Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2018 - 6 A 11945/17

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2018:0605.6A11945.17.00
bei uns veröffentlicht am05.06.2018

Tenor

1. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 30. November 2016 wird die Beklagte zu 1) verurteilt, die Auflassung der im Grundbuch von S... verzeichneten Grundstücke Gemarkung S..., Blatt Nr. 898, Flur 1, Flurstücke 1528, 1529 und 1508/1 an die Klägerin zu erklären und deren Eintragung als Eigentümerin ins Grundbuch zu bewilligen.

2. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 30. November 2016 werden die Beklagten zu 1) bis 3) wie Gesamtschuldner verurteilt, folgende der in § 8 Nr. 1a) und b) des notariellen Erschließungsvertrages vom 4. November 2008 genannten Unterlagen an die Klägerin herauszugeben:

a) Die vom Ingenieurbüro festgestellten Schlussrechnungen bezüglich des Straßenbaus.

b) Eine Bescheinigung über eine durchgeführte Schlussvermessung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs oder des Katasteramtes über die Einhaltung der Grenzen der Verkehrsflächen, aus der sich weiterhin ergibt, dass sämtliche Grenzzeichen sichtbar sind.

3. Die Klägerin trägt 1/8 der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und 7/8 der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3), die diese selbst tragen. Die Beklagten zu 2) und 3) tragen als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1) 1/7 der Kosten des Berufungsverfahrens und 1/8 der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie selbst tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Auslegung eines Erschließungsvertrages, aus dem die Klägerin gegen die Beklagten – eine private Erschließungsträgerin sowie deren Gesellschafter – Ansprüche auf unentgeltliche Übereignung von Erschließungsflächen und auf Herausgabe von Unterlagen herleitet.

2

Die im Berufungsverfahren noch umstrittenen Flächen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H... II“ der Beklagten, der am 14. Juni 2008 in Kraft getreten ist. Sie sind dort als Straßenverkehrsflächen sowie als Fläche für Versorgungsanlagen, Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung und Ablagerungen und als Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung ausgewiesen. Auf der ausgewiesenen Fläche für Versorgungsanlagen, Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung und Ablagerungen befinden sich zugleich eine Fläche für landespflegerische Ausgleichsmaßnahmen (M2: Extensive Streuobstwiesen) sowie Flächen für die Versickerung von Niederschlagswasser.

3

Die klagende Stadt und die Beklagte zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, schlossen im Jahr 2008 mehrere Verträge ab. Diese betrafen die Überplanung (Bauplanungsvertrag vom 10. März 2008) und die Durchführung landespflegerischer Ausgleichsmaßnahmen (Städtebaulicher Vertrag vom 23. April 2008) sowie die Erschließung des auf der Gemarkung der Klägerin gelegenen Neubaugebiets „H... II“ durch die Beklagte zu 1) (Erschließungsvertrag vom 4. November 2008) und die Kostenteilung für die Vorratserschließung des unmittelbar benachbarten Neubaugebiets „U...“, dessen Erschließung im Übrigen durch einen anderen privaten Erschließungsträger erfolgen sollte (Kostenerstattungsvertrag vom 4. November 2008).

4

In dem Bauplanungsvertrag vom 10. März 2008 wurde als Vorbemerkung u.a. festgehalten, die Beklagte zu 1) sei an die Klägerin als Trägerin der gemeindlichen Planungshoheit herangetreten mit der Absicht, im Stadtteil S... im Bereich „H... II“ zusätzliche Wohnbauflächen zu erschließen und zu vermarkten.

5

Im Rahmen des städtebaulichen Vertrages vom 23. April 2008 verpflichtete sich die Beklagte zu 1) als Vorhabenträgerin unter anderem zur Durchführung landespflegerischer Ausgleichsmaßnahmen, unter anderem zur Anlegung und Erhaltung einer extensiven Streuobstwiese im Bereich um die geplanten Versickerungsbecken (Bereich M2). Unter § 8 Abs. 4 des Vertrages wurde festgehalten:

6

„Der Vorhabenträger überträgt die von ihm erworbene Ausgleichs- und Maßnahmenfläche gemäß § 4 Abs. 1 Buchstabe a (Ordnungsbereich M2) [...] unentgeltlich an die Stadt. Einzelheiten zur Übertragung werden im noch abzuschließenden Erschließungsvertrag (§ 124 BauGB) geregelt.“

7

Mit dem notariell beurkundeten Erschließungsvertrag vom 4. November 2008 wurde sodann die Erschließung des Baugebiets „H... II“ auf die Beklagte zu 1) als Erschließungsträgerin übertragen. Unter § 1 Nr. 3 verpflichtete sich diese zur Planung und Herstellung der Erschließungsanlagen nach Maßgabe des Vertrages. § 1 Nr. 4 des Erschließungsvertrages lautet:

8

„Die Stadt verpflichtet sich, die Erschließungsanlagen bei Vorliegen der in § 8 dieses Vertrages genannten Voraussetzungen in ihre Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflicht zu übernehmen. Der Erschließungsträger wird die im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Flächen, Verkehrsflächen und Flächen für Versorgungsanlagen – mit Ausnahme der Fläche für die Errichtung eines Heizkraftwerks zur zentralen Versorgung des Baugebietes mit Nahwärme – an die Stadt Bitburg spätestens bis zum 30.09.2013 übertragen.“

9

Der am selben Tag unterzeichnete Kostenerstattungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1), der Klägerin und dem privaten Erschließungsträger des benachbarten Baugebiets (V...) diente folgendem, unter der Überschrift „A. Geschäftsgrundlage“ festgehaltenen, Ziel:

10

„Im Zuge der Erschließung des Neubaugebietes ‘H... II’ [...] werden [...] gemeinsame Erschließungsanlagen für beide Neubaugebiete [...] erstellt. Die Kosten hierfür werden anteilig auf die jeweiligen Neubaugebiete umgelegt. Für das Neubaugebiet ‘U... II’ wurde vereinbart, dass die [Beklagte zu 1)] im Rahmen der Erstellung der Erschließungsanlagen für das Neubaugebiet ‘H... II’ die erforderlichen Kapazitäten für den späteren Anschluss des Neubaugebiets ‘U... II’ mit herstellt und die hierauf entfallenden Kosten von der [Klägerin], der V... [...] oder einem dritten Erschließungsträger teils auf der Grundlage von Flächenschlüsseln, Pauschalbeträgen oder nach tatsächlichen Mehrkosten an die [Beklagte zu 1)] erstattet werden.“

11

Am 18. Juni 2015 fand ein Termin zur Abnahme des Straßen-Endausbaus statt, bei dem die Klägerin diese unter Verweis auf – im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständliche – Mängel der Straßenentwässerung verweigerte.

12

Nach erfolglosen Verhandlungen über die unentgeltliche Übereignung der hier umstrittenen Flächen hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

13

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, das Eigentum an den Grundstücken, eingetragen im Grundbuch von S..., Blatt 898, Gemarkung S..., Flur 1, Parzelle 1508/1 sowie Flur 1 Parzelle 1528 unentgeltlich auf sie zu übertragen,

14

hilfsweise,

15

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, eine Teilfläche des Grundstücks 1508/1, die im Bebauungsplan mit M2 bezeichnet ist, unentgeltlich auf sie zu übertragen,

16

weiter hilfsweise,

17

an dem Grundstück Gemarkung S..., Flur 1, Parzelle 1508/1 eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zur Errichtung und zum Betrieb eines Regenrückhaltebeckens sowie an dem Grundstück Flur 1, Parzelle 1528, als Zuwegung wie in dem anliegenden Lageplan eingetragen, zu bewilligen,

18

2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, das Eigentum an dem Grundstück Gemarkung S..., Flur 1, Parzelle 1529 unentgeltlich auf sie zu übertragen,

19

3. die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, bezüglich der im Bebauungsplan „H... II“ ausgewiesenen besonderen Verkehrsflächen Gemarkung S..., Flur 1, Flurstücke 1528 und 1529 eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung, welche den Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS Teil: Entwässerung Ausgabe 2005) entspricht, herzustellen [...].

20

4. die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, die in § 8 Abs. 1 lit. a) und b) des notariellen Erschließungsvertrages vom 4. November 2008 (Notar Dr. G..., Urkunde Nr. 1004/2008) genannten Unterlagen zu übergeben, derer da sind:

21

a) in zweifacher Ausfertigung die von einem Ingenieurbüro sachlich, fachtechnisch und rechnerisch richtig festgestellten Schlussrechnungen mit den dazugehörigen Aufmaßen, Abrechnungszeichnungen und Massenberechnungen einschließlich der Bestandspläne bezüglich des Straßenbaus sowie der Abrechnung von Ingenieurleistungen,

22

b) eine Bescheinigung über die durchgeführte Schlussvermessung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs oder des Katasteramtes über die Einhaltung der Grenzen, aus der sich weiterhin ergibt, dass sämtliche Grenzzeichen sichtbar sind.

23

Die Beklagten haben beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Mit Urteil vom 30. November 2016 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zu 1) verurteilt, der Klägerin das Eigentum an dem Teilstück der Parzelle 1508/1, Flur 1, Gemarkung S..., das im Bebauungsplan „H... II“ als Maßnahmenfläche M2 ausgewiesen ist, unentgeltlich zu übertragen. Des Weiteren hat es die Beklagten wie Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin im Hinblick auf die Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen, die nicht innerhalb der öffentlichen Erschließungsflächen bzw. der im Bebauungsplan „H... II“ ausgewiesenen Verkehrsflächen oder Flächen für Versorgungsanlagen verlegt worden sind, eine Bescheinigung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs oder des Katasteramtes über die Einhaltung der Grenzen, aus der sich auch ergibt, dass sämtliche Grenzzeichen sichtbar sind, zu übergeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

26

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne von der Beklagten zu 1) die Übertragung des Eigentums an dem in dem Bebauungsplan „H... II“ als Maßnahmenfläche M2 ausgewiesenen Teilstücks der Parzelle 1508/1 verlangen. Anspruchsgrundlage hierfür sei § 1 Ziffer 4 des Erschließungsvertrages vom 4. November 2008 in Verbindung mit § 8 Abs. 4 des Vertrages über die Durchführung des landespflegerischen Ausgleichs vom 23. April 2008. Der erstgenannten Klausel könne entnommen werden, welche Flächen Gegenstand der Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Übertragung des Eigentums sein sollten. Die Klausel verhalte sich aber nicht zu der Frage, ob es sich bei der Übertragung des Eigentums an diesen Parzellen um einen unentgeltlichen Vertrag handeln solle oder ob stattdessen ein synallagmatisches Austauschverhältnis vorgesehen sei. Diese vertragliche Regelungslücke lasse sich im Hinblick auf das Teilstück der Parzelle 1508/1, das in dem Bebauungsplan „H... II“ als Maßnahmenfläche M2 festgesetzt sei, durch Heranziehung von § 8 Abs. 4 des Vertrages über den landespflegerischen Ausgleich vom 23. April 2008 schließen.

27

Im Hinblick auf die übrigen Flächen fehle es hingegen an einer vertraglichen Vereinbarung darüber, ob die Übertragung des Eigentums unentgeltlich oder im Wege eines Leistungsaustausches erfolgen solle. Die Frage, welche Hauptleistungspflichten die jeweilige Vertragspartei treffe, sei jedoch maßgeblich für die Bestimmung des Schuldvertragstyps. Diese sogenannten essentialia negotii bedürften daher der ausdrücklichen Vereinbarung. Fehle es an einer unzweideutigen Vereinbarung über den Mindestinhalt des Vertrages, liege ein Dissens vor, der zur Unwirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung führe. Aufgrund des Fehlens des vertraglichen Mindestinhalts sei § 1 Abs. 4 des Erschließungsvertrages keine taugliche Anspruchsgrundlage zur unentgeltlichen Übertragung des Eigentums an den genannten Parzellen bzw. Parzellenteilen.

28

Soweit die Klägerin die Übergabe von Schlussrechnungen bezüglich des Straßenbaus sowie einer Bescheinigung über die Durchführung der Schlussvermessung geltend mache, sei die Klage nur im Hinblick auf die Übergabe der letztgenannten Bescheinigung begründet. Der Anspruch ergebe sich dabei aus § 8 Abs. 1 Buchstabe b) des Erschließungsvertrages vom 4. November 2008. Im Hinblick auf die Übergabe der Schlussrechnungen müsse die Klage hingegen der Abweisung unterliegen, denn § 8 Abs. 1 Buchstabe a) des genannten Vertrages, der insoweit allein als Anspruchsgrundlage in Betracht komme, beschränke sich auf die Übergabe einer Schlussrechnung hinsichtlich der Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen, die nicht innerhalb der Erschließungsflächen bzw. der im Bebauungsplan als Verkehrs- oder Versorgungsflächen ausgewiesenen Flächen verlegt worden seien.

29

Der Senat hat die Berufung der Klägerin zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage in den Hauptanträgen zu 1), zu 2) und zu 4) abgewiesen hat, d.h. hinsichtlich der Anträge auf Verurteilung der Beklagten zur unentgeltlichen Übereignung der restlichen Erschließungsflächen sowie hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung der Beklagten zur Übergabe der im Tenor näher bezeichneten Unterlagen bezüglich des Straßenbaus. Im Übrigen – also in Bezug auf die Klageabweisung im Klageantrag zu 3) (Straßenentwässerung) – hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

30

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch auf Übereignung der Erschließungsflächen und auf Herausgabe der Unterlagen weiter. Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor, die Begleitumstände des Erschließungsvertrags müssten bei dessen Auslegung Berücksichtigung finden. Danach ergebe sich insbesondere aus dem Kostenerstattungsvertrag vom 4. November 2008 und dort vor allem aus der Regelung einer Kostenpauschale für das Regenrückhaltebecken, dass die Übertragung der umstrittenen Parzellen an sie unentgeltlich – d.h. ohne weitere Gegenleistung – geschuldet sei. Durch den Erschließungsvertrag habe die Beklagte zu 1) die Möglichkeit erhalten, die ihr gehörenden Grundstücke als Bauland zu verkaufen. Hierin liege bereits ein entgeltlicher Vorteil im Sinne einer mittelbaren Gegenleistung. Für den Fall, dass sie, die Klägerin, zusätzlich Grunderwerbskosten zu zahlen hätte, müsse sie insoweit Erschließungsbeiträge bei den Käufern der Grundstücke erheben.

31

Die Klägerin beantragt,

32

1. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 30. November 2016 die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die Auflassung der im Grundbuch von S... verzeichneten Grundstücke Gemarkung S..., Blatt Nr. 898, Flur 1, Flurstücke 1528, 1529 und 1508/1 an die Klägerin zu erklären und deren Eintragung als Eigentümerin ins Grundbuch zu bewilligen,

33

2. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 30. November 2016 die Beklagten zu 1) bis 3) wie Gesamtschuldner zu verurteilen, folgende der in § 8 Nr. 1a) und b) des notariellen Erschließungsvertrages vom 4. November 2008 genannten Unterlagen an sie herauszugeben:

34

a) Die von einem Ingenieurbüro sachlich, fachtechnisch und rechnerisch richtig festgestellten Schlussrechnungen mit den dazugehörigen Aufmaßen, Abrechnungszeichnungen und Massenberechnungen einschließlich der Bestandspläne bezüglich des Straßenbaus.

35

b) Eine Bescheinigung über eine durchgeführte Schlussvermessung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs oder des Katasteramtes über die Einhaltung der Grenzen der Verkehrsflächen, aus der sich weiterhin ergibt, dass sämtliche Grenzzeichen sichtbar sind.

36

Die Beklagten beantragen,

37

die Berufung zurückzuweisen.

38

Sie halten das Urteil des Verwaltungsgerichts für richtig und machen im Wesentlichen geltend, aus der ausdrücklichen Vereinbarung der Unentgeltlichkeit der Übereignung der Fläche M2 folge im Umkehrschluss die Entgeltlichkeit der übrigen Erschließungsflächen. Die Entgeltlichkeit der Übereignung von Grundstücken stelle in der Lebenswirklichkeit die Regel dar. § 1 Nr. 4 des Erschließungsvertrags sei wegen des Dissenses über die Entgeltlichkeit teilunwirksam. Die Beklagte zu 1) sei jedenfalls davon ausgegangen, dass die Klägerin für den Eigentumserwerb an den fertiggestellten Erschließungsanlagen einen finanziellen Ausgleich zahlen werde, der der Höhe nach noch auszuhandeln sei. Komme keine Einigung zustande, habe die Klägerin immer noch die Möglichkeit einer Enteignung gegen Entschädigung nach dem Baugesetzbuch. Werde die Klägerin nicht Eigentümerin, übernehme sie auch keine Baulast. Die Kosten für den Erwerb des Eigentums seien nicht über Erlöse aus Grundstücksverkäufen refinanziert worden. Aus der bereits gezahlten Kostenpauschale für das Regenrückhaltebecken könne kein Rückschluss auf darin enthaltene Grunderwerbskosten gezogen werden. Im Übrigen stimmten die Grenzen des von der Klägerin begehrten Grundstücks mit der Flurstücksnummer 1529 nicht überein mit den jeweiligen Verlaufsgrenzen der Festsetzungen des Bebauungsplans: diese seien schmaler, jene breiter.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift vom 5. Juni 2018 sowie die einschlägigen Unterlagen (ein Urkundenheft des Notars Dr. G... und ein Band Anlagen) verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

I.

40

Die Berufung ist hinsichtlich des Antrags zu 1) begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage insoweit stattgeben müssen.

41

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Auflassung der im Grundbuch von S... verzeichneten Grundstücke Gemarkung S..., Blatt Nr. 898, Flur 1, Flurstücke 1528, 1529 und 1508/1 und Bewilligung ihrer Eintragung als Eigentümerin, ohne ihrerseits zu einer weiteren Gegenleistung verpflichtet zu sein.

42

1. Der Anspruch der Klägerin auf Übereignung des Teilstücks der Parzelle 1508/1, der im Bebauungsplan mit „M2“ bezeichnet ist, folgt bereits aus dem insoweit rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts. Der Senat hat die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Auflassung und Bewilligung der Eintragung dieser Fläche lediglich klarstellend in den Tenor aufgenommen.

