Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Juni 2016 - 15 K 1728/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist promovierter Zahnarzt und Fachzahnarzt für Kieferorthopädie mit eigener Praxis in L. . Die Beteiligten streiten um die Art und Weise der Berechtigung des Klägers, die spanische Bezeichnung „Profesor Invitado“ zu führen.
3Im Mai 2011 wandte sich der Kläger unter Vorlage einer Urkunde der Universität T. vom 24. März 2010 unter dem Betreff „Antrag zur Prüfung über die Führbarkeit ausländischer Grade“ an das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (MIWF). Er bat um Prüfung hinsichtlich der ihm von der Universität T. „verliehenen“ Bezeichnung "Profesor Invitado, kurz: Prof." und fragte an, ob er – wie er meine – die Langform im spanischen Original oder in einer sinngemäßen Übersetzung (Gastprofessor) und die Kurzform "Prof." ohne weitere Zusätze führen könne. Auf Anforderung des MIWF reichte er u.a. eine Urkunde der Universität T. vom 17. Februar 2010 und eine Vereinbarung mit der Universität T. vom 14. April 2011, jeweils nebst deutscher Übersetzung, nach. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 25, 20, 27 – 29, 22 – 23 der Beiakte Heft 1 Bezug genommen. Das MIWF erbat daraufhin eine Stellungnahme der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in Bonn (ZAB) zu der Frage, ob die Bezeichnung "Profesor Invitado" auch wie vom Kläger gewünscht in der Kurzform geführt werden dürfe. Unter dem 19. Januar 2012 führte die ZAB aus, die spanischen Universitäten hätten aufgrund ihres Autonomiestatus grundsätzlich das Recht, neben dem hauptamtlich beschäftigten Lehrkörper (so. "Catedraticos") zusätzliche Lehrkräfte unter Vertrag zu nehmen. Diese liefen unter der Bezeichnung "profesores invitados" oder "profesores asociados". Die Führung dieser Bezeichnungen sei in Spanien nicht gesetzlich geschützt. Auch Sekundarschullehrer würden als "profesores" bezeichnet. Es handele sich mithin nicht um einen akademischen Grad, sondern um eine Hochschultätigkeitsbezeichnung. Laut Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 14. April 2000 dürfe der Kläger die Bezeichnung – vorbehaltlich der Umsetzung des Beschlusses in das jeweilige Landesrecht – in Originalform mit Angabe der verleihenden Stelle führen. Unter dem 7. März 2012 stellte das MIWF dem Kläger eine "Bescheinigung" aus, wonach er den in Spanien erlangten Grad in folgender Form führen dürfe: "Profesor Invitado (Universität T. )", kurz "PROF. (Univ. T. )". Die Bescheinigung wurde am 8. März 2012 zur Post gegeben.
4Am 5. März 2013 erhielt das MIWF von dritter Seite den Hinweis, dass der Kläger wiederholt als "Prof. C. " bzw. "Prof. Dr. C. " aufgetreten sei bzw. den Titel in diesen Formen geführt habe; dem Hinweis waren eine Lichtbildaufnahme des Praxisschildes des Klägers sowie Kopien mehrerer schriftlicher Unterlagen beigefügt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 53 bis 67 der Beiakte Heft 1 verwiesen. Am 26. August 2013 ging bei der Beklagten ein weiterer Hinweis eines Wettbewerbers auf dem Gebiet der Kieferorthopädie auf eine - vermeintlich - unberechtigte Titelführung des Klägers ein. Unter dem 14. November 2013 bat der Wettbewerber um Prüfung, ob das MIWF hinsichtlich der Führung der Abkürzung "Prof." im Bereich ärztlicher Tätigkeit von Amts wegen tätig werden könne. Das MIWF rief daraufhin verschiedene Internetseiten auf. Da sich aus den Netzinhalten ergab, dass der Kläger die Abkürzung "Prof." nach wie vor seinem Namen voranstellte, nahm es entsprechende Ausdrucke zur Akte (Bl. 144 - 146 der Beiakte Heft 1). Nachdem die Staatsanwaltschaft L1. gegenüber dem MIWF die Auffassung vertreten hatte, dass das Verhalten des Klägers nicht strafbar sei, teilte das MIWF dem Kläger mit Schreiben vom 11. März 2014 mit, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung des Titels "Profesor Invitado" und mit diesem Titel etwa geführte Kurzformen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zu untersagen. Der Kläger führte unter dem 10. April 2014 durch seine Prozessbevollmächtigten aus, er sei von der Universität T. aufgrund eines formalen Berufungsverfahrens zum Gastprofessor ernannt worden. Er lehre aufgrund der mit der Universität geschlossenen Vereinbarung. Seine Lehrtätigkeit habe in der Vergangenheit drei Tage á 8 Stunden (als Blockveranstaltung) umfasst. Er sei auch darüber hinaus umfangreich lehrend und wissenschaftlich tätig. Für seine Tätigkeit im Studienjahr 2013/2014 legte er eine Bescheinigung der Universität T. vom 11. April 2014 vor.
5Unter dem 6. Juni 2014 teilte die Staatsanwaltschaft L1. dem MIWF mit, dass das Verfahren gegen den Kläger nach Zahlung einer Geldauflage von 100,00 Euro gemäß § 153a Abs. 1 StPO endgültig eingestellt worden sei. Da allerdings bekannt geworden sei, dass er den Titel „Prof.“ weiterhin ohne Zusatz führe, solle für die Zeit ab dem 10. April 2014 ein Strafbefehl beantragt werden. Am 23. Juli 2014 ermittelte die Beklagte, dass der Kläger im Internet nach wie vor die Kurzform „Prof.“ führte und nahm einen entsprechenden Ausdruck zur Akte.
6Unter dem 17. September 2014 wies das MIWF den Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass dem Kläger durch Beschluss des Landgerichts G. vom 11. September 2013 nach Wettbewerbsrecht untersagt worden sei, mit der Angabe „Prof. C. “ zu werben, ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft L1. wegen Titelmissbrauchs nach § 153a StPO eingestellt worden sei, ein neues Strafbefehlsverfahren anhängig sei und eine Internetrecherche am 17. September 2014 ergeben habe, dass der Kläger auf den Seiten www.praxis-c. .de, www.jameda.de und www.zwp-online.info nach wie vor den Titel „Prof.“ führe. Es forderte den Kläger auf, bis zum 10. Oktober 2014 seine Berechtigung zur Führung der Kurzform „Prof.“ des Titels Professor urkundlich nachzuweisen; bei ausbleibendem oder unzureichendem Nachweis werde die Führung untersagt werden. Der Kläger führte daraufhin unter dem 30. Oktober 2014 aus, die Ernennungsurkunde der Universität T. liege nebst amtlicher Übersetzung (Bl. 20 des Verwaltungsvorgangs) bereits vor.
7Am 18. September 2014 beantragte der Kläger beim MIWF den Erlass einer förmlichen Bescheinigung über die Führbarkeit der von der Universität T. verliehenen Hochschultätigkeitsbezeichnung in ausgeschriebener Form „Profesor Invitado“ sowie in abgekürzter Form „Prof.“ und trug vor, die Vereinbarung vom 14. April 2011 habe nach wie vor Gültigkeit. Er machte geltend, er habe nach dem Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (HG NRW) Anspruch auf Führung der Hochschultätigkeitsbezeichnung auch ohne Nennung der verleihenden Stelle. Bei der Universität T. handele es sich um eine staatlich anerkannte Hochschule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Mit einer Lehrtätigkeit von 24 Stunden jährlich erbringe er eine Lehrtätigkeit, die die Bezeichnung als Gastprofessor rechtfertige. Ein Titelkauf liege nicht vor. Die Möglichkeit einer Verwechslung stehe der Führbarkeit nicht entgegen.
8Unter dem 18. Dezember 2014 wandte sich das MIWF erneut an die ZAB und bat um weitere Aufklärung, wie die an einer spanischen Hochschule üblichen Bezeichnungen abgekürzt würden, ob die „Verleihung“ der Berechtigung zur Führung des Titels „Profesor Invitado (Prof.)“ in Spanien rechtlich irrelevant sei und es sich deshalb um eine bloße Gefälligkeit handele. Die ZAB führte unter Einholung von Auskünften des spanischen Bildungsministeriums unter dem 12. Januar 2015 aus, die Abkürzung „Prof.“ sei in Spanien nur bei Professoren auf Lebenszeit mit festem Lehrstuhl und nur innerhalb des Hochschulbetriebs üblich. Eine Rückfrage des spanischen Bildungsministeriums bei der Universität T. habe ergeben, dass die zahnärztliche Fakultät vereinzelt Zahnärzte für Vorträge oder Unterricht einlade. Man nenne sie „Invitados“, ihnen werde jedoch kein Titel verliehen. Wegen der Einzelheiten der Stellungnahme wird auf Bl. 367 der Beiakte Heft 1 verwiesen.
9Mit Bescheid vom 6. Februar 2015 untersagte das MIWF dem Kläger die Führung der Bezeichnung „Prof.“ und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Zur Begründung führte das Ministerium aus, eine Internetrecherche am 2. Februar 2015 habe ergeben, dass er immer noch die Bezeichnung „Prof.“ führe. Dies stehe mit den Vorschriften von § 69 Abs. 1 bis 6 HG NRW nicht in Einklang. Dem Kläger sei von der Universität T. mit der Bescheinigung vom 14. April 2011 kein akademischer Grad und kein Titel verliehen worden. Vielmehr handele es sich bei der Erlaubnis zur Bezeichnung als „Profesor Invitado (Prof.)“ um eine rechtlich belanglose Gefälligkeit der Hochschule. Auch sei die Verwendung der Abkürzung „Prof.“ außerhalb der Hochschule völlig unüblich. Eine Hochschultätigkeitsbezeichnung müsse aber unter Angabe der verleihenden Stelle geführt werden. Auch könnten dem Kläger im Rahmen der Berufsausübung und im Wettbewerb ungerechtfertigt Vorteile zufließen, weil die Verwendung der Abkürzung „Prof.“ suggeriere, der Kläger sei höher qualifiziert als ein „normaler“ promovierter Zahnarzt oder Kieferorthopäde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im öffentlichen Interesse. Es gelte zu verhindern, dass bis zur Bestandskraft der Entscheidung Patienten oder Mitbewerber getäuscht bzw. benachteiligt würden. Hinzu komme, dass der Kläger trotz des anhängigen Verwaltungsverfahrens die Abkürzung „Prof.“ weiter verwendet habe, unter anderem auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf mit dem Aktenzeichen 26 K 7623/14.
10Der Kläger hat am 4. März 2015 Klage erhoben. Ein am gleichen Tag gestellter Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Untersagungsverfügung des MIWF vom 6. Februar 2015 wieder herzustellen, blieb erfolglos (Beschluss der Kammer vom 3. September 2015 - 15 L 749/15 -).
11Der Kläger macht geltend, er sei von der Universität T. zum "Profesor Invitado" ernannt worden, denn das spanische Wort "nombrar" sei in dem gegebenen Zusammenhang mit "ernennen" zu übersetzen. Wegen der äußeren Gestaltung der Urkunde der Universität T. vom 17. Februar 2010 könne ein Empfänger sie nur dahin verstehen, dass er, der Kläger, mit Rechtswirkung ernannt worden sei. Er habe auch Anspruch auf Erteilung der unter dem 17. September 2014 beantragten Bescheinigung zur Führbarkeit der Hochschultätigkeitsbezeichnung ohne Angabe der verleihenden Institution. Nach § 69 Abs. 4 HG NRW i.V.m. § 69 Abs. 2 HG NRW dürften Hochschultätigkeitsbezeichnungen einer anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ohne Herkunftsangabe geführt werden. Sei eine entsprechende Verleihung durch die Hochschule erfolgt, komme es nicht darauf an, dass die Lehrtätigkeit einen größeren Stundenaufwand umfasse und/oder entgeltlich ausgeübt werde. Die Abkürzung "Prof." sei in Spanien allgemein üblich und er deshalb berechtigt, diese zu führen. Ein Titelkauf liege nicht vor. Denn dass er für seine Lehrtätigkeit kein Entgelt erhalte und die Unkosten des Aufenthaltes in Spanien selbst trage, stehe einer Verleihung eines Titels gegen Geldzahlung nicht gleich. Auch ein Honorarprofessor nach deutschem Recht werde unentgeltlich tätig. Der Schutz der Öffentlichkeit vor der missbräuchlichen Führung im innereuropäischen Ausland erworbener akademischer Grade werde allein durch die Voraussetzung der "ordnungsgemäßen Verleihung" gewährleistet. Dem Anspruch auf Ausstellung einer neuen Bescheinigung über die Führbarkeit des streitigen Titels stehe die unter dem 7. März 2012 erteilte Bescheinigung nicht entgegen, weil sie schon ausweislich eines Vermerks des Sachbearbeiters keine Verwaltungsaktsqualität aufweise.
12Der Kläger beantragt,
13- 1.14
die Untersagungsverfügung vom 5. Februar 2015 aufzuheben,
- 2.15
das beklagte Land zu verpflichten, eine Bescheinigung über die Führbarkeit der von der Universität T. verliehenen Hochschultätigkeitsbezeichnung in ausgeschriebener Form ("Profesor Invitado") sowie in abgekürzter Form ("Prof.") je ohne Nennung der verleihenden Institution zu erlassen,
hilfsweise festzustellen, dass er berechtigt ist, die von der Universität T. verliehene Hochschultätigkeitsbezeichnung in ausgeschriebener Form ("Profesor Invitado") sowie in abgekürzter Form ("Prof.") je ohne Nennung der verleihenden Institution zu führen.
