.2007 unwirksam sind,
13 
hilfsweise, den Bescheid vom 24. und 25. Januar 2008 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Er führt weiter aus: Ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorlägen, richte sich allein nach § 626 BGB. Unerheblich sei, ob es sich um einen privatrechtlichen Dienstvertrag nach § 611 BGB oder um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handle. Es existiere keine Rechtsgrundlage, die es dem Land Baden-Württemberg erlauben würde, seine Beamten bestimmten Dienststellen anderer, selbständiger juristischer Personen mit zwingender Wirkung zuzuweisen. Zwar sei der Kläger gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, beim Beklagten Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens zu erfüllen. Dem stehe jedoch keine Pflicht des Beklagten gegenüber, ihn mit diesen Aufgaben zu betrauen. Somit komme es für die Frage, ob der Kläger seine ihm vom Beigeladenen übertragenen Dienstpflichten erfüllen könne, darauf an, dass ihm die Möglichkeit der Beschäftigung beim Beklagten durch einen entsprechenden Dienstvertrag eröffnet werde. Abgesehen davon werde das dem Kläger verliehene Amt und damit seine statusrechtliche Stellung als Beamter von der Kündigung des Dienstvertrages nicht berührt. Sofort nach Kenntnisnahme vom Schreiben der Landespolizeidirektion vom 07.01.2008 (am 14.01.2008) habe er den Kläger aufgefordert, sich zu den neuen Vorwürfen zu äußern. Unmittelbar nach Zugang des Schreibens des Klägers vom 18.01.2008 sei es am 22.01.2008 zu einem Gespräch über die erhobenen Vorwürfe gekommen. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, Akteneinsicht könne nicht gewährt werden, der Beklagte sei selbst nicht im Besitz der strafrechtlichen Ermittlungsakten und habe in diese auch noch keine Einsicht genommen. Die gegen den Kläger sprechenden Verdachtsmomente hätten sich in einer Weise erhärtet, dass das erforderliche Vertrauen zerstört sei. Jedenfalls bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine vertraglichen Pflichten nach § 2 Abs. 4 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 in grobem Maße verletzt habe. Nach dieser vertraglichen Bestimmung habe er über interne Angelegenheiten des Universitätsklinikums Stillschweigen zu bewahren. Die erforderliche Interessenabwägung falle ohne weiteres zu Lasten des Klägers aus. Auch unter Berücksichtigung der schlechten finanziellen Lage des Klägers sei eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen. Nach der Stellungnahme vom 19.12.2007 seien die Verdachtsmomente noch nicht hinreichend konkretisiert gewesen, auch habe der Kläger noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen persönlich zu äußern. Aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB folge, dass die Angabe von Gründen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche Kündigung sei.
17 
Der Beigeladene beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Dem Gericht liegen Akten des Beklagten und des Beigeladenen, die Akten des Arbeitsgerichts .../... sowie die Akten des Verwaltungsgerichts .../... und .../... vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Gründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. Februar 2010 - 3 K 2749/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Kündigung seines Chefarztvertrags.
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am 04.01.1947 geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität Freiburg auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität Freiburg. Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt. Als Dienstaufgabe wurden ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 64 UG übertragen. Mit weiterem Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums.
Nach der Verselbständigung der Universitätsklinika in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Hochschulmedizinreformgesetz schlossen der Beklagte und der Kläger am 09.12.1998 eine „Vereinbarung“. In deren Präambel ist festgehalten, der Kläger sei als Universitätsprofessor verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) heißt es, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor. Die unmittelbare Liquidation für in Nebentätigkeit für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchgeführte Untersuchungen war in § 5 der Vereinbarung geregelt. Nachdem es hinsichtlich des vom Kläger insoweit zu entrichtenden Nutzungsentgeltes zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien gekommen war, entzog ihm der Beklagte - in gewissem Umfang - die Befugnis zur Privatliquidation mit Wirkung vom 01.03.2004.
An die Stelle der vorgenannten Vereinbarung trat unter dem 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ zwischen denselben Beteiligten. In dessen Präambel ist ausgeführt, der Kläger sei an der Universität Freiburg tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Die Berechtigung, in Nebentätigkeit Untersuchungen für ambulante Privatpatienten und stationäre Wahlleistungspatienten durchzuführen und von diesen hierfür ein Honorar zu fordern, sei mit Wirkung vom 01.03.2004 beendet worden. Das Universitätsklinikum sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 (Dienstverhältnis) heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“ (Absatz 1). Nach § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) bleiben die Aufgaben als Universitätsprofessor unberührt, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) obliegen dem Ärztlichen Direktor für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft trete, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft trete. Ferner sind dort Bestimmungen zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung sowie über die Vertragsbeendigung im Falle der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses, der Versetzung in den Ruhestand oder eines beamtenrechtlichen Verbots zur Führung der Dienstgeschäfte aufgenommen.
Bereits im Januar 2007 war der Kläger in einem anonymen Schreiben an den Beklagten der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit bezichtigt worden. Im Rahmen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens erfolgte aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Freiburg vom 13.11.2007 am 11.12.2007 eine polizeiliche Durchsuchung am Universitätsklinikum. Nach dem Stand der damaligen Ermittlungen war am 01.09.2006 zwischen dem Beklagten und der ............... (Fa. ...) ein fünfjähriger Rahmenvertrag abgeschlossen worden, in dem sich der Beklagte verpflichtete, den gesamten Bedarf an Ausrüstungen und Einrichtungen sowie sämtliche Betriebsmittel für seine Labore über die Fa. ... zu beziehen (Umsatzvolumen: mindestens 25 Mio. EUR). Dem Kläger wurde u.a. vorgeworfen, seine Funktion als Ärztlicher Direktor dazu genutzt zu haben, die Auftragsvergabe zu vermitteln, wofür er finanzielle Zuwendungen vom Geschäftsführer der Fa. ... erhalten habe, mit dem zusammen der Kläger Gesellschafter einer „......... Management GmbH“ mit dem Geschäftszweck „Verwaltung des eigenen Vermögens“ war.
Auf die Aufforderung des Beklagten in einem Schreiben vom 14.01.2008 nahm der Kläger zu den Vorwürfen unter dem 18.01.2008 Stellung. Am 22.01.2008 fand beim Beklagten „zur Prüfung arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ ein Gespräch mit dem Kläger statt.
Mit gleich lautenden Schreiben vom 24. und 25.01.2008 sprach der Beklagte eine „Verdachtskündigung“ aus: Unter Bezugnahme auf das Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 kündige er hiermit den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Im Begleitschreiben vom 28.01.2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, mit der Kündigung sei er „sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben“. Die kommissarische Leitung der Abteilung übertrage der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Professor Dr. W. Da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Mit Schriftsatz vom 30.01.2008 bat der Kläger um Mitteilung der rechtlichen Grundlagen, die den Beklagten dazu berechtigten, die verbindliche Berufungszusage des Ministeriums vom 17.08.1983 zunichte zu machen. In einer Stellungnahme des Klinikumsvorstands vom 01.02.2008 heißt es hierzu, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors sei durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2008 (richtig: 2007) auf eine neue Basis gestellt worden. Die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das MWK sei damit überholt gewesen. Allein aufgrund dieses Chefarztvertrages habe er die Leitung des Zentrallabors inne gehabt. Mit Kündigung des Chefarztvertrags sei ihm diese Leitung entzogen und seien alle rechtlichen Beziehungen zwischen Kläger und Klinikum beendet worden.
Unter dem 12.02.2008 ordnete der Rektor der Universität disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Kläger an. Unter dem 21.07.2008 leitete des MWK ein förmliches Disziplinarverfahren ein und forderte nach Inkrafttreten des Landesdisziplinargesetzes am 22.10.2008 den Rektor der Universität unter dem 05.01.2009 auf, das Disziplinarverfahren fortzusetzen. Mit Schreiben vom 19.02.2009 setzte der Rektor das Verfahren gemäß § 13 LDG bis zu einer Entscheidung der Strafermittlungsbehörden aus.
10 
Mit Schreiben vom 25.02.2009 teilte das MWK dem Kläger mit, aufgrund der Darlegungen im Anhörungsverfahren und nach derzeitigen Erkenntnissen gehe man davon aus, dass unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG nicht auszusprechen sei. Wie sich die Angelegenheit gegenwärtig darstelle, lägen keine Gründe vor, die den Erlass eines entsprechenden Verbots zwingend erforderten, um eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung dienstlicher oder öffentlicher Belange zu verhindern oder zu unterbinden.
11 
Mit Schreiben vom 26.05.2009 stellte der Kläger beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) einen „Antrag auf Wahrnehmung der Fürsorgepflicht“, mit dem er u. a. die Wiedereinsetzung in die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung begehrte. Das MWK leitete diesen Antrag an die seiner Auffassung nach zuständige Universität weiter.
12 
Nachdem eine gütliche Einigung der Beteiligten über eine Beurlaubung des Klägers und seinen anschließenden Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand gescheitert war, wies der Dekan der Medizinischen Fakultät mit Schreiben vom 10.06.2009 den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs an, im laufenden Sommersemester 2009 bestimmte Lehrveranstaltungen abzuhalten. Den hiergegen gerichteten Eilantrag wies das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 29.06.2009 (1 K 1011/09) zurück.
13 
Die Staatsanwaltschaft Freiburg erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger zum Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg. Er wird beschuldigt, im Zusammenhang mit Verträgen über Laborbedarf Vergehen der Bestechlichkeit in vier Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben. Gegenüber zugleich angeklagten weiteren Personen wurde das Verfahren im November 2009 gegen Auflagen eingestellt. Mit Beschluss vom 06.12.2010 legte das Schöffengericht die Akten gemäß § 209 Abs. 2 StPO der Großen Strafkammer des Landgerichts Freiburg zur Entscheidung vor. Eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens steht noch aus.
14 
Auf eine Anfrage des Verwaltungsgerichts teilte das MWK unter dem 31.08.2009 mit, das Ministerium beabsichtige, die Universität aufzufordern, das Verfahren zur Änderung der Funktionsbeschreibung der Professur des Klägers sowie seiner Dienstaufgaben mit dem Ziel der Entziehung der Leitung des Zentrallabors einzuleiten und das Universitätsklinikum anzuweisen, die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie vorzunehmen. Ferner würden Universität und Beklagter angewiesen, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger amtsangemessen beschäftigt werde und seine Dienstaufgaben in Forschung und Lehre sowie in der Krankenversorgung wahrnehme.
15 
Mit Schreiben vom 17.09.2009 unterrichtete die Universität den Kläger darüber, dass ihm der Fakultätsvorstand - in Ergänzung der bereits zur Verfügung gestellten Labor- und Büroräume - ein Sachmittelbudget in Höhe von jährlich 15.000 EUR und Personalmittel in Form von 2,5 Stellen zugewiesen habe.
16 
In seiner Sitzung vom 28.09.2009 fasste der Vorstand des Beklagten u.a. folgenden Beschluss:
17 
1. Der Dienstvertrag/Chefarztvertrag vom 24.07.2007 mit Herrn Professor Dr. ... wird vom Universitätsklinikum hinsichtlich der Rechte und Pflichten, die nicht seiner Beamtenstellung innewohnen, vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt. Die Kündigung betrifft die mit dem Dienstvertrag bestätigte Stellung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten. An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten. Das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät hierzu wird unverzüglich eingeholt.
2. …
3. …
18 
Am 30.09.2009 beschloss der Vorstand der Medizinischen Fakultät, hierzu das „erforderliche Einvernehmen in der vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
19 
Mit Schreiben vom 30.09.2009 kündigte der Beklagte den Dienstvertrag mit dem Kläger vom 24.07.2007 vorsorglich erneut zum nächstmöglichen Termin (31.03.2010), soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung betreffe. Auch gegen diese Kündigung erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg (1 K 1803/10). Mit Beschluss vom 19.12.2010 setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Blick auf das hiesige Berufungsverfahren aus.
20 
Nach Durchführung des entsprechenden hochschulinternen Verfahrens beantragte die Universität unter dem 17.12.2009 beim MWK, die bisherige Funktionsbeschreibung der Professur des Klägers zu ändern. Das MWK gab dem Antrag der Universität statt und führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 09.02.2010 aus, die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum Freiburg.
21 
Unter dem 20.01.2010 hatte das Universitätsklinikum dem Kläger mitgeteilt, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Hiergegen und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
22 
Bereits mit Schriftsatz vom 22.12.2009 hatte der Vorstand des Beklagten den Kläger aufgefordert, nach Zuweisung personeller und sachlicher Grundausstattung fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen.
23 
Gegen die Kündigung des Dienstvertrags vom 24./25.01.2008 hatte der Kläger bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht Freiburg Klage erhoben (11 Ca 84/08). Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen.
24 
Der Kläger hat die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen und der ordentlichen Kündigung, hilfsweise die Aufhebung des „Bescheids vom 24. und 25.01.2008“ begehrt. Mit Urteil vom 24.02.2010 (3 K 2749/08) hat das Verwaltungsgericht Freiburg festgestellt, dass die mit Schreiben vom 24.01. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind. Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung habe es in formell-rechtlicher Hinsicht am erforderlichen Einvernehmen des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät gefehlt. Das Einvernehmenserfordernis sichere gegenüber dem verselbständigten Beklagten die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht komme schützende Wirkung zu Gunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu. Ob die Kündigung auch deshalb unwirksam sei, weil der Beklagte nicht befugt sei, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden, bleibe offen.
25 
Hiergegen hat der Beklagte die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:
26 
Die Kündigung sei formell rechtmäßig. Sie habe weder zu einem Eingriff in das statusrechtliche noch in das abstrakt-funktionelle Amt des Klägers geführt. Daran ändere auch nichts, dass dem Kläger durch Einweisungserlasse des Dienstherrn die Leitungsfunktion zugewiesen worden sei. Ihm sei das statusrechtliche Amt eines Universitätsprofessors und das abstrakt-funktionelle Amt eines Universitätsprofessors an der Universität Freiburg und nicht die Leitung des Zentrallabors bzw. der Abteilung Klinische Chemie zugewiesen. Im Übrigen liege ein Eingriff in das abstrakt-funktionelle Amt auch deshalb nicht vor, weil die Kündigung nicht zu einem Entzug der Leitungsfunktion und zu einer Entbindung von Aufgaben der Krankenversorgung geführt habe. Die im Begleitschreiben vom 28.01.2008 erwähnten Maßnahmen seien nicht Gegenstand der Kündigungserklärung und deshalb auch nicht des vorliegenden Prozesses. Es handele sich um die Kündigung flankierende selbständig anfechtbare Vollzugsmaßnahmen, die Gegenstand gesonderter Rechtsbehelfsverfahren seien. Die Leitungsfunktion und die Aufgaben in der Krankenversorgung seien ihm nicht durch die Kündigung, sondern durch andere selbständig anfechtbare Maßnahmen entzogen worden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts setze die Kündigung des Chefarztvertrags die Abberufung des Klägers nicht voraus. Neben das Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg und neben die Bestellung zum Abteilungsleiter trete der Chefarztvertrag als dritte Rechtsebene. Weder der Chefarztvertrag vom 09.12.1998 noch der Chefarztvertrag vom 24.07.2007 hätten den Kläger zum Abteilungsleiter bestellt. Dies belege der Inhalt dieser Verträge. Die Hauptbedeutung des Vertrags bestehe darin, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Die Funktion als Abteilungsleiter sei nicht zwingend mit den Rechten aus dem gekündigten Chefarztvertrag verbunden. Die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung sei Bestandteil des abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor. Die Kündigung habe nur dazu geführt, dass die Konkretisierung dieser Aufgaben durch den Chefarztvertrag entfallen sei. Die Aufgabe selbst und ihre Wahrnehmung seien von der Kündigung unberührt geblieben. Die Erklärung des Einvernehmens der medizinischen Fakultät gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. sei nicht erforderlich gewesen. Durch die Kündigung vom 24./25.01.2008 sei dem Kläger die Funktion als Abteilungsleiter nicht vollständig entzogen worden und es habe sich daher nicht um eine Abberufung gehandelt. Die Parteien hätten mit dem Chefarztvertrag eine von der Stellung des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelung treffen wollen. Die Kündigung habe sich auf die Rechtspositionen des Klägers bezogen, die sich nicht unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis und der Übertragung der Abteilungsleitung ergeben hätten. Dies gelte etwa für den Vergütungsanspruch in § 8, der nicht aus der Bestellung zum Abteilungsleiter folge, sondern sich aus dem Chefarztvertrag ergebe. Wie § 5 des Chefarztvertrags vom 09.12.1998 belege, setze die Liquidationsbefugnis wie die daraus folgenden Ansprüche die Bestellung zum Abteilungsleiter voraus, sie folge aber nicht aus ihr. Der Chefarztvertrag sei unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar, wobei die Kündigung nur das Nebenamt und nicht das Hauptamt betreffe. Selbst wenn man davon ausginge, dass in der Kündigung des Chefarztvertrags zugleich die Abberufung von der Abteilungsleitung liege, wäre der angebliche Verfahrensmangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG geheilt. Der Vorstand des Beklagten habe in seiner Sitzung vom 28.09.2009 u. a. beschlossen, an der Kündigung vom 24.01.2008 festzuhalten. Der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät habe in seiner Sitzung vom 30.09.2009 das Einvernehmen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG erteilt. Die Kündigung des Chefarztvertrags habe keine Auswirkungen auf die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit des Klägers gehabt. Die Leitungsfunktion sei dem Kläger erst durch die Abberufung von der Abteilungsleitung mit Schreiben vom 20.01.2010 entzogen worden. Im Übrigen sei die Tätigkeit als Leiter der Abteilung Klinische Chemie mit der Ernennung zum Universitätsprofessor weder zwingend verbunden noch garantiert. Deshalb berühre der unterstellte Entzug der Leitungsfunktion für das Zentrallabor nicht die Wissenschaftsfreiheit des Klägers als Universitätsprofessor aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung präge die amtsangemessene Beschäftigung des Klägers und sei Bestandteil des abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor. Diese Gewährleistungen würden indes durch die Kündigung des Chefarztvertrages nicht berührt. Selbst wenn die Kündigung zum Entzug der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung geführt hätte, wäre sie allenfalls teilweise unwirksam. Denn sie habe keine Auswirkungen auf die Tätigkeit des Klägers in Forschung und Lehre gehabt. Mit Schreiben vom 17.09.2009 habe der Dekan der medizinischen Fakultät dem Kläger in Ergänzung zu den ihm bereits zugewiesenen Labor- und Büroräumen Personal zugeteilt und ihm ein jährliches Sachmittelbudget in Höhe von 15.000,-- EUR (für das Jahr 2009: 7.500,-- EUR) zur Verfügung gestellt. Zur Erfüllung seiner persönlichen Lehrverpflichtung im Wintersemester 2009/2010 habe er ihm bestimmte Lehrveranstaltungen zugewiesen. Die Zuweisung angemessener Räume und die Sach- und Personalmittelzuweisung seien Gegenstand gerichtlicher Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Der Kläger nehme seit Sommersemester 2009 wieder Aufgaben in der Lehre wahr. Die außerordentliche wie auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung seien auch materiell rechtmäßig gewesen.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
29 
Der Kläger beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, für eine Kündigung, wie sie ihm gegenüber ausgesprochen worden sei, fehle dem Beklagten die Zuständigkeit. Mit dem unter dem Deckmantel einer arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung ausgesprochenen Verbot der Wahrnehmung jeglicher Aufgaben in der Krankenversorgung sei von einem unzuständigen Organ sein statusrechtliches bzw. abstrakt-funktionelles Amt derart beschnitten worden, dass eine amtsgemäße Verwendung nicht mehr gegeben sei. Unter Verletzung der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit sei ihm die Möglichkeit gänzlich genommen worden, patientennahe klinische Forschungsarbeiten weiterzuverfolgen und durchzuführen, da das Verbot der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung ein Verbot, die Forschungsräume und das Zentrallabor zu betreten, mit umfasse. Es liege auf der Hand, dass sich seine Forschungstätigkeit mit den ihm später zugewiesenen Mitteln nicht mehr auf die gesamte Breite des von ihm vertretenen Fachs erstrecken könne. Da der Beklagte ihm auch das Recht zum Betreten des Klinikums verwehrt habe, wo die Lehrveranstaltungen abgehalten würden, sei er auch aus dem Lehrbetrieb ausgeschlossen worden. Erst mit Verfügung vom 08.05.2009 sei er verpflichtet worden, eine fremdorganisierte und rein praktisch ausgerichtete Lehrveranstaltung abzuhalten. Als verbeamteter Hochschullehrer habe er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, amtsgemäß beschäftigt zu werden. Selbst nach dem Vortrag des Beklagten sei er indes beinahe zwei Jahre von der Krankenversorgung ausgeschlossen worden. Bei der ihm auferlegten Befundtätigkeit im sog. Lipid-Labor handle es sich um eine medizinisch unangebrachte, gefährliche und schikanierende Pseudo-Tätigkeit, nur um in dem hier vorliegenden Rechtsstreit vortragen zu können, dass er noch Aufgaben in der Krankenversorgung habe. Durch den Einweisungserlass vom 09.07.1990 sei auch die Leitung der Abteilung Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums am Klinikum als zu seinem statusrechtlichen und abstrakt- funktionellen Amt gehörend erklärt worden. Seit Entzug seines bisherigen Aufgabenbereichs habe er nicht mehr in ausreichender Weise Zugang zu Patienten, so dass die Ausbildung von Assistenten unmöglich sei. Da zudem seine Forschungstätigkeit vereitelt werde, werde ihm u.a. die Aufrechterhaltung seiner wissenschaftlichen Qualifikation unmöglich gemacht. Klinische prospektive Studien könne er ohne direkten Zutritt zu den Räumen des Zentrallabors nicht durchführen. Selbst wenn man die Leitungsfunktion nicht dem Statusamt zuordne, sei diese wenigstens als Amt im abstrakt-funktionellen Sinne zu verstehen. Denn die Leitungsfunktion sei ihm durch gesonderte Verfügungen des Dienstherrn zunächst am 22.02.1984 und später am 01.07.1990 auf Dauer zugewiesen worden. Durch die Kündigung sei ihm die Leitungsfunktion endgültig entzogen worden und folglich sein Recht auf amtsangemessene Beschäftigung im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Auch wenn man lediglich einen Eingriff in das konkret-funktionelle Amt annehme, sei die Kündigung nicht als rechtmäßig zu qualifizieren. Als Leiter einer Institution der mittelbaren Krankenversorgung habe er keinen direkten Patientenkontakt, so dass das Vertrauen der Öffentlichkeit bzw. der Patienten in die Kompetenz und Integrität der leitenden Ärzte durch die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag nicht zum Tragen kämen. Der Dienstherr habe festgestellt, dass sich die Vorwürfe gegen ihn nicht zweifelsfrei bestätigt hätten und deshalb von einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 78 LBG abgesehen werde. Der Vortrag des Beklagten, die Kündigung des Chefarztvertrages habe die Abteilungsleitung unberührt gelassen, sei unschlüssig und unzutreffend. Da die Dienstaufgaben eines Hochschullehrers aus dem Fachbereich Medizin in Form von Lehre, Forschung und Krankenversorgung untrennbar miteinander verknüpft seien, stelle der dauerhafte Ausschluss aus der Krankenversorgung regelmäßig eine Verletzung des Statusamts dar. Der Beklagte selbst habe ausgeführt, dass die Abberufung von der Abteilungsleitung nur durch einen widerrufenden Verwaltungsakt der zuständigen Behörde, dem MWK, und unter den Voraussetzungen der dafür im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgesehenen Vorschriften hätte erfolgen dürfen. Der Beklagte verkenne, dass der Chefarztvertrag als öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Rechte und Pflichten zu sehen sei, die erst durch die Bestellung zum Abteilungsleiter begründet würden. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch das MWK der Ansicht, dass das Recht zur Privatliquidation automatisch mit der Bestellung zum Abteilungsleiter verbunden sei. § 5 Abs. 1 Nr. 2 HNTVO zeige, dass die Liquidationsbefugnis entgegen der Ansicht des Beklagten sehr wohl mit der Abteilungsleitung verbunden sei. Für die Frage, ob eine staatliche Maßnahme das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit verletze, komme es nicht auf die Gestalt oder Form, sondern auf die Auswirkungen des staatlichen Eingriffs an. Da die Kündigung mit dem dauerhaften Verbot jeglicher Tätigkeit in der Krankenversorgung und einem Ausschluss aus Forschung und Lehre einhergegangen und dem Regelungsgehalt nach auch als Abberufung von der Abteilungsleitung anzusehen sei, sei vom Einvernehmenserfordernis des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG auszugehen. Einer Heilung seines Fehlens über § 45 LVwVfG stehe entgegen, dass diese Vorschrift nur für bloße Verfahrensvorschriften gelte. Bei dem Einvernehmenserfordernis des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG handle es sich indes um eine mit Sicherungsfunktion ausgestattete Verfahrensvorschrift, die einen individualgrundrechtlichen Schutz der Wissenschaftsfreiheit des medizinischen Hochschullehrers konstituiere und deshalb dem materiellen Recht zuzuordnen sei.
32 
Die streitgegenständliche Kündigung sei auch materiell rechtswidrig. Obwohl sie einen Eingriff in das Statusamt, zumindest aber in das abstrakt-funktionelle Amt darstelle, fehle es für den Entzug der Leitungsfunktion und den Entzug der Dienstaufgaben an einer Ermächtigungsgrundlage. Dadurch sei er in seinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 GG und Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Weder § 11 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 noch § 626 BGB stellten eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die kündigungsbedingten Grundrechtseingriffe dar. Im Übrigen lägen objektive tatsächliche Anhaltspunkte, die einen dringenden Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schwerwiegenden Vertragsverletzung begründeten, nicht vor. Aber auch die weitere Voraussetzung, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, könne mit Blick auf die Ansicht des Beklagten, durch die Kündigung sei vor allem seine Aufgabe in der Krankenversorgung wie auch die Leitungsfunktion unberührt geblieben, nicht angenommen werden. Durch die Kündigung seien ihm sowohl die Abteilungsleitung als auch sämtliche Aufgaben in der Krankenversorgung entzogen worden. Selbst nach der Rechtsauffassung des Beklagten wäre dies nur im Wege eines Verwaltungsakts möglich, so dass an dem Hilfsantrag festgehalten werde.
33 
Das beigeladene Land beantragt ebenfalls,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
35 
Es führt aus, dass die in den Chefarztverträgen geregelte Krankenhausliquidation eine anders ausgestaltete Form der allgemein genehmigten Nebentätigkeit im Sinne des § 5 HNTVO darstelle. Dieses Recht zur Privatliquidation sei automatisch mit der Bestellung zum Abteilungsleiter verbunden. Am 24.07.2007 hätten das Universitätsklinikum Freiburg und der Kläger einen Chefarztvertrag abgeschlossen, in dem er sein Recht zur Privatliquidation auf das Universitätsklinikum übertragen habe. In der Folgezeit sei eine Klinikliquidation durch das Universitätsklinikum Freiburg erfolgt. Die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen des Chefarztvertrages bemesse sich danach, ob ein Kündigungsgrund gemäß § 11 des Chefarztvertrages vorgelegen habe. Die Stellung als Abteilungsleiter werde von der Kündigung des Chefarztvertrages nicht berührt. Sie umfasse das gesamte Spektrum der Aufgaben des Professors auch in Forschung und Lehre und in den in der Einweisungsverfügung übertragenen Grundaufgaben in der Krankenversorgung über den Chefarztvertrag hinaus. Der Chefarztvertrag umfasse ergänzend nur bestimmte Aspekte in der Krankenversorgung als Institut zur Ablösung des Liquidationsrechts, insbesondere Fragen der Vergütung, Behandlung der Privatpatienten und der Durchführung von Leitungsaufgaben an der Klinik. Die Stellung als Abteilungsleiter könne nur durch Abberufung gemäß den gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Im Chefarztvertrag sei lediglich die nähere Ausgestaltung der Aufgaben im Bereich der Krankenversorgung des Universitätsklinikums im vorgenannten Sinne vorgenommen worden. Das Beamtenverhältnis zum Land könne nicht durch einen Chefarztvertrag des rechtlich selbständigen Universitätsklinikums Freiburg verändert werden, zuständig dafür wäre der Minister als Dienstvorgesetzter der Professoren.
36 
Mit Beschluss vom 15.07.2010 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den auf Zutrittgewährung zum Zentrallabor oder anderweitig angemessene Mittelausstattung sowie Verschaffung einer Möglichkeit zur Teilnahme an der Krankenversorgung gerichteten Eilantrag abgelehnt (1 K 2586/09). Der hiergegen erhobenen Beschwerde hat der Senat teilweise stattgegeben (9 S 1984/10).
37 
Am 30.12.2011 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Zahlungsklage wegen der ihm im Jahre 2008 aus dem Chefarztvertrag zustehenden Vergütung erhoben (1 K 2594/11). Mit Beschluss vom 27.02.2012 ist das Klageverfahren bis zur unanfechtbaren Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden.
38 
Am 31.03.2012 ist der Kläger wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten.
39 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg zu den Verfahren 3 K 2749/08 (einschließlich der dort beigezogenen Akten des Beklagten <3 Leitzordner> und des beigeladenen Landes , 1 K 2594/11 und 1 K 1803/10 ebenso vor wie die Akten der Beschwerdeverfahren 9 S 1948/10 und 9 S 3387/11 und des Verfahrens auf Zulassung der Berufung 9 S 2596/10 (einschließlich der dort vorgelegten Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg 3 K 1412/08 und1 K 2104/03). Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage des Klägers ist mit dem Hauptantrag zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.
41 
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs war vom erkennenden Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass auch er von einem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24.07.2007 und damit auch des vorliegenden Rechtsstreits ausgeht. Der zwischen dem als juristischer Person des öffentlichen Rechts konstituierten Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält materiell insbesondere die Konkretisierung der dem Kläger als beamteten Hochschulprofessor durch das Landeshochschulgesetz übertragenen Dienstaufgaben (vgl. § 53 Abs. 1 LHG sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/08 -, Juris Rn. 20). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ausgegangen. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des Dienstvertrags betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dem Kläger kann auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Zwar ist er wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs am 31.03.2012 in den Ruhestand getreten (vgl. § 25 Beamtenstatusgesetz - BeamtenStG - i.V.m. Art. 62 § 3 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27.10.2010 i.V.m. § 49 Abs. 4 Satz 1 LHG). Deshalb hat der Dienstvertrag jedenfalls mit der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses gemäß dessen § 11 Abs. 4 1. Spiegelstrich sein Ende gefunden. Da indes von der Wirksamkeit der im Januar 2008 erklärten Kündigung des Dienstvertrags abhängt, ob dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten gemäß § 8 des Dienstvertrags mehr zustanden, begegnet sein Feststellungsinteresse keinen Zweifeln (vgl. die beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Zahlungsklage 1 K 2594/11). Auch § 43 Abs. 2 VwGO hindert die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht. Die Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit Gestaltungswirkung, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Derartige rechtsgeschäftliche Erklärungen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen sind keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 136 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 49/04 -, NVwZ 2006, 703, 704).
42 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG war entbehrlich. Denn bei der gegen den Beklagten gerichteten Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Der Kläger steht in keinem Beamtenverhältnis zum Beklagten. Auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika bleiben Professoren des Medizinischen Fachbereichs weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika im Sinne des § 11UKG (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
43 
2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Sowohl die außerordentliche als auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 sind unwirksam.
44 
Beide Kündigungen sind bereits in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie verstoßen gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. (a). Die Kündigung des Dienstvertrags erforderte das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg (aa). Dieses lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung nicht vor und der Mangel ist auch nicht durch eine Nachholung der erforderlichen Mitwirkung geheilt worden (bb). Unabhängig davon ergibt sich die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen daraus, dass dem Beklagten die Zuständigkeit fehlte, mit der Kündigung einen umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung auszusprechen (b). Mit der Kündigung wurden dem Kläger auch seine Aufgaben in der mittelbaren Krankenversorgung entzogen (aa). Hiermit hat der Beklagte seine Zuständigkeit überschritten (bb). Eine teilweise Unwirksamkeit der Kündigungen kommt nicht in Betracht (c).
45 
a) Die streitgegenständlichen Kündigungen sind bereits wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. unwirksam.
46 
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Universitätsklinika-Gesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 15.09.2005 (GBl. 2005, S. 625) - UKG a.F. - (= § 7 Abs. 1 Satz 2 UKG in der Fassung des Gesetzes vom 07.02.2011, GBl. 2011 S. 47 - UKG n.F. -) ist bei der Errichtung, Aufhebung und Veränderung von Abteilungen, der Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern sowie den allgemeinen Regelungen der Organisation des Universitätsklinikums das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich.
47 
Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Kläger begegnet keinen Bedenken. Die Regelung galt als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UKG bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1998 (Art. 7 Abs. 1 des Hochschulmedizinreform-Gesetzes vom 24.11.1997, GBl. S. 474). Dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Personen erstreckt, die - wie der Kläger - bereits vor dem 01.01.1998 zum Leiter einer Abteilung bestellt worden waren, lässt sich nicht feststellen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 27) sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelung nur die Abberufung von Abteilungsleitern erfasst, deren erstmalige Bestellung nach dem 01.01.1998 erfolgte.
48 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung lagen vor. Zwar ist eine ausdrückliche Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter nicht erfolgt. Eine Auslegung des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 24./25.01.2008 ergibt indes, dass mit der Kündigung des Dienstvertrags durch den Beklagten auch eine Abberufung des Klägers von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie verbunden war.
49 
Auch die Auslegung der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung. Es kommt darauf an, wie der Kündigungsadressat die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auffassen muss (§ 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB; zur Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1990 - 4 C 21/89 -, BVerwGE 84, 258; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rn. 12; zur Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, § 133 Rn. 9 m.w.N.; speziell zur Auslegung von Kündigungserklärungen Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 2002, § 123 Rn. 38). Ausgehend hiervon hat der Senat keine Zweifel daran, dass mit der ausgesprochenen Kündigung - entgegen der Ansicht des Beklagten und des beigeladenen Landes - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in umfassender Weise beendet werden sollten, der Kläger insbesondere von der Abteilungsleitung abberufen werden sollte.
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Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 24./25.01.2008 bezogen sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung auf „den Chefarztvertrag vom 24.07.2007“. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte lediglich bestimmte Teile dieses Vertrags hat kündigen wollen, enthält das Kündigungsschreiben nicht. Da ein wesentliches Element der Vereinbarung vom 24.07.2007 die rechtlich verbindliche Beibehaltung der Übertragung der Leitung der Abteilung Klinische Chemie im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger war, stellt sich die Kündigung der Vereinbarung auch als Abberufung von der Abteilungsleitung dar. Das ergibt sich aus Folgendem:
51 
Bei den in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. aufgeführten Handlungen des Klinikums handelt es sich um rein organisatorische Maßnahmen, für die weder das Gesetz noch die Satzung des Klinikums (vgl. § 13 Abs. 2) eine bestimmte Form, etwa die eines Verwaltungsakts, vorschreibt. Demgemäß bestehen keine Bedenken, eine derartige Maßnahme, wie etwa die hier gegenständliche Bestellung des Abteilungsleiters, in den Inhalt einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger aufzunehmen (zu dieser Zielrichtung der Chefarztverträge nach der sog. „Kombinationslösung“ siehe unten S. 24 f.). Dies ist in § 1 Absatz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 geschehen. Dort heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist diese Erklärung nicht allein deklaratorischer Natur. Vielmehr bringt der Beklagte damit zum Ausdruck, dass er in rechtsverbindlicher Weise an der - bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 09.12.1998 (vgl. deren § 1) von dem Beklagten vorgenommenen - Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhält. Für einen konstitutiven Charakter spricht insbesondere, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht nur nachrichtlich in der Präambel erwähnt, sondern explizit zum Gegenstand der Eingangsbestimmung des Dienstvertrags gemacht wird. Mit Blick auf den vom Beklagten erhobenen Einwand, Chefarztvertrag und Bestellung zum Abteilungsleiter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. seien rechtlich zu trennen, ist dabei von Bedeutung, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht lediglich im Rahmen der vertraglichen Regelungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten (vgl. §§ 2 ff. des Dienstvertrags) angesprochen wird. Während deren schuldrechtlicher Charakter dort durch entsprechende Formulierungen (z.B. „ist verpflichtet“, „obliegt“, „dürfen“, “sorgt für“, „stellt sicher“ usw.) verdeutlicht wird, spricht die hiervon deutlich abweichende Ausdrucksweise („wird hiermit bestätigt“) in § 1 Abs. 1 des Vertrags für den verfügenden Charakter der Erklärung zur Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters. Mithin ist davon auszugehen, dass sich der Dienstvertrag vom 24.07.2007 aus einem verfügenden (§ 1 Abs. 1) und einem verpflichtenden Teil zusammensetzt. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die damals vom Beklagten selbst vertretene Rechtsauffassung. In seinem Schreiben vom 01.02.2008 hat der Klinikumsvorstand ausgeführt, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien „durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden“ und der Kläger habe „allein aufgrund dieses Chefarztvertrags“ die Leitung des Zentrallabors inne.
52 
Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 haben die Beteiligten im Übrigen deutlich gemacht, dass die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor (Leiter) der Abteilung Klinische Chemie Ausgangspunkt und Grundbedingung des gesamten Dienstvertrags sein sollte. Jede der nachfolgenden Regelungen in den §§ 2 bis 10 des Vertrags über die gegenseitigen Rechte und Pflichten knüpft an den „Ärztlichen Direktor“ an, dessen Funktion in der vorangestellten Bestimmung des § 1 Abs. 1 (ausschließlich) dem Kläger zugewiesen wird. Dies belegt - auch mit Blick darauf, dass die Vereinbarung eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter nicht vornimmt -, dass die Vertragspartner auf diese Weise mit der verfügenden Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags die übrigen - schuldrechtlichen - Bestimmungen des Dienstvertrags derart mit der Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter verknüpfen wollten, dass beide Teile des Vertrags in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhingen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 139 Rn. 7; zur Verknüpfung der organisationsrechtlichen Bestellung mit dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bei Organen juristischer Personen des Bürgerlichen Rechts vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB § 27 Rn. 8). Dass aufgrund dieses Junktims eine den gesamten Dienstvertrag erfassende Kündigung zwangsläufig als Abberufung auf die Stellung als Abteilungsleiter „durchschlägt“, entspricht im Übrigen der authentischen Interpretation durch den Beklagten. So heißt es in dem der Kündigung vorgehefteten Begleitschreiben des Klinikumsvorstandes vom 25.01.2008, dass der Kläger „mit der Kündigung des Chefarztvertrags“ sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben sei und die kommissarische Leitung der Abteilung der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Prof. Dr. W. übertragen werde. Im erläuternden Schreiben vom 01.02.2008 führt der Klinikumsvorstand aus, „mit Kündigung des Chefarztvertrags durch das Universitätsklinikum“ sei ihm die - allein aufgrund des Chefarztvertrags innegehabte - Leitung (des Zentrallabors) entzogen. Dass auch diese außerhalb des Wortlauts der auszulegenden Kündigungserklärung und des Dienstvertrags liegenden Umstände bei deren Interpretation ergänzend heranzuziehen sind, entspricht allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 15 ff.).
53 
Bei dieser Sachlage entbehrt auch der Einwand des Beklagten, die Leitungsfunktion sei dem Kläger nicht durch die Kündigung, sondern durch andere, selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Maßnahmen entzogen worden, einer tragfähigen Grundlage. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, war die Kündigung vom 24./25.01.2008 die einzige Erklärung des Beklagten von erkennbarer rechtlicher Erheblichkeit, die zum damaligen Zeitpunkt von diesem mit dem Ziel einer Beendigung der Abteilungsleitung abgegeben worden war. Demgemäß hat der Kläger sich gegen die Beendigung der Abteilungsleitung durch den Beklagten auch allein mit der hier gegenständlichen, gegen die Kündigung gerichteten Klage gewandt. Der Umstand, dass sich der Kläger auch gegen Maßnahmen wie das Zutrittsverbot zum Zentrallabor oder die Versagung der Teilnahme an der Krankenversorgung im Klinikum mit gegen die Universität Freiburg gerichteten Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat, vermag daran nichts zu ändern. Dies wird nicht zuletzt durch das nach einer Intervention des Wissenschaftsministeriums erfolgte weitere Vorgehen des Beklagten bestätigt. Insbesondere hat dieser eine ausdrückliche Entscheidung über die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie erstmals mit Verfügung vom 20.01.2010 getroffen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
54 
Insgesamt konnte es aus dem „Empfängerhorizont“ des Klägers auch bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein, dass die Kündigung auch die Abberufung von der Abteilungsleitung bedeutete. Der so festgestellte Inhalt der Kündigungserklärung korrespondiert im Übrigen mit den durch die Kündigung hervorgerufenen tatsächlichen Folgen für den Kläger. Dessen weitere Tätigkeit als Abteilungsleiter wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Kündigung unterbunden. Er musste umgehend sein Dienstzimmer räumen, der Zutritt zum Zentrallabor wurde ihm untersagt; als kommissarischer Leiter der Abteilung wurde Prof. Dr. W. eingesetzt.
55 
Der Beklagte meint, die Bestellung des Klägers zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie sei bereits vor Erlass des Universitätsklinikagesetzes und vor Abschluss der Chefarztverträge durch Erlass des MWK vom 09.07.1990 erfolgt, weshalb insbesondere die Funktion als Abteilungsleiter nicht Gegenstand der Chefarztverträge bzw. der Kündigung habe sein können. Dieser Einwand geht fehl. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass Professoren mit Leitungsfunktion im Bereich der Hochschulmedizin in einem doppelten Dienstverhältnis stehen. Als Universitätsprofessoren sind sie Beamte des Landes Baden-Württemberg, deren Dienstaufgaben sich nach § 46 und § 53 Abs. 1 LHG bestimmen. Gleichzeitig stehen sie in ihrer Eigenschaft als Leiter einer Abteilung in einem durch den sog. Chefarztvertrag begründeten Dienstverhältnis zum Universitätsklinikum (vgl. Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 1205; ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, IX Rn. 212; Becker, Das Recht der Hochschulmedizin, 2005, S. 260 ff.). Dieses in Baden-Württemberg praktizierte sog. Kombinationsmodell geht auf Vorschläge der Kultusministerkonferenz zurück. In deren Positionspapier zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (S. 31 des Positionspapiers; vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht“ über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers des KMK vom 19.11.1999 in den Ländern „vom 20.06.2003“). Vor diesem Hintergrund geht das einschlägige Schrifttum bei diesem Modell davon aus, dass auch im Fall des beamteten Hochschullehrers die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen (nach dortigem Verständnis privaten) Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. Becker, a.a.O., S. 260; Böhmann, WissR 2007, 403; Wahlers, ZBR 2006, 221; Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 157). Ein mit der Kombinationslösung verfolgtes Ziel ist dabei unter anderem, die Abberufung aus Leitungsfunktionen wegen mangelnder Eignung oder organisatorischer Umstrukturierungen zu erleichtern (vgl. Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 212; Becker, a.a.O., S. 261 f.). Mithin bilden das beamtenrechtliche Dienstverhältnis zum Beigeladenen und das Dienstverhältnis zum Klinikum zwei eigenständige Regelungsbereiche.
56 
Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist dem Beklagten die Zuständigkeit und Befugnis zur Bestellung und Abberufung des Abteilungsleiters eingeräumt worden (vgl. § 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 1 Abs. 2 Satz 2 UKG a.F.). In Wahrnehmung dieser Organisationsbefugnis hat der Klinikumsvorstand bereits 1998 im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 09.11.1998 - wie sich explizit aus deren § 1 ergibt - dem Kläger zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen und damit die Bestellung zum Abteilungsleiter im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger „aktualisiert“. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die allein das Beamtenverhältnis zum Beigeladenen betreffende Einweisungsverfügung des MWK vom 09.07.1990 geeignet war, die dem Beklagten als selbständigem Rechtsträger durch das Universitätsklinikagesetz eingeräumte Organisationsbefugnis und die Möglichkeit deren Konkretisierung im Rechtsverhältnis zwischen Klinikum und Chefarzt durch Abschluss oder Kündigung des jeweiligen Chefarztvertrags von vornherein zu begrenzen (vgl. im Übrigen die auf den Dienstvertrag vom 24.07.2007 bezogene Aussage des Klinikumsvorstands, wonach „damit“ die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überholt gewesen sei; vgl. auch das o.g. Positionspapier, a.a.O., S. 41). Die Frage, ob und inwieweit Rechtspositionen des Chefarztes aus dem Beamtenverhältnis die materielle Rechtmäßigkeit einer Bestellungs- oder Abberufungsentscheidung des Universitätsklinikums berühren können, ist dadurch nicht präjudiziert.
57 
Der Beklagte meint ferner, nach der Präambel zum Dienstvertrag habe dessen Hauptbedeutung darin bestanden, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Diesem die Entstehungsgeschichte des Dienstvertrags betreffenden Umstand kommt nach Auffassung des Senats für die hier streitige Frage keine entscheidende Bedeutung zu. Denn dem Wortlaut der Vereinbarung selbst lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Parteien lediglich Fragen der Nebentätigkeit oder der Vergütung (vgl. § 7 und § 8 des Dienstvertrags) hätten regeln wollen. Vielmehr werden neben der „Bestätigung“ der Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie („§ 1 Dienstverhältnis“) die im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Rechte und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter in umfassender und insoweit mit der Vorgängervereinbarung vergleichbaren Weise geregelt. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des Dienstvertrags belegt, dass der Wille der Beteiligten dahin ging, den neuen Dienstvertrag mit Wirkung vom 01.04.2007 vollumfänglich an die Stelle der Vereinbarung vom 09.12.1998 treten zu lassen. Soweit ersichtlich, enthält die Vereinbarung im Kern sämtliche Regelungselemente der üblichen Chefarztverträge, insbesondere sind dadurch im Verhältnis zum Beklagten die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Vergütung des Klägers begründet worden (vgl. Quaas, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, S. 350 ff.; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris). Wie bereits oben aufgezeigt, sind Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Dienstvertrag eine von der Abteilungsleitung unabhängige Regelung getroffen werden und der Vertrag deshalb unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar sein sollte, nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die von dem Beklagten in den Vordergrund gerückte Bestimmung über die Vergütung (§ 8 des Dienstvertrags). Die Regelung sieht als Ersatz für die dem Kläger zuvor noch in § 5 der Vereinbarung vom 09.12.1998 - explizit in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter - gestattete Privatliquidation eine Beteiligung des Klägers - in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor - an dem in der Abteilung erzielten Nettoliquidationserlös des Klinikums in Form von fixen und von variablen Vergütungsbestandteilen vor. Dass dieser Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werden sollte, ist nicht erkennbar. Üblicherweise wird nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 100, 252; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303; VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris, Rn. 9). Die Tätigkeit als leitender Klinikarzt ist daher mit der Befugnis zur Privatliquidation verbunden (vgl. den Beschluss des Senats vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Dies gilt auch, soweit - wie hier - im Zuge des Wechsels von der Privatliquidation zur Klinikliquidation in Baden-Württemberg die Privatliquidation ersetzende Chefarztverträge abgeschlossen wurden und die den Chefärzten zustehende Liquidationsbefugnis auf die Kliniken übertragen wurde (vgl. die insoweit zutreffende Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369). Obwohl der Kläger bereits in der Vergangenheit zum Hochschulprofessor berufen und zum Abteilungsleiter bestellt worden war, begegnet die auf freiwilliger Basis erfolgte Vereinbarung einer gesonderten Vergütung in § 8 der Dienstvertrags als Ersatz für die Privatliquidation keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Becker, a.a.O., S. 260 f.; Positionspapier, S. 36, 43 ff.). Im Übrigen handelt es sich sowohl bei der Liquidationsbefugnis wie auch bei der in den Chefarztverträgen geregelten Krankenhausliquidation um durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemeine genehmigte Nebentätigkeit (vgl. die Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369).
58 
Vor diesem Hintergrund kann nicht davon die Rede sein, die Vertragsparteien hätten insoweit von der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelungen treffen wollen bzw. die Kündigung beziehe sich nur auf Rechtspositionen, die nicht mit der Abteilungsleitung zusammenhingen.
59 
Der Beklagte trägt ferner vor, wenn dem Kläger die Abteilungsleitung durch den Chefarztvertrag übertragen worden sei, könne dieser hieraus nichts für sein Begehren herleiten, weil diese Bestellung wegen Fehlens des erforderlichen Einvernehmens der Universität (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F.) unwirksam gewesen wäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil dieser verfahrensrechtliche Mangel der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzurechnen wäre. Vor diesem Hintergrund würde sich die Geltendmachung der darauf beruhenden Unwirksamkeit bereits als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich darstellen.
60 
Nach alledem geht der Einwand des Beklagten, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 habe die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt gelassen, ersichtlich fehl. Einer derartigen Auffassung stünde schließlich das auch im öffentlichen Recht geltende Verbot des Formenmissbrauchs entgegen (vgl. dazu Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. V, § 99 Mittel staatlichen Handelns, Rn. 64 ff., 66; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 23 Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.09.2010 - 6 A 3249/08 -, Juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Staat durch den Austausch von Handlungsformen oder der eingesetzten Mittel keine Freizeichnung von rechtlichen Bindungen erreichen kann (vgl. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, 1991, S. 211 m.w.N.). Werden - wie hier - mit der Kündigung des Dienstvertrags Folgen beabsichtigt und faktisch bewirkt, die einer Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. entsprechen, erscheint es zur Vermeidung einer Umgehung der für die Abberufung geltenden rechtlichen Anforderungen geboten, diese Anforderungen auf die Kündigung zu erstrecken. Mit Blick auf die oben aufgezeigte Verknüpfung gilt das Verfahrenserfordernis auch für den mit der Bestellung zusammenhängenden schuldrechtlichen Teil des Dienstvertrags.
61 
Hiernach war mit der gegenständlichen Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. war hierzu das Einvernehmen der medizinischen Fakultät erforderlich.
62 
bb) Das erforderliche Einvernehmen der medizinischen Fakultät lag weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger kann das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigungen entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums, Amtliche Bekanntmachungen der Universität Freiburg, Jahrgang 36, Nr. 41, S. 246 ff.).
63 
Für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG ist er für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt. Eine anderweitige Regelung ist hier nicht ersichtlich. Dem Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Dass der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät damals sein Einvernehmen zu der streitgegenständlichen Kündigung erteilt hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
64 
Der Verfahrensmangel ist nicht durch den am 30.09.2009 gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG nachträglich geheilt worden.
65 
Dies gilt bereits deshalb, weil diese Regelung auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird. Die Vorschrift dient speziell der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern beim Erlass von Verwaltungsakten. Deshalb scheidet eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift aus, weil es sich - wie bereits dargelegt wurde - bei der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Doch auch eine entsprechende Anwendung kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht. Denn verwaltungsrechtliche Verträge haben im Landesverwaltungsverfahrensgesetz eigenständige Regelungen erfahren, die insbesondere auch die Fehlerfolgen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 59 LVwVfG) und die Beendigungsmöglichkeiten (vgl. etwa § 60 und § 62 Satz LVwVfG in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfassen. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht ferner, dass es sich insoweit nicht um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern um eine Neuschöpfung des Gesetzgebers handelt, die dem früheren Recht fremd war (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 9).
66 
Doch selbst wenn eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG im vorliegenden Fall für möglich gehalten würde, könnte eine Heilung des Verfahrensmangels nicht angenommen werden. Denn aus dem grundrechtswahrenden Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. folgt bereits eine zeitliche Grenze der Heilungsmöglichkeit (zur einschränkenden Auslegung des § 45 VwVfG mit Blick auf spezialgesetzliche Zwecke und verfassungsrechtliche Vorgaben vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 45 Rn. 14 ff., 27, 97, 103 ff., 129-131). Diese wird mit dem Beschluss des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät vom 30.09.2009 überschritten.
67 
Dem Einvernehmenserfordernis liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass Entscheidungen wie die Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter überhaupt nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden können (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Hochschulmedizinreform-Gesetz vom 15.07.1997, LT-Drs. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmen trägt der Gleichrangigkeit der Aufgaben Rechnung (LT-Drs. 12/1740, a.a.O.). Die Rückbindung von Entscheidungen des organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität sichert deren Zuständigkeit für die die Wissenschaftsfreiheit betreffenden Fragen organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin den ihnen garantierten Einfluss auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums ausüben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.11.2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, NVwZ 2003, 600, 601; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - Juris). Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substantieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf den Forschung und Lehre betreffenden Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Unabhängig davon, ob und inwieweit für die Annahme eines Betroffenseins von Forschung und Lehre auf eine gewisse Erheblichkeit der Auswirkungen einer Entscheidung des Universitätsklinikums auf Forschung und Lehre abzustellen ist, stellt sich die organisatorische Verselbständigung der Universitätsklinik nämlich lediglich als eine funktionale Trennung des universitären Wissenschaftsbetriebs einerseits und des Krankenhausbetriebs andererseits dar. Als Universitätsklinikum bleibt dieses nach der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung trotz seiner organisatorischen Verselbständigung vorrangig in den Dienst der Erfüllung der dem Fachbereich Medizin obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre gestellt und hat insoweit sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich daher als eine andere Art der Realisierung des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Bereich des Klinikumsbetriebs dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Durch das Einvernehmenserfordernis sollte der grundrechtlich verbürgte Einfluss auf Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, verfahrensrechtlich als Kompensation für den Verlust des direkten Einflusses durch die früher fachbereichseigene Klinikleitung abgesichert werden. Damit hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sowohl dem Ziel der Entlastung des Fachbereichs von der Klinikleitung als auch der grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Einvernehmenserfordernis schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O).
68 