43

Hinsichtlich der übrigen Grundstücke folgt der Anspruch der Klägerin auf Übertragung des Eigentums aus dem notariellen Erschließungsvertrag vom 4. November 2008. Nach § 1 Nr. 4 Satz 2 dieses Vertrages „wird“ der Erschließungsträger – die Beklagte zu 1) – „die im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Flächen, Verkehrsflächen und Flächen für Versorgungsanlagen – mit Ausnahme der Fläche für die Errichtung eines Heizkraftwerks zur zentralen Versorgung des Baugebietes mit Nahwärme – an die Stadt Bitburg spätestens bis zum 30.09.2013 übertragen“.

44

Diese schuldrechtliche Vereinbarung ist hinreichend konkret, um im Wege der Auslegung nach den hier gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 62 Satz 2 VwVfG entsprechend anzuwendenden §§ 133, 157 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 – 4 C 21/89 –, BVerwGE 84, 257, juris Rn. 36; BayVGH, Urteil vom 24. Juli 2006 – 23 B 06.18 –, juris Rn. 37) eine dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügende Übereignungsverpflichtung der Beklagten zu 1) zu begründen.

45

Ein schuldrechtlicher Vertrag muss nicht bereits den Bestimmtheitsanforderungen genügen, die für das dingliche Rechtsgeschäft gelten (vgl. Seiler, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2007, Einl. zum Sachenrecht Rn. 54 f.). Es ist daher unschädlich, dass die Grenzen des Buchgrundstücks der Parzelle 1529 nicht parzellenscharf mit den Verlaufsgrenzen der im Bebauungsplan ausgewiesenen entsprechenden Verkehrsfläche übereinstimmen, sondern vielmehr – wie zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitig ist – die Parzelle 1529 nach den Katasterunterlagen mit 6,35 m Breite um zehn Zentimeter breiter ist als die im Bebauungsplan ausgewiesene Verkehrsfläche, die nur 6,25 m breit ist. Gegenstand des Übereignungsanspruchs sind jedenfalls die anhand des Verweises auf die Festsetzungen des Bebauungsplans bestimmbaren Buchgrundstücke. Diese sind aufgrund ihrer Lage, ihrer Anordnung und der äußeren Form der im Bebauungsplan festgesetzten Flächen im Vergleich mit den im Liegenschaftskataster normierten Buchgrundstücken zweifelsfrei identifizierbar, auch wenn sie sachenrechtlich nicht exakt bezeichnet sind: So entsprechen die Grundstücke Flur 1, Flurstücksnummern 1528 und 1529 den im Bebauungsplan als Straßenverkehrsflächen festgesetzten Flächen. Das Grundstück Flur 1, Flurstücksnummer 1508/1 entspricht der im Bebauungsplan festgesetzten Fläche für Versorgungsanlagen, Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung und Ablagerungen sowie der Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung. Auf ihm befinden sich zugleich die Fläche für landespflegerische Ausgleichsmaßnahmen (M2: Extensive Streuobstwiesen) sowie Flächen für die Versickerung von Niederschlagswasser.

46

2. Dem Anspruch der Klägerin auf Übereignung der genannten Grundstücke kann die Beklagte zu 1) weder eine (Teil-)Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 125, 311b BGB wegen der fehlenden Dokumentation einer etwaigen weiteren Gegenleistungspflicht im Vertrag entgegensetzen, noch vermag sie dem Übereignungsanspruch einen Zug-um-Zug-Einwand oder ein sonstiges Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrecht entgegenzuhalten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Vertrag auch nicht lückenhaft oder unvollständig, mit der Folge, dass insoweit eine ergänzende Vertragsauslegung zu erwägen oder gar ein offener (Teil-)Dissens – sowie, infolgedessen, eine (Teil-)Unwirksamkeit der den Übereignungsanspruch begründenden Vertragsklausel – anzunehmen wäre.

47

Vielmehr ist dem Vertrag im Wege seiner Auslegung der gewollte und erkennbar erklärte Inhalt zu entnehmen, dass die die Beklagte zu 1) zur Übereignung der oben genannten Grundstücke ohne weitere Gegenleistung verpflichtet ist.

48

Die Ermittlung des gewollten und für die jeweiligen Erklärungsempfänger erkennbar erklärten Inhalts des Erschließungsvertrages erfolgt im Wege der Auslegung nach § 1 Abs. 1 LVwVfG und § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 – 4 C 21/89 –, BVerwGE 84, 257, juris Rn. 36; BayVGH, Urteil vom 24. Juli 2006 – 23 B 06.18 –, juris Rn. 37, vgl. auch zur Auslegung formbedürftiger Willenserklärungen entspr. BGH, Urteil vom 22. April 2010 – Xa ZR 73/07 –, juris Rn. 15 = NJW 2011, 218). Sie ergibt hier, dass die Klägerin keine weiteren Grunderwerbskosten zahlen sollte. Dafür sprechen der Wortlaut des Erschließungsvertrages (a), der Gegenseitigkeitszusammenhang dieses Vertrages (b), die hier konkret getroffene Fälligkeitsabrede (c), der im Vertrag hinsichtlich der Verkehrsflächen vorgesehene Gleichlauf von öffentlicher Widmung, öffentlichem Eigentum und öffentlicher Straßenbaulast (d), die rechtliche Zweifelhaftigkeit einer Belastung der Klägerin mit eventuell nicht umlegungsfähigem Erschließungsaufwand sowie das objektive wohlverstandene Interesse der Beteiligten an einer Vermeidung der Erhebung von Erschließungsbeiträgen bei den privaten Erwerbern erschlossener Grundstücke (e).

49

a) Im Ausgangspunkt ist zum Wortlaut des Vertrages festzuhalten, dass dieser – insoweit unstreitig – keine ausdrückliche Regelung enthält, nach der die Klägerin im Gegenzug zur Übereignung der Grundstücke die Zahlung von Grunderwerbskosten (im Sinne eines „Kaufpreises“) schulden sollte. Auch ein Vorbehalt zugunsten etwaiger später noch zu erfolgender Kaufpreisverhandlungen – der nach § 311b BGB ebenfalls der notariellen Beurkundung bedurft hätte (vgl. Schumacher, in: Staudinger, BGB [2018], § 311b Rn. 162 f.; Grziwotz in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 311b BGB Rn. 47) – wurde nicht ausdrücklich vereinbart. Eine (ebenfalls formbedürftige) nachträgliche Kaufpreisabrede ist ebenfalls unstreitig nicht getroffen worden.

50

b) Das hiernach festzustellende Fehlen einer Entgeltvereinbarung widerspricht indessen keineswegs, wie die Beklagte zu 1) meint, der „Lebenswirklichkeit“. Denn § 1 Nr. 4 Satz 2 des Erschließungsvertrags begründet keine Verpflichtung zur Übereignung der Grundstücke ohne Gegenleistung im Sinne einer Schenkung (vgl. § 516 BGB).

51

Vielmehr steht die Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Übereignung der Erschließungsflächen nach Herstellung der Erschließungsanlagen bereits im Gegenseitigkeitszusammenhang des Erschließungsvertrags, der der Beklagten zu 1) die Möglichkeit zur gewinnbringenden Vermarktung der Grundstücke vermittelt hat. Diesen Zusammenhang haben die Beteiligten in der Vorbemerkung des Bauplanungsvertrags vom 10. März 2008 festgehalten:

52

„Die G...GdBR [...], ist an die Stadt Bitburg als Träger der gemeindlichen Planungshoheit herangetreten mit der Absicht, im Stadtteil S... im Bereich ‘H... II’ zusätzliche Wohnbauflächen zu erschließen und zu vermarkten. Für die Erschließung dieser neuen Wohnbauflächen und zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in diesem Bereich wird als planungsrechtliche Voraussetzung die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich [...] Da sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen der Stadt Bitburg mittelfristig für die Schaffung anderer und vorrangig zu realisierender Baugebiete gebunden sind, ist die Stadt Bitburg zur Zeit außerstande, für das Plangebiet einen Bebauungsplan aufzustellen und die Erschließung zu sichern. Um dennoch zeitnah Wohnbaugrundstücke bereitstellen zu können, wird die [der] G...GdBR die Ausarbeitung des Bebauungsplanes Bereich ‘H... II’ übertragen.“

53

Die Übertragung des Eigentums an den Erschließungsflächen nach der Durchführung der (Erst-)Erschließung durch die Beklagte zu 1) erfolgt vor diesem Hintergrund nicht im engeren Sinne „unentgeltlich“, sondern sie steht im Zusammenhang mit dem übrigen Vertragswerk der Beteiligten, in das sie als Teilregelung eingebettet ist. Sie teilt damit dessen entgeltlichen, auf Gegenseitigkeit angelegten Rechtscharakter (so auch zu einer entsprechenden Vertragsgestaltung OVG NRW, Urteil vom 24. November 1998 – 3 A 149/96 –, juris Rn. 31).

54

Die Regelung, die die Beteiligten getroffen haben – nämlich, dass die Klägerin keinen „Kaufpreis“ für die Übertragung des Eigentums an den Erschließungsflächen schuldet –, entspricht damit dem typischen Fall eines Erschließungsvertrages, bei dem entsprechend der Interessenlage der Beteiligten keine Verpflichtung der Gemeinde zur Zahlung zusätzlicher Grunderwerbskosten für die Übertragung der Erschließungsflächen vereinbart wird. Die Verbindung von Erschließung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung des Unternehmers „mit der Übertragung der fertig gestellten Anlagen ohne unmittelbare (weitere) Gegenleistung der Gemeinde ist gerade Kennzeichen des ‘echten’ Erschließungsvertrages“ (OLG Schleswig, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 16 W 122/07 –, NVwZ-RR 2008, 743).

55

Dementsprechend wird in der Handbuchliteratur empfohlen, in Erschließungsverträgen eine Klausel zu vereinbaren, nach der sich der Erschließungsträger verpflichtet, „unverzüglich nach Übernahme der Erschließungsanlagen durch die Stadt, die noch in seinem Eigentum stehenden Flächen der öffentlichen Erschließungsanlagen unentgeltlich und lastenfrei nach Abt. II und III des Grundbuchs zu übereignen“ (Uechtritz, in: Schäfer/Uechtritz/Zuber [Hrsg.], Rechtsgestaltung in der kommunalen Praxis, 1. Aufl. 2015, § 2 Rn. 39 [§ 14 Nr. 6 des Mustervertrags]).

56

Auch die Handreichungen der Finanzverwaltung gehen davon aus, dass die Erschließungsflächen nach Herstellung der Erschließungsanlagen typischerweise ohne weitere Gegenleistung übertragen werden. So wird in einem Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen ausgeführt, die „unentgeltliche Übertragung“ der erschlossenen öffentlichen Grundstücke oder der Erschließungsanlagen erfolge „in der Regel aus unternehmerischen Gründen, da diese Erschließung die Veräußerung der anliegenden Grundstücke an Privatpersonen oder andere Unternehmer begünstigt bzw. erst ermöglicht“ (vgl. Bundesministerium der Finanzen, BMF-Schreiben vom 31. Mai 2002 – IV B 7 – S 7100 – d167/02 –. BStBL I S. 631, Nr. 2, Fassung vom 7. Juni 2012, zitiert nach juris). Auch in einer Anweisung des Bayerischen Landesamts für Steuern heißt es, Gebietskörperschaften überließen „vielfach die Erschließung von Neubaugebieten privaten Bauträgern“; die Erschließungsverträge verpflichteten die Bauträger, „die Herstellung der Erschließungsanlagen zu veranlassen und nach deren Fertigstellung die Grundstücke unentgeltlich auf die Gebietskörperschaften zu übertragen“. Da die Grundstücke mit den Erschließungsanlagen von den Gebietskörperschaften in Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben übernommen würden und nur für den öffentlichen Gebrauch bestimmt seien, werde gebeten, „grundsätzlich von einem Wert von 0 DM auszugehen“ (FMS vom 26. Juni 1998, Az. 36-S 4520 -2/23 – 30 396, zitiert nach juris).

57

c) Es ist nicht ersichtlich, dass die Beteiligten eine von dem typischen Fall eines Erschließungsvertrages abweichende Regelung der Pflichten der Klägerin gewollt und erklärt haben. Im Gegenteil sprechen die konkreten vertraglichen Abreden und Begleitumstände dafür, dass die Klägerin keine weitere Gegenleistung erbringen sollte und auch keine weiteren Verhandlungen beabsichtigt waren.

58

So ist schon die Übereignungsverpflichtung in § 1 Nr. 4 Satz 2 des Erschließungsvertrags vom 4. November 2008 selbst mit einer klaren Fälligkeitsbestimmung versehen, nach der die Flächen bis zum 30. September 2013 zu übertragen sind. Dieser Zeitpunkt fällt zusammen mit der avisierten Fertigstellung der Erschließungsanlagen, die gemäß § 2 Nr. 1 des Erschließungsvertrags ebenfalls bis zum 30. September 2013 erfolgen sollte. Ein Zeitrahmen für etwaige Verhandlungen über einen „Kaufpreis“ der Erschließungsflächen bestand daher nach der Konzeption des Vertrages nicht.

59

Vor diesem Hintergrund zwingt allein der Umstand, dass in Bezug auf die Fläche „M2“ in § 8 Abs. 4 des Vertrags über die Durchführung des landespflegerischen Ausgleichs vom 23. April 2008 (Teil B des städtebaulichen Vertrags vom 23. April 2008) ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Grundstücksübereignung festgehalten wurde, nicht zu dem Umkehrschluss, dass in Bezug auf die übrigen Flächen noch Verhandlungen über die Entgeltlichkeit oder die Höhe eines etwaigen Entgelts beabsichtigt waren. Der Unterschied dürfte vielmehr daraus resultieren, dass dieser der „ältere“, früher abgeschlossene Vertrag war und der Inhalt des erst am 4. November 2008 folgenden Erschließungsvertrags zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannt war.

60

d) Für die gewollte Grundstücksübereignung ohne weitere Gegenleistung – und gegen die Annahme, diese sollte gegebenenfalls etwaigen weiteren Vertragsverhandlungen anheimgestellt bleiben – spricht ferner der im Vertrag hinsichtlich der Verkehrsflächen vorgesehene Gleichlauf von öffentlicher Widmung, öffentlichem Eigentum und öffentlicher Straßenbaulast.

61

Die Beteiligten haben nämlich im Vertrag die öffentliche Widmung der Verkehrsflächen vorgesehen, der die Beklagte zu 1) in § 8 Nr. 4 Satz 2 des Erschließungsvertrags auch bereits vorab zugestimmt hat. Die Möglichkeit einer reinen Privatstraße haben die Beteiligten hingegen offenkundig nicht in Erwägung gezogen, denn hierfür ist nichts ersichtlich, und der Vertrag enthält auch keine diesbezügliche Andeutung.

62

Haben die Beteiligten mithin eine öffentliche Widmung der Verkehrsflächen vorgesehen – die grundsätzlich auch möglich ist, ohne dass die Gemeinde Eigentümerin der Straße ist (vgl. § 36 Abs. 2 LStrG) –, so folgt hieraus nach rheinland-pfälzischem Straßenrecht kraft Gesetzes (§ 14 LStrG) die Straßenbaulast der Gemeinde, hier der Klägerin.

63

Der Erschließungsvertrag stellt die Straßenbaulast darüber hinaus in einen Zusammenhang mit der Eigentumsübertragung. Denn nach der in § 8 Nr. 1 des Erschließungsvertrags vom 4. November 2008 vereinbarten Formulierung „übernimmt die Stadt diese in ihre Baulast, wenn sie zuvor Eigentümerin der öffentlichen Erschließungsflächen bzw. der im Bebauungsplan als Verkehrsflächen oder als Flächen für Versorgungsanlagen festgesetzte Flächen geworden ist [...].“

64

Für die von der Beklagten zu 1) behauptete Möglichkeit, dass sie – im Falle des Scheiterns vermeintlich vorbehaltener Kaufpreisverhandlungen – Eigentümerin der Grundstücke und zugleich trotz deren öffentlicher Widmung ihrerseits Trägerin der Straßenbaulast bleiben könnte, haben die Beteiligten hingegen keine Vorkehrungen getroffen. Zwar ist auch im Falle einer öffentlich gewidmeten Straße nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein privater Dritter die Straßenbaulast trägt. Hierfür müsste aber die – nach § 14 LStrG bei der Gemeinde liegende – Straßenbaulast nach § 16 Abs. 1 LStrG auf den Privaten übertragen werden (vgl. Bitterwolf-de Boer, in: ders. u.a., Landesstraßengesetz, Loseblatt-Kommentar, Stand EL Dezember 2013, § 16 Nr. 1.4.2). Für eine solche Übertragung bestehen hier weder außerhalb noch innerhalb des Vertragswerks Anhaltspunkte. Der Vertrag zielt vielmehr auf den Regelfall des Gleichlaufs von öffentlicher Widmung, öffentlichem Eigentum und öffentlicher Straßenbaulast ab.

65

e) Im Übrigen dürfte auch die weitere Interessenlage der Beteiligten gegen eine weitere Gegenleistungspflicht der Klägerin sprechen.

66

So war bereits im Ausgangspunkt von den Beteiligten keine Vertragskonstruktion gewollt, die zu einer Belastung der Klägerin mit nicht umlegungsfähigem Erschließungsaufwand führen würde. Dies folgt schon aus der oben unter I.2.a) wiedergegebenen Formulierung in der Vorbemerkung des Bauplanungsvertrags vom 10. März 2008, wonach die „finanziellen Ressourcen“ der Klägerin für die Schaffung anderer, vorrangig zu realisierender Baugebiete gebunden seien.