17Das beklagte Land beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Es ist der Auffassung, die angefochtene Untersagungsverfügung sei rechtmäßig. Die Vergabe der Bezeichnung "profesor invitado" sei eine bloße Gefälligkeit der Universität T. . Da es sich nicht um einen Hochschulgrad handele, könne die Bezeichnung weder in abgekürzter Form noch in Langform ohne Angabe der verleihenden Stelle geführt werden. Da die Bezeichnung "profesor invitado" wie ein Ehrengrad nicht im Anschluss an ein Hochschulstudium bzw. eine geregelte Prüfung vergeben werde, könne sie wie ein Ehrengrad nur unter Angabe der verleihenden Stelle geführt werden. Beim "profesor invitado" handele es sich um eine Art Lehrbeauftragten, der einem deutschen Professor nicht gleichzustellen sei, weshalb bei Führung der Abkürzung "Prof." eine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Auch dürfe der Kläger die Bezeichnung "profesor invitado" in Spanien nur solange führen, wie er in T. einer geordneten Lehrtätigkeit nachgehe. Der Kläger habe jedoch keinerlei Nachweis geführt, dass er nach Ablauf des Studienjahres 2013/2014 weiter an der Universität T. tätig gewesen sei. Die Untersagung der Titelführung sei erforderlich gewesen, weil der Kläger trotz der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft L1. weiter den Professorentitel in abgekürzter Form geführt habe. Dem Begehren auf Ausstellung einer Führbarkeitsbescheinigung stehe entgegen, dass es sich bei der Bescheinigung vom 7. Oktober 2013 um einen Verwaltungsakt handele, der die Frage der inländischen Führbarkeit der Hochschultätigkeitsbezeichnung "profesor invitado" abschließend regele und zwischenzeitlich bestandskräftig geworden sei.
20Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 4. April 2016 und 14. April 2016 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.
24Die Klage hat keinen Erfolg.
25A. Sie ist hinsichtlich des Antrags zu 1. zulässig, aber nicht begründet.
26Der Bescheid des MIWF vom 6. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger in nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27Die Untersagungsverfügung findet – vom Zeitpunkt ihres Erlasses an bis zur Entscheidung des Gerichts –,
28vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 – 8 B 62.11 –, juris Rdnr. 13,
29ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 7 S. 5 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG; im Folgenden: HG NRW) vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547). Danach kann eine von den Vorgaben der Absätze 2 bis 6 des § 69 HG NRW abweichende Grad‑ oder Titelführung vom Ministerium oder einer von ihm beauftragten Behörde untersagt werden. Die Untersagungsermächtigung erfasst aufgrund der ausdrücklichen Inbezugnahme des § 69 Abs. 4 HG NRW auch die Führung von Hochschultätigkeitsbezeichnungen. Lediglich die Führung der Bezeichnung „Professor“ als staatlicher Titel auf der Grundlage einer Verleihung durch die Landesregierung nach § 69 Abs. 8 HG NRW fällt aus dem Anwendungsbereich des § 69 Abs. 7 Satz 3 HG NRW heraus.
30OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2013 – 19 B 1032 –, juris Rdnr. 6.
31Die vom Kläger beanspruchte Bezeichnung als „Prof.“ ist als Hochschultätigkeitsbezeichnung im Sinne des § 69 Abs. 4 HG NRW einzustufen. Denn der Kläger leitet seine Berechtigung zur Führung dieser Abkürzung daraus her, dass die Universität T. ihn auf der Grundlage einer Tätigkeit als Lehrbeauftragter im Umfang von drei Tagen á 8 Stunden (Blockveranstaltung) pro Studienjahr zu einem „Profesor Invitado“, übersetzt „Gastprofessor“, ernannt habe.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2013 – 19 B 1032 –, juris Rdnr. 8 zum ungarischen „vendégprofesszornak“ (Gastprofessor); zur Einordnung der Professorbezeichnung vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 5. Juli 2012 – 19 A 3006 –, juris, sowie Ziekow, Die Befugnis zur Führung der im Ausland erworbenen Bezeichnung „Professor“ im Inland, NVwZ 1999, 834 ff.
33Die Führung der Abkürzung "Prof." durch den Kläger entspricht nicht den Vorgaben, die für die Führung von Hochschultätigkeitsbezeichnungen und deren Abkürzungen gemäß § 69 Abs. 4 HG NRW den in § 69 Abs. 2 und Abs. 3 HG NRW getroffenen Regelungen zu entnehmen sind.
34Maßgeblich ist die Regelung in § 69 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz HG NRW, wobei an dieser Stelle keine Rolle spielt, ob sich die Führung der ausländischen Bezeichnung "Profesor Invitado" nach § 69 Abs. 2 oder Abs. 3 HG NRW richtet. Denn auch § 69 Abs. 3 HG NRW verweist hinsichtlich der Führbarkeit von Abkürzungen auf die Vorschrift des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG NRW.
35Gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz HG NRW kann die im Herkunftsland zugelassene oder, soweit keine solche besteht, die dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung des Titels bzw. der Hochschultätigkeitsbezeichnung geführt werden.
36Bei der streitigen Bezeichnung "Prof." handelt es sich weder um eine im Herkunftsland zugelassene noch um eine dort allgemein übliche Abkürzung der Hochschultätigkeitsbezeichnung "Profesor Invitado". Auf die Frage, ob dem Kläger mit der zum Nachweis seiner Führungsbefugnis vorgelegten Urkunde der Universität T. vom 17. Februar 2010 eine entsprechende Hochschultätigkeitsbezeichnung im Sinne von § 69 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1 HG NRW "verliehen" worden ist, kommt es damit schon nicht an.
37Eine Abkürzung ist gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz HG NRW im Herkunftsland nur dann zugelassen, wenn diese Abkürzung im Herkunftsland durch Gesetz oder sonstigen Rechtsakt - positiv - für zulässig erklärt worden ist. Es genügt nicht, wenn die Verwendung einer solchen Abkürzung nur deshalb zulässig ist, weil sie nicht ausdrücklich verboten ist. Das ergibt sich schon aus der Verwendung des Wortes "zugelassen" anstelle von "zulässig". Auch aus dem systematischen Zusammenhang, insbesondere der Gegenüberstellung von "zugelassenen" und "allgemein üblichen" Abkürzungen sowie der Erwägung, dass eine Berechtigung zur Verwendung einer im Ausland allgemein üblichen Abkürzung voraussetzt, dass diese Übung auch im Herkunftsland rechtmäßig ist, wird dies deutlich.
38Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 15 K 3040/09 -, juris Rdnr. 30; VG Arnsberg, Urteil vom 27. Juli 2011 - 9 K 259/09 -, juris Rdnr. 46, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013 - 19 A 2139/11 -, juris.
39Die Verwendung der Abkürzung „Prof.“ durch den Antragsteller ist weder durch spanische Rechtsvorschriften unmittelbar noch durch die Ausstellung der Urkunde vom 17. Februar 2010 in Verbindung mit dem spanischen Recht zugelassen im Sinne des HG NRW.
40Es existieren in Spanien keine Regelungen darüber, die das Führen der Bezeichnung "profesor" und die Verwendung der Kurzform "prof." von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen; damit kann auch die Urkunde der Universität T. zugunsten des Antragstellers keine Position begründen, an die das spanische Rechtssystem rechtliche Konsequenzen knüpft.
41Nach den vom MIWF eingeholten Auskünften der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (ZAB) vom 19. Januar 2012 und 12. Januar 2015, denen der Kläger inhaltlich nicht entgegengetreten ist, sind die spanischen Universitäten aufgrund ihres Autonomiestatus zwar befugt, neben dem hauptamtlich beschäftigten Lehrkörper (sog. "catedráticos") zusätzliche Lehrkräfte unter Vertrag zu nehmen, die dann unter der Bezeichnung "profesores invitados" oder "profesores asociados" geführt werden. Die Verwendung dieser beiden zuletzt genannten Bezeichnungen ist einschließlich der Kurzform "Prof." in Spanien aber nicht gesetzlich geschützt, also nicht etwa bestimmten Personengruppen vorbehalten. So werden auch Sekundarschullehrer in Spanien als "profesores" bezeichnet.
42Auch die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz 2. Alt. HG NRW liegen nicht vor. Die Verwendung der Abkürzung "Prof." durch Universitätslehrkräfte wie den Kläger ist in Spanien weder innerhalb noch außerhalb der Universitäten üblich. Nach der Stellungnahme der ZAB vom 12. Januar 2015 ist im universitären Betrieb lediglich für die Professoren auf Lebenszeit mit einem festen Lehrstuhl (sog. "profesores titulares") die Abkürzung "Prof." allgemein üblich. Außerhalb der Hochschulen ist die Verwendung der Abkürzung "Prof." für das gesamte Hochschulpersonal völlig unüblich.
43Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung vor, sind auch Rechtsfehler bei der Ausübung des durch § 69 Abs. 7 Satz 5 HG NRW eingeräumten Ermessens durch das MIWF weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO).
44B. Hinsichtlich des Hauptantrags zu 2. ist die Klage als Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) ebenfalls zulässig.
45Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Ausstellung einer Bescheinigung über die Zulässigkeit der Führung der Bezeichnung "Profesor Invitado" sowie der Abkürzung "Prof." ohne Nennung der verleihenden Institution durch das MIWF.
46Dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch steht bereits die vom MIWF unter dem 7. März 2012 erteilte Bescheinigung über die Art und Weise der Führbarkeit der spanischen Bezeichnung „Profesor Invitado“ entgegen.
47Bei der genannten Bescheinigung handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt.
48Für einen feststellenden Verwaltungsakt ist kennzeichnend, dass er sich mit seinem verfügenden Teil darauf beschränkt, das Ergebnis eines behördlichen Subsumtionsvorgangs verbindlich festzuschreiben. Regelungscharakter hat eine Maßnahme, wenn sie nach ihrem Erklärungsgehalt darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn Rechte des Betroffenen begründet, geändert oder aufgehoben werden, sondern – als Besonderheit des feststellenden Verwaltungsakts – auch dann, wenn sie mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden. Ist eine Erklärung der Verwaltung darauf gerichtet, die im Verhältnis von Staat und Bürger bestehenden Unsicherheiten zu beseitigen, indem sie die generelle und abstrakte Regelung des Gesetzes verbindlich konkretisiert und/oder individualisiert, so legt die Verwaltung fest, was im Einzelfall rechtens sein soll.
49BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 – 4 C 3.09 –, juris Rdnr. 15.
50Maßgeblich für die Frage, ob einer Erklärung der Verwaltung Regelungswirkung zukommt, ist, wie der Empfänger der Erklärung diese unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss.
51BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 – 4 C 3.09 –, juris Rdnr. 21 m.w.N, und Urteil vom 23. Mai 2012 – 6 C 8.11 –, juris Rdnr. 18.
52Dass der die Bescheinigung vom 7. März 2012 ausstellende Sachbearbeiter des MIWF zu einem späteren Zeitpunkt in einem internen Vermerk ausgeführt hat, der Bescheinigung komme keine Regelungswirkung zu, ist demnach unerheblich.
53Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rdnr. 70, § 41 Rdnr. 58.
54Ausgehend von seinem Antragsschreiben vom 9. Mai 2011 musste der Kläger die Bescheinigung vielmehr dahingehend verstehen, dass ihm gegenüber im Verhältnis zum beklagten Land abschließend festgestellt werden sollte, in welcher Form er die Bezeichnung „Profesor Invitado“ in Nordrhein-Westfalen führen dürfe. Hierfür spricht schon die Bezeichnung der Erklärung mit „Bescheinigung“. Eine Bescheinigung ist etwas Anderes als eine bloße Auskunft. Sie dient dem Inhaber regelmäßig dazu, durch ihre Vorlage eine Berechtigung nachzuweisen. Allein eine rechtlich verbindliche Feststellung der zulässigen Form der Führung der streitigen Bezeichnung entsprach auch dem aus seinem „Antrag zur Prüfung über die Führbarkeit ausländischer Grade“ ersichtlichen Interesse des Klägers. Im Hinblick auf die strafrechtlichen Konsequenzen einer unberechtigten Titelführung sowie die aus § 69 Abs. 7 HG NRW folgende Untersagungsbefugnis des MIWF war ihm mit einer bloßen Rechtsauskunft nicht gedient.
55Die Bescheinigung als Verwaltungsakt ist mangels Einlegung von Rechtsmitteln nach Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO) bestandskräftig geworden. Sie gilt dem Kläger gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW als am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, mithin am 11. März 2012, als bekannt gegeben.
56Ist die Frage, in welcher Form der Kläger die Bezeichnung „Profesor Invitado“ in Nordrhein-Westfalen führen darf, mithin zwischen den Beteiligten bestandskräftig geregelt, sind Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG gegeben sind, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
57Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aber auch materiell nicht zu.
58Hinsichtlich der Abkürzung "Prof." folgt dies bereits aus den oben unter A. dargelegten Gründen.
59Der Kläger ist auch nicht berechtigt, die Bezeichnung "Profesor Invitado" ohne Angabe der verleihenden Stelle zu führen.
60Es steht zur Überzeugung des Gerichts schon nicht fest, dass der Kläger auch in dem Zeitraum seit Beginn des Studienjahres 2014/2015 noch als „Profesor Invitado“ an der Universität T. tätig ist. Er hat entgegen der ihm als Anspruchsteller obliegenden Darlegungslast schon weder substantiiert vorgetragen noch durch Urkunden belegt, dass er über das Studienjahr 2013/2014 hinaus an der Universität T. als Lehrbeauftragter gewirkt hat bzw. wirkt, obwohl der Beklagte den Mangel eines entsprechenden urkundlichen Nachweises im Verfahren eingewandt hat. Insoweit waren auch von Amts wegen keine weiteren Ermittlungen anzustellen. Denn die Pflicht der Tatsachengerichte zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) findet ihre Grenze dort, wo die Beteiligten ihren Obliegenheiten zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts nicht nachkommen.
61BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2013 – 5 B 42.13 –, juris Rdnr. 22.
62Die Mitwirkung obliegt einem Kläger in besonderem Maße für Tatsachen, die nur ihm bekannt sind.
63BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2010 – 8 B 37.10 –, juris Rdnr. 4.