Was das konkrete Procedere anbelangt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, muss sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010, a.a.O.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, NVwZ-RR 2010, 844). Da dem Einvernehmen eine sichernde Funktion für die Verwirklichung des Rechts auf Wissenschaftsfreiheit durch den einzelnen Hochschullehrer zukommt und damit auch dessen eigenen subjektiven Rechten zu dienen bestimmt ist, muss der Herstellung des Einvernehmens eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
69 
An diesem Maßstab gemessen erscheint fraglich, ob Wortlaut und Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verlangen, dass das Einvernehmen des Fakultätsvorstands bereits vorliegen muss, wenn der Entscheidungsprozess des Klinikums hinsichtlich der Abberufung abgeschlossen ist oder die Maßnahme dem Betroffenen bekanntgegeben wird. Wie dargelegt, kommt der abwägenden Entscheidung des Fachbereichs das Grundrecht des betroffenen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sichernde Funktion zu. Im Unterschied zu anderen in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG angesprochenen behördlichen Mitwirkungshandlungen im gestuften Verwaltungsverfahren bezweckt die behördliche Mitwirkung hier unmittelbar den wirksamen Schutz der grundrechtlichen Belange eines „Dritten“. Deshalb darf die Mitwirkung jedenfalls nicht so spät erfolgen, dass sie ihre reale Schutzwirkung zu dessen Gunsten nicht mehr entfalten kann. Mithin scheidet eine heilende Nachholung des erforderlichen Einvernehmens aus, wenn die Abberufung von der Abteilungsleitung bereits vollzogen worden ist (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Juris, zum Verfahrenserfordernis des Benehmens). Da der Kläger durch die Kündigung bereits seit Ende Januar 2008 seine Funktion als Abteilungsleiter verloren hatte, ist schon aus diesem Grund eine heilende Wirkung des Beschlusses des Fakultätsvorstands vom 30.09.2009 ausgeschlossen.
70 
Unabhängig davon steht einer heilenden Berücksichtigung der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens durch den Fachbereich entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der grundrechtswahrende Zweck des Einvernehmens sogar endgültig nicht mehr erreicht werden konnte.
71 
Mit Beschluss vom 28.09.2009 sprach der Klinikumsvorstand ausdrücklich eine Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung aus und hierzu erteilte der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen (Gegenstand des Verfahrens des VG Freiburg 1 K 1803/10). Das die streitgegenständliche Kündigung vom 24./25.01.2008 betreffende Einvernehmen konnte sich somit nur noch auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beziehen, nämlich die Zeitspanne von der durch die Kündigung erklärten Entziehung der Abteilungsleitung bis zur Erteilung des Einvernehmens (24./25.01.2008 - 30.09.2009). Da dem Kläger während dieser Phase durchgehend die Abteilungsleitung entzogen war, war das Verfahrensergebnis, die mit der Kündigung verbundene Abberufung von der Abteilungsleitung, im Zeitpunkt der Erteilung des Einvernehmens vollständig vollzogen. Mithin war der mit dem Erfordernis des Einvernehmens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verfolgte Zweck, die dem Kläger durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte in wirksamer Weise zu wahren, definitiv nicht mehr erreichbar. Wollte man in dieser Situation der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens noch heilende Wirkung zuerkennen, würde die Verfahrensanforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. zur bloßen Förmlichkeit degradiert.
72 
Form und Verfahrensweise bei der Beschlussfassung des Fakultätsvorstands werden auch aus einem weiteren Grunde dem grundrechtswahrenden Gehalt des Verfahrenserfordernisses nicht gerecht.
73 
Über die Erteilung des Einvernehmens entschied der Fakultätsvorstand im schriftlichen Umlaufverfahren. In der Beschlussvorlage heißt es unter „1. Sachverhalt“, der Klinikumsvorstand habe sich am 28.09.2009 mit der Kündigung einer Chefarztvereinbarung befasst und bitte den Fakultätsvorstand „um Erklärung des Einvernehmens“. Beigefügt ist lediglich ein Auszug aus dem vorläufigen Protokoll über die Sitzung des Klinikumsvorstands vom 28.09.2009 mit dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut. Der Fakultätsvorstand fasste am 30.09.2009 den Beschluss, das erforderliche Einvernehmen in der „vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
74 
Der dem Fakultätsvorstand vorgelegten Beschlussvorlage war nicht eindeutig zu entnehmen, dass sich das zu erteilende Einvernehmen (auch) auf die streitgegenständliche Kündigung beziehen sollte. Mit den Beschlüssen vom 28.09.2009 hatte der Klinikumsvorstand den Fakultätsvorstand um die Erteilung des Einvernehmens zu einer Reihe aktueller Maßnahmen des Klinikumsvorstands gebeten, nämlich unter 1. zur erneuten ordentlichen Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007, unter 2. zur Antragstellung nach § 46 Abs. 3 LHG durch die Universität und unter 3. zur erstmaligen ausdrücklichen Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung. Die gegenständliche Kündigung wurde unter 1. eher beiläufig im Zusammenhang mit der erneuten Kündigung erwähnt („An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten“.). Dass der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen auch zu dieser Kündigung erteilen sollte, lässt sich der Vorlage nicht hinreichend deutlich entnehmen. Dies lag schon angesichts der vom Klinikumsvorstand in der Sitzung vom 28.09.2009 aktuell getroffenen Maßnahmen nicht nahe. Hierzu hätte es vor allem des erläuternden Hinweises bedurft, dass insoweit um die rückwirkende Erteilung des Einvernehmens für eine bereits vor 1 ¾ Jahren vom Klinikum ausgesprochene, im Übrigen bereits vollzogene Maßnahme nachgesucht wird. Angesichts des Nebeneinanders der aktuellen und der streitgegenständlichen „alten“ Kündigung hätten den Mitgliedern des Fakultätsvorstands auch die zwischen den Kündigungen bestehenden Unterschiede in Reichweite und Rechtswirkungen erklärt werden müssen. Auch in dem an die Mitglieder des Fakultätsvorstands per Email gerichteten Anschreiben des Dekans vom 29.09.2009, mit dem die Beschlussvorlage übersandt wurde, wird lediglich darauf Bezug genommen darauf, dass der Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom Vortag den Dienstvertrag mit dem Kläger „vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt“ habe.
75 
Grundvoraussetzung einer zweckgerechten Durchführung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. und einer sachgerechten Abwägung der durch die dort aufgeführten organisatorischen Maßnahmen betroffenen Belange ist allerdings, dass das zuständige Gremium der Medizinischen Fakultät Kenntnis vom konkreten Verfahrensgegenstand hat. Deshalb muss die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lassen, auf welche konkrete(n) Organisationsmaßnahme(n) sich das Einvernehmen beziehen soll. Ist dies - wie hier bezogen auf die streitgegenständliche Kündigung - nicht der Fall, hält der Senat jedenfalls insoweit zur hinreichenden Bestimmung des Verfahrensgegenstandes eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung für rechtlich geboten (für eine grundsätzliche Dokumentationspflicht bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station einer nuklearmedizinischen Klinik vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010, a.a.O.). An einer derartigen Dokumentation fehlt es.
76 
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage bedurfte es der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung nicht.
77 
b) Die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich auch aus einem weiteren Grund. Da der Beklagte mit der Kündigung auch eine umfassende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung bewirkte, fehlte es insoweit an seiner Zuständigkeit.
78 
aa) Der Inhalt des dem Kläger übertragenen Amtes wurde durch den Einweisungserlass des Ministeriums vom 22.02.1984 konkretisiert. Danach wurden ihm als Dienstaufgabe die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe der damals geltenden § 64 UG übertragen. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 UG gehörte zu den hauptberuflichen Aufgaben der Professoren u. a. die Wahrnehmung der nach § 3 Abs. 8 UG übertragenen Aufgaben und damit - wie sich aus § 3 Abs. 8 UG unmissverständlich ergibt - auch solcher der Krankenversorgung. Dieser Amtsinhalt bestand auch noch im Zeitpunkt der Kündigung. Nach § 53 Abs. 1 LHG ist das wissenschaftliche Personal der Universität gemäß seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das durch diese Bestimmung erfasste Personal auch weiterhin die Krankenversorgung als Dienstaufgabe wahrnimmt (vgl. die amtliche Begründung zur Vorgängerregelung des § 77a UG, LT-Drs. 12/1740, S. 38). Die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung gehörte somit zur amtsgemäßen Verwendung des Klägers und war insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O.).
79 
Ausgehend hiervon beschneidet die mit der Kündigung ausgesprochene Entbindung von Aufgaben in der Krankenversorgung den Kläger in einem wesentlichen Teil seiner amtsgemäßen Verwendung und greift in sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne ein.
80 
Mit der Kündigung vom 24./25.01.2008 wurde der Kläger auch seiner Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Der Einwand des Beklagten, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, verfängt nicht. Die genaue Ausgestaltung der sich aus § 53 Abs. 1 LHG für Medizinprofessoren ergebenden Dienstaufgabe Krankenversorgung am Universitätsklinikum wird von diesem definiert und berücksichtigt dabei die Belange von Forschung und Lehre. Dementsprechend enthält der Dienstvertrag vom 15.07.2007 auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung (vgl. § 6). Bereits oben ist als Ergebnis der Auslegung der Kündigungserklärung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont festgestellt worden, dass der Beklagte mit der Kündigung die Rechtsbeziehungen zum Kläger in umfassender Weise beenden wollte. Dabei beschränkte sich die Kündigung jedoch nicht darauf, den die Krankenversorgung betreffenden vertraglichen Rechten und Pflichten die Grundlage zu entziehen. Vielmehr zielte die Kündigung darauf ab, die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung schlechthin zu unterbinden und ihm damit einen Teil seiner amtsangemessen Beschäftigung zu entziehen. Dies war der ausdrückliche Wille des Beklagten und ist von diesem so auch verwirklicht worden. So heißt es im Begleitschreiben zur Kündigung vom 25.01.2008, mit der Kündigung sei der Kläger sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Dies wurde auch umgesetzt. Der Kläger wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beendigung seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung im Begleitschreiben vom 25.01.2008 aufgefordert, sein bisheriges Büro bis zum 30.01.2008 zu räumen. Dementsprechend war ihm in der Folgezeit eine Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung versagt. Erst im Dezember 2009 (nach Intervention des MWK) forderte der Beklagte den Kläger auf, wieder diese Aufgaben zu übernehmen. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die u.a. nach Intervention des MWK erfolgte erneute (vorsorgliche) Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 durch Schreiben des Klinikumsvorstands vom 30.09.2009. Denn der Inhalt dieser Kündigungserklärung wurde nunmehr ausdrücklich eingeschränkt: Der Dienstvertrag wurde lediglich gekündigt, „soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung“ des Klägers „betrifft“.
81 
bb) Mit dem umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung hat der Beklagte gestaltend auf die amtsgemäße Verwendung des Klägers eingewirkt. Damit hat er seine Zuständigkeit überschritten. Denn es handelt sich insoweit um eine beamtenrechtliche Entscheidung über eine persönliche Angelegenheit, für die der Wissenschaftsminister als Dienstvorgesetzter zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 LHG; vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010, a.a.O., sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O., auch zur Abgrenzung von der Zuständigkeit nach § 4 Abs. 3 UKG). Das Wissenschaftsministerium hatte indes eine Entbindung des Klägers von Aufgaben der Krankenversorgung nicht verfügt. Ausweislich des Schreibens vom 25.02.2009 hat es trotz der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ausdrücklich kein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
82 
Der Beklagte meint auch in diesem Zusammenhang, die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung sei von der Kündigung überhaupt nicht berührt. Auch dieser Ansicht steht indes jedenfalls das Verbot des Formenmissbrauchs entgegen. Denn der - ultra vires erfolgte - umfassende und die vertraglichen Rechte und Pflichten überschreitende Entzug von Aufgaben der Krankenversorgung war von dem Beklagten beabsichtigt und wurde von ihm - mit dem Mittel der Kündigung - durchgesetzt. Auf diesem Wege kann der Beklagte eine Umgehung beamtenrechtlicher Zuständigkeiten nicht erreichen.
83 
c) Die Annahme einer nur teilweisen - die Abteilungsleitung und die Teilnahme an der Krankenversorgung erfassenden - Unwirksamkeit der Kündigungen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB kommt nicht in Betracht. Dies käme der Sache nach einer Teilkündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 gleich. Die Kündigung einzelner Teile eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ist indes grundsätzlich unzulässig, weil sie einen einseitigen, mit dem Prinzip der Vertragsautonomie unvereinbaren Eingriff in das Gefüge von Leistung und Gegenleistung bei einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis bedeutet (vgl. nur Hesse, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, Vorbemerkung zu §§ 620-630 BGB, Rn.71; Palandt-Ellenberger, a.a.O., Vorb. v. § 620, Rn. 34; Schaub, a.a.O., § 123 Rn. 49 v. Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, § 2 Rn. 29 m.w.N.; zur Bezugnahme des Dienstvertrags auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des § 626 BGB vgl. dessen § 11 Abs. 2 und 3). Demgemäß würde etwa die vom Beklagten befürwortete Aufrechterhaltung der Kündigung hinsichtlich der Vergütungsregelung des § 8 des Dienstvertrags das vertragliche Synallagma bei Fortbestehen des Dienstvertrags erheblich beeinträchtigen.
84 
Dass die Parteien des Dienstvertrags das Recht zur Teilkündigung vertraglich vereinbart hätten, ist weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil ist bereits oben (S. 22) aufgezeigt worden, dass die Vertragspartner in der Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ein rechtliches Junktim zwischen der Stellung bzw. Bestellung des Klägers als Abteilungsleiter und den übrigen Bestimmungen des Dienstvertrags vereinbart hatten. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit keine gespaltene Kündigung möglich sein sollte.
85 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
86 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.
87 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88 
Beschluss vom 2. August 2012
89 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG); zugrunde gelegt wurden die monatlichen Abschlagzahlungen auf die Vergütung nach § 8 des Dienstvertrag in Höhe von 33.000,-- EUR, vgl. die Berufungsschrift des Beklagtenvertreters vom 09.12.2011, S. 8, AS 211).
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
40 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage des Klägers ist mit dem Hauptantrag zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.
41 
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs war vom erkennenden Senat nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass auch er von einem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24.07.2007 und damit auch des vorliegenden Rechtsstreits ausgeht. Der zwischen dem als juristischer Person des öffentlichen Rechts konstituierten Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag enthält materiell insbesondere die Konkretisierung der dem Kläger als beamteten Hochschulprofessor durch das Landeshochschulgesetz übertragenen Dienstaufgaben (vgl. § 53 Abs. 1 LHG sowie Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/08 -, Juris Rn. 20). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Statthaftigkeit und sonstigen Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ausgegangen. Der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des Dienstvertrags betrifft das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dem Kläger kann auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Zwar ist er wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs am 31.03.2012 in den Ruhestand getreten (vgl. § 25 Beamtenstatusgesetz - BeamtenStG - i.V.m. Art. 62 § 3 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27.10.2010 i.V.m. § 49 Abs. 4 Satz 1 LHG). Deshalb hat der Dienstvertrag jedenfalls mit der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses gemäß dessen § 11 Abs. 4 1. Spiegelstrich sein Ende gefunden. Da indes von der Wirksamkeit der im Januar 2008 erklärten Kündigung des Dienstvertrags abhängt, ob dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten gemäß § 8 des Dienstvertrags mehr zustanden, begegnet sein Feststellungsinteresse keinen Zweifeln (vgl. die beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Zahlungsklage 1 K 2594/11). Auch § 43 Abs. 2 VwGO hindert die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht. Die Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit Gestaltungswirkung, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Derartige rechtsgeschäftliche Erklärungen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen sind keine Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 136 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 49/04 -, NVwZ 2006, 703, 704).
42 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 BRRG war entbehrlich. Denn bei der gegen den Beklagten gerichteten Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Der Kläger steht in keinem Beamtenverhältnis zum Beklagten. Auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika bleiben Professoren des Medizinischen Fachbereichs weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika im Sinne des § 11UKG (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
43 
2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Sowohl die außerordentliche als auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 sind unwirksam.
44 
Beide Kündigungen sind bereits in formeller Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie verstoßen gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. (a). Die Kündigung des Dienstvertrags erforderte das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg (aa). Dieses lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung nicht vor und der Mangel ist auch nicht durch eine Nachholung der erforderlichen Mitwirkung geheilt worden (bb). Unabhängig davon ergibt sich die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen daraus, dass dem Beklagten die Zuständigkeit fehlte, mit der Kündigung einen umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung auszusprechen (b). Mit der Kündigung wurden dem Kläger auch seine Aufgaben in der mittelbaren Krankenversorgung entzogen (aa). Hiermit hat der Beklagte seine Zuständigkeit überschritten (bb). Eine teilweise Unwirksamkeit der Kündigungen kommt nicht in Betracht (c).
45 
a) Die streitgegenständlichen Kündigungen sind bereits wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. unwirksam.
46 
aa) Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Universitätsklinika-Gesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 15.09.2005 (GBl. 2005, S. 625) - UKG a.F. - (= § 7 Abs. 1 Satz 2 UKG in der Fassung des Gesetzes vom 07.02.2011, GBl. 2011 S. 47 - UKG n.F. -) ist bei der Errichtung, Aufhebung und Veränderung von Abteilungen, der Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern sowie den allgemeinen Regelungen der Organisation des Universitätsklinikums das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich.
47 
Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Kläger begegnet keinen Bedenken. Die Regelung galt als § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UKG bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1998 (Art. 7 Abs. 1 des Hochschulmedizinreform-Gesetzes vom 24.11.1997, GBl. S. 474). Dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Personen erstreckt, die - wie der Kläger - bereits vor dem 01.01.1998 zum Leiter einer Abteilung bestellt worden waren, lässt sich nicht feststellen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 27) sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Regelung nur die Abberufung von Abteilungsleitern erfasst, deren erstmalige Bestellung nach dem 01.01.1998 erfolgte.
48 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung lagen vor. Zwar ist eine ausdrückliche Abberufung des Klägers von seiner Funktion als Abteilungsleiter nicht erfolgt. Eine Auslegung des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 24./25.01.2008 ergibt indes, dass mit der Kündigung des Dienstvertrags durch den Beklagten auch eine Abberufung des Klägers von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie verbunden war.
49 
Auch die Auslegung der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung. Es kommt darauf an, wie der Kündigungsadressat die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auffassen muss (§ 62 Satz 2 LVwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB; zur Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1990 - 4 C 21/89 -, BVerwGE 84, 258; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 62 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 62 Rn. 12; zur Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, § 133 Rn. 9 m.w.N.; speziell zur Auslegung von Kündigungserklärungen Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 2002, § 123 Rn. 38). Ausgehend hiervon hat der Senat keine Zweifel daran, dass mit der ausgesprochenen Kündigung - entgegen der Ansicht des Beklagten und des beigeladenen Landes - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten in umfassender Weise beendet werden sollten, der Kläger insbesondere von der Abteilungsleitung abberufen werden sollte.
50 
Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 24./25.01.2008 bezogen sich sowohl die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung auf „den Chefarztvertrag vom 24.07.2007“. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte lediglich bestimmte Teile dieses Vertrags hat kündigen wollen, enthält das Kündigungsschreiben nicht. Da ein wesentliches Element der Vereinbarung vom 24.07.2007 die rechtlich verbindliche Beibehaltung der Übertragung der Leitung der Abteilung Klinische Chemie im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger war, stellt sich die Kündigung der Vereinbarung auch als Abberufung von der Abteilungsleitung dar. Das ergibt sich aus Folgendem:
51 
Bei den in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. aufgeführten Handlungen des Klinikums handelt es sich um rein organisatorische Maßnahmen, für die weder das Gesetz noch die Satzung des Klinikums (vgl. § 13 Abs. 2) eine bestimmte Form, etwa die eines Verwaltungsakts, vorschreibt. Demgemäß bestehen keine Bedenken, eine derartige Maßnahme, wie etwa die hier gegenständliche Bestellung des Abteilungsleiters, in den Inhalt einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger aufzunehmen (zu dieser Zielrichtung der Chefarztverträge nach der sog. „Kombinationslösung“ siehe unten S. 24 f.). Dies ist in § 1 Absatz 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 geschehen. Dort heißt es, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde „hiermit bestätigt“. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist diese Erklärung nicht allein deklaratorischer Natur. Vielmehr bringt der Beklagte damit zum Ausdruck, dass er in rechtsverbindlicher Weise an der - bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervereinbarung vom 09.12.1998 (vgl. deren § 1) von dem Beklagten vorgenommenen - Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter festhält. Für einen konstitutiven Charakter spricht insbesondere, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht nur nachrichtlich in der Präambel erwähnt, sondern explizit zum Gegenstand der Eingangsbestimmung des Dienstvertrags gemacht wird. Mit Blick auf den vom Beklagten erhobenen Einwand, Chefarztvertrag und Bestellung zum Abteilungsleiter im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. seien rechtlich zu trennen, ist dabei von Bedeutung, dass die Funktion des Klägers als Abteilungsleiter nicht lediglich im Rahmen der vertraglichen Regelungen über die gegenseitigen Rechte und Pflichten (vgl. §§ 2 ff. des Dienstvertrags) angesprochen wird. Während deren schuldrechtlicher Charakter dort durch entsprechende Formulierungen (z.B. „ist verpflichtet“, „obliegt“, „dürfen“, “sorgt für“, „stellt sicher“ usw.) verdeutlicht wird, spricht die hiervon deutlich abweichende Ausdrucksweise („wird hiermit bestätigt“) in § 1 Abs. 1 des Vertrags für den verfügenden Charakter der Erklärung zur Beibehaltung der Funktion des Abteilungsleiters. Mithin ist davon auszugehen, dass sich der Dienstvertrag vom 24.07.2007 aus einem verfügenden (§ 1 Abs. 1) und einem verpflichtenden Teil zusammensetzt. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die damals vom Beklagten selbst vertretene Rechtsauffassung. In seinem Schreiben vom 01.02.2008 hat der Klinikumsvorstand ausgeführt, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien „durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden“ und der Kläger habe „allein aufgrund dieses Chefarztvertrags“ die Leitung des Zentrallabors inne.
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Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 24.07.2007 haben die Beteiligten im Übrigen deutlich gemacht, dass die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor (Leiter) der Abteilung Klinische Chemie Ausgangspunkt und Grundbedingung des gesamten Dienstvertrags sein sollte. Jede der nachfolgenden Regelungen in den §§ 2 bis 10 des Vertrags über die gegenseitigen Rechte und Pflichten knüpft an den „Ärztlichen Direktor“ an, dessen Funktion in der vorangestellten Bestimmung des § 1 Abs. 1 (ausschließlich) dem Kläger zugewiesen wird. Dies belegt - auch mit Blick darauf, dass die Vereinbarung eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter nicht vornimmt -, dass die Vertragspartner auf diese Weise mit der verfügenden Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags die übrigen - schuldrechtlichen - Bestimmungen des Dienstvertrags derart mit der Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter verknüpfen wollten, dass beide Teile des Vertrags in ihrem rechtlichen Schicksal voneinander abhingen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Grund- und Erfüllungsgeschäft durch den Parteiwillen vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 139 Rn. 7; zur Verknüpfung der organisationsrechtlichen Bestellung mit dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis durch eine auflösende Bedingung bei Organen juristischer Personen des Bürgerlichen Rechts vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB § 27 Rn. 8). Dass aufgrund dieses Junktims eine den gesamten Dienstvertrag erfassende Kündigung zwangsläufig als Abberufung auf die Stellung als Abteilungsleiter „durchschlägt“, entspricht im Übrigen der authentischen Interpretation durch den Beklagten. So heißt es in dem der Kündigung vorgehefteten Begleitschreiben des Klinikumsvorstandes vom 25.01.2008, dass der Kläger „mit der Kündigung des Chefarztvertrags“ sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum Freiburg enthoben sei und die kommissarische Leitung der Abteilung der Klinikumsvorstand mit sofortiger Wirkung Herrn Prof. Dr. W. übertragen werde. Im erläuternden Schreiben vom 01.02.2008 führt der Klinikumsvorstand aus, „mit Kündigung des Chefarztvertrags durch das Universitätsklinikum“ sei ihm die - allein aufgrund des Chefarztvertrags innegehabte - Leitung (des Zentrallabors) entzogen. Dass auch diese außerhalb des Wortlauts der auszulegenden Kündigungserklärung und des Dienstvertrags liegenden Umstände bei deren Interpretation ergänzend heranzuziehen sind, entspricht allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (vgl. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 15 ff.).
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Bei dieser Sachlage entbehrt auch der Einwand des Beklagten, die Leitungsfunktion sei dem Kläger nicht durch die Kündigung, sondern durch andere, selbständig anfechtbare und vom Kläger angefochtene Maßnahmen entzogen worden, einer tragfähigen Grundlage. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, war die Kündigung vom 24./25.01.2008 die einzige Erklärung des Beklagten von erkennbarer rechtlicher Erheblichkeit, die zum damaligen Zeitpunkt von diesem mit dem Ziel einer Beendigung der Abteilungsleitung abgegeben worden war. Demgemäß hat der Kläger sich gegen die Beendigung der Abteilungsleitung durch den Beklagten auch allein mit der hier gegenständlichen, gegen die Kündigung gerichteten Klage gewandt. Der Umstand, dass sich der Kläger auch gegen Maßnahmen wie das Zutrittsverbot zum Zentrallabor oder die Versagung der Teilnahme an der Krankenversorgung im Klinikum mit gegen die Universität Freiburg gerichteten Rechtsbehelfen zur Wehr gesetzt hat, vermag daran nichts zu ändern. Dies wird nicht zuletzt durch das nach einer Intervention des Wissenschaftsministeriums erfolgte weitere Vorgehen des Beklagten bestätigt. Insbesondere hat dieser eine ausdrückliche Entscheidung über die Abberufung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie erstmals mit Verfügung vom 20.01.2010 getroffen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
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Insgesamt konnte es aus dem „Empfängerhorizont“ des Klägers auch bei Anwendung eines objektivierten Maßstabs nicht zweifelhaft sein, dass die Kündigung auch die Abberufung von der Abteilungsleitung bedeutete. Der so festgestellte Inhalt der Kündigungserklärung korrespondiert im Übrigen mit den durch die Kündigung hervorgerufenen tatsächlichen Folgen für den Kläger. Dessen weitere Tätigkeit als Abteilungsleiter wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Kündigung unterbunden. Er musste umgehend sein Dienstzimmer räumen, der Zutritt zum Zentrallabor wurde ihm untersagt; als kommissarischer Leiter der Abteilung wurde Prof. Dr. W. eingesetzt.
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Der Beklagte meint, die Bestellung des Klägers zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie sei bereits vor Erlass des Universitätsklinikagesetzes und vor Abschluss der Chefarztverträge durch Erlass des MWK vom 09.07.1990 erfolgt, weshalb insbesondere die Funktion als Abteilungsleiter nicht Gegenstand der Chefarztverträge bzw. der Kündigung habe sein können. Dieser Einwand geht fehl. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass Professoren mit Leitungsfunktion im Bereich der Hochschulmedizin in einem doppelten Dienstverhältnis stehen. Als Universitätsprofessoren sind sie Beamte des Landes Baden-Württemberg, deren Dienstaufgaben sich nach § 46 und § 53 Abs. 1 LHG bestimmen. Gleichzeitig stehen sie in ihrer Eigenschaft als Leiter einer Abteilung in einem durch den sog. Chefarztvertrag begründeten Dienstverhältnis zum Universitätsklinikum (vgl. Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 1205; ders., in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, IX Rn. 212; Becker, Das Recht der Hochschulmedizin, 2005, S. 260 ff.). Dieses in Baden-Württemberg praktizierte sog. Kombinationsmodell geht auf Vorschläge der Kultusministerkonferenz zurück. In deren Positionspapier zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (S. 31 des Positionspapiers; vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht“ über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers des KMK vom 19.11.1999 in den Ländern „vom 20.06.2003“). Vor diesem Hintergrund geht das einschlägige Schrifttum bei diesem Modell davon aus, dass auch im Fall des beamteten Hochschullehrers die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen (nach dortigem Verständnis privaten) Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. Becker, a.a.O., S. 260; Böhmann, WissR 2007, 403; Wahlers, ZBR 2006, 221; Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 157). Ein mit der Kombinationslösung verfolgtes Ziel ist dabei unter anderem, die Abberufung aus Leitungsfunktionen wegen mangelnder Eignung oder organisatorischer Umstrukturierungen zu erleichtern (vgl. Sandberger, in: Hartmer/Detmer, a.a.O., IX Rn. 212; Becker, a.a.O., S. 261 f.). Mithin bilden das beamtenrechtliche Dienstverhältnis zum Beigeladenen und das Dienstverhältnis zum Klinikum zwei eigenständige Regelungsbereiche.
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Mit Wirkung vom 01.01.1998 ist dem Beklagten die Zuständigkeit und Befugnis zur Bestellung und Abberufung des Abteilungsleiters eingeräumt worden (vgl. § 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Satz 3, § 1 Abs. 2 Satz 2 UKG a.F.). In Wahrnehmung dieser Organisationsbefugnis hat der Klinikumsvorstand bereits 1998 im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 09.11.1998 - wie sich explizit aus deren § 1 ergibt - dem Kläger zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen und damit die Bestellung zum Abteilungsleiter im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger „aktualisiert“. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die allein das Beamtenverhältnis zum Beigeladenen betreffende Einweisungsverfügung des MWK vom 09.07.1990 geeignet war, die dem Beklagten als selbständigem Rechtsträger durch das Universitätsklinikagesetz eingeräumte Organisationsbefugnis und die Möglichkeit deren Konkretisierung im Rechtsverhältnis zwischen Klinikum und Chefarzt durch Abschluss oder Kündigung des jeweiligen Chefarztvertrags von vornherein zu begrenzen (vgl. im Übrigen die auf den Dienstvertrag vom 24.07.2007 bezogene Aussage des Klinikumsvorstands, wonach „damit“ die Übertragung der Leitung des Zentrallabors durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überholt gewesen sei; vgl. auch das o.g. Positionspapier, a.a.O., S. 41). Die Frage, ob und inwieweit Rechtspositionen des Chefarztes aus dem Beamtenverhältnis die materielle Rechtmäßigkeit einer Bestellungs- oder Abberufungsentscheidung des Universitätsklinikums berühren können, ist dadurch nicht präjudiziert.
57 
Der Beklagte meint ferner, nach der Präambel zum Dienstvertrag habe dessen Hauptbedeutung darin bestanden, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. Auch dieser Einwand verfängt nicht. Diesem die Entstehungsgeschichte des Dienstvertrags betreffenden Umstand kommt nach Auffassung des Senats für die hier streitige Frage keine entscheidende Bedeutung zu. Denn dem Wortlaut der Vereinbarung selbst lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Parteien lediglich Fragen der Nebentätigkeit oder der Vergütung (vgl. § 7 und § 8 des Dienstvertrags) hätten regeln wollen. Vielmehr werden neben der „Bestätigung“ der Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie („§ 1 Dienstverhältnis“) die im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Rechte und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter in umfassender und insoweit mit der Vorgängervereinbarung vergleichbaren Weise geregelt. Die Regelung des § 11 Abs. 1 des Dienstvertrags belegt, dass der Wille der Beteiligten dahin ging, den neuen Dienstvertrag mit Wirkung vom 01.04.2007 vollumfänglich an die Stelle der Vereinbarung vom 09.12.1998 treten zu lassen. Soweit ersichtlich, enthält die Vereinbarung im Kern sämtliche Regelungselemente der üblichen Chefarztverträge, insbesondere sind dadurch im Verhältnis zum Beklagten die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Vergütung des Klägers begründet worden (vgl. Quaas, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, S. 350 ff.; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris). Wie bereits oben aufgezeigt, sind Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Dienstvertrag eine von der Abteilungsleitung unabhängige Regelung getroffen werden und der Vertrag deshalb unabhängig von der Abteilungsleitung selbständig kündbar sein sollte, nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die von dem Beklagten in den Vordergrund gerückte Bestimmung über die Vergütung (§ 8 des Dienstvertrags). Die Regelung sieht als Ersatz für die dem Kläger zuvor noch in § 5 der Vereinbarung vom 09.12.1998 - explizit in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter - gestattete Privatliquidation eine Beteiligung des Klägers - in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor - an dem in der Abteilung erzielten Nettoliquidationserlös des Klinikums in Form von fixen und von variablen Vergütungsbestandteilen vor. Dass dieser Vergütungsanspruch dem Kläger unabhängig von seiner Bestellung zum Abteilungsleiter eingeräumt werden sollte, ist nicht erkennbar. Üblicherweise wird nur leitenden Krankenhausärzten (Chefärzten) vom Krankenhausträger durch Vereinbarung oder Zusicherung das Recht eingeräumt, Privatpatienten auf eigene Rechnung zu behandeln und für die Behandlungen die Sachausstattung und das Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 100, 252; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303; VG Sigmaringen, Beschluss vom 26.07.2010 - 8 K 273/10 -, Juris, Rn. 9). Die Tätigkeit als leitender Klinikarzt ist daher mit der Befugnis zur Privatliquidation verbunden (vgl. den Beschluss des Senats vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Dies gilt auch, soweit - wie hier - im Zuge des Wechsels von der Privatliquidation zur Klinikliquidation in Baden-Württemberg die Privatliquidation ersetzende Chefarztverträge abgeschlossen wurden und die den Chefärzten zustehende Liquidationsbefugnis auf die Kliniken übertragen wurde (vgl. die insoweit zutreffende Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369). Obwohl der Kläger bereits in der Vergangenheit zum Hochschulprofessor berufen und zum Abteilungsleiter bestellt worden war, begegnet die auf freiwilliger Basis erfolgte Vereinbarung einer gesonderten Vergütung in § 8 der Dienstvertrags als Ersatz für die Privatliquidation keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Becker, a.a.O., S. 260 f.; Positionspapier, S. 36, 43 ff.). Im Übrigen handelt es sich sowohl bei der Liquidationsbefugnis wie auch bei der in den Chefarztverträgen geregelten Krankenhausliquidation um durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HNTVO allein den Leitern von Abteilungen vorbehaltene allgemeine genehmigte Nebentätigkeit (vgl. die Stellungnahme des Beigeladenen vom 13.01.2012, AS 369).
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Vor diesem Hintergrund kann nicht davon die Rede sein, die Vertragsparteien hätten insoweit von der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter unabhängige Regelungen treffen wollen bzw. die Kündigung beziehe sich nur auf Rechtspositionen, die nicht mit der Abteilungsleitung zusammenhingen.
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Der Beklagte trägt ferner vor, wenn dem Kläger die Abteilungsleitung durch den Chefarztvertrag übertragen worden sei, könne dieser hieraus nichts für sein Begehren herleiten, weil diese Bestellung wegen Fehlens des erforderlichen Einvernehmens der Universität (§ 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F.) unwirksam gewesen wäre. Dieser Einwand verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil dieser verfahrensrechtliche Mangel der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzurechnen wäre. Vor diesem Hintergrund würde sich die Geltendmachung der darauf beruhenden Unwirksamkeit bereits als treuwidrig und rechtsmissbräuchlich darstellen.
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Nach alledem geht der Einwand des Beklagten, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 habe die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt gelassen, ersichtlich fehl. Einer derartigen Auffassung stünde schließlich das auch im öffentlichen Recht geltende Verbot des Formenmissbrauchs entgegen (vgl. dazu Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. V, § 99 Mittel staatlichen Handelns, Rn. 64 ff., 66; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 23 Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.09.2010 - 6 A 3249/08 -, Juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Staat durch den Austausch von Handlungsformen oder der eingesetzten Mittel keine Freizeichnung von rechtlichen Bindungen erreichen kann (vgl. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, 1991, S. 211 m.w.N.). Werden - wie hier - mit der Kündigung des Dienstvertrags Folgen beabsichtigt und faktisch bewirkt, die einer Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. entsprechen, erscheint es zur Vermeidung einer Umgehung der für die Abberufung geltenden rechtlichen Anforderungen geboten, diese Anforderungen auf die Kündigung zu erstrecken. Mit Blick auf die oben aufgezeigte Verknüpfung gilt das Verfahrenserfordernis auch für den mit der Bestellung zusammenhängenden schuldrechtlichen Teil des Dienstvertrags.
61 
Hiernach war mit der gegenständlichen Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. war hierzu das Einvernehmen der medizinischen Fakultät erforderlich.
62 
bb) Das erforderliche Einvernehmen der medizinischen Fakultät lag weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger kann das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigungen entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums, Amtliche Bekanntmachungen der Universität Freiburg, Jahrgang 36, Nr. 41, S. 246 ff.).
63 
Für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG ist er für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt. Eine anderweitige Regelung ist hier nicht ersichtlich. Dem Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Dass der Fakultätsvorstand der medizinischen Fakultät damals sein Einvernehmen zu der streitgegenständlichen Kündigung erteilt hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
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Der Verfahrensmangel ist nicht durch den am 30.09.2009 gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG nachträglich geheilt worden.
65 
Dies gilt bereits deshalb, weil diese Regelung auf die vorliegende Fallgestaltung keine Anwendung findet. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird. Die Vorschrift dient speziell der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern beim Erlass von Verwaltungsakten. Deshalb scheidet eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift aus, weil es sich - wie bereits dargelegt wurde - bei der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Doch auch eine entsprechende Anwendung kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht. Denn verwaltungsrechtliche Verträge haben im Landesverwaltungsverfahrensgesetz eigenständige Regelungen erfahren, die insbesondere auch die Fehlerfolgen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 59 LVwVfG) und die Beendigungsmöglichkeiten (vgl. etwa § 60 und § 62 Satz LVwVfG in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfassen. Gegen eine erweiternde Auslegung spricht ferner, dass es sich insoweit nicht um den Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, sondern um eine Neuschöpfung des Gesetzgebers handelt, die dem früheren Recht fremd war (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 9).
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Doch selbst wenn eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG im vorliegenden Fall für möglich gehalten würde, könnte eine Heilung des Verfahrensmangels nicht angenommen werden. Denn aus dem grundrechtswahrenden Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. folgt bereits eine zeitliche Grenze der Heilungsmöglichkeit (zur einschränkenden Auslegung des § 45 VwVfG mit Blick auf spezialgesetzliche Zwecke und verfassungsrechtliche Vorgaben vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 45 Rn. 14 ff., 27, 97, 103 ff., 129-131). Diese wird mit dem Beschluss des Fakultätsvorstands der Medizinischen Fakultät vom 30.09.2009 überschritten.
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Dem Einvernehmenserfordernis liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass Entscheidungen wie die Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter überhaupt nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden können (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Hochschulmedizinreform-Gesetz vom 15.07.1997, LT-Drs. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmen trägt der Gleichrangigkeit der Aufgaben Rechnung (LT-Drs. 12/1740, a.a.O.). Die Rückbindung von Entscheidungen des organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität sichert deren Zuständigkeit für die die Wissenschaftsfreiheit betreffenden Fragen organisatorisch und gewährleistet damit, dass die Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Medizin den ihnen garantierten Einfluss auf wissenschaftsrelevante Entscheidungen des Universitätsklinikums ausüben können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.11.2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. -, NVwZ 2003, 600, 601; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - Juris). Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substantieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf den Forschung und Lehre betreffenden Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Unabhängig davon, ob und inwieweit für die Annahme eines Betroffenseins von Forschung und Lehre auf eine gewisse Erheblichkeit der Auswirkungen einer Entscheidung des Universitätsklinikums auf Forschung und Lehre abzustellen ist, stellt sich die organisatorische Verselbständigung der Universitätsklinik nämlich lediglich als eine funktionale Trennung des universitären Wissenschaftsbetriebs einerseits und des Krankenhausbetriebs andererseits dar. Als Universitätsklinikum bleibt dieses nach der gesetzlichen Aufgabenbeschreibung trotz seiner organisatorischen Verselbständigung vorrangig in den Dienst der Erfüllung der dem Fachbereich Medizin obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre gestellt und hat insoweit sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte wahrnehmen können. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich daher als eine andere Art der Realisierung des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Bereich des Klinikumsbetriebs dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Durch das Einvernehmenserfordernis sollte der grundrechtlich verbürgte Einfluss auf Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, verfahrensrechtlich als Kompensation für den Verlust des direkten Einflusses durch die früher fachbereichseigene Klinikleitung abgesichert werden. Damit hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sowohl dem Ziel der Entlastung des Fachbereichs von der Klinikleitung als auch der grundrechtlich geschützten Freiheit von Forschung und Lehre gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O.). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Einvernehmenserfordernis schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010, a.a.O).
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Was das konkrete Procedere anbelangt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, muss sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 01.02.2010, a.a.O.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, NVwZ-RR 2010, 844). Da dem Einvernehmen eine sichernde Funktion für die Verwirklichung des Rechts auf Wissenschaftsfreiheit durch den einzelnen Hochschullehrer zukommt und damit auch dessen eigenen subjektiven Rechten zu dienen bestimmt ist, muss der Herstellung des Einvernehmens eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
69 
An diesem Maßstab gemessen erscheint fraglich, ob Wortlaut und Zweck der Verfahrensanforderung in § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verlangen, dass das Einvernehmen des Fakultätsvorstands bereits vorliegen muss, wenn der Entscheidungsprozess des Klinikums hinsichtlich der Abberufung abgeschlossen ist oder die Maßnahme dem Betroffenen bekanntgegeben wird. Wie dargelegt, kommt der abwägenden Entscheidung des Fachbereichs das Grundrecht des betroffenen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sichernde Funktion zu. Im Unterschied zu anderen in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG angesprochenen behördlichen Mitwirkungshandlungen im gestuften Verwaltungsverfahren bezweckt die behördliche Mitwirkung hier unmittelbar den wirksamen Schutz der grundrechtlichen Belange eines „Dritten“. Deshalb darf die Mitwirkung jedenfalls nicht so spät erfolgen, dass sie ihre reale Schutzwirkung zu dessen Gunsten nicht mehr entfalten kann. Mithin scheidet eine heilende Nachholung des erforderlichen Einvernehmens aus, wenn die Abberufung von der Abteilungsleitung bereits vollzogen worden ist (vgl. auch den Senatsbeschluss vom 15.10.2010 - 9 S 1935/10 -, Juris, zum Verfahrenserfordernis des Benehmens). Da der Kläger durch die Kündigung bereits seit Ende Januar 2008 seine Funktion als Abteilungsleiter verloren hatte, ist schon aus diesem Grund eine heilende Wirkung des Beschlusses des Fakultätsvorstands vom 30.09.2009 ausgeschlossen.
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Unabhängig davon steht einer heilenden Berücksichtigung der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens durch den Fachbereich entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der grundrechtswahrende Zweck des Einvernehmens sogar endgültig nicht mehr erreicht werden konnte.
71 
Mit Beschluss vom 28.09.2009 sprach der Klinikumsvorstand ausdrücklich eine Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung aus und hierzu erteilte der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen (Gegenstand des Verfahrens des VG Freiburg 1 K 1803/10). Das die streitgegenständliche Kündigung vom 24./25.01.2008 betreffende Einvernehmen konnte sich somit nur noch auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beziehen, nämlich die Zeitspanne von der durch die Kündigung erklärten Entziehung der Abteilungsleitung bis zur Erteilung des Einvernehmens (24./25.01.2008 - 30.09.2009). Da dem Kläger während dieser Phase durchgehend die Abteilungsleitung entzogen war, war das Verfahrensergebnis, die mit der Kündigung verbundene Abberufung von der Abteilungsleitung, im Zeitpunkt der Erteilung des Einvernehmens vollständig vollzogen. Mithin war der mit dem Erfordernis des Einvernehmens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. verfolgte Zweck, die dem Kläger durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Rechte in wirksamer Weise zu wahren, definitiv nicht mehr erreichbar. Wollte man in dieser Situation der nachträglichen Erteilung des Einvernehmens noch heilende Wirkung zuerkennen, würde die Verfahrensanforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. zur bloßen Förmlichkeit degradiert.
72 
Form und Verfahrensweise bei der Beschlussfassung des Fakultätsvorstands werden auch aus einem weiteren Grunde dem grundrechtswahrenden Gehalt des Verfahrenserfordernisses nicht gerecht.
73 
Über die Erteilung des Einvernehmens entschied der Fakultätsvorstand im schriftlichen Umlaufverfahren. In der Beschlussvorlage heißt es unter „1. Sachverhalt“, der Klinikumsvorstand habe sich am 28.09.2009 mit der Kündigung einer Chefarztvereinbarung befasst und bitte den Fakultätsvorstand „um Erklärung des Einvernehmens“. Beigefügt ist lediglich ein Auszug aus dem vorläufigen Protokoll über die Sitzung des Klinikumsvorstands vom 28.09.2009 mit dem im Tatbestand auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut. Der Fakultätsvorstand fasste am 30.09.2009 den Beschluss, das erforderliche Einvernehmen in der „vom Klinikumsvorstand vorgelegten Fassung“ zu erklären.
74 
Der dem Fakultätsvorstand vorgelegten Beschlussvorlage war nicht eindeutig zu entnehmen, dass sich das zu erteilende Einvernehmen (auch) auf die streitgegenständliche Kündigung beziehen sollte. Mit den Beschlüssen vom 28.09.2009 hatte der Klinikumsvorstand den Fakultätsvorstand um die Erteilung des Einvernehmens zu einer Reihe aktueller Maßnahmen des Klinikumsvorstands gebeten, nämlich unter 1. zur erneuten ordentlichen Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007, unter 2. zur Antragstellung nach § 46 Abs. 3 LHG durch die Universität und unter 3. zur erstmaligen ausdrücklichen Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung. Die gegenständliche Kündigung wurde unter 1. eher beiläufig im Zusammenhang mit der erneuten Kündigung erwähnt („An der bereits ausgesprochenen Kündigung vom 24.01.2008 wird festgehalten“.). Dass der Fakultätsvorstand sein Einvernehmen auch zu dieser Kündigung erteilen sollte, lässt sich der Vorlage nicht hinreichend deutlich entnehmen. Dies lag schon angesichts der vom Klinikumsvorstand in der Sitzung vom 28.09.2009 aktuell getroffenen Maßnahmen nicht nahe. Hierzu hätte es vor allem des erläuternden Hinweises bedurft, dass insoweit um die rückwirkende Erteilung des Einvernehmens für eine bereits vor 1 ¾ Jahren vom Klinikum ausgesprochene, im Übrigen bereits vollzogene Maßnahme nachgesucht wird. Angesichts des Nebeneinanders der aktuellen und der streitgegenständlichen „alten“ Kündigung hätten den Mitgliedern des Fakultätsvorstands auch die zwischen den Kündigungen bestehenden Unterschiede in Reichweite und Rechtswirkungen erklärt werden müssen. Auch in dem an die Mitglieder des Fakultätsvorstands per Email gerichteten Anschreiben des Dekans vom 29.09.2009, mit dem die Beschlussvorlage übersandt wurde, wird lediglich darauf Bezug genommen darauf, dass der Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom Vortag den Dienstvertrag mit dem Kläger „vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich gekündigt“ habe.
75 
Grundvoraussetzung einer zweckgerechten Durchführung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG a.F. und einer sachgerechten Abwägung der durch die dort aufgeführten organisatorischen Maßnahmen betroffenen Belange ist allerdings, dass das zuständige Gremium der Medizinischen Fakultät Kenntnis vom konkreten Verfahrensgegenstand hat. Deshalb muss die Beschlussvorlage eindeutig erkennen lassen, auf welche konkrete(n) Organisationsmaßnahme(n) sich das Einvernehmen beziehen soll. Ist dies - wie hier bezogen auf die streitgegenständliche Kündigung - nicht der Fall, hält der Senat jedenfalls insoweit zur hinreichenden Bestimmung des Verfahrensgegenstandes eine Dokumentation der wesentlichen Erwägungen der Einvernehmenserteilung im Sinne einer schriftlichen Fixierung für rechtlich geboten (für eine grundsätzliche Dokumentationspflicht bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station einer nuklearmedizinischen Klinik vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010, a.a.O.). An einer derartigen Dokumentation fehlt es.
76 
Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage bedurfte es der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung nicht.
77 
b) Die formelle Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich auch aus einem weiteren Grund. Da der Beklagte mit der Kündigung auch eine umfassende Entbindung des Klägers von Aufgaben in der Krankenversorgung bewirkte, fehlte es insoweit an seiner Zuständigkeit.
78 
aa) Der Inhalt des dem Kläger übertragenen Amtes wurde durch den Einweisungserlass des Ministeriums vom 22.02.1984 konkretisiert. Danach wurden ihm als Dienstaufgabe die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität sowie die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe der damals geltenden § 64 UG übertragen. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 3 UG gehörte zu den hauptberuflichen Aufgaben der Professoren u. a. die Wahrnehmung der nach § 3 Abs. 8 UG übertragenen Aufgaben und damit - wie sich aus § 3 Abs. 8 UG unmissverständlich ergibt - auch solcher der Krankenversorgung. Dieser Amtsinhalt bestand auch noch im Zeitpunkt der Kündigung. Nach § 53 Abs. 1 LHG ist das wissenschaftliche Personal der Universität gemäß seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das durch diese Bestimmung erfasste Personal auch weiterhin die Krankenversorgung als Dienstaufgabe wahrnimmt (vgl. die amtliche Begründung zur Vorgängerregelung des § 77a UG, LT-Drs. 12/1740, S. 38). Die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung gehörte somit zur amtsgemäßen Verwendung des Klägers und war insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessor (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O.).
79 
Ausgehend hiervon beschneidet die mit der Kündigung ausgesprochene Entbindung von Aufgaben in der Krankenversorgung den Kläger in einem wesentlichen Teil seiner amtsgemäßen Verwendung und greift in sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne ein.
80 
Mit der Kündigung vom 24./25.01.2008 wurde der Kläger auch seiner Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Der Einwand des Beklagten, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, verfängt nicht. Die genaue Ausgestaltung der sich aus § 53 Abs. 1 LHG für Medizinprofessoren ergebenden Dienstaufgabe Krankenversorgung am Universitätsklinikum wird von diesem definiert und berücksichtigt dabei die Belange von Forschung und Lehre. Dementsprechend enthält der Dienstvertrag vom 15.07.2007 auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung (vgl. § 6). Bereits oben ist als Ergebnis der Auslegung der Kündigungserklärung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont festgestellt worden, dass der Beklagte mit der Kündigung die Rechtsbeziehungen zum Kläger in umfassender Weise beenden wollte. Dabei beschränkte sich die Kündigung jedoch nicht darauf, den die Krankenversorgung betreffenden vertraglichen Rechten und Pflichten die Grundlage zu entziehen. Vielmehr zielte die Kündigung darauf ab, die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung schlechthin zu unterbinden und ihm damit einen Teil seiner amtsangemessen Beschäftigung zu entziehen. Dies war der ausdrückliche Wille des Beklagten und ist von diesem so auch verwirklicht worden. So heißt es im Begleitschreiben zur Kündigung vom 25.01.2008, mit der Kündigung sei der Kläger sämtlicher Aufgaben in der Krankenversorgung enthoben. Dies wurde auch umgesetzt. Der Kläger wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beendigung seiner Tätigkeit in der Krankenversorgung im Begleitschreiben vom 25.01.2008 aufgefordert, sein bisheriges Büro bis zum 30.01.2008 zu räumen. Dementsprechend war ihm in der Folgezeit eine Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung versagt. Erst im Dezember 2009 (nach Intervention des MWK) forderte der Beklagte den Kläger auf, wieder diese Aufgaben zu übernehmen. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die u.a. nach Intervention des MWK erfolgte erneute (vorsorgliche) Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 durch Schreiben des Klinikumsvorstands vom 30.09.2009. Denn der Inhalt dieser Kündigungserklärung wurde nunmehr ausdrücklich eingeschränkt: Der Dienstvertrag wurde lediglich gekündigt, „soweit er nicht die beamtenrechtliche Stellung“ des Klägers „betrifft“.
81 
bb) Mit dem umfassenden Entzug von Aufgaben in der Krankenversorgung hat der Beklagte gestaltend auf die amtsgemäße Verwendung des Klägers eingewirkt. Damit hat er seine Zuständigkeit überschritten. Denn es handelt sich insoweit um eine beamtenrechtliche Entscheidung über eine persönliche Angelegenheit, für die der Wissenschaftsminister als Dienstvorgesetzter zuständig ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 LHG; vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010, a.a.O., sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004, a.a.O., auch zur Abgrenzung von der Zuständigkeit nach § 4 Abs. 3 UKG). Das Wissenschaftsministerium hatte indes eine Entbindung des Klägers von Aufgaben der Krankenversorgung nicht verfügt. Ausweislich des Schreibens vom 25.02.2009 hat es trotz der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ausdrücklich kein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
82 
Der Beklagte meint auch in diesem Zusammenhang, die Wahrnehmung von Aufgaben der Krankenversorgung sei von der Kündigung überhaupt nicht berührt. Auch dieser Ansicht steht indes jedenfalls das Verbot des Formenmissbrauchs entgegen. Denn der - ultra vires erfolgte - umfassende und die vertraglichen Rechte und Pflichten überschreitende Entzug von Aufgaben der Krankenversorgung war von dem Beklagten beabsichtigt und wurde von ihm - mit dem Mittel der Kündigung - durchgesetzt. Auf diesem Wege kann der Beklagte eine Umgehung beamtenrechtlicher Zuständigkeiten nicht erreichen.
83 
c) Die Annahme einer nur teilweisen - die Abteilungsleitung und die Teilnahme an der Krankenversorgung erfassenden - Unwirksamkeit der Kündigungen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB kommt nicht in Betracht. Dies käme der Sache nach einer Teilkündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 gleich. Die Kündigung einzelner Teile eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ist indes grundsätzlich unzulässig, weil sie einen einseitigen, mit dem Prinzip der Vertragsautonomie unvereinbaren Eingriff in das Gefüge von Leistung und Gegenleistung bei einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis bedeutet (vgl. nur Hesse, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, Vorbemerkung zu §§ 620-630 BGB, Rn.71; Palandt-Ellenberger, a.a.O., Vorb. v. § 620, Rn. 34; Schaub, a.a.O., § 123 Rn. 49 v. Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, § 2 Rn. 29 m.w.N.; zur Bezugnahme des Dienstvertrags auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des § 626 BGB vgl. dessen § 11 Abs. 2 und 3). Demgemäß würde etwa die vom Beklagten befürwortete Aufrechterhaltung der Kündigung hinsichtlich der Vergütungsregelung des § 8 des Dienstvertrags das vertragliche Synallagma bei Fortbestehen des Dienstvertrags erheblich beeinträchtigen.
84 
Dass die Parteien des Dienstvertrags das Recht zur Teilkündigung vertraglich vereinbart hätten, ist weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil ist bereits oben (S. 22) aufgezeigt worden, dass die Vertragspartner in der Regelung in § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ein rechtliches Junktim zwischen der Stellung bzw. Bestellung des Klägers als Abteilungsleiter und den übrigen Bestimmungen des Dienstvertrags vereinbart hatten. Daher ist davon auszugehen, dass insoweit keine gespaltene Kündigung möglich sein sollte.