67

Wenn jedoch die Klägerin an die Beklagte zu 1) einen „Kaufpreis“ für die Übereignung der Erschließungsflächen zahlen müsste, so wäre es zumindest zweifelhaft, ob sie überhaupt die rechtliche Möglichkeit hätte, diesen durch die Erhebung von Erschließungsbeiträgen auf die erschlossenen Grundstücke umzulegen. Es erscheint nach dem Stand der Rechtsprechung und Literatur zumindest denkbar, dass die Klägerin infolge des Abschlusses des Erschließungsvertrages mit der Beklagten zu 1) eine Regimeentscheidung („Vertrag oder Bescheid“) getroffen haben könnte, von der nur in Ausnahmefällen – etwa im Falle eines notleidend gewordenen Erschließungsvertrages – wieder abgewichen werden könnte (vgl. zur Problematik der Regimeentscheidung BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 2010 – 9 C 8/09 –, BVerwGE 138, 244, und vom 12. Dezember 2012 – 9 C 12/11 –, NVwZ-RR 2013, 383 sowie vom 30. Januar 2013 – 9 C 11/11 – BVerwGE 145, 354; Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 12. EL Oktober 2017, § 11 Rn. 304 f.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 6 Rn. 10 ff. [„Regieentscheidung“]). Andererseits ist fraglich, ob sich das aus einer etwaigen Regimeentscheidung folgende Beitragserhebungsverbot hier auf die in Rede stehenden Grunderwerbskosten erstrecken würde, gilt es doch nur, „soweit“ und solange der Erschließungsträger den Erschließungsaufwand trägt (vgl. gegen die Annahme eines Verbots der Beitragsfinanzierung im Anwendungsbereich des § 124 BauGB sowie für die Zulässigkeit der Begründung eines beitragsfähigen Erschließungsaufwands der Gemeinde im Rahmen eines Erschließungsvertrags BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 – 9 C 11/11 – BVerwGE 145, 354, juris Rn. 14 ff.).

68

Wäre eine Beitragserhebung demnach trotz des Bestehens eines Erschließungsvertrags zulässig, so wäre die Klägerin wiederum wohl schon aus allgemeinen kommunal- und haushaltsrechtlichen Gründen, aber auch wegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen (§ 127 Abs. 1 BauGB) gehalten, den ihr durch die Zahlung von Grunderwerbskosten entstehenden Aufwand im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB – nach Abzug ihres Gemeindeanteils – auf die erschlossenen Grundstücke auch tatsächlich umzulegen (so bereits Beschluss des Senats vom 9. Januar 2004 – 6 B 11815/03.OVG –, n.V., Umdruck S. 4).

69

In diesem Falle würden aber letztlich die privaten Käufer der Grundstücke mit Erschließungsbeiträgen belastet. Zumindest in dem zur Akte gereichten Kaufvertrag zwischen einem Erwerber und der Beklagten zu 1) (vgl. Bl. 204 der Gerichtsakte) wurde jedoch unter Nr. III.3. vereinbart, dass das verkaufte Rohbauland durch die Beklagte zu 1) erschlossen wird. In der betreffenden Vertragsbestimmung heißt es sodann weiter, die Beklagte zu 1) stelle die Erschließungsanlagen (Straßen- und Wegeflächen, Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtungen, landespflegerische Ausgleichsmaßnahmen) „auf eigene Kosten“ als Einrichtungen her und werde die hergestellten Anlagen an die Stadt übergeben. Es erscheint aufgrund dieser Formulierung zumindest als möglich, dass die privaten Erwerber des erschlossenen Grundstücks nicht damit rechnen, im Wege der Erhebung von Erschließungsbeiträgen durch die Klägerin an dem Erschließungsaufwand – zu dem nach § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB die Kosten für den Erwerb der Flächen für die Erschließungsanlagen gehören – beteiligt zu werden. Es dürfte daher dem wohlverstandenen objektiven Interesse der Beteiligten entsprechen, die Heranziehung der privaten Grundstückskäufer zur Refinanzierung der Grunderwerbskosten im Wege der Beitragserhebung zu vermeiden.

70

f) Nach alledem kann offenbleiben, ob darüber hinaus auch die Regelungen des Kostenerstattungsvertrags vom 4. November 2008 zwischen der Klägerin, der Beklagten zu 1) und der V... die gewollte Unentgeltlichkeit der Grundstücksübereignung belegen. Ein umgekehrter Anhaltspunkt für die Vereinbarung einer weiteren Gegenleistungspflicht der Klägerin oder auch nur für die Vereinbarung eines diesbezüglichen Vorbehalts ist diesem Vertrag jedenfalls nicht zu entnehmen.

II.

71

Im Hinblick auf die mit dem Klageantrag zu 2) begehrte Herausgabe von Unterlagen obsiegt die Klägerin in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

72

1. Die Klägerin kann von den Beklagten die Herausgabe der von dem Ingenieurbüro festgestellten Schlussrechnungen – nur soweit vorhanden: einschließlich etwaiger Aufmaße, Abrechnungszeichnungen und Massenberechnungen sowie Bestandsplänen – bezüglich des Straßenbaus verlangen, wobei die Beklagten zu 2) und zu 3) als mithaftende Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend § 128 HGB heranzuziehen sind (vgl. zum Haftungsinhalt Schäfer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 714 Rn. 43).

73

Der Herausgabeanspruch folgt aus der vertraglichen Treuepflicht der Beklagten, die in dem Grundsatz von Treu und Glauben wurzelt, welcher als allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 – 4 C 4.99 – ZfBR 2000, 491 [494]) auch im Zusammenhang mit dem vorliegenden öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrag Geltung beansprucht. Hiernach entspringen dem Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht nur die ausdrücklich im Vertragstext festgelegten Pflichten, sondern es besteht auch die allgemeine Pflicht, nach „Treu und Glauben“ zu handeln, also wechselseitig auf die schutzwürdigen Interessen des jeweiligen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 242 Rn. 6). Der Grundsatz von Treu und Glauben ist dabei Grundlage auch für selbständig einklagbare Nebenpflichten unterschiedlicher Art (vgl. Grüneberg a.a.O., Rn. 15 u. Rn. 25 ff.).

74

Eine solche selbständige Nebenpflicht wird von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die Verpflichtung eines Bauträgers angenommen, Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Herstellung eines Bauwerks erstellt worden sind und in deren Besitz der Bauträger ist, an den Erwerber herauszugeben. Ein derartiger Herausgabeanspruch soll jedenfalls dann bestehen, wenn der Erwerber ein besonderes, konkret begründetes rechtliches Interesse an den betreffenden Unterlagen hat (vgl. näher OLG Köln, Urteil vom 13. Mai 2015 – 11 U 96/14 –, BeckRS 2015, 12572, Rn. 18 ff. m.w.N.; Grosse, NJW-Spezial 2015, 492).

75

Diese Grundsätze sind auf den hier in Rede stehenden Erschließungsvertrag übertragbar. Das Pflichtenprogramm eines Erschließungsträgers ähnelt insofern dem eines Bauträgers (vgl. zu diesem Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 675 Rn. 17 ff.). Wie dieser hat die Beklagte zu 1) als Erschließungsträgerin Bauwerke – hier: Verkehrswege – im eigenen Namen hergestellt und überträgt diese in Erfüllung des Erschließungsvertrages an die Klägerin.

76

Die Klägerin hat an der Herausgabe der genannten Schlussrechnungen auch ein besonderes rechtliches Interesse, welches daraus folgt, dass die Straßen mit der Widmung in ihre Baulast übergehen (vgl. §§ 14 ff. LStrG). Zudem haben die Beteiligten die öffentliche Widmung der Straßen sowie deren Übernahme in die Straßenbaulast der Klägerin ausdrücklich vertraglich vereinbart (vgl. § 8 Nr. 4 und § 1 Nr. 4 Satz 1 des Erschließungsvertrages vom 4. November 2008). Die Straßenbaulast belastet die Klägerin mit zahlreichen öffentlich-rechtlichen Pflichten. So muss sie im Falle der Zerstörung der Straße, auch durch höhere Gewalt, etwaige Trümmer beseitigen sowie die Straße erneuern oder wiederherstellen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 LStrG), und sie hat die Straße nach ihrer Leistungsfähigkeit in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 11 Abs. 1 Satz 3 LStrG). Um diesen Pflichten – deren näherer Inhalt derzeit noch nicht feststeht – jederzeit nachkommen zu können, benötigt die Klägerin entsprechende Informationen über die hergestellten Straßen; hierzu gehören die ausführlichen Schlussrechnungen, einschließlich etwaiger vorhandener Aufmaße, Abrechnungszeichnungen, Massenberechnungen und Bestandsplänen. Der Beklagten zu 1) ist die Herausgabe dieser Unterlagen auch ohne Weiteres möglich und zumutbar, soweit sie ihr vorliegen. Wie der Beklagte zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, ist dies jedenfalls bezüglich der Schlussrechnungen der Fall. Soweit diese auch Aufmaße, Abrechnungszeichnungen, Massenberechnungen und Bestandspläne enthalten sollten, sind diese ebenfalls herauszugeben. Ein Anspruch auf Erstellung entsprechender Unterlagen lässt sich aus der Treuepflicht nicht herleiten.

77

Der weitergehend eingeklagte Anspruch auf Herausgabe von „sachlich, fachtechnisch und rechnerisch richtig festgestellte[r]“ Schlussrechnungen bezüglich des Straßenbaus steht der Klägerin nicht zu. Ihr Anspruch richtet sich, wie dargelegt, auf Herausgabe der vorhandenen Unterlagen, nicht auf Erstellung oder Herstellung „richtiger“ Unterlagen.

78

Für einen weitergehenden Anspruch auf Erstellung „richtiger“ Unterlagen bedürfte es einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede, die nicht besteht. Insbesondere ist eine solche nicht in § 8 Nr. 1 Buchstabe a) des Erschließungsvertrags vom 4. November 2008 enthalten. § 8 des Vertrages betrifft die Schlussphase der Vertragsdurchführung, nämlich den Zeitraum der Abnahme der Erschließungsanlagen und deren Übernahme in die Baulast der Klägerin. In § 8 Nr. 1 ist die Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Übergabe verschiedener Unterlagen geregelt. § 8 Nr. 1 Buchstabe a) bezieht sich aber lediglich auf Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen, nicht hingegen auf Verkehrsanlagen: Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a) muss die Beklagte zu 1) die „sachlich, fachtechnisch und rechnerisch richtig gestellten Schlussrechnungen mit den dazugehörigen Aufmaßen, Abrechnungszeichnungen und Massenberechnungen einschließlich der Bestandspläne aufgeteilt nach Schmutzwasserkanal, Schmutzwassergrundstücksanschlüsse, Regenwasserkanal, Regenwassergrundstücksanschlüsse, Wasserversorgungsleitung, Wasserversorgungshausanschlüssen und Anlagen zur zentralen Niederschlagswasserbewirtschaftung“ vorlegen.

79

Eine solche Aufteilung nach Kanälen und Anschlüssen ist bei Verkehrsanlagen naturgemäß ausgeschlossen, diese können also nicht gemeint sein. Die thematische Einschränkung auf Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen folgt demnach schon aus dem Wortlaut der Klausel.

80

2. Des Weiteren hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagten auf Herausgabe der unter Nummer 2 Buchstabe b) des Tenors genannten Unterlagen aus § 8 Nr. 1 Buchstabe b) des notariellen Erschließungsvertrages vom 4. November 2008.

81

Dieser Anspruch folgt unmittelbar aus dem Wortlaut dieser Klausel. Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe b) übernimmt die Stadt Bitburg – die Klägerin – im Anschluss an die Abnahme der mangelfreien Erschließungsanlagen diese in ihre Baulast, „wenn sie zuvor Eigentümerin der öffentlichen Erschließungsflächen bzw. der im Bebauungsplan als Verkehrsflächen oder als Flächen für Versorgungsanlagen festgesetzte[n] Flächen geworden ist oder bei öffentlichen Abwasser- bzw. Wasserversorgungsanlagen, die nicht innerhalb der o.g. Flächen verlegt worden sind, diese durch Grunddienstbarkeiten zugunsten der Stadt Bitburg (Stadtwerke) gesichert und der Erschließungsträger vorher a) [...], b) die Schlussvermessung durchgeführt und eine Bescheinigung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs oder des Katasteramtes über die Einhaltung der Grenzen übergeben hat, aus der sich weiterhin ergibt, dass sämtliche Grenzzeichen sichtbar sind“.

82

Zur Überzeugung des Senats kann diese Formulierung in Bezug auf die umstrittene Schlussvermessung inhaltlich dahingehend zusammengefasst werden, dass die Klägerin die Erschließungsanlagen „in ihre Baulast übernimmt, wenn sie zuvor Eigentümerin [der Flächen] geworden ist [...] und der Erschließungsträger vorher die Schlussvermessung durchgeführt und eine Bescheinigung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs oder des Katasteramtes über die Einhaltung der Grenzen übergeben hat, aus der sich weiterhin ergibt, dass sämtliche Grenzzeichen sichtbar sind“. Der Satz ist zwar als Konditionalsatz formuliert („wenn [...] und [...]“), er lässt aber mit hinreichender Klarheit erkennen, dass die Beteiligten eine Verpflichtung der Beklagten zu 1) hinsichtlich der dort genannten Tätigkeiten (Durchführung einer Schlussvermessung und Übergabe einer Bescheinigung über die Einhaltung der Grenzen und Sichtbarkeit der Grenzzeichen) begründen wollten.

83

Eine thematische Einschränkung der nach Buchstabe b) geschuldeten Schlussvermessung auf öffentliche Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen ist der Klausel unter Buchstabe b) des Vertrages – anders als der Klausel unter Buchstabe a) (vgl. zu dieser oben II.1.) – nicht zu entnehmen. In der Klausel selbst ist generell von „der“ Schlussvermessung sowie von der Einhaltung „der Grenzen“ die Rede, ohne dass dies auf eine bestimmte Art von Erschließungsanlage (Verkehr oder Leitung) beschränkt worden wäre.

84

Auch der unter § 8 Nr. 1 voranstehende Halbsatz („oder bei öffentlichen Abwasser- bzw. Wasserversorgungsanlagen, die nicht innerhalb der o.g. Flächen verlegt worden sind, diese durch Grunddienstbarkeiten zugunsten der Stadt Bitburg (Stadtwerke) gesichert“) führt nicht zu einer thematischen Einschränkung der Schlussvermessung unter Buchstabe § 8 Nr. 1 b). Im Rahmen der Abfassung des Vertragstextes haben die Beteiligten zwar offenkundig die Formulierung eines Verbs vergessen („gesichert sind“ bzw. „gesichert worden sind“). Der Halbsatz hat aber den gleichwohl verständlichen, eigenständigen Aussagegehalt, dass die Stadt bei öffentlichen Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen, die nicht innerhalb von öffentlichen Erschließungsflächen oder Verkehrsflächen oder Flächen für Versorgungsanlagen verlegt worden sind, anstelle der Eigentumsübertragung eine dingliche Sicherung in Gestalt einer Grunddienstbarkeit erhalten soll. Es ist nicht ersichtlich, dass der sodann nachfolgende Halbsatz, der die Aufzählung einleitet („und der Erschließungsträger vorher [...]“), sich nur auf Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen, die nicht innerhalb der öffentlichen Flächen verlegt worden sind, beschränkt. Im Gegenteil steht er ersichtlich im Zusammenhang mit dem gesamten voranstehenden Pflichtenkatalog, der sich seinerseits auf sämtliche Erschließungsanlagen bezieht („Im Anschluss an die Abnahme der mangelfreien Erschließungsanlagen [...]“).

85

III.

86

Nach alledem sieht der Senat keinen Anlass, auf den Antrag des Klägers die mündliche Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen. Die Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 2. Juli 2018 machen weder zusätzliche Ermittlungen noch neuen Sachvortrag erforderlich. Aus den oben unter I.1.a) dargelegten Gründen ergibt sich insbesondere, dass keine weitere Sachverhaltsermittlung zu der Verantwortung für die Breite der Parzelle 1529 und deren Abweichung von der Breite der im Bebauungsplan festgesetzten Verkehrsfläche notwendig ist. Der Schriftsatz zeigt auch ansonsten keinen weiteren Klärungsbedarf zu für die Entscheidung erheblichen Fragen auf.

87

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Verpflichtung der Klägerin, 1/8 der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen, folgt dabei bereits aus dem insoweit rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteil des Verwaltungsgerichts. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin keine. Soweit ihrem Klageantrag zu 2) Buchstabe a) nicht in vollem Umfang stattgegeben wurde, wirkt sich dies kostenmäßig nicht aus, weil sie nur zu einem geringen Teil unterlegen ist (vgl. 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

88

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 ZPO, wobei die vorläufige Vollstreckung des Urteils nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 894, 895 ZPO erfolgt (vgl. zur Anwendbarkeit von § 894 ZPO BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 – 9 A 24/01 –, juris Rn. 62; HessVGH, Urteil vom 26. Oktober 1999 – 11 UE 661/99 –, juris Rn. 61).

89

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

90

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 35.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2018 - 6 A 11945/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2018 - 6 A 11945/17

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2018 - 6 A 11945/17 zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 128


Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels


Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 894 Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung


Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311b Verträge über Grundstücke, das Vermögen und den Nachlass


(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gülti

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 104


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 516 Begriff der Schenkung


(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. (2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ih

Baugesetzbuch - BBauG | § 128 Umfang des Erschließungsaufwands


(1) Der Erschließungsaufwand nach § 127 umfasst die Kosten für 1. den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;2. ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;3. die

Baugesetzbuch - BBauG | § 124 Erschließungspflicht nach abgelehntem Vertragsangebot


Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 62 Ergänzende Anwendung von Vorschriften


Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 59 Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags


(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt. (2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn 1. ein Verwaltu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 895 Willenserklärung zwecks Eintragung bei vorläufig vollstreckbarem Urteil


Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch, das Schiffsregister oder das Schiffsbauregister erfolgen soll, so gilt die Eintragung einer V

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2018 - 6 A 11945/17 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2018 - 6 A 11945/17 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Mai 2015 - 11 U 96/14

bei uns veröffentlicht am 13.05.2015

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 20.05.2014 (7 O 351/13) wie folgt abgeändert: Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, a) an d

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2013 - 9 C 11/11

bei uns veröffentlicht am 30.01.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen und zur Kostenerstattung für Maßnahmen für den Naturschutz.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 12. Dez. 2012 - 9 C 12/11

bei uns veröffentlicht am 12.12.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Beteiligung an den Kosten einer Erschließungsmaßnahme.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 01. Dez. 2010 - 9 C 8/09

bei uns veröffentlicht am 01.12.2010

Tatbestand 1 Die Kläger begehren von der Beklagten die Erstattung von Abschlagszahlungen, die sie an die Beklagte für die Erschließung ihres Grundstücks geleistet haben.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 28. Feb. 2008 - 16 W 122/07

bei uns veröffentlicht am 28.02.2008

Tenor Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 16.600,00 €. Gründe I. 1 Die Klägerin schloss mit dem Insolvenzschuldner am 07. Mai 1998 einen al

Referenzen

Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

(2) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, ist nichtig.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.