64Nach der Urkunde der Universität T. vom 17. Februar 2010 ist die Ernennung, auf die sich der Kläger zu seinen Gunsten beruft, „untrennbar verbunden“ mit der „jährlichen Bescheinigung der Dozententätigkeit“. Auf die Ernennung kann sich der Kläger mithin nur berufen, soweit ihm eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt worden ist. Die Vorlage der seiner Rechtssphäre zuzurechnenden Lehrbescheinigung obliegt allein dem Kläger. Soweit er sich darauf berufen hat, dass die Vereinbarung mit der Universität T. vom 14. April 2011 weiter Gültigkeit habe, ersetzt dies den Vortrag und den urkundlichen Beleg der Fortdauer der Beschäftigung als Gastprofessor nicht. Zwar verlängert sich die genannte Vereinbarung nach deren Ziffer 9 automatisch, wenn nicht eine der Parteien widerspricht. Die in ihr enthaltenen Vereinbarungen befassen sich jedoch schon nicht mit der Frage der Berechtigung zur Führung der streitigen Professorbezeichnung. Auf die Frage, ob sich aus § 69 Abs. 7 Satz 2 HG NRW, der seinem Wortlaut nach nur „Grade“ in Bezug nimmt, eine allgemeine Nachweispflicht des Betroffenen auch hinsichtlich der Führung von Hochschultätigkeitsbezeichnungen ableiten lässt, kommt es damit nicht an.
65Der Führung der vom Kläger begehrten Bezeichnung steht zudem entgegen, dass sich die Wirkungen der von der Universität T. ausgesprochenen „Ernennung“ nicht auf Rechtskreise außerhalb der Universität T. erstrecken. Nach der Urkunde vom 17. Februar 2010 ist der Kläger nur für die Durchführung der Lehrtätigkeit selbst und damit lediglich für den innerakademischen Betrieb der Universität T. zum „Profesor Invitado“ ernannt worden. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Übersetzung ist die Ernennung „im Rahmen der genannten Vereinbarungen und zu dem ausschließlichen Zweck der Durchführung der darin genannten Tätigkeiten“ erfolgt. Die in Bezug genommenen Vereinbarungen sind nach dem Titel der Urkunde die „Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität T. (Fakultät für Zahnheilkunde) und der Stiftung V. vom 22. November 2007“ sowie die „Sondervereinbarung zwischen der Universität T. (Fakultäten für Zahnheilkunde und Medizin) und der Stiftung V. vom 24. Juni 2008".
66C. Die Klage bleibt auch mit ihrem Hilfsbegehren erfolglos.
67Sie ist schon wegen des Vorrangs der Verpflichtungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Sie ist im Übrigen aus vorstehenden Erwägungen auch unbegründet.
68Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
69Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 709 ZPO.
70Beschluss:
71Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.
72Gründe:
73Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG erfolgt. Für jedes der beiden Hauptbegehren ist dabei in Anlehnung an den Vorschlag in Ziff. 18.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 ein Wert von 15.000,00 Euro angesetzt worden; der Wert des hilfsweise geltend gemachten Feststellungsanspruchs ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG bleibt unberücksichtigt, da der Anspruch denselben Gegenstand wie der Hauptantrag zu 2. betrifft.
74Der sich danach ergebende Gesamtwert von 30.000,00 Euro war nicht weiter zu vermindern. Es kann dahinstehen, ob der Rechtsgedanke des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG auch für den Fall der Anspruchshäufung nach § 39 Abs. 1 GKG Anwendung findet.
75So BFH, Beschluss vom 29. Januar 2016 – X B 93/15 –, juris Rdnr. 34; VGH BW, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – 3 S 867/15 –, juris Rdnr. 13.
76Nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG hat eine Zusammenrechnung nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander unterschiedlicher prozessualer Streitgegenstände ein „wirtschaftliche Werthäufung“ entsteht. Eine solche liegt dann vor, wenn die Ansprüche nicht selbständig nebeneinander stehen können und sie auf dasselbe Interesse gerichtet sind.
77OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2013 – 18 E 1241/12 –, juris Rdnr. 12 (zu Haupt- und Hilfsantrag); BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 – IV ZR 287/03 –, juris Rdnr. 8 f. m.w.N., (zum Verhältnis von Klage und Widerklage).
78Eine solche wirtschaftliche Werthäufung ist hier zu bejahen. Denn die vom Kläger erhobenen Ansprüche sind schon nicht auf dasselbe Interesse gerichtet. Während die Untersagungsverfügung nur die Führung der Abkürzung „Prof.“ erfasst, begehrt der Kläger mit dem Antrag zu 2. eine Führbarkeitsbescheinigung auch hinsichtlich der ausgeschriebenen Bezeichnung „Profesor Invitado“ ohne Angabe der Herkunft.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Juni 2016 - 15 K 1728/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Juni 2016 - 15 K 1728/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
- 1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen, - 2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen, - 3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen, - 4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen, - 5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, - 6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder - 7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.
(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 4. März 2015 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 15 K 1728/15 gegen die Untersagungsverfügung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Antragsgegners vom 5. Februar 2015 wiederherzustellen,
4bleibt ohne Erfolg.
5Er ist zulässig, aber unbegründet.
6Gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache als Ergebnis einer Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, soweit die Behörde nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet hat. Dabei überwiegt das Aussetzungsinteresse des Betroffenen das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung einer Verfügung, wenn entweder der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil an der sofortigen Vollziehung einer solchen Regelung kein öffentliches Interesse besteht, oder wenn die angegriffene Verfügung bei summarischer Prüfung zwar einer Rechtskontrolle Stand hält, gleichwohl aber das Allgemeininteresse an ihrer sofortigen Vollziehung dem Aufschubinteresse des Betroffenen nicht vorgeht. Keine der beiden Voraussetzungen ist hier erfüllt.
7In formeller Hinsicht genügt die Vollziehungsanordnung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (MIWF) dem aus § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO folgenden Begründungserfordernis.
8Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30. März 2007 – 9 VR 7.07 –, juris Rdnr. 4.
9In dem angegriffenen Bescheid ist ausgeführt, dass es im öffentlichen Interesse liege, auch für die Dauer eines möglichen Klageverfahrens zu verhindern, dass z.B. Patienten, Teilnehmer an Veranstaltungen oder Mitbewerber über den wirklichen Qualifikationsgrad des Antragstellers getäuscht würden. Dies lässt mit der Bezugnahme auf das Vertrauen von Dritten in die durch den geführten Titel typischerweise ausgewiesene berufliche Qualifikation eines Zahnmediziners erkennen, dass und aus welchen Gründen aus behördlicher Sicht im Fall des Antragstellers abweichend vom Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO der Verwaltungsakt aus Sicht des MIWF ausnahmsweise sofort und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft vollzogen werden muss.
10Die mit dem Bescheid vom 5. Februar 2015 durch das MIWF getroffene und mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Regelung, dem Antragsteller zu untersagen, die ausländische Bezeichnung "Profesor Invitado (PROF)." in der Kurzform "Prof." zu führen, erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als formell wie materiell rechtmäßig. Zudem fällt auch die Abwägung der im Übrigen betroffenen Belange zu Lasten des Antragstellers aus.
11Die Untersagungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 7 S. 5 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG; im Folgenden: HG NRW) vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547). Danach kann eine von den Vorgaben der Absätze 2 bis 6 des § 69 HG NRW abweichende Grad‑ oder Titelführung vom Ministerium oder einer von ihm beauftragten Behörde untersagt werden. Gemessen hieran wird die formell rechtmäßige Untersagungsverfügung des MIWF im Hauptsacheverfahren auch in der Sache einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Offen bleiben kann dabei, ob es sich bei der Bezeichnung als "Prof." um die Abkürzung eines Hochschultitels oder einer Hochschultätigkeitsbezeichnung handelt. Denn die Untersagungsermächtigung des § 69 Abs. 7 Satz 5 HG NRW erfasst aufgrund der ausdrücklichen Inbezugnahme des § 69 Abs. 4 HG NRW auch die Führung von Hochschultätigkeitsbezeichnungen.
12OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2013 - 19 B 1032 -, juris Rdnr. 6.
13Die Führung der Abkürzung "Prof." durch den Antragsteller entspricht nicht den Vorgaben, die für die Führung von Hochschultiteln und Hochschultätigkeitsbezeichnungen und deren Abkürzungen gemäß § 69 Abs. 4 HG NRW den in § 69 Abs. 2 und Abs. 3 HG NRW getroffenen Regelungen zu entnehmen sind.
14Nach § 69 Abs. 4 HG NRW i. V. m. § 69 Abs. 2 S. 1 HG NRW dürfen der von einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union verliehene Hochschultitel oder eine entsprechende Hochschultätigkeitsbezeichnung im Geltungsbereich des Hochschulgesetzes in der verliehenen Form geführt werden; nach § 69 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz HG NRW kann ferner die im Herkunftsland zugelassene oder, soweit keine solche besteht, die dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt werden.
15Bei der streitigen Bezeichnung "Prof." handelt es sich weder um eine im Herkunftsland zugelassene noch um eine dort allgemein übliche Abkürzung des Titels / der Hochschultätigkeitsbezeichnung "Profesor Invitado". Auf die Frage, ob dem Antragsteller mit der zum Nachweis seiner Titelführungsbefugnis vorgelegten Urkunde der Universität T. vom 17. Februar 2010 ein entsprechender Titel / eine entsprechende Hochschultätigkeitsbezeichnung im Sinne von § 69 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1 HG NRW "verliehen" worden ist, kommt es damit schon nicht an.
16Ebenso bedürfen die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen, ob die Bescheinigung des MIWF vom 7. März 2012 über die Form der Führbarkeit der spanischen Bezeichnung „Profesor Invitado“ als Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG NRW) zu qualifizieren ist, ob der Antragsteller dem MIWF eine Bescheinigung der Universität T. über seine Lehrtätigkeiten für das Studienjahr 2014/2015 vorgelegt und damit nachgewiesen hat, dass die von ihm aus der Urkunde der Universität T. vom 17. Februar 2010 abgeleiteten Rechte fortdauern, und ob ein Titelkauf im Sinne von § 69 Abs. 7 Satz 1 2. Alternative HG NRW auch dann vorliegen kann, wenn eine Lehrtätigkeit an einer ausländischen Hochschule ohne Entgelt und auch im Übrigen vollständig auf eigene Kosten erbracht wird, hier keiner Klärung.
17Eine Abkürzung ist gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz HG NRW im Herkunftsland nur dann zugelassen, wenn diese Abkürzung im Herkunftsland durch Gesetz oder sonstigen Rechtsakt - positiv - für zulässig erklärt worden ist. Es genügt nicht, wenn die Verwendung einer solchen Abkürzung nur deshalb zulässig ist, weil sie nicht ausdrücklich verboten ist. Das ergibt sich schon aus der Verwendung des Wortes "zugelassen" anstelle von "zulässig". Auch aus dem systematischen Zusammenhang, insbesondere der Gegenüberstellung von "zugelassenen" und "allgemein üblichen" Abkürzungen sowie der Erwägung, dass eine Berechtigung zur Verwendung einer im Ausland allgemein üblichen Abkürzung voraussetzt, dass diese Übung auch im Herkunftsland rechtmäßig ist, wird dies deutlich.
18Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 15 K 3040/09 -, juris Rdnr. 30; VG Arnsberg, Urteil vom 27. Juli 2011 - 9 K 259/09 -, juris Rdnr. 46, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013 - 19 A 2139/11 -, juris.
19Die Verwendung der Abkürzung „Prof.“ durch den Antragsteller ist weder durch spanische Rechtsvorschriften unmittelbar noch durch die Ausstellung der Urkunde vom 17. Februar 2010 in Verbindung mit dem spanischen Recht zugelassen im Sinne des HG NRW.
20Dabei kann dahinstehen, ob der Antragsteller sich auf diese Urkunde schon deshalb nicht zu seinen Gunsten berufen kann, weil sie – anders als der Antragsteller die Abkürzung bislang verwendet hat und verwenden möchte – die Kurzform lediglich in Großbuchstaben (PROF.) aufführt. Ebenso kann offen bleiben, ob einer Verwendung der genannten Hochschultätigkeitsbezeichnung nebst Abkürzung außerhalb / jenseits der Tätigkeit für die Universität T. entgegensteht, dass sich die Rechtswirkungen dieser Urkunde auf den inneruniversitären Betrieb beschränken. Nach der vom Antragsteller vorgelegten Übersetzung ist die Entscheidung des Rektorats der Universität "gemäß den Bestimmungen der Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität T. (Fakultät für Zahnheilkunde) und der Stiftung V. vom 22. November 2007 sowie der Sondervereinbarung zwischen der Universität T. (Fakultäten für Zahnheilkunde und Medizin) und der Stiftung V. vom 24. Juni 2008" erfolgt und ist darauf beschränkt, den Antragsteller "im Rahmen der genannten Vereinbarungen und zu dem ausschließlichen Zweck der Durchführung der darin genannten Tätigkeiten zu einem Gastprofessor (PROF.) zu ernennen".
21Es existieren in Spanien keine Regelungen darüber, die das Führen der Bezeichnung "profesor" und die Verwendung der Kurzform "Prof." von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen; damit kann auch die Urkunde der Universität T. zugunsten des Antragstellers keine Position begründen, an die das spanische Rechtssystem rechtliche Konsequenzen knüpft.
22Nach den vom MIWF eingeholten Auskünften der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (ZAB) vom 19. Januar 2012 und 12. Januar 2015, denen der Antragsteller inhaltlich nicht entgegengetreten ist, sind die spanischen Universitäten aufgrund ihres Autonomiestatus zwar befugt, neben dem hauptamtlich beschäftigten Lehrkörper (sog. "catedráticos") zusätzliche Lehrkräfte unter Vertrag zu nehmen, die dann unter der Bezeichnung "profesores invitados" oder "profesores asociados" geführt werden. Die Verwendung dieser beiden zuletzt genannten Bezeichnungen ist einschließlich der Kurzform "Prof." in Spanien aber nicht gesetzlich geschützt, also nicht etwa bestimmten Personengruppen vorbehalten. So werden auch Sekundarschullehrer in Spanien als "profesores" bezeichnet.
23Die Verwendung der Abkürzung "Prof." durch Universitätslehrkräfte wie den Antragsteller ist in Spanien auch weder innerhalb noch außerhalb der Universitäten üblich. Nach der Stellungnahme der ZAB vom 12. Januar 2015 ist im universitären Betrieb lediglich für die Professoren auf Lebenszeit mit einem festen Lehrstuhl (sog. "profesores titulares") die Abkürzung "Prof." allgemein üblich. Außerhalb der Hochschulen ist die Verwendung der Abkürzung "Prof." für das gesamte Hochschulpersonal völlig unüblich.
24Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung vor, sind auch Rechtsfehler bei der Ausübung des durch § 69 Abs. 7 Satz 5 HG NRW eingeräumten Ermessens durch das MIWF weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO).
25Wird sich die angefochtene Untersagungsverfügung des MIWF vom 5. Februar 2015 im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen, bestehen auch keine Gründe, die dennoch dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers Vorrang geben könnten. Der auch im angegriffenen Bescheid hervorgehobene Aspekt der Verhinderung einer Täuschung von Patientinnen und Patienten sowie anderer Beteiligter über den wirklichen Qualifikationsgrad des Antragstellers rechtfertigt eine Vollziehung des Bescheides schon vor einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache. Das – auch wirtschaftliche – Interesse des Antragstellers, die Abkürzung „Prof.“ weiter zu führen, ist geringer einzuschätzen als das öffentliche Interesse, Patienten und sonstige Beteiligte vor den möglichen Konsequenzen eines aus der – unberechtigten – Titelführung herrührenden Irrtums über die universitäre Qualifikation des Antragstellers zu schützen. Der Einwand des Antragstellers, das MIWF habe bereits im März 2013 eine Überprüfung der Führung der Abkürzung „Prof.“ durch ihn eingeleitet, aber erst im Februar 2015 die Untersagungsverfügung erlassen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das vorliegende öffentliche Interesse an einer fortdauernden unbefugten Titelführung seit Erlass der Untersagungsverfügung wird nicht dadurch geschmälert, dass das vorgeschaltete Verwaltungsverfahren, u.a. aufgrund Einholung einer Stellungnahme der ZAB, einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
27Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Ausgehend von dem Vorschlag unter Ziffer 18.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 ist der Streitwert in der Hauptsache mit 15.000,00 Euro zu bemessen. Dieser Wert war angesichts der Vorläufigkeit der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hier nur zur Hälfte anzusetzen.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2013 – 19 B 1032/12 –, juris Rdnr. 41 ff.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Dem Kläger wurde am 00.0. 2000 von der D. -Universität in C. (Slowakei) der akademische Grad „doktor práv“ – abgekürzt „JUDr.“ – (wörtliche Übersetzung: Doktor der Rechte) verliehen.
3Unter dem 19. Juli 2000 beantragte der Kläger beim beklagten Land die Zustimmung zur Führung des Grades in der sich aus der Verleihungsurkunde ergebenden Form, wenn möglich, in der entsprechenden deutschen Form zu erteilen. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2000 erteilte das beklagte Land dem Kläger gemäß § 119 Abs. 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen in der damals geltenden Fassung vom 14. März 2000 (GV NRW S. 190) – Hochschulgesetz a.F. (HG a.F.) – zunächst die Zustimmung den verliehenen Grad „doktor práv (SK)“ in der Bundesrepublik Deutschland mit der Abkürzung „JUDr. (SK)“ zu führen. Nach dem Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 änderte sich die Rechtslage dahingehend, dass der Kläger fortan seinen in der Slowakei erworbenen akademischen Grad ohne den auf die Herkunft hinweisenden Zusatz „SK“ führen durfte.
4Nachdem das beklagte Land davon Kenntnis erhielt, dass der Kläger den von ihm in der Slowakei erworbenen akadamischen Grad „doktor práv“ entgegen der erteilten Zustimmung allein mit der Bezeichnung „Dr. (SK)“ führte, wurde der Kläger hierzu erstmals unter dem 19. November 2002 sowie nachfolgend nochmals mit Schreiben vom 4. Juni 2003 angehört und aufgefordert, die Berechtigung zur Führung des vorbezeichneten Titels urkundlich nachzuweisen. Eine Reaktion hierauf erfolgte seitens des Klägers nicht. Mit Bescheid vom 21. August 2003 setzte das beklagte Land daraufhin wegen Verstoßes gegen § 119 Abs. 6 S. 1 HG a.F. i. V. m. § 119 Abs. 5 S. 4 HG a.F. eine Geldbuße in Höhe von 500,00 € fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch nahm der Kläger unter dem 15. September 2003 wieder zurück.
5Im Rahmen eines gegen den Kläger eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erhielt das Land erneut davon Kenntnis, dass der Kläger den von ihm erworbenen slowakischen akademischen Grad „doktor práv“ weiterhin allein mit der Bezeichnung „Dr.“ führte, was sich auch in dem Internetauftritt der Rechtsanwaltskanzlei des Klägers bestätigt fand. Daraufhin kündigte das beklagte Land dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 2. März 2009, zugestellt durch Postzustellungsurkunde am 4. März 2009, an, dass beabsichtigt sei, ihm die Führung der Abkürzung „Dr.“ für den Grad „doktor práv“ zu untersagen. Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 30. März 2009 Stellung und machte geltend, dass die beabsichtigte Untersagungsverfügung nicht gerechtfertigt sei, da der verliehene akademische Grad nach wörtlicher Übersetzung einem Doktor der Rechte entspreche und demzufolge auch in der abgekürzten Form „Dr.“ geführt werden dürfe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des vorgenannten Schreibens Bezug genommen.
6Mit Bescheid vom 24. April 2009 untersagte das beklagte Land dem Kläger den Grad „doktor práv“ – abgekürzt „JUDr.“ – in der Abkürzung „Dr.“ zu führen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte es aus, dass Rechtsgrundlage der Verfügung der nunmehr einschlägige § 69 Abs. 7 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen – Hochschulgesetz (nachfolgend: HG) – vom 31. Oktober 2006 (GV NRW, S. 474) sei. Danach könne eine von den Absätzen 2 bis 6 abweichende Grad- oder Titelführung untersagt werden. Der in der Slowakischen Republik verliehene Grad „doktor práv“ dürfe nicht in der Abkürzung „Dr.“ geführt werden. Die zulässige Abkürzung laute „JUDr“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
7Der Kläger hat am 3. Mai 2009 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (15 L 668/09). Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass er zur Führung der Abkürzung „Dr.“ befugt sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass ihm in der Slowakischen Republik mit dem akademischen Grad „doktor práv“ übersetzt der „Doktor der Rechte“ verliehen worden sei. Es gebe keine gesetzliche oder gewohnheitsrechtliche Regelung, die dazu zwingen würde, auch stets den fachlichen Zusatz (hier: JUDr.) zu führen. Auch das slowakische Hochschulgesetz stehe dem nicht entgegen. Vielmehr ergebe sich daraus, dass es für die fachbezogenen Doktortitel gar keine andere Alternative als den auch vom Kläger erworbenen, auf die rechtswissenschaftliche Fakultät bezogenen Doktortitel gebe. Die abgekürzte Form „Dr.“ entspreche auch der landesüblichen Abkürzung. Die Fakultätsbezeichnung „JUDr.“ habe nur dann Bedeutung, wenn klargestellt werden solle, welcher Wissenschaftsrichtung der Titelträger angehöre. Die Führung des Titels als „Dr.“ sei in der Slowakei auch nicht unzulässig oder strafbar. Die Führungsbefugnis ergebe sich zudem aus § 69 Abs. 5 HG. Nach dieser Vorschrift gingen Vereinbarungen der Länder, die den Titelträger begünstigen, den Abs. 2 bis 4 des § 69 vor. Solche begünstigende Regelungen ergäben sich aus den von den Ländern mitgetragenen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK). So sei mit Beschluss der KMK vom 21. September 2001 die Titelführung so geregelt worden, dass jeder von einer anerkannten staatlichen Hochschule verliehene Doktorgrad in der Form „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung geführt werden dürfe. Ausgenommen seien lediglich Berufsdoktorate, die automatisch mit der erfolgreichen Beendigung des Studiums vergeben würden. Da der Titel eines „Doktors der Rechte“ in der Slowakischen Republik allerdings in einem förmlichen Verfahren verliehen werde, liege kein Ausschlussgrund vor. Soweit mit Beschluss der KMK vom 15. Mai 2008 (sc.: Beschluss vom 21. September 2001 in der Fassung vom 15. Mai 2008) die Einschränkung bezüglich der Berufsdoktoren dahin ergänzt worden sei, dass Doktorgrade, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet seien, nicht der begünstigenden Regelung im Sinne des § 69 Abs. 5 HG unterfielen, seien die dort geregelten Einschränkungen hier nicht einschlägig. Desweiteren sei der Kläger auch aufgrund der Regelung des § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Führung akademischer Grade vom 31. März 2008 (VO.AGr. 2008) berechtigt, den erworbenen Titel als „Dr.“ zu führen. § 1 Abs. 2 der Verordnung, wonach Inhaber von Graden, die die Bezeichnung „Doktor“ enthalten, nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes aber nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet seien, anstelle der im Herkunftsland verliehenen Bezeichnung die Abkürzung „Dr.“ nicht ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen dürfen, widerspreche wegen seines eindeutig belastenden Charakters dem Wortlaut von § 69 Abs. 6 HG, wonach durch Rechtsverordnung nur solche Ausnahmeregelungen getroffen werden können, die Betroffene gegenüber den Abs. 2 bis 5 begünstigten. Auch verhalte sich die Verordnung nicht dazu, welche ausländischen Grade der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zugeordnet seien.
8Der Kläger beantragt,
9die Untersagungsverfügung des beklagten Landes vom 24. April 2009 aufzuheben,
10und sinngemäß,
11hilfsweise,
12das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zu der Frage vorzulegen, ob § 69 Abs. 2 HG mit Art. 6 Abs. 2 EUV vereinbar ist, soweit er die Führungsgenehmigung tschechischer und slowakischer Doktorgrade auf die Pflicht zur Führung des Fakultätszusatzes beschränkt,
13sowie weiter hilfsweise,
14die Sprungrevision zuzulassen.
15Das beklagte Land beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung führt es unter Vertiefung seiner bisherigen Ausführungen ergänzend im wesentlichen aus, dass der slowakische Grad „doktor práv“ gemäß § 69 Abs. 2 HG nur in der verliehenen Form geführt werden dürfe, also nur als „JUDr.“. Etwas anderes ergebe sich hier auch nicht aus § 69 Abs. 2 S. 3 HG. Die dort geregelten Alternativen, wonach die verliehene Form des Grades bei fremden Schriftarten in die lateinische Sprache übertragen werden könne (Halbsatz 1), sowie die in dem Herkunftsland zugelassene oder dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt werden dürfe (Halbsatz 2), seien hier nicht einschlägig bzw. die entsprechenden Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Zugunsten des Klägers ergäben sich auch keine ihn begünstigende Regelungen im Sinne von § 69 Abs. 5 HG. Soweit darin bestimmt sei, dass, soweit Vereinbarungen und Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich und Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland die Betroffenen gegenüber den Absätzen 2 bis 4 des § 69 HG begünstigten, diese Regelungen vorgingen, lägen die entsprechenden Voraussetzungen – was näher ausgeführt wird – hier nicht vor. Ob die Führung der Abkürzung „Dr.“ in anderen Bundesländern zulässig sei, spiele für die Titelführung in Nordrhein-Westfalen keine Rolle. Das Recht zur Titelführung ergebe sich aus dem jeweiligen Landesrecht. Vertrauensschutzaspekte seien ebenfalls nicht betroffen. Den vom Kläger gestellten Anträgen auf Aussetzung des Verfahrens zwecks Vorlage beim Europäischen Gerichtshof tritt das beklagte Land entgegen. Die Zustimmung zur vom Kläger beantragten Zulassung der Sprungrevision wird nicht erteilt.
18Nachdem das beklagte Land die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter dem 24. Februar 2010 aufgehoben hat, haben die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit im vorläufigen Rechtsschutzverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
19Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer im Wege der Amtshilfe über die Deutsche Botschaft eingeholte Auskunft der Deutschen Botschaft in der Slowakei zu der Frage, ob für den in der Slowakei in der Fachrichtung Recht erworbenen Doktortitel „doktor práv“ im Herkunftsland Slowakei die Abkürzung „Dr.“ zugelassen ist bzw. ob in der Slowakei die Abkürzung „Dr.“ nachweislich allgemein üblich ist. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme und der Antwort der Deutschen Botschaft wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Mit Beschluss vom 17. Februar 2011 hat die Kammer den Rechtsstreit auf die Vorsitzende als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Die Verfahrensbeteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verfahrensakte 15 L 668/09 sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des beklagten Landes Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung und gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch die Vorsitzende als Einzelrichterin entscheiden.
24Eine Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer ist – entgegen der anderslautenden Forderung des Klägers – nicht angezeigt.
25Gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 VwGO kann der Einzelrichter bzw. die Einzelrichterin nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Dass eine solche wesentliche Änderung der Prozeßlage während der Anhängigkeit des Rechtsstreits vor der Einzelrichterin eingetreten wäre, wird vom Kläger substantiiert nicht einmal behauptet, geschweige denn näher dargelegt. Auf die weiteren Voraussetzungen kommt es daher nicht an. Ungeachtet dessen liegen diese aber auch nicht vor, nachdem über die Sach- und Rechtslage in einem gleichgelagerten Parallelverfahren zwischenzeitlich erstinstanzlich gerichtlich entschieden worden und die Entscheidung obergerichtlich bestätigt worden ist.
26Vgl. die den Verfahrensbeteiligten bekannte Entscheidung des VG Arnsberg, Urteil vom 27. Juli 2011, 9 K 259/09, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, jeweils juris.
27I. Die mit dem Hauptantrag anhängig gemachte zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
28Die Untersagungsverfügung vom 24. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
291. Rechtsgrundlage für die angegriffene Regelung ist § 69 Abs. 7 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz – HG) in der seit dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung vom 31.10.2006 (GV. NRW. S. 474). Danach kann vom Ministerium oder einer von ihm beauftragten Behörde eine von § 69 Abs. 2 bis 6 HG abweichende Grad- oder Titelführung untersagt werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Führung der Abkürzung "Dr." durch den Kläger weicht von der gemäß § 69 Abs. 2 bis 6 HG zulässigen Grad- und Titelführung ab.
30a) Die Führung der Abkürzung "Dr." entspricht nicht § 69 Abs. 2 Satz 1 HG. Danach können im Geltungsbereich des Hochschulgesetzes die von einer staatlichen Hochschule in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliehenen Hochschulgrade (nur) in der verliehenen Form geführt werden. Dem Kläger ist ausweislich der Diplomurkunde aber nicht der Grad "Dr.", sondern der akademische Grad "doktor práv" (Abkürzung: "JUDr.") verliehen worden.