85 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
86 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.
87 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88 
Beschluss vom 2. August 2012
89 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG); zugrunde gelegt wurden die monatlichen Abschlagzahlungen auf die Vergütung nach § 8 des Dienstvertrag in Höhe von 33.000,-- EUR, vgl. die Berufungsschrift des Beklagtenvertreters vom 09.12.2011, S. 8, AS 211).
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Juli 2010 - 8 K 273/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Verfahrens in beiden Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. Juli 2010 - auf jeweils 100.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Das Verfahren betrifft die Organisationsmaßnahme eines Universitätsklinikums, deren Vollzug eine Schmälerung des Zuständigkeitsbereichs der von der Antragstellerin geleiteten Klinik zur Folge hätte.
Die Antragstellerin ist im Jahr 2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Universitätsprofessorin der Besoldungsgruppe C4 im Fach Viszerale Chirurgie ernannt worden. Die damit verbundenen Aufgaben in der Krankenversorgung sind durch eine Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und dem als Antragsgegner in Anspruch genommenen Universitätsklinikum vom 22.02.2001/14.03.2001 (Chefarztvertrag) festgelegt worden. Danach ist der Antragstellerin die Leitung der bestehenden Abteilung für Viszeral- und Transplantationschirurgie übertragen und das Recht, Privatpatienten behandeln und hierfür ein besonderes Honorar verlangen zu dürfen, eingeräumt worden. Hinsichtlich etwaiger künftiger Änderungen ist geregelt:
§ 4
Entwicklungs- und Anpassungsklausel
Im Benehmen mit der Abteilungsleiterin kann das UK strukturelle und organisatorische Änderungen im Klinikum vornehmen.
Insbesondere kann es, wenn dies sachlich geboten ist,
- selbständige Fachabteilungen, Funktionsbereiche oder Institute neu einrichten, unterteilen, abtrennen oder schließen
- den Umfang der Abteilung sowie die Bettenzahl und die Bettenaufteilung der Abteilung ändern
- die Ausführung bestimmter Leistungen von der Abteilung ganz oder teilweise abtrennen und/oder anderen geeigneten Fachabteilungen, Funktionsbereichen, Instituten, Untersuchungs- oder Behandlungseinrichtungen oder Ärzten zuweisen.
Für die Folgen derartiger Maßnahmen auf die Liquidationsbefugnis ist in § 5 Abs. 8 bestimmt:
Das UK übernimmt keine Gewähr für den Umfang der gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen und für Höhe und Eingang der Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechts gem. Abs. 1. Bei Rückgang der Liquidationserlöse entstehen keinerlei Ausgleichsansprüche gegen das UK. Entsprechendes gilt auch bei organisatorischen Maßnahmen nach § 4 dieses Vertrages. Grundsätzlich darf der Anteil der Patienten mit der Wahlleistung Arzt pro Jahr durchschnittlich 22% der stationär aufgenommenen Patienten nicht übersteigen.
Mit Beschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 wurde die Errichtung eines Departements für Allgemeine und Viszeralchirurgie und damit zusammenhängend eine Umstrukturierung der von der Antragstellerin geleiteten Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie verabschiedet. Die bisherige Klinik soll danach in „Klinik für Allgemeine Chirurgie“ umbenannt und im Tätigkeitsfeld entsprechend reduziert werden. Die neustrukturierte Klinik für Allgemeine Chirurgie, eine neu zu gründende Klinik für Onkologische Chirurgie sowie eine umbenannte und aus dem bisherigen Klinikum für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie ausgegliederte Abteilung für Kinderchirurgie sollen das Departement für Allgemeine und Viszeralchirurgie umfassen. Die Transplantationschirurgie soll ebenfalls ausgegliedert und der „Klinik für Urologie und Kinderurologie“ zugeordnet werden. Hinsichtlich des Wirksamwerdens enthält der Schlusssatz die Bestimmung:
10 
„Die oben genannten Beschlüsse treten nach Zustimmung des Aufsichtsrats mit der Annahme eines Rufs auf eine W3-Professur für Onkologische Chirurgie in Kraft“.
11 
Die Antragstellerin ist mit der Neuordnung des ihr bislang zugeordneten Aufgabenbereichs nicht einverstanden und hat verschiedene Alternativkonzepte vorgelegt. Nachdem der Aufsichtsrat den Maßnahmen in seiner Sitzung vom 09.07.2008 zugestimmt und das Wissenschaftsministeriums die Genehmigung zur Ausschreibung der W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie mit Schreiben vom 31.10.2008 erteilt hatte, ist im Deutschen Ärzteblatt vom 20.02.2009 indes eine W3-Professur für „Allgemeine und Viszeralchirurgie“ ausgeschrieben worden. Ein auf die vorläufige Untersagung des Besetzungsverfahrens gerichteter Eilantrag blieb erfolglos (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -). Auf seiner Sitzung vom 18.02.2010 hat der Senat des Antragsgegners der Berufungsliste zur Besetzung der W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie zugestimmt. Das Wissenschaftsministerium hat sein Einvernehmen hierzu aber noch nicht erteilt.
12 
Am 27.01.2010 hat der Klinikumsvorstand des Antragsgegners die Errichtung eines Transplantationszentrums als Gemeinsamen Bereich auch für die Chirurgischen Kliniken beschlossen. Mit Umlaufbeschluss vom 08./11.02.2010 ist weiterhin beschlossen worden, dass im Umstrukturierungskonzept für die Chirurgischen Kliniken der Zugang der Antragstellerin zu onkologischen Patienten in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang gewährleistet bleibt.
13 
Mit dem vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz gegen die Umsetzung der beschlossenen Umstrukturierung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab dem Antrag durch Beschluss vom 26.07.2010 (- 8 K 273/10 -) statt und untersagte dem Antragsgegner vorläufig, den Organisationsbeschluss seines Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 in der Fassung des Umlaufbeschlusses vom 08./11.02.2010 zu vollziehen. Hiergegen hat der Antragsgegner am 10.08.2010 Beschwerde eingelegt.
II.
14 
Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (vgl. § 147 Abs. 1 VwGO). Sie ist aber nicht begründet. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin vorläufig vor Vollzugsmaßnahmen aus dem Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 geschützt werden muss.
15 
Trotz der beachtlichen, mit der Beschwerde vorgetragenen Einwände steht dem Begehren der Antragstellerin ein Anordnungsgrund zur Seite. Denn obwohl die im Raum stehenden Organisationsmaßnahmen - anders als statusrechtliche Entscheidungen - nicht irreversibel sind und insbesondere die von der Antragstellerin befürchteten Einnahmeverluste aus Privatbehandlungen nachträglich ausgeglichen werden könnten, ist ihr bei unterstelltem Anordnungsanspruch ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar. Ausgehend von einem Eingriff in das von ihr reklamierte Recht auf Wissenschaftsfreiheit und die ihr durch den Chefarztvertrag eingeräumte Rechtsstellung könnte der Antragstellerin die Schmälerung ihres Tätigkeits- und Wirkungsfeldes für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden. Entgegen der vom beigeladenen Land geäußerten Auffassung ist die Organisationsmaßnahme auch nicht schwebend unwirksam, bis eine Satzungsänderung durch das Wissenschaftsministerium genehmigt worden ist. Denn der Antragsgegner hat mit dem Beschluss seines Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 nicht eine Satzungsänderung beschlossen, sondern eine auf die Erprobungsklausel des § 7 Abs. 4 seiner Satzung gestützte Organisationsmaßnahme. Dementsprechend geht der Antragsgegner auch davon aus, dass eine Genehmigung erst „nach Bedingungseintritt“ einzuholen ist (vgl. Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 13.07.2010, S. 4). Damit muss die Antragstellerin auch schon vor einer entsprechenden Genehmigung mit Vollzugsmaßnahmen des Antragsgegners rechnen.
16 
Auch der für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Es ist - bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage - davon auszugehen, dass der Antragsgegner mit dem Vollzug des beanstandeten Organisationsbeschlusses in rechtswidriger Weise in ein subjektives Recht der Antragstellerin eingreifen würde, sodass der Antragstellerin hiergegen ein öffentlich-rechtlicher Abwehr- und Unterlassungsanspruch zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 - 6 C 5/95 -, BVerwGE 102, 304 [315]).
17 
1. Allerdings beeinträchtigt der von der Antragstellerin angegriffene Organisationsbeschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 weder ihre statusrechtliche Stellung als Universitätsprofessorin noch die in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit.
18 
Mit der Ernennung zur Professorin für Viszeralchirurgie an der beigeladenen Universität ist der Antragstellerin das Amt und die Aufgabe übertragen worden, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten. Die damit begründete Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verleiht einen subjektiv-rechtlichen Schutz gegen staatliche Eingriffe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.10.2008 - 1 BvR 462/06 -, BVerfGE 122, 89 [105]). Auch die Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gehört gemäß § 53 Abs. 1 LHG zu den der Antragstellerin als Dienstaufgabe übertragenen Tätigkeitsbereichen, die - im Hinblick auf den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung - auch gerichtlich verteidigt und in Anspruch genommen werden können. Sie prägt die amtsgemäße Verwendung der Antragstellerin und ist insofern Bestandteil ihres abstrakt-funktionellen Amtes als Universitätsprofessorin (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.05.2004 - 4 S 760/04 -, VBlBW 2004, 420).
19 
Diese Gewährleistungen werden durch die vom Antragsgegner beschlossenen Organisationsmaßnahmen indes nicht verletzt. Dies gilt zunächst für die sich mittelbar aus dem Beschluss ergebende Folge der Ausschreibung einer W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie. Denn ein Recht auf alleinige Vertretung des übertragenen Faches wird mit der Ernennung nicht begründet (vgl. etwa Reich, Hochschulrahmengesetz, 10. Aufl. 2007, § 43 Rn. 2). Auch hinsichtlich der mit der Beschwerde in den Vordergrund gerückten Tätigkeit im Bereich der Krankenversorgung ist nicht erkennbar, dass durch die Maßnahmen der subjektiv-rechtlich abgesicherte Anspruch der Antragstellerin auf amtsangemessene Beschäftigung beeinträchtigt werden könnte. Trotz des Organisationsbeschlusses behält die Antragstellerin ihre Funktion als leitende Ärztin einer chirurgischen Klinik samt der damit verbundenen Möglichkeit der Behandlung von Privatpatienten. Die Beschäftigung der Antragstellerin wird daher nicht in qualitativer Hinsicht geändert und ihr insbesondere auch nicht die Ausübung einer unterwertigen Tätigkeit zugemutet. Verändert werden vielmehr nur der sachliche Umfang und der Zuschnitt ihres Aufgabengebietes und damit das „Amt im konkret-funktionalen Sinn“. Die der Antragstellerin verliehene Stellung als Universitätsprofessorin vermittelt aber keinen Anspruch auf ungeschmälerte Aufrechterhaltung des bestehenden Aufgabenbereichs. Derartige Garantien können allenfalls aus Individualabreden folgen (vgl. hierzu unter 2.). Gleiches gilt auch für den Umfang der von der Antragstellerin ausgeübten Nebentätigkeiten und die damit verbundenen Einkunftsmöglichkeiten. Auch insoweit gewährleistet Art. 33 Abs. 5 GG kein Recht auf den Besitzstand „wohlerworbener Rechte“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.12.2006 - 2 BvR 385/05 -, BVerfGK 10, 59 [62 ff.]).
20 
Ob zur Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit auf dem Gebiet der Viszeralchirurgie - also dem auf die inneren Organe bezogene Teilbereich der Chirurgie (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl. 2002) - auch die von der Antragstellerin bislang ausgeübte Tätigkeit im onkologischen Bereich zwingend gehört, vermag der Senat nach Aktenlage nicht zu entscheiden (vgl. zur Ermittlung der inhaltlichen Reichweite des übertragenen Faches BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010 - 1 BvR 216/07 -, DVBl 2010, 1106 [Rn. 58]). Selbst wenn dem so sein sollte, wäre mit den angegriffenen Organisationsmaßnahmen eine Verletzung der der Antragstellerin zukommenden Rechtsposition bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nicht zwingend verbunden. Vielmehr sind auch danach Ausgestaltungen denkbar, die der Antragstellerin Aufgaben der Krankenversorgung im Bereich der Onkologischen Chirurgie belassen. Der aus dem Organisationsbeschluss folgende Entzug der Leitungsfunktion für den Bereich der Onkologischen Chirurgie dagegen verletzt die Antragstellerin nicht in der ihr aus der Wissenschaftsfreiheit als Universitätsprofessorin zukommenden Rechtsstellung. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Tätigkeit als leitender Klinikarzt mit der Ernennung zum Universitätsprofessor weder zwingend verbunden noch garantiert ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 387). Auch aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgt nicht, dass ein Hochschullehrer Leitungsfunktionen an der wissenschaftlichen Einrichtung, an welcher er tätig ist, ausüben muss. Im Bereich der Krankenversorgung ergibt sich dies bereits daraus, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine Zusatzaufgabe handelt, die vom ärztlichen Hochschullehrer neben seinen Aufgaben in Forschung und Lehre betrieben wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1981 - 1 BvR 608/79 -, BVerfGE 57, 70 [92 und 96]). Dementsprechend ist in der mit der Antragstellerin geschlossenen Berufungsvereinbarung vom 26./30.04.2001 auch nur von „Aufgaben in der Krankenversorgung“ die Rede, nicht aber von Leitungsfunktionen oder bestimmten Bereichen. Bezugspunkt der aus der Wissenschaftsfreiheit abgeleiteten Rechtsposition ist damit nicht die Leitungstätigkeit, sondern nur die Mitwirkung in der Krankenversorgung.
21 
Die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs muss demnach - sofern die Tätigkeit im Bereich der Onkologischen Chirurgie zum Gewährleistungsgehalt der Wissenschaftsfreiheit gehören sollte - lediglich sicherstellen, dass der Antragstellerin in ausreichender Weise Zugang zu Patienten ermöglicht wird, um diese für eine Mitwirkung in ihren Lehrveranstaltungen gewinnen, Assistenten ausbilden und ihre klinische Qualifikation aufrecht erhalten zu können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 08.04.1981 - 1 BvR 608/79 -, BVerfGE 57, 70 [98]). Diesen Anforderungen ist vorliegend aber Rechnung getragen. Denn am 08./11.02.2010 hat der Klinikumsvorstand des Antragsgegners beschlossen, dass im Umstrukturierungskonzept für die Chirurgischen Kliniken der Zugang der Antragstellerin zu onkologischen Patienten in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang gewährleistet bleibt.
22 
2. Der Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 bewirkt aber einen rechtswidrigen Eingriff in die der Antragstellerin durch den Chefarztvertrag eingeräumte Rechtsposition. Zwar sind entsprechende Neustrukturierungsmaßnahmen grundsätzlich durch die in § 4 dieses Vertrags enthaltene Anpassungsklausel gedeckt (a). Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen aber voraussichtlich nicht vor (b).
23 
a) § 4 des zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner geschlossenen Chefarztvertrags lässt Organisationsmaßnahmen, wie die im Beschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 enthaltenen, grundsätzlich zu.
24 
aa) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die in § 4 des Chefarztvertrags enthaltene Anpassungsklausel aber an § 62 Satz 2 LVwVfG i.V.m. § 308 Nr. 4 BGB gemessen.
25 
Die Vereinbarung zwischen dem Antragsgegner und der Antragstellerin zur Ausgestaltung ihrer Aufgaben in der Krankenversorgung vom 22.02.2001/ 14.03.2001 (Chefarztvertrag) konkretisiert die der Antragstellerin als beamteter Hochschullehrerein nach § 53 LHG übertragenen Dienstaufgaben in der Krankenversorgung und regelt damit einen Vertragsgegenstand, der öffentlich-rechtlichen Charakter aufweist (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 - sowie LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.2010 - 3 Ta 10/10 -; zum Maßstab auch BVerwG, Beschluss vom 26.05.2010 - 6 A 5/09 -, NVwZ-RR 2001, 682; BGH, Beschluss vom 20.05.2009 - XII ZB 166/08 -, NVwZ 2009, 1054). Denn auch die Versorgung von Privatpatienten gehört zu den „originären Hauptpflichten“ eines leitenden Krankenhausarztes (BVerfG, Beschluss vom 08.12.2006 - 2 BvR 385/05 -, BVerfGK 10, 59 [63]). Dementsprechend wurde die Antragstellerin im Berufungsschreiben des Wissenschaftsministers vom 04.12.2000 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Professur neben der Verpflichtung, das Fach in Forschung und Lehre zu vertreten, auch Aufgaben in der Krankenversorgung verbunden sind, deren Ausgestaltung und Übertragung einem Vertrag mit dem rechtlich selbständigen Universitätsklinikum vorbehalten sei. Auch auf öffentlich-rechtliche Verträge sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nach § 62 Satz 2 LVwVfG aber ergänzend anwendbar.
26 
Dies gilt auch für die in § 308 Nr. 4 BGB enthaltene Regelung. Denn obwohl die Vorschrift erst durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) und damit nach Abschluss des Chefarztvertrages eingeführt worden ist, erstreckt sich ihr Geltungsanspruch gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auch auf „Altverträge“, die schon vor Inkrafttreten der Neuregelung geschlossen waren, und ordnet deren Unwirksamkeit nach Ablauf der Übergangsfrist zum 01.01.2003 an (vgl. BAG, Urteil vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 -, NJW 2007, 536). Dass die Klausel vorformuliert und mit der Antragstellerin nicht ausgehandelt worden war, ist mit der Beschwerdeschrift ausdrücklich eingeräumt worden.
27 
bb) Der Senat teilt indes nicht die Auffassung, dass danach die in § 4 des Chefarztvertrags enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel ersatzlos zu entfallen hat. Dies folgt schon daraus, dass der in § 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Chefarztvertrages enthaltene Anpassungsvorbehalt einer Kontrolle am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB stand hält.
28 
Diese Vorschrift verbietet die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Zumutbar ist eine Entwicklungsklausel aber, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist (vgl. BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140 [144 f.]). Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Verträge ergibt sich dies bereits aus der in § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gesetzlich angeordneten Anpassungsmöglichkeit (vgl. insoweit auch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).
29 
Voraussetzung und Umfang der vorbehaltenen Änderungen sollen dabei möglichst konkretisiert werden. Allerdings sind genaue Festlegungen angesichts der ungewissen Zukunftsentwicklung schwierig. Dies gilt erst recht bei den auf lange Laufzeiten angelegten Chefarztverträgen, die den sich fortentwickelnden Vorgaben aus Wissenschaft und Technik sowie des gesetzlichen Rahmens in besonderer Weise ausgesetzt sind (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1997 - 5 AZR 125/96 -, BAGE 86, 61 [72]; Reinecke, NJW 2005, 3383 [3387]). Jedenfalls aber „die Richtung, aus der der Widerruf möglich sein soll“, muss für den Chefarzt offen gelegt sein, damit er erkennen kann, was gegebenenfalls auf ihn zukommt (BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140 [146]; Urteil vom 13.04.2010 - 9 AZR 113/09 - [Rn. 29]). Änderungsklauseln im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB müssen zumindest ein „Mindestmaß an Kalkulierbarkeit“ aufweisen (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2010 - XI ZR 197/09 -, NJW 2010, 1742 [Rn. 15]).
30 
Diesen Anforderungen genügt die streitige Klausel noch. Denn sie macht deutlich, dass nur „strukturelle und organisatorische Änderungen im Klinikum“ ermöglicht werden sollen. Angesprochen sind ausdrücklich die Schließung und Abtrennung von Fachabteilungen, Funktionsbereichen oder Instituten, die Änderung der Bettenzahl und -aufteilung sowie die Abtrennung bestimmter Leistungen. Damit ist nicht nur der Anlass etwaiger Anpassungen markiert, sondern insbesondere auch der Umfang denkbarer Eingriffe festgeschrieben. Die Antragstellerin konnte sich auf dieser Grundlage durchaus ein Bild der möglichen Anpassungen machen und musste danach auch mit intensiven Eingriffen in die bestehende Organisationsstruktur rechnen. Dass hiermit auch finanzielle Einbußen im Bereich der Privatliquidationserlöse verbunden sein könnten, ist in § 5 Abs. 8 Satz 3 des Chefarztvertrages ausdrücklich ausgesprochen und klargestellt worden.
31 
Die Klausel unterscheidet sich daher erheblich von den durch das Bundesarbeitsgericht entschiedenen Konstellationen, in denen „jederzeitige und unbeschränkte“ Widerrufsvorbehalte zu beurteilen waren und der Grund daher nicht bereits in der Änderungsklausel beschrieben war (vgl. Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140; Urteil vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 -, NJW 2007, 536; Urteil vom 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 -, BB 2007, 1624; Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, NZA 2009, 428). Sie enthält - anders als in dem vom Arbeitsgericht Heilbronn (Urteil vom 04.09.2008 - 7 Ca 214/08 -, MedR 2009, 99) entschiedenen Fall - bereits im Wortlaut einen Sachgrund und ist entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht „völlig unbestimmt“.
32 
Die streitige Klausel mutet der Antragstellerin auch keine unangemessen benachteiligende Abweichung von dem Vereinbarten zu. Dies folgt zunächst schon daraus, dass sie nur diejenigen Anpassungen ermöglicht, die aus strukturellen und organisatorischen Gründen „sachlich geboten“ sind. Die Vereinbarung berücksichtigt damit die Belange der Antragstellerin und setzt überdies die Herstellung eines „Benehmens“ voraus. Insbesondere aber enthält das Entwicklungsrecht keinen Eingriff in den Kernbereich der vertraglichen Regelung. Die Anpassung erlaubt dem Antragsgegner nicht, die Art der Dienstleistung (Leitung einer chirurgischen Abteilung) zu ändern oder ihr andere ihrer beruflichen Qualifikation nicht entsprechende oder unterwertige Tätigkeiten zuzuweisen. Vielmehr betrifft die mögliche Anpassung allein den sachlichen Umfang und die organisatorische Ausgestaltung ihres Aufgabenfeldes. Dass hierdurch mittelbar auch die Möglichkeit der Behandlung von Privatpatienten und die hiermit verbundenen Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechts betroffen sein können, führt nicht zur Unwirksamkeit. Denn eine vertragliche Zusicherung für die dauerhafte Erhaltung dieser Einnahmemöglichkeiten enthält der Chefarztvertrag nicht. Dort ist vielmehr in § 5 Abs. 8 ausdrücklich geregelt, dass eine Gewähr für Umfang und Höhe der Einnahmen aus Privatliquidation nicht besteht, und auf die Möglichkeit des Rückgangs bei organisatorischen Änderungsmaßnahmen verwiesen. Schließlich wird der Antragstellerin durch die möglichen Maßnahmen auch nicht der Zugang zur Krankenversorgung entzogen.
33 
cc) Selbst wenn man von der Unwirksamkeit der Anpassungsklausel ausginge, wäre der Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 am Maßstab der sachlichen Gebotenheit zu prüfen.
34 
Angesichts der Tatsache, dass die Anwendung des § 308 Nr. 4 BGB auf Altfälle, bei deren Abschluss die Vorgaben noch gar nicht berücksichtigt werden konnten, eine Rückwirkung darstellt, bedarf es auch nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Verstoßfällen einer ergänzenden Vertragsauslegung zur Schließung der entstandenen Lücke. Nur so kann eine verhältnismäßige und verfassungskonforme Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen gewährleistet werden (vgl. grundlegend BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 365/04 -, BAGE 113, 140; Urteil vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 -, NJW 2007, 536).
35 
Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf die vorliegend in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Chefarztvertrages ausdrücklich enthaltene Bestimmung, so dass es auf das teilweise angedeutete Erfordernis vorangegangener Anpassungsversuche (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, NZA 2009, 428) - deren anlassunabhängige Erforderlichkeit jedenfalls im Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge eher fraglich erscheint - nicht ankommt. Die gegenteilige Auffassung hätte eine „Versteinerung“ der einem Chefarzt zugebilligten Rechtspositionen zur Folge, selbst wenn organisatorische Änderungen aus Sachgründen unabweisbar erforderlich wären, was mit der gesetzlich angeordneten Anpassungsmöglichkeit aus § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG nicht vereinbar ist (vgl. zur Zulässigkeit der Kündigung aus wichtigem Grund Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 191; zur Anpassung von Ausstattungszusagen Senatsurteil vom 21.10.2008 - 9 S 1507/06 -, VBlBW 2009, 69). Entgegen der vom Verwaltungsgericht geäußerten Auffassung bestehen an der Wirksamkeit dieser Klausel auch keine Bedenken, weil sie - anders als in dem zitierten Fall des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 -, BAGE 115, 19 [28]) - gerade keine geltungserhaltende Reduktion, sondern nur die Pflicht der Vertragsergänzung enthält. Im Übrigen sind auch die der Antragstellerin von der Medizinischen Fakultät gegebenen Zusagen zu Struktur und Ausstattung der Abteilung im Berufungsangebot vom 13.02.2001 ausdrücklich auf 5 Jahre befristet worden. Sie konnte daher nicht darauf vertrauen, dass ihre Stellung auch nach Ablauf dieser Frist ungeschmälert aufrecht erhalten bleibt.
36 
Maßgeblich wäre demgemäß, was die Beteiligten vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzliche angeordnete Unwirksamkeit der Anpassungsklausel bekannt gewesen wäre. Zur Beantwortung dieser Frage ist der durch den Vertrag selbst (vgl. BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, NZA 2009, 428 [Rn. 38]) und die gesetzlichen Vorgaben gezogene Rahmen heranzuziehen. Auch danach wäre der Antragstellerin aber die Hinnahme einer sachlich gebotenen Änderung der Organisationsstruktur aufgebürdet worden. Dies folgt nach dem oben Ausgeführten schon daraus, dass der Vertrag eine dauerhafte Zusicherung der bei Abschluss bestehenden Aufgabenbereiche und Organisationsstrukturen nicht enthält, sondern vielmehr von einer Veränderlichkeit der Tätigkeit der Antragstellerin in der Krankenversorgung - auch im Hinblick auf mögliche Einnahmen aus Privatliquidation - ausgeht. Jedenfalls für grundlegende Struktur- und Ausrichtungsentscheidung ergibt sich dies überdies aus §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 62 Satz 1 LVwVfG. Die Antragstellerin hätte dem redlicher Weise nicht widersprechen können und für den Fall der aus strukturellen und organisatorischen Gründen sachlich gebotenen Änderungen ein Anpassungsrecht vereinbart. In dieser Konstellation ist ein sachlicher und triftiger Grund zur nachführenden Anpassung nicht von der Hand zu weisen.
37 
b) Die Voraussetzungen aus § 4 des Chefarztvertrages erfüllt der Organisationsbeschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 aber nicht.
38 
aa) Allerdings dürfte sich der Organisationsbeschluss entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Meinung nicht schon deshalb als fehlerhaft erweisen, weil Anpassungsmaßnahmen nach § 4 des Chefarztvertrags „im Benehmen“ mit der Antragstellerin vorzunehmen sind.
39 
Mit dem - gesetzlich nicht bestimmten - Begriff des Benehmens wird eine Form der Mitwirkung beschrieben, die zwar über die bloße Information oder Anhörung hinausgeht, eine Verbindlichkeit wie beim Einvernehmen oder der Zustimmung aber nicht erreicht (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2003 - 6 AZR 55/01 -, MedR 2004, 390). Die Herstellung des Benehmens dient daher der erläuternden Kontaktnahme und zielt auf eine möglichst einvernehmliche Lösung (vgl. etwa Püttner, in: Tilch/Arloth, Deutsches Rechts-Lexikon, Bd. 1, 3. Aufl. 2001, S. 637). Sie hindert bei fehlender Einigung aber die bestehende Entscheidungskompetenz nicht.
40 
Angesichts dieser Zweckbestimmung liegt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - nahe, dass die Fühlungnahme grundsätzlich im Vorfeld stattfinden muss. Andernfalls ist die Achtung und Berücksichtigung der Belange und Wünsche der Gegenseite schwerlich möglich.
41 
Fraglich ist allerdings bereits, welcher Zeitpunkt hierfür im vorliegenden Falle maßgeblich ist. Denn § 4 des Chefarztvertrags stellt auf die „Vornahme“ der organisatorischen Änderung ab. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung ist daher nicht erforderlich, dass bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands ein Benehmen mit der Antragstellerin hergestellt worden ist. Selbst die „abschließende Entscheidung“ hierüber trifft nicht der Klinikumsvorstand, vielmehr sind nachfolgend noch eigenständige Willensbildungen des Aufsichtsrats und der Medizinischen Fakultät erforderlich. Hinzu kommt vorliegend überdies, dass das Inkrafttreten des Organisationsbeschlusses an die aufschiebende Bedingung der Rufannahme für die W3-Professur für Onkologische Chirurgie geknüpft worden ist. Damit verbleibt ein beachtlicher Zeitrahmen, in dem Details und Umsetzungsfragen geklärt werden können. Gerade die Rechtsstellung der Antragstellerin wird aber maßgeblich durch die konkrete Ausgestaltung betroffen und ausgeformt. So ist auf ihre Einwände (und das gerichtliche Eilverfahren gegen die Fortführung des Berufungsverfahrens) hin etwa durch Umlaufbeschluss vom 08./11.02.2010 - und damit nach dem Organisationsbeschluss vom 18.06.2008 - durch den Klinikumsvorstand beschlossen worden, dass bei der Umstrukturierung der Chirurgischen Kliniken der Zugang der Antragstellerin auch zu onkologischen Patienten in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang gewährleistet bleiben muss. Jedenfalls in den Umständen des vorliegenden Falles spricht daher viel dafür, dass Sinn und Zweck des Benehmens auch noch durch eine nach der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 stattfindende Kommunikation gewährleistet werden können.
42 
Dem entspricht auch, dass der Antragstellerin auf die von ihr vorgetragenen Einwände hin unmittelbar durch Schreiben des Vorsitzenden des Vorstands des Antragsgegners vom 04.08.2008 zugesichert wurde, dass bis zur Bewertung ihres Gegenkonzepts von Maßnahmen abgesehen werde, die eine irreversible Weichenstellung bedeuten könnten. Der Sache nach ist daher - zwar nach dem Organisationsbeschluss vom 18.06.2008, aber weit vor dessen Wirksamwerden und Vollzug - sachliche Verständigungsbereitschaft signalisiert worden. Diese war ersichtlich auch auf etwaige Änderungen des Beschlusses gerichtet und daher geeignet, die vom „Benehmen“ intendierte Beachtung der Interessen der Antragstellerin zu gewährleisten. Demgemäß ist es nachfolgend zu einer Vielzahl von Gesprächen und Stellungnahmen gekommen. Der Antragstellerin ist folglich nach der tatsächlichen Übung Gelegenheit gegeben worden, auf die abschließende Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen und ihren Vorstellungen Ausdruck zu verleihen (vgl. BAG, Beschluss vom 05.05.2010 - 7 ABR 97/08 -, NZA 2010, 955). Dass hierbei die Antragstellerin ihre Vorstellungen nicht durchzusetzen vermochte, beeinträchtigt die Herstellung des Benehmens nicht. Der Umstand, dass auch die intensive nachträgliche Beratung, unter Einschaltung von Ministerium und Universität und unter dem Druck der schwebenden Gerichtsverfahren eine inhaltlichen Änderungen der Entscheidung nicht bewirken konnte, verdeutlicht vielmehr, dass auch eine vor der Beschlussfassung vom 18.06.2008 erfolgte Kontaktaufnahme zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. Dass Änderungen des Konzeptes aber noch möglich waren und sind, belegt der Beschluss des Klinikumsvorstands vom 27.01.2010 zur Errichtung eines Transplantationszentrums. Denn auch hiermit wird der Beschluss vom 18.06.2008 inhaltlich abgeändert: danach war die Transplantationschirurgie noch der Klinik für Urologie und Kinderurologie zugeordnet.
43 
bb) Weiter erscheint auch eine Heilung nach den in § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5 LVwVfG niedergelegten Rechtsgrundsätzen nicht ausgeschlossen.
44 
In klassisch verwaltungsrechtlicher Terminologie bezeichnet das „Benehmen“ die Mitwirkung anderer Behörden beim Erlass eines mehrstufigen Verwaltungsakts (vgl. etwa Henneke, in: Knack/Henneke, VwVfG-Kommentar, 9. Aufl. 2010, § 35 Rn. 57). Insoweit handelt es sich um ein Erfordernis, dessen heilende Nachholbarkeit in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG ausdrücklich angeordnet ist. Selbst die unabdingbar erforderliche Zustimmung anderer Behörden kann grundsätzlich nachträglich erteilt werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.09.1982 - 8 C 145/81 -, DVBl 1983, 135).
45 
Da die Antragstellerin hier nicht Dritte, sondern unmittelbar von der Maßnahme Betroffene ist, passt die kategoriale Zuordnung in § 45 Abs. 1 Nr. 5 LVwVfG aber nicht. Unabhängig von der Begrifflichkeit des „Benehmens“ liegt der Sache nach nicht die Mitwirkung einer anderen Behörde oder Stelle vor, sondern die Beteiligung des Betroffenen selbst. Diese Konstellation ist in klassisch verwaltungsrechtlicher Terminologie die „Anhörung“, für die in § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG ebenfalls die Möglichkeit der Nachholung anerkannt ist.
46 
Auch diese Rubrizierung trifft den vorliegenden Sachverhalt indes nicht voll, weil Anhörung und Benehmen nicht identisch sind. Die sachlichen Unterschiede erscheinen aber nicht dergestalt gewichtig, dass eine Anwendung der Heilungsvorschriften sachwidrig erscheinen würde. Denn auch im Falle der von § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unmittelbar erfassten Anhörung geht es darum, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, seine Sichtweise und Vorstellungen in das Verfahren einzubringen. Auch wenn der beim Benehmen geforderte Einigungswille insoweit fehlt, setzt hier wie dort der Sinn der Vorschrift eine tatsächliche Berücksichtigung des Vorbringens voraus. Eine Heilung kann demgemäß nur eintreten, wenn die nachträglich vorgetragenen Erwägungen noch Beachtung finden und in den Entscheidungsprozess einfließen können. Hierfür reicht es nach der in § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG enthaltenen Wertung aus, wenn der Vortrag nachträglich berücksichtigt werden muss und zu einer Abänderung im Abhilfe- oder Widerspruchsverfahren führen kann (vgl. etwa Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Aufl. 2008, § 45 Rn. 84).
47 
Diese Grundsätze sind nach Auffassung des Senats auch für das vorliegende Benehmen zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner heranzuziehen (vgl. zur Erstreckung auf „anhörungsbezogene Fälle“ auch Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG-Kommentar, § 45 Rn. 43). Auch insoweit ist Zweck der in § 4 des Chefarztvertrags enthaltenen Regelung, dass der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt werden soll, ihre Sichtweise und Interessen vor einer abschließenden Entscheidung über etwaige Anpassungsmaßnahmen geltend zu machen. Wie bei der Anhörung ist diesen Anforderungen grundsätzlich nur bei vorheriger Durchführung vollständig Rechnung getragen. Eine nachträgliche Mitwirkung ist indes nicht ausgeschlossen, sofern ihre wirksame Berücksichtigung noch möglich ist. Dies gilt im Falle der Anhörung durch die nachträgliche Berücksichtigung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens, vorliegend durch die ernsthafte Prüfung etwaigen Änderungsbedarfs vor Eintritt des erst in der Zukunft liegenden Wirksamkeitszeitpunkts.
48 
cc) Die mit dem Organisationsbeschluss verfügten Änderungen sind bei der im Rahmen einer Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Beurteilung nach Aktenlage aber nicht sachlich geboten, so dass dem Antragsgegner - jedenfalls vorläufig - ein Festhalten an der ursprünglich vereinbarten Klinikstruktur zugemutet werden kann.
49 
1) Dieses Ergebnis folgt nicht bereits daraus, dass der Antragsgegner die beschlossene Neustrukturierung deshalb durchführen möchte, weil er mit der Leitungstätigkeit der Antragstellerin in den vergangen Jahren nicht zufrieden ist. Allein dieser Befund macht den Beschluss nicht rechtswidrig. Insbesondere kann die beschlossene Umstrukturierung nicht als „Umgehung“ disziplinarischer Maßnahmen gewertet werden. Denn sie knüpft nicht an eine vorwerfbare Verletzung dienstlicher Pflichten oder ein disziplinarrechtlich sanktionierbares Fehlverhalten an. Soweit dies nach Aktenlage beurteilt werden kann, ist durch die vom Antragsgegner angenommene „Schlechtleistung“ der der Antragstellerin übertragenen Leitungsfunktion der Anwendungsbereich des Disziplinarrechts noch nicht eröffnet. Im Übrigen dürfte die Entscheidung über den Entzug eines konkreten Aufgabenbereiches nicht dem Disziplinarverfahren vorbehalten sein. Denn die das Beamtenrecht kennzeichnenden Verfahrensgarantien für die Entziehung des Amtes betreffen nur das Statusamt, nicht aber die Ausgestaltung des Tätigkeitsfeldes (vgl. Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 603/09 -, VBlBW 2009, 191; BVerwG, Urteil vom 07.03.1968 - II C 11/64 -, ZBR 1968, 218). Auch die alternativ denkbare Kündigung des Chefarztvertrages kann nicht als vorrangiges Instrumentarium bewertet werden. Der Antragsgegner ist nicht gezwungen, gegen die Antragstellerin persönlich vorzugehen. Unabhängig davon, dass insoweit andere Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssten, ist auch nicht ersichtlich, warum die Möglichkeit einer Vertragskündigung Maßnahmen zur Umgestaltung der Aufgabenorganisation sperren sollte. Dies gilt um so mehr, als organisatorische Anpassungen insoweit als milderes Mittel einzustufen wären. Organisationsmaßnahmen sind demnach ein grundsätzlich zulässiges Mittel, um unabhängig von vorwerfbarem Fehlverhalten und unterhalb der Kündigungsschwelle auf Missstände reagieren zu können. Maßgeblich bleibt daher die Frage, ob die beschlossenen Organisationsänderungen sachlich geboten und zumutbar erscheinen.
50 
2) Missstände und Fehlentwicklungen sind im „Positionspapier zur Gründung eines Departments Allgemeine und Viszeralchirurgie“, das dem Beschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 zu Grunde lag, nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Dies gilt zunächst für das „Kerngeschäft“ der Krankenversorgung. Nach den ausgewiesenen Daten und Tabellen sind die Fallzahlen durchgängig niedrig und gemessen am Standard der Universitätskliniken des Landes auch signifikant unterdurchschnittlich. Dies gilt exemplarisch für den Bereich der Nierentransplantationen, in dem die Zahl nicht nur absolut, sondern auch bezogen auf die Größe des jeweiligen Klinikums deutlich am geringsten ausfällt. Angesichts der bereits seit dem Jahr 2005 durchgängig niedrigen Werte konstatiert das Positionspapier, dass auch keine erfolgversprechenden Ansätze zu erkennen seien, wie die Zahl der Transplantationen gesteigert werden könnte. Diese Entwicklung hat sich nachfolgend offenbar noch verschärft, so dass gegenwärtig nicht einmal mehr die gesetzlich vorgesehene Zahl von Mindestoperationen erreicht wird (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 16.03.2010). Pankreastransplantationen würden „aufgrund des Mangels an ausreichender Expertise“ seit dem Jahr 2003 überhaupt nicht mehr durchgeführt und nach Tübingen überwiesen. Auch bei den Kolon- und Pankreas-Operationen nehme die Klinik den letzten Rang im Lande ein und habe überdies in weiten Bereichen eine rückläufige Tendenz der Leistungszahlen zu verzeichnen. Schließlich habe die Patientenbefragung 2007 eine klare Verschlechterung und auch ein unterhalb des Durchschnitts liegendes Ergebnis erzielt. Auch in anderen Bereichen habe die Klinik keine profilgebende oder positive Entwicklung vorzuweisen. Drittmitteleinwerbung und Publikationsleistungen etwa seien dergestalt abgefallen, dass die Hochschulmedizinstrukturkommission eine Halbierung des F&L-Zuschusses empfohlen habe. Auch im Klinikmanagement seien Defizite insbesondere bei der Abstimmung und Kommunikation sowie der Außendarstellung zu verzeichnen. Dementsprechend sei es zu OP- und Terminsabsagen und entsprechenden Beschwerden gekommen. Schließlich sei auch die Abstimmung und fachliche Interaktion mit anderen Kliniken verbesserungswürdig.
51 
Nach diesen Darlegungen ist der im Positionspapier konstatierte „dringende Handlungsbedarf“ nicht von der Hand zu weisen. Vielmehr lässt schon der angesichts der geringen Fallzahlen drohende Verlust der Zulassung zur Durchführung von Nierentransplantationen organisatorische Nachführungen sachlich geboten erscheinen. Diese Einschätzungen werden durch das Vorbringen der Antragstellerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen. In der ausführlichen Stellungnahme zum Positionspapier vom 16.07.2010 wird zwar eine Vielzahl von Einzelaussagen bestritten und wiederholt darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin ein Verschulden nicht trifft; die Fallzahlen selbst indes und der Stand der Operationsleistungen werden auch von der Antragstellerin im Wesentlichen nicht bestritten.
52 
Darüber hinaus hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass der von der Antragstellerin geleitete Bereich der Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie den defizitärsten Klinikumsbereich des Antragsgegners darstellt und im Jahr 2009 mit einem negativen Ergebnis von über 2 Millionen Euro abgeschlossen hat. Auch wenn die Antragstellerin hiergegen umfängliche Einwendungen - insbesondere im Hinblick auf die fehlende Transparenz der internen Leistungsverrechnung - vorgetragen hat, sind Defizite im Bereich des Krankenversorgungsbudgets nach Aktenlage durchaus plausibel. Auch die wirtschaftliche Lage legt daher nahe, dass ein Handlungsbedarf in dem von der Antragstellerin zu verantwortenden Aufgabenbereich „sachlich geboten“ erscheint. Dies gilt um so mehr, als auch die staatliche Finanzierung der Hochschule gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LHG von den erbrachten Leistungen abhängig ist.
53 
3) Die Geeignetheit und Gebotenheit der vom Antragsgegner zur Abhilfe konkret beschlossenen Maßnahmen ist bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen Beurteilung nach Aktenlage aber nicht hinreichend erkennbar.
54 
Ausweislich der Begründung im Positionspapier geht die Einführung der neuen Organisationsstruktur in sachlicher Hinsicht auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom 13.07.2007 zurück. Darin war die Bildung von Departments empfohlen worden, um die Fächergrenzen überwinden und eine verbesserte Koordination und „Quervernetzung“ der Tätigkeitsbereiche ermöglichen zu können. Dieser Organisationsrahmen passe auch besser, um das Potential der Nachwuchsgruppen mit ihren individuellen Schwerpunktsetzungen auszuschöpfen und eine Karriereplanung für „High potentials“ bieten zu können. Hieran anknüpfend führt das Positionspapier aus, dass die angestrebte Stärkung des Bereiches in der derzeitigen Struktur nicht leistbar erscheine. Eine Erhöhung der Fallzahlen, Drittmitteleinwerbungen und Publikationsleistungen, die zur Positionierung im Wettbewerb mit anderen Kliniken erforderlich sei, setze eine Umstrukturierung der bestehenden Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie voraus. Hierauf nimmt der Beschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 Bezug.
55 
Warum die formulierten - und legitimen - Ziele aber (gerade) durch die beabsichtigten Organisationsmaßnahmen erreicht oder auch nur gefördert werden sollten, bleibt indes offen. Weder das Positionspapier noch der Beschluss des Klinikumsvorstands, das Erläuterungsschreiben vom 09.07.2008 oder das umfängliche Vorbringen im gerichtlichen Verfahren erbringen hierzu substantiierten und über formelhafte Floskeln hinausgehenden Vortrag. Hierzu hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil sich die behauptete Abhilfe nicht aus sich selbst heraus ergibt. Warum die Aufspaltung der bestehenden Klinik und die damit verbundene Aussonderung verschiedener Bereich für sich genommen bereits aus organisatorischen Gründen zu einer Erhöhung der Fallzahlen, Drittmitteleinwerbungen oder Publikationsleistungen beitragen könnte, ist nicht erkennbar. Dies gilt um so mehr, als damit gerade nicht eine bessere Vernetzung oder Verbindung über Fachgrenzen hinweg verbunden ist, sondern im Gegenteil weitere organisatorische Abtrennungen und Verselbständigungen vorgenommen werden. Dementsprechend hat auch der Wissenschaftsrat selbst darauf hingewiesen, dass die Bezugnahme auf die von ihm abgegebenen Empfehlungen fehl geht. Sowohl im Schreiben der Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrats vom 05.09.2008 als auch in der Stellungnahme des Generalsekretärs des Wissenschaftsrats vom 17.11.2008 wird in deutlichen Worten klargestellt, dass die vom Antragsgegner beschlossene Herauslösung einer bestehenden Organisationseinheit den abgegebenen Empfehlungen nicht entspricht. Sinn und Zweck der empfohlenen Departmentsstruktur habe vielmehr gerade darin gelegen, bisher unzureichend vernetzte Organisationseinheiten in einer neuen Struktur zusammenzuformen. Dem laufe das Ansinnen des Antragsgegners aber - trotz der Verwendung der geprägten Begrifflichkeit des Departments - diametral entgegen. Konkrete Vorteile, die sich aus den beabsichtigten Trennungen ergeben könnten, seien im Positionspapier weder benannt noch sonst ersichtlich.
56 
Auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie hat mit Schriftsatz vom 29.08.2008 auf „wesentliche Kritikpunkte“ hingewiesen und „dringend gebeten“, die Entscheidung erneut zu überdenken. Dabei ist in fachlicher Hinsicht zunächst reklamiert worden, dass die beabsichtigte Trennung zwischen gutartigen und bösartigen chirurgischen Erkrankungen im klinischen Alltag nicht realisierbar sei und eine derartige Aufteilung unweigerlich zu permanenten Streitigkeiten führen müsse. Insbesondere aber lasse die absolute Größe der bestehenden Klinik eine weitere Unterteilung in zwei kleinere Abteilungen nicht zu. Eine „ausreichend kritische Masse“ dürfe aus Gründen der Bettenkapazität, der Operationskapazität und wegen der weiterzubildenden Mitarbeiter nicht unterschritten werden. Die beabsichtigte Verkleinerung führe deshalb „unweigerlich zu einer Universitätschirurgie zweiter Klasse“.
57 
Eine direkte Auseinandersetzung mit diesen Expertisen findet sich in den gesamten, dem Gericht zugänglich gemachten Akten nicht. Vielmehr setzt sich der Antragsgegner mit „behaupteten Mängeln“ des Organisationsbeschlusses nur rudimentär auseinander. Immerhin wird im Schreiben des Vorstandsvorsitzenden des Antragsgegners vom 01.09.2009 an den Präsidenten der Universität zur Sinnhaftigkeit einer Unterteilung der Aufgaben nach onkologischer und nicht-onkologischer allgemeiner Chirurgie Stellung bezogen und ausgeführt, bezüglich dieser Frage sei „auf namhafte Experten (z.B. Prof. S... aus Heidelberg) zu verweisen, die bestätigen, dass eine solche Einteilung etwa in den USA üblich ist“. Diese Stellungnahme oder andere Fachaussagen hierzu finden sich in den Akten aber nicht. Umgekehrt hat nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin (vgl. Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin an das VG Sigmaringen vom 11.09.2009, S. 13) gerade Prof. Dr. S... eine Teilung der bestehenden Klinik für wenig sinnvoll gehalten, da dadurch zwei Kliniken mit deutlich 'unterkritischer' Größe von jeweils lediglich etwa 25 Betten entstehen würden.
58 
Damit ist bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nicht erkennbar, warum die beschlossenen Organisationsmaßnahmen zu einer Verbesserung der diagnostizierten Lage führen sollten. Die Feststellung einer „sachlichen Gebotenheit“ jedenfalls ist dem erkennenden Senat auf dieser Grundlage nicht möglich.
59 
Nahe liegt vielmehr, dass sich der Antragsgegner Abhilfe nicht durch den geänderten Organisationsrahmen verspricht, sondern durch den damit ermöglichten Leitungswechsel an den neu geschaffenen Kliniken und Abteilungen. Demgemäß ist (allein) darauf verwiesen worden, dass der zu berufende W3-Professor „infolge seiner persönlichen Reputation, fachlichen Kompetenz und seines Leistungseinsatzes rasch Fallzahlen und damit weitere Erträge zugunsten der Antragsgegnerin generieren wird“ (vgl. Schriftsätze vom 13.07.2010, S. 17 und vom 27.08.2010, S. 19). Dies ist für sich genommen zwar nicht illegitim, vermag der aus sich selbst heraus nicht sinnfälligen und allein streitbefangenen Organisationsmaßnahme aber nicht zu der erforderlichen Gebotenheit zu verhelfen. Vielmehr erscheint nicht fernliegend, dass der Antragsgegner im Falle eines Ausscheidens der Antragstellerin von ihrer Tätigkeit als Abteilungsleiterin von den geplanten strukturellen Änderungen Abstand nehmen würde. Im Fokus steht folglich nicht eine unzweckmäßige Struktur oder die Schaffung einer übergeordneten Einheit (wie etwa bei der Errichtung des Transplantationszentrums), der Organisationsrahmen soll vielmehr nur geändert werden, um personelle Änderungen in der Leitungsstruktur zu bewirken. Damit ist die Organisationsmaßnahme als solche aber nicht sachlich geboten.
60 
3. Ob der Organisationsbeschluss auch gegen die verfahrensmäßigen Voraussetzungen aus dem Universitätsklinika-Gesetz oder der Satzung des Antragsgegners verstößt, kann daher im Ergebnis ebenso offen bleiben wie die Frage, inwieweit aus einer etwaigen Verletzung dieser Vorschriften ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin abgeleitet werden könnte (vgl. zweifelnd hierzu LAG Hamm, Urteil vom 13.11.2003 - 16 Sa 1570/03 -, ArztR 2005, 13).
61 
a) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht aber die Bezugnahme auf § 7 Abs. 4 der Satzung für unzulässig gehalten, wonach eine Abweichung von den Bestimmungen der Satzung zur Erprobung neuer Verfahren und/oder neuer Organisations- und Leitungsstrukturen und Bezeichnungen in Einzelfällen zulässig ist.
62 
„Erprobungen“ sind grundsätzlich als vorläufige Maßnahmen angelegt (vgl. Senatsbeschluss vom 31.08.1988 - 9 S 2624/88 -, NVwZ 1990, 87 [88]), deren dauerhafter Bestand von einer nach Abschluss der Erprobungsphase durchgeführten Evaluation abhängt (vgl. insoweit etwa die ausdrücklichen Vorgaben in § 41 Abs. 2 Nr. 4 der Approbationsordnung für Ärzte oder § 20 Abs. 3 des Heimgesetzes für Baden-Württemberg). Allerdings kennt das geltende Recht durchaus „Erprobungsklauseln“, die auf einen vorab definierten zeitlichen Horizont verzichten, wie etwa § 22 SchG für die Erprobung neuer Schulformen oder § 37a LHG hinsichtlich der Einführung neuer Studiengänge. Maßgeblich für die Qualifizierung einer Maßnahme als einer solchen zur Erprobung ist daher nicht zwingend der bereits im vorhinein definierte zeitliche Rahmen, sondern die noch ausstehende Entscheidung über die dauerhafte Fortführung. Diese hängt vom Ergebnis der Erprobung ab und bedarf daher einer erst nach deren Abschluss zu treffenden Bewertung. „Probemaßnahmen“ sind folglich ihrem Wesen nach vorläufig und vertagen die Entscheidung über die endgültige und dauerhafte Etablierung in die Zukunft.
63 
An diesen Maßstäben gemessen, bereitet die Einordnung des streitigen Organisationsbeschlusses vom 18.06.2008 als Erprobungsmaßnahme Schwierigkeiten.
64 
Dies gilt zunächst in zeitlicher Hinsicht. Denn Anhaltspunkte für eine begrenzte Dauer der beschlossenen Neustrukturierung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie sind nicht ersichtlich. Vielmehr spricht bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen summarischen Betrachtung nach Aktenlage viel dafür, dass die Grundsatzentscheidung über die Einführung der neuen Departmentsstruktur bereits getroffen worden und diese auf Dauer angelegt ist. Dies folgt zunächst schon daraus, dass irgendwie geartete Hinweise auf die Vorläufigkeit weder im Beschluss selbst noch im Positionspapier oder den sonstigen hierauf bezogenen Unterlagen zu finden sind. Auch der Antragsgegner hat hierzu nichts vorgetragen. Umgekehrt sind die Erwägungen in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Positionspapier von grundsätzlicher Natur. Im Rahmen der „strategischen“ Erwägungen wird dort ausgeführt, dass die Aufgaben in der derzeitigen Struktur nicht leistbar sind und die Klinik daher umstrukturiert werden muss. Dabei wird maßgeblich auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats Bezug genommen, die ebenfalls in die Zukunft gerichtete Strukturen und Organisationsrahmen in den Blick nehmen.
65 
Insbesondere aber sind die Umsetzungsmaßnahmen auch inhaltlich nicht nur „vorläufig“ angesetzt. Denn weder die Gründung einer Klinik für Onkologische Chirurgie noch die Besetzung der - ohne jeden Hinweis auf eine Befristung, Erprobung oder Vorläufigkeit ausgeschriebenen - W3-Professur als Direktor hierfür lassen die Einordnung der Umstrukturierung als nur vorläufige Maßnahme zu. Abgesehen davon, dass eine Rückabwicklung (etwa im Hinblick auf die Chefarztvereinbarung) kaum vorstellbar wäre, finden sich in den Unterlagen keinerlei Erwägungen zu der Frage, wie im Falle einer Nichtbewährung verfahren werden könnte oder anhand welcher Kriterien das Organisationsmodell kontrolliert werden soll. Die Grundsatzentscheidung zur Einführung der neuen Departmentsstruktur im Bereich der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie scheint daher bereits auf Dauer und unabhängig von einer späteren Evaluations- oder Kontrollentscheidung getroffen.
66 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch darauf verwiesen, dass aus der - im Übrigen nur im Positionspapier enthalten - Formulierung: „Das Organisationsmodell soll bei Eignung auf andere Kliniken des Chirurgischen Zentrums übertragen werden“ nicht auf die Vorläufigkeit der Umstrukturierung geschlossen werden kann. Aus diesem Passus folgt nur, dass dem Organisationsmodell gegebenenfalls Modellcharakter für künftige Umstrukturierungen zukommen soll, nicht aber, dass die Maßnahme selbst nur probeweise stattfindet. Denn die positive Eignung wird nur für die Erstreckung auf weitere Bereiche vorausgesetzt. Der dauerhafte Bestand hinsichtlich des Departments für Allgemeine und Viszeralchirurgie wird dagegen nicht von einer positiven Erprobung abhängig gemacht. Dementsprechend findet sich eine entsprechende Einschränkung im Organisationsbeschluss selbst auch nicht.
67 
Offen und noch „vorläufig“ erscheint dagegen die konkrete Ausgestaltung des Departments. Weder im Beschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 noch im Positionspapier ist der konkrete Zuschnitt der dem Department zugeordneten Kliniken und Abteilungen festgelegt. Selbst dem Entwurf einer Satzung des Departments ist die Ausgestaltung der Departmentsstruktur nicht zu entnehmen. Diese soll offenbar erst nachträglich fixiert werden; in der Präambel des Satzungsentwurfs heißt es dazu, dass eine „flexible und veränderbare Aufgaben- und Verantwortungszuweisung“ ermöglicht werden soll. Dem entspricht, dass auch die Zuordnung der Transplantationschirurgie offenbar noch nicht abschließend getroffen war, zunächst in Abhängigkeit der Besetzung der W3-Professur für Allgemein- und Viszeralchirurgie bzw. der W3-Professur für Urologie erfolgen sollte (vgl. Vermerk des Beklagen vom 14.05.2009, Anlage A 18 der Akten des Verwaltungsgerichts) und zwischenzeitlich mit der Errichtung eine Transplantationszentrums eine gänzlich andere Lösung beschlossen worden ist. Ausgestaltung und Binnenstruktur des Departments sind damit noch nicht auf Dauer festgelegt.
68 
Diese Vorläufigkeit reicht indes nicht aus, um den Organisationsbeschluss vom 18.06.2008 als Erprobungsmaßnahme im Sinne des § 7 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums zu bewerten. Dies folgt zunächst schon daraus, dass es für die konkrete Aufgabenzuweisung an die einzelnen Kliniken und Abteilungen keiner von der Satzung abweichenden Bestimmung bedarf, mit der die Inanspruchnahme der Erprobungsklausel gerechtfertigt werden könnte. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung erfordert die Etablierung des Departments eine Korrektur der als Anlage zur Satzung beschlossenen Gliederung in dem Punkt, dass die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie durch ein Department für Allgemeine und Viszeralchirurgie - mit den Untergliederungen: Klinik für Allgemeine Chirurgie, Klinik für Onkologische Chirurgie sowie Abteilung für Kinderchirurgie - ersetzt werden muss. Diese Änderung wird durch die noch offenen Fragen des jeweiligen Einzelzuschnitts nicht berührt, weil diese Differenzierung durch die Gliederung nicht abgebildet oder vorgegeben wird. Die noch bestehende Unsicherheit und Vorläufigkeit hinsichtlich der Binnenausgestaltung macht mit anderen Worten eine nur vorläufige Satzungsregelung nicht erforderlich, weil die insoweit noch variablen Fragen in der Satzung bzw. deren Anhang nicht zu regeln sind. Anderes könnte allenfalls für die Frage gelten, wo die Transplantationschirurgie zugeordnet werden soll; wobei auch insoweit allerdings eine unselbständige Zuweisung in der Gliederung nicht offen zu legen wäre. Diese Frage ist ausweislich des Beschlusses vom 18.06.2008 aber nicht offen, sondern (zugunsten der Klinik für Urologie und Kinderurologie) entschieden. Anlass, die organisatorischen Fragen nur vorläufig zu regeln, bestand mithin nicht. Darüber hinaus beruhen die verbleibenden Unsicherheiten auch nicht auf einer noch erforderlichen Erprobung sondern schlicht auf dem Umstand, dass die als leitende Direktoren in Betracht kommenden Personen noch nicht bestimmt sind und ein befriedender Interessenausgleich noch nicht hergestellt worden ist.
69 
Hintergrund der Bezugnahme auf die Erprobungsklausel dürfte nach Aktenlage daher die Absicht gewesen sein, die Errichtung des Departments und dessen Binnenstruktur vorab (oder mit den Worten des Organisationsbeschlusses: „bereits jetzt“) zu beschließen, um Klarheit für die Ausschreibung der W3-Professur für Onkologische Chirurgie und die hierfür angedachten Leitungsfunktionen zu erhalten. Denn die Funktionsbeschreibung für die künftige Stellenbesetzung sollte noch vor der Sommerpause dem Wissenschaftsministerium vorgelegt werden (vgl. Vermerk des Dekanats der Medizinischen Fakultät vom 23.07.2008). Diese Erwägungen zum zeitlichen Horizont machen die Maßnahme indes nicht zu einer solchen der Erprobung. Die Entscheidung war danach zwar eilig, aber nicht vorläufig. Dem entspricht auch der weitere Verfahrensablauf. Denn nach dem Organisationsbeschluss des Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 ist die Funktionsbeschreibung bereits am 02.07.2008 vom Fakultätsvorstand vorgeschlagen und in außerordentlicher Sitzung des Fakultätsrats vom 22.07.2008, Eilentscheidung des Klinikumsvorstands vom 23.07.2008, Sitzung des Aufsichtsrats vom 24.07.2008, Sondersitzung des Senats vom 30.07.2008 und Sitzung des Präsidiums vom 06.08.2008 beschlossen worden. Das Verfahren ist demnach unter größtmöglicher Beschleunigung vorangetrieben worden. Schließlich belegt auch der Vergleich zur Vorgehensweise bei der Errichtung des Transplantationszentrums, dass die Umstrukturierungen nicht als Erprobungsmaßnahmen gedacht sind. Denn diese, ebenfalls neuartige Organisationsform ist im Beschluss des Klinikumsvorstands vom 27.01.2010 nicht auf die Erprobungsklausel gestützt worden.
70 
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erprobungsklausel des § 7 Abs. 4 Satz 1 der Satzung des Universitätsklinikums dürften daher nicht erfüllt sein. Damit aber steht der Organisationsbeschluss nicht in Einklang mit Nr. 2.1 der als Anhang zur Satzung des Universitätsklinikums beschlossenen Gliederung.
71 
Ob und inwieweit der Beschluss des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 als Änderung dieser Gliederung umgedeutet werden könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
72 
b) Das gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG erforderliche Einvernehmen der Medizinischen Fakultät zu den Organisationsmaßnahmen des Universitätsklinikums dagegen ist durch Beschluss des Fakultätsrats vom 22.07.2008 erteilt worden (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 - m.w.N.).
73 
Anhaltspunkte dafür, dass dieses fehlerhaft zustande gekommen sein könnte, sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen worden. Auf die Frage der Benehmensherstellung kommt es insoweit nicht an, denn die in § 4 des Chefarztvertrages enthaltende Verpflichtung betrifft nur den als Vertragspartner in Bezug genommenen Antragsgegner. Eine förmliche Anhörung oder Beteiligung der betroffenen Hochschullehrer durch die Fakultät sieht das Gesetz aber nicht vor. Im Übrigen war die Betroffenheit der Antragstellerin auch offensichtlich.
74 
4. Der Vollzug des Organisationsbeschlusses des Klinikumsvorstands des Antragsgegners vom 18.06.2008 verletzt daher nach den im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten die der Antragstellerin im Chefarztvertrag vom 22.02.2001/14.03.2001 eingeräumte Rechtsstellung, so dass ein Anordnungsanspruch für die begehrte einstweilige Anordnung vorliegt. Die Beschwerde des Antragsgegners war daher zurückzuweisen.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO. Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, besteht nicht. Diese haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Im Übrigen sind die Beigeladenen der Sache nach auf Seiten des Antragsgegners aufgetreten und damit unterlegen.
76 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Dabei ist von den durch die Antragstellerin vorgetragenen Einnahmeverlusten aus Privatliquidation in Höhe von 200.000,-- EUR jährlich auszugehen (vgl. Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 01.09.2009 an das Verwaltungsgericht; hierzu auch bereits Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -), der im Hinblick auf die Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327). Damit ist auch die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte erkennbar, die eine abweichende Streitwertbestimmung für das erstinstanzliche Verfahren sachgerecht erscheinen lassen könnten.
77 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. November 2011 - 8 Sa 1021/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung restlicher Weihnachtsgratifikationen für die Jahre 2007 bis 2010 in Anspruch.