(4) Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

(5) Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

(2) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, ist nichtig.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.

(4) Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

(5) Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

(2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 16.600,00 €.

Gründe

I.

1

Die Klägerin schloss mit dem Insolvenzschuldner am 07. Mai 1998 einen als „städtebaulicher Vertrag“ bezeichneten notariellen Vertrag (Urk.-Nr. … des Notars Dr. J mit dem Amtssitz in A).

2

In § 2 des Vertrages ist bestimmt:

3

Aufgrund des § 124 i. V. m. § 123 und §§ 125 ff. BauGB wird vereinbart, dass die Erschließung nicht durch die Gemeinde, sondern durch den Erschließungsträger zu erfolgen hat.

4

In § 8 des Vertrages ist bestimmt:

5

Die Flächen der Erschließungsanlagen sowie die im Bebauungsplan Nr. … und der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. … vorgesehenen öffentlichen Flächen … werden der Gemeinde R vor Beginn der Erschließungsmaßnahme unentgeltlich und kostenfrei übertragen. Die Übertragung erfolgt frei von grundbuchlichen Lasten mit Ausnahme solcher Grunddienstbarkeiten, die der Erschließungsträger selbst zur Duldung übernommen hat.

6

Der Erschließungsträger ist berechtigt, zur Durchführung der Erschließungsarbeiten die übertragenen Grundstücksflächen zu nutzen.

7

In § 14 des Vertrages ist bestimmt:

8

Schuldrechtlich gilt dieser Vertrag vorbehaltlich der rechtwirksamen Kaufvertragabschlüsse zwischen dem Erschließungsträger und den Voreigentümern für die in § 8 erwähnten Flächen.

9

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde in einer Urkunde vom 28. Februar 2006 (Urk.-Nr. …) desselben Notars die Auflassung durch eine der in der Urkunde vom 07. Mai 1968 Bevollmächtigten erklärt. Die Klägerin beantragt nunmehr die Verurteilung des Beklagten zur Abgabe einer Zustimmungserklärung in der Form des § 29 GBO, hilfsweise die Auflassung der Grundstücke an die Klägerin und die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.

10

Nach einem Hinweis des Landgerichts auf die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten hat die Klägerin die Verweisung angeregt.

11

Mit Beschluss vom 26. November 2007 hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das für den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zuständige Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht verwiesen.

12

Der am 04. Dezember 2007 erhobenen sofortigen Beschwerde des Beklagten hat das Landgericht nicht abgeholfen. Der Beklagte meint, dass der Vertrag in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil zu trennen und deshalb angesichts des ausschließlich zivilrechtlichen Anspruchs auf Erwerb des Eigentums die Zuständigkeit des Landgerichts Lübeck gegeben sei. Aber selbst wenn der Vertrag früher seinen Schwerpunkt im öffentlichen Recht gehabt haben sollte, sei dies angesichts der weitgehenden Abwicklung des Vertrages heute nicht mehr maßgebend. Da ausschließlich Fragen des Zivilrechts abzuhandeln seien, sei kein sachlicher Grund für eine Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht erkennbar.

13

Die gem. § 568 S. 1 ZPO zur Entscheidung berufene Einzelrichterin hat das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen, weil die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweise, § 568 S. 2 Nr. 1 ZPO.

II.

14

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gem. §§ 17 a Abs. 4 S. 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO.

15

Die Beschwerde ist nicht begründet. Maßgebend für die Frage, ob ein Rechtsstreit gem. § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte gehört, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats allein der Vortrag des Klägers einschließlich des unstreitigen Vorbringens. Es kommt nur darauf an, ob die tatsächlichen Behauptungen des Klägers, ihre Richtigkeit unterstellt, und der unstreitige Sachverhalt Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergeben, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht (Zöller-Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 13 GVG Rdnr. 11).

16

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auf der Grundlage des Klagevorbringens keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit i. S. von § 13 GVG, sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. von § 40 VwGO vorliegt. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Rechtsnatur eines Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (GmS OGB BGHZ 97, 312). Über Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen haben nicht die Zivilgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte zu entscheiden. Maßgebend für die Frage nach der rechtlichen Qualifikation der betroffenen vertraglichen Regelungen ist dabei der Schwerpunkt der Vereinbarung (BGH MDR 2000, 1270; OLG Schleswig NJW 2004, 1052). Auf diesen stellt der Bundesgerichtshof auch in der vom Beklagten in der Beschwerdebegründung herangezogenen Entscheidung (NJW 1998, 909) ab.

17

Die Vertragsparteien haben einen Vertrag geschlossen, mit dem der als Erschließungsträger bezeichnete Insolvenzschuldner sich verpflichtete, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bestimmte Erschließungsanlagen herzustellen und ohne Gegenleistung auf die Gemeinde zu übertragen (§§ 2, 8 des Vertrages). Gemäß § 123 Abs. 1 BauGB ist die Erschließung Aufgabe der Gemeinde. Sie kann die Erschließung gemäß § 124 Abs. 1 BauGB durch Vertrag auf einen Dritten übertragen. Der Erschließungsvertrag ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (BGH MDR 2000, 1270; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt NJW-RR 2002, 791; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand 2007, § 124 Rdnr. 9, Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 54 Rdnr. 56; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 54 Rdnr. 80, 146; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes DÖV 1989, 861). Die Aufspaltung des Vertrages in einen öffentlich-rechtlichen und einen zivilrechtlichen Teil kommt allenfalls dann in Betracht, wenn einzelne Vereinbarungen ein jeweils voneinander unabhängiges Schicksal haben können, also teilbar sind, und auch sonst nicht aufeinander bezogen sind (Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 54 Rdnr. 30; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 54 Rdnr. 78). Dies kann für die Pflicht zur Grundstücksübertragung in einem Erschließungsvertrag nicht angenommen werden. Die Verbindung von Erschließung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung des Unternehmers mit der Übertragung der fertig gestellten Anlage ohne unmittelbare (weitere) Gegenleistung der Gemeinde ist gerade Kennzeichen des „echten“ Erschließungsvertrages (Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 54 Rdnr. 146 f.; vgl. auch BGH MDR 2000, 1270). Vorliegend steht die unentgeltliche und kostenfreie Übertragung der Flächen der Erschließungsanlagen und der öffentlichen Flächen nach dem Gesamtzusammenhang des städtebaulichen Vertrages in untrennbarem Zusammenhang mit der Übertragung der Erschließung auf den Insolvenzschuldner. Dies folgt ergänzend daraus, dass der Vertrag in § 14 unter den Vorbehalt rechtswirksamer Kaufverträge zwischen dem Erschließungsträger und den Voreigentümern der zu übertragenden Flächen gestellt wird.

18

Aus der vom Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (NVwZ 1994, 1012) folgt nichts Gegenteiliges, weil sie eine andere Fallgestaltung betrifft. Dort wird ausgeführt, dass sich in ein und demselben Vertrag öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Bestandteile mischen können und sich die Frage, ob der öffentlich-rechtliche Teil den privatrechtlichen in das öffentliche Recht hinüberzieht, allenfalls dann stellt, wenn die öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elemente so ineinander verwoben sind, dass sie sich nicht voneinander trennen lassen. Ob das eine oder das andere zutreffe, sei eine Frage der Würdigung des Einzelfalls und insoweit einer Klärung mit Anspruch auf Verallgemeinerungsfähigkeit nicht zugänglich. Dies vorausgesetzt hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Vertrag der zwischen einer Gemeinde und zwei Privatrechtsträgern geschlossen worden ist, die Zuordnung der (nur) zwischen den beteiligten Privatrechtsträgern vereinbarten Bindungen zum Privatrecht nicht beanstandet.

19

Auf den Stand der Vertragsabwicklung und die Frage, ob und inwieweit bei der Entscheidung auf Normen des Privatrechts abzustellen ist, kommt es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht an.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Den Beschwerdewert hat der Senat auf ein Drittel des Hauptsachewertes festgesetzt, §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an den Bundesgerichtshof gem. § 17 a Abs. 4 S. 4 GVG sind nicht gegeben.


Tatbestand

1

Die Kläger begehren von der Beklagten die Erstattung von Abschlagszahlungen, die sie an die Beklagte für die Erschließung ihres Grundstücks geleistet haben. Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in der Region als Erschließungs- und Bauträgerin tätig ist. Sie ist im hundertprozentigen Anteilsbesitz der beigeladenen Stadt.

2

Das Grundstück der Kläger liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Mühläcker/St. Peter" der Beigeladenen. Die Grundstücke im Plangebiet standen ursprünglich im Eigentum der Beigeladenen sowie privater Dritter. Die Beklagte selbst hatte keine Grundstücke zu Eigentum.

3

Nachdem der Gemeinderat der Beigeladenen für das Baugebiet den Entwurf eines Bebauungsplans beschlossen und die amtliche Umlegung angeordnet hatte, schlossen die Beigeladene und die Beklagte am 3. März 1997 einen privatschriftlichen "Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag". Darin wird die Erschließung des Baugebiets auf die Beklagte übertragen und im Einzelnen bestimmt, welche Anlagen sie herzustellen hat. Unter anderem enthält der Vertrag folgende Regelungen:

"I. Vorbemerkung

(1) Der Gemeinderat der Stadt Bietigheim-Bissingen hat am 24.10.1996 für das Gebiet 'Mühläcker/St. Peter' einen Bebauungsplan als Entwurf beschlossen. Die Erschließung dieses Gebietes soll auf die Bietigheimer Wohnbau GmbH übertragen werden.

Die Arbeiten werden grundsätzlich im Auftrag und für Rechnung der am Baulandumlegungsverfahren und am Kleingartenumlegungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümer und teilweise im Auftrag und für Rechnung der Stadt ausgeführt.

<...>

Teil I

Städtebaulicher Vertrag gemäß § 6 Wohnungsbauerleichterungsgesetz

§ 1 Umfang der städtebaulichen Planungen und Maßnahmen

(1) Die Bietigheimer Wohnbau GmbH übernimmt, neben den im folgenden Teil II übernommenen Maßnahmen für den Geltungsbereich des Bebauungsplans 'Mühläcker/St. Peter' folgende Aufgaben:

1. Im Bereich der vorgesehenen Wohnbebauung:

1.1 Im Auftrag und für Rechnung der Grundstückseigentümer:

a) Die Freilegung des gesamten Gebietes.

b) Den Ausbau des St.-Peter-Weges und dessen Einmündung in das Gebiet 'Mühläcker/St. Peter'.

1.2 Im Auftrag und für Rechnung der Stadt:

<...>

Teil II

Erschließungsträgervertrag gemäß §§ 124 ff. Baugesetzbuch

§ 4 Gegenstand des Erschließungsträgervertrages

(1) Das Erschließungsgebiet umfasst den Geltungsbereich des Bebauungsplanes 'Mühläcker/St. Peter'.

(2) Die Stadt Bietigheim-Bissingen überträgt im Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten der Bietigheimer Wohnbau GmbH:

a) Die Erschließung des Wohngebietes im Bereich 'Mühläcker/St.Peter'. <...>

b) Die Abwasserbeseitigung im Bereich 'Mühläcker/St. Peter'.

c) Die Erschließung des Kleingartengebietes. <...>

§ 5 Umfang der Erschließungsmaßnahme

(1) Die Bietigheimer Wohnbau GmbH stellt folgende öffentliche Anlagen und Einrichtungen her:

<...>

(2) Die Stadt behält sich vor, einzelne Arbeiten selbst durchzuführen und die Kosten in Rechnung zu stellen.

<...>

§ 6 Kostenverteilung

(1) Die in § 7 aufgeführten Kosten der Erschließung werden auf die Bauplatzgrundstücke und Kleingartengrundstücke innerhalb des Erschließungsgebietes aufgeteilt.

(2) Die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Wohn- und Baugrundstücke erfolgt auf die Grundstücks- und Geschossfläche.

(3) Die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Kleingartengrundstücke erfolgt auf die Grundstücksfläche.

(4) Die Stadt erhebt im Erschließungsgebiet keine einmaligen Beiträge für die erstmalige Erschließung der Baugrundstücke und der Kleingartengrundstücke sowie für den erstmaligen Anschluss an die Abwasserbeseitigungsanlagen, da diese von den Grundstückseigentümern finanziert werden. Eine Regelung in den jeweiligen Satzungen der Stadt über Nachveranlagung von Beiträgen bleibt unberührt. <...>

(5) Die Erschließungsträgerin ist verpflichtet, entsprechend dem Baufortschritt an den Erschließungsanlagen Abschlagszahlungen anzufordern <...>.

§ 7 Kosten der Erschließung

(1) Die Kosten der Erschließung bei der Bietigheimer Wohnbau GmbH umfassen:

a) Sämtliche Kosten der in § 5 Abs. 1 genannten Maßnahmen und Entschädigungen, einschließlich möglicher Rückstellungen für Restarbeiten.

<...>

c) Die Kosten der technischen und wirtschaftlichen Betreuung der Erschließungsmaßnahme durch die Bietigheimer Wohnbau GmbH, diese werden festgesetzt mit 5 % zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer der Summe der Kosten inklusive Mehrwertsteuer der in § 5 beschriebenen Maßnahmen.

<...>

§ 9 Durchführung der Erschließungsarbeiten

(1) Die Bietigheimer Wohnbau GmbH stellt die in § 5 Abs. 1 aufgeführten Anlagen und Einrichtungen nach Weisung und unter Aufsicht der Stadt her.

(2) Die Entscheidung über die technische Gestaltung der Erschließungsmaßnahmen und die entsprechende Materialverwendung trifft ausschließlich die Stadt.

(3) Die Erschließungsträgerin verpflichtet sich, die erforderlichen Arbeiten und sonstigen Leistungen nur im Einvernehmen mit der Stadt zu vergeben. Leistungsverzeichnisse für die Ausschreibung von Erschließungsarbeiten sind mit der Stadt vorher abzustimmen.

(4) Die Ausschreibung und Planung der gesamten Erschließungsarbeiten kann die Stadt gegen Kostenersatz selbst durchführen oder der Bietigheimer Wohnbau GmbH in Auftrag geben. Die Bietigheimer Wohnbau GmbH ist berechtigt, Aufträge an Dritte weiterzugeben. Die Stadt ist weiterhin berechtigt, die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten an Ort und Stelle zu überwachen und Weisungen zu erteilen.

<...>"

§ 16 Schlussbestimmungen

(1) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages, gleich aus welchem Grunde, nicht wirksam sein, werden hiervon die übrigen Bestimmungen des Vertrages und der Gesamtvertrag nicht berührt. Unwirksame Bestimmungen sind ggf. so abzuändern oder auszutauschen, zu ergänzen bzw. zu berichtigen, dass letztlich der Wille der Vertragsschließenden beibehalten wird und zur Durchführung kommt.

<...>"

4

Am 17. April 1997 schlossen die Beigeladene und die Beklagte einen notariell beurkundeten Vertrag über "Allgemeine Bestimmungen für die Baulandumlegung 'Mühläcker/St. Peter'". Dieser Vertrag enthält u.a. folgende Regelung:

"§ 12 Anliegerbeiträge, Städtebaulicher- und Erschließungsträgervertrag

(1) Die Abwicklung der Neuordnung und die Erschließung des Umlegungsgebietes erfolgt über einen Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag zwischen der Stadt Bietigheim-Bissingen und der Bietigheimer Wohnbau GmbH. Hierin wurde festgelegt, dass die einzelnen städtebaulichen Planungen, Maßnahmen und Erschließungsarbeiten im Auftrag und für Rechnung der Grundstückseigentümer erteilt werden. Bezüglich den einzelnen Kosten, die in den Erschließungsaufwand einzurechnen und zu verteilen sind, wird auf die §§ 1, 3, 11 und 12 des Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrages Bezug genommen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gesamtaufwand auf die einzelnen Grundstücke entsprechend der Grundstücks- und Geschossfläche übertragen wird, unabhängig von den rechtlichen Bestimmungen des Erschließungsbeitragsrechtes. Insoweit wird keine Abrechnung der einzelnen Erschließungsmaßnahmen vorgenommen, sondern es erfolgt eine Gesamtverteilung der Kosten. Die näheren Regelungen bezüglich Aufwand und Verteilung sind im Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag, der eine Anlage zu diesem Vertrag bildet, aufgeführt. Auf diese wird ausdrücklich Bezug genommen.

(2) Der einzelne Umlegungsbeteiligte tritt für sein Zuteilungsgrundstück in vollem Umfang in diese vertraglichen Bestimmungen ein.

(3) Im Rahmen des Umlegungsverfahrens werden auf dem neugebildeten Grundstück in den Umlegungsplan eine Grundschuld ohne Brief in Höhe der zu erwartenden Kosten aus dem Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag eingetragen <...>"

5

Mit notariellem Vertrag vom 28. Juli 1999 erwarben die Kläger von der Beigeladenen das im Baugebiet liegende Grundstück Flst.-Nr. ..., R.-Straße ... In dem Vertrag wird auf die vorstehenden "Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung 'Mühläcker/St. Peter'" Bezug genommen. Unter Ziffer I.1 der Urkunde heißt es u.a.:

"Die Erschließungskosten, die Kosten für städtebauliche Maßnahmen, die Abwasserbeiträge und die Versorgungsbeiträge sind im Kaufpreis nicht enthalten. Diese gehen zu Lasten der Erwerber. Näheres ist in Ziff. III. dieser Urkunde geregelt.

Die Stadt Bietigheim-Bissingen hat bisher Kosten für Erschließung und städtebauliche Maßnahmen in Höhe von 46.559,50 DM an die Bietigheimer Wohnbau GmbH bezahlt. Diese sind neben dem Kaufpreis an die Stadt Bietigheim-Bissingen zu entrichten."