31b) Nichts herleiten kann der Kläger auch aus § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG. Danach kann die verliehene Form des Grades bei – hier nicht gegebener – Verleihung in fremder Schriftart in die lateinische Schrift übertragen werden (Halbsatz 1); ferner kann die im Herkunftsland zugelassene oder dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt sowie eine wörtliche Übersetzung in Klammern hinzugefügt werden (Halbsatz 2). Jedoch kann die Abkürzung „Dr.“, die keine wörtliche Übersetzung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 a. E. HG darstellt, weder als in der Slowakischen Republik zugelassene Abkürzung (aa), noch als dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung (bb) für den Grad „doktor práv“ im Gebiet des beklagten Landes geführt werden.
32aa) Unter einer zugelassenen Abkürzung im vorstehenden Sinne ist allerdings nicht jede nicht verbotene bzw. nicht sanktionierte Abkürzungsweise zu verstehen, sondern nur diejenige Abkürzung, die positiv (z. B. durch Gesetz oder durch Verleihungsakt) im Herkunftsland geregelt ist. Die Abkürzung "Dr." ist keine solche zugelassene Abkürzung des slowakischen Grades "doktor práv". Aus der dem Kläger verliehenen Diplomurkunde und aus § 53 Abs. 8 Buchstabe lit. d) des slowakischen Hochschulgesetzes (SlowHG) ergibt sich vielmehr, dass für den Grad des "doktor práv" nur die Abkürzung "JUDr." zugelassen ist.
33Vgl. hierzu auch VG Arnsberg, Urteil vom 27.07.2011 - 9 K 259/09 -, juris (Rn. 46 ff), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, a.a.O.
34Rechtlich unerheblich ist vor diesem Hintergrund die von dem Kläger vorgelegte, angeblich von dem früheren Universitätsrektor (Prof. Dr. Svec a.D.) der D. -Universität verfasste Erklärung vom 8. September 2000, wonach der in der Slowakischen Republik verliehene Doktor der Rechte dem deutschen Dr. jur. entspreche. Ungeachtet dessen nimmt die Erklärung an anderer Stelle ausdrücklich selbst auf die in der Slowakischen Republik verwandte Abkürzung „JUDr.“ Bezug.
35Vgl. hierzu auch VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn. 19) zu einer angeblichen Erklärung des Vizedekans.
36bb) Die Abkürzung "Dr." ist auch nicht als im Herkunftsland nachweislich allgemein übliche Abkürzung des Grades "doktor práv" führbar. Zum einen kann es bei verständiger Würdigung von Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG auf eine nachweislich allgemein übliche Abkürzung im Herkunftsland nur ankommen, soweit es - anders als hier - keine positiv festgelegte (= zugelassene) Abkürzung gibt. Zum anderen ist die Abkürzung "Dr." auch keine in der Slowakischen Republik nachweislich allgemein übliche Abkürzung des Grades "doktor práv". Das zeigt sich etwa daran, dass die Hochschullehrer der in Rede stehenden Fakultät ihrem Namen ausnahmslos die Abkürzung "JUDr." und nicht die Abkürzung "Dr." voranstellen. Wegen der weiteren Begründung zu beiden Gesichtspunkten schließt sich die Kammer den eingehenden wie zutreffenden und obergerichtlich bestätigten Ausführungen des Verwaltungsgerichts Arnsberg in seinem Urteil vom 27.07.2011 - 9 K 259/09 -, juris (Rn. 50 ff. und Rn. 84 ff.) an, die sich auch zu den Ergebnissen der vom erkennenden Gericht durchgeführten Beweisaufnahme verhalten. Hierauf kann Bezug genommen werden. Die Entscheidung ist den Beteiligten bekannt.
37cc) Nichts Günstiges folgt für den Kläger ferner aus § 69 Abs. 5 HG. Darin ist bestimmt, dass, soweit Vereinbarungen und Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich und Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland die Betroffenen gegenüber den Absätzen 2 bis 4 des § 69 HG begünstigen, diese Regelungen vorgehen. Derartige begünstigende Regelungen greifen hier nicht ein.
38(1) Das gilt zunächst für das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Slowakischen Republik über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich (deutsch-slowakisches Äquivalenzabkommen) vom 23.11.2001 (BGBl. II 2004, S. 489). Das Abkommen, dessen Gültigkeit hier unterstellt wird, sieht in Artikel 6 Abs. 1 vor, dass der Grad des "doktor práv" (Abkürzung: "JUDr.") in der Bundesrepublik nur in der Form geführt werden darf, in der er verliehen wurde. Die deutsche Abkürzung "Dr." hingegen sieht Art. 7 Abs. 1 des Abkommens lediglich für die Ebene der slowakischen Grade "philosophiae doctor (PhD.)" und "artis doctor (ArtD.)" vor, die hier nicht in Rede stehen.
39Vgl. wiederum VG Arnsberg, Urteil vom 27.07.2011 - 9 K 259/09 -, juris (Rn. 140 ff.), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, a.a.O.; vgl. ferner VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 21).
40(2) Unergiebig ist auch der KMK-Beschluss vom 14.04.2000 ("Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen"). Zum einen stellt er keine gegenüber § 69 Abs. 2 bis 4 HG begünstigende Regelung dar, da in § 69 Abs. 2 bis 4 HG die Regelungen der Ziffern 1 bis 3 des KMK-Beschlusses vom 14.04.2000 ohne hier relevante inhaltliche Änderungen übernommen worden sind. Zum anderen berechtigt die allein in Betracht kommende Regelung in Ziffer 1 des KMK-Beschlusses entsprechend den Ausführungen zu § 69 Abs. 2 HG den Kläger nicht zum Führen der Abkürzung "Dr.", da diese weder die verliehene Form des Grades "doktor práv" noch die im Herkunftsland zugelassene oder nachweislich übliche Abkürzung darstellt.
41Vgl. VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 25).
42(3) Eine den Kläger begünstigende Regelung findet sich auch nicht in dem KMK-Beschluss vom 21.09.2001 ("Vereinbarung der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über begünstigende Regelungen gemäß Ziffer 4 der ´Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen vom 14.04.2000' "). Gemäß Ziffer 2 Satz 1 dieses Beschlusses in der Fassung vom 15.05.2008 können Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erworben wurden, anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzung wahlweise die Abkürzung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Dies gilt gemäß Ziffer 2 Satz 2 des Beschlusses nicht für Doktorgrade, die als sog. Berufsdoktorate ohne Promotionsstudien und -verfahren vergeben werden (Variante 1) und für Doktorgrade, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind (Variante 2). Jedenfalls nach Variante 2 ist der Kläger nicht zur Führung der Abkürzung "Dr." berechtigt. Der Grad "doktor práv" ist nach den rechtlichen Regelungen der Slowakischen Republik nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zugeordnet. Das folgt aus den §§ 53, 54 SlowHG. Nach § 54 Abs. 1 SlowHG entspricht lediglich der Grad "PhD." der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation, während der hier in Rede stehende "JUDr." nach § 53 Abs. 1 und 8 SlowHG lediglich der zweiten Stufe zugeordnet ist. Auf die Qualität der konkret in Rede stehenden Dissertation kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich an.
43Eingehend hierzu VG Arnsberg, Urteil vom 27.07.2011 - 9 K 259/09 -, juris (Rn. 145 ff.), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, a.a.O.; vgl. ferner VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 26).
44Die Regelung in § 53 SlowHG deckt sich im Übrigen mit Art. 4 des deutsch-slowakischen Äquivalenzabkommens vom 23.11.2001. Danach berechtigt der Grad "doktor práv" zur Promotion in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist damit lediglich Zugangsvoraussetzung zur Promotion und nicht selbst Promotion.
45So auch VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 28).
465. Die Führung der Abkürzung "Dr." entspricht schließlich auch nicht § 69 Abs. 6 Satz 1 HG. Danach kann das Ministerium in begründeten Fällen durch Rechtsverordnung für bestimmte Grade, Institutionen und Personengruppen Ausnahmen regeln, die Betroffene gegenüber § 69 Abs. 2 bis 5 HG NRW begünstigen. Eine den Kläger in diesem Sinne begünstigende Regelung findet sich indes nicht in der Verordnung über die Führung von akademischen Graden (VO.AGr.) vom 31.03.2008 (GV. NRW. S. 375). Nach § 1 Abs. 2 dieser (dem KMK-Beschluss vom 21.09.2001 n. F. nachgebildeten) Verordnung können die Inhaber von Graden, die die Bezeichnung "Doktor" enthalten, aber die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind, nicht anstelle der im Herkunftsland verliehenen Bezeichnung die Bezeichnung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Der Grad des "doktor práv" ist jedoch nach den vorstehenden Ausführungen nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzuordnen, so dass der Kläger aus der o. g. Verordnung nichts herleiten kann.
47Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 27.07.2011 - 9 K 259/09 -, juris (Rn. 205 ff.), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, a.a.O.; vgl. ferner VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 29).
482. Ermessensfehler liegen nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob, wofür allerdings bei verständiger Würdigung der Vorschrift einiges spricht, im Rahmen von § 69 Abs. 7 Satz 3 HG das Ermessen des beklagten Landes dahingehend intendiert ist, dass bei einer unzulässigen Titel- oder Gradführung jedenfalls im Regelfall eine Untersagung erfolgen muss.
49So VG Arnsberg, Urteil vom 27. Juli 2011, 9 K 259/09, juris (Rn 206); VG Minden, Urteil vom 25. August 2008, 2 K 2145/07, juris (Rn 26) und VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 29).
50Selbst wenn für eine solche Einschränkung des Ermessensspielraums des Ministeriums Wortlaut, Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift keine Anhaltspunkte bieten sollten,
51so - und entgegen VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2012, 15 L1145/12, juris - OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2013, 19 B 1032/12, juris (Rn 22 ff) unter Hinweis darauf, dass das Ministerium insbesondere im Hinblick auf bereits getroffene straf-, ordnungswidrigkeiten- und/oder berufsrechtliche Maßnahmen und deren Wirkungen auf den Betroffenen von einer Untersagungsverfügung absehen kann, ohne dass hierin ein besonders begründungsbedürftiger Ausnahmefall liegt,
52sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, wonach das durch das Ministerium vertretene beklagte Land im Falle eines im Rahmen von § 69 Abs. 7 S. 3 HG verbleibenden Ermessens durch Erlass der angefochtenen Untersagungsverfügung gemäß § 114 Satz 1 VwGO die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte. Zugunsten des Klägers ergab sich insbesondere nichts aus dem Umstand, dass ihm gegenüber in Gestalt des Bußgeldbescheides vom 21. August 2003 bereits ordnungswidrigkeitenrechtliche Maßnahmen wegen Verstoßes gegen die Titelführungsbefugnis erfolgt sind. Denn der Kläger hat zwar den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgezogen und das Bußgeld akzeptiert. Er hat sich aber auch in der Folgezeit nicht an die ihm auferlegten Vorgaben in Bezug auf die Titelführung des von ihm in der Slowakei erworbenen akademischen Grades „doktor práv“ gehalten. Sonstige belastbare Anhaltspunkte dafür, von einer Untersagungsverfügung abzuweichen, sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen.
53Für etwaige Vertrauensschutzaspekte zugunsten des Klägers bestehen keine Anhaltspunkte. Die vom beklagten Land mit Bescheid vom 20. Oktober 2000 erteilte Zustimmung war auf die Führung des verliehenen Grades „doktor práv (SK)“ mit der Abkürzung „JUDr. (SK)“ und nach dem Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 darauf beschränkt, dass der Kläger die vorbezeichnete Abkürzung ohne den auf die Herkunft hinweisenden Zusatz „SK“ führen durfte. Aus dem Beschluss der KMK vom 21. September 2001 kann der Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen schon deswegen nicht herleiten, weil er den Grad „doktor práv“ bereits früher, nämlich am 17. April 2000 erworben hatte.
54Auch der Zeitablauf zwischen der erstmaligen Einschaltung des Ministeriums im November 2002 und dem Entscheidungszeitpunkt im April 2009 zwang dieses nicht zu einem Absehen von der Untersagungsanordnung. Denn nachdem das Ministerium dem Kläger – wie bereits an anderer Stelle ausgeführt – mit Bescheid vom 21. August 2003 wegen Verstoßes gegen die Titelführungsbefugnis ein Bußgeld auferlegt und der Kläger den hiergegen gerichteten Einspruch im Juni 2005 zurückgenommen hatte, bestand (zunächst) kein weiterer Anlass für ein gegen den Kläger gerichtetes Vorgehen. Dieser ergab sich vielmehr erst erneut wieder, nachdem das Ministerium im Rahmen des zwischenzeitlich gegen den Kläger eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens davon Kenntnis erlangt hatte, dass dieser den von ihm erworbenen Grad „doktor práv“ weiterhin allein mit der Bezeichnung „Dr.“ führte. Die insoweit neuen Erkenntnisse aus dem gegen den Kläger eingeleiteten strafrechtlichen Verfahren hat die Beklagte mit Schreiben vom 2. März 2009 zum Anlass genommen, den Kläger zur nunmehr beabsichtigten Untersagungsverfügung anzuhören. Dagegen ist nichts zu erinnern.
55Anhaltspunkte für eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Artikel 3 Abs. 1 GG bestehen ebenfalls nicht. Das gilt auch mit Blick auf eine etwaige Verwaltungspraxis in Bayern, wonach Antragstellern, denen der "JUDr." vor Inkrafttreten der am 15.05.2008 erfolgten Neufassung des KMK-Beschlusses vom 21.09.2001 verliehen worden war, die Titelführung gestattet worden sein soll. Der Gleichheitssatz verlangt nämlich lediglich die Gleichbehandlung durch ein- und denselben Hoheitsträger, nicht aber die Gleichbehandlung durch mehrere, voneinander unabhängige Hoheitsträger.
56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 1999, 6 B 42/99, juris (Rn. 8).