2

Der Kläger trat im Jahre 1995 in die Dienste der Beklagten, die ein Unternehmen für Maschinenbau betreibt. Er war bis zu seinem Ausscheiden im Januar 2012 als Zerspanungsmechaniker tätig und erzielte eine monatliche Vergütung von rund 3.000,00 Euro brutto.

3

Im Arbeitsvertrag vom 5. Dezember 2005, der zuletzt die Zusammenarbeit der Parteien regelte, heißt es ua.:

        

„§ 6 Vergütungen

        

…       

        

+ Weihnachtsgratifikation

50 % bei einer Betriebszugehörigkeit von mind. 6 Monaten

                 

100 % bei einer Betriebszugehörigkeit von 12 Monaten

        

von der vom Arbeitgeber jeweils pro Jahr festgelegten Höhe der Weihnachtsgratifikation.

        

Sie wird zusammen mit dem Novemberlohn/-gehalt im jeweiligen Jahr ausgezahlt.

        

...     

        

Endet das Arbeitsverhältnis vor dem 31.03. des folgenden Jahres durch Kündigung des Arbeitnehmers, sind jegliche - auch anteilige - Ansprüche auf das Weihnachtsgeld ausgeschlossen. Eine Aufhebungsvereinbarung oder ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses stehen einer Kündigung gleich.

                 
        

Der Arbeitgeber ist in diesem Fall berechtigt, das Weihnachtsgeld zurückzufordern und mit einer Rückzahlungsforderung gegen alle etwaigen fälligen bzw. noch fällig werdenden Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers unter Beachtung der Pfändungsschutzbestimmungen aufzurechnen.“

4

Gleichlautende Regelungen vereinbarte die Beklagte mit ihren übrigen Mitarbeitern.

5

Der Kläger erhielt im Jahr 2001 Weihnachtsgeld in Höhe von 55 % des Monatsgrundlohns. In den Jahren 2002 und 2003 belief sich die Höhe auf jeweils 40 %, im Jahr 2004 auf 31,4 % und im Jahr 2005 auf 25 % des damaligen Grundlohns. Für das Jahr 2006 ist zwischen den Parteien streitig, ob ein Weihnachtsgeld in Höhe von nur 8 % oder von rund 30 % des Grundlohns gezahlt wurde. Im Jahr 2007 erhielt der Kläger ein Weihnachtsgeld in Höhe von 524,00 Euro brutto, im Jahr 2008 in Höhe von 393,00 Euro brutto. In den Jahren 2009 und 2010 wurde wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage kein Weihnachtsgeld gezahlt. Stattdessen erhielt der Kläger im Jahr 2010 als „kleines Dankeschön“ zwei Tankgutscheine über je 25 Liter Kraftstoff.

6

Der Kläger hat die Zahlung von Weihnachtsgeld in Anlehnung an tarifliche Vorschriften der Metallbranche verlangt. Die Regelung im Arbeitsvertrag benachteilige ihn unangemessen und sei unwirksam. An ihre Stelle trete die branchenübliche Regelung der Metallindustrie, die ein Weihnachtsgeld in Höhe von 55 % des Monatsverdienstes vorsehe. Daraus ergebe sich - nach Abzug der bereits erbrachten Leistungen - die für den Zeitraum 2007 bis 2010 eingeklagte Summe.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.847,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2010 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe nach dem Vertrag ein Leistungsbestimmungsrecht, von dem sie angesichts der jeweiligen wirtschaftlichen Lage in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

I. Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

11

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des eingeklagten Betrags. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 6 des Arbeitsvertrags. Die Vorschrift legt keine bestimmte Höhe für die Sonderzahlung fest.

12

2. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 612 BGB iVm. tariflichen Vorschriften über Sonderzahlungen stützen. Voraussetzung hierfür wäre die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Regelung zur Weihnachtsgratifikation. § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrags ist jedoch wirksam.

13

a) Die Vorschrift regelt die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation. Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet sie keinen Freiwilligkeitsvorbehalt. Sie gewährt dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in einer von der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) festzulegenden Höhe. Die Höhe der Gratifikation musste, da der Kläger länger als zwölf Monate beschäftigt war, 100 % der von der Beklagten festzusetzenden Gratifikation betragen. Das ergibt die Auslegung der Vertragsklausel.

14

b) Die Regelung der Weihnachtsgratifikation ist im Arbeitsvertrag unter der Überschrift „Vergütungen“ enthalten. Sie beschreibt in Vomhundertsätzen die Höhe der zu leistenden Zahlung und legt den Zahlungstermin (jeweils mit dem Novemberlohn) fest. Als Anspruchsvoraussetzung für die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach ist bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis nicht am 31. März des Folgejahres vom Arbeitnehmer gekündigt, nicht durch Aufhebungsvertrag beendet und auch nicht ruhend gestellt ist. Der Anspruch ist damit weder an Arbeitsleistung im Bezugszeitraum noch an weitere Voraussetzungen geknüpft. Irgendein Vorbehalt oder eine Widerrufsmöglichkeit für den Arbeitgeber ist nicht vorgesehen. Allerdings ist die Höhe des Anspruchs nicht im Vertrag bestimmt. Von ihr ist gesagt, sie sei vom Arbeitgeber jeweils festzusetzen. Damit ist hinreichend deutlich, dass einerseits ein Anspruch vereinbart werden sollte, andererseits die Bestimmung der Höhe dem Arbeitgeber vorbehalten sein sollte. Für derartige Vertragsregelungen legt § 315 Abs. 1 BGB fest, dass die Leistungsbestimmung billigem Ermessen zu entsprechen hat und dass bei unterlassener oder verzögerter Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen eine Festsetzung durch das Gericht erfolgt(§ 315 Abs. 3 BGB).

15

c) Mit diesem Inhalt hält § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrags der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

16

aa) § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrags enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

17

(1) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne von § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32 mwN, NZA 2013, 148).

18

(2) So liegt es hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist nicht auf eine bestimmte Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern auf Entscheidung nach billigem Ermessen über die Höhe der Gratifikation und gegebenenfalls ihre Auszahlung im November des Bezugsjahres gerichtet. Die Beklagte entscheidet jährlich jeweils neu über die Höhe der Gratifikation.

19

bb) Die vertragliche Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

20

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, BAGE 138, 80; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

21

(2) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch den Arbeitsvertrag ausreichend beschrieben. Der Kläger konnte erkennen, dass die Beklagte über die Festsetzung der Höhe der Gratifikation zu entscheiden hatte. Erkennbar war auch, dass die Entscheidung eine Abwägung der maßgeblichen Interessen beider Seiten erforderte. Richtig ist, dass die Vertragsklausel selbst keine Maßstäbe für die von der Beklagten zu treffende Entscheidung festlegt. Insoweit ist die Auffassung des Klägers nachvollziehbar, aus der Klausel sei nicht zu erkennen, wie hoch insgesamt sich letzten Endes die vertraglichen Zahlungen belaufen werden. Indes betrifft das Leistungsbestimmungsrecht im Streitfall noch nicht einmal das im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Entgelt, sondern lediglich eine - der Höhe nach unbestimmte - Zusatzleistung, zu welcher der Arbeitgeber an sich nicht verpflichtet wäre. Der Streitfall liegt also anders als bei Preisänderungsklauseln, etwa in Gaslieferungsverträgen. Diese räumen dem Bestimmungsberechtigten die Möglichkeit ein, das Äquivalenzverhältnis der Hauptleistungspflichten einseitig zu verändern (vgl. etwa BGH 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09 - BB 2011, 719). Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere hätte der Arbeitgeber auch die Möglichkeit, Leistungen der hier betroffenen Art jeweils mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt zu verbinden und dadurch einen Rechtsanspruch für die Zukunft auszuschließen.

22

(3) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein bei der jeweiligen Zahlung erklärter Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 136, 294), wohingegen vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte, jedenfalls wenn sie alle zukünftigen Leistungen erfassen sollen, unzulässig sind (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung darüber vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen bei der Zahlung erklärten klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 20, 30 ff., aaO).

23

(4) Verglichen mit einer solchen - zulässigen - Vertragsgestaltung ist die Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsrechts in der hier gegebenen Form - also auch ohne nähere Eingrenzung der für das billige Ermessen geltenden Maßstäbe - nicht zu beanstanden. Immerhin erhält der Arbeitnehmer auf diese Weise einen klagbaren Anspruch. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber kann er vom Gericht überprüfen lassen. Die mit der Regelung verbundene Ungewissheit ist regelmäßig hinnehmbar, insbesondere in den Fällen, in denen eine Sonderzahlung nicht von der Erbringung der Gegenleistung abhängig ist.

24

cc) Die Vertragsklausel ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteiligen würde.

25

(1) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

26

(a) Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei der auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind, ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 23, BAGE 124, 259; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 122, 182).

27

(b) Rechtsvorschriften iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts und die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

28

(2) Nach diesen Maßstäben enthält die Klausel keine unangemessene Benachteiligung.

29

(a) Die Regelung weicht mit ihrem durch Auslegung ermittelten Inhalt nicht vom Gesetz ab. Vielmehr sieht das Gesetz selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass vertragliche Regelungen diesen Inhalts einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber also Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorkehrungen nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar (BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 42, NZA 2013, 148).

30

(b) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die leistungssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits aber die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Die vertragliche Regelung setzt keine spezifischen Leistungsanreize. Anspruchsvoraussetzung ist lediglich der Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. März des Folgejahres. Die Gratifikation ändert deshalb auch nicht das Äquivalenzverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt.

31

3. Ob der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen erfüllt und damit erloschen ist, kann, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahinstehen, weil der Kläger nicht geltend macht, die von der Beklagten für die im Streit stehenden Jahre getroffene Leistungsbestimmung entspreche nicht billigem Ermessen und sei daher nicht bindend.

32

a) Soll die Bestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dem Gläubiger ist damit ein - nicht fristgebundenes, aber durch den Gesichtspunkt der Verwirkung begrenztes - Klagerecht eingeräumt (vgl. BGH 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10 - Rn. 39, NJW 2012, 2178; 6. März 1986 III ZR 195/84 - zu III 1 der Gründe, BGHZ 97, 212). Die Klage kann auch unmittelbar auf Leistung gerichtet werden (BGH 26. September 2006 - X ZR 181/03 - Rn. 24, NJW-RR 2007, 103).

33

b)  Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe einen Anspruch auf Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen mit der Klage nicht geltend gemacht. Das hat der Kläger in der Senatsverhandlung bestätigen lassen. Er errechnet seinen Zahlungsanspruch nicht auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung, indem er etwa geltend machen würde, die Ausübung billigen Ermessens müsse zu einer Festsetzung der zu zahlenden Gratifikation in der verlangten Höhe führen. Im Gegenteil, er beruft sich ausdrücklich auf die Unwirksamkeit der Vertragsklausel und meint, diese führe zur Lückenhaftigkeit des Vertrags, die wiederum durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen sei.

34

c) Da die Vertragsklausel wirksam ist, kann die Richtigkeit der Auffassung des Klägers, die durch ihre Unwirksamkeit entstehende Lücke sei gemäß der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung in der Metallindustrie zu füllen, dahinstehen.

35

II. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Thiel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 31. März 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger kaufte mit notariellem Vertrag vom 29. November 2007 von der Beklagten landwirtschaftliche Grundstücke unter Inanspruchnahme des in § 3 Abs. 7 AusglLeistG vorgesehenen Preisnachlasses von 35% des Verkehrswerts für 352.418,61 €. Ergänzend bestimmt der Kaufvertrag folgendes:

„Nach Ansicht des Käufers ergibt sich für ihn nach den Vorgaben des AusglLeistG und der FlErwV ein Anspruch darauf, die vertragsgegenständlichen Flächen zu einem günstigeren als dem vereinbarten Kaufpreis erwerben zu können. Er behält sich daher vor, gerichtlich die erfolgte Kaufpreisbildung und -höhe einer Prüfung zu unterziehen sowie einen Anspruch auf Anpassung des vereinbarten Kaufpreises geltend zu machen.

Die Verkäuferin erklärt, dass sie bei der Kaufpreisbildung, die sie dem Käufer im Einzelnen dargelegt hat, nicht von niedrigeren Werten als den von ihr festgestellten und anhand anderer vergleichbarer Verkäufe in der Region abgeleiteten Vergleichswerten ausgehen durfte. Anderenfalls würde sie bei Vereinbarung eines niedrigeren Kaufpreises eine ggf. europarechtswidrige Beihilfe gewähren, zumindest aber einen höheren Preisnachlass als den durch das AusglLeistG vorgegebenen 35%igen Abschlag vom Verkehrswert.

Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass sie den Vertrag entsprechend einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ggf. anpassen werden. Die Einigkeit besteht jedoch auch darüber, dass der Vertrag mit dem vereinbarten Kaufpreis Bestand haben soll, sofern der Käufer den sich vorbehaltenen Kaufpreisanpassungsanspruch nicht weiterverfolgt oder ggf. durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt wird, dass ihm ein solcher nicht zusteht.“

2

Der Kläger zahlte den vereinbarten Kaufpreis zu dem vereinbarten Fälligkeitstermin am 29. Februar 2008 an die Beklagte. Mit Schreiben vom 8. September 2011 erhob er Widerspruch gegen die Kaufpreisermittlung. Ein Gutachten vom 27. Dezember 2011 kam zu dem Ergebnis, dass der Verkehrswert für den Kaufgegenstand zum Stichtag 29. November 2007 nur 357.000 € betragen habe. Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlter 120.368,61 € zu. Die Beklagte beruft sich auf Verjährung.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch jedenfalls für verjährt. Sowohl für den Anspruch auf Anpassung des Kaufpreises als auch für einen aus der Anpassung resultierenden Rückzahlungsanspruch gelte nicht die Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 196 BGB, sondern die regelmäßige Verjährungsfrist. Diese habe mit Vertragsschluss begonnen. Die Anpassungsregelung sei auch nicht als ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB anzusehen mit der Folge, dass erst die rechtskräftige Feststellung der geschuldeten Leistung durch Gerichtsurteil den Lauf der Verjährung auslöse. Denn die Anpassung des Kaufpreises richte sich nach dem tatsächlichen Verkehrswert. Dem Beginn der Verjährung stehe auch nicht die fehlende Kenntnis des Klägers von der Person des Schuldners und den den Anspruch begründenden Umständen entgegen. Der Kläger sei unmittelbar nach Vertragsschluss in der Lage gewesen, seinen möglichen Rückzahlungsanspruch gerichtlich geltend zu machen. An dieser Beurteilung ändere es nichts, wenn als Beginn der Verjährung nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, sondern derjenige der Kaufpreiszahlung zugrunde gelegt werde. Dann beginne die Verjährung zwar nicht schon am 1. Januar 2008, sondern erst am 1. Januar 2009. Die dreijährige Frist habe der Kläger durch seine am 29. Dezember 2011 eingereichte Klage aber dennoch nicht gewahrt, weil er den Kostenvorschuss zu spät habe einzahlen lassen.

II.

5

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch ist nicht verjährt.

6

1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch zusteht, wenn sich der Verkehrswert, der der Berechnung des vereinbarten Kaufpreises zugrunde liegt, als überhöht erweist.

7

a) Die Parteien haben in § 2 Nr. 4 des Kaufvertrags vereinbart, den Kaufvertrag an das Ergebnis einer gerichtlichen Überprüfung des Verkehrswerts anzupassen. Diese Anpassung kann bei dem von dem Kläger erwarteten und für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Ergebnis dieser Prüfung nur in einer Herabsetzung des Kaufpreises und in einem vertraglichen Rückzahlungsanspruch des Klägers bestehen. Denn der Kläger hatte zunächst den vereinbarten - möglicherweise überhöhten - Kaufpreis bei Fälligkeit zu zahlen und konnte eine Reduktion des Kaufpreises erst nach rechtskräftiger Feststellung verlangen, dass der für die Berechnung des Kaufpreises nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG zugrunde gelegte Verkehrswert niedriger als von der Beklagten angenommen ist.

8

b) Den Rückzahlungsanspruch kann der Kläger unmittelbar geltend machen. Wer eine Anpassung des Vertrags verlangen kann, muss nicht erst diese durchsetzen. Er kann, unabhängig davon, auf welcher Grundlage sie erfolgt, auch unmittelbar die Ansprüche geltend machen, die sich aus der Anpassung ergeben (Senat, Urteile vom 24. November 1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054, 1056 für § 315 Abs. 3 BGB, vom 30. September 2011- V ZR 17/11, BGHZ 191, 139 Rn. 34 für § 313 Abs. 1 BGB und vom 12. Mai 2006 - V ZR 97/05, NJW 2006, 2843 Rn. 27 für einen Vorvertrag).

9

2. Richtig ist ferner, dass dieser Anspruch im Sinne sowohl von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch im Sinne von § 200 BGB nicht erst mit dem Ergebnis der vorbehaltenen gerichtlichen Überprüfung entsteht. Wenn der Verkehrswert von der Beklagten oder von dem Gericht entsprechend § 315 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen oder wie durch einen Schiedsgutachter nach § 317, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Parteien verbindlich festzustellen wäre, entstünde er zwar erst mit dem Abschluss einer gerichtlichen Überprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 24. November 1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054, 1056; BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, WM 2013, 1452 Rn. 33). So ist es bei der Ermittlung des Verkehrswerts und des davon abhängigen Kaufpreises bei Verkäufen nach § 3 AusglLeistG aber nicht.