6

Unter Ziffer II.2. der Urkunde ist weiter ausgeführt:

"Aufgrund eines Städtebaulichen- und Erschließungsvertrages mit der Stadt Bietigheim-Bissingen wurde die Bietigheimer Wohnbau GmbH beauftragt, im Gebiet 'Mühläcker/St. Peter' im Auftrag und auf Rechnung der Grundstückseigentümer die Erschließungsanlagen, städtebauliche Anlagen und Anlagen für die Abwasserbeseitigung herzustellen.

Des weiteren wurden für die Durchführung der Baulandumlegung 'Mühläcker/St. Peter' 'Allgemeine Umlegungsbestimmungen' ... beurkundet. Dieser Urkunde ist als Anlage 1 der Städtebauliche- und Erschließungsvertrag mit der Bietigheimer Wohnbau GmbH angefügt und somit Vertragsbestandteil. <...>

Die Erwerber treten in den Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag mit der Bietigheimer Wohnbau GmbH mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der Stadt Bietigheim-Bissingen ein. <...>"

7

Soweit die Grundstücke im Gebiet "Mühläcker/St. Peter" nicht im Eigentum der Beigeladenen standen, schloss sie mit den übrigen Grundstückseigentümern notarielle Verträge, in denen diese sich ebenfalls verpflichteten, mit schuldbefreiender Wirkung für die Beigeladene in den Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag einzutreten.

8

Im Rahmen der Abrechnung der Erschließungskosten zahlten die Kläger an die Beklagte als 4. und 5. Abschlagszahlung insgesamt 7 163 €. Diesen (Teil-)Betrag nebst Zinsen fordern sie mit ihrer Klage zurück. Auf die Schlussrechnung der Beklagten haben sie nicht gezahlt.

9

Die vor dem Landgericht erhobene Klage wurde von diesem wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten an das Verwaltungsgericht verwiesen. Die Kläger haben zur Begründung ihres Klagebegehrens im Wesentlichen vorgetragen:

10

Die Beigeladene habe die Erschließung nicht wirksam auf die Beklagte übertragen. Bei dem "Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag" handele es sich der Sache nach um einen zivilrechtlichen Generalunternehmervertrag, mit dem der Beklagten sämtliche Bauarbeiten gegen Kostenerstattung und Vergütung eines Zuschlags übertragen worden seien. Die Beigeladene diene nur dazu, die Kosten gegenüber den Grundstückseigentümern abzurechnen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich um einen Erschließungsvertrag nach § 124 Abs. 1 BauGB handele, sei dieser nichtig, weil die Beklagte als von der Beigeladenen beherrschtes Unternehmen nicht "Dritte" i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB sein könne. Wenn eine Gemeinde im Rahmen einer Umlegung gegenüber den Grundstückseigentümern und durch Kaufverträge bei der Veräußerung der eigenen Grundstücke die Voraussetzung für eine vollständige Erstattung der erschließungsbeitragsfähigen Kosten und der nicht beitragsfähigen Erschließungskosten schaffe, liege darin eine Umgehung des Erschließungsbeitragsrechts. Mit § 124 BauGB sei den Gemeinden nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, durch Verlagerung der Erschließungsleistungen auf ein Tochterunternehmen den vollen Ersatz der Erschließungskosten und zusätzlich einen Erschließungsträgerzuschlag von vorliegend 5 % der Erschließungskosten zu verlangen.

11

Aus der Nichtigkeit des erschließungsrechtlichen Teils des Vertrages folge auch die Nichtigkeit der Eintrittsklausel im Grundstückskaufvertrag. Diese Regelung sei ferner als unangemessene Benachteiligung wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Die Unangemessenheit ergebe sich aus der vollständigen Übertragung der nicht beitragsfähigen Erschließungskosten. Nicht beitragsfähig seien die teure Herstellung eines Kinderspielplatzes sowie weiterer näher bezeichneter Anlagen, denen keine Erschließungsfunktion für die Baugrundstücke zukomme. Aus denselben Gründen fehle es auch an der Angemessenheit der vertraglich vereinbarten Leistungen gemäß § 124 Abs. 3 BauGB. Beanstandet werde ferner, dass die Eigentümer der bereits bebauten Grundstücke nicht an den Erschließungskosten beteiligt worden seien.

12

Die Beklagte hat die vertraglichen Regelungen gegenüber sämtlichen Einwänden der Kläger verteidigt und im Wesentlichen ausgeführt: Der Erschließungsvertrag sei wirksam. Auch eine gemeindliche Eigengesellschaft könne als juristische Person des Privatrechts und eigenständiges, vom Anteilseigner zu unterscheidendes Rechtssubjekt ein "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein. Die in dem Vertrag getroffenen Regelungen verstießen auch nicht gegen das Angemessenheitsgebot des § 124 Abs. 3 BauGB.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt (vgl. DVBl 2010, 185):

14

Die Kläger machten einen zivilrechtlichen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 BGB geltend. Da die Leistungen der Kläger, die aufgrund der kaufvertraglichen Eintrittsklausel die Refinanzierung der Erschließungskosten übernommen hätten, auf zivilrechtlicher Basis erfolgt seien, sei auch der geltend gemachte Rückforderungsanspruch dem Zivilrecht zuzuordnen. Ein Rückforderungsanspruch bestehe aber nicht, da die Abschlagszahlungen nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden seien. Der Anspruch der Beklagten auf die Abschlagszahlungen setze allerdings voraus, dass die Gemeinde die Erschließung im Wege eines Vertrages nach § 124 Abs. 1 BauGB auf ein Erschließungsunternehmen übertragen habe und dass dieser Erschließungsvertrag wirksam sei. Denn es sei unzulässig, die Abwälzung von Erschließungskosten außerhalb gesetzlich zugelassener Möglichkeiten zu vereinbaren. Der "Städtebauliche- und Erschließungsträgervertrag" sei ein Erschließungsvertrag nach § 124 Abs. 1 BauGB, weil er die für einen Erschließungsvertrag charakteristische Verpflichtung des Erschließungsträgers enthalte, die Erschließungsanlagen nach Maßgabe bestimmter Vorgaben der Gemeinde technisch herzustellen und sie nach Fertigstellung auf diese zu übertragen. Zwar sei die Formulierung in § 4 Abs. 2 des Vertrages, nach der die Gemeinde "im Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten" handle, missverständlich. Sie müsse aber im Zusammenhang mit den weiteren Vorgaben über die Verteilung der Erschließungskosten gesehen werden, wonach diese letztlich auf die an der Umlegung beteiligten Grundstückseigentümer abgewälzt werden sollten. Ein zivilrechtlicher Generalunternehmervertrag würde dagegen voraussetzen, dass die Beigeladene der Beklagten ein Entgelt zu zahlen hätte; daran fehle es hier.

15

Die Beklagte könne Vertragspartner eines Erschließungsvertrages sein. "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB könnten auch rechtlich selbständige juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sein, an denen die Gemeinde ganz oder mehrheitlich beteiligt sei. Zwar sei der Gesetzgeber ursprünglich wohl davon ausgegangen, dass der Dritte ein Privatunternehmen sei, das weder rechtlich noch organisatorisch irgendetwas mit der Gemeinde zu tun habe. Wortlaut und Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen über den Erschließungsvertrag sprächen aber für eine Einbeziehung auch einer gemeindlichen Eigengesellschaft. Als "Dritter" lasse sich jedes von der Gemeinde verschiedene Rechtssubjekt ansehen. Der Zweck, die Gemeinden von der Vorfinanzierungslast für die Erschließung zu befreien, könne in gleicher Weise von einer kommunalen Eigen- oder Mehrheitsgesellschaft erfüllt werden.

16

Die Regelung in § 5 Abs. 2 des Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrages, wonach sich die Beigeladene vorbehalten habe, einzelne Arbeiten selbst durchzuführen und die Kosten dem Erschließungsträger in Rechnung zu stellen, führe nicht zu einer Umgehung der Vorgaben des Erschließungsbeitragsrechts. Für die Annahme eines Erschließungsvertrages sei nicht erforderlich, dass der Erschließungsunternehmer die Durchführung der Erschließungsarbeiten selbst übernehme. Er könne sich zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben Dritter bedienen. Dritter in diesem Sinne könne aber auch die Gemeinde selbst sein. Selbst wenn § 5 Abs. 2 des Vertrages unwirksam sein sollte, führe dies wegen der salvatorischen Klausel des § 16 nicht zur Gesamtnichtigkeit.

17

Ohne Erfolg bleibe weiter die mit Blick auf die Höhe der auf die Grundstückseigentümer insgesamt abgewälzten Kosten bzw. hinsichtlich verschiedener öffentlicher Anlagen und Einrichtungen erhobene Rüge der Kläger, das Angemessenheitserfordernis des § 124 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei nicht gewahrt. Auch der Umstand, dass die Kosten der Erschließung des Baugebiets ausschließlich auf die Eigentümer der Bauplatzgrundstücke verteilt worden seien, begegne keinen rechtlichen Bedenken.

18

Mit ihrer Revision wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Begehren. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 7 163 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

19

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

20

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er ist der Auffassung, dass auch kommunale Eigen- oder Mehrheitsgesellschaften Vertragspartner eines Erschließungsvertrages sein könnten.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist im Wesentlichen begründet.

22

Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten im Ausgangspunkt zutreffend beurteilt (1.). Er hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass der "Städtebauliche- und Erschließungsträgervertrag" zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 3. März 1997 (nachfolgend: Erschließungsvertrag) wirksam sei. Der genannte Vertrag ist vielmehr wegen Verstoßes gegen § 124 Abs. 1 BauGB nichtig, weil die Beklagte als eine von der Beigeladenen beherrschte sog. kommunale Eigengesellschaft kein "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift ist, auf den die Gemeinde die Erschließung übertragen kann (2.). Darüber hinaus ist der streitgegenständliche Erschließungsvertrag auch deswegen nichtig, weil er wegen der darin zugunsten der Beigeladenen vorbehaltenen umfangreichen Befugnisse zur Selbstvornahme keine "Übertragung" der Erschließung i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB darstellt (3.). Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen insgesamt als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Zahlungsbegehren der Kläger entsprechen müssen, abgesehen von einer geringen Zuvielforderung bei der Höhe des geltend gemachten Zinssatzes auf den zu erstattenden Betrag (4.).

23

1. Im Ausgangspunkt ist die Beurteilung des Klageanspruchs durch den Verwaltungsgerichtshof revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der zwei Abschlagszahlungen, die sie an die Beklagte geleistet haben, um einen zivilrechtlichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB handelt. Zwar ist anerkannt, dass die sich aus einem Erschließungsvertrag ergebenden Rechtsbeziehungen entsprechend dessen Regelungsgegenstand öffentlich-rechtlicher Natur sind (Urteil vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 69.67 - BVerwGE 32, 37 <38> = Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 3 S. 2; Beschluss vom 16. November 2007 - BVerwG 9 B 36.07 - Buchholz 316 § 62 VwVfG Nr. 17 Rn. 3; BGH, Beschluss vom 6. Juli 2000 - V ZB 50/99 - ZfBR 2001, 125 <126>). Im Streitfall geht es jedoch nicht um einen Leistungs- oder Erstattungsanspruch aus dem Erschließungsvertrag vom 3. März 1997. Gegenstand dieses Vertrages ist die Rechtsbeziehung der Beigeladenen als Trägerin der Erschließungslast i.S.v. § 123 Abs. 1 BauGB und der Beklagten, der sie die Erschließung übertragen hat. Hiervon zu unterscheiden ist die Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten und den Grundstückseigentümern betreffend die Kostenerstattung für Erschließungsmaßnahmen, die die Beklagte durchgeführt hat. Der hier streitgegenständliche Klageanspruch kann sich nur aus der Rückabwicklung der zuletzt genannten Rechtsbeziehung ergeben, in die die Kläger im Kaufvertrag vom 28. Juli 1999 mit der Beigeladenen als bisheriger Grundstückseigentümerin eingetreten sind. Die aus dieser Rechtsbeziehung folgenden Leistungs- und Erstattungsansprüche sind zivilrechtlicher Natur (unzutreffend daher die im Verweisungsbeschluss des Landgerichts angeführte Entscheidung des OLG Rostock, Beschluss vom 8. September 2005 - 7 U 2/05 - NJW 2006, 2563; der weiter angeführte Fall des BayObLG, Urteil vom 25. Mai 2004 - 1 Z RR 5/03 - NVwZ-RR 2005, 135 betrifft das Rechtsverhältnis Gemeinde - Erschließungsträger). Aufgrund der bindenden Verweisung des Rechtsstreits durch das Landgericht war die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges in der Rechtsmittelinstanz indes nicht mehr zu überprüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).

25

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter zutreffend erkannt, dass der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch der Kläger gegenüber der Beklagten (auch) davon abhängt, ob der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen geschlossene Erschließungsvertrag vom 3. März 1997 rechtswirksam ist. Er ist zu Recht davon ausgegangen, dass die vertraglichen Beziehungen in dem "Dreiecksverhältnis" zwischen den Klägern, der Beklagten und der Beigeladenen in besonderer Weise aufeinander ausgerichtet sind mit der Folge, dass eine Nichtigkeit des Erschließungsvertrages nicht allein den vertraglichen Rechtsgrund für die Leistungen im Verhältnis Beigeladene - Beklagte, sondern auch den im Verhältnis Beigeladene - Kläger entfallen lässt. Dies war im Streitfall aus einem doppelten Grunde der Fall:

26

aa) Erschließt ein privater Erschließungsträger Grundstücke, die im Eigentum Dritter stehen, entsteht - wie bereits erwähnt - ein Dreiecksverhältnis: Die Gemeinde überträgt die Durchführung und finanzielle Abwicklung der Erschließung gemäß § 124 Abs. 1 BauGB auf den Erschließungsträger. Dieser refinanziert sich privatrechtlich bei den Grundstückseigentümern, indem diese sich verpflichten, dem Erschließungsträger die ihm aus der Erfüllung des mit der Gemeinde geschlossenen Erschließungsvertrages entstehenden Kosten zu ersetzen. Es trifft daher - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht zu, dass Erschließungsträger und Grundstückseigentümer einen vom Erschließungsvertrag völlig unabhängigen Vertrag schließen. Dies zeigt sich schon daran, dass aus der Kostenerstattungsvereinbarung - im Streitfall wie in aller Regel - keine eigenen Leistungsansprüche der Grundstückseigentümer gegen den Erschließungsträger auf Herstellung der Erschließungsanlage folgen. Letztere werden vielmehr für die Gemeinde hergestellt, von ihr abgenommen und ihr übertragen; auch Sachmängelgewährleistungsansprüche stehen allein ihr zu. Die Grundstückseigentümer verpflichten sich lediglich, den Erschließungsträger - um des Vorteils der Befreiung von Erschließungsbeiträgen willen - zu refinanzieren (vgl. Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 124 Rn. 127 f.). Insoweit besteht eine "Akzessorietät" zwischen Erschließungsvertrag und Kostenvereinbarung.

27

bb) Unabhängig davon folgt jedenfalls aus der vorliegenden Vertragskonstruktion, dass im Streitfall die Wirksamkeit des Erschließungsvertrages vom 3. März 1997 Voraussetzung für die zwischen der Beklagten und den Klägern vereinbarte Kostenerstattung ist: Bereits in § 6 Abs. 1 und 2 des Erschließungsvertrages wurde festgelegt, dass die Erschließungskosten auf die Bauplatzgrundstücke aufzuteilen sind. In § 12 Abs. 2 der "Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung" hat die Beigeladene für ihre Grundstücke eine entsprechende zivilrechtliche Verpflichtung übernommen. Gemäß Ziff. II.2 des notariellen Vertrages vom 28. Juli 1999 sind die Kläger mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der Beigeladenen in diese Verpflichtung "eingetreten". Entgegen dem missverständlichen Wortlaut dieser Vertragsklausel handelt es sich dabei nicht um eine Vertragsübernahme. Letzteres, also eine rechtsgeschäftliche Übernahme aller Rechte und Pflichten der Beigeladenen aus diesem Vertrag durch die Kläger, kann im Streitfall weder gewollt sein noch wäre sie rechtlich möglich. Denn wesentliches Element eines Erschließungsvertrages i.S.v. § 124 BauGB ist die Übertragung der technischen Durchführung und kostenmäßigen Abwicklung der Erschließung. Eine solche Übertragung kann nur die Gemeinde vornehmen, die gemäß § 123 Abs. 1 BauGB die Erschließungslast trifft. Im Übrigen hat die Beigeladene entsprechende Grundstückskaufverträge mit einer Vielzahl von Käufern abgeschlossen, so dass unklar bliebe, in welcher Form diese Personenmehrzahl in den Erschließungsvertrag eintreten sollte. Nach den Gesamtumständen gewollt war vielmehr, dass die Kläger mit befreiender Wirkung insoweit an die Stelle der Beigeladenen treten sollten, als diese die Übernahme der Kosten für das jeweils verkaufte Grundstück schuldete. Dies stellt eine Schuldübernahme gemäß § 415 BGB dar, die von der Beklagten als Gläubigerin spätestens mit der Aufforderung zur Zahlung eines Abschlags konkludent genehmigt worden ist.

28

Die Übernahme der Verpflichtung zur Kostenerstattung zunächst durch die Beigeladene in § 12 Abs. 2 der "Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung" und dann durch die Kläger in Ziff. II.2 des notariellen Vertrages vom 28. Juli 1999 setzt aber nach dem durch die ausdrückliche Bezugnahme auf den Erschließungsvertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragsparteien die Wirksamkeit jenes Erschließungsvertrages voraus.

29

c) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass es sich bei dem "Städtebaulichen- und Erschließungsträgervertrag" vom 3. März 1997 in dem hier interessierenden Teil II - entgegen der Ansicht der Kläger - nicht um einen atypischen Generalunternehmer- bzw. Werkvertrag, sondern um einen Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB handelt. Er hat sich hierfür auf die Überschrift von Teil II sowie auf § 4 Abs. 2 des Vertrages berufen, wonach die Beigeladene der Beklagten die Erschließung des Wohngebiets übertrage. Die missverständliche Formulierung, dies geschehe "im Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten", habe nur klarstellen sollen, dass die Kosten nicht bei der Beklagten als Erschließungsträgerin verbleiben, sondern letztlich auf die Grundstückseigentümer abgewälzt werden sollten.