57Da in Nordrhein-Westfalen eine im vorbezeichneten Sinne unterstellte Verwaltungspraxis (wie in Bayern) nicht bestand und nicht besteht, und es allein darauf im vorliegenden Zusammenhang ankommt, scheidet eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) hier aus.
58Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 27.07.2011 - 9 K 259/09 -, juris (Rn. 206 ff.), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, a.a.O.; vgl. ferner VG Köln, Urteil vom 5. Juli 2012, 6 K 3943/10, juris (Rn 31).
59II. Die vom Kläger – sinngemäß – gestellten Hilfsanträge bleiben ebenfalls erfolglos. Wegen des auszulegenden Inhalts der Hilfsanträge hat das Gericht auf das aus dem abschließenden Schriftsatz des Klägers vom 9. Dezember 2013 erkennbare und vom Kläger insoweit klargestellte Begehren abgestellt.
601. Soweit der Kläger – sinngemäß – im Wege des Hilfsantrages beantragt, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957 (EU-Dok.-Nr. 11957 E), zuletzt geändert durch Art. 2 Vertrag von Lissabon vom 13.12.2007 (ABl. Nr. C 306 S. 1, ber. ABl. 2008 Nr. C 111 und ABl. 2009 Nr. C 290 S. 1) – nachfolgend: AEUV – zu der Frage vorzulegen, ob § 69 Abs. 2 HG mit Art. 6 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (ABl. Nr. C 191 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 Vertrag von Lissabon vom 13.12.2007 (a.a.O.) – nachfolgend: EUV – vereinbar ist, soweit er die Führungsgenehmigung tschechischer und slowakischer Doktorgrade auf die Pflicht zur Führung des Fakultätszusatzes beschränkt, besteht hierfür kein Anlass. Nach Art. 267 Abs. 1 Satz 1 AEUV entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung a) über die Auslegung der Verträge und b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union. Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaates gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen (Art. 267 Abs. 2 AEUV). Eine Verpflichtung zur Vorlage besteht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV, wenn die Frage bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt wird, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.
61Danach besteht für das erkennende erstinstanzliche Gericht, dessen Entscheidung mit einem Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann, keine Pflicht zur Vorlage. Soweit Art. 267 Abs. 2 AEUV das Gericht berechtigt („kann“) eine gemeinschaftsrechtliche Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen und die Beurteilung hierüber in das pflichtgemäße Ermessen des erkennenden Gerichts stellt, besteht hierfür ebenfalls kein Anlass. Eine Vorlage ist vielmehr untunlich, weil sich die vom Kläger formulierte Rechtsfrage, ob § 69 Abs. 2 HG mit Art. 6 Abs. 2 EUV vereinbar ist, soweit er die Führungsgenehmigung tschechischer und slowakischer Doktorgrade auf die Pflicht zur Führung des Fakultätszusatzes beschränkt, für den Europäischen Gerichtshof offenkundig nicht stellen wird. Entgegen der Behauptung des Klägers ist § 69 Abs. 2 HG eine entsprechende Beschränkung nämlich nicht zu entnehmen. Die Vorschrift gestattet es dem Träger eines – sonstigen – ausländischen Hochschulgrades vielmehr, diesen in der verliehenen Form unter Angabe der verleihenden Institution zu führen. Für die weitere Behauptung des Klägers, in 26 Mitgliedstaaten der Europäischen Union seien die Träger eines Doktortitels aus der slowakischen oder tschechischen Republik frei, ihre Titel in der Abkürzung „Dr.“ zu führen, fehlt es an jeglichem Nachweis.
622. Die vom Kläger – sinngemäß – außerdem beantragte hilfsweise Zulassung der Sprungrevision bleibt ebenfalls erfolglos. Insoweit liegen die in § 134 Abs. 1 VwGO geregelten Voraussetzungen nicht vor und fehlt es insbesondere schon an der gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Zustimmung des beklagten Landes zur Einlegung der Sprungrevision. Vielmehr hat das beklagte Land seine Zustimmung ausdrücklich verweigert.
633. Ungeachtet des Umstandes, dass sich der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 auf die vorgenannten (Hilfs-)anträge beschränkt, weist das Gericht vorsorglich darauf hin, dass auch kein Grund für eine vom Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 7. Juni 2013 beantragte Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO besteht. Soweit der Kläger beantragt hat, die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verfassungsbeschwerde des Klägers „Vogelberg“ gegen den Beschluss des OVG NRW vom 19. April 2013 (19 A 2139/11) auszusetzen, geht der Antrag schon deswegen ins Leere, weil nach Mitteilung des beklagten Landes die Verfassungsbeschwerde zwischenzeitlich verworfen wurde.
64III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
65IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
66V. Die Berufung ist nicht zuzulassen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vor und weicht das vorliegende Urteil unter Berücksichtigung der zum streitgegenständlichen Themenkomplex ergangenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen,
67vgl. Beschluss vom 19. April 2013, 19 A 2139/11, a. a. O.,
68nicht von einer obergerichtlichen Entscheidung ab.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
-
Auf die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. März 2015 2 K 207/11 aufgehoben, soweit es die Einkommensteuer 2008 und die Kostenentscheidung betrifft.
-
Insoweit wird die Sache an das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückverwiesen und diesem die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.
-
Soweit die Beschwerde des Klägers die Umsatzsteuer 2008 betrifft, wird sie als unbegründet zurückgewiesen.
-
Insoweit hat der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Für ihn ist ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt.
- 2
-
Für das Streitjahr 2008 hatte der Kläger zunächst die Durchführung einer getrennten Veranlagung beantragt. Dem kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nach.
- 3
-
Im Betriebsvermögen des Klägers befanden sich im Jahr 2008 neben einem PKW Alfa Romeo zwei PKW der Marke Ferrari. Der ältere Ferrari wurde im Jahr 1999 erstmals zugelassen; der Kläger erwarb ihn im Jahr 2005 für 78.000 € und schrieb die Anschaffungskosten über zwei Jahre ab. Das andere Fahrzeug wurde im Jahr 2007 zugelassen; der Kläger erwarb es im Dezember 2008 für 155.000 € brutto (130.252,10 € netto). Sämtliche genannten Fahrzeuge werden vom Kläger sowohl betrieblich als auch privat genutzt. Der Kläger ist Mitglied in einem Ferrari-Club; vor seinem Wohnhaus hat er eine Ferrari-Flagge gehisst; in seinen Wohn- und Büroräumen befinden sich Ferrari-Bilder und auf seinem Schreibtisch steht eine Glasfigur des Ferrari-Pferdes.
- 4
-
Die vom Kläger erklärten Umsätze und Gewinne sowie die Aufwendungen für die PKW Ferrari haben sich in den Jahren 2005 bis 2009 wie folgt entwickelt (die Umsätze und Gewinne sind den Feststellungen des Finanzgerichts --FG--, die PKW-Aufwendungen dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers entnommen):
Jahr
Umsatz
Gewinn
Aufwand Ferrari
2005
232.097 €
8.868 €
33.359 €
2006
386.320 €
./. 47.323 €
77.576 €
2007
396.986 €
12.224 €
41.537 €
2008
448.427 €
./. 27.729 €
57.303 €
2009
./. 74.481 €
- 5
-
Im Anschluss an eine Außenprüfung kam das FA zu der Auffassung, die Absetzung für Abnutzung (AfA) für die PKW Ferrari sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als unangemessener Repräsentationsaufwand anzusehen, soweit die Anschaffungskosten der Fahrzeuge jeweils einen Betrag von 60.000 € übersteigen. Dies führte in den angefochtenen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheiden für das Streitjahr 2008 zu einem Mehrgewinn von 3.453,06 € und zu einer um 656,09 € erhöhten Umsatzsteuer.
- 6
-
Mit seinem Einspruch beantragte der Kläger zum einen die Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau (E), zum anderen wandte er sich gegen die Hinzurechnung eines Teils der PKW-Kosten. Das in den Ferraris eingebaute F1-Getriebe sei die einzige Möglichkeit, die es ihm erlaube, Fahrzeuge trotz seiner Behinderung bewegen zu können. Zudem habe er die Ferraris als Statussymbol benutzen wollen, um damit seine Schwerbehinderung zu "kaschieren". Mit den Ferraris würden auch kleinere Mengen an Waren transportiert. Die Zeit hierfür sei so knapp bemessen, dass diese Aufträge ohne den Ferrari nicht realisiert werden könnten. Im Rahmen der Kundenbindung überlasse der Kläger diese Fahrzeuge besonders guten Kunden für Spritztouren. Auch die Teilnahme an Ferraritreffen sei wichtig, weil dort geschäftliche Kontakte entstehen würden.
- 7
-
In der Einspruchsentscheidung vom 18. April 2011 führte das FA zunächst aus, eine Zusammenveranlagung könne nicht durchgeführt werden, weil auch E die getrennte Veranlagung beantragt und diesen Antrag nicht widerrufen habe. Hinsichtlich der Ferraris habe der Kläger nicht darlegen können, weshalb für seine Tätigkeit ein besonderes Repräsentationsbedürfnis bestehe.
- 8
-
Der Kläger hat am 16. Mai 2011 Klage mit dem Antrag erhoben, die Einspruchsentscheidung aufzuheben sowie die Bescheide über Umsatzsteuer 2006 bis 2008 und Einkommensteuer 2008 "aufzuheben und zu korrigieren". Die Klage wurde zunächst nicht begründet. Am 14. Juni 2011 erhob er dann im Wege der "Klageerweiterung" Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der vier genannten Steuerbescheide und der Einspruchsentscheidung. Diese Klage begründete er damit, dass besondere Gegebenheiten aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht in die Außenprüfung einbezogen worden seien. Dies verstoße gegen das Grundgesetz, die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
- 9
-
Nach einem Wechsel seiner Prozessbevollmächtigten beantragte der Kläger mit einem am 22. März 2015 eingegangenen Schriftsatz ferner, eine Zusammenveranlagung durchzuführen. Der Antrag der E auf getrennte Veranlagung sei offensichtlich willkürlich und daher unbeachtlich. Hinsichtlich der PKW-Kosten benannte er in diesem Schriftsatz 14 seiner Kunden als Zeugen "für die Fahrten sowie für die Bedeutung des Ferrari für die Kundenbindung". Ferner führte er aus, die Fahrten mit dem Ferrari stellten für die Kunden einen "Begeisterungsfaktor" dar, die den Kläger von seiner Konkurrenz, die nur "Basisfaktoren" anbieten könne, abhöben. Dieses Konzept sei für den Kläger betriebswirtschaftlich zum Erfolgsmodell geworden. Die Beurteilung der besonderen Bedeutung des Ferrari für den Geschäftserfolg sei eine psychologische und bedürfe der Begutachtung durch einen Sachverständigen. Würden die unerwartet hohen Reparaturaufwendungen für das im Jahr 1999 zugelassene und im Jahr 2005 erworbene Fahrzeug herausgerechnet und die AfA für dieses Gebrauchtfahrzeug nicht über zwei, sondern über zehn Jahre vorgenommen, hätte der Kläger positive Einkünfte erzielt. Ferner legte er Übersichten über die mit einzelnen Kunden erwirtschafteten Umsätze und "Erträge" für die Jahre 2005 bis 2014 vor.
- 10
-
In der mündlichen Verhandlung vor dem FG half das FA der --seinerzeit zusätzlich auch die Jahre 2006 und 2007 betreffenden-- Klage hinsichtlich der Aufwendungen für den im Jahr 2005 erworbenen Ferrari ab. Insoweit erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Kläger beantragte zum einen, die als unangemessen angesehenen Teile der Aufwendungen für den im Jahr 2008 erworbenen Ferrari bei der Einkommen- und Umsatzsteuer 2008 zu berücksichtigen, und zum anderen, das FA zu verpflichten, ihn mit E für 2008 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Im Übrigen nahm er die Klage zurück.
- 11
-
Die solchermaßen eingeschränkte Klage wies das FG ab und legte die Kosten zu 92 % dem Kläger und zu 8 % dem FA auf. Die Verpflichtungsklage hielt es für unzulässig und führte aus, das erforderliche Vorverfahren sei nicht durchgeführt worden. Weder habe der Kläger einen Antrag auf Zusammenveranlagung gestellt noch habe das FA einen solchen Antrag abgelehnt.
- 12
-
Hinsichtlich der PKW-Kosten habe das FA die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG zutreffend angewendet. Die außerordentlich hohen Anschaffungskosten dieses Fahrzeugs stünden in einem krassen Missverhältnis zu den vom Kläger per saldo erzielten Verlusten. Den Beweisanträgen sei nicht nachzukommen. Es könne als wahr unterstellt werden, dass die Kunden des Klägers von den Fahrten im Ferrari begeistert gewesen seien. Allerdings hätte der Kläger sein auf dem Einsatz des Ferrari beruhendes Geschäftsmodell Ende 2008 überprüfen müssen. Vor dem Kauf des ersten Ferrari habe der Kläger jeweils Gewinne erzielt. Die Verlustphase habe mit dem Kauf des ersten Ferrari im Jahr 2005 begonnen. Hinzu komme, dass der Ferrari nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nur im Sommer und nicht bei starkem Regen genutzt werden könne. Eilige Transporte könnten auch mit dem --ebenfalls hoch motorisierten-- Alfa Romeo durchgeführt werden; der Ferrari sei hierfür angesichts der geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht zwingend erforderlich. Der Kläger habe seinen Vortrag, andere als die genutzten Fahrzeuge seien wegen seiner Behinderung ungeeignet, nicht mit Tatsachen unterlegt. Diese Beurteilung gelte gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auch für die Umsatzsteuer.
- 13
-
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln.
- 14
-
Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
- 15
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II. Die Beschwerde ist hinsichtlich der Einkommensteuer 2008 sowie im Ergebnis auch hinsichtlich der Kostenentscheidung des FG-Urteils begründet und im Übrigen unbegründet.
- 16
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1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind ausschließlich die Bescheide über Einkommen- und Umsatzsteuer 2008. Zwar sind in der Beschwerdeeinlegungsschrift zusätzlich auch die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 erwähnt; insoweit ist der Beschwerdebegründung aber eine Beschränkung auf das Streitjahr 2008 zu entnehmen. Eine solche Beschränkung ist nicht als Teilrücknahme des Rechtsmittels anzusehen (für Nichtzulassungsbeschwerden Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Februar 2008 VIII B 194/06, BFH/NV 2008, 952, unter II.1.; für Revisionen Senatsurteil vom 9. Dezember 2014 X R 4/11, BFH/NV 2015, 853, Rz 37, m.w.N.).