10

a) Ein Leistungsbestimmungsrecht setzt nach § 315 Abs. 1 und 3 BGB voraus, dass einer der Vertragsschließenden die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen soll. Das ist hier nach Ansicht des Klägers die Beklagte, die den von ihm geschuldeten Kaufpreis nach billigem Ermessen zu bestimmen habe. Denkbar wäre auch eine Anpassungsklausel, nach welcher die Bestimmung der Leistung entsprechend den § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil erfolgen soll (Senat, Urteile vom 7. April 1978 - V ZR 141/75, BGHZ 71, 276, 284 und vom 3. Februar 1995 - V ZR 222/93, NJW 1995, 1360). Ein solches Leistungsbestimmungsrecht ist nur anzunehmen, wenn die Leistung nicht schon in dem Vertrag und den in dem Vertrag in Bezug genommenen Vorschriften oder Regelwerken festgelegt ist, sondern letztlich erst durch die Entscheidung der bestimmungsberechtigten Vertragspartei festgelegt wird (Senat, Urteil vom 5. Juli 1991 - V ZR 117/90, NJW-RR 1992, 142 und BGH, Urteil vom 23. November 1994 - IV ZR 124/93, BGHZ 128, 54, 57 f.; Erman/Hager, BGB, 14. Aufl., § 315 Rn. 7). Dabei wäre es unschädlich, wenn das Ermessen der Vertragspartei gebunden wäre. Es muss nur überhaupt bestehen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 19). Bei einer der Schiedsgutachtenabrede ähnlichen Vereinbarung käme es darauf an, dass die von der Partei oder dem Dritten vorzunehmende Feststellung - hier des Verkehrswerts - und die Ausfüllung der damit gegebenenfalls verbundenen Wertungsspielräume einer gerichtlichen Überprüfung entzogen sein sollen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, WM 2013, 1452 Rn. 28).

11

b) Ein Recht der Beklagten, den Kaufpreis in diesem Sinne verbindlich festzulegen oder festzustellen, verneint das Berufungsgericht zu Recht.

12

aa) Die Auslegung der maßgeblichen Regelung in § 2 Nr. 4 des Kaufvertrags der Parteien unterliegt zwar der vollständigen Überprüfung durch den Senat, weil es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323). Die Beklagte verwendet sie in einer Vielzahl von Verträgen (vgl. KG, NL-BzAR 2011, 27, dazu Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 192/10, ZOV 2011, 120). Die Auslegung des Berufungsgerichts ist aber auch in diesem erweiterten Prüfungsrahmen nicht zu beanstanden, sondern zutreffend.

13

bb) Schon dem Wortlaut der Klausel lässt sich eine Befugnis der Beklagten oder des Gerichts zur verbindlichen Festlegung oder Feststellung des Kaufpreises nach billigem Ermessen entsprechend § 315 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2, § 317, § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht entnehmen. Denn darin wird dem Kläger eine gerichtliche Überprüfung des Verkehrswerts gerade vorbehalten. Davon sind auch die Oberlandesgerichte ausgegangen, die im Zusammenhang mit der Klausel § 315 Abs. 3 BGB erwähnt haben (KG, NL-BzAR 2011, 27, 29 und OLG Dresden, RdL 2014, 96, 97).

14

cc) Die am Wortlaut orientierte Auslegung wird durch den Vertragszweck bestätigt. Der Kaufvertrag dient der Erfüllung des Erwerbsanspruchs des Klägers nach § 3 Abs. 1 AusglLeistG. Nach dieser Vorschrift kann der Kläger von der Beklagten den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen nicht nur in dem in § 3 Abs. 3 AusglLeistG festgelegten Umfang, sondern auch zu dem in § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG festgelegten Preis verlangen. Von diesem Preis dürfte die Beklagte nicht abweichen. Sie darf die Bedingungen, zu denen die Verkäufe nach § 3 AusglLeistG durchgeführt werden, nicht privatautonom, also abweichend von den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen festlegen (Senat, Urteil vom 4. Mai 2007 - V ZR 162/06, ZOV 2007, 30 Rn. 9; vgl. auch Senat, Urteil vom 21. Juli 2006 - V ZR 158/05, WM 2006, 2101 Rn. 22). Das gilt auch für den Verkaufspreis.

15

dd) Aus dem vorgeschriebenen Verfahren bei dem Abschluss von Kaufverträgen nach § 3 AusglLeistG ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers nichts anderes. Die Beklagte hat den - in § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG als „Wertansatz“ bezeichneten - Kaufpreis nach § 9 Abs. 1 Satz 2 FlErwV nicht zu bestimmen, sondern nach Maßgabe des (hier einschlägigen) § 5 FlErwV und den in dieser Vorschrift in Bezug genommenen Vorschriften der Wertermittlungsverordnung (dazu: Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 192/10, ZOV 2011, 120 Rn. 7) zu „ermitteln“. Die Ermittlung des Kaufpreises durch die Beklagte bindet weder den Käufer noch die Privatisierungsstelle selbst. Beide dürfen nach dem hier noch maßgeblichen § 5 Abs. 1 Satz 4 FlErwV in der bis zum 10. Juli 2009 geltenden Fassung die Bestimmung des Verkehrswerts durch ein Verkehrswertgutachten nach § 192 BauGB durch den zuständigen Gutachterausschuss verlangen.

16

ee) Ein Bestimmungsrecht lässt sich auch nicht, wie der Kläger meint, aus § 3a AusglLeistG ableiten. Danach gelten Kaufverträge nach § 3 AusglLeistG, die vor dem 28. Januar 1999 abgeschlossen wurden, mit der Maßgabe als bestätigt, dass der Verkäufer bei Verträgen mit anderen als den in § 3 Abs. 2 Satz 3 oder § 3 Abs. 5 Satz 1 bezeichneten Personen den Kaufpreis nach den Absätzen 2 und 3 bestimmt. Zweck dieser Regelung war es, die durch einen Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen das Beihilfeverbot des Gemeinschaftsrechts nichtig gewordenen Kaufverträge zu heilen. Ein Preisanhebungsrecht des Verkäufers hat der Gesetzgeber vorgesehen, weil die Heilung nur durch Beseitigung des Verstoßes erfolgen konnte (Begründung des Entwurfs eines Vermögensrechtsergänzungsgesetzes in BT-Drucks. 14/1932 S. 16). Dass dazu in die Verträge eine besondere Anhebungsermächtigung eingefügt wurde, zeigt, dass die Beklagte als Privatisierungsstelle ohne eine solche besondere Regelung gerade nicht berechtigt ist, den Verkaufspreis nach billigem Ermessen festzulegen.

17

3. Unzutreffend ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der aus einer geschuldeten Anpassung des Kaufvertrags folgende Rückzahlungsanspruch unterliege ebenso wie der Anspruch auf Anpassung selbst der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB. Der Anspruch verjährt vielmehr nach § 196 BGB in einer Frist von zehn Jahren.

18

a) Diese Frist gilt, vorbehaltlich besonderer Regelungen wie § 902 BGB, für jeden Anspruch auf eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstück und für jeden Anspruch auf die Gegenleistung für diese Verfügung. Unerheblich ist, auf welchem Rechtsgrund der Anspruch beruht (Senat, Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824 Rn. 20 f.). Deshalb gilt § 196 BGB nicht nur für die wechselseitigen Primäransprüche aus einem Vertrag, der eine Verfügung über ein Grundstück zum Gegenstand hat (dazu: Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 196 Rn. 6), sondern auch für die Sekundäransprüche und für die wechselseitigen Bereicherungsansprüche bei Nichtigkeit eines solchen Vertrags (Senat, Urteile vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824 Rn. 20 f. und vom 6. Februar 2009 - V ZR 26/08, NVwZ-RR 2009, 412 Rn. 30). Es kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob ein nichtiger oder gescheiterter Vertrag vollständig rückabgewickelt wird. Der Anspruch auf die Gegenleistung verjährt auch dann nach § 196 BGB, wenn der Anspruch auf die Rückabwicklung der Verfügung nicht geltend gemacht wird oder gar nicht besteht, etwa weil es nicht zu einer Verfügung gekommen ist (Senat, Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, aaO Rn. 24). Gegenstand des Anspruchs muss nicht die gesamte Gegenleistung sein. Wenn die Gegenleistung für die Verfügung über das Grundstück mehrere Komponenten hat, genügt es, wenn der Zahlungsanspruch eine davon ist (Senat, Urteil vom 8. November 2013 - V ZR 95/12, NJW 2014, 1000 Rn. 11, 14). Entsprechendes gilt für die Rückabwicklung der Gegenleistung, die sich auf Teile der insgesamt geschuldeten Leistung beschränken kann (Senat, Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, aaO Rn. 27).

19

b) Nach diesen Grundsätzen unterliegt der Rückzahlungsanspruch des Klägers der Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB.

20

aa) Das folgt allerdings, anders als der Kläger meint, nicht daraus, dass der Kaufvertrag der Parteien wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG teilnichtig wäre. Ein solcher Verstoß liegt nämlich nicht vor. Er wird durch die Anpassungsregelung in § 2 Nr. 4 des Vertrags gerade vermieden. Diese Regelung stellt sicher, dass der Kläger im Ergebnis nur den gesetzlich vorgeschriebenen Preis von 65% des (tatsächlichen) Verkehrswerts bezahlen muss.

21

bb) Der Rückzahlungsanspruch des Klägers unterliegt aber deshalb der Verjährungsfrist des § 196 BGB, weil er auf Rückabwicklung von Teilen der im Vertrag vereinbarten Gegenleistung gerichtet ist. Der Kaufpreis durfte den in § 3 Abs. 7 Satz 1 AuslLeistG bestimmten Betrag nicht überschreiten. Ob der dazu von der Beklagten ermittelte Verkehrswert zutraf, war zwischen den Parteien streitig. Sie mussten deshalb eine Regelung treffen, die sicherstellte, dass im Ergebnis nur der gesetzlich festgelegte Kaufpreis zu zahlen war. Ob sie dazu einen möglicherweise zu niedrigen Kaufpreis verbunden mit einem Nachforderungsrecht der Beklagten vereinbarten oder - wie hier - umgekehrt einen möglicherweise überhöhten Kaufpreis verbunden mit einem Rückforderungsrecht des Klägers, ist für die Anwendbarkeit von § 196 BGB gleichgültig. Gegenstand des Anspruchs ist im einen wie im anderen Fall ein Teil des Kaufpreises, mithin der Gegenleistung für die Verfügung im Sinne von § 196 BGB.

22

c) An diesem Ergebnis ändert entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts, dass der Anspruch der Parteien nach § 313 Abs. 1 BGB auf Anpassung eines Vertrags bei Wegfall der Geschäftsgrundlage der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen soll (in diesem Sinne: Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 3. Aufl., § 313 Rn. 95; MünchKomm-BGB/Finkenauer, 6. Aufl., § 313 Rn. 109; NK-BGB/Krebs, 2. Aufl., § 313 Rn. 97; Soergel/Teichmann, BGB, 13. Aufl., § 313 Rn. 152; BeckOK-UrhG/Ahlberg/Götting, Stand: 1. September 2013, § 32 Rn. 98). Ob dem insbesondere bei Grundstückskaufverträgen zu folgen wäre, ist hier nicht zu entscheiden. Der Anpassungsanspruch des Klägers nach § 2 Nr. 4 des Kaufvertrags dient nämlich keiner der Anpassung eines Vertrags an den Wegfall der Geschäftsgrundlage vergleichbaren Gestaltungsaufgabe. Er soll lediglich eine Überprüfung des Kaufpreises ermöglichen und zu einer Rückzahlung des überzahlten Kaufpreises führen, wenn der Preisberechnung nach § 3 Abs. 7 AusglLeistG, § 4 FlErwV ein überhöhter Verkehrswert zugrunde liegt. Ein solcher Anspruch unterliegt nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist. Er ist dem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Käufers bei Nichtigkeit des Vertrags vergleichbar, der nach der erwähnten Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 118/07, NJW-RR 2008, 824 Rn. 20 f.) gemäß § 196 BGB verjährt.

III.

23

Der Anspruch des Klägers ist danach nicht verjährt. Da Feststellungen zum Verkehrswert fehlen, ist die Sache nicht entscheidungsreif. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nach Maßgabe der Wertermittlungsverordnung (dazu Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZR 192/10, ZOV 2011, 120 Rn. 7-9) festzustellen haben, ob der Verkehrswert der verkauften Flächen bei Vertragsschluss niedriger war, als bei der Berechnung des vereinbarten Verkaufspreises angenommen.

Stresemann     

        

Schmidt-Räntsch     

        

     Brückner

        

Weinland     

        

RiBGH Dr. Göbel ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 9. Januar 2015

        
                          

Die Vorsitzende
Stresemann

        

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Februar 2012 - 10 Sa 210/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15. Dezember 2010 - 38 Ca 3536/10 - abgeändert, soweit es die Beklagte zur Zahlung von 15.000,00 Euro nebst Zinsen verurteilt hat. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.

2

Die Beklagte ist Mitte 2009 aus dem Zusammenschluss der H Bank AG und der D AG entstanden. Sie gehört zur H-Group (H-Gruppe). Diese besteht aus der H Holding AG, der Beklagten, der DE BANK plc, Dublin (Irland) sowie deren Tochtergesellschaften.

3

Der Kläger trat am 1. November 2002 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten und war bis zu seinem Ausscheiden Ende Oktober 2009 als Kundenbetreuer beschäftigt.

4

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt ein zwischen den Parteien im April 2005 geschlossener Dienstvertrag, in dem es ua. wie folgt heißt:

        

„II.   

        

Vergütung

        

Sie erhalten ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus Grundgehalt, Sonderzahlung und Leistungsbonus zusammensetzt.

        

…       

        

Leistungsbonus

        

Sie erhalten darüber hinaus einen Leistungsbonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank. Er wird jedes Jahr neu für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Leistungsbonus wird derzeit mit dem Maigehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt. Er kann zwischen 0 - 200 % des Basiswertes betragen, der zurzeit bei EUR 5.400,00 brutto liegt.

        

…       

        

V.    

        

…       

        

Betriebsvereinbarungen

        

Es gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsvereinbarungen der Bank in den jeweils gültigen Fassungen.“

5

In der zuletzt geltenden einschlägigen Betriebsvereinbarung vom 13. Oktober 2005 (BV 2005) ist ua. Folgendes bestimmt:

        

„B. Flexible Vergütung

        

I. Die zwei Vergütungskomponenten

        

Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen (Leistungs-)Bonus (im Folgenden Bonus genannt).

        

II. Die Vergütung der einzelnen Mitarbeitergruppen

        

1. Tarifmitarbeiter

        

…       

        

2. Außertariflich vergütete Mitarbeiter

        

Das Festgehalt außertariflich vergüteter Mitarbeiter besteht ebenfalls aus zwölf Monatsgehältern und einer Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts. Die Sonderzahlung wird jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt ausgezahlt.

        

Der Basiswert des Bonus wird dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt. Der Anteil am Gesamtjahresgehalt richtet sich insbesondere nach der Funktion und dem Verantwortungsbereich des Mitarbeiters.

        

Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung und Bonus zeitanteilig vergütet. …

        

C. Mitarbeitergespräch

        

…       

        

IV. Zielerreichung/Gesamtbewertung

        

Hier wird die Leistung des Mitarbeiters insgesamt beurteilt. Hierbei sind alle Ergebnisse, nicht nur die individuellen fachlichen Arbeitsziele (Punkt 1), sondern auch die Ziele zu persönlichen Kompetenzen (Punkt 2) und sonstige Ergebnisse zu berücksichtigen.

        

…       

        

V. Festlegung der individuellen Höhe des Bonus

        

Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesamtbankerfolg bestimmt.

        

Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Bank - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.“

6

Der Kläger erhielt für das Jahr 2005 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro, für das Jahr 2006 iHv. 10.000,00 Euro und für das Jahr 2007 iHv. 20.000,00 Euro.

7

Der Bonusbasiswert wurde letztmals für das Geschäftsjahr 2008 auf 15.000,00 Euro festgesetzt. Für dieses Jahr fand am 22. Januar 2009 ein Mitarbeitergespräch mit dem Kläger statt, das zu der Gesamtbewertung „Ziele weit übertroffen“ führte.

8

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten geriet im Zusammenhang mit der weltweiten Bankenkrise in eine finanzielle Schieflage. Im Geschäftsjahr 2008 kam es zu einem Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro; die gesamte H-Gruppe wies einen Fehlbetrag iHv. 5,461 Mrd. Euro aus. Eine Insolvenz wurde nur durch staatliche Unterstützungszahlungen und Garantien in Milliardenhöhe abgewendet. Der H-Gruppe wurden in den Jahren 2008 und 2009 kurz- und mittelfristig Liquiditätshilfen iHv. insgesamt 102 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, davon 87 Mrd. Euro durch Garantien der Bundesrepublik Deutschland. Zum 31. Dezember 2008 betrug das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unmittelbar in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen 6,37 Mrd. Euro.

9

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte bis einschließlich September 2008 an ausscheidende Mitarbeiter anteilige Boni. Ab 29. September 2008 stellte sie diese Praxis ein. Am 12. März 2009 teilte der Vorstand der Bank in einem Mitarbeiterbrief im Intranet mit, für das Geschäftsjahr 2008 werde keine diskretionäre variable Vergütung gezahlt.

10

Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe auch für das Jahr 2008 ein Anspruch auf Bezahlung einer variablen Vergütung zu. Er habe im Jahr 2008 die vereinbarten Ziele weit übertroffen, wie sich aus dem Mitarbeitergesprächsprotokoll vom 22. Januar 2009 ergebe. Bei einem festgesetzten Basiswert iHv. 15.000,00 Euro und angesichts der Übererfüllung der vereinbarten Ziele ergebe sich daraus eine Bewertung von 200 % und damit ein Anspruch iHv. 30.000,00 Euro brutto. Der Anspruch folge aus II des Dienstvertrags von April 2005. Soweit der Dienstvertrag von den Regelungen der Betriebsvereinbarung abweiche, gehe er vor. Die Zurverfügungstellung eines Bonustopfs sei hier nicht erforderlich. Aber auch nach der Betriebsvereinbarung selbst ergebe sich ein Anspruch des Klägers, weil auch diese nicht allein auf den Erfolg der Bank abstelle. Für die Bonuszahlung genüge allein die Erreichung der Ziele. Mit der Festsetzung des Bonus auf „Null“ habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Allein wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation sei auch nicht die Geschäftsgrundlage weggefallen. Schließlich folge ein Anspruch des Klägers aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, nachdem im Jahr 2008 ausscheidende Arbeitnehmer eine Bonuszahlung erhalten hätten.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2009 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, dem Kläger stehe für das Jahr 2008 keine Bonuszahlung zu. Nachdem sich gezeigt habe, dass ein Überleben ohne massive staatliche Hilfe nicht möglich gewesen sei, sei der Vorstand berechtigt gewesen, im März 2009 zu beschließen, dass es keine Bonuszahlung geben werde. Auch die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes führe nicht zu einem Anspruch des Klägers. Wenn im Jahr 2008 ausgeschiedenen Mitarbeitern noch anteilig Bonusansprüche gezahlt worden seien, so liege dies daran, dass seinerzeit die finanzielle Schieflage noch nicht absehbar gewesen sei.

13

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 15.000,00 Euro brutto für das Jahr 2008 verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

15

I. Der Kläger hat keinen Anspruch aus II des Dienstvertrags von April 2005 iVm. § 315 Abs. 1 BGB.

16

1. Nach II des Dienstvertrags erhält der Kläger einen Leistungsbonus, der sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank richtet und der jährlich für das abgelaufene Jahr festgesetzt wird.

17

2. Dieser Anspruch ist auf Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB gerichtet. Das beinhaltet die Möglichkeit, nicht nur bei kumulativer Nichterreichung aller Ziele, sondern - im Ausnahmefall - auch bei Nichterreichung eines Teils der Ziele keinen Leistungsbonus zu zahlen.

18

a) Der Dienstvertrag von April 2005 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 ff. BGB. Das steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

19

b) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19).

20

c) Nach II des Dienstvertrags erhält („Sie erhalten …“) der Mitarbeiter einen Leistungsbonus. Grundsätzlich besteht damit ein Anspruch, dieser ist der Höhe nach aber nicht bestimmt. Vereinbart sind die Kriterien für die Bemessung des Bonus, die inhaltlich nicht konkretisiert sind und deren Verhältnis zueinander nicht festgeschrieben ist. Die Auffassung, bei Erfüllung eines der drei Kriterien müsse in jedem Fall ein Mindestbetrag gezahlt werden, steht mit den vertraglichen Vorgaben nicht im Einklang. Sie lassen die Festsetzung auf 0 % ausdrücklich zu, ohne dafür besondere Voraussetzungen zu nennen. Der Vertrag setzt demnach voraus, dass die Ausübung „billigen Ermessens“ auch die Bestimmung des Bonus mit dem Wert „Null“ ermöglichen kann. Für einen verständigen Vertragspartner folgt daraus, dass der Verwender sich ein Leistungsbestimmungsrecht sowohl in Bezug auf die Höhe des Anspruchs als auch in Bezug auf die Gewichtung der Kriterien vorbehalten hat und die Festlegung des jeweiligen Bonus nach billigem Ermessen erfolgen muss.

21

d) Die im Vertrag enthaltene Beschreibung der Kriterien für die Bonuszahlung ist allerdings nicht bedeutungslos. Vielmehr setzt sie Maßstäbe für die Ausübung des billigen Ermessens durch den Arbeitgeber. Die im Vertrag genannten Gesichtspunkte sollen bei der Ausübung des Ermessens jedenfalls erwogen werden. Denn nach II des Dienstvertrags „richtet“ sich der Leistungsbonus nach den Bemessungskriterien. An diese Vorgaben ist die Beklagte gebunden. Haben die Vertragsparteien - zB durch eine Zielvereinbarung - die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend vereinbart, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien ( BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 22). Nach dem Dienstvertrag der Parteien entspricht die Leistungsbestimmung regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Eine Leistungsbestimmung auf „Null“ kann also nur dann billiges Ermessen wahren, wenn für eine vom Regelfall abweichende Gewichtung vereinbarter Kriterien ausnahmsweise besonders wichtige Gründe sprechen.

22

3. Mit diesem Inhalt hält II des Dienstvertrags einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

23

a) Die Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

24

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, BAGE 138, 80).

25

bb) Diese Gefahr besteht nicht. Der Dienstvertrag bestimmt eindeutig, dass nach billigem Ermessen über den Leistungsbonus zu entscheiden ist und welche Faktoren in seine Bemessung einfließen. Dass sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Bestimmung der Leistung vorbehalten hat, macht die Vereinbarung nicht unklar. Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausübung des billigen Ermessens, den er gerichtlich durchsetzen kann (§ 315 Abs. 3 BGB).

26

b) II des Dienstvertrags enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSv. § 308 Nr. 4 BGB.

27

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte nach § 315 ff. BGB fallen aber nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149).

28

bb) So ist es hier. Der Anspruch ist auf Festlegung des Leistungsbonus nach billigem Ermessen unter Beachtung vertraglich vereinbarter Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Änderung bereits zugesagter Leistungen ist nicht vereinbart.

29

c) II des Dienstvertrags enthält keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

30

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f.; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

31

bb) Die Beklagte hat sich zur Zahlung eines Leistungsbonus nach billigem Ermessen verpflichtet und nicht das Recht vorbehalten, Vergütungschancen zu entziehen. Es ist zwar möglich, dass sich das Verhältnis zwischen festen und variablen Bezügen zugunsten der Festbezüge verschiebt, wenn der variable Teil aufgrund schlechter individueller Leistung und/oder schlechter wirtschaftlicher Situation niedrig festgesetzt wird. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber verpflichtet, den Leistungsbonus nach billigem Ermessen festzusetzen, und unterliegt die Leistungsbestimmung der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46).

32

cc) Die vertragliche Regelung weicht nicht vom Gesetz ab, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Das Gesetz sieht die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass dies einem rechtlichen Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen kann und deshalb nicht von vornherein unangemessen ist. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und sie gegebenenfalls durch Urteil ersetzen lassen kann. Damit sind gegenüber einer Gefährdung des Gläubigers Vorkehrungen getroffen (BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 43). Hinzu kommt, dass das einseitige Leistungsbestimmungsrecht nur einen Teil der vereinbarten Vergütung betrifft. Das in monatlichen Teilbeträgen auszukehrende Grundgehalt und eine weitere Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts sind im Dienstvertrag fest vereinbart. Der Kernbereich des Austauschverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung wird damit durch die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB nicht berührt.

33

4. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Leistungsbonus für das Jahr 2008 ermessensfehlerfrei auf „Null“ festgesetzt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).

34

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

35

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B IV 1 der Gründe; zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).

36

c) Diesen Maßgaben wird die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung für den Leistungsbonus für das Jahr 2008 gerecht.

37

aa) Die Leistungsbestimmung war über die Vorgaben des Dienstvertrags hinaus an die Regelungen der BV 2005 gebunden. Vorgaben für die Ausübung des billigen Ermessens iSv. § 315 BGB können sich aus vertraglichen(vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 21) oder aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben, vorliegend aus der BV 2005. Die vorher geltende Betriebsvereinbarung ist durch die BV 2005 abgelöst worden und hat im Streitzeitraum keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (sog. Ablösungsprinzip; st. Rspr., vgl. BAG 18. September 2012 - 3 AZR 431/10 - Rn. 34; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Die BV 2005 begründet keinen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Leistungsbonus, sie bestimmt vielmehr das Verfahren zur Festlegung der individuellen Höhe eines Leistungsbonus auf der Grundlage eines im Arbeitsvertrag zugesagten Basiswerts. Nach C V Abs. 1 der BV 2005 hängt die Höhe des individuellen Bonus von der Höhe des jährlichen Bonustopfs ab, der vom Gesamtbankerfolg bestimmt wird. Auch nach der BV 2005 können deshalb die Kriterien zur Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gewichtet werden und besteht kein unbedingter Anspruch bei Teilerreichung von Zielen.

38

bb) Die Leistungsbestimmung der Rechtsvorgängerin der Beklagten entspricht den vertraglichen Vorgaben des Dienstvertrags und den kollektivrechtlichen Vorgaben der BV 2005, auch wenn am 22. Januar 2009 ein Mitarbeitergespräch stattfand, das zu der Gesamtbewertung „Ziele weit übertroffen" führte. Die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ trotz Erreichung vereinbarter persönlicher Ziele könnte bei einem negativen Ergebnis der Bank im Rahmen „normaler“ Schwankungsbreiten zwar billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB widersprechen; für das Geschäftsjahr 2008 haben aber besonders gewichtige, außergewöhnliche Umstände vorgelegen, die ausnahmsweise die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ gerechtfertigt haben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat im Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro, die H-Gruppe sogar einen solchen iHv. 5,461 Mrd. Euro ausgewiesen. Die H-Gruppe ist nur durch Liquiditätshilfen in den Jahren 2008 bis 2009 iHv. 102 Mrd. Euro gerettet worden; allein das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen betrug zum 31. Dezember 2008 6,37 Mrd. Euro. Dies zeigt, dass sich im Geschäftsjahr 2008 nicht die im Dienstvertrag vorausgesetzten und vom Arbeitgeber gegebenenfalls selbst zu tragenden Risiken einer „normalen“ negativen Geschäftsentwicklung verwirklicht haben. Die Risiken übertrafen auch bei Weitem die typischerweise mit einer Insolvenz einhergehenden Gefährdungen, weil sie nicht nur Gläubiger der Bank betrafen, sondern das gesamte Bankensystem. Die Rettung von Banken diente nicht der Sicherung von Vergütungsansprüchen ihrer Arbeitnehmer, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Abwehr schwerer Gefahren für die Volkswirtschaft (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 50). Es bestand deshalb eine Ausnahmesituation, die es auch unter Berücksichtigung der guten Leistungen des Klägers nicht unangemessen erscheinen lässt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Leistungsbonus auf „Null“ festgesetzt hat.

39

II. Der Kläger hat keinen Anspruch wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, obwohl an Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2008 ausgeschieden sind, bis Anfang September anteilige Boni ausgekehrt wurden.

40

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei der Zahlung der Arbeitsvergütung anwendbar, wenn diese durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (st. Rspr., vgl. BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 12, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14). Die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt aber noch nicht den Schluss, diese bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt erst dann vor, wenn die Besserstellung nach bestimmten Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79).

41

2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht dargelegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind Zahlungen an ausscheidende Mitarbeiter, die nach B II 2 Abs. 3 der BV 2005 dem Grunde nach auch vorgesehen sind, durch Anweisung der Personalleiterin mit E-Mail vom 29. September 2008 zu dem Zeitpunkt eingestellt worden, in dem die Krise erkennbar wurde. Bei der Entscheidung über einen Anspruch des Klägers und der anderen nicht ausgeschiedenen Mitarbeiter stellte sich die wirtschaftliche Situation grundlegend anders dar; die Besserstellung der ausscheidenden Mitarbeiter beruhte ausschließlich auf der zum Zeitpunkt des Ausscheidens fehlenden Absehbarkeit der späteren desaströsen Lage und damit auf einer anderen Tatsachengrundlage. Eine sachfremde Gruppenbildung liegt danach nicht vor.

42

3. Unerheblich ist, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei der Entscheidung über einen Bonus aufgrund der Staatshilfen wieder zahlungsfähig war. An der maßgeblichen wirtschaftlichen Lage der H-Gruppe hat sich dadurch nichts geändert.

43

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Mestwerdt    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision beider Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. August 2011 - 5 Sa 490/11 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 489.760,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt und soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 31. März 2011 - 1 Ca 2138/10 - hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsantrags abgeändert und die Klage abgewiesen hat.

 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der variablen Vergütungsansprüche nach einem „Partnervergütungssystem“ (PVS) für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010, über die damit zusammenhängende Leistungsbewertung des Klägers und über Auskunftsansprüche.

2

Der Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Arbeitnehmer beschäftigt. Der ursprüngliche Anstellungsvertrag vom 27. September/1. Oktober 1996 enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 ist Herr S zum Mitglied der Geschäftsleitung (Partner Stufe II) der Niederlassung E ernannt worden.

        

…       

        

§ 2

        

Herr S bezieht mit Wirkung vom 1. Januar 1996 ein Jahresgehalt von DM 162.000,-- (in Worten: Deutsche Mark einhundertzweiundsechzigtausend) zahlbar in monatlichen Raten postnumerando.

        

…       

        

§ 3

        

Für den Fall eines günstigen Jahresabschlusses der C ist die Zahlung einer jährlichen Abschlussgratifikation vorgesehen. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht nicht. Der Aufsichtsrat der C wird in jedem Jahr auf Vorschlag des Vorstandes darüber beschließen, ob und in welcher Höhe diese Gratifikation gezahlt werden soll.

        

Die Abschlussgratifikation wird zeitanteilig gekürzt, soweit während des Geschäftsjahres, auf das sich die Abschlussgratifikation bezieht, keine laufenden Bezüge gemäß § 2 gezahlt worden sind (z. B. bei Eintritt und Ausscheiden im Geschäftsjahr, bei einer länger dauernden Krankheit ab der 7. Woche, bei unbezahltem Urlaub etc.).

        

Ein 13. Gehalt, Vergütung für Überstunden, Stadttagegeld und ähnliche Leistungen werden nicht gezahlt.“

3

Am 17. März/26. Mai 2006 vereinbarten die Parteien folgende Vertragsänderung (VÄ):

        

„Präambel

        

Mit Änderung des Konsortialvertrages wurde vom Arbeitsausschuss des Country Leadership Teams (CLT) in Abstimmung mit dem Partnerrat beschlossen, das bestehende Partnervergütungssystem zu modifizieren. Die Änderung besteht zum einen im ersatzlosen Entfall der Responsibility Kategorien (RK) für Partner. Zum anderen werden alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Die daraus resultierende Änderung des Anstellungsvertrages wird mit Wirkung ab 1. Juli 2006 wie folgt vereinbart:

                          
        

1.    

Entfall der Responsibility Kategorien

        

Die Einstufung in RK-Gruppen allgemein und damit speziell ihre bisherige vertragliche Zuordnung entfällt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 ersatzlos.

                          
        

2.    

Festbezüge und variable Vergütung

        

Die Festbezüge (Gehalt) betragen 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Ein eventuell erworbener Besitzstand bleibt erhalten. Soweit aufgrund eines Besitzstandes die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens überschreiten, verringert sich entsprechend der Anteil der variablen Bezüge.

        

Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens.

        

3.    

Partnervergütungssystem

        

Im Übrigen gilt zum 1. Juli 2006 das beigefügte Partnervergütungssystem.

        

Soweit nicht durch diese Vereinbarung geändert, gelten die bisher mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen unverändert fort.“

4

In dem PVS vom 1. Juli 2006 heißt es ua.:

        

„Vorbemerkung

        

…       

        

Im Folgenden wird dargelegt, wie sich die dienstvertragliche Vergütung der Partner/Partnerinnen bestimmt. …

        

Dem eigentlichen Vergütungssystem vorgelagert sind die Grundsätze für eine angemessene Leistungsbeurteilung, wie sie durch Abschluss und Beurteilung von Zielvereinbarungen erfolgt.

        

1.    

Gesamtbezüge

        

Die Gesamtbezüge eines Partners/einer Partnerin der P AG bestehen aus den

                          

·       

Festbezügen (Gehalt) und den

                          

·       

variablen Bezügen (Tantieme).

        

Die Gesamtbezüge werden bei Vertragsbeginn vereinbart und grundsätzlich jährlich für ein Geschäftsjahr neu festgelegt (Zieleinkommen).

        

Die Gesamtbezüge orientieren sich an den von dem Partner/der Partnerin in dem jeweiligen Geschäftsjahr wahrgenommenen Aufgaben, an seiner/ihrer Verantwortung, an den in dem Geschäftsjahr erbrachten individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin sowie an dem Erfolg des Unternehmens und der Einheit, in der der Partner/die Partnerin tätig ist.

                 
        

Festbezüge und variable Bezüge

        

Die Festbezüge betragen 60 % des Zieleinkommens. Die Höhe des Zieleinkommens und damit die Höhe der Festbezüge bemisst sich nach dem Inhalt der Aufgabe und dem damit verbundenen Verantwortungsbereich.

        

Die variablen Bezüge (Tantieme) betragen 40 % des Zieleinkommens. Durch die Mitteilung der Gesamtvergütung (Zieleinkommen) wird auf Auszahlung der variablen Bezüge weder dem Grunde noch der Höhe nach ein Anspruch begründet. Vielmehr folgt sowohl aus der Leistungsbezogenheit der variablen Bezüge als auch aus der Anknüpfung an den Erfolg des Unternehmens bzw. der jeweiligen Unternehmenseinheit, dass sie den Charakter einer Tantieme haben und in jedem Jahr neu verdient werden müssen. Insbesondere begründet die Zahlung variabler Bezüge im Vorjahr keinen Anspruch auf Gewährung von variablen Bezügen für das Folgejahr; Besitzstände können nicht erdient werden. Außerdem liegt der Bemessung der Tantieme die Erwartung zu Grunde, dass der Partner/die Partnerin auch im Folgejahr weiter erfolgreich für das Unternehmen tätig ist (Betriebstreue). Dieser Aspekt bleibt im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht.

        

Die Bemessung der variablen Bezüge berücksichtigt die individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr. Außerdem ist die Höhe der variablen Bezüge von dem Erfolg des Unternehmens P AG in der abgelaufenen Periode sowie dem Erfolg der Unternehmenseinheit, zu der der Partner/die Partnerin gehört, abhängig.

                 
        

2.    

Zieleinkommen und Isteinkommen

        

Ausgangspunkt der Vergütung ist das sog. Zieleinkommen, das sowohl die Festbezüge als auch die variablen Bezüge umfasst und bei Vertragsbeginn sowie zu Beginn des Geschäftsjahrs festgelegt wird. Bei der Bestimmung des variablen Teils (40 % der Gesamtbezüge) wird unterstellt, dass die individuelle Leistung den Erwartungen und der Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit den budgetierten Beträgen entspricht. Das neue Zieleinkommen wird den Partnern/Partnerinnen zu Beginn jedes Geschäftsjahres mitgeteilt.

        

Nach Ablauf des Geschäftsjahres wird das Isteinkommen festgelegt. Diese nachträgliche Festlegung betrifft den variablen Teil der Bezüge. Grundlage für die endgültige Festlegung der variablen Bezüge sind die mit Hilfe der Zielvereinbarung festgestellten individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und
-beurteilungssystems) sowie der tatsächlich erzielte Erfolg des Unternehmens und der Unternehmenseinheit und die Betriebstreue.

        

Unter Berücksichtigung der individuellen Leistungen und des Unternehmenserfolgs sowie der Betriebstreue kann der variable Teil der Bezüge niedriger, aber auch höher festgesetzt werden als mit dem Betrag, der als Teil des Zieleinkommens vorgesehen war.

        

Grundlage für die Bemessung der individuellen Partnerperformance sind servicelineübergreifende Beurteilungskriterien, deren Erfüllungsgrad von dem Primary Reporting Partner (von der Primary Reporting Partnerin), ggf. dem Secondary Reporting Partner (der Secondary Reporting Partnerin), dem LoS-Leadershipteam und dem Unternehmens-Leadershipteam beurteilt wird. Hieraus wird die Entscheidung über die Vergütung abgeleitet.

                 
        

3.    

Auszahlung der Bezüge

        

Die Festbezüge in Höhe von 60 % des Zieleinkommens werden in zwölf gleichen Beträgen monatlich nachschüssig ausgezahlt. Die variablen Bezüge werden nach Ablauf des Geschäftsjahres und Feststellung des Jahresabschlusses sowie Genehmigung durch den Aufsichtsrat der P AG gezahlt.“

5

Darüber hinaus existiert ein „Zielvereinbarungs- und Beurteilungssystem für Partner/Anwenderhandbuch“ (im Folgenden: Handbuch). Aus diesem ergibt sich ua. eine fünfstufige Beurteilungsskala.

6

Auf Grundlage dieser Regelungen teilte die Beklagte dem Kläger jeweils zu Beginn des Geschäftsjahres (1. Juli des Jahres bis 30. Juni des Folgejahres) sein Zieleinkommen und die Höhe der Festbezüge mit. Zudem schlossen die Parteien Zielvereinbarungen und bewerteten die Zielerreichung nach Ablauf des Beurteilungszeitraums. Danach teilte die Beklagte dem Kläger jeweils sein Gesamteinkommen und dessen Zusammensetzung mit. Für die Geschäftsjahre nach der Vertragsänderung ergaben sich folgende Werte:

        

Geschäftsjahr

Zieleinkommen

Festbezüge

Gesamteinkommen

Abschlussgratifikation

        

2006/2007

400.000,00

240.000,00

650.000,00

410.000,00

        

2007/2008

700.000,00

420.000,00

600.000,00

180.000,00

        

2008/2009

740.000,00

444.000,00

510.000,00

66.000,00

        

2009/2010

520.000,00

444.000,00

450.000,00

6.000,00

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, sein jährliches Zieleinkommen seit dem Geschäftsjahr 2008/2009 auf mindestens 740.000,00 Euro festzusetzen. Da seine Festvergütung von der Beklagten zuletzt zutreffend mit 444.000,00 Euro (= 60 %) angegeben worden sei, müsse die erreichbare variable Vergütung weitere 296.000,00 Euro (= 40 %) betragen. Auf den Freiwilligkeitsvorbehalt in Ziff. 1 PVS könne sich die Beklagte nicht berufen. Bei den dort geregelten Bezügen handele es sich erkennbar um Leistungsentgelt, auf das der Kläger einen Rechtsanspruch besitze. Darüber hinaus verstießen die Vergütungsregelungen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil nicht klar sei, wie sich der variable Teil seiner Vergütung und damit auch das Gesamteinkommen errechne. Die Bewertung und Benotung seiner Leistungen erweise sich als willkürlich und widersprüchlich, zumal es auch unter Berücksichtigung des Handbuchs an objektiv messbaren Kriterien für die Festsetzung des Zieleinkommens einerseits und für die Berechnung des tatsächlich erreichten Gesamteinkommens andererseits fehle.

8

Die für die Geschäftsjahre 2007/2008 und 2008/2009 vorgegebenen finanziellen Ziele seien zu hoch angesetzt und nicht zu erreichen gewesen. Überdies seien seine Leistungen fehlerhaft beurteilt worden. Für das Geschäftsjahr 2009/2010 müsse die Beurteilung schon als willkürlich bezeichnet werden. Die Beurteilungen und die niedrige Festsetzung des Zieleinkommens stünden im Zusammenhang mit dem Wunsch der Beklagten, sich von ihm zu trennen. Die beanspruchten Auskünfte benötige er zur Prüfung der Frage, ob es bei der Ermittlung der Vergütung zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung gegenüber anderen Partnern gekommen sei.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 620.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass sein Zieleinkommen bei der Beklagten je Geschäftsjahr, beginnend mit dem Geschäftsjahr 2008/2009 mindestens 740.000,00 Euro beträgt,

        

3.    

die Beklagte - im Wege der Stufenklage - zu verurteilen,

                 

3.1     

ihm Auskunft zu erteilen

                 

a)    

über die Höhe der Zieleinkommen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom

                          

1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007,

                          

1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,

                          

1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009,

                          

1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010,

                          

wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner insbesondere folgende Angaben enthalten muss:

                          

-       

Name des Partners

                          

-       

Geburtsdatum des Partners

                          

-       

Eintrittsdatum des Partners bei der Beklagten sowie die Bewertungskriterien der daraus resultierenden Betriebstreue nach dem Partnervergütungssystem

                          

-       

Aufgabeninhalt, Funktion und jeweiliger Verantwortungsbereich des Partners sowie die Bewertungskriterien der daraus resultierenden Daten nach dem Partnervergütungssystem für den jeweiligen Partner

                          

-       

Region, in der der Partner tätig war

                          

-       

Höhe des für den jeweiligen Partner festgesetzten Zieleinkommens

                          

-       

Kriterien und Ergebnis der individuellen Leistungsbestimmung des jeweiligen Partners

                          

-       

Unternehmenseinheit des Partners und deren Erfolg im Sinne des Partnervergütungssystems sowie die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien

                          

-       

Unternehmenserfolg im Sinne des Partnervergütungssystems und die insoweit für den jeweiligen Partner zugrunde gelegten Kriterien,

                 

b)    

über die tatsächlich gezahlten Bruttovergütungen sowie die von der Beklagten zur Ermittlung herangezogenen Kriterien sämtlicher bei ihr als Partner beschäftigter Arbeitnehmer - jeweils getrennt nach Geschäftsjahren - für die Zeiträume vom

                          

1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007,

                          

1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,

                          

1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009,

                          

1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010,

                          

wobei die Auskunft für den jeweiligen Partner im jeweiligen Zeitraum insbesondere folgende Angaben enthalten muss:

                          

-       

Name des Partners

                          

-       

Umfang der Zielerreichung gemäß Partnervergütungssystem getrennt nach

                          

        

-       

Unternehmenserfolg

-       

Erfolg der Unternehmenseinheit

                                   

-       

individuelle Leistung gemäß Zielvereinbarung (Ergebnisse des Partnerzielvereinbarungs- und Beurteilungssystems)

                                   

-       

Betriebstreue,

                 

3.2     

an ihn einen nach erteilter Auskunft noch zu beziffernden Betrag zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Freiwilligkeitsvorbehalt sei zulässig und rechtswirksam, weil die Zahlung der variablen Vergütung nach dem Partnervergütungssystem keinen Entgeltcharakter im engeren Sinne habe. Die bei ihr praktizierte Vergütungsregelung sei transparent. Die Kriterien zur Berechnung des Ziel- und des Gesamteinkommens stünden fest und der Kläger habe es selbst in der Hand, Einfluss auf die Festsetzung des jährlichen Zieleinkommens zu nehmen. Die Ziele im streitbefangenen Zeitraum hätten sich an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientiert. Aus dem PVS iVm. dem Handbuch ergebe sich im Einzelnen, wie die Zielvereinbarungen zu treffen seien, welche Kriterien beurteilt werden dürften, wie das Bewertungsverfahren ablaufe und welche Beurteilungsgrundsätze und Noten in Betracht kämen. Auch die jeweiligen Beurteilungen des Klägers seien nicht zu beanstanden, weil dieser zuletzt teilweise sehr schlechte Leistungen gezeigt habe. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung komme nicht in Betracht, da es bei der Festsetzung der Vergütung an einem abstrakt generalisierenden Prinzip fehle. Überdies stünden berechtigte Interessen der anderen Partner einer Auskunft entgegen; eine solche würde Datenschutzbestimmungen widersprechen.

11

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 1. und zu 2. in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs und eines möglicherweise daraus folgenden Zahlungsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert, den Zahlungsanspruch des Klägers reduziert und seinen Feststellungsantrag abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge in vollem Umfang weiter. Die Beklagte begehrt weiterhin vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässigen Revisionen beider Parteien sind hinsichtlich der für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 geltend gemachten Zahlungsansprüche des Klägers begründet (zu I). Hinsichtlich der begehrten Feststellung über die Höhe seines Zieleinkommens und hinsichtlich der Stufenklage ist die Revision des Klägers dagegen unbegründet (zu II).

13

I. Ob dem Kläger nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. Ziff. 2 Abs. 2 VÄ und den Regelungen des PVS eine höhere variable Vergütung (Tantieme) für den streitgegenständlichen Zeitraum zusteht, steht noch nicht fest. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte weder die Beklagte zur Zahlung verurteilt noch die Klage teilweise abgewiesen werden. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Revisionen beider Parteien führen daher insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

14

1. Die vertraglichen Bestimmungen gewähren dem Kläger - neben dem Anspruch auf Festbezüge (Gehalt) in Höhe von 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens - grundsätzlich einen Anspruch auf eine variable Vergütung. Die Höhe der erreichbaren variablen Vergütung bestimmt sich für das jeweilige Geschäftsjahr nach einem nach billigem Ermessen durch die Arbeitgeberin festzusetzenden Zieleinkommen, welches mindestens ein bestimmtes Verhältnis zu den Festbezügen erreichen muss. Die Höhe der tatsächlich auszuzahlenden variablen Bezüge (Tantieme, auch als Abschlussgratifikation bezeichnet) ergibt sich aus einer Festsetzung nach billigem Ermessen unter Beachtung der individuellen Leistung, des Unternehmenserfolgs, des Erfolgs der Unternehmenseinheit und der Betriebstreue. Die Bewertung der individuellen Leistung erfolgt dabei bezogen auf das Erreichen der in einer Zielvereinbarung festgelegten Ziele. Dieses mit der Vertragsänderung im Jahre 2006 vereinbarte Vergütungssystem ist - mit einer Ausnahme - rechtlich nicht zu beanstanden.

15

a) Bei den Vertragsbestimmungen vom 17. März/26. Mai 2006 und den Regelungen des PVS handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 ff. BGB. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

16

b) Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54).

17

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung der einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt, von denen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

18

c) Eine Auslegung nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Parteien eine Vergütung vereinbart haben, welche sich aus einem festen, durch die Arbeitgeberin nur zugunsten des Arbeitnehmers veränderbaren Anteil (Festbezüge/Gehalt) und aus einem variablen Anteil (Tantieme/Abschlussgratifikation), dessen Höhe sowohl hinsichtlich der Erwerbschancen als auch hinsichtlich der tatsächlichen Auszahlung schwanken kann und von der Beklagten jeweils nach billigem Ermessen festzusetzen ist, zusammensetzt.