30

Unabhängig von der Bindung des Revisionsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) an diese tatrichterliche Feststellung zur Frage, was von den Beteiligten vertraglich gewollt war, ist die Würdigung des in Rede stehenden Vertrages durch den Verwaltungsgerichtshof auch in der Sache bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

31

Wesentlicher Regelungsgegenstand eines Erschließungsvertrages ist die Herstellung der Erschließungsanlagen im Namen und auf Kosten des Erschließungsträgers. Dies hat zur Folge, dass bei der Gemeinde kein beitragsfähiger Aufwand i.S.v. § 127 Abs. 1 BauGB verbleibt, soweit sie die Durchführung der Erschließung übertragen hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 6 Rn. 7 ff.; Quaas, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 124 Rn. 3). Genau dies regelt der Vertrag vom 3. März 1997: Nach dessen § 5 stellt die Beklagte als Erschließungsträgerin im Einzelnen aufgeführte öffentliche Anlagen und Einrichtungen her, nach § 7 Abs. 1 fallen die Kosten der Erschließung bei ihr an und nach § 6 Abs. 4 verzichtet die Beigeladene auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen.

32

Die von den Klägern erhobenen Einwände verfangen nicht. Entgegen ihrer Ansicht muss der Erschließungsträger nicht selbst Grundstückseigentümer sein. Eine Übertragung der Erschließung durch die Gemeinde an einen Erschließungsträger kommt auch dann in Betracht, wenn die Grundstückseigentümer diesem die für die Organisation und Durchführung der Erschließung notwendigen Rechte an ihren Grundstücken einräumen und mit ihm Kostenerstattungsverträge schließen (vgl. Grziwotz, a.a.O. § 124 Rn. 110; Ruff, KStZ 2002, 21 <22>; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2007, 316 <318 f.>). Der letztgenannte Fall lag auch hier vor - mit der Besonderheit, dass die Beigeladene selbst Grundstückseigentümerin im Erschließungsgebiet war. Demgegenüber fehlt es bei der Vertragskonstruktion des Streitfalls an den Grundelementen eines Werkvertrags. Bei einem solchen bleibt die Gemeinde Erschließungsträgerin und beauftragt Unternehmer nach §§ 631 ff. BGB mit einzelnen Erschließungsmaßnahmen. Ähnliches gilt für den Sonderfall des Generalunternehmervertrags, in dem ein Generalunternehmer damit beauftragt wird, die Erschließung für die Gemeinde zu planen, durchzuführen und dazu ggfs. Subunternehmer zu beauftragen. Immer stellt der Werkunternehmer aber seine Kosten der Gemeinde in Rechnung, der dadurch ein beitragsfähiger Aufwand i.S.d. § 127 BauGB entsteht (vgl. Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 7 f.). Das ist vorliegend gerade nicht der Fall.

33

d) In Einklang mit Bundesrecht steht schließlich, dass der Verwaltungsgerichtshof seiner rechtlichen Beurteilung, ohne dies zu problematisieren, nicht die Regelung über den städtebaulichen Vertrag in § 11 BauGB zugrunde gelegt hat, die keine Einschränkung auf "Dritte" als Vertragspartner der Gemeinde enthält. § 124 BauGB ist gegenüber § 11 BauGB die speziellere Norm. Nicht zu folgen vermag der Senat der im Schrifttum vertretenen Ansicht, wonach § 11 BauGB, namentlich die Regelung über den Folgekostenvertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB), grundsätzlich gleichberechtigt neben den Vorschriften über den Erschließungsvertrag stehe (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 11 Rn. 160; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 11 Rn. 20; einschränkend ders. a.a.O., § 124 Rn. 1, wonach § 124 vorrangig sei, wenn die Erschließung "alleiniger oder prägender Bestandteil" des Vertrages sei; vgl. weiter die Nachweise bei Fischer, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Bd. 1, Stand: Mai 2010, Kap. F, Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, Rn. 33).

34

Die Bestimmung über städtebauliche Verträge in § 11 BauGB hat - in der Nachfolge von § 124 Abs. 2 BauGB 1987 und § 6 des BauGB-Maßnahmengesetzes - ihre derzeit gültige Fassung durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 vom 18. August 1997 (BGBl I S. 2081) erhalten. Sie enthält eine nicht abschließende ("insbesondere") Regelung über die Zulässigkeit und den Gegenstand städtebaulicher Verträge, darunter den Folgekostenvertrag. Dieser wird in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB beschrieben als ein Vertrag über "die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken". Hiernach ist der Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB eine besondere Form des städtebaulichen Vertrages, und zwar auch gegenüber dem Folgekostenvertrag (vgl. Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 2 f. und 9). Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 sollte mit § 11 BauGB die Vorgängerregelung des § 6 des BauGB-Maßnahmengesetzes lediglich redaktionell verkürzt, inhaltlich aber weitgehend unverändert übernommen werden (vgl. BTDrucks 13/6392 S. 50 l.Sp.); namentlich mit der Regelung des Folgekostenvertrages sollte lediglich eine von der Rechtsprechung seit langen Jahren gebilligte Vertragspraxis aufgegriffen werden (a.a.O. r.Sp.). Das Erschließungsbeitragsrecht und insbesondere das Verhältnis des städtebaulichen Vertrages zu § 124 BauGB wird dagegen in den Gesetzesmaterialien mit keinem Wort erwähnt. Hätte der Gesetzgeber das System des Erschließungsrechts durch § 11 BauGB aufweiten wollen, hätte es nahe gelegen, § 124 BauGB bei Erlass des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 zu streichen oder in § 11 BauGB aufzunehmen. Da der Gesetzgeber dies nicht getan und auch im Übrigen sich nicht zum Verhältnis des § 11 zu § 124 BauGB geäußert hat, fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass er den Gemeinden durch § 11 BauGB - neben dem Beitragsrecht (§§ 127 ff. BauGB) und dem Erschließungsvertrag (§ 124 Abs. 1 BauGB) - einen dritten Weg zur Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen eröffnen wollte. Hiernach bleibt es dabei, dass § 124 BauGB mit seinen tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere mit dem Begriff des "Dritten", im Verhältnis zu § 11 BauGB die speziellere Vorschrift ist (so zutreffend Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 2; Quaas, a.a.O. § 11 Rn. 26).

35

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter entscheidungstragend angenommen, dass der von den Klägern geltend gemachte Rückzahlungsanspruch unbegründet sei, weil der Erschließungsvertrag vom 3. März 1997 wirksam sei. Insbesondere sei es der Beigeladenen nicht verwehrt gewesen, die Erschließung des Baugebiets auf die Beklagte als eigene (im hundertprozentigen Anteilsbesitz der Beigeladenen stehende) Tochtergesellschaft zu übertragen. Auch sie sei "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB. Diese Auffassung ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

36

Die damit aufgeworfene Frage ist allerdings umstritten. Der Verwaltungsgerichtshof folgt mit dem angefochtenen Urteil einer im Schrifttum vertretenen Ansicht, die für eine weite Auslegung der Vorschrift eintritt, derzufolge auch eine (ganz oder mehrheitlich) von der Gemeinde beherrschte sog. kommunale Eigengesellschaft "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB und damit Vertragspartner eines Erschließungsvertrages sein könne (vgl. insbesondere Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 2010, § 124 Rn. 94; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 124 Rn. 1; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 6. Aufl. 2010, § 124 Rn. 9; Hoffmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2009, § 124 Rn. 12; Reif, BWGZ 1994, 200 <219>; Ruff, KStZ 2002, 21 <25>; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2007, 316 <317>; Oertel, Der Erschließungsvertrag mit der kommunalen Eigengesellschaft, 2009, S. 169 ff. <231 ff.>; Walter, Der Erschließungsvertrag im System des Erschließungsrechts, 2010, S. 142 ff. <161 ff.>). Die Gegenansicht ist der Auffassung, die Vorschrift sei nach ihrem Sinn und Zweck eng auszulegen mit der Folge, dass eine kommunale Eigengesellschaft nicht "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein könne (so Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 14; ders., in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: November 2009, § 124 Rn. 8 ff.; ders., BauR 1999, 862 <863 ff.>; Birk, BauR 1999, 205 <207>; Quaas, BauR 1999, 1113 <1123>; Weber, VBlBW 2001, 95; Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand 1998, § 124 Rn. 19).

37

Der Senat ist der Überzeugung, dass die letztgenannte Ansicht, also eine enge Auslegung, dem Gesetz entspricht. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:

38

Aus dem Wortlaut des Gesetzes, der sowohl ein "formal-juristisches" als auch ein materielles Begriffsverständnis ermöglicht, lässt sich für keine der beiden Ansichten Entscheidendes herleiten. Vielmehr ist der Begriff des "Dritten" nur vor dem Hintergrund der Gesetzeshistorie und der mit ihr einhergehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sachgerecht zu erfassen:

39

a) Die Ermächtigung der Gemeinde, die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten zu übertragen, fand sich bereits in § 123 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl I S. 341). Sie wurde durch das am 1. Juli 1987 in Kraft getretene Baugesetzbuch in § 124 Abs. 1 BauGB unverändert mit dem bis heute gültigen Wortlaut übernommen und ergänzt durch einen Absatz 2, wonach die Zulässigkeit anderer Verträge, insbesondere zur Durchführung städtebaulicher Planungen und Maßnahmen, unberührt bleibe. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte hierzu, dass die Gemeinde auch bei Abschluss eines Erschließungsvertrages grundsätzlich mindestens 10 Prozent des Erschließungsaufwandes übernehmen müsse; die Regelung des § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG gehöre zu den wesentlichen Regelungen des Erschließungsbeitragsrechts, die auch im Rahmen einer vertraglichen Regelung beachtet werden müssten (Urteil vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 69.67 - BVerwGE 32, 37 <39 ff.>). Die Gemeinde dürfe nur diejenigen Kosten durch Erschließungsvertrag abwälzen, die sie andernfalls abgabenrechtlich liquidieren dürfe. Eine Vertragsgestaltung, die gegen diese Schutzfunktion des Abgabenrechts verstoße, führe zur (teilweisen) Nichtigkeit des Erschließungsvertrages (Urteil vom 23. August 1991 - BVerwG 8 C 61.90 - BVerwGE 89, 7 <9 f.>). Dies entsprach auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 - III ZR 177/81 - LM § 123 BBauG Nr. 5 Bl. 1183 <1185>).

40

b) In ausdrücklicher Reaktion auf diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts änderte der Gesetzgeber § 124 BauGB mit dem Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz) vom 22. April 1993 (BGBl I S. 466) und gab der Vorschrift ihre bis heute gültige Fassung. In der Begründung des Gesetzesentwurfs (BTDrucks 12/3944 S. 1 ff. <24, 29>) wurde darauf verwiesen, dass in den alten und neuen Bundesländern ein erheblicher Mangel an ausgewiesenem und verfügbarem Wohnbauland bestehe. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Anwendungsbereich des Erschließungsvertrages inhaltlich eingeengt worden. Infolgedessen sei zu befürchten, dass die Erschließungstätigkeit in den Gemeinden spürbar zurückgehen werde, weil sie wegen der häufig angespannten Haushaltslage vom Abschluss eines Erschließungsvertrages und der damit verbundenen finanziellen Belastung absehen würden. "Um vertraglichen Regelungen zwischen Gemeinde und Investoren im Städtebaurecht mehr Raum zu eröffnen, zugleich aber die rechtlichen Grenzen solcher Verträge festzulegen" (BTDrucks 12/3944 S. 24 l.Sp.), führte der Gesetzgeber deshalb u.a. in § 124 Abs. 2 BauGB eine Freistellung von Vorgaben des Erschließungsbeitragsrechts ein. Der Erschließungsvertrag sollte dadurch so ausgeformt werden, "dass er wie bisher angewandt werden" könne und durch den Wegfall der zwingenden Eigenbeteiligung von 10 v.H. zugleich zur Kostenentlastung der Gemeinden beitrage (BTDrucks a.a.O. S. 24 r.Sp.). Dies sei gerechtfertigt, weil die Gemeinde ohnehin keinen Einfluss darauf habe, ob der Erschließungsunternehmer Ersparnisse auf der Kostenseite an den Grundstückskäufer weitergebe (BTDrucks a.a.O. S. 29 r.Sp.). Zu der erweiterten Möglichkeit der Kostenabwälzung gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB heißt es, der Erschließungsunternehmer solle frei entscheiden können, ob er auch diejenigen Kosten übernimmt, die bei einer Erschließung in gemeindlicher Eigenregie auf die Gemeinde selbst entfallen würden. Der Erschließungsunternehmer werde zur vollständigen Kostenübernahme nur dann bereit sein, wenn er sich davon einen "Gewinn" verspreche, er also die ihm gehörenden Grundstücke selbst baulich oder gewerblich frühzeitiger als sonst nutzen könne, oder wenn er durch Veräußerung der erschlossenen Grundstücke die ihm entstandenen Erschließungskosten aufgrund der Marktlage auf die Käufer abwälzen könne. Die Käufer handelten ebenfalls aus freiem Entschluss; sie würden einkalkulieren, dass der Kaufpreis einschließlich der Erschließungskosten für sie tragbar bleibe. Für sie sei entscheidend, dass eine Erschließung im Vertragswege zumeist zu einer früheren Bebaubarkeit der Grundstücke führe als bei einer Erschließung durch die Gemeinde, woraus sich nicht selten Einsparungen hinsichtlich der Baukosten und Zwischenfinanzierungskosten ergäben (BTDrucks a.a.O. S. 29 r.Sp.).

41

c) Hiernach verhalten sich die vorstehend wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zwar nicht ausdrücklich zur Frage, ob auch eine gemeindliche Eigengesellschaft "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein kann. Jedoch ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass die gesetzliche Neuregelung sich ausdrücklich als Korrektur der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 1991 gezogenen inhaltlichen Grenzen des Erschließungsvertrages verstand, damit dieser "wie bisher" (d.h. ohne solche Begrenzungen) "angewandt werden" könne. Sollte hiernach ein "status quo ante" wiederhergestellt und der Anwendungsbereich des Erschließungsvertrages durch die genannten als maßvoll angesehenen Entgrenzungen erweitert werden, spricht dies gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei unverändertem Wortlaut des § 124 Abs. 1 BauGB auch eine weite Auslegung des Begriffs "Dritter" in seinen Willen aufgenommen. Vielmehr wird aus der Gesetzesbegründung deutlich, dass der Gesetzgeber als Partner eines Erschließungsvertrages einen privaten Erschließungsunternehmer als "Investor" vor Augen hatte (BTDrucks a.a.O. S. 24 l.Sp.), der seine Entscheidungen unabhängig von der Gemeinde trifft und sich dabei vor allem von kaufmännischen Überlegungen und den Möglichkeiten des "Marktes" leiten lässt (BTDrucks a.a.O. S. 29 r.Sp.). Es liegt fern, darunter auch eine gemeindliche Eigengesellschaft zu verstehen, hinter der die Gemeinde selbst steht, um deren Entlastung von finanziellen Belastungen wegen ihrer angespannten Haushaltslage es nach der Gesetzesbegründung gerade geht (BTDrucks a.a.O. S. 29 l.Sp.). Eine solche Eigengesellschaft wäre wegen des Einflusses der sie beherrschenden Gemeinde in ihren kaufmännischen Überlegungen nicht vergleichbar frei wie der Erschließungsunternehmer. Sie wird in der Regel sämtliche Kosten übernehmen, um sie möglichst umfänglich auf die Grundstückskäufer/-eigentümer abwälzen zu können. Denn sie wird regelmäßig zu dem Zweck gegründet, die Gemeinde von den finanziellen Lasten der Erschließung (und deren verwaltungsmäßiger Abwicklung) so weit wie möglich zu befreien. Wäre es der Gemeinde erlaubt, "im Mantel" ihrer als "Dritter" auftretenden Eigengesellschaft die Erschließung durchzuführen und die Erschließungskosten vertraglich ohne die Begrenzungen des Beitragsrechts auf die Grundstückskäufer abzuwälzen, wäre praktisch kein Fall mehr denkbar, in dem es nicht im Interesse der Gemeinde läge, die Erschließung auf ihre Eigengesellschaft zu übertragen.

42

d) Gegen die Annahme, dass eine kommunale Eigengesellschaft "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein kann, sprechen ferner Gründe der Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs reicht es insoweit nicht aus, dass die hier in Rede stehende Regelung auch dem Zweck dient, die Gemeinden von der Vorfinanzierungslast für die Erschließung zu befreien, und dieser Zweck von einer kommunalen Eigen- oder Mehrheitsgesellschaft in gleicher Weise erfüllt werden kann wie von einem privaten Dritten. Entscheidend ist, ob andere Gründe dem entgegenstehen. Dies ist hier der Fall. Die vom Verwaltungsgerichtshof befürwortete weite Auslegung des Begriffs "Dritter" in § 124 Abs. 1 BauGB fügt sich weder in den näheren noch in den weiteren Rahmen des Gesetzes, sondern sprengt dessen Systematik. Zugleich verfehlt sie Sinn und Zweck des Gesetzes, weil sie die Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts ohne hinreichende Rechtfertigung der ihnen vom Gesetz zugedachten Schutzfunktion beraubt.

43

Ein erster Auslegungskonflikt ergibt sich schon innerhalb von § 124 BauGB selbst, nämlich zwischen Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2. Die zuletzt genannte Vorschrift bestimmt, dass die Gemeinde verpflichtet ist, die Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie einen Bebauungsplan i.S.d. § 30 Abs. 1 BauGB erlassen hat und das zumutbare Angebot eines Dritten ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung selbst vorzunehmen. Dass eine Gemeinde ein Erschließungsangebot, zumal ein zumutbares, ihrer eigenen Tochtergesellschaft, die von ihr (ganz oder mehrheitlich) beherrscht wird, ablehnt, ist tatsächlich nicht vorstellbar.