- 17
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2. Hinsichtlich der Einkommensteuer 2008 liegt ein vom Kläger geltend gemachter Verfahrensmangel --in Gestalt eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten-- vor, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
- 18
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a) Zum Gesamtergebnis des Verfahrens i.S. des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gehört auch die Auswertung des Inhalts der dem Gericht vorliegenden Akten (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1985 I R 163/82, BFH/NV 1986, 288). Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und damit eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist gegeben, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder wenn es eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat und die angefochtene Entscheidung darauf beruht (Senatsbeschlüsse vom 11. November 2010 X B 159/09, BFH/NV 2011, 610, unter II.2., und vom 26. Juni 2013 X B 244/12, BFH/NV 2013, 1578, unter II.1.c).
- 19
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b) Das FG hat gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, indem es die auf Durchführung einer Zusammenveranlagung gerichtete Verpflichtungsklage mit der Begründung als unzulässig verworfen hat, in den Steuerakten sei weder ein Antrag des Klägers auf Zusammenveranlagung enthalten noch ein Hinweis auf die Ablehnung eines solchen Antrags durch das FA.
- 20
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Tatsächlich ist der Antrag des Klägers auf Zusammenveranlagung im Einspruchsschreiben vom 30. Juli 2010 enthalten gewesen; das FA hat diesen Antrag in der Einspruchsentscheidung vom 18. April 2011 abgelehnt. Beide Schriftstücke lagen dem FG vor. Ihr Übersehen durch das FG ist umso unverständlicher, als das --aufgrund seiner Kürze sehr übersichtliche-- Einspruchsschreiben des Klägers, das den vom FG vermissten Antrag enthält, gleich als erstes Blatt der Rechtsbehelfsakte abgeheftet ist, und der Zusammenveranlagungsantrag in der Einspruchsentscheidung sogar mehrfach erwähnt wird.
- 21
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c) Auch das FA hat in seiner Beschwerdeerwiderung zugestanden, dass das FG gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen hat. Es meint allerdings, das angefochtene Urteil könne --aus verschiedenen Gründen-- nicht auf diesem Verfahrensmangel beruhen. Indes greift im vorliegenden Beschwerdeverfahren keiner der vom FA herangezogenen Gründe durch.
- 22
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aa) Das FA ist zunächst der Auffassung, der Kläger hätte gegen die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Ablehnung seines Antrags auf Zusammenveranlagung nicht Klage erheben können, sondern Einspruch einlegen müssen. Damit sei das erforderliche Einspruchsverfahren nicht durchgeführt worden, so dass das FG die auf Durchführung einer Zusammenveranlagung gerichtete Verpflichtungsklage im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen habe.
- 23
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Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klage auch dann der statthafte Rechtsbehelf ist, wenn das FA --wie hier-- zu Unrecht in einer Einspruchsentscheidung einen Verwaltungsakt (hier: Ablehnungsbescheid) erlässt und damit über den Gegenstand des Einspruchsverfahrens hinausgeht (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 2013 X B 91/13, BFH/NV 2013, 1540, Rz 21 ff., m.w.N.).
- 24
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bb) Ferner bringt das FA vor, der Streitpunkt "Zusammenveranlagung" sei in das Klageverfahren erst mit dem am 22. März 2015 eingegangenen Schriftsatz vom 20. März 2015 eingeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klagefrist für eine Verpflichtungsklage längst abgelaufen gewesen.
- 25
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Indes waren die Anträge in der verfahrenseinleitenden Klageschrift vom 16. Mai 2011 so umfassend formuliert, dass ihnen nicht entnommen werden kann, der Kläger habe nicht die gesamte Einspruchsentscheidung, sondern nur Teile davon angreifen wollen. Er hatte seine Klage in diesem Schriftsatz noch nicht begründet, so dass der Umfang der Klageerhebung nur den gestellten Anträgen entnommen werden konnte. Hier hatte er beantragt, "die Einspruchsentscheidung ... aufzuheben" und die geänderten Bescheide über Einkommensteuer und Umsatzsteuer "ebenfalls aufzuheben und zu korrigieren". Da die Ablehnung des Antrags auf Zusammenveranlagung in der Einspruchsentscheidung enthalten war, statthafter Rechtsbehelf gegen eine solche --formell fehlerhafte-- Vorgehensweise des FA aber gleichwohl die Klage ist (vgl. oben aa), und der Kläger sich uneingeschränkt gegen die Einspruchsentscheidung gewandt hat, kann der in der Klageschrift gestellte Antrag nur so verstanden werden, dass er auch die Ablehnung des Antrags auf Zusammenveranlagung umfasst.
- 26
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Für eine solche weite Auslegung des Klageantrags spricht auch der in der Klageschrift angegebene "vorläufige Streitwert" von "ca. 9.000 €". Dieser Betrag entspricht der gesamten Beschwer durch die angegebenen Änderungsbescheide. Hätte der Kläger sich ausschließlich gegen die Korrekturen wenden wollen, die vom FA in Bezug auf die Ferrari-PKW vorgenommen worden waren, wäre der Streitwert erheblich geringer gewesen.
- 27
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cc) Soweit das FA schließlich meint, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht erfüllt seien, ist darauf zu verweisen, dass dies im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geprüft werden kann. Das FG hat --was angesichts seiner Auffassung, die Verpflichtungsklage sei unzulässig, folgerichtig war-- keine Feststellungen zu den Voraussetzungen der Zusammenveranlagung getroffen, zumal ihm weder die Steuerakten noch sonstige Erklärungen der E vorlagen. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.
- 28
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d) Der Senat hält es für angezeigt, in Bezug auf die Einkommensteuer 2008 nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Die in diesem Umfang ausgesprochene Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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3. Die teilweise Aufhebung des FG-Urteils umfasst auch dessen Kostenentscheidung. Das FG erhält dadurch Gelegenheit, im zweiten Rechtsgang den Einwendungen des Klägers gegen die vom FG gebildete, aber nicht begründete Kostenquote nachzugehen. In diesem Zusammenhang weist der Senat --ohne Bindungswirkung für das FG-- auf die folgenden Gesichtspunkte hin:
- 31
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers durfte das FG bei der Bildung der Kostenquote berücksichtigen, dass der Kläger eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der ergangenen Änderungsbescheide erhoben und zurückgenommen hatte. Gemäß § 40 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend. Die Kosten für diesen Klageantrag waren daher mit dem Eingang der "Klageerweiterung" am 14. Juni 2011 entstanden.
- 32
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Der Umstand, dass das FG über diesen Klageantrag nicht mehr entscheiden brauchte, führt nicht zu einem vollständigen Wegfall, sondern nur zu einer Reduzierung der Gerichtskosten (Nr. 6111 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das FG über diesen Antrag deshalb nicht zu entscheiden brauchte, weil die neue Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt hatte, sie werde diesen Antrag nicht stellen (so deren auf Bl. 3 oben des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG wiedergegebene Erklärung) oder ob die Klage von der Prozessbevollmächtigten "im Übrigen ... zurückgenommen" worden ist (so der auf Bl. 4 unten des Protokolls wiedergegebene Antrag).
- 33
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b) Unzutreffend wäre es jedoch, wenn das FG --was wegen der fehlenden Begründung der Quotierung zwar nicht feststeht, aber angesichts der hohen ausgewiesenen Kostenquote zu Lasten des Klägers wahrscheinlich ist-- den Streitwert der zurückgenommenen Klage auf Feststellung der Nichtigkeit zusätzlich zu dem der Anfechtungsklage angesetzt hätte.
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Zwar werden gemäß § 39 Abs. 1 GKG die Werte mehrerer Streitgegenstände grundsätzlich zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Vorliegend war aber zu berücksichtigen, dass sowohl die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit als auch die Anfechtungsklage auf dasselbe Interesse gerichtet war, nämlich auf den Wegfall der aus den Änderungsbescheiden resultierenden Steuermehrbelastungen. Nach dem Rechtsgedanken des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist daher nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
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c) Bei der Ermittlung der Kostenquote hätte das FG ferner zu berücksichtigen, dass jedenfalls die Gerichtskosten hinsichtlich der zurückgenommenen oder in der Hauptsache für erledigt erklärten Teile des Rechtsstreits deutlich geringer ausfallen als für die verbleibenden Teile des Rechtsstreits, über die das FG durch Urteil entscheiden musste. Auch dies scheint ausweislich der hohen auf den Kläger entfallenden Kostenquote nicht im erforderlichen Maße geschehen zu sein.
- 36
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4. Soweit der Kläger das FG-Urteil in Bezug auf die Umsatzsteuer 2008 angreift, bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Die insoweit gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
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a) Ohne Erfolg bleibt zunächst die Rüge, das FG habe gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, indem es die von ihm benannten Zeugen nicht vernommen hat.
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Der Kläger hatte 14 Kunden als Zeugen benannt "für die Fahrten sowie für die Bedeutung des Ferrari für die Kundenbindung". Indes war der Umstand, dass der Kläger Fahrten im Ferrari unter Mitnahme von Kunden durchgeführt hatte, als solcher unstreitig; die Bedeutung dieser Fahrten für die Kundenbindung hat das FG als wahr unterstellt. Es hat die Klage vielmehr deshalb abgewiesen, weil es der Auffassung war, der Kläger hätte dieses --vorgetragene und vom FG unterstellte-- Geschäftsmodell nach den zum Zeitpunkt des Erwerbs des zweiten Ferrari im Dezember des Streitjahres 2008 erkennbaren Umständen überprüfen müssen. Insoweit hat das FG angeführt, die Verlustphase habe --nach anfänglich erfolgreichem Start des im Jahr 2003 gegründeten Unternehmens-- im Jahr 2005 zeitgleich mit dem Erwerb des ersten Ferrari begonnen. Ferner hat es u.a. auf die zeitlich sehr begrenzte Einsatzfähigkeit der Ferraris hingewiesen. Für diese tragenden Begründungen des angefochtenen Urteils bedurfte es der beantragten Beweiserhebung nicht, so dass ihr Unterbleiben nicht als Verfahrensmangel anzusehen ist.
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b) Das FG hat auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Anlagen 3 bis 5 zum Schriftsatz vom 20. März 2015 übergangen. In diesen Anlagen hatte der Kläger aufgelistet, wie sich der Umsatz und eine --nicht näher definierte-- Größe "Ertrag" mit bestimmten Kunden in den Jahren 2005 bis 2014 entwickelt haben soll.
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Abgesehen davon, dass die Richtigkeit dieser Darstellung für das FG in keiner Weise überprüfbar war, ist vor allem unklar geblieben, was der Kläger unter dem Begriff "Ertrag" versteht. Er hat in der bezeichneten Aufstellung für jedes einzelne Jahr aus der Summe seiner Kundengeschäfte einen deutlich positiven "Ertrag" ausgewiesen. Dies steht indes in Widerspruch zu den vom FG festgestellten Gewinnermittlungen, ausweislich derer in den Jahren 2005 bis 2009 per saldo erhebliche Verluste erzielt worden sind. Einem unbelegten und offensichtlich in Widerspruch zu den eingereichten Gewinnermittlungen stehenden Vorbringen brauchte das FG aber nicht nachzugehen.
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c) Auch die Rüge, das FG hätte in seine Betrachtung nicht die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten und AfA-Beträge einbeziehen dürfen, bleibt ohne Erfolg.
- 42
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Zum einen wird hiermit kein Verfahrensmangel geltend gemacht, sondern die materiell-rechtliche Würdigung des FG in Zweifel gezogen, was im Beschwerdeverfahren indes unbeachtlich ist (Senatsbeschlüsse vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455, und vom 19. Januar 2011 X B 127/10, BFH/NV 2011, 632, unter 3.).
- 43
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Zum anderen ist das Vorgehen des FG insoweit auch in der Sache bedenkenfrei. Dass der Erwerb eines mehr als sechs Jahre alten und vom Kläger in erheblichem Umfang genutzten Sportwagens hohe Reparaturkosten nach sich ziehen kann, liegt nicht so weit außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass das FG diese --tatsächlich angefallenen, vom Kläger als Betriebsausgaben abgezogenen und vom FA akzeptierten-- Kosten nicht hätte in seine wirtschaftliche Betrachtung einbeziehen dürfen. Auch der Umstand, dass das FG für dieses Fahrzeug keine längere Restnutzungsdauer als die --vom Kläger in seinen Gewinnermittlungen selbst angegebenen-- zwei Jahre angesetzt hat, ist sachgerecht. Die Rechtsprechung geht für PKW im Allgemeinen von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von acht Jahren aus (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000, unter 9.). Diesen Wert hat das FG nicht unterschritten. Selbst wenn der nach über sechsjähriger Vornutzungszeit gebraucht erworbene PKW über weitere fünf Jahre (d.h. über die Jahre 2005 bis 2009) abgeschrieben und damit eine Gesamtnutzungsdauer von immerhin elf Jahren zugrunde gelegt worden wäre, würden sich die vom FG festgestellten saldierten Ergebnisse der Jahre 2005 bis 2009 nicht ändern; es käme lediglich zu Gewinnverschiebungen zwischen den einzelnen Jahren.
- 44
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d) Aus den vorstehend unter a bis c genannten Gründen bleibt auch die weitere Rüge des Klägers ohne Erfolg, das FG habe den beantragten Sachverständigenbeweis zur psychologischen Bedeutung des Ferrari für den Kundenerfolg nicht erhoben.
- 45
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Abgesehen davon, dass auch der beschließende Senat der Auffassung des FG zuneigt, dass dieser Beweisantrag mangels Angabe eindeutiger Tatsachen nicht hinreichend substantiiert war, war er für die Entscheidung des FG nicht erheblich. Denn das FG hat --wie oben dargelegt-- entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger nach der zum Ende des Jahres 2008 erkennbaren negativen Entwicklung der Ergebnisse seines Betriebs trotz der --unterstellten-- psychologischen Bedeutung des Ferrari dieses Geschäftsmodell hätte überprüfen müssen.