19

aa) Mit der VÄ sollte das Vergütungssystem der Partner/innen, wie sich aus der Präambel ergibt, umgestellt und vereinheitlicht werden. Das System sieht Festbezüge und variable Bezüge vor, deren Ermittlung - abgesehen von der erstmaligen Vereinbarung der Gesamtbezüge bei Vertragsbeginn - durch Festlegung eines Zieleinkommens vor und eines Isteinkommens nach Ablauf des Bezugszeitraums erfolgt (Ziff. 3 VÄ iVm. PVS). Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 VÄ legt dabei den Anteil der Festbezüge auf 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens fest, wobei sich Modifikationen durch die Besitzstandsklausel in Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ergeben. Ziff. 2 Abs. 2 VÄ bestimmt den Anteil der variablen Bezüge auf 40 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens. Die weiteren Einzelheiten des Vergütungssystems ergeben sich aus Ziff. 3 VÄ iVm. PVS. Dort ist ua. bestimmt, dass bei Festlegung des Zieleinkommens hinsichtlich des variablen Teils eine Zielerreichung unterstellt wird.

20

(1) Die Vertragsbestimmungen vom 17. März/26. Mai 2006 enthalten keine konkrete Angabe über die Höhe der Gesamtbezüge des Klägers. Diese ergibt sich aber aus der vorgefundenen Vertragslage und der Vergütung zum Inkrafttreten der VÄ. Einer gesonderten Vereinbarung der Gesamtvergütung bedurfte es daher - anders als bei einer Neueinstellung - nicht. Zwischen den Parteien ist diese Frage nicht streitig; für das am 1. Juli 2006 beginnende Geschäftsjahr 2006/2007 betrug das Zieleinkommen nach dem Schreiben der Beklagten vom 17. Juli 2006 400.000,00 Euro und die Festbezüge waren mit 240.000,00 Euro, dh. 60 % hiervon, ausgewiesen. Damit betrug die feste Vergütung des Klägers gemäß Ziff. 2 Abs. 1 VÄ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Vergütungssystems 240.000,00 Euro.

21

(2) Mindestens in dieser Höhe waren die Festbezüge nach Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 VÄ festgeschrieben. Diese Besitzstandsklausel ist - anders als der vergangenheitsbezogene Wortlaut („erworbener Besitzstand“) zunächst glauben lässt - nicht auf den Zeitpunkt der Einführung des PVS beschränkt. Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 VÄ bestimmt nämlich, dass die Festbezüge 60 % der Gesamtbezüge bzw. des Zieleinkommens betragen. Es ist also vor und nach jedem Geschäftsjahr deren Anteil zu bestimmen. Gegebenenfalls tritt eine Erhöhung der Festbezüge ein, die dann den neuen Besitzstand darstellen. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Erhöhungen des Zieleinkommens (zB im Geschäftsjahr 2008/2009) haben zu einer Anpassung der Festbezüge auf 60 % dieses Zieleinkommens und zu einem entsprechend höheren Besitzstand des Klägers im Folgejahr (444.000,00 Euro) geführt.

22

(3) Hinsichtlich des variablen Teils der Vergütung fehlt es hingegen an einer solchen dauerhaften Festlegung. Zwar werden nach der Präambel der VÄ alle Partner einheitlich in einem Verhältnis zum Zieleinkommen von 60 % fix und 40 % variabel vergütet. Auch benennt Ziff. 2 Abs. 2 VÄ die Höhe der variablen Bezüge mit 40 %. Der Wert von 40 % bezieht sich aber - ebenso wie bei den Festbezügen - nicht nur auf das Zieleinkommen, sondern auch auf die Gesamtbezüge. Im Fall eines niedrigen Zielerreichungsgrades und damit eines niedrigeren Isteinkommens verschiebt sich damit notwendigerweise das Verhältnis zwischen fixen und variablen Vergütungsbestandteilen, da andernfalls eine - unzulässige und nicht vorgesehene - Absenkung der festen Vergütungsbestandteile die Folge wäre. Deshalb bestimmt Ziff. 2 Abs. 1 Satz 3 VÄ für diesen Fall ausdrücklich, dass sich der Anteil der variablen Bezüge entsprechend vermindert. Gleiches gilt, wenn aufgrund eines Besitzstandes bereits beim Zieleinkommen der Anteil der Festbezüge 60 % übersteigt. Der Anteil an variablen Bezügen verringert sich dann entsprechend. Eine andere Auslegung erscheint auch nach der Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht ernsthaft möglich, würde sie doch den Bezug auf die Gesamtbezüge völlig ausblenden. Auch die Regelungen des PVS tragen dieses Ergebnis. Sowohl Ziff. 1 PVS (Gesamtbezüge) als auch Ziff. 2 PVS (Zieleinkommen und Isteinkommen) legen fest, dass das Zieleinkommen zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres neu festgelegt wird. Damit ist erkennbar, dass das Zieleinkommen weder immer die gleiche Höhe haben muss noch dass eine Veränderung nur nach oben erfolgen kann.

23

Das gefundene Ergebnis liegt auch nahe. Die beteiligten Verkehrskreise konnten bei Einführung eines teilvariablen Vergütungssystems nicht davon ausgehen, dass nicht nur die Festbezüge, sondern auch das Zieleinkommen unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und den individuellen Leistungen des jeweiligen Arbeitnehmers für alle Zukunft garantiert ist und sich allenfalls steigern kann. Dies gilt erst recht im Hinblick auf die dynamische Ausgestaltung der Besitzstandsklausel hinsichtlich der Festbezüge.

24

(4) Damit ist die Beklagte nach der vertraglichen Regelung berechtigt und verpflichtet, die Höhe des Zieleinkommens für jedes Geschäftsjahr neu zu bestimmen. Dabei ist sie hinsichtlich der Höhe der Festbezüge ebenso wie hinsichtlich des Verhältnisses von Festbezügen und variabler Vergütung durch die Regelungen der VÄ und des PVS gebunden. Dieses Verhältnis beträgt im Grundsatz 60 zu 40, soweit es sich nicht gemäß Ziff. 2 Abs. 1 Satz 3 VÄ verschoben hat. Von diesem Verhältnis kann die Beklagte nicht nach unten abweichen. Im Übrigen überlässt ihr die vertragliche Regelung bei der Festsetzung des Zieleinkommens ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB. Die Leistungsbestimmung hat nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen.

25

Damit enthalten die vertraglichen Bestimmungen keinen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt (vgl. zu einer solchen Konstellation: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 16 ff., BAGE 124, 259). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Beklagte die Entscheidung vorbehalten wollte, die Vergütung auf die Festbezüge zu beschränken oder kein Zieleinkommen festzusetzen. Vielmehr ist sie hierzu nach den obigen Grundsätzen verpflichtet.

26

(5) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine bestimmte Höhe des Zieleinkommens nicht aus seiner (stillschweigenden) Zustimmung zum Zieleinkommen des Vorjahres und einer daraus jeweils folgenden Vertragsänderung nach § 151 BGB. Es fehlt schon an einem Angebot der Beklagten zur Vertragsänderung. Ihre jeweiligen Schreiben, mit denen dem Kläger sein Zieleinkommen mitgeteilt wurde, beziehen sich ausdrücklich auf ein bestimmtes Geschäftsjahr und lassen im Übrigen erkennen, dass die Beklagte - in Übereinstimmung mit den vertraglichen Regelungen - hinsichtlich des variablen Teils der Vergütung ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt.

27

bb) Das Isteinkommen wird gemäß Ziff. 2 Abs. 2 PVS nach Ablauf des Geschäftsjahres festgelegt. Dabei betrifft die nachträgliche Festlegung nur den variablen Teil der Bezüge. Über diesen hat die Beklagte wiederum unter Berücksichtigung der vertraglichen Vorgaben nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu entscheiden.

28

Ziff. 2 Abs. 2 Satz 3 PVS bestimmt vier Faktoren, die bei der Festlegung der variablen Bezüge zu berücksichtigen sind, nämlich die Betriebstreue, den Erfolg des Unternehmens, den Erfolg der Unternehmenseinheit sowie die individuellen Leistungen des Partners/der Partnerin. Letztere bestimmen sich aus den Ergebnissen des Partnerzielvereinbarungs- und -beurteilungssystems (Ziff. 2 Abs. 4 PVS). Allerdings sind weder das Verhältnis der verschiedenen Faktoren zueinander noch die Höhe des zu verteilenden Gesamtbetrags festgelegt. Demnach kann die Höhe der variablen Bezüge von der Festsetzung im Rahmen des Zieleinkommens abweichen (vgl. Ziff. 2 Abs. 3 PVS). Damit verbleibt der Beklagten auch insoweit in bestimmtem Umfang ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Dieses ist mangels abweichender Anhaltspunkte ebenfalls nach billigem Ermessen auszuüben.

29

d) Entgegen der Auffassung des Klägers hält das PVS mit dem oben beschriebenen Inhalt einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB im Wesentlichen stand.

30

aa) Die Regelungen der VÄ und des PVS verstoßen nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

31

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

32

(2) Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. Der mögliche Anspruch des Klägers ist durch die Bestimmungen der VÄ iVm. dem PVS und der jeweiligen Zielvereinbarung ausreichend beschrieben. Für den Kläger als Wirtschaftsprüfer und leitenden Mitarbeiter der Beklagten war erkennbar, dass die Beklagte nach billigem Ermessen über das Zieleinkommen und die tatsächliche Höhe der variablen Bezüge zu entscheiden hat und an welche Faktoren sie hierbei gebunden ist. Soweit die Beklagte sich danach noch einen Beurteilungsspielraum, insbesondere zum Verhältnis der verschiedenen Faktoren und zur Beurteilung der Leistungen des Klägers vorbehalten hat, ist dieser im Hinblick auf die auf Dauer angelegte Regelung und sich stetig ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht unangemessen weit.

33

bb) Die vertraglichen Regelungen enthalten keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB.

34

(1) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte im Sinne des § 315 ff. BGB fallen jedoch nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 16; Staudinger/Coester-Waltjen (2006) § 308 Nr. 4 Rn. 5).

35

(2) So verhält es sich hier. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist sowohl hinsichtlich des Zieleinkommens als auch hinsichtlich des variablen Anteils des Isteinkommens auf Entscheidungen nach billigem Ermessen unter Beachtung bestimmter vertraglicher Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Abweichung von einer bereits versprochenen Leistung behält sich die Beklagte mit dieser Vertragsgestaltung nicht vor. Vielmehr ist sichergestellt, dass die dem Kläger zugesagten Festbezüge unverändert zur Auszahlung kommen und sich diese allenfalls zugunsten des Klägers erhöhen können. Die variablen Bezüge sind demgegenüber nur in einem bestimmten, aber an sich verändernde Ausgangslagen angepassten Verhältnis festgeschrieben. An dieses Verhältnis ist die Beklagte auch bei ihrer Ermessensausübung gebunden.

36

cc) Weder die Regelungen in Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 Abs. 1 PVS, wonach das Zieleinkommen jährlich neu festgelegt wird, noch das Recht der Beklagten, die tatsächliche Höhe des variablen Teils der Bezüge nach vorgegebenen Faktoren nach billigem Ermessen festzulegen, benachteiligen den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

37

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54).

38

(2) Wie bereits dargelegt, enthält die vertragliche Regelung keinen Freiwilligkeitsvorbehalt (vgl. dazu BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 16 ff., BAGE 124, 259). Die Beklagte hat sich nicht das Recht vorbehalten, dem Kläger den Anspruch auf variable Bezüge und damit die entsprechende Vergütungschance zu entziehen. Zwar ist es denkbar, dass sich in Ausnahmefällen das Verhältnis zwischen Festbezügen und variablen Bezügen stark zugunsten der Festbezüge verschiebt. Dies kann der Fall sein, wenn der variable Teil des Isteinkommens aufgrund einer schlechten individuellen Leistung und/oder einer schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und/oder des Unternehmensteils niedrig festgesetzt wird und auf einen hohen Besitzstand hinsichtlich der Festbezüge trifft. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber vertraglich verpflichtet, ein Zieleinkommen nach billigem Ermessen festzusetzen. Billiges Ermessen wird nur dann gewahrt sein, wenn eine im Verhältnis zum Festgehalt angemessene Chance auf Erzielung einer variablen Vergütung erhalten bleibt. Ob dies der Fall ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28).

39

(3) Die Regelung weicht mit dem so ermittelten Inhalt auch nicht vom Gesetz ab. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt keine Abweichung von § 611 BGB vor, da hinsichtlich der variablen Vergütung keine bestimmte Leistung zugesagt wurde, deren späteren Entzug sich die Beklagte vorbehalten hätte. Weder die Höhe der Festvergütung noch der Anteil der variablen Vergütung lassen die Annahme zu, dass sich der Arbeitgeber faktisch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich seiner Gegenleistung vorbehalte und damit das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko unzulässigerweise auf den Arbeitnehmer übertrage (vgl. dazu zB Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II Z 5 Rn. 15; eine solche Einschränkung ablehnend zB Annuß NZA 2007, 290, 291). Die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte sieht das Gesetz vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass diese einem berechtigten Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen können und nicht von vornherein unangemessen sind. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und gegebenenfalls durch Urteil treffen lassen kann. Gegen die mit dem einseitigen Bestimmungsrecht etwa verbundene Gefährdung des Gläubigers hat der Gesetzgeber damit Vorkehrungen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass sie für ein Partnervergütungssystem der vorliegenden Art nicht ausreichend wären, sind nicht erkennbar.

40

(4) Die Regelung verstößt auch nicht gegen ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einerseits die verhaltenssteuernde Wirkung eines vertraglichen Versprechens für die Zukunft in Anspruch nimmt, andererseits die Entscheidung über den Eintritt der Bedingung allein vom eigenen Willen abhängig macht. Die Beklagte ist sowohl an die Vorgaben der vertraglichen Regelungen gebunden als auch - hinsichtlich der Bestimmung der individuellen Leistung - an die getroffene Zielvereinbarung. Insbesondere kann sie nicht nachträglich das verabredete Leistungsprogramm verändern.

41

(5) Eine unangemessene Benachteiligung liegt allerdings vor, soweit die Beklagte nach Ziff. 1 Abs. 5 PVS die Bemessung der variablen Vergütung davon abhängig macht, dass der Partner/die Partnerin auch im Folgejahr weiter für das Unternehmen tätig ist, und diesen Aspekt nur im Falle planmäßigen altersbedingten Ausscheidens außer Betracht lassen will. Eine solche Regelung, die die Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung oder jedenfalls deren Höhe an den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums - hier des jeweiligen Geschäftsjahres - bindet, ist unwirksam und benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Die Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert(vgl. für gewinn- und leistungsabhängige Bonuszahlungen: BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 259). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, ist nicht ersichtlich (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 31).

42

Die Unwirksamkeit dieser Klausel führt nicht zur Unwirksamkeit der sonstigen Vergütungsregelungen. Vielmehr handelt es um eine teilbare Klausel. Der unzulässige Teil ist sprachlich eindeutig abtrennbar und die verbleibende Regelung weiterhin sinnvoll und verständlich. Der unzulässige Teil ist daher zu streichen (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). Es ist ohne Weiteres möglich, bei der Ausübung billigen Ermessens diesen Aspekt außer Betracht zu lassen. Im Übrigen hat der Kläger die verlangte Betriebstreue im Streitzeitraum und im jeweiligen Folgejahr erbracht, sodass sich die Klausel nicht auf die Höhe seines Anspruchs ausgewirkt hat.

43

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die streitgegenständlichen Geschäftsjahre Folgendes:

44

a) Für das Geschäftsjahr 2007/2008 steht noch nicht fest, ob ein Anspruch auf eine höhere variable Vergütung besteht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann ein solcher nicht bejaht werden. Die Festsetzung des Zieleinkommens und die Höhe der Festbezüge stehen zwischen den Parteien für diesen Zeitraum nicht im Streit. Ob die Festsetzung der variablen Vergütung billigem Ermessen entspricht, kann aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht beurteilt werden.

45

aa) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31 mwN, BAGE 135, 239). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - aaO; 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28, NZA 2012, 1154; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

46

bb) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 12. Okto-ber 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46, AP BGB § 315 Nr. 92 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 28). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15). Welche Folgen hieraus für die Reichweite der Überprüfung durch das Revisionsgericht zu ziehen sind, kann dahinstehen (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

47

cc) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es fehle an einem nachvollziehbaren System, wie die Faktoren zueinander in Beziehung zu setzen seien. Ein derartiges System ist - wie ausgeführt - nicht erforderlich. Darüber hinaus nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Beklagte habe nicht nachvollziehbar dargelegt, woraus sich die Wertung „teilweise nicht erfüllt“ (= einfaches Minus) im Rahmen des Beurteilungssystems ergebe. Dabei hat es wesentlichen Vortrag der Beklagten nicht berücksichtigt. Aus dem Handbuch ergibt sich, dass die Bewertung nach einer fünfstufigen Beurteilungsskala erfolgt (dort Seite 15). Darüber hinaus ist festgelegt, dass es sowohl dem Beurteilten, der eine Selbsteinschätzung abzugeben hat, als auch dem Beurteiler (Reviewing Partner) obliegt, wie die einzelnen Kriterien bei der abschließenden Gesamtbeurteilung untereinander zu gewichten sind (dort Seite 22, 23). In der Bewertung der Zielerreichung für das Geschäftsjahr 2007/2008 haben sowohl der Kläger als auch der Reviewing Partner 1 unter Hinweis auf das Nichterreichen der wirtschaftlichen Ziele übereinstimmend die Einschätzung „Erwartungen/Ziel teilweise erfüllt“ abgegeben. Nach der Bewertungsskala ergibt dies ein einfaches Minus. Vor diesem Hintergrund durfte das Landesarbeitsgericht nicht ohne entgegenstehende Anhaltspunkte annehmen, alle Beurteilungskriterien seien gleich zu gewichten, und mit dieser Begründung von einer Gesamtbewertung „gut“ (Erwartungen/Ziel erfüllt) ausgehen. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die übereinstimmende Einschätzung des Klägers und seines Vorgesetzten zugrunde zu legen ist.

48

Im Rahmen der Beurteilung der Grenzen billigen Ermessens wird das Landesarbeitsgericht allerdings die Behauptung des Klägers zu berücksichtigen haben, die Erreichung der wirtschaftlichen Ziele sei von vornherein unmöglich gewesen. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein - wofür nach dem Vortrag der Parteien bisher wenig spricht - müsste dies Beachtung finden. Billiges Ermessen ist nämlich nur dann gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind. Hierzu könnte beispielsweise eine deutliche Fehleinschätzung des Vorgesetzten im Rahmen des Zielvereinbarungsprozesses gehören. Allerdings hat der Kläger im Kommentarfeld, das für Konflikte im Zielvereinbarungsprozess vorgesehen ist (Handbuch Seite 20), keine Angaben gemacht. Auch dies kann nicht unbeachtet bleiben.

49

Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht zu überprüfen haben, ob die Beklagte hinsichtlich der Wertung der weiteren Faktoren (Unternehmensergebnis/Ergebnis der Unternehmenseinheit) und ihres Verhältnisses zur Bewertung der individuellen Leistung billiges Ermessens gewahrt hat. Dafür wird die Beklagte über ihren bisherigen Vortrag hinaus darlegen müssen, von welchem Unternehmensergebnis/Ergebnis der Unternehmenseinheit sie ausging, in welchem Verhältnis die drei Faktoren zueinander stehen und was dies für die Höhe und Verteilung der Tantieme auf die am PVS beteiligten Partner/innen bedeutet. Dem Kläger ist Gelegenheit zu geben, auf den Vortrag der Beklagten zur Bandbreitenregelung (Schriftsatz vom 8. August 2011, Seite 10 ff.), näher einzugehen. Dabei trifft die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts zu, dass sich ein von der Beklagten aufgrund bestimmter Umstände vorgenommenes Abschlagsverfahren ausschließlich auf den variablen Anteil der Vergütung, nicht aber auf das Zieleinkommen beziehen kann. Nur der variable Teil der Vergütung ist vom Kläger durch seine Leistung beeinflussbar und von den im PVS genannten Faktoren abhängig. Eine andere Handhabung würde im Übrigen dem Charakter der Festvergütung nach Ziff. 2 Abs. 1 VÄ iVm. § 611 Abs. 1 BGB widersprechen.

50

Sollte das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung dieser Faktoren zu dem Ergebnis kommen, dass die Beklagte billiges Ermessen nicht gewahrt hat, so hat es gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Leistungsbestimmung durch Urteil vorzunehmen.

51

b) Gleiches gilt für das Geschäftsjahr 2008/2009. Auch insoweit steht die Höhe des Zieleinkommens und der Festbezüge zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Höhe der Tantieme steht noch nicht fest.

52

aa) Hinsichtlich der Bewertung der individuellen Leistung des Klägers ist zu prüfen, ob die Gesamtbeurteilung zutrifft. Dabei ist die Beklagte - da die Frage im Raum steht, ob sie billiges Ermessen gewahrt hat - für die Richtigkeit der Beurteilung als Teil der Leistungsbestimmung darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 77 Rn. 24; für diese Konstellation ebenso: Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 791; ebenso bei einseitiger Zielfeststellung durch den Arbeitgeber, „insbesondere bei weichen Zielen“: Otto/Walk BB 2010, 373, 376 f.; bei Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers: Heiden Entgeltrelevante Zielvereinbarungen aus arbeitsrechtlicher Sicht Diss. 2006, S. 317). Es gilt ein abgestuftes System der Darlegungslast. Maßgeblich sind zunächst die Beurteilungen in der Zielvereinbarung. Erst wenn der Arbeitnehmer bestimmte Bewertungen bestreitet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese unter Vortrag von Tatsachen substanziiert zu begründen. Bestreitet der Arbeitnehmer solchen Vortrag substanziiert auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen, so hat der Arbeitgeber die Richtigkeit der Beurteilung zu beweisen. Dabei werden die Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten steigen, wenn die arbeitgeberseitige Beurteilung einer vom Arbeitnehmer abgegebenen Selbsteinschätzung entspricht. Darüber hinaus kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass dem Beurteiler notwendigerweise ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. für dienstliche Beurteilungen: BAG 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 33, BAGE 131, 367). Deshalb ist bei der Beurteilung der Zielerreichung innerhalb von Zielvereinbarungen zu unterscheiden. Geht es um die Erreichung sog. harter (quantitativer) Ziele wie zB Umsatz- oder Kundenzahlen, die Durchführung bestimmter Veranstaltungen etc., so ist konkreter Vortrag möglich und erforderlich. Geht es hingegen um das Erreichen sog. weicher (qualitativer) Ziele, wie zB das Führungsverhalten, muss der Arbeitgeber seine Wertungen auf entsprechendes Bestreiten (nur) soweit wie möglich konkretisieren und plausibel machen. Soweit solche Wertungen auf bestimmte Einzelvorkommnisse oder Bewertungen anderer Mitarbeiter (Upward-Feedback) gestützt werden, sind diese konkret zu benennen. Reine Werturteile bedürfen zwar keines näheren Vortrags, reichen aber für sich genommen nicht aus, um eine negative Bewertung zu stützen.

53

Wie die Darlegungs- und Beweislast für die Zielerreichung in den Fällen verteilt ist, in denen in der Zielvereinbarung abschließend alle Faktoren und deren finanzielle Auswirkungen bestimmt sind, ohne dass dem Arbeitgeber noch ein Ermessensspielraum iSv. § 315 BGB verbleibt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (vgl. dazu zB Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag II Z 5 Rn. 32 - 34; Annuß NZA 2007, 290, 294; Behrens/Rinsdorf NZA 2003, 364; Deich Arbeitsvertragliche Gestaltung von Zielvereinbarungen S. 85 f.; Heiden Entgeltrelevante Zielvereinbarungen aus arbeitsrechtlicher Sicht Diss. 2006, S. 299 ff.; Mohnke Zielvereinbarungen im Arbeitsverhältnis Diss. 2006, S. 295 ff.; Friedrich Arbeitsrechtliche Fragen der Zielvereinbarung Diss. 2008, S. 195 ff.; vgl. zum Entlastungsbeweis für den Fall der unterbliebenen Zielvereinbarung: BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 14 ff., AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 23).

54

bb) Im Übrigen gelten auch beim Geschäftsjahr 2008/2009 die Anforderungen an die Darlegung der Beklagten zur wirtschaftlichen Lage und zum Verhältnis der verschiedenen Faktoren. Da substanzieller Vortrag hierzu bisher fehlt, kann auch die teilweise Klageabweisung durch das Landesarbeitsgericht keinen Bestand haben.

55

c) Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2009/2010 ist die Festsetzung sowohl des Zieleinkommens als auch des Isteinkommens streitig.

56

aa) Ob das festgesetzte Zieleinkommen billigem Ermessen entsprach, steht noch nicht fest. Die Beklagte hat dieses auf 520.000,00 Euro und damit deutlich niedriger als im Vorjahr festgesetzt. Eine solche Festsetzung ist dann nicht ausgeschlossen, wenn die Gesamtbezüge des Klägers im Geschäftsjahr 2008/2009 tatsächlich entsprechend dem Schreiben vom 25. September 2009 (nur) 510.000,00 Euro betragen haben. In diesem Fall hätte sich das Verhältnis zwischen Festbezügen und variabler Vergütung auf 87 % zu 13 % verschoben. Damit hätte die Beklagte ein Zieleinkommen bestimmt, das sich an diesem geänderten Verhältnis orientiert. Allerdings wird die Beklagte auch dann noch darlegen müssen, inwieweit dieses Zieleinkommen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände (wie zB des Budgets und dessen Verteilung auf die verschiedenen Partner) billigem Ermessen entspricht. Sollte sich hinsichtlich der Gesamtbezüge des Geschäftsjahres 2008/2009 (vgl. oben zu b) jedoch ein höherer Anspruch des Klägers ergeben, wird das Landesarbeitsgericht das sich dann ergebende Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung zugrunde zu legen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Zieleinkommen zu bestimmen haben.

57

bb) Wegen des Streits über die Zielerreichung und wegen der Bewertung der verschiedenen Faktoren zueinander ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Dabei wird der Vortrag des Klägers zu berücksichtigen sein, dass ihm die Kostenstellenverantwortung entzogen wurde, und es wird festzustellen sein, inwieweit dies Auswirkungen auf die Möglichkeiten seiner Zielerreichung hatte.

58

d) Ein möglicher Zinsanspruch bestünde gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bis zur Höhe eines Betrages von 330.000,00 Euro brutto bereits ab 29. Juli 2010, da die Klageschrift am 28. Juli 2010 zugestellt wurde. Lediglich hinsichtlich des übersteigenden Betrages bestünde ein Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 30. Oktober 2010.

59

II. Im Übrigen ist die Revision des Klägers unbegründet.

60

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines Zieleinkommens von mindestens 740.000,00 Euro ab dem Geschäftsjahr 2008/2009 hat. Auf die Ausführungen zu I 1 wird verwiesen.

61

2. Ebenso wenig ist die Annahme der Vorinstanzen zu beanstanden, dass nach dem Vortrag des Klägers weder der geltend gemachte Auskunftsanspruch noch ein Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen. Deshalb konnte über die Stufenklage einheitlich entschieden und die Klage insoweit insgesamt abgewiesen werden (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, AP BetrAVG § 9 Nr. 24 = EzA BetrAVG § 9 Nr. 9).

62

a) Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung besteht im Arbeitsverhältnis nicht. Auch die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substanziierten Bestreiten hinausgehende - Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen Prozesssieg zu verschaffen. Gewohnheitsrechtlich ist aber anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Denn der Ausgleich gestörter Vertragsparität gehört zu den Hauptaufgaben des Zivilrechts. Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme; dies ist nunmehr ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normiert. Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, zB weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden. Grundlage ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis (grundlegend dazu: BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 113, 55).

63

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet ein Auskunfts- und Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus. Der Kläger benennt keine hinreichenden Anhaltspunkte, die einen Auskunftsanspruch begründen könnten. Er begehrt umfassend Auskunft über die individuelle Vergütungssituation der anderen Partner/innen, ohne dass er die Erforderlichkeit solcher Auskünfte dargelegt hat. Soweit er sich auf abstrakte Regelungen bei der Festlegung der Vergütungshöhe bezieht, könnte deren Existenz allenfalls einen hierauf gerichteten Auskunftsanspruch begründen. Soweit der Kläger der Sache nach wissen möchte, wie die Festsetzung seines Zieleinkommens und seiner Gesamtbezüge zustande kommt und welche Faktoren dabei in welcher Gewichtung Berücksichtigung finden, ist dafür weder die begehrte Auskunft erforderlich, noch erreicht er mit dieser das angestrebte Ziel. Vielmehr wird die Beklagte im Rahmen ihrer Darlegungslast nach § 315 BGB zu erläutern haben, wie sich die Höhe von Zieleinkommen und variabler Vergütung ergibt; dem insoweit berechtigten Anliegen des Klägers wird damit an anderer Stelle Rechnung getragen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    A. Effenberger     

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 110/10 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KZVKS § 55 Abs. 3 Satz 3, § 63, § 64, DVO zu § 64 KZVKS; BGB § 315 Abs. 1
1. Die Höhe des Sanierungsgeldes einer Kirchlichen Zusatzversorgungskasse beruht
schon deshalb nicht auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien, weil
es hierzu an einer tarifvertraglichen Regelung fehlt. Die Bestimmung der Höhe des
Sanierungsgeldes durch die Zusatzversorgungskasse hat gemäß § 315 Abs. 1
BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen.
2. Die Regelung einer Zahlungsverpflichtung von Beteiligten in einer Durchführungsvorschrift
zu einer Satzungsbestimmung (hier: sog. "Beitragszuschuss Ost") ist
nach § 305c Abs. 1 BGB eine überraschende Klausel.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche
Verhandlung vom 5. Dezember 2012

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. März 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, hat die Aufgabe, Beschäftigten des kirchlichen und kirchlich-caritativen Dienstes in den Diözesen in der Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung nach den für Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren. Gemäß § 11 Abs. 2 ihrer Satzung (KZVKS) ist Voraussetzung für den Erwerb einer Beteiligung, dass der Arbeitgeber das für die Mitglieder der in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände geltende Versorgungstarifrecht oder in Bezug auf die Leistungen ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts tarifvertraglich oder allgemein einzelvertraglich anwendet. Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KZVKS ein privatrechtliches Versi- cherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin. Die Beklagte hat in ihrer Beteiligungsvereinbarung das jeweils geltende Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt und ausdrücklich erklärt, ein Versorgungsrecht entsprechend der Kassensatzung anzuwenden.
2
Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums K. 2002, S. 214 ff.) stellte die Klägerin ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) um. Zuvor hatten die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände sowie die Gewerkschaften im Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) vom 1. März 2002 einen entsprechenden Systemwechsel vereinbart. Dabei regelt § 17 Abs. 1 Satz1 ATV-K, dass die Zusatzversorgungskassen zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, vom Arbeitgeber Sanierungsgelder erheben. Die Höhe des Sanierungsgeldes ist für die Klägerin tarifvertraglich nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001). Nach dessen Ziff. 2.2. Abs. 3 Satz 2 werden von den Überschüssen der Kasse nach Abzug der Verwaltungskosten vorrangig die sozialen Komponenten und die Bonuspunkte finanziert.
3
Ziff. 4.1 AVP 2001 bestimmt: "Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst. Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v.H. - wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt. …"
4
In der KZVKS finden sich unter anderem folgende Finanzierungsregelungen : § 53 Kassenvermögen (1) … 3Innerhalb des Kassenvermögens werden drei ge- trennte Abrechnungsverbände geführt, und zwar
a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen (Abrechnungsverband P),
b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen (Abrechnungsverband F) und
c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche (Abrechnungsverband S). ... (3) 1Für jedes Geschäftsjahr erstellt die Kasse nach den Grundsätzen des kaufmännischen Rechnungswesens einen Wirtschaftsplan … sowie einen Rechnungsabschluss. 2Bestandteil des Rechnungsabschlusses ist eine gesonderte Bilanz, die vom Verantwortlichen Aktuar zu testieren ist. … § 54 Deckungsrückstellung 1In der gesonderten Bilanz ist eine Deckungsrückstellung in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts aller am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach bestehenden Anwartschaften und Ansprüche von Pflichtversicherten … sowie beitragsfrei Versicherten mit erfüllter Wartezeit einzustellen. … § 55 Deckung von Fehlbeträgen und Überschussverwendung … (3) 1Weist die gesonderte Bilanz einen Fehlbetrag aus, können zu seiner Deckung die Verlustrücklage und die Rückstellung für Überschussbeteiligung herangezogen werden. …3Solange die Verlustrücklage einen für den Abrechnungsverband S festgestellten Fehlbetrag der Höhe nach unterschreitet, kann der Verwaltungsrat der Kasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Deckung des Fehlbetrages die Erhebung eines Sanierungsgeldes festle- gen. … § 63 Sanierungsgeld (1) Der Beteiligte ist Schuldner eines pauschalen Sanierungsgeldes. (2) Das insgesamt von allen Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz der Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der jeweiligen Pflichtversicherten des Abrechnungsverbandes S, … … (5) 1Das Sanierungsgeld wird von der Kasse nach Abschluss der Jahresabrechnung für das vorangegangene Ka- lenderjahr erhoben. …
5
Der Verwaltungsrat der Klägerin setzte durch Beschluss vom 16. April 2002 die Höhe des zu erhebenden Sanierungsgeldes ab dem 1. Januar 2002 auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts fest.

6
Im Leistungsrecht regelt § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 KZVKS soziale Komponenten. Dazu gehören unter anderem Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungsrenten , Kindererziehungszeiten und eine Übergangsregelung für die Versicherten mit einer Mindestpflichtversicherungszeit von 20 Jahren.
7
Die Klägerin erhebt zudem einen so genannten Beitragszuschuss Ost. Dabei stützt sie sich auf § 64 KZVKS, wonach sie "nach Maßgabe gesonderter Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen" kann. Der Beitragszuschuss Ost dient der Finanzierung der weiteren sozialen Komponente gemäß § 35 Abs. 5 KZVKS, demzufolge in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet unabhängig vom tatsächlichen Beitrag Versorgungspunkte auf Basis des Beitragssatzes hinzugerechnet werden, der auch im übrigen Bundesgebiet erhoben wird. Zu § 64 KZVKS wurde eine gesonderte Durchführungsvorschrift erlassen (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums K. 2002, S. 233). Auszugsweise heißt es dort: "1. Die nach § 35 Abs. 5 hinzugerechneten Versorgungspunkte werden zu einem Drittel aus den Überschüssen des Abrechnungsverbandes P und zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West und schließlich zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss des Verbandes der Diözesen Deutschlands finanziert. … 3. Basis für die Belastung des jeweiligen Dienstgebers ist sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001. ..."
8
Bei der Beklagten sind Arbeitnehmer des kirchlich-caritativen Dienstes beschäftigt. Sie ist Beteiligte der Klägerin. In ihrer Beteiligungsvereinbarung hat sie das jeweils gültige Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt. Von der Klägerin geforderte Zahlungen für das Sanierungsgeld und den Beitragszuschuss Ost hat sie nicht geleistet; diese summieren sich für die Jahre 2002 bis 2005 auf rund 935.000 €.
9
Die Klägerin hält § 63 KZVKS für wirksam. Sie habe das Sanierungsgeld zu Recht erhoben. Anlässlich der Systemumstellung habe sich eine Deckungslücke von 446.840.912,26 € ergeben, die aus den in das neue Betriebsrentensystem zu überführenden Besitzständen resultiere. Diese Deckungslücke sei gemäß dem Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars durch Erhebung eines Sanierungsgeldes in Höhe von 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu schließen. Der Beitragszuschuss Ost sei auf Grundlage des § 64 KZVKS rechtmäßig erhoben worden. Unter Zuwendungen seien im Sinne von § 4c Abs. 1 EStG Zuwendungen zur Abdeckung von Fehlbeträgen der Kasse zu verstehen. Der Beitragszuschuss Ost schließe einen Finanzierungsbedarf der Klägerin.
10
Nach Ansicht der Beklagten ist § 63 KZVKS unwirksam. Die Klägerin könne sich bei der Einführung des Sanierungsgeldes nicht auf den ATV-K stützen, da ihre Beteiligten nicht diesen Tarifvertrag, sondern die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C. (AVR) anwendeten. Für den Beitragszuschuss Ost fehle es an einer Rechtsgrundlage; unter einer Zuwendung i.S. des § 64 KZVKS sei nur eine freiwillige Leistung zu verstehen.
11
Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob bei der Klägerin ein durch die Systemum- stellung bedingter Finanzierungsbedarf bestanden habe, abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderungen weiter.
12
Der Verwaltungsrat der Klägerin hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Vomhundertsatz für die Erhebung des Sanierungsgeldes rückwirkend für den Zeitraum ab 1. Januar 2002 erneut auf 0,75 und für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 auf 1,35 festgesetzt.

Entscheidungsgründe:


13
Die Revision hat keinen Erfolg.
14
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Sanierungsgeld verneint. Die Satzungsregelung des § 63 KZVKS sei zwar wirksam. Allerdings sei der Verwaltungsratsbeschluss vom 16. April 2002 über die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes unwirksam. Die auf billiges Ermessen hin zu überprüfende Entscheidung des Verwaltungsrats beruhe auf einem Ermessensfehler, weil der Verwaltungsrat von einer unzutreffenden Höhe der umstellungsbedingten Deckungslücke ausgegangen sei. Zum einen widerspreche die von der Klägerin vorgenommene Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit der abschließenden Regelung in § 54 Satz 1 KZVKS, wonach bei der Deckungsrückstellung nur beitragsfrei Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen seien. Zum anderen seien in die Deckungslücke die sozialen Komponenten nach § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 KZVKS pauschal hineingerechnet worden, obwohl diese aus Überschüssen zu finanzieren seien, die hin- reichende Möglichkeit einer konkreten Berechnung bestehe und die sozialen Komponenten überwiegend zum Abrechnungsverband P gehörten und deshalb nicht im Abrechnungsverband S zu berücksichtigen seien. Die Deckungslücke für 2002 liege daher um rund 286 Mio. € niedriger als die vom Verwaltungsrat angenommene Summe von rund 447 Mio. €. Diese Diskrepanz schließe eine sachgerechte und ermessensfehlerfreie Ermessensausübung des Verwaltungsrats aus.
15
Einen Anspruch auf den Beitragszuschuss Ost gebe es ebenso wenig. § 64 KZVKS könne nicht im Sinne einer Zahlungsverpflichtungen auslösenden Anordnungsermächtigung verstanden werden. Überdies könnten die West-Beteiligten nicht im Wege einer bloßen Durchführungsvorschrift zu einer Sonderfinanzierung herangezogen werden.
16
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
17
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Sanierungsgeld verneint.
18
a) Allerdings enthält die Satzung der Klägerin - anders als das Berufungsgericht meint - in § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS nur einen einzigen, einheitlichen Sanierungsgeldtatbestand. Der Beteiligte hat als durchschnittlicher Versicherungsnehmer keinen Anlass, von unterschiedlichen Sanierungsgeldern in § 63 KZVKS einerseits und § 55 Abs. 3 KZVKS andererseits auszugehen. Insbesondere kann er § 63 KZVKS kein gesondertes, von einem konkreten Finanzierungsbedarf abgekoppeltes Sanierungsgeld entnehmen.
19
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Einführung eines Sanierungsgeldes durch § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS und dessen Erhebung allein von den Arbeitgebern nicht als unangemessene Benachteiligung der Beklagten i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB betrachtet. Die Satzungsbestimmungen der Klägerin übernehmen insoweit tarifrechtliche Grundentscheidungen der Tarifvertragsparteien (§ 17 ATV-K und Ziff. 4.1 AVP 2001). Soweit hiernach § 55 und § 63 KZVKS nur einer Überprüfung an Hand des deutschen Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts unterliegt, verstößt er hiergegen nicht; ebenso sind die Grenzen der Satzungsänderungsbefugnis nicht überschritten (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - IV ZR 76/09, BGHZ 190, 314Rn. 63 ff.). Dabei muss sich die Beklagte über ihre Beteiligungsvereinbarung im Rahmen der AGB-Prüfung den ATV-K und den AVP 2001 entgegenhalten lassen (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 aaO Rn. 59 ff.). Keine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien besteht indessen zur konkreten Höhe des Sanierungsgeldes, weil der ATV-K und der AVP 2001 insoweit keine Regelung für die Klägerin treffen.
20
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes durch den Verwaltungsratsbeschluss vom 16. April 2002 auf die Einhaltung billigen Ermessens hin überprüft und diesen für unwirksam erachtet.
21
aa) § 315 Abs. 1 BGB setzt eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (BGH, Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 33 m.w.N.). Ein faktisches Bestimmungsrecht reicht nicht aus (BGH aaO). Eine vertragliche Bestimmung der Leistung geht vor und schließt die Anwendung des § 315 BGB aus, etwa wenn die Vertragspartner objektive Maßstäbe vereinbaren, die es ermöglichen, die vertraglichen Leistungspflichten zu bestimmen (Erman/Hager, BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 1, 4). So liegt bei einer Preisanpassungsklausel nur dann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor, wenn dem Leistungserbringer bei der Preisgestaltung ein Ermessensspielraum zusteht; dies ist nicht der Fall, wenn vertraglich die Berechnungsfaktoren im Einzelnen bestimmt sind (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 19).
22
Nach diesen Grundsätzen ist von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB auszugehen. § 63 Abs. 2 KZVKS überlässt die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes allein der Klägerin. Die Satzung selbst gibt zwar den Rahmen vor, indem § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS als Voraussetzung für die Erhebung einen Fehlbetrag im Abrechnungsverband S festlegt, § 63 Abs. 2 KZVKS Verfahrensregelungen trifft und § 63 Abs. 3 KZVKS Einzelheiten zur Berechnung enthält. Die Kernentscheidung der Bestimmung der Sanierungsgeldhöhe bleibt indes ausdrücklich kraft satzungsmäßiger Zuweisung dem Verwaltungsrat der Klägerin vorbehalten, womit allein ihm die Leistungsbestimmung obliegt. Diese hat er gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen.
23
bb) Gegenstand des Verfahrens ist allein der Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. April 2002. Der nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangene neue Beschluss des Verwaltungsrats vom 20. Mai 2010 ist entgegen der Ansicht der Klägerin im Revisionsverfahren nicht zu beachten.
24
Das Revisionsgericht hat das zur Zeit seiner Entscheidung geltende Recht anzuwenden (BGH, Urteil vom 26. Februar 1953 - III ZR 214/50, BGHZ 9, 101; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 545 Rn. 9). Hierzu gehören Vorschriften, die Normen objektiven Rechts enthalten. Dem Verwaltungsratsbeschluss fehlt es an der erforderlichen Normqualität. Er ist lediglich Tatbestandsvoraussetzung des als Allgemeine Versicherungsbedingung anzusehenden § 63 Abs. 2 KZVKS, enthält jedoch kein revisibles objektives Recht.
25
cc) Das Berufungsgericht hat mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine Überschreitung des billigen Ermessens angenommen.
26
(1) Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 BGB können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat (BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 20 m.w.N.).
27
(2) Das Berufungsgericht hat den Begriff des billigen Ermessens nicht verkannt. Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BAG NJW 1962, 268, 270). Mithin ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Entscheidungskontrolle nicht auf eine Ergebniskontrolle verengt werden darf, sondern auch der subjektive Ermessensfehlgebrauch in Anlehnung an die verwaltungsrechtliche Ermessensfehlerlehre von Bedeutung ist (Staudinger/ Rieble, BGB Neubearb. 2009 § 315 Rn. 327 f.). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht geprüft, ob der Verwaltungsrat deshalb nicht ermessensfehlerfrei entscheiden konnte, weil er von einem unzutreffenden Sachverhalt in Form eines weit überhöhten umstellungsbedingten Finanzierungsbedarfs ausgegangen war. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, dass der Verwaltungsrat nach dem Vorbringen der Klägerin den gleichen Vomhundertsatz mit einer anderen Begründung hätte festsetzen können.
28
(3) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 16. April 2002 als ermessensfehlerhaft betrachtet hat, weil diesem die Annahme einer weit übersetzten Deckungslücke zu Grunde lag.
29
(aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht aus § 54 Satz 1 KZVKS abgeleitet, dass bei der Bestimmung der Deckungsrückstellung allein Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen sind und im Umkehrschluss Versicherte ohne erfüllte Wartezeit bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden können. Der Auslegung der Revision, wonach der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne, dass diese Bestimmungen zur Bilanzierung nicht vollständig seien und deshalb anderweitige Bilanzierungsregeln Vorrang hätten, kann nicht gefolgt wer- den. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer orientiert sich bei seinem Verständnis am Satzungswortlaut. Gibt ihm dieser wie hier keinen entsprechenden Hinweis, besteht für ihn kein Anlass, nicht benannten Bilanzregeln den Vorrang vor ausdrücklich genannten Bewertungsregeln zu geben. Gleiches gilt für den Einwand der Revision, die Anknüpfung des Sanierungsgeldes in § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS beziehe sich auf den Fehlbetrag in der gesonderten Bilanz und nicht auf die Deckungsrückstellung. Dass das Berufungsgericht dem Vortrag der Klägerin nicht gefolgt ist, für die Versicherten ohne Wartezeit bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit des Erreichens der Wartezeit über eine anderweitige Beschäftigung , lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Aus § 54 Satz 1 KZVKS ist zu entnehmen, dass dieser Umstand erst Berücksichtigung finden soll, wenn die Wartezeit erfüllt und mithin die von der Revision aufgezeigte Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.
30
(bb) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Abrechnungsverband S habe nicht über die Berücksichtigung sozialer Komponenten bei der Deckungsrückstellung belastet werden dürfen.
31
Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die sozialen Komponenten aus den Überschüssen zu finanzieren sind. Ziff. 2.2 Abs. 3 Satz 2 AVP 2001 bestimmt dies für die dort näher genannten sozialen Komponenten der Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungs - und Hinterbliebenenrenten, Kindererziehungszeiten und der Übergangsregelung für langjährig Versicherte ausdrücklich durch Tarifvertrag. Hiervon ist die Klägerin nicht abgewichen. Zu Recht hat das Berufungsgericht insoweit den Technischen Geschäftsplan der Klägerin als widersprüchlich angesehen, weil er einerseits anordnet, dass die Finan- zierung der sozialen Komponenten aus dem Überschuss erfolgt, und andererseits die Deckungsrückstellung mit sozialen Komponenten belastet. Daher gibt es keine Grundlage dafür, Aufwendungen für soziale Komponenten bei der Ermittlung der systembedingten Deckungslücke anzusetzen. Überzeugend hat das Berufungsgericht den Einwand der Klägerin verworfen, die vorherige Einstellung in die Deckungsrücklage sei nichts anderes als eine Überschussverteilung, weil auf diese Weise später kein oder ein geringerer Überschuss verbleibe. Überschussverteilung bedeutet , dass ein Überschuss ermittelt und dessen positiver Saldo verteilt wird. Mithin besagt die Überschussfinanzierung der sozialen Komponenten , dass der Verantwortliche Aktuar die sozialen Komponenten aus den erwirtschafteten Erträgen der Kasse abdecken muss (Langenbrinck/ Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 3. Aufl. Rn. 55).
32
Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Annahme des Berufungsgerichts , dass es auf Grundlage des technischen Geschäftsplans der Klägerin gegen versicherungsmathematische Grundsätze verstößt, die Deckungsrückstellung - wie von der Klägerin praktiziert - durch den Ansatz einer Pauschale für die sozialen Komponenten zu belasten. Diese auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten gestützte tatrichterliche Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal der Technische Geschäftsplan der Klägerin selbst davon spricht, dass die sozialen Komponenten bei der Ermittlung der Deckungsrückstellung grundsätzlich erst berücksichtigt werden, wenn sie endgültig feststehen.
33
Da bereits aus diesen Gründen die Einbeziehung der sozialen Komponenten in die Berechnung der umstellungsbedingten Deckungslücke fehlerhaft ist, kann dahinstehen, ob sich - wie das Berufungsgericht meint - zusätzlich noch aus § 53 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a KZVKS eine Zuordnung der sozialen Komponenten zum Abrechnungsverband P ergibt.
34
d) Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verzichtet, eine eigene Bestimmung der Leistung durch Urteil vorzunehmen.
35
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Betriebsrente ist § 315 Abs. 3 BGB einschränkend dahingehend auszulegen, dass bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung zwar die Anpassungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht jedoch nicht seine Entscheidung an die Stelle einer unwirksamen Anpassungsentscheidung setzen kann (BAG NZA-RR 2008, 520). Dies gilt auch hier. Die Zusatzversorgung der Klägerin stellt ein komplexes Versicherungssystem dar, das bezüglich seiner Finanzierung über die Belange der Beklagten hinausgeht und die Beteiligten in ihrer Gesamtheit betrifft.
36
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf den von ihr erhobenen Beitragszuschuss Ost mangels entsprechender Anspruchsgrundlage verneint.
37
a) Dabei hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Bestimmung des § 64 KZVKS "Die Kasse kann nach Maßgabe besonderer Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen." keine Regelung entnehmen kann, die ihm eine Zahlungspflicht auferlegt. Es kann dahinstehen, ob der hier maßgebliche Kreis der kirchlichen Arbeitgeber unter einem Zuschuss gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch eine freiwillige Leistung oder gemäß dem steuerrechtli- chen Begriff der Zuwendung i.S. des § 4c EStG einen Zuschuss an eine Pensionskasse zur Sicherstellung ihrer Leistungen (Heger in Blümich, EStG, 115. Aufl. § 4c EStG Rn. 38) versteht. Der Begriff des "Entgegennehmens" beschreibt einen rein passiven Akt auf Seiten der Klägerin. Eine Zahlungsverpflichtung auf Seiten des Beteiligten wird damit nicht statuiert , zumal der Begriff "kann" den unverbindlichen Charakter nochmals unterstreicht. Die Satzung spricht nicht davon, dass Zuschüsse von der Kasse verpflichtend erhoben werden können. Dass eine Partei etwas entgegennimmt, besagt nicht zwangsläufig, dass die gebende Partei eine Verpflichtung hierzu hat. Dies zeigt sich anschaulich daran, dass 1/3 der von der Klägerin entgegen genommenen Zuwendungen aus einem freiwilligen Zuschuss des Verbandes der Diözesen Deutschlands stammt.
38
b) Ein anderes Verständnis folgt nicht aus der Durchführungsvorschrift zu § 64 KZVKS.
39
Trotz des Verweises in § 64 KZVKS auf die einschlägige Durchführungsvorschrift braucht der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese nicht zu berücksichtigen, weil sie als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.
40
aa) Überraschend ist eine Klausel nur, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des typischerweise damit konfrontierten Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (Senatsurteile vom 21. Juli 2011 - IV ZR 42/10, VersR 2011, 1257 Rn. 16; vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09, VersR 2009, 1622 Rn. 13 m.w.N.). Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu ei- ner ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BGH, Urteile vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261 Rn. 10; vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08, NJW 2010, 3152 Rn. 27; vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 unter 2 a). Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, an welcher Stelle des Klauselwerks die entsprechende Klausel steht, weil alle Bestimmungen grundsätzlich gleich bedeutsam sind und nicht durch die Platzierung einer Vorschrift im Klauselwerk auf deren Bedeutung geschlossen werden kann. Aus der Stellung der Klausel kann sich ein Überraschungseffekt vielmehr dann ergeben , wenn diese in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht (BGH, Urteile vom 21. Juli 2010 aaO; vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 Rn. 16 f.).
41
bb) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
42
Die Durchführungsvorschrift beschreibt unter Ziff. 1 die Finanzierung der sozialen Komponente des § 35 Abs. 5 KZVKS. Dabei spricht Ziff. 1 davon, dass ein Drittel der Kosten "durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West" finanziert wird. Ziff. 3 bestimmt, dass Basis für die "Belastung des jeweiligen Dienstgebers" sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001 ist. Dies besagt, dass die Kasse eine zwangsweise Belastung der Beteiligten West vornimmt.
43
Ein kirchlicher Arbeitgeber braucht nicht damit zu rechnen, dass in einer so gefassten Durchführungsvorschrift zu einer Satzungsbestimmung erstmals eine zwangsweise Zahlungsverpflichtung begründet wird. Der Beteiligte muss sich als durchschnittlicher Versicherungsnehmer da- rauf verlassen können, dass in der Satzung der Klägerin alle wesentlichen Regelungen getroffen sind. Nach allgemeinem Verständnis haben Durchführungsvorschriften nur subsidiären Charakter; sie dienen dazu, die in der Satzung getroffenen Regelungen mit Detailbestimmungen auszugestalten. Keinesfalls sind sie dazu bestimmt, Kernverpflichtungen des Beteiligten aus seinem Beteiligungsverhältnis wie dessen laufende Zahlungen an die Klägerin erstmals festzulegen. Die von der Klägerin gewählte Form der Erhebung des Beitragszuschusses Ost ist für den Beteiligten daher ungewöhnlich und erfolgt in einer Art und Weise, mit der dieser nicht zu rechnen braucht.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 13.01.2009 - 8 O 433/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.03.2010- 20 U 45/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
K Z R 2 7 / 1 3 Verkündet am:
22. Juli 2014
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stromnetznutzungsentgelt VI

a) Macht ein Netznutzer geltend, die vom Netzbetreiber vorgenommene Bestimmung
des Entgelts für die Nutzung eines Elektrizitätsnetzes sei gemäß
§ 315 Abs. 3 BGB unwirksam, so kann eine Umkehr der Darlegungs- und
Beweislast zu Lasten des Netzbetreibers nicht auf den Umstand gestützt
werden, dass die verlangten Entgelte um rund 9,75 % höher sind als die genehmigten
Entgelte eines darauffolgenden Abrechnungszeitraums.

b) Ist eine Preisbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB unwirksam, so darf dem
auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützten Bereicherungsanspruch des
Abnehmers auf Rückzahlung des nicht geschuldeten Teils des Entgelts
grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass der Gläubiger den überhöhten
Preis ganz oder teilweise auf seine eigenen Abnehmer abwälzen
konnte (Bestätigung von BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007
- XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 34; Urteil vom 5. November 2002
- XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307, 315 f.). Dies gilt auch dann, wenn die nach
§ 315 Abs. 3 BGB unwirksame Preisbestimmung zugleich gegen kartellrechtliche
Vorschriften verstößt oder dies zumindest nicht auszuschließen ist.
BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 - KZR 27/13 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und die Richter Prof. Dr. Strohn, Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 24. April 2013 verkündete Urteil des 2. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung eines Teils des gezahlten Entgelts für die Nutzung eines Hochspannungsnetzes im Zeitraum vom 1. Januar bis 28. Oktober 2005.
2
Die Klägerin betreibt ein Stromverteilnetz, die Beklagte das vorgelagerte Hochspannungsnetz. Die Klägerin zahlte für die Nutzung dieses Netzes Entgelte , die auf der Grundlage eines veröffentlichten Preisblatts (Anlage K3) berechnet wurden und deren Kalkulation die Verbändevereinbarung Strom II plus zugrunde lag.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 2008 (K8) forderte die Klägerin die Beklagte auf, einen Teil des gezahlten Entgelts für das Jahr 2005 zu erstatten. Im vorliegenden Rechtsstreit, der durch einen am 23. Dezember 2008 eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides eingeleitet wurde, hat sie erstinstanzlich Zahlung von 633.967,50 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nur noch Bereicherungsansprüche für den Zeitraum bis 28. Oktober 2005 weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 503.289,36 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
6
Der Klägerin stehe der mit der Berufung geltend gemachte Betrag gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu, weil die Beklagte nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Bestimmung des Entgelts der Billigkeit entsprochen habe.
7
Die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der Bestimmung liege allerdings primär bei der Klägerin. Zwar spreche einiges dafür, dass die Klägerin zunächst nur Abschlagszahlungen erbracht habe. Diese hätten mit der von der Beklagten erstellten Endabrechnung aber ihre Bedeutung verloren. Nach der Abrechnung liege eine endgültige Zahlung vor. Die Klägerin habe auch nicht schlüssig dargelegt, das Entgelt unter Vorbehalt gezahlt zu haben. Der nach ihrer Auffassung aus Nr. 6.7 des Netznutzungsvertrages konkludent zu entnehmende Vorbehalt betreffe nur nachträgliche Rechtsänderungen oder behördliche Maßnahmen, nicht aber die Unbilligkeit der Entgeltbestimmung.
8
Der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin stehe aber eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagten gegenüber. Diese sei gehalten, entsprechenden Sachvortrag der Klägerin substantiiert zu bestreiten, was schlüssigen Vortrag zur Angemessenheit der von ihr erhobenen Entgelte voraussetze. Der Sachvortrag der Klägerin, auf der Grundlage der genehmigten Preise aus dem ab 1. Oktober 2006 gültigen Preisblatt ergebe sich ein um rund 9,75 % geringeres Entgelt, sei zur Begründung einer sekundären Darlegungs- und Beweislast ausreichend. Die Entgeltgenehmigung stelle ein gewichtiges Indiz für die Billigkeit der genehmigten Entgelte und damit gleichzeitig für die Unbilligkeit der zuvor geforderten, im Ergebnis höheren Entgelte dar.
9
Der Beklagten sei es nicht gelungen, dieses Indiz zu widerlegen. Die von ihr vorgelegten Zahlen zielten auf eine Rechtfertigung der geforderten Entgelte nach der Verbändevereinbarung II plus, ließen aber nicht erkennen, welche Bewertungsspielräume innerhalb der Preisfindungsprinzipien dieser Vereinbarung bestanden hätten und in welcher Weise die Beklagte diese genutzt habe. Da die Verbändevereinbarung keinen rechtsverbindlichen Maßstab für die Billigkeit von Netznutzungsentgelten darstelle, sei mithin nicht dargetan, dass die geforderten und gezahlten Entgelte der Billigkeit entsprochen hätten.
10
Die Bestimmung des Entgelts habe deshalb durch das Gericht zu erfolgen , wozu gemäß § 287 ZPO eine Schätzung vorgenommen werden könne. Hierbei könne das ab 1. Oktober 2006 geltende Preisblatt der Beklagten herangezogen werden. Dies führe zu einer Reduzierung des Entgelts um den von der Klägerin zuletzt geltend gemachten Betrag.
11
Dem Rückforderungsanspruch stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Netzentgelte vollständig an ihre Kunden weitergereicht habe. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung fänden im Bereicherungsrecht keine Anwendung. Sie dürften auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben herangezogen werden.
12
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Beklagten die volle Darlegungs - und Beweislast für die Billigkeit der von ihr in Rechnung gestellten Entgelte auferlegt.
14
a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Netznutzer, der die Erstattung gezahlter Nutzungsentgelte verlangt, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass eine vom Netzbetreiber nach § 315 BGB vorgenommene Bestimmung des Entgelts nicht der Billigkeit entspricht. Dieser Ansatz steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 8 f.) und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
15
b) Das Berufungsgericht ist ferner in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass die Darlegungsund Beweislast beim Netzbetreiber liegt, wenn der Nutzer nur Abschlags- oder Vorauszahlungen in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erbracht (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 343 - Stromnetznutzungsentgelt
I) oder die Entgelte nur unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung gezahlt hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 26 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV; Urteil vom 15. Mai 2012 - EnZR 105/10, RdE 2012, 382 Rn. 33 - Stromnetznutzungsentgelt V). Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall nicht vorliegen. Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin, die Revisionserwiderung erhebt keine Gegenrügen. Rechtsfehler sind insoweit ebenfalls nicht zu erkennen.
16
c) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht schließlich davon ausgegangen , dass den Netzbetreiber eine sekundäre Darlegungslast treffen kann.
17
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Bereicherungsgläubiger , dem insoweit der Beweis einer negativen Tatsache obliegt, nicht jeden theoretisch denkbaren Rechtsgrund für die erbrachte Leistung ausschließen. Es genügt vielmehr der Beweis, dass der vom Schuldner geltend gemachte Rechtsgrund nicht besteht. Dabei trifft den Schuldner eine erweiterte Behauptungslast, wenn der Gläubiger außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt, während er selbst über derartiges Wissen verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind. Im Rahmen des Zumutbaren kann von ihm dann insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für die positive Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden (BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 9).
18
d) Das Berufungsgericht ist indes davon ausgegangen, dass die Beklagte insoweit nicht nur eine Darlegungslast trägt, sondern auch die Beweislast. Dies ist mit den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast nicht vereinbar.
19
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden die Grundsätze über die sekundäre Darlegungslast keine Anwendung auf die Beweisführung (BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 18). Selbst eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden kann aus diesen Grundsätzen nicht abgeleitet werden, sondern allenfalls aus § 142 ZPO (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 16).
20
e) Die vom Berufungsgericht im Ergebnis angenommene Umkehr der Darlegungs- und Beweislast kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die für das Jahr 2005 verlangten Entgelte von den genehmigten Entgelten aus dem ab 1. Oktober 2006 geltenden Preisblatt abweichen.
21
Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen die Ergebnisse der unmittelbar nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 und der Stromnetzentgeltverordnung durchgeführten Genehmigungsverfahren zwar bei der Billigkeitskontrolle der zuvor verlangten Entgelte herangezogen werden, weil sie auf den Unternehmensdaten des Jahres 2004 und damit auf einer zeitnahen und auch für angrenzende Jahre brauchbaren Beurteilungsgrundlage beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 43 - Stromnetznutzungsentgelt IV). Dies gilt indes nur für die gerichtliche Bestimmung des Entgelts gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und setzt somit voraus, dass die Unbilligkeit der vom Netzbetreiber getroffenen Bestimmung feststeht.
22
Die Annahme des Berufungsgerichts, wenn die Genehmigung der Entgelte ein Indiz für die Billigkeit der Festsetzung bilde, begründe eine Abweichung von den genehmigten Entgelten ein Indiz für die Unbilligkeit, ist nicht tragfähig. Sie beruht auf der Prämisse, nur ein einziges Entgelt könne der Billigkeit entsprechen. Diese Prämisse ist unzutreffend.
23
Eine Vertragspartei, die nach § 315 Abs. 1 BGB zur Bestimmung der Leistung befugt ist, hat einen Ermessensspielraum. Die von ihr vorgenommene Bestimmung ist erst dann durch das Gericht zu ersetzen, wenn die durch § 315 Abs. 3 BGB gezogenen Grenzen überschritten sind, nicht hingegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 - I ZR 299/02, BGHZ 163, 119, 130 = GRUR 2005, 757 - PRO-Verfahren). Daraus ist zu folgern, dass nicht jede Abweichung von einer behördlichen Genehmigung oder einer gerichtlichen Bestimmung des Entgelts als Indiz für die Überschreitung des Ermessensspielraums gewertet werden kann. Jedenfalls die vom Berufungsgericht festgestellte Abweichung um 9,75 % reicht hierfür nicht aus. Damit kann offen bleiben, ob es überhaupt eine abstrakte Grenze gibt, von der an eine solche Indizwirkung in der Regel bejaht werden kann.
24
2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe ihrer Darlegungslast nicht genügt.
25
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob an den Vortrag des Netzbetreibers geringere Anforderungen zu stellen sind, wenn diesen wie hier nur eine sekundäre Darlegungslast trifft. Der Vortrag der Beklagten ist auch dann hinreichend substantiiert, wenn er an denselben Anforderungen gemessen wird, die gälten, wenn der Beklagten die primäre Darlegungslast obläge.
26
a) Nach der Rechtsprechung des Senats wird der allgemeine Maßstab des billigen Ermessens, den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, durch § 6 Abs. 1 EnWG aF konkretisiert.
27
Danach wird das Ermessen des Netzbetreibers in zweifacher Hinsicht gebunden. Außer an der Beachtung des Diskriminierungsverbots muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG aF einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG aF) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen. Danach kommt es für die Beurteilung , ob die Ermessensentscheidung des Netzbetreibers der Billigkeit entspricht , darauf an, inwiefern das geforderte Netzentgelt der Deckung der Kosten des Netzbetriebs und der Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns dient. Es obliegt dabei dem Netzbetreiber, im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihm nach seiner Kalkulation durch den Netzbetrieb in dem in Rede stehenden Zeitraum entstanden sind, abzudecken waren und welchen Teil seiner Einnahmen er zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des Eigenkapitals mit dem der Klägerin berechneten Preis erzielen wollte (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 32 f. - Stromnetznutzungsentgelt IV).
28
b) Im Streitfall hat die Beklagte wie bereits erwähnt ihre Kalkulation offengelegt. Damit hat sie die aufgezeigten Anforderungen an die Substantiierung ihres Vortrags erfüllt.
29
Die Beklagte hat die angesetzten Kosten im Einzelnen aufgeführt und dargelegt, anhand welcher Methoden sie diese aus der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung abgeleitet hat. Sie hat auch den Zinssatz für die kalkulatorische Verzinsung des Eigenkapitals angegeben, und zwar mit 6,5 %. Ferner hat sie dargelegt, nach welchen Grundsätzen sie die Kosten auf die Netznutzer verteilt hat.
30
Dies entspricht den oben genannten Anforderungen und ermöglicht die gerichtliche Überprüfung, ob die von der Beklagten angewendeten Methoden vor dem Hintergrund der gesetzlichen Anforderungen dem Maßstab der Billigkeit entsprechen.
31
c) Das Berufungsgericht hält den Vortrag für unzureichend, weil lediglich dargelegt werde, dass die Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung II plus eingehalten seien, nicht aber, welche Spielräume diese Prinzipien eröffnet hätten und in welcher Weise die Beklagte diese ausgefüllt habe.
32
Damit hat das Berufungsgericht die vom Senat aufgestellten Anforderungen an die Substantiierung des Parteivortrags überspannt.
33
Wie die Revision zutreffend geltend macht, hat die Beklagte zum Beispiel eingehend aufgezeigt, welche verschiedenen Möglichkeiten es zur Bemessung der kalkulatorischen Abschreibungen auf das Anlagevermögen und zur Verteilung der Kosten auf die einzelnen Netznutzer gibt und aufgrund welcher Erwägungen sie sich für die von ihr angewendete Methode entschieden hat. Dass es hinsichtlich weiterer, für die Preisbildung wesentlicher Faktoren Spielräume ge- geben haben könnte, ist nicht ersichtlich und wird weder vom Berufungsgericht noch von der Revisionserwiderung konkret aufgezeigt.
34
III. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif.
35
1. Das Berufungsgericht wird der Klägerin im wiedereröffneten Berufungsverfahren auf der Basis der zutreffenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen geben müssen.
36
2. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung wiederum zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin ein Anspruch zusteht, wird es die Klage nicht im Hinblick auf die weiteren von der Revision erhobenen Rügen abzuweisen haben.
37
a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe der von ihm vorgenommenen Entgeltbestimmung unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Senats sei es nur zulässig, die verlangten Preise entsprechend den Kürzungen herabzusetzen, die die Regulierungsbehörde im Rahmen der ersten Entscheidungen zur Entgeltgenehmigung vorgenommen hätte; die vom Berufungsgericht vorgenommene Herabsetzung anhand des Verhältnisses zwischen den früher verlangten und den der ersten Genehmigung zugrunde liegenden Entgelten sei demgegenüber unzulässig.
38
Diese Rüge ist unbegründet.
39
Der Senat hat es in der oben aufgezeigten Entscheidung (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 41 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV) nicht beanstandet, die richterliche Bestimmung des Entgelts anhand von durchschnittlichen Kürzungsraten aus den ersten Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Dies schließt es indes nicht aus, im Einzelfall einen anderen, (mindestens) in gleicher Weise geeigneten Maßstab heranzuziehen.
40
Einen solchen Maßstab hat das Berufungsgericht zutreffend im Verhältnis zwischen den Entgelten gesehen, die die Beklagte vor und nach der ersten Genehmigung verlangt hat. Die beiden Entgeltregelungen betreffen unmittelbar aufeinanderfolgende Zeiträume. Mangels besonderer Umstände des Einzelfalls - deren Vorliegen weder festgestellt ist noch von der Revision aufgezeigt wird - kann davon ausgegangen werden, dass sich die Kostenstruktur im Netz der Beklagten innerhalb dieser Zeitspanne nicht wesentlich geändert hat. Nach der Lebenserfahrung ist zudem damit zu rechnen, dass die Kosten selbst bei ansonsten gleichen Ausgangsbedingungen aufgrund der Teuerung angestiegen sind. Angesichts dessen erscheinen die Entgelte, die für das konkrete Netz Gegenstand der ersten Entgeltgenehmigung waren, als Maßstab für die richterliche Entgeltbestimmung grundsätzlich mindestens ebenso gut geeignet wie die aus einer Mehrzahl von Entscheidungen bezüglich unterschiedlicher Netzbetreiber gebildeten Durchschnittswerte der von der Regulierungsbehörde vorgenommenen Kürzungen. Mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten - der sich weder aus den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt noch von der Revision aufgezeigt wird - brauchte sich das Berufungsgericht folglich nicht mit der Frage zu befassen, welches Entgelt Gegenstand des ersten Antrags der Beklagten auf Erteilung einer Entgeltgenehmigung war und welche Kürzungen die Regulierungsbehörde ausgehend davon vorgenommen hat.
41
b) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe der Beklagten den Einwand der Vorteilsausgleichung zu Unrecht versagt.
42
Diese Auffassung, für die sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch das Bundeskartellamt eingesetzt hat, ist unzutreffend.
43
aa) Wie auch die Revision und das Bundeskartellamt im Ansatz nicht verkennen, finden die schadensersatzrechtlichen Grundsätze der Vorteilsausgleichung im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Anwendung (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 34; Urteil vom 5. November 2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307, 315 f. mwN).
44
Das gilt auch im Streitfall. Besondere Umstände, die zu einer abweichenden Beurteilung führen, liegen entgegen der Auffassung der Revision und des Bundeskartellamts nicht vor.
45
bb) Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben können zwar im Einzelfall Ausnahmen in Betracht kommen. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Verhältnis zwischen zwei Netzbetreibern aber nicht mit der Konstellation vergleichbar, die der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 1961 (III ZR 130/60, BGHZ 36, 232 = NJW 1962, 580) zugrunde lag.
46
In dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Fall waren die Kläger, die die Nichtigkeit eines Kaufvertrages wegen überhöhten Kaufpreises (durch unzulässige Einschaltung einer staatlichen Stelle als Zwischenhändler) geltend machten, nach der Bewertung des Bundesgerichtshofs nicht als selbständig disponierende Kaufleute am Markt tätig, sondern als "Glieder in dem Automatismus der staatlich gelenkten Warenverteilung" ohne jedes Preis- oder Absatzrisiko. Die Weiterveräußerung der Ware (Trockenvollei) zum Einkaufspreis zuzüglich eines behördlich bewilligten Handelsaufschlags war von Anfang an gesichert. Selbst die Käufer, an welche die Kläger die Ware zu liefern hatten, waren im Vorhinein behördlich festgelegt worden.
47
Auch wenn die Stellung eines Netzbetreibers, der ein vorgelagertes Netz in Anspruch nimmt, dazu die eine oder andere Ähnlichkeit aufweist, kann er nicht als bloßes Glied einer staatlich gelenkten Warenverteilung angesehen werden. Er kann die Kosten der Nutzung vorgelagerter Netze zwar an seine Kunden weitergeben. Er trägt aber das Absatzrisiko und das Risiko der Zah- lungsunfähigkeit seiner Kunden. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, wenn die Klägerin überhöhte Entgelte zurückfordern kann, auch wenn sie nicht damit zu rechnen hat, ihrerseits von ihren Kunden in Anspruch genommen zu werden. Dies gilt umso mehr, als sich die Stellung der Klägerin - ebenfalls anders als in dem Fall aus der Nachkriegszeit - nicht wesentlich von derjenigen der Beklagten unterscheidet.
48
cc) Die vom Senat aufgestellten Grundsätze über die Vorteilsanrechnung bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Verstößen gegen das Kartellrecht (passing-on defence) führen jedenfalls in Konstellationen wie der vorliegenden ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
49
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats muss es sich ein Geschädigter , der wegen eines Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften Schadensersatz verlangt, schadensmindernd anrechnen lassen, wenn es ihm gelungen ist, einen wegen des Verstoßes überhöhten Kaufpreis auf seine eigenen Abnehmer abzuwälzen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 55 ff. - ORWI). Diese Abnehmer können den Schaden, der ihnen durch die Abwälzung entstanden ist, unmittelbar vom Schädiger ersetzt verlangen, weil dieser aufgrund des begangenen Verstoßes auch ihnen gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist (aaO Rn. 18 ff.).
50
(2) Diese Grundsätze können auf Fälle, in denen eine Preisbestimmung schon gemäß § 315 Abs. 3 BGB unwirksam ist und dem Abnehmer deshalb ein auf (teilweise) Rückzahlung des Entgelts gerichteter Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zusteht, nicht übertragen werden.
51
Ein Bereicherungsanspruch der genannten Art kann auch dann bestehen, wenn die unwirksame Preisbestimmung weder auf eine Kartellabsprache noch auf einen Missbrauch von Marktmacht zurückgeht. Dann stehen typischerweise weder dem unmittelbaren Abnehmer noch den Abnehmern auf nachgelagerten Absatzstufen Schadensersatzansprüche gegen denjenigen zu, der die unwirksame Preisbestimmung vorgenommen hat. Eine Inanspruchnahme dieses Schuldners durch mittelbare Abnehmer auf anderer Rechtsgrundlage scheidet in der Regel aus, weil es insoweit an einem unmittelbaren Rechtsverhältnis fehlt und weil auch eventuelle Bereicherungsansprüche wegen rechtsgrundloser Leistung grundsätzlich nur innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen geltend gemacht werden dürfen. Müsste es sich der erste Abnehmer anspruchsmindernd anrechnen lassen, dass er das überhöhte Entgelt ganz oder teilweise auf die nächste Absatzstufe abwälzen konnte, so blieben dem Schuldner die Vorteile der unwirksamen Preisbestimmung damit in der Regel schon aus Rechtsgründen erhalten. Dies ist mit der Zielsetzung von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB nicht vereinbar und stünde auch in Widerspruch zu dem Anliegen, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverstößen zu fördern.
52
(3) Ob eine abweichende Beurteilung geboten ist, wenn das Verlangen eines überhöhten Entgelts ausschließlich auf einem Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften beruht, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB, der sich wie hier bereits daraus ergibt, dass eine Preisbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB unwirksam ist, darf jedenfalls nicht deshalb eingeschränkt werden, weil die Preisbestimmung zugleich gegen kartellrechtliche Vorschriften verstößt oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. Der Bereicherungsanspruch aus § 315 Abs. 3 und § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB tritt in solchen Fällen vielmehr neben eventuelle Schadensersatzansprüche aus § 33 GWB.
53
Sofern eine Handlung die Tatbestände mehrerer anspruchsbegründender Normen erfüllt, treten die daraus resultierenden Ansprüche, soweit sie auf dasselbe Ziel gerichtet sind, grundsätzlich in so genannter echter Anspruchskonkurrenz nebeneinander, mit der Folge, dass jeder Anspruch nach seinen Voraussetzungen , seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbständig zu beurtei- len ist und seinen eigenen Regeln folgt (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03, NJW-RR 2005, 172; Urteil vom 16. September 1987 - VIII ZR 334/86, BGHZ 101, 337, 343 f.). Eine abweichende Beurteilung ist zwar geboten, wenn einer Vorschrift zu entnehmen ist, dass sie einen Sachverhalt erschöpfend regeln und dementsprechend die Haftung aus anderen Anspruchsgrundlagen ausschließen oder in bestimmter Hinsicht beschränken will (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Dezember 1991 - I ZR 212/89, BGHZ 116, 297, 300; Urteil vom 17. März 1987- VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 201). In der hier zu beurteilenden Konstellation kann § 33 GWB aber nicht die Zielsetzung entnommen werden, dass ein schon auf anderer Grundlage begründeter Bereicherungsanspruch einzuschränken ist, um jede Überlagerung des kartellrechtlichen Sanktionensystems zu verhindern.
54
Zwar ist denkbar, dass der Schuldner wegen des überhöhten Entgelts sowohl von seinem unmittelbaren Abnehmer aus Bereicherungsrecht als auch von mittelbaren Abnehmern aus § 33 GWB in Anspruch genommen wird. Sofern den mittelbaren Abnehmern zugleich ein Ausgleichsanspruch gegen den unmittelbaren Abnehmer zusteht, ist der Schuldner vor einer doppelten Inanspruchnahme im Ergebnis aber dadurch geschützt, dass er entsprechend § 255 BGB (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. April 2010 - IX ZR 223/07, NJW 2010, 1961 Rn. 29 mwN) zur Leistung von Schadensersatz an den mittelbaren Abnehmer nur Zug um Zug gegen Abtretung von dessen Ansprüchen gegen den unmittelbaren Abnehmer verpflichtet ist. Zwar ist nicht auszuschließen, dass dem mittelbaren Abnehmer in einzelnen Fallkonstellationen keine Ausgleichsansprüche gegen den unmittelbaren Abnehmer zustehen. Diese theoretische Möglichkeit bildet aber keine hinreichende Grundlage, um Bereicherungsansprüche des unmittelbaren Abnehmers abweichend von den anerkannten Grundsätzen des Bereicherungsrechts zu beschränken.
Meier-Beck Strohn Kirchhoff
Bacher Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.06.2012 - 37 O 180/09 (Kart) -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.04.2013 - VI-2 U (Kart) 8/12 -

Tenor

Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25.01.2008 erklärte außerordentlichen Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 unwirksam sind.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Mit Schreiben vom 17.08.1983 berief das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (MWK) den am ... geborenen Kläger auf Vorschlag der Universität ... auf die Stelle eines Professors (Besoldungsgruppe C 3) für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität ... Es wurde ausgeführt, die Stelle sei verbunden mit der Leitung des Zentrallaboratoriums am Universitätsklinikum, das derzeit als Sektion der Medizinischen Universitätsklinik zugeordnet sei. Der Kläger nahm den Ruf zum 01.01.1984 an. Mit Urkunde vom 13.02.1984 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt. Diese Urkunde wurde ihm mit Einweisungserlass des MWK vom 22.02.1984 ausgehändigt, als Dienstaufgabe wurde ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie sowie die Leitung des Zentrallaboratoriums des Klinikums der Universität übertragen. Mit Erlass vom 09.07.1990 bestellte das MWK den Kläger mit Wirkung vom 01.07.1990 zum Leiter der Abteilung Klinische Chemie des Universitätsklinikums. In einer zwischen dem Beklagten und dem Kläger geschlossenen „Vereinbarung“ vom 09.12.1998 heißt es in der Präambel, der Kläger sei gemäß § 77a UG aus seinem Dienstverhältnis verpflichtet, im Universitätsklinikum Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens und der Schulen für nichtärztliche medizinische Berufe zu erfüllen. In § 1 (Stellung des Abteilungsleiters) wird vereinbart, zur Erfüllung der Dienstaufgaben aus der Übernahme der Professur für Klinische Chemie habe der Klinikumsvorstand dem Kläger die Leitung der Abteilung Klinische Chemie übertragen. Er führe die Bezeichnung Ärztlicher Direktor.
Wie sich aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums ... - Landespolizeidirektion - vom 07.01.2008 an den Rektor der Universität ... ergibt, gingen in den Monaten Januar und März 2007 beim Amtsgericht ... zwei anonyme Anzeigen ein, denen zu entnehmen war, dass beim Zustandekommen eines Rahmenvertrages zwischen dem Klinikum ... und der Firma ... (...) Schmiergelder gezahlt worden sein sollen. Als Vorteilsnehmer wurde der Kläger benannt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein. Der Beklagte wurde am 22.03.2007 informiert.
Zwischen dem Beklagten und dem Kläger wurde am 24.07.2007 ein „Dienstvertrag“ (im Folgenden auch „Chefarztvertrag“) geschlossen. In der Präambel heißt es, der Kläger sei an der Universität ... tätiger Universitätsprofessor für Klinische Chemie im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Entsprechend dem gesetzlichen Dienstauftrag leite er im Universitätsklinikum innerhalb der Medizinischen Klinik die Abteilung Klinische Chemie. Der Beklagte sei jetzt bereit, mit dem Kläger einen Chefarztvertrag abzuschließen, der eine Beteiligung an den Einnahmen vorsehe. In § 1 des Dienstvertrags (Dienstverhältnis) wird ausgeführt, die Funktion des Klägers als Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie in der Medizinischen Universitätsklinik werde bestätigt. Das Dienstverhältnis sei bürgerlich-rechtlicher Natur. In § 2 (Stellung des Ärztlichen Direktors) heißt es u.a., unberührt blieben die Aufgaben als Universitätsprofessor, die sich nach dem Dienstverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg richteten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben könne der Ärztliche Direktor die Einrichtungen der von ihm geleiteten Abteilung in Anspruch nehmen. Gemäß § 6 (Dienstaufgaben) ist der Ärztliche Direktor für die medizinische Versorgung der Patienten verantwortlich; ihm obliegen für seine Einrichtung die dem Universitätsklinikum nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen übertragenen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der mittelbaren Krankenversorgung die Untersuchung der Materialien der Patienten des Universitätsklinikums. § 11 (Vertragsdauer, Kündigung) bestimmt, dass der Vertrag am 01.04.2007 in Kraft tritt, während gleichzeitig die Vereinbarung vom 09.12.1998 mit den noch geltenden Teilen außer Kraft tritt.
Mit Beschluss vom 13.11.2007 ordnete das Amtsgericht ... die Durchsuchung des Arbeitsplatzes und der Büroräume des Klägers an. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger die Entscheidungsträger des Universitätsklinikums dahingehend beeinflusst habe, dass diese am 01.09.2006 ohne vorherige Ausschreibung einen Rahmenvertrag mit der Firma ... abgeschlossen hätten, durch den dieser Firma auf die Dauer von mindestens 5 Jahren alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung von Laborverbrauchsmaterial übertragen worden seien. Hierfür habe der Kläger Zuwendungen seitens der Firma ... und ihrer Muttergesellschaft, der Firma ... erhalten. Am 11.12.2007 wurden die Büroräume des Klägers durchsucht. Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger auf, eine ausführliche Stellungnahme zu den im Durchsuchungsbeschluss genannten Vorwürfen abzugeben. Der Kläger führte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.12.2007 aus: Am Abschluss des Rahmenvertrages sei er nicht beteiligt gewesen. Es sei richtig, dass er seit Dezember 2005 diverse finanzielle Mittel erhalten habe, die allerdings nicht aus Mitteln der Firma ... stammten. Die Firma ... sei erst im Sommer 2006 gegründet worden. Die zugewandten Beträge stammten aus Darlehen verschiedener Freunde und von Herrn ..., der ebenfalls ein langjähriger Freund sei. Zwar sei Herr ... Geschäftsführer der Firma ..., die Darlehen, die dieser dem Kläger gewährt habe, hätten aber nichts mit dem Abschluss des Rahmenvertrages zu tun.
Mit Schreiben vom 07.01.2008 an die Universität ... führte die Landespolizeidirektion u.a. aus: Aufgrund des derzeitigen Ermittlungsstandes sei davon auszugehen, dass die im Bericht genannten finanziellen Zuwendungen und Vorteile im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe des Beklagten an die Firma ... stünden und dass der Kläger der Firma ... durch die Übersendung von internen Unterlagen pflichtwidrig einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Der Beklagte forderte den Kläger zur Stellungnahme auf. Der Kläger erwiderte unter dem 18.01.2008, die Firma ... habe einen Vertrag mit der größten Klinikumsgruppe ... abgeschlossen. Im Rahmen dieser geschäftlichen Entwicklung solle sie auch eigene Labore betreiben. Im Zuge dieser „strategischen Ausrichtung“ habe er Herrn ... beraten. Zu keinem Zeitpunkt habe er interne Unterlagen an die Firma ... übermittelt. - Am 22.01.2008 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger über die von der Landespolizeidirektion erhobenen Vorwürfe der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, das Gespräch diene dazu, dass der Beklagte prüfen könne, inwieweit er arbeitsrechtliche Konsequenzen aus den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen ziehen müsse.
Mit „Verdachtskündigung“ vom 24.und 25.01.2008 führte der Beklagte aus, er nehme Bezug auf sein Anhörungsschreiben vom 14.01.2008, die Stellungnahme des Klägers vom 18.01.2008 sowie die Besprechung vom 22.01.2008 und kündige hiermit den zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrag vom 24.07.2007 außerordentlich fristlos. Lediglich hilfsweise und ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung kündige er den Chefarztvertrag außerdem ordentlich zum nächstmöglichen Termin, d.h. zum 30.09.2008. Zugleich teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25.01.2008 mit, da seine Tätigkeit in der Krankenversorgung im Universitätsklinikum hiermit beendet sei, werde er aufgefordert, sein bisheriges Büro bis 30.01.2008 zu räumen. Da er weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit werde ihm bis auf Weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt.
Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 30.01.2008, in dem Ruf des MWK vom 17.08.1983 werde ihm zugesichert, dass er das Fach Klinische Chemie und Laborato-riumsmedizin an der Universität ... vertreten dürfe und ihm die Leitung des Zentrallabors der Beklagten übertragen werde. Die Berufungszusage enthalte also auch die Leitung des Zentrallaboratoriums.
Die Staatsanwaltschaft ... erhob unter dem 17.07.2009 Anklage gegen den Kläger. Er wird beschuldigt, Vergehen der Bestechlichkeit in 4 Fällen und der Vorteilsannahme begangen zu haben.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2009 forderte der Beklagte den Kläger auf, fortan auch wieder Aufgaben in der Krankenversorgung zu übernehmen. Unter dem 20.01.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, hiermit werde er als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen. Das MWK führte mit an den Kläger gerichtetem Erlass vom 08.02.2010 aus: Die Funktionsbeschreibung seiner Professur sei wie folgt geändert worden: „C 3-Professur für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie“. Als Dienstaufgaben oblägen ihm die Pflege von Forschung und Lehre im Fach Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, die weiteren Aufgaben von Professoren nach Maßgabe des § 46 LHG und Aufgaben der Krankenversorgung am Universitätsklinikum... gem. § 53 LHG. Gegen die Abberufung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und gegen die Änderung der Funktionsbeschreibung und der Dienstaufgaben erhob der Kläger Widerspruch.
10 
Der Kläger hat die vorliegende Klage bereits am 13.02.2008 beim Arbeitsgericht ... erhoben. Mit Beschluss vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht ... den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen. Der Kläger trägt ergänzend vor: Die fristlose Kündigung vom 24. und 25.01.2008 sei unwirksam, da sie nicht fristgerecht i.S. des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden sei. Der Beklagte habe spätestens seit den anonymen Anzeigen Ende Januar 2007 Kenntnis von den Vorfällen. Nach seiner Stellungnahme vom 19.12.2007 hätte der Beklagte spätestens die Verdachtskündigung aussprechen müssen. Die vom Beklagten erhobenen Vorwürfe seien haltlos und rechtfertigten keinen für eine Verdachtskündigung notwendigen dringenden Tatverdacht. Die fristlose Kündigung enthalte keinerlei Begründung. Die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung sei unzureichend gewesen. Ihm sei trotz mehrfachem Nachfragen zu keinem Zeitpunkt Einblick in die ihn angeblich belastenden Unterlagen gewährt worden, so dass eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich gewesen sei. Schließlich sei der Abwägungsvorgang, sofern der Beklagte überhaupt eine Abwägung vorgenommen habe, völlig unzureichend verlaufen. Sozialdaten seien nicht gewürdigt worden. Die Berechnung der ordentlichen Kündigungsfrist sei unzutreffend. Der Beklagte könne vielleicht eine Vergütungsregelung kündigen, nicht aber das zugrundeliegende Dienstverhältnis. Hierfür sei nur das Land Baden-Württemberg zuständig.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
festzustellen, dass die mit Schreiben des Universitätsklinikums ... vom 24. und 25. Januar 2008 erklärte außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Dienstvertrages vom 24.07.2007 unwirksam sind,
13 
hilfsweise, den Bescheid vom 24. und 25. Januar 2008 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Er führt weiter aus: Ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorlägen, richte sich allein nach § 626 BGB. Unerheblich sei, ob es sich um einen privatrechtlichen Dienstvertrag nach § 611 BGB oder um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handle. Es existiere keine Rechtsgrundlage, die es dem Land Baden-Württemberg erlauben würde, seine Beamten bestimmten Dienststellen anderer, selbständiger juristischer Personen mit zwingender Wirkung zuzuweisen. Zwar sei der Kläger gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, beim Beklagten Aufgaben der Krankenversorgung und sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens zu erfüllen. Dem stehe jedoch keine Pflicht des Beklagten gegenüber, ihn mit diesen Aufgaben zu betrauen. Somit komme es für die Frage, ob der Kläger seine ihm vom Beigeladenen übertragenen Dienstpflichten erfüllen könne, darauf an, dass ihm die Möglichkeit der Beschäftigung beim Beklagten durch einen entsprechenden Dienstvertrag eröffnet werde. Abgesehen davon werde das dem Kläger verliehene Amt und damit seine statusrechtliche Stellung als Beamter von der Kündigung des Dienstvertrages nicht berührt. Sofort nach Kenntnisnahme vom Schreiben der Landespolizeidirektion vom 07.01.2008 (am 14.01.2008) habe er den Kläger aufgefordert, sich zu den neuen Vorwürfen zu äußern. Unmittelbar nach Zugang des Schreibens des Klägers vom 18.01.2008 sei es am 22.01.2008 zu einem Gespräch über die erhobenen Vorwürfe gekommen. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, Akteneinsicht könne nicht gewährt werden, der Beklagte sei selbst nicht im Besitz der strafrechtlichen Ermittlungsakten und habe in diese auch noch keine Einsicht genommen. Die gegen den Kläger sprechenden Verdachtsmomente hätten sich in einer Weise erhärtet, dass das erforderliche Vertrauen zerstört sei. Jedenfalls bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine vertraglichen Pflichten nach § 2 Abs. 4 des Dienstvertrages vom 24.07.2007 in grobem Maße verletzt habe. Nach dieser vertraglichen Bestimmung habe er über interne Angelegenheiten des Universitätsklinikums Stillschweigen zu bewahren. Die erforderliche Interessenabwägung falle ohne weiteres zu Lasten des Klägers aus. Auch unter Berücksichtigung der schlechten finanziellen Lage des Klägers sei eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen. Nach der Stellungnahme vom 19.12.2007 seien die Verdachtsmomente noch nicht hinreichend konkretisiert gewesen, auch habe der Kläger noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen persönlich zu äußern. Aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB folge, dass die Angabe von Gründen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche Kündigung sei.
17 
Der Beigeladene beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Dem Gericht liegen Akten des Beklagten und des Beigeladenen, die Akten des Arbeitsgerichts .../... sowie die Akten des Verwaltungsgerichts .../... und .../... vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

Gründe

 
20 
Die Klage hat Erfolg.
21 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage zulässig.
22 
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ... vom 20.11.2008, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht ... verwiesen wurde, ist hinsichtlich des Rechtsweges bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Für die Frage der Zulässigkeit der Klage kommt es daher nicht darauf an, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt.
23 
Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Kläger wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. und 25.01.2008 erklärte Kündigung des zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Chefarztvertrags vom 24.07.2007. Bei dem Streit über die Berechtigung der Kündigung, deren Wirksamkeit und die daraus folgende Auflösung des Chefarztvertrages geht es um das Bestehen eines Rechtsverhältnisses i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger kann seine Rechte nicht durch Anfechtungsklage geltend machen. Bei der Kündigung (auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 60 Rn 15; Urt. der Kammer vom 06.07.2006 - 3 K 1362/04 - ; m.w.N.). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
24 
Ein Vorverfahren nach § 126 Abs. 3 war nicht erforderlich. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht kein Beamtenverhältnis. Professoren bleiben auch nach der rechtlichen Verselbständigung der Universitätsklinika weiterhin als Beamte im Dienste des Landes der jeweiligen Universität zugehörig, werden also insbesondere nicht zu Beamten der Klinika (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2004, VBlBW 2004, 420).
25 
Der Hauptantrag ist auch begründet.
26 
Die Kündigung vom 24. und 25.01.2008 ist unwirksam.
27 
Dies folgt jedenfalls daraus, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an den Kläger dieser nicht formell rechtmäßig vom Vorstand des Beklagten im Einvernehmen mit der Medizinischen Fakultät von der Leitung der Abteilung Klinische Chemie abberufen worden war.
28 
Eine solche Abberufung ist aber erforderlich, denn eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages würde unmittelbar zum Entzug der Abteilungsleitung führen. Mit der Vereinbarung vom 24.07.2007 wurde die Funktion des Klägers als ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Chemie bestätigt (§ 1 Abs. 1). Die Befugnisse und Pflichten des Klägers als Abteilungsleiter wurden festgelegt. Damit erfolgte nicht nur die Ausgestaltung der dem Kläger ursprünglich vom damals zuständigen MWK übertragenen Leitung der Abteilung Klinische Chemie. Durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Hochschulmedizin (Hochschulmedizinreform-Gesetz - HMG -) wurden bisher als unselbständige Anstalten der Universitäten und zugleich als Landesbetriebe geführte Universitätsklinika (darunter auch der Beklagte) in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Universitäten umgewandelt. Danach ist der Beklagte für die Bestellung und Abberufung von Abteilungsleitern zuständig (§§ 4 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 UKG). Entsprechend wurde durch den Chefarztvertrag die Stellung des Klägers als Abteilungsleiter umfassend geregelt. Dem Kläger wurden insoweit Rechte gegenüber dem Beklagten eingeräumt. Eine Trennung zwischen der Position des Klägers als Chefarzt bzw. Ärztlicher Direktor und seinen Aufgaben und Rechten als Abteilungsleiter wird in dem Dienstvertrag nicht vorgenommen. In seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vertrat der Beklagte selbst die Meinung, die Leitung der Abteilung Klinische Chemie und des Zentrallabors seien durch den Chefarztvertrag vom 24.07.2007 auf eine neue Basis gestellt worden. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, die Kündigung des Dienstvertrags vom 24.07.2007 lasse die Bestellung des Klägers zum Abteilungsleiter unberührt. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie oben ausgeführt - nicht anzuschließen. Eine wirksame Kündigung des Chefarztvertrages setzt daher eine Abberufung von der Abteilungsleitung unter Beachtung der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG voraus.
29 
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG ist bei der Abberufung von Abteilungsleitern das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Berufung und Bestellung zum Abteilungsleiter können nur einheitlich für Krankenversorgung, Forschung und Lehre getroffen werden (vgl. LT-Drucks. 12/1740, S. 31). Das Einvernehmenserfordernis sichert gegenüber dem verselbständigten Universitätsklinikum die Wissenschaftsfreiheit auch organisatorisch. Diesem Verfahrensrecht kommt schützende Wirkung zugunsten des einzelnen medizinischen Hochschullehrers zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, NVwZ- RR 2008, 217). Ein Verfahrensfehler bei der Abberufung eines Abteilungsleiters, der allein dem Beklagten zurechenbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 - 9 S 25 86/09 -, ), führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
30 
Im Zuge der Kündigung vom 24. und 25.01.2008 erfolgte keine ordnungsgemäße Abberufung des Klägers von der Abteilungsleitung.
31 
Es kann offen bleiben, ob der Kündigung überhaupt ein Beschluss des zuständigen Klinikumsvorstands zugrunde lag (vgl. §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 der Satzung des Universitätsklinikums...). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach der Anhörung des Klägers am 22.01.2008 hätten die anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands beraten und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass man den Chefarztvertrag kündigen wolle. Man habe noch zwei Tage darüber nachgedacht und am 25.01. die beiden bei der Anhörung am 22.01.2008 nicht anwesenden Mitglieder des Klinikumsvorstands per E-Mail gebeten, der Vorgehensweise zuzustimmen. Wie den vom Beklagten vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat das Vorstandsmitglied ... am 25.01.2008 per E-Mail mitgeteilt, sie stimme dem Vorschlag zu. Die Zustimmung des Vorstandsmitglieds ..., die angeblich telefonisch erteilt wurde, ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob damit eine der Geschäftsordnung des Klinikumsvorstands (vgl. § 8 Abs. 4 der Satzung des Universitätsklinikums) genügende Beschlussfassung erfolgte.
32 
Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kündigung an dem erforderlichen Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, es habe keine förmliche Erteilung des Einvernehmens gegeben. Das Einvernehmen wurde auch nicht dadurch erteilt, dass der Dekan der Medizinischen Fakultät, der dem Klinikumsvorstand angehört (§ 8 Abs. 1 der Satzung des Universitätsklinikums...) bei der Anhörung am 22.01.2008 und der anschließenden Beratung anwesend war. Denn für die Erteilung des Einvernehmens war der Fakultätsvorstand zuständig. Er ist für alle Angelegenheiten der Fakultät zuständig, soweit das Landeshochschulgesetz nichts anderes regelt (§ 23 Abs. 3 Satz 1 LHG). Der Fakultätsvorstand hat die Allzuständigkeit für Angelegenheiten der Fakultät (vgl. Sandberger in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Landesrecht Bad.-Württ., Rn. 182). Dem Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät gehören neben dem Dekan drei Prodekane und ein Studiendekan an (§ 14 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der...-... Universität ... ...: i.V.m. § 23 Abs. 1 LHG). Davon, dass eine Entscheidung des Fakultätsvorstands erforderlich ist geht wohl auch der Beklagte aus. So führte er in seinem Schreiben vom 20.01.2010, mit dem der Kläger als Leiter der Abteilung Klinische Chemie abberufen wird, aus, der entsprechende Beschluss sei vom Klinikumsvorstand in seiner Sitzung vom 28.01.2009 gefasst worden; der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät habe hierzu mit Beschluss vom 30.09.2009 das erforderliche Einvernehmen erklärt; der geschäftsführende Direktor der Medizinischen Klinik sei angehört worden.
33 
Die Kammer lässt offen, ob die Kündigung des Chefarztvertrags auch deshalb unwirksam ist, weil der Beklagte nicht befugt ist, den Kläger von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung gänzlich zu entbinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2007, a.a.O.; Beschl. v. 11.11.2002, DVBl 2003, 323; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010 und v. 18.05.2004, a.a.O.; VG Freiburg, Beschl. v. 29.06.2009 - 1 K 1011/09 -). Auch der Beklagte ist mittlerweile wohl der Meinung, dass er nicht befugt war, dem Kläger die Aufgaben in der Krankenversorgung zu entziehen. Er vertritt allerdings die Auffassung, diese Aufgaben seien dem Kläger nicht durch den Chefarztvertrag übertragen worden, daher habe dessen Kündigung auch nicht zum Entzug der Aufgaben in der Krankenversorgung geführt. Allerdings enthält der Chefarztvertrag auch Regelungen über die Tätigkeit des Klägers in der Krankenversorgung. Geht man davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten umfassend durch den Chefarztvertrag geregelt wurden, so erscheint es möglich, dass eine wirksame Kündigung auch voraussetzen würde, dass zugleich die künftige Ausgestaltung des Aufgabenbereichs des Klägers geregelt und sichergestellt wird, dass diesem in ausreichender Weise Zugang zu Patienten bzw. zu Materialien der Patienten des Klinikums (vgl. § 6 des Chefarztvertrags) ermöglicht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.02.2010, a.a.O., Rn. 21).
34 
Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es nicht.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 VwGO.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.

2

Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.

3

Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.

        

Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.

        

…       

        

Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.

        

(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)

        

Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.

        

Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.

        

Hochachtungsvoll

        

…“    

4

Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.

5

Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

6

Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr R,

        

aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.

        

Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“

7

Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.

10

In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

14

I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).

15

II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.

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1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

17

2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.

18

3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

19

a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

20

b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.

21

aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.

22

bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

23

(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.

24

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).

25

cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.

26

(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.

27

(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.

28

(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

29

III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).

30

IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 55/00
Verkündet am:
25. September 2002
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Macht der Kläger im Rahmen einer Stufenklage einen Mindestbetrag geltend, weil er
die Klageforderung insofern beziffern und begründen zu können meinte, ohne auf
eine Auskunft des Beklagten angewiesen zu sein, liegt nur wegen des darüber hinausgehenden
Klagebegehrens eine Stufenklage, im übrigen eine bezifferte Teilklage
vor.
BGH, Urteil vom 25. September 2002 - XII ZR 55/00 - OLG Schleswig
AG Eckernförde
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 20. Dezember 1999 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Der Kläger macht gegen die Beklagte Zugewinnausgleichsansprüche geltend. Er hat beim Familiengericht zunächst eine als Stufenklage bezeichnete Klageschrift eingereicht mit folgenden Anträgen: "I. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die Verkehrswerte folgender ihr gehörender Gegenstände, und zwar jeweils zum Zeitpunkt des Erwerbs, sowie per 24. März 1993 ... (es werden 10, zum Teil bebaute Grundstücke aufgeführt). II. an den Kläger den sich aus den Auskünften zu I. ergebenden Zugewinn (Wertsteigerung in der Zeit ab dem Erwerbszeitpunkt durch die
Beklagte und dem 24. März 1993 abzüglich der auf diese Zeit ent- fallenden Kaufkraftverminderung) zu zahlen, vorerst 3.900 DM." In der Begründung wird ausgeführt, er - der Kläger - habe keinen Zugewinn erzielt. Bezüglich eines Vermögensgegenstandes könne er den von der Beklagten gemachten Zugewinn berechnen, dieser betrage 3.900 DM. Bezüglich zehn weiterer Vermögensgegenstände sei er auf eine Auskunft der Beklagten angewiesen. Mit der Klage hat der Kläger in Form von Gerichtskostenmarken einen Vorschuß für einen Streitwert von 3.900 DM eingezahlt. Das Gericht hat die Klage zunächst nicht zugestellt und den Kläger mit Verfügung vom 22. März 1996 aufgefordert, binnen zwei Wochen mitzuteilen, "welche Vorstellungen er von der Höhe des von der Beklagten zu zahlenden Zugewinns" habe. Der gezahlte Kostenvorschuß sei wohl bei weitem nicht ausreichend. Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28. März 1996 mitgeteilt, er mache "zunächst nur den beantragten Teilbetrag in diesem Verfahren geltend". Die ursprüngliche Klageschrift wurde dann zusammen mit dem Schriftsatz vom 28. März 1996 zugestellt. Die Beklagte hat nicht nur zu dem bezifferten Antrag Stellung genommen , sondern auch zu den Vermögenspositionen, zu denen der Kläger in der Klageschrift Auskunft verlangt hatte. Daraufhin haben die Parteien den Auskunftsanspruch für erledigt erklärt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß ihm aufgrund der erteilten Auskünfte ein Zugewinnausgleichsanspruch auf Zahlung weiterer 1.572.210,70 DM zustehe. Mit Schriftsatz vom 18. November 1996 hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.900 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen und ihm Prozeßkostenhilfe für einen weitergehenden, auf 1.572.210,70 DM zuzüglich Zinsen ge-
richteten Zahlungsantrag zu bewilligen. Den Antrag auf Bewilligung von Pro- zeßkostenhilfe für die Erweiterung der Klage hat das Familiengericht durch Beschluß vom 19. November 1996 zurückgewiesen, eine Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluß und eine Gegenvorstellung gegen die Beschwerdeentscheidung hatten keinen Erfolg. Im Termin vor dem Familiengericht am 8. Dezember 1998 hat der Kläger den Antrag aus der ursprünglichen Klageschrift zu Ziffer II gestellt mit dem Bemerken , er "mache diesen Betrag als Teilbetrag geltend". Außerdem hat er beantragt , ein Grundurteil zu erlassen "mit dem Inhalt, daß die Beklagte dem Kläger auf Zahlung von Zugewinn haftet". Seinen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Erweiterung der Klage hat er wiederholt. Die Beklagte hat den Zahlungsanspruch aus dem Antrag II der Klageschrift anerkannt. Durch Urteil vom 8. Januar 1999 hat das Familiengericht die Beklagte im Wege des Anerkenntnisses verurteilt, an den Kläger 3.900 DM zu zahlen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß über mehr nicht zu entscheiden sei. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung weiterer 5.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Familiengericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen mit der Begründung, der Kläger sei durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seine in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nach §§ 547 ZPO a.F., 26 Nr. 5 EGZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist die Berufung unzulässig , weil der Kläger durch das angefochtene erstinstanzliche Urteil nicht beschwert ist. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein im Kostenpunkt bestehen darf, sowie das Bestreben, gerade diese Beschwer durch das Rechtsmittel zu beseitigen (Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. vor § 711 Rdn. 10 m.N. aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Daß der Rechtsmittelkläger mit seinem Rechtsmittel andere, möglicherweise an sich berechtigte Interessen verfolgt , genügt nicht. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist von der sogenannten formellen Beschwer auszugehen. Das bedeutet, daß der Rechtsmittelkläger beschwert ist, wenn das angefochtene Urteil von seinen in der Vorinstanz gestellten Anträgen abweicht (ständ. Rechtspr. des BGH, vgl. Urteil vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 89/90 - NJW 1991, 703, 704 m.w.N.). Das erstinstanzliche Gericht hat dem Antrag des Klägers, die Beklagte zur Zahlung von 3.900 DM zu verurteilen, im Wege eines Anerkenntnisurteils uneingeschränkt stattgegeben. Eine Klage mit einem darüber hinausgehenden Klageantrag ist nicht rechtshängig geworden. Das Familiengericht hatte deshalb nur über den bezifferten Klageantrag auf Zahlung von 3.900 DM zu entscheiden und hat auch nur über diesen Antrag entschieden. Da es ihm voll stattgegeben hat, scheidet eine Beschwer des Klägers aus.

a) Die Revision geht zu Unrecht davon aus, das Familiengericht habe auch über eine über den bezifferten Zahlungsantrag hinausgehende Stufenklage entscheiden müssen. Eine Stufenklage ist nicht rechtshängig geworden. Die ursprüngliche Klageschrift enthielt allerdings eine Stufenklage. Darin hat der Kläger geltend gemacht, er könne wegen eines bestimmten Teils seiner Klageforderung seine Ansprüche beziffern, weil er insofern keine Auskünfte benötige. Wegen eines anderen, größeren Teils könne er seinen Anspruch dagegen noch nicht beziffern, weil er insofern auf Auskünfte der Beklagten angewiesen sei. Insofern hat der Kläger in der ursprünglichen Klageschrift eine bezifferte Teilklage geltend gemacht verbunden mit einer unbezifferten Stufenklage. Gegen diese Art des prozessualen Vorgehens bestehen zwar keine Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in einem solchen Falle die Klage nur hinsichtlich des Begehrens, das das bezifferte Zahlungsbegehren übersteigt, als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO anzusehen (BGHZ 107, 236, 239 m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; Stein/Jonas/Schumann, ZPO 21. Aufl. § 254 Rdn. 18; Lüke in MünchKomm /ZPO 2. Aufl., § 254 Rdn. 16). Die Klageschrift ist aber nicht uneingeschränkt mit dem ursprünglichen Inhalt zugestellt worden. Sie ist vielmehr zusammen mit dem Schriftsatz des Klägers vom 28. März 1996 zugestellt worden, in dem er - auf die Verfügung des Gerichts vom 22. März 1996 hin - ausdrücklich erklärt hat, er mache "zunächst nur den beantragten Teilbetrag in diesem Verfahren geltend." Es hätte nahegelegen, den Kläger aufzufordern, zum Zwecke der Zustellung eine dem neuen Begehren angepaßte Klageschrift vorzulegen. Daß das Gericht diesen Weg nicht gewählt hat, ändert aber nichts daran, daß der zu dem Zeitpunkt der Zustellung der Klage geltend gemachte Klageantrag anhand der von dem Kläger abgegebenen Erklärungen auszulegen ist (vgl. Lüke in MünchKomm/ZPO
aaO § 253 Rdn. 90 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ). Aus dem gleichzeitig mit der Klageschrift zugestellten Schriftsatz des Klägers vom 28. März 1996 ergibt sich, daß der Kläger - jedenfalls zunächst und aus Kostengründen - nur wegen des mit 3.500 DM bezifferten Zahlungsantrags aus der Klageschrift Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollte. Das bedeutet, daß auch nur insofern Rechtshängigkeit eingetreten ist. Daß der Kläger dies selbst auch so verstanden hat, ergibt sich aus seinen Schriftsätzen vom 11. November 1996 und vom 18. November 1996. Auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 11. November 1996 heißt es ausdrücklich, der Kläger mache "nach wie vor" aus Gründen der Prozeßökonomie vorerst nur den rangletzten Teilbetrag in Höhe von 3.900 DM geltend. In dem Schriftsatz vom 18. November 1996 kündigt der Kläger den Antrag an, die Beklagte zu verurteilen , an ihn 3.900 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen, und beantragt wegen einer beabsichtigten Klageerweiterung Prozeßkostenhilfe.
b) Da nur eine bezifferte Zahlungsklage, nicht aber eine Stufenklage rechtshängig geworden ist, hatte die von den Parteien wegen des in der Klageschrift ursprünglich geltend gemachten Auskunftsanspruchs abgegebene Erledigungserklärung für den vorliegenden Prozeß keine Bedeutung, sie ging insofern ins Leere. Bedeutung konnte sie nur für die von dem Kläger beabsichtigte Klageerweiterung haben, für die er erfolglos Prozeßkostenhilfe beantragt und die er dann nicht vorgenommen hat.
c) Zu Unrecht meint die Revision, die Rechtshängigkeit der gesamten in der Klageschrift enthaltenen Stufenklage sei nach den §§ 261 Abs. 2, 297 ZPO zumindest dadurch eingetreten, daß der Kläger in den mündlichen Verhandlungen vom 26. Februar 1998 und insbesondere vom 8. Dezember 1998, auf die hin das erstinstanzliche Urteil ergangen ist, den Klageantrag II aus der ur-
sprünglichen Klageschrift "insgesamt" gestellt habe. Auch diese Anträge konnten nach den Erklärungen, die der Kläger mehrfach abgegeben hatte, nur dahin verstanden werden, daß er den in dem Antrag II der Klageschrift enthaltenen bezifferten Zahlungsantrag stelle. In der entscheidenden mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 1998 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers dies noch einmal ausdrücklich klargestellt, indem er hinzugefügt hat: "Ich mache diesen Betrag als Teilbetrag geltend." Wäre die Stufenklage, wie von der Revision angenommen, in der mündlichen Verhandlung (oder schon durch die Zustellung der Klageschrift) rechtshängig geworden, hätte das im übrigen nur zur Folge, daß dieser Teil der Klage als unzulässig abgewiesen werden müßte. Nachdem der Kläger nämlich erklärt hat, daß ihm alle erforderlichen Auskünfte erteilt seien, und nachdem er in dem Prozeßkostenhilfeverfahren den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Zugewinnausgleichsanspruch beziffert hatte, hätte er auch im Rahmen einer Stufenklage einen bezifferten Leistungsantrag stellen müssen. Dies hat er nicht getan mit der Folge, daß die Stufenklage durch Prozeßurteil abzuweisen wäre (vgl. Lüke in MünchKomm/ZPO aaO § 254 Rdn. 21).
d) Entgegen der Annahme der Revision ergibt sich eine Beschwer des Klägers auch nicht deshalb, weil das Familiengericht dem zusätzlichen Antrag des Klägers auf Erlaß eines Grundurteils "mit dem Inhalt, daß die Beklagte dem Kläger auf Zahlung von Zugewinn haftet", nicht entsprochen hat. Der Antrag, ein Grundurteil zu erlassen, ist ein Prozeßantrag, kein Sachantrag. Der Erlaß eines Grundurteils nach § 304 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Ein Grundurteil kann nur bezüglich des rechtshängig gewordenen Anspruchs erlassen werden, wenn dieser Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist. Da im vorliegenden Fall über den rechtshängig gewordenen Anspruch aufgrund des
Anerkenntnisses der Beklagten abschließend entschieden werden konnte, kam der Erlaß eines Grundurteils nicht in Betracht.
e) Entgegen der Ansicht der Revision bestand für das Familiengericht auch kein Anlaß, den Antrag auf Erlaß eines Grundurteils wegen des genannten Zusatzes in eine Feststellungsklage umzudeuten, die einen die bezifferten 3.900 DM übersteigenden Zugewinnausgleichsanspruch betrifft. Eine solche Umdeutung verbietet sich schon deshalb, weil ein entsprechender Feststellungsantrag unzulässig gewesen wäre. Da der Kläger nach seinem eigenen Vortrag seinen Zahlungsanspruch uneingeschränkt beziffern konnte, hätte für die Erhebung einer Feststellungsklage das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) gefehlt. Der Kläger kann eine Beschwer nicht daraus herleiten, daß das Familiengericht den Prozeßantrag nicht in einen unzulässigen Feststellungsantrag umgedeutet hat, durch den der Umfang der Rechtshängigkeit erweitert worden wäre.
f) Schließlich hatte das Berufungsgericht auch keine Veranlassung, sich mit der Frage zu befassen, ob der von dem Kläger in erster Instanz gestellte Antrag auf Erlaß eines Grundurteils in einen Antrag auf Erlaß eines Zwischenfeststellungsurteils nach § 256 Abs. 2 ZPO hätte umgedeutet werden können. Das Urteil des Familiengerichts behandelt diese Frage nicht. Hätte der Kläger mit der Berufung geltend machen wollen, daß er eine Entscheidung nach § 256 Abs. 2 ZPO vermisse, hätte er hierzu in der Berufungsbegründung Ausführungen machen müssen. Selbst wenn man unterstellt, daß der Kläger mit seiner Berufung auch das Fehlen einer Entscheidung über einen konkludent gestellten Zwischenfeststellungsantrag angefochten hat, wäre seine Berufung insofern mangels Begründung unzulässig.

g) Da dem Begehren des Klägers, soweit es rechtshängig geworden ist, durch das erstinstanzliche Urteil uneingeschränkt entsprochen worden ist, ist der Kläger durch dieses Urteil nicht beschwert.
Hahne Gerber Weber-Monecke
Fuchs Ahlt

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Einsicht in Akten des Bundesministeriums der Justiz, die im Zusammenhang mit einem Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts entstanden sind.

2

Mit Urteil vom 29. Januar 2003 - 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01 - (BVerfGE 107, 150) entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB über die nur unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Ausübung der gemeinsamen Sorge für nichteheliche Kinder mit dem Elternrecht des Vaters vereinbar sei. Der Gesetzgeber sei jedoch verpflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die der gesetzgeberischen Entscheidung zugrunde liegende prognostische Annahme auch vor der Wirklichkeit Bestand habe.

3

Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 bat der Kläger um Auskunft zu Stand und Ergebnis der hierzu vom Bundesministerium der Justiz bei Jugendämtern und Rechtsanwälten durchgeführten Befragung und beantragte zugleich Einsicht in die diesbezüglichen Akten des Ministeriums. Mit Bescheid vom 5. Juni 2008 teilte das Bundesministerium der Justiz dem Kläger mit, dass nach der Auswertung der Befragung - deren Zusammenfassung war beigefügt - eine wissenschaftliche Untersuchung erforderlich sei. Den Antrag auf Akteneinsicht lehnte das Ministerium ab.

4

Im Laufe des Klageverfahrens gewährte das Bundesministerium der Justiz dem Kläger Einsicht in die Aktenbestandteile, die Grundlage der bereits erteilten Auskunft waren. Bezüglich der übrigen Akten gab das Verwaltungsgericht der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Gewährung von Akteneinsicht. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte dem Kläger erneut bzw. erstmalig Akteneinsicht in sämtliche zum Prüfungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts beim Bundesministerium der Justiz vorhandenen Originalakten zugesagt mit Ausnahme personenbezogener Daten sowie von zwei in den Akten enthaltenen hausinternen Vorlagen für die Ministerin. Hinsichtlich der freigegebenen Akten haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Als Teil der Exekutive sei das Bundesministerium der Justiz grundsätzlich informationspflichtige Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Eine Differenzierung zwischen Regierungshandeln und Behördentätigkeit finde in dieser Bestimmung keine Stütze. Weder der Wortlaut und der systematische Zusammenhang noch ein Vergleich mit anderen gesetzlichen Regelungen rechtfertigten eine restriktive Auslegung des Behördenbegriffs. Diese sei des Weiteren nicht mit Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes vereinbar, das nach dem Willen des Gesetzgebers in weitem Umfang Partizipation und Kontrolle ermöglichen solle. Ablehnungsgründe stünden dem Informationsanspruch nicht entgegen. Eine nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG erforderliche konkrete Gefährdung des innerbehördlichen Beratungsvorgangs sei vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung im Bereich des Sorgerechts für nichteheliche Kinder weder substantiiert dargetan noch ersichtlich. Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 3. Dezember 2009 - Nr. 22028/04, Zaunegger (NJW 2010, 501) und der daran anschließenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 420/09 - (BVerfGE 127, 132) seien die ursprünglich im Anschluss an den Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Bundesministerium der Justiz angestellten Erwägungen und Untersuchungen zur Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Handelns überholt. Der pauschale Hinweis, dass der politisch verantwortlichen Ministerin ein von Einsichtsansprüchen unbelasteter "Schutzraum" zugebilligt werden müsse, könne die gebotene einzelfallbezogene Darlegung einer konkreten Gefährdung nicht ersetzen. Der Ablehnungsgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG greife hiernach ebenso wenig ein. Schließlich sei jedenfalls substantiiert auch nichts dafür dargetan, dass der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bei dem hier abgeschlossenen Vorgang der Herausgabe der Informationen entgegenstehe. Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens des erledigten Teils des Rechtsstreits hat das Oberverwaltungsgericht die Billigkeitsentscheidung zu Lasten der Beklagten auf die Erwägung gestützt, dass diese den Kläger ohne erkennbare Änderung der Sach- und Rechtslage klaglos gestellt habe.

5

Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:

Die Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz zur Reform des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB unterfielen als Regierungshandeln nicht dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes. Der von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG rezipierte funktionelle Behördenbegriff des § 1 Abs. 4 VwVfG umfasse den Bereich des Regierungshandelns von vornherein nicht. Die ausführende Verwaltung sei von den Maßnahmen der Regierung, die mit ihrem staatsleitenden Charakter unmittelbar auf verfassungsrechtlichen Befugnissen fußten, zu unterscheiden. Die Doppelrolle der Ministerien als Verfassungsorgan und Behörde dürfe nicht überspielt werden; vielmehr komme es für die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes auf den jeweiligen Funktionsbereich an. Soweit in der Gesetzesbegründung die Gesetzesvorbereitung als Verwaltungshandeln angesehen worden sei, handele es sich nur um die Mitteilung einer - unzutreffenden - Rechtsansicht; nicht aber um den Ausdruck eines Regelungswillens. Eine enge Auslegung des Behördenbegriffs sei auch von Verfassung wegen geboten. Das Grundgesetz differenziere bei der vollziehenden Gewalt zwischen Verwaltung und Regierung. Davon ausgehend habe es eine Wertentscheidung zu Gunsten einer repräsentativen Demokratie mit einzelnen plebiszitären Elementen getroffen. Dabei werde die vollziehende Gewalt durch den Bundestag als das unmittelbar demokratisch legitimierte Organ kontrolliert, nicht aber direkt durch das Volk. Eine zusätzliche Kontrolle der Regierung durch den Einzelnen würde das System der Zuordnung von Kompetenzen und Verantwortungsbereichen im Verhältnis zwischen Regierung und Bundestag verändern. Bei der Gesetzesvorbereitung handele die Regierung als Verfassungsorgan, das auf den dauerhaften Schutz seiner Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung vertrauen dürfe. Die Frage, ob und wie Gesetzesvorhaben verfolgt würden, sei eine typische Leitungsaufgabe. Hierzu zähle bereits die Vorbereitung und Ausarbeitung im Hinblick auf ein eventuelles Gesetzesvorhaben; auch die Sammlung von Tatsachen und die Aufbereitung und Bewertung zur Vorbereitung einer ministeriellen Entscheidung gehörten hierzu. Insbesondere die Anfangsphase sei von besonderer Bedeutung und Sensibilität, sodass insofern eine Sphäre der Vertraulichkeit zu gewährleisten sei.

6

Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht jedenfalls die Versagungsgründe nach § 3 Nr. 4 IFG und § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG verkannt. Des Weiteren stehe der Schutz der exekutiven Eigenverantwortung als ungeschriebener Versagungstatbestand dem geltend gemachten Anspruch entgegen. Abschließend rügt die Beklagte, dass das Ermessen im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO hinsichtlich des erledigten Teils der Klage nicht sachgerecht ausgeübt worden sei.

7

Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet und demnach zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht den Informationszugangsanspruch bejaht und die Berufung zurückgewiesen hat (1.). Soweit die Beklagte ausdrücklich eine Korrektur der Kostenentscheidung bezüglich des in der Berufungsinstanz für erledigt erklärten Teils des Verfahrens begehrt, ist die Revision bereits unzulässig und gemäß § 144 Abs. 1 VwGO zu verwerfen (2.).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Zugang zu den noch im Streit stehenden Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ist eröffnet (a). Versagungsgründe stehen dem Anspruch nicht entgegen (b).

10

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Darüber hinaus richtet sich der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gegen sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Das Bundesministerium der Justiz zählt zu den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG grundsätzlich zur Auskunft verpflichteten Behörden; die gesetzesvorbereitende Tätigkeit als Teil des Regierungshandelns ist hiervon nicht ausgenommen.

11

aa) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs der Behörde, der in einem organisatorisch-institutionellen oder in einem funktionellen Sinn verwendet werden kann. Die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG legt indessen ein funktionelles Verständnis nahe, indem sie bei sonstigen Bundesorganen und -einrichtungen die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes von der jeweils wahrgenommenen Aufgabe abhängig macht. Dieses auf die Aufgabe bezogene Merkmal kennzeichnet dann sowohl die in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG als auch die im folgenden Satz genannten Anspruchsverpflichteten. Die Begründung des Gesetzentwurfs bestätigt dies durch den Verweis auf § 1 Abs. 4 VwVfG (BTDrucks 15/4493 S. 7). Danach sind Behörden alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

12

aaa) Der Begriff der Stelle hat einen organisationsrechtlichen Bezug. Er bezeichnet eine gewisse organisatorische Eigenständigkeit und meint jede Person des öffentlichen Rechts und ihre Organe, d.h. jede Organisationseinheit, die durch Organisationsrecht gebildet, vom Wechsel des Amtsinhabers unabhängig und nach den einschlägigen Zuständigkeitsregelungen berufen ist, unter eigenem Namen eigenständige Aufgaben wahrzunehmen (Urteil vom 20. Juli 1984 - BVerwG 7 C 28.83 - BVerwGE 70, 5 <13> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 198; vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 1 Rn. 241, 248 f.). Beim Bundesministerium der Justiz als einer Behörde im organisationsrechtlichen Sinne sind diese Voraussetzungen ohne Weiteres gegeben.

13

bbb) Nach materiellen Kriterien entscheidet sich, ob die Aufgaben der Stelle dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zuzurechnen sind. Der Versuch einer positiven Umschreibung der Verwaltung führt allerdings nicht weiter. Denn damit werden nur einzelne typische Merkmale der Verwaltung hervorgehoben, ohne allerdings ihre Vielfalt abschließend zu erfassen. Das kann nur eine negative Begriffsbestimmung leisten, die den Bereich der Verwaltung im Wege der Subtraktionsmethode allein in Abgrenzung von den anderen Staatsfunktionen ermittelt (vgl. nur Ehlers, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 1 Rn. 5 ff. m.w.N.). Dieser Ansatz führt zu einem weiten Verständnis der Verwaltung, wenn in Anlehnung an den in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Gewaltenteilung bzw. der Funktionentrennung die Verwaltung mit der vollziehenden Gewalt gleichgesetzt und lediglich der Gesetzgebung und der Rechtsprechung gegenübergestellt wird. Der Bereich der Verwaltung fällt demgegenüber enger aus, wenn - wie nach Ansicht der Beklagten geboten - innerhalb der Exekutive die typischerweise gesetzesgebundene Verwaltung von der Aufgabe der Regierung unterschieden wird, die Anteil an der Staatsleitung hat und in den allein von der Verfassung gesetzten rechtlichen Grenzen Ziele und Zwecke des staatlichen Handelns vorgibt (vgl. etwa Schröder, HStR, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 106 Rn. 4, 10 f., 29 f.).

14

Wenn auch im Staatsrecht die Eigenständigkeit der Regierungsfunktion betont wird, so weist der Rechtsbegriff der Verwaltung gleichwohl einen gesetzesübergreifend allgemein gültigen Inhalt nicht auf; er ist vielmehr je eigenständig zu bestimmen (vgl. Ehlers a.a.O. Rn. 12). Der Normtext kann insoweit aus sich heraus aussagekräftig sein. So spricht etwa § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG von der "Regierung und anderen Stellen der Verwaltung" und gibt damit für einen unionsrechtlich determinierten Ausschnitt des Informationsfreiheitsrechts (siehe Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen) zu erkennen, dass die Verwaltung umfassend verstanden wird (siehe hierzu auch Urteil vom 18. Oktober 2005 - BVerwG 7 C 5.04 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 1 Rn. 21). Fehlt es wie hier im Gesetzestext an ausdrücklichen Hinweisen auf das maßgebliche Normverständnis, ist auf den jeweiligen Regelungszusammenhang und das Regelungsziel des Gesetzes abzustellen. Das führt hier zu einem weiten Verständnis der Verwaltung und hieran anknüpfend zu einem umfassenden Begriff der Behörde.

15

(1) Für den Bereich des Informationsfreiheitsgesetzes wird die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Verwaltung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensrechts geprägt.

16

Zum einen verweist das Informationsfreiheitsgesetz insoweit nicht auf das Verwaltungsverfahrensgesetz. Vielmehr übernimmt das Informationsfreiheitsgesetz nur den dort normierten Behördenbegriff (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 79). Die zum Verwaltungsverfahrensgesetz ergangene Rechtsprechung, die u.a. mit dem Begriff des Regierungsakts einen gesonderten Bereich der Regierungstätigkeit anerkennt, bezieht sich demgegenüber auf den Begriff der Verwaltungstätigkeit nach § 1 Abs. 1 VwVfG, die den Anwendungsbereich des Gesetzes umschreibt und somit dem Individualrechtsschutz beim Verwaltungshandeln verpflichtet ist (siehe Schmitz a.a.O. § 1 Rn. 83, 165 ff., 186 ff.; vgl. auch Pieper, Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2008, S. 59 <75 f.>). Darum geht es beim Informationsfreiheitsgesetz aber nicht. Zwar wird mit dem Antrag auf Informationszugang ein eigenes Verwaltungsverfahren eröffnet. Dessen Anknüpfungspunkt, die begehrte amtliche Information, muss aber nicht aus einem behördlichen Handeln stammen, das als solches dem Verwaltungsverfahrensgesetz unterliegt.

17

Zum anderen kann ein enger Bezug zum Verwaltungsverfahrensgesetz auch nicht mit der Erwägung bejaht werden, dass das Informationsfreiheitsgesetz der Sache nach verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen enthalte. Denn das Informationsfreiheitsgesetz gewährt einen eigenständigen materiellrechtlichen Anspruch auf Informationszugang, der sich vom Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren grundlegend unterscheidet (Beschluss vom 15. Oktober 2007 - BVerwG 7 B 9.07 - Buchholz 451.09 IHKG Nr. 20; vgl. etwa Gusy, GVwR, Bd. II, § 23 Rn. 81 ff. m.w.N.).

18

(2) Gibt demnach der gesetzesübergreifende Regelungszusammenhang für ein enges Verständnis von Verwaltung nichts her, ergeben sich aus einer Zusammenschau der Regelungen in § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 IFG demgegenüber Anhaltspunkte für ein umfassendes Verständnis. Ausgehend von einem funktionellen Behördenbegriff hat die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG für die sonstigen Bundesorgane und -einrichtungen keine konstitutive Bedeutung (Schoch a.a.O. § 1 Rn. 90). Vielmehr soll lediglich klargestellt werden, dass auch Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichte sowie Bundesbank vom Geltungsbereich des Gesetzes erfasst sind, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (BTDrucks 15/4493 S. 7 f.). Ein entsprechender und bei Zugrundelegung der Rechtsansicht der Beklagten gleichfalls klarstellender Hinweis, dass bei einem wichtigen Teil der von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erfassten Behörden im organisationsrechtlichen Sinne, nämlich den obersten Bundesbehörden, ein ganz bedeutender Ausschnitt ihrer Tätigkeit ausgenommen sein soll, fehlt indessen. Das legt den Schluss nahe, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG im Wesentlichen den Bereich der Staatstätigkeit bezeichnen soll, auf die sich die Informationspflicht nicht erstreckt. Davon geht auch die Begründung des Gesetzentwurfs aus, nach der "nach § 1 Abs. 1 (...) nur der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten, (...) der Rechtsprechung und sonstiger unabhängiger Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben" soll (BTDrucks 15/4493 S. 8).

19

(3) Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Verwaltung ist letztlich das Regelungsziel des Gesetzes. Sinn und Zweck des Gesetzes erschließen sich insbesondere auch unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien. Hiernach spricht, wie bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, alles für ein weites Verständnis (so auch Schoch a.a.O. § 1 Rn. 84, 88; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, 2009, S. 111 ff.; Gurlit, Verw 2011, S. 75 <84 ff.>; Schaar, Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2010, S. 1 <4 ff.>; Sokol, in: FS Jaeger, 2011, S. 573 <587>; a.A. etwa Pieper a.a.O. <68 ff.>).

20

Das Informationsfreiheitsgesetz will die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger durch die Verbesserung der Informationszugangsrechte stärken und vor allem auf der Grundlage der so vermittelten Erkenntnisse der Meinungs- und Willensbildung in der Demokratie dienen (BTDrucks 15/4493 S. 6). Dieser Zweck würde nur unvollkommen gefördert, wenn gerade der Bereich der Vorbereitung und Durchführung grundlegender Weichenstellungen für das Gemeinwesen vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen wäre. In Einklang mit der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ist der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs ohne Weiteres davon ausgegangen, dass nicht nur die alltägliche insbesondere der Anwendung der Gesetze dienende Verwaltungstätigkeit, sondern gerade auch der Bereich des Regierungshandelns grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen sollte und sich Ausnahmen - jedenfalls grundsätzlich - nach Maßgabe der gesetzlich vorgesehenen Informationsversagungsgründe rechtfertigen lassen müssen. Nur so lässt sich erklären, dass die Begründung des Gesetzentwurfs, der im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht widersprochen worden ist, ausdrücklich einen von der Verfassung gebotenen Verweigerungsgrund für einen Teilausschnitt des Regierungshandelns - nämlich den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung - anführt (BTDrucks 15/4493 S. 12). Dies wäre entbehrlich, wenn die obersten Bundesbehörden in ihrer Rolle als Träger der Regierungstätigkeit schon nicht zum Kreis der Anspruchsverpflichteten gehörten. Entsprechendes hat insbesondere für den Versagungsgrund des § 3 Nr. 3 Buchst. a IFG zu gelten. Auch die ausdrückliche Einordnung der Vorbereitung von Gesetzen in den Bundesministerien als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit (BTDrucks 15/4493 S. 7) kann nicht als rechtsirrig und deshalb unbeachtlich abgetan werden.

21

bb) Dieser Auslegung des Begriffs der Verwaltung, der sich grundsätzlich auch auf das Regierungshandeln erstreckt, stehen verfassungsrechtliche Vorgaben nicht entgegen. Die Einwände der Beklagten greifen nicht durch.

22

aaa) Die im Grundgesetz verwirklichte Staatsform der repräsentativen Demokratie mit der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber der Ermöglichung einer informellen öffentlichen Kontrolle auch des Regierungshandelns durch einen grundsätzlich umfassenden Informationszugang.

23

In der parlamentarischen Demokratie wird die Herrschaft des Volkes durch die Wahl der Volksvertretung mediatisiert, also nicht dauernd unmittelbar ausgeübt. Die Wahl ist dabei das wesentliche Element des Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen (BVerfG, Urteil vom 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 - BVerfGE 123, 39 ). Im Wahlakt erschöpft sich dieser Prozess allerdings nicht. Denn das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur darin, sondern auch in der Einflussnahme auf den ständigen Prozess der politischen Meinungsbildung, der Bildung der "öffentlichen Meinung" (BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 - 2 BvF 1/65 - BVerfGE 20, 56 <98>). Die demokratische Ordnung ist deswegen durch einen parlamentsübergreifenden Prozesscharakter gekennzeichnet (vgl. Dreier, in ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2008, Art. 20 Rn. 83). Die parlamentarische Kontrolle der Regierung, die den demokratischen Verantwortlichkeitszusammenhang gegenüber dem Repräsentationsorgan herstellt, schließt deswegen eine Kontrolle durch die öffentliche Meinung, die auf fundierte Informationen angewiesen ist, nicht aus. Vielmehr können sich diese verschiedenen Kontrollen auch ergänzen (vgl. Böckenförde, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 34 Rn. 19; sowie Scherzberg, GVwR, Bd. III, § 49 Rn. 126; Kahl, GVwR, Bd. III, § 47 Rn. 210). Dieser staatsrechtlichen Verortung des vom Informationsfreiheitsgesetz ermöglichten Informationszugangs steht nicht entgegen, dass er als Jedermannsrecht nicht dem Staatsbürger als dem Zurechnungsendsubjekt der demokratischen Legitimation der Staatsgewalt vorbehalten ist. Denn der auf die demokratische Willensbildung bezogene Wirkungszusammenhang wird durch eine in personeller Hinsicht überschießende Regelung nicht beeinträchtigt.

24

bbb) Soweit die Beklagte auf die besondere Schutzbedürftigkeit sensibler und vertraulicher Informationen aus dem Bereich der Regierung verweist, so ist dem zunächst unter Beachtung der jeweils konkreten Umstände nach Maßgabe der gesetzlich vorgesehenen Verweigerungsgründe Rechnung zu tragen. Dabei sind verfassungsrechtlich begründete Rechtspositionen zu berücksichtigen. Falls erforderlich sind ergänzend verfassungsunmittelbare Weigerungsgründe heranzuziehen (siehe unten, 1. b) cc)).

25

b) Versagungsgründe stehen dem Anspruch auf Zugang zu den streitigen Unterlagen nicht entgegen. Für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der von der Beklagten für die hausinternen Vorlagen für die Ministerin in Anspruch genommenen Weigerungsgründe ist nichts dargetan.

26

aa) Die Berufung auf § 3 Nr. 4 IFG geht fehl. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Die Unterlagen der Ministerin werden vom damit gewährleisteten besonderen Geheimnisschutz nicht erfasst. Denn die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nach § 6 BMinG zählt ebenso wenig wie die im Beamtenrecht geregelten Verschwiegenheitspflichten (§ 67 Abs. 1 Satz 1 BBG, § 37 BeamtStG) zu den besonderen Amtsgeheimnissen (vgl. hierzu Urteil vom 24. Mai 2011 - BVerwG 7 C 6.10 - NVwZ 2011, 1012 Rn. 15).

27

bb) § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG steht dem Informationsanspruch ebenso wenig entgegen. Nach dieser Bestimmung soll der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt wird. Ob die hausinternen Vorlagen für die Ministerien in diesem Sinne zu den Arbeiten zur unmittelbaren Vorbereitung einer Entscheidung zählen, kann dahinstehen. Denn der Versagungsgrund greift jedenfalls wegen der zeitlichen Abläufe nicht ein.

28

Der mit § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG bezweckte Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses ist zeitlich begrenzt und endet spätestens mit dem Abschluss des Verfahrens (Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 - NVwZ 2011, 1072 Rn. 5). Dabei kann ein Verfahren nicht nur durch eine Sachentscheidung beendet werden; es kann sich auch auf andere Weise erledigen, etwa wenn das beabsichtigte Vorhaben nicht mehr weiterverfolgt werden soll oder wenn veränderte Umstände eine Entscheidung entbehrlich machen. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die im Anschluss an den Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Bundesministerium der Justiz angestellten Erwägungen und Untersuchungen zur Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Handelns durch den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 420/09 - (BVerfGE 127, 132) überholt. Das Verfahren hat sich insoweit erledigt und ein Schutz durch § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG ist entfallen. Aber selbst wenn man im Anschluss an die Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung annehmen wollte, dass auch diese Unterlagen im Hinblick auf die weiterhin anstehende - nun durch das Bundesverfassungsgericht zwingend vorgegebene - gesetzliche Neuregelung von Bedeutung sein können und sich folglich auf einen noch nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozess beziehen, ist nichts dafür ersichtlich, dass der Sache nach die Verweigerung des Informationszugangs gerechtfertigt wäre. Inwieweit durch eine Veröffentlichung dieser Unterlagen der Erfolg der Entscheidung - hier gegebenenfalls die Formulierung und Einbringung eines Gesetzentwurfs - vereitelt werden könnte, erschließt sich nämlich nicht.

29

cc) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich darauf, dass dem begehrten Informationszugang der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegenstehe.

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Diese ausgehend vom Gewaltenteilungsprinzip insbesondere im Parlamentsrecht entwickelte Rechtsfigur schließt zur Wahrung der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich ein (siehe zuletzt BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78 ). Zu diesem Bereich gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Um ein Mitregieren Dritter bei noch ausstehenden Entscheidungen der Regierung zu verhindern, erstreckt sich die Kontrollkompetenz des Parlaments daher grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen sind zur Wahrung eigenverantwortlicher Kompetenzausübung der Regierung geschützt. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, die dem Einblick Außenstehender weiterhin verschlossen bleiben müssen. Denn ein Informationsanspruch könnte durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der ihr zugewiesenen selbstständigen Funktion beeinträchtigen. Schließlich gilt, dass Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen umso schutzwürdiger sind, je näher sie der gubernativen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber der parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen.

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Der nach diesen Maßstäben gewährleistete Schutz der Regierungstätigkeit muss sich auch gegenüber einfachgesetzlichen Auskunftsansprüchen Dritter durchsetzen, damit er im Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander nicht unterlaufen wird und ins Leere geht. Um dies zu erreichen, wird der Kernbereichsschutz in der Begründung des Gesetzentwurfs als ungeschriebener Versagungsgrund angeführt (BTDrucks 15/4493 S. 12). Dessen Anliegen überschneidet sich indessen jedenfalls teilweise mit geschriebenen Versagungsgründen, insbesondere dem nach § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Der Schutz der Vertraulichkeit behördlicher Beratungen und das daraus folgende Verbot der Offenlegung von Beratungsinterna kann dabei über den Abschluss des laufenden Verfahrens hinausreichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 - NVwZ 2011, 1072 Rn. 5). Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind auch offen für die Berücksichtigung des präventiven Schutzes der Funktionsfähigkeit der Regierung. Hiernach spricht viel dafür, dass den verfassungsrechtlichen Vorgaben bereits im Rahmen der vorrangig zu prüfenden gesetzlich normierten Versagungsgründe Rechnung getragen werden kann. Falls sich gleichwohl Schutzlücken auftun sollten, ist auf verfassungsunmittelbare Grenzen des Informationsanspruchs zurückzugreifen. Ob eine solche Sondersituation hier gegeben ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn es ist nichts dafür dargetan, dass die streitigen Ministervorlagen am Schutz des Kernbereichs teilhaben. Die Beklagte trägt hierzu lediglich vor, die Willensbildung innerhalb der Regierung nehme Schaden, weil eine nachträgliche Publizität von Unterlagen, die der Vorbereitung eines Gesetzes dienten, auch künftig eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten hemmen könne. Es bestehe die Gefahr, dass die Offenheit des der Regierungsentscheidung vorgelagerten Abstimmungsprozesses leide und es zu einer Versteinerung dieses Prozesses komme, weil ein Abweichen von Bewertungen dann schwierig sei. Mit diesem Vorbringen, das im Übrigen das Bild einer Ministerialverwaltung mit einem eher geringen Selbstbewusstsein zeichnet, wird die Beklagte dem Erfordernis nicht gerecht, die befürchteten negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Regierung anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles nachvollziehbar zu belegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 110, 199 ). Die Beklagte macht letztlich geltend, dass die Beratungen im Rahmen der Gesetzesvorbereitung in jeglicher Hinsicht vertraulich bleiben müssten und deshalb auch nach Abschluss des Verfahrens der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden dürften. Diese Argumentation läuft darauf hinaus, die gesetzesvorbereitende Tätigkeit des Ministeriums entgegen den abweichenden und in Kenntnis der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Kernbereichsschutz getätigten Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren ganz generell den Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu entziehen. Das überzeugt nicht.

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2. Soweit die Beklagte sich auch gegen die Kostenentscheidung bezüglich des für erledigt erklärten Teils des Berufungsverfahrens wendet und meint, dass die Billigkeitsentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO von Rechts wegen zu beanstanden sei, ist die Revision unzulässig und deshalb zu verwerfen. Die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar. Das gilt grundsätzlich auch im Falle einer Teilerledigungserklärung, bei der die einheitliche Kostenentscheidung auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruht (Beschluss vom 7. August 1998 - BVerwG 4 B 75.98 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 115; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 158 Rn. 33 ff.). Ob Abweichendes ausnahmsweise dann anzunehmen ist, wenn die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen für die Kostenentscheidung bezüglich des streitigen Teils mit den nach § 161 Abs. 2 VwGO identisch sind (so Urteil vom 8. September 2005 - BVerwG 3 C 50.04 - Buchholz 316 § 49a VwVfG Nr. 5), kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Denn bezüglich der Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits hat das Oberverwaltungsgericht nicht etwa auf die Erfolgsaussichten der Klage abgestellt und insoweit auf die Ausführungen zum nicht erledigten Teil Bezug genommen; es hat die Kostenentscheidung vielmehr auf die Erwägung gestützt, dass die Beklagte den Kläger ohne erkennbare Änderung der Sach- und Rechtslage klaglos gestellt habe. Da die Revision sich nur teilweise als unzulässig erweist, kann sie abweichend von § 144 Abs. 1 VwGO insoweit durch Urteil verworfen werden (Urteile vom 10. September 1992 - BVerwG 5 C 80.88 - Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 6 Rn. 14 sowie vom 25. August 1992 - BVerwG 1 C 38.90 - BVerwGE 90, 337 <340> = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 50; Neumann a.a.O. § 144 Rn. 12 f.).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.