44

Die Ansicht, auch eine gemeindliche Eigengesellschaft könne "Dritter" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB sein, würde vor allem zu einem im Rahmen des geltenden Rechts nicht auflösbaren Konflikt mit den Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts führen, denen nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine Schutzfunktion zukommt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

45

Die §§ 127 ff. BauGB werden geprägt durch das verfassungsrechtlich begründete Vorteilsprinzip (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. Mai 1959 - 1 BvL 1, 7/58 - BVerfGE 9, 291 <297 f.> und vom 26. Mai 1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223 <228>). Dieses schützt die Grundstückseigentümer davor, über den ihnen durch die Erschließung zufließenden Sondervorteil (Erschließungsvorteil) hinaus, mit Kosten belastet zu werden, die für Vorteile der Allgemeinheit entstehen. Zum Ausdruck kommt die darin liegende Schutzfunktion des Erschließungsbeitragsrechts in der Beschränkung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands auf die in § 127 Abs. 2 BauGB abschließend aufgeführten Erschließungsanlagen und die in § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB normierte Verpflichtung der Gemeinden, mindestens 10 v.H. dieses Erschließungsaufwands selbst zu tragen. Nach der sich aus der dargelegten Entstehungsgeschichte des § 124 Abs. 2 BauGB ergebenden Wertung des Gesetzgebers ist dieser Schutz der Grundstückseigentümer dann entbehrlich, wenn ein Investor durch Vertrag mit der Gemeinde die Erschließung übernimmt. Der Verzicht auf den Schutz des beitragsrechtlichen Vorteilsprinzips in derartigen Fällen ist dadurch zu rechtfertigen, dass die Bereitschaft eines Investors zur vertraglichen Übernahme der Erschließung regelmäßig nur dann bestehen wird, wenn die Nachfrage nach Baugrundstücken in der Gemeinde so hoch ist, dass die Erschließung eine über den beitragsrechtlichen Erschließungsvorteil hinausgehende allgemeine Wertsteigerung der Grundstücke im Erschließungsgebiet erwarten lässt, die der Investor als Gewinn seines Einsatzes ganz oder teilweise abschöpfen kann. Fehlt es an einer solchen Bereitschaft eines privaten Investors, ist dies ein Indiz dafür, dass eine entsprechende Marktlage nicht besteht. Dann ist es aber auch nicht gerechtfertigt, die Grundstückseigentümer über den beitragsrechtlichen Erschließungsvorteil hinaus mit Erschließungskosten zu belasten, die ihnen keinen Sondervorteil vermitteln, sondern der Allgemeinheit zugute kommen. Die vertragliche Übernahme der Erschließung durch eine gemeindliche Eigengesellschaft ist kein Indiz für eine hohe Nachfrage nach Baugrundstücken, sondern ein Instrument gemeindlicher Siedlungspolitik, die grundsätzlich von der Allgemeinheit zu finanzieren ist. Die Einschaltung einer solchen Eigengesellschaft liefe praktisch und wirtschaftlich darauf hinaus, dass die Gemeinde "im Mantel eines Privaten" vertraglich Kosten auf die Eigentümer bzw. Käufer abwälzen könnte, ohne den Begrenzungen des Beitragsrechts zu unterliegen und ohne den (Markt-)Voraussetzungen unterworfen zu sein, die nach der Wertung des Gesetzgebers im Falle eines privaten Erschließungsträgers den Verzicht auf jene Begrenzungen rechtfertigen.

46

3. Der streitgegenständliche Erschließungsvertrag ist - unabhängig von den vorstehenden Ausführungen zum Begriff des "Dritten" - auch deswegen nichtig, weil darin zugunsten der Beigeladenen in großem Umfang Befugnisse zur Selbstvornahme vorbehalten werden mit der Folge, dass tatsächlich keine "Übertragung" der Erschließung i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB vorliegt.

47

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich - auf entsprechenden Einwand der Kläger - insoweit lediglich mit § 5 Abs. 2 des Erschließungsvertrages befasst, wonach die Beigeladene sich vorbehält, einzelne Arbeiten selbst durchzuführen und die Kosten in Rechnung zu stellen. Er hat hierzu ausgeführt, für die Annahme eines Erschließungsvertrages sei nicht erforderlich, dass der Erschließungsunternehmer die Durchführung der Erschließungsarbeiten selbst übernehme; er könne sich zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgabe seinerseits Dritter - auch der Gemeinde selbst - bedienen. Selbst wenn die Vertragsklausel des § 5 Abs. 2 unwirksam sein sollte, scheide angesichts ihrer untergeordneten Bedeutung und mit Blick auf die salvatorische Klausel des Erschließungsvertrages (§ 16) eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages aus. Diese Ausführungen sind für sich genommen bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Verwaltungsgerichtshof sich im weiteren Gang seiner Entscheidungsgründe anderen Prüfungspunkten zuwendet, bringt er aber - ohne das Tatbestandsmerkmal der "Übertragung" i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB ausdrücklich zu thematisieren - damit inzident zum Ausdruck, dass auch die übrigen Bestimmungen des Vertrages und dieser in seiner Gesamtheit den rechtlichen Anforderungen genüge. Diese Annahme verletzt ebenfalls Bundesrecht. Denn der streitgegenständliche Erschließungsvertrag stellt keine "Übertragung" im Sinne des Gesetzes dar.

48

a) Mit der in § 124 Abs. 1 BauGB eröffneten Möglichkeit, die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten zu übertragen, stellt das Gesetz die Gemeinde vor eine "Regimeentscheidung": Sie muss wählen, ob sie die Erschließung in "Eigenregie" durchführt mit der Folge, dass sie den ihr entstandenen Aufwand (nur) in dem von den §§ 127 ff. BauGB bestimmten Umfang durch Erhebung von Erschließungsbeiträgen auf die Grundstückseigentümer umlegen kann (und muss), oder ob sie die Erschließung auf einen Dritten überträgt, der sie in "Fremdregie" durchführt und sich wegen der von ihm übernommenen Erschließungskosten - mit der in § 124 Abs. 2 und 3 BauGB geregelten Befreiung von Begrenzungen des Beitragsrechts - privatrechtlich durch mit den Grundstückseigentümern/-käufern vertraglich vereinbarte Kostenerstattung refinanziert (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 6 Rn. 10 ff.). Hiernach ist es der Gemeinde verboten, die Erschließung selbst durchzuführen und die entstehenden Kosten sodann auf vertraglicher Grundlage auf die Grundstückseigentümer umzulegen (Urteil vom 22. August 1975 - BVerwG 4 C 7.73 - BVerwGE 49, 125 <127 f.>; Ruff, KStZ 2002, 21 <23>; Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand 1998, § 124 Rn. 9). Führt sie die Erschließung in Eigenregie selbst durch, muss sie den Weg des Beitragsrechts gehen; der Weg der vertraglichen Refinanzierung ist nur einem Dritten nach Übertragung der Erschließung auf ihn eröffnet. Es ist der Gemeinde verwehrt, formal eine "Übertragung" zu vereinbaren, die tatsächlich nicht stattfindet, etwa indem alle oder wesentliche Elemente der Aufgabenerledigung sogleich auf die Gemeinde zurückübertragen werden oder die Gemeinde sich vorbehält, diese selbst durchzuführen. Denn damit steht die Gemeinde im Ergebnis so da, als führe sie die Erschließung selbst durch. Eine derartige vertragliche Regelung ist wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 59 Abs. 1 VwVfG, § 134 BGB i.V.m. § 124 Abs. 1 BauGB). So liegt es hier.

49

b) Im Streitfall hat die Beigeladene sich das Recht vorbehalten, Durchführung und Abwicklung der Erschließungsmaßnahmen weitgehend an sich zu ziehen, oder sie zumindest von ihrer Zustimmung abhängig gemacht. Da dieser Vorbehalt an keinerlei Voraussetzungen geknüpft ist, handelt es sich um ein jederzeit ausübbares unbeschränktes Selbstausführungsrecht, das im Ergebnis der Durchführung in Eigenregie gleich steht. Die insoweit maßgebliche Vorschrift ist dabei nicht die oben erwähnte, vom Verwaltungsgerichtshof allein angesprochene Klausel des § 5 Abs. 2, sondern § 9 des Erschließungsvertrages. Danach hat die Beigeladene nicht nur ein Weisungs- und Aufsichtsrecht gegenüber der Beklagten bei der Herstellung der Erschließungsanlagen (Abs. 1), sondern ausschließlich sie entscheidet über die technische Gestaltung der Erschließungsmaßnahmen und die Materialverwendung (Abs. 2). Vergabe und Ausschreibung der Erschließungsmaßnahmen bedürfen des vorherigen Einvernehmens bzw. der Abstimmung mit der Beigeladenen (Abs. 3), die diese Aufgaben sowie die Planung der gesamten Erschließungsarbeiten gegen Kostenersatz aber auch selbst durchführen kann (Abs. 4). In der Gesamtschau, in die auch die vom Verwaltungsgerichtshof für sich allein für unbedenklich gehaltene Bestimmung des § 5 Abs. 2 des Erschließungsvertrages einzubeziehen ist, hat sich die Beigeladene hinsichtlich Planung, Ausschreibung und Vergabe der Erschließungsmaßnahmen das Recht zur Selbstvornahme vorbehalten und damit den vollen Durchgriff auf alle wesentlichen Aufgaben, deren Durchführung typischerweise dem Erschließungsunternehmer überlassen ist. Der Beklagten bleiben hiernach kaum eigenständige Befugnisse. Insoweit ist kein Unterschied zu dem Fall zu erkennen, dass die Beigeladene die Erschließung in Eigenregie (ggf. durch den eigenen Bauhof, ggf. durch Fremdfirmen) durchführt.

50

c) Die Nichtigkeit von § 9 und § 5 Abs. 2 führt zur Gesamtnichtigkeit des Erschließungsvertrages. Daran vermag die salvatorische Klausel des § 16 des Erschließungsvertrages nichts zu ändern. Die in den beanstandeten Vertragsbestimmungen zugunsten der Beigeladenen in großem Umfang vorbehaltenen Befugnisse zur abschließenden Entscheidung und Selbstvornahme stellen keine Nebenabrede dar, sondern müssen als wesentliche Vertragsbestimmungen angesehen werden. Beigeladene und Beklagte haben einen Erschließungsvertrag geschlossen, in dem die Beigeladene Herrin der Erschließung ist und sich nicht nur einzelne Kontroll- und Mitwirkungsrechte, sondern ein weit reichendes Selbsteintritts- und -ausführungsrecht gesichert hat. Wollte man lediglich die zu beanstandenden Vertragsklauseln als (teil-)nichtig ansehen, wäre die Beklagte in der technischen Durchführung der Erschließung völlig frei und die Beigeladene auch ihrer Kontrollrechte beraubt. Dafür, dass die Beteiligten einen solchen Erschließungsvertrag hätten schließen wollen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

51

4. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen insgesamt als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Zahlungsbegehren der Kläger entsprechen müssen (a), abgesehen von einer Zuvielforderung bei der Höhe des geltend gemachten Zinssatzes auf den zu erstattenden Betrag (b).

52

a) Dem Zahlungsanspruch der Kläger aus § 812 BGB stehen - jenseits der vom Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht angenommenen Wirksamkeit des Erschließungsvertrages - keine anderen Rechtshindernisse entgegen mit der Folge, dass die Klage mit ihrem Hauptantrag auf Erstattung zweier Abschlagszahlungen in Höhe von 7 163 € begründet ist.

53

Darf eine Gemeinde die Erschließung nur auf einen von ihr nicht beherrschten "Dritten" übertragen, so war der Beigeladenen die Übertragung der Erschließung des Baugebiets "Mühläcker/St. Peter" an die Beklagte als kommunale Eigengesellschaft verboten. Der Erschließungsvertrag ist daher wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 59 Abs. 1 VwVfG, § 134 BGB i.V.m. § 124 Abs. 1 BauGB nichtig. Damit entfällt der vertragliche Rechtsgrund für die Abschlagszahlungen aus § 6 Abs. 1, 2 und 5 des Erschließungsvertrages i.V.m. § 12 Abs. 2 der Allgemeinen Bestimmungen für die Baulandumlegung i.V.m. Ziff. II.2 des Vertrages der Kläger mit der Beigeladenen vom 28. Juli 1999 und § 415 BGB. Die Kläger haben die Abschlagszahlungen ohne Rechtsgrund geleistet.

54

Andere nichtvertragliche Rechtsgrundlagen oder rechtshindernde bzw. rechtsvernichtende Einwendungen gegen den Anspruch aus § 812 BGB bestehen nicht.

55

Für die Beklagte ergibt sich ein Rechtsgrund nicht unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag mit der Folge eines ihr insoweit zustehenden Anspruchs auf Aufwendungsersatz (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB). Bestehen gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn, schließen diese die Anwendung der §§ 677 ff. BGB aus (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, Einf. vor § 677 Rn. 8/9 und 13). Hier bestimmt § 123 Abs. 1 BauGB, dass die Erschließung Aufgabe der Gemeinde ist. Die Beklagte hat angesichts des nichtigen Erschließungsvertrages somit zwar ein objektiv fremdes Geschäft geführt, aber kein Geschäft der Kläger, sondern der Beigeladenen. Ihre Aufwendungen muss sich die Beklagte daher im Rechtsverhältnis mit der Beigeladenen erstatten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1973 - VII ZR 246/72 - BGHZ 61, 359 <363>); der Beigeladenen entsteht dadurch ein beitragsfähiger Aufwand, den sie im Rahmen der erschließungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen auf die Kläger umlegen kann.

56

Der Klageforderung steht nicht § 814 BGB entgegen, wonach die Rückforderung des zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleisteten ausgeschlossen ist, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. § 814 BGB verlangt die positive Kenntnis von der Nichtschuld. Dieser Kondiktionsausschluss greift erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht zur Leistung verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (stRspr, vgl. BGH, Urteile vom 28. November 1990 - XII ZR 130/89 - BGHZ 113, 62 <70> und vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96 - NJW 1997, 2381 <2382 f.>). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages wussten, dass der Erschließungsvertrag nichtig war.

57

Die Beklagte ist nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB i.V.m. den Grundsätzen der sog. Saldotheorie entreichert. Eine Saldierung der von den Klägern geleisteten Abschlagszahlungen mit der von der Beklagten erbrachten Gegenleistung, nämlich dem anteiligen (auf das Grundstück der Kläger entfallenden) Wert der Erschließungsanlagen, findet nicht statt, weil die beiden Leistungen nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zueinander stehen. Wie bereits erwähnt, verpflichtet sich der Erschließungsträger regelmäßig nicht auch gegenüber den Grundstückseigentümern zur Herstellung der Erschließungsanlagen; diese Verpflichtung geht er ausschließlich im Erschließungsvertrag gegenüber der Gemeinde ein. Inhalt der Kostenerstattungsvereinbarung des Erschließungsträgers mit den privaten Eigentümern ist allein die Regelung, wer in welchem Maß die anfallenden Kosten zu tragen hat (vgl. Grziwotz, a.a.O. § 124 Rn. 117 f.). So ist die Vertragslage auch im vorliegenden Fall.

58

Der Klageanspruch ist nicht verjährt. Die hier maßgebliche regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Eine Klageerhebung hemmt die Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Hier haben die Kläger bislang nur Abschlagszahlungen geleistet. Diese sind ihrer Rechtsnatur nach keine abschließenden Vergütungen, sondern Anzahlungen auf die Vergütung für das Gesamtwerk (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. § 632a Rn. 4 und - für Bauverträge nach VOB - BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - IX ZR 430/97 - NJW 1999, 2113 <2113 f.>). Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht daher erst mit der Schlussrechnung. Diese ist im Streitfall im Jahr 2005 erstellt worden, so dass der Lauf der Verjährungsfrist durch die im Jahr 2006 erhobene Klage gehemmt wurde. Im Übrigen hat der Senat gemäß den Feststellungen der Vorinstanzen (§ 137 Abs. 2 VwGO) davon auszugehen, dass die Beklagte die Einrede der Verjährung bislang nicht erhoben hat. Da die Erhebung der Einrede eine Tatsache ist, wäre eine erst im Revisionsverfahren erhobene Verjährungseinrede unbeachtlich (BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95 - NJW 1998, 1395 <1398>; Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, § 214 Rn. 11).

59

b) Die Kläger haben ferner gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf die Hauptforderung seit Rechtshängigkeit (sog. Prozesszinsen) in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Ihre mit dem Klageantrag geltend gemachte weitergehende Forderung nach einer Verzinsung in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist unbegründet. Gemäß § 288 Abs. 2 BGB gilt der Zinssatz von acht Prozent nur für Geschäfte, an denen kein Verbraucher beteiligt ist. Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Die Kläger haben weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, dass sie den Grundstückskaufvertrag und die darin enthaltene Eintrittsklausel in den Erschließungsvertrag nicht als Verbraucher abgeschlossen haben. Wegen dieser Zuvielforderung bei der Verzinsung des Erstattungsbetrags ist ihre Klage daher insoweit abzuweisen.

60

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die geringfügige Abweisung der Klage hinsichtlich der Zinsforderung ändert nichts am überwiegenden Unterliegen der Beklagten, so dass ihr die Kosten ganz aufzuerlegen sind. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Beteiligung an den Kosten einer Erschließungsmaßnahme.

2

Mit Erschließungsverträgen vom 20. Dezember 1999 übertrug die Klägerin die Erschließung einschließlich der Herstellung der Schmutzwasserkanalisation in drei Neubaugebieten (Bebauungspläne Nr. 77, 78 und 80) auf die damaligen Eigentümer der Grundstücksflächen. Am selben Tag schlossen die Vertragsparteien städtebauliche Folgekostenverträge über die Finanzierung eines für die geplante Bebauung notwendigen Dükers, der außerhalb der Plangebiete durch den Möllner See zur Kläranlage verlaufen sollte. Die Vertragspartner der Klägerin verpflichteten sich, insgesamt 78 % der dafür erforderlichen Planungs- und Baukosten zu übernehmen. Die restlichen 22 % entfielen auf die Eigentümer von Grundstücken in zwei anderen Neubaugebieten; sie sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

3

Nachdem die Beklagte die Grundstücke im Gebiet der eingangs genannten Bebauungspläne von den Voreigentümern erworben hatte, schloss sie mit der Klägerin am 18. Oktober 2004 einen städtebaulichen Vertrag, mit dem sie hinsichtlich der Kostenbeteiligung am Düker in die Zahlungsverpflichtung aus den mit den Voreigentümern geschlossenen Folgekostenverträgen eintrat. Die Vertragsparteien gingen davon aus, dass es sich - bei geschätzten Gesamtkosten von rund 200 000 € - um einen Betrag von ca. 160 000 € handele. Eventuell vom Investor zu zahlende Anschlussbeiträge sollten auf die Kostenbeteiligung angerechnet werden.

4

In der Folgezeit kam es zwischen den Beteiligten zu Meinungsverschiedenheiten über Grund und Höhe der von der Beklagten geschuldeten Kostenbeteiligung. Am 9. Oktober 2008 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Zahlungsklage erhoben. Nach Fertigstellung des Dükers und eines zugehörigen Pumpwerkes hat sie die Klageforderung auf 184 466,93 €, das sind 78 % des ihr entstandenen Herstellungsaufwandes, nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit beziffert.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat ihr stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs sei der zwischen den Beteiligten geschlossene Folgekostenvertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB), gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestünden. Es könne offen bleiben, ob die Erhebung von Anschlussbeiträgen durch einen städtebaulichen Vertrag ersetzt werden könne; denn die Beitragserhebung bleibe von den vertraglichen Vereinbarungen unberührt. Unbeschadet des Rechts und der Pflicht der Klägerin, Anschlussbeiträge festzusetzen, hätten die Beteiligten wirksam vereinbaren können, dass die Beklagte - unter Anrechnung anfallender Anschlussbeiträge - den strittigen Teil des Herstellungsaufwandes für den Düker trage. Der Folgekostenvertrag ergänze die mit den Voreigentümern geschlossenen Erschließungsverträge. Vertragspartnerin sei die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Beitragspflichtige, sondern als an der Erschließung interessierte Bauwillige. Ebenso wie im Rahmen eines Erschließungsvertrages eine über die Beitragslast hinausgehende Belastung der zu erschließenden Grundstücke möglich sei, könne durch städtebaulichen Vertrag die Verpflichtung zur Übernahme zusätzlicher Lasten übernommen werden, die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens seien. An der erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen den Aufwendungen und der städtebaulichen Maßnahme fehle es so wenig wie an der Angemessenheit der vereinbarten Leistung.

6

Die Beklagte führt zur Begründung der - vom Senat zugelassenen - Revision aus: Der zwischen den Beteiligten geschlossene Vertrag sei unwirksam. Denn nach der unterschiedlichen Systematik des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB einerseits und des § 124 BauGB andererseits wie auch nach dem Willen des Gesetzgebers und dem bundesstaatlichen Kompetenzgefüge dürften Aufwendungen für außerhalb eines Erschließungsgebietes gelegene leitungsgebundene Anlagen nicht zum Gegenstand eines städtebaulichen Folgekostenvertrages gemacht werden. Folgekosten als Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages könnten nur solche Aufwendungen sein, die den Gemeinden jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer Ansiedlungen für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs entständen. Das Gesetzmäßigkeitsprinzip und der Gleichheitsgrundsatz geböten, das Abgabenrecht einer strikten Gesetzesbindung zu unterwerfen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Januar 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 21. April 2010 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hätte die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen müssen.

11

1. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht ist allerdings das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass für den wirksamen Abschluss des Folgekostenvertrages vom 18. Oktober 2004 eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich war. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass öffentliche Abgaben grundsätzlich nur nach Maßgabe der Gesetze erhoben werden dürfen. Diese strikte Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) schließt aus, dass Abgabengläubiger und Abgabenschuldner von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern nicht das Gesetz dies gestattet. Der Grundsatz, dass die Abgabenerhebung nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen erfolgen darf, ist für den Rechtsstaat so fundamental, dass seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, welches die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hat (Urteile vom 27. Januar 1982 - BVerwG 8 C 24.81 - BVerwGE 64, 361 <363 f.> und vom 30. Mai 2012 - BVerwG 9 C 5.11 - juris Rn. 33).

12

Nach diesen Grundsätzen bedarf es einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung auch für die Wirksamkeit des hier umstrittenen städtebaulichen Vertrages. Dem Vertrag zufolge hat die Beklagte 78 % der Planungs- und Baukosten für den Düker zu tragen. Da die Beiträge für die Entwässerungseinrichtung der Klägerin "global" kalkuliert werden (vgl. Habermann, in: Habermann/Arndt, KAG SH, § 8 Rn. 439 f., 513 f.), sind die der Klägerin entstandenen Aufwendungen zwar, wie vom Oberverwaltungsgericht ausgeführt, für sich genommen nicht beitragsfähig; sie haben aber in die fortzuschreibende Kalkulation des Beitragssatzes für die Herstellung der Einrichtung einzufließen. Dementsprechend sind "eventuell vom Investor zu zahlende Anschlussbeiträge" laut Vertrag auf die Kostenbeteiligung anzurechnen. Nach der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht, die - vorbehaltlich hier nicht ersichtlicher Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder gesetzliche Auslegungsregeln - das Revisionsgericht bindet (vgl. Urteil vom 30. Mai 2012 a.a.O. Rn. 30 m.w.N.), stellt der Vertrag einen selbständigen, von den normativen Voraussetzungen und Beschränkungen des Anschlussbeitrages unabhängigen Rechtsgrund für den Ersatz der der Klägerin durch den Dükerbau entstandenen Aufwendungen dar. Das zeigt sich nicht nur daran, dass der vertragliche Aufwendungsersatz nach der Auslegung des Oberverwaltungsgerichts die "Übernahme weiterer Lasten" einschließt, also dem Umfang nach über den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststehenden Beitrag gegebenenfalls hinausgehen soll. Die Inkongruenz des Vertrages mit dem gesetzlichen und satzungsmäßigen Abgabenrecht wird vielmehr auch daran deutlich, dass die Kostenbeteiligung auch dann nicht entfällt, wenn die (lediglich) "eventuell" von der Beklagten zu zahlenden Anschlussbeiträge wegen zwischenzeitlich eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr erhoben werden können. Damit kompensiert der vertragliche Zahlungsanspruch - seine Wirksamkeit unterstellt - auch das Versäumnis der Klägerin, Beitragsbescheide in nicht verjährter Frist zu erlassen. Eine solche vertragliche Regelung ist im Sinne der oben erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarung zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner, die eine gesetzliche Legitimation erfordert.

13

2. Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht § 124 BauGB nicht als Rechtsgrundlage für den Vertrag in Betracht gezogen. Gemäß § 124 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten übertragen. Der Dritte kann sich nach § 124 Abs. 2 Satz 2 BauGB gegenüber der Gemeinde verpflichten, Erschließungskosten - unabhängig davon, ob die Erschließungsanlagen nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähig sind - ganz oder teilweise zu tragen. Die Konstellation des § 124 BauGB erfordert damit stets einen außerhalb der Gemeinde stehenden "dritten" Erschließungsunternehmer als Investor. Demgegenüber ermöglicht § 124 BauGB es der Gemeinde nicht, die Erschließung selbst durchzuführen und die Kosten ganz oder teilweise auf vertraglicher Grundlage umzulegen (Urteil vom 1. Dezember 2010 - BVerwG 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244 Rn. 35 ff., 48 = Buchholz 406.11 § 124 BauGB Nr. 10).

14

3. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die umstrittene vertragliche Regelung könne auf § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB gestützt werden, verletzt Bundesrecht. Nach dieser Rechtsvorschrift kann Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages u.a. die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen sein, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Darunter fallen die hier umstrittenen Aufwendungen nicht. Beitragsfähige Aufwendungen der Gemeinde sind keine Folgekosten im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB; das gilt auch dann, wenn sie - wie hier - der Schaffung leitungsgebundener Anlagen außerhalb eines Erschließungsgebietes dienen.

15

a) Der Senat lässt offen, ob - mit Blick auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes - schon die verfassungskonforme Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB es ausschließt, ihm die erforderliche Ermächtigungsgrundlage zum Abschluss eines Vertrages der hier vorliegenden Art zu entnehmen. In Betracht kommt insoweit nur die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für das "Bodenrecht" (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG). Zu dieser Materie gehören solche Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, insbesondere das Städtebaurecht. Darin eingeschlossen ist das Erschließungsrecht, dessen Vollzug die Realisierung städtebaulicher Planungen überhaupt erst ermöglicht (BVerfG, Beschluss vom 8. November 1972 - 1 BvL 15/68 u.a. - BVerfGE 34, 139 <144 f.>; Oeter, in: v. Mangoldt/Klein, GG, 6. Auflage 2010, Art. 74 Rn. 129); ausgenommen von der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Bodenrecht ist neben dem Kommunalabgabenrecht allerdings - seit 1994 - das Recht der Erschließungsbeiträge.

16

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Bund trotz der die Erschließungsbeiträge erfassenden Kompetenzbeschränkung weiterhin befugt ist, unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Erschließungsrechts zu vertraglichen Regelungen über "Erschließungskosten" (§ 124 Abs. 2 BauGB) zu ermächtigen. Diese Gesetzgebungskompetenz besteht unabhängig davon, ob die den Gegenstand des Vertrages bildenden Erschließungsanlagen nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähig sind oder nicht (Urteil vom 10. August 2011 - BVerwG 9 C 6.10 - BVerwGE 140, 209 Rn. 21 f.). In Bezug auf die Erschließungskosten des § 124 Abs. 2 BauGB erlaubt das Gesetz die Überbürdung auch solcher Aufwendungen, die die Gemeinde im Beitragsweg nicht hätte abrechnen können (Urteil vom 10. August 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies mag dafür sprechen, dass der Bundesgesetzgeber auch im Zusammenhang mit einem Folgekostenvertrag die Gemeinden ermächtigen kann, Kosten jenseits des beitragsfähigen Aufwandes, soweit sie Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind, vertraglich abzuwälzen. Auch unter dieser Prämisse ist aber fraglich, ob die Regelungskompetenz des Bundes eine Vertragsgestaltung abdeckt, die - im Falle einer nach Landesrecht beitragsfähigen Erschließungsanlage - den Beitragsanspruch nicht lediglich dadurch ergänzt, dass der durch den Beitrag nicht gedeckte Aufwand ("Kostenspitzen") vertraglich abgewälzt wird, sondern die - wie hier - einen vertraglichen Zahlungsanspruch neben den nach Landesrecht entstandenen Beitragsanspruch stellt. Indem der zwischen den Beteiligten geschlossene Vertrag der Klägerin ein Wahlrecht einräumt, anstelle der Beitragsfestsetzung den vertraglichen Zahlungsanspruch zu verfolgen, dürfte er das Sachgebiet des Bodenrechts verlassen und das Kommunalabgabenrecht berühren, welches der Gesetzgebungskompetenz des Bundes verschlossen ist.

17

b) Unabhängig davon, wie die kompetenzrechtliche Frage zu beantworten ist, führt aber die Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB jedenfalls unter entstehungsgeschichtlichen und systematischen Gesichtspunkten zu dem Ergebnis, dass eigene beitragsfähige Aufwendungen der Gemeinde nicht auf vertraglicher Grundlage als Folgekosten abgewälzt werden können. In diesem Sinne hat der Senat entschieden, dass § 124 BauGB gegenüber § 11 BauGB die speziellere Norm ist (Urteil vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 33 f.). Danach

"... ist der Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB eine besondere Form des städtebaulichen Vertrages, und zwar auch gegenüber dem Folgekostenvertrag (...). Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 sollte mit § 11 BauGB die Vorgängerregelung des § 6 des BauGB- Maßnahmengesetzes lediglich redaktionell verkürzt, inhaltlich aber weitgehend unverändert übernommen werden (vgl. BTDrucks 13/6392 S. 50 l.Sp.); namentlich mit der Regelung des Folgekostenvertrages sollte lediglich eine von der Rechtsprechung seit langen Jahren gebilligte Vertragspraxis aufgegriffen werden (a.a.O. r.Sp.). Das Erschließungsbeitragsrecht und insbesondere das Verhältnis des städtebaulichen Vertrages zu § 124 BauGB wird dagegen in den Gesetzesmaterialien mit keinem Wort erwähnt. Hätte der Gesetzgeber das System des Erschließungsrechts durch § 11 BauGB aufweiten wollen, hätte es nahe gelegen, § 124 BauGB bei Erlass des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 zu streichen oder in § 11 BauGB aufzunehmen. Da der Gesetzgeber dies nicht getan und auch im Übrigen sich nicht zum Verhältnis des § 11 zu § 124 BauGB geäußert hat, fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass er den Gemeinden durch § 11 BauGB - neben dem Beitragsrecht (§§ 127 ff. BauGB) und dem Erschließungsvertrag (§ 124 Abs. 1 BauGB) - einen dritten Weg zur Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen eröffnen wollte."

18

Daraus hat der Senat geschlossen, dass es der Gemeinde verboten ist, die Erschließung selbst durchzuführen und die entstehenden beitragsfähigen Kosten sodann auf vertraglicher Grundlage auf die Grundstückseigentümer umzulegen. Sie muss dann vielmehr den Weg des Beitragsrechts gehen; der Weg der vertraglichen Refinanzierung ist nur einem Dritten nach Übertragung der Erschließung auf ihn eröffnet (Urteil vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 48).

19

An diesen Überlegungen wird - auch unter Berücksichtigung abweichender Ansichten im Schrifttum (Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11 Rn. 160; Bank, in: Brügelmann, BauGB, § 11 Rn. 77; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage 2009, § 11 Rn. 19 f.) - nach erneuter Überprüfung festgehalten. Sie gelten unabhängig davon, dass § 124 Abs. 2 BauGB den Erschließungsvertrag nur für Erschließungsanlagen in einem bestimmten Erschließungsgebiet vorsieht, während der vorliegende Fall Aufwendungen für leitungsgebundene Anlagen außerhalb des Erschließungsgebietes betrifft. Unter der Prämisse, dass § 124 BauGB die Möglichkeit einer vertraglichen Refinanzierung von Erschließungskosten abschließend regelt, kann die Gemeinde beitragsfähige Aufwendungen nur unter den dort genannten gesetzlichen Voraussetzungen, d.h. unter Einschaltung eines Dritten für Erschließungsanlagen innerhalb des Erschließungsgebietes, durch einen städtebaulichen Vertrag abwälzen. Einen weiteren Weg der vertraglichen Refinanzierung eröffnet § 11 BauGB auch und gerade dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 124 BauGB nicht vorliegen.

20

4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

21

a) Die erforderliche gesetzliche Ermächtigung zum Vertragsschluss folgt nicht aus der allgemeinen Regelung über die Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Austauschverträge (§ 121 Satz 2 i.V.m. § 123 LVwG SH). Soweit diese Vorschriften auf Kommunalabgaben überhaupt Anwendung finden (vgl. § 11 Abs. 1 KAG SH), enthalten sie allgemeine Vorgaben, die unabhängig vom jeweiligen Sachgebiet der vertraglichen Vereinbarung gelten, aber sachgebietsspezifische gesetzliche Verbote weder ausschließen noch zur Abweichung von solchen Verboten ermächtigen. Eine gesetzliche Ermächtigung, von dem Verbot gesetzesinkongruenter Abgabenverträge abzuweichen, kann sich nicht aus diesen allgemeinen Regeln, sondern nur aus den besonderen Vorschriften des einschlägigen Fachrechts ergeben (Urteil vom 30. Mai 2012, juris Rn. 34). Das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein enthält zwar eine Regelung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau und Umbau und die Erneuerung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen (§ 8 Abs. 1) sowie über die vertragliche Ablösung von Beiträgen (§ 8 Abs. 6). Ihm lässt sich aber keine Ermächtigung zum Abschluss eines von den beitragsrechtlichen Bestimmungen abweichenden Vertrages der hier vorliegenden Art entnehmen.

22

b) Die Beklagte ist schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben daran gehindert, sich auf die Unwirksamkeit des städtebaulichen Vertrages zu berufen. Zwar mag einem Erstattungsanspruch des Investors gegen die Gemeinde unter Umständen der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen, wenn er die Kosten, deren Rückerstattung er begehrt, seinerseits bereits auf die Käufer der Baugrundstücke abgewälzt hat und die Leistung der Gemeinde nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 15.07 - BVerwGE 133, 85 Rn. 17 = Buchholz 406.11 § 11 BauGB Nr. 11). Dieser Rechtsgedanke ist aber, wie schon vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, auf den Erfüllungsanspruch der Gemeinde nicht übertragbar. In dieser Konstellation muss vielmehr die Gemeinde das Risiko der Nichtigkeit des einer gesetzlichen Ermächtigung bedürftigen, von einer solchen Ermächtigung aber nicht gedeckten Vertrages grundsätzlich selbst tragen; andernfalls liefe der Schutzzweck des Gesetzesvorbehaltes leer.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen und zur Kostenerstattung für Maßnahmen für den Naturschutz.

2

Sie ist Eigentümerin eines in dem Neubaugebiet "W..." der beklagten Gemeinde an den Straßen "A..." und "F...straße" gelegenen Grundstücks. Die Erschließung des Neubaugebiets übertrug die Beklagte mit städtebaulichem Vertrag vom 21. Dezember 1999 der S. Service Gesellschaft R. mbH (SSG) als Erschließungsträger. Der Vertrag sah keine Kostenregelung zwischen Auftraggeber und Erschließungsträger vor. Am 5. November 2001 ersetzten die Beklagte und der Erschließungsträger den zwischenzeitlich mehrmals geänderten Vertrag durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag über die Erschließung des Gebietes "W...", der in § 11 folgende Kostenregelung enthält:

"(1) Der Erschließungsträger stellt dem Auftraggeber die für das gesamte Erschließungsvorhaben entstandenen Kosten - aufgeführt in § 10 des Erschließungsvertrages - in Rechnung.

(2) Nach Prüfung der rechnerischen und sachlichen Richtigkeit werden dem Erschließungsträger die nach Abs. 1 in Rechnung gestellten Kosten innerhalb eines Monats nach schriftlicher Anforderung erstattet, soweit sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt.

(3) Soweit der Erschließungsträger gemäß § 10 Abs. 2 des Erschließungsvertrages privatrechtliche Werkverträge mit den Grundstückseigentümern - Fremdanlieger - abgeschlossen