- 46
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e) Mit der Rüge, das FG habe seine aus § 76 Abs. 2 FGO folgenden Pflichten verletzt, indem es ihn nicht auf die fehlende Substantiierung der Beweisanträge hingewiesen habe, bleibt der Kläger ebenfalls ohne Erfolg.
- 47
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Zum einen ist die richterliche Hinweispflicht bei Beteiligten, die --wie hier-- durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sind, reduziert (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 2001 VII R 49/00, BFHE 195, 93, BStBl II 2001, 736, unter II.1.).
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Vor allem aber hat der Kläger bis heute nicht angegeben, welche konkreten Tatsachen er unter Beweis gestellt hätte, wenn das FG auf die fehlende Substantiierung der Beweisanträge hingewiesen hätte (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Beschluss vom 9. April 2008 I R 43/07, BFH/NV 2008, 1848, unter II.2.c). Er führt lediglich aus, er "hätte dann die Beweisanträge so umformuliert, dass das Gericht sie --vor dessen Verständnishintergrund-- hätte verstehen können".
- 49
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f) Soweit der Kläger vorbringt, die Annahme des FG, er habe den Kunden mit den Ferrari-Fahrten eine Zugabe gewährt, verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten, erfüllt diese --nicht näher ausgeführte-- Rüge die gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht. Es wird weder deutlich, welche Tatsache der Kläger an die Stelle der vom FG angenommenen Tatsache setzen will, noch aus welchen Aktenbestandteilen sich die abweichende Tatsache ergeben soll.
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g) Auch die Rüge, das FG sei wegen Mängeln des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans (§ 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--) nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 119 Nr. 1 FGO), greift nicht durch.
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aa) Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass es für den 2. Senat des FG einen senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2015 gab. Er rügt aber --vom Tatsachenvorbringen her zutreffend--, dass die zunächst maschinenschriftlich gedruckte zweite Ziffer des Datums der Beschlussfassung handschriftlich in einer Weise überschrieben worden ist, die weder die Lesbarkeit der ursprünglichen maschinengeschriebenen Ziffer noch der handschriftlich vorgenommenen Änderung zulässt.
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Aufgrund des Umstands, dass die erste Ziffer des Datums ("2") sowie die Monatsangabe ("Dezember 2014") lesbar ist, steht jedoch fest, dass der Beschluss zwischen dem 20. und dem 29. Dezember 2014 gefasst worden sein muss. Der gesetzlichen Anforderung des § 21g Abs. 2 GVG, wonach der Beschluss vor Beginn des Geschäftsjahres ergehen muss, ist damit Genüge getan. Solange dies der Fall ist, kommt es für die Wirksamkeit des Geschäftsverteilungsplans nicht darauf an, an welchem genauen Tag der Beschluss gefasst worden ist, solange der Umstand, dass ein solcher Beschluss ergangen ist, feststeht. Letzteres zieht aber auch der Kläger nicht in Zweifel.
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Weil es danach auf das genaue Datum der Beschlussfassung rechtlich nicht ankommt, ist es auch unerheblich, dass vorliegend nicht erkennbar ist, wer die handschriftliche Korrektur der ursprünglichen Datumsangabe vorgenommen hat.
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bb) Eine Unwirksamkeit des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans folgt auch nicht daraus, dass in der zentral für das gesamte FG geführten Liste über die Geschäftsverteilungspläne für den senatsinternen Geschäftsverteilungsplan des 2. Senats das Datum "30.12.2014" angegeben ist. Dieser offenkundige Widerspruch zum tatsächlichen Datum der Beschlussfassung weist zwar --ebenso wie das Unleserlichmachen der Datumsangabe im Beschluss über den Geschäftsverteilungsplan-- auf Dokumentationsmängel innerhalb des FG hin. Allerdings ist die genannte Liste nicht Teil des Geschäftsverteilungsplans, so dass Schreibfehler in dieser Liste auf die Wirksamkeit des Geschäftsverteilungsplans keinen Einfluss haben.
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Dem Gesetz ist bereits Genüge getan, wenn der senatsinterne Geschäftsverteilungsplan in einer bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufliegt (§ 21e Abs. 9 i.V.m. § 21g Abs. 7 GVG). Dies ist vorliegend geschehen. Fehler im Rahmen der Listenführung sind dann unschädlich.
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cc) Für die vom Kläger vermisste Angabe des Datums, an dem jedes einzelne Senatsmitglied seine Unterschrift unter den Geschäftsverteilungsplan gesetzt hat, gibt es keine Rechtsgrundlage. Ein schriftlich ergehender Gerichtsbeschluss ist --erst und genau dann-- gefasst, wenn sämtliche Senatsmitglieder, die zur Mitwirkung an diesem Beschluss berufen sind, ihre Unterschriften unter den Beschluss gesetzt haben. Damit kommt es in zeitlicher Hinsicht nur auf den Zeitpunkt der Unterschrift des letzten Senatsmitglieds an. Dieser Zeitpunkt stellt zugleich das Datum des Beschlusses dar.
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h) Mangels entsprechender Rüge kann dahinstehen, ob die vom FG gezogene umsatzsteuerrechtliche Rechtsfolge materiell-rechtlich auf die von ihm genannte Vorschrift des § 3 Abs. 9a Satz 1 UStG gestützt werden kann. Daran bestehen Zweifel, weil diese Norm nur den Einsatz von Unternehmensvermögen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, erfasst. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es aber ausschließlich um die unternehmerische Nutzung des Ferrari. Näherliegender wäre vielmehr ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug auf der Grundlage des § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG gewesen (vgl. dazu ausführlich BFH-Urteil vom 21. Mai 2014 V R 34/13, BFHE 246, 232, BStBl II 2014, 914, sowie BFH-Beschluss vom 2. Dezember 2014 XI B 54/14, BFH/NV 2015, 538).
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i) Soweit die Beschwerde danach keinen Erfolg hat, beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO.
Tenor
Die Beschwerden der Beigeladenen und deren Prozessbevollmächtigen gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2015 - 5 K 3149/12 - werden zurückgewiesen.
Gründe
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(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
Mit Beschluß vom 19. Mai 2004 hat der Senat die An träge des Klägers auf Bestellung eines Notanwalts und auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, ferner die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als unzulässig verworfen. Den Streitwert hat der Senat für alle Instanzen auf 17.307,23 € festgesetzt. Gegen diese Festsetzung wendet sich die Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit ihrer Gegenvorstellung.
I. Zugrunde liegt folgendes:
1. Der Kläger hat vom beklagten Kaskoversicherer V ersicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 33.850 DM wegen des behaupteten Diebstahls seines Kraftfahrzeuges am 3. September 2000 gefordert. Anläßlich der Schadensmeldung hatte ihm die Beklagte zunächst ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 32.000 DM (16.361,34 €) mit einer Laufzeit von zwölf Monaten gewährt. Es war vereinbart, daß dieses Darlehen auf Anforderung der Beklagten zurückzuzahlen war, ohne daß Gründe für die Rückforderung benannt zu werden brauchten. Das Darlehen sollte überdies sofort zur Rückzahlung fällig sein, wenn die abschließende Überprüfung des Schadensfalles durch die Beklagte ergäbe, daß dem Kläger kein Anspruch auf Versicherungsleistungen zustünde.
In der Folgezeit lehnte die Beklagte Versicherungs leistungen ab, weshalb der Kläger Klage auf die Feststellung erhob, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm eine Versicherungsleistung von 32.000 DM (16.361,34 €), das entspricht der Höhe des Darlehensbetrages, zu gewähren. Den restlichen Schadensbetrag forderte er mittels einer auf die Zahlung von 1.850 DM (945,89 €) gerichteten Leistungsklage ein. Widerklagend verlangte die Beklagte die Rückzahlung des Darlehens.
2. Der Senat ist bei der Streitwertfestsetzung dav on ausgegangen, daß der Feststellungsantrag und die Widerklage hier wirtschaftlich denselben Gegenstand betrafen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG a.F.), weshalb er bei der Streitwertfestsetzung insoweit lediglich den höheren Wert der Widerklage (16.361,34 €) in Ansatz gebracht hat. Zusammen mit dem Leistungsantrag des Klägers (945,89 €) ergab sich der festgesetzte Streitwert von 17.307,23 €.
II. Die Gegenvorstellung macht geltend, anders als ein auf die Rückforderung einer Vorschußleistung gerichteter Bereicherungsanspruch sei der mit der Widerklage verfolgte Darlehensrückzahlungsanspruch rechtlich unabhängig von einer Leistungsverpflichtung aus dem Versicherungsvertrag und betreffe daher einen anderen Gegenstand im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F. als der Feststellungsantrag des Klägers. Das zeige sich auch daran, daß im Darlehensvertrag ein Aufrechnungsverbot hinsichtlich des Darlehensrückzahlungsanspruchs vereinbart gewesen sei. Selbst ein Erfolg der Feststellungsklage habe daher den Darlehensrückzahlungsanspruch nicht zu Fall bringen können.
III. Das überzeugt nicht. Der Senat hält daran fes t, daß Feststellungs - und Widerklage hier denselben Gegenstand im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F. betreffen.
1. Die Werte von Klage und Widerklage werden nach § 19 Abs. 1 GKG a.F. zusammengerechnet, sofern die Ansprüche wirtschaftlich nicht denselben Gegenstand betreffen. Zweck der Vorschrift ist es, den Gebührenstreitwert niedrig zu halten, wenn die gemeinschaftliche Behandlung von Klage und Widerklage die Arbeit des Gerichts vereinfacht (Schneider, MDR 1977, 177, 180). Deshalb kommt es nicht auf den zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriff an, von dem § 19 Abs. 1 GKG a.F. auch nicht spricht (BGH, Urteil vom 28. September 1994 - XII ZR 50/94 - NJW 1994, 3292 unter 3 b; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 5 Rdn. 48; MünchKomm/Schwerdtfeger, ZPO, 2. Aufl. § 5 Rdn. 40). Der kostenrechtliche Gegenstandsbegriff der Vorschrift erfordert vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtung. Eine Zusammenrechnung hat grundsätz-
lich nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage eine "wirtschaftliche Werthäufung" entsteht (vgl. dazu BGH, Beschluß vom 29. Januar 1987 - V ZR 136/86 - NJW-RR 1987, 1148; Smid in Musielak, ZPO 3. Aufl. § 5 Rdn. 1 und 13), beide also nicht das wirtschaftlich identische Interesse betreffen (BGH, Beschluß vom 23. Oktober 1990 - VI ZR 135/90 - NJW-RR 1991, 186; Schumann, NJW 1982, 2800, 2802).
Eine solche wirtschaftliche Identität von Klage un d Widerklage liegt nach der von der Rechtsprechung entwickelten "Identitätsformel" dann vor, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, daß das Gericht unter Umständen beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrages nach sich zieht (BGHZ 43, 31, 33; RGZ 145, 164, 166; BGH, Beschluß vom 27. Februar 2003 - III ZR 115/02 - NJW-RR 2003, 713 unter II; Hartmann, Kostengesetze , 33. Aufl. § 19 GKG Rdn. 10; Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozeß 11. Aufl. Rdn. 2625, 2626, 2630, 2631; Stein/Jonas /Roth aaO).
2. Bei der danach gebotenen wirtschaftlichen Betra chtung zeigt sich zunächst, daß alleiniger Anlaß für die Darlehensgewährung der vom Kläger zuvor mit der Schadensmeldung erhobene Anspruch auf Versicherungsleistungen war. Nur deshalb war vereinbart, daß das Darlehen zinslos gewährt wurde und sofort zurückzuzahlen war, wenn die Beklagte einen Anspruch auf Versicherungsleistungen nach abgeschlossener Sachprüfung verneinte. Wirtschaftlich ging es erkennbar darum, dem Kläger einen jederzeit zurückholbaren Vorschuß auf die beanspruchten
Versicherungsleistungen zu gewähren. Ein anderes Motiv für die Beklagte , dem Kläger ein Darlehen zu gewähren, ist nicht erkennbar. Die rechtliche Konstruktion einer Darlehensgewährung mit einem Verbot der Aufrechnung (gegen den Darlehensrückzahlungsanspruch) verfolgte allein den Zweck, den Versicherer von der Beweislast für den Wegfall des Rechtsgrundes zu befreien, die ihn bei einer Rückforderung einer normalen Vorschußzahlung nach Bereicherungsrecht getroffen hätte (vgl. dazu BGHZ 123, 217, 219 ff.).
Wegen dieser besonderen Zweckbestimmung der Darleh ensgewährung schließen sich die mit der Klage und der Widerklage verfolgten Ansprüche auch in der von der "Identitätsformel" beschriebenen Art und Weise gegenseitig aus. Denn wäre der Kläger mit seinem Feststellungsantrag durchgedrungen, stünde also fest, daß die Beklagte ihm wegen des Diebstahls seines Fahrzeuges Versicherungsleistungen in Höhe von 32.000 DM zu gewähren hätte, so hätte die Widerklage ungeachtet der im Darlehensvertrag vereinbarten Fälligkeitsregelungen und des Aufrechnungsverbots letztlich keinen Erfolg mehr haben können. Vielmehr hätte die Auslegung des Darlehensvertrages ergeben, daß die Rückforderung der Darlehenssumme jedenfalls im Falle einer Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsleistungen in gleicher Höhe ausgeschlossen sein sollte. Denn daß die Frage der Darlehensrückzahlung nach dem Willen der Parteien nicht völlig von der Leistungspflicht der Beklagten aus dem Versicherungsfall abgekoppelt sein sollte, ergibt sich schon aus dem Anlaß der Darlehensgewährung sowie daraus, daß das Darlehen ungeachtet der vereinbarten zwölfmonatigen Laufzeit bei einer endgültigen Leistungsablehnung sofort zur Rückzahlung fällig sein sollte.
Auf die Frage, ob die Voraussetzungen der Identitä tsformel auch dadurch erfüllt wären, daß der Kläger bei Erfolg seines Feststellungsantrages der Beklagten den Arglisteinwand der Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr der 32.000 DM (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus sit, vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB 63. Aufl. § 242 Rdn. 52) hätte entgegenhalten können, kommt es danach nicht mehr an.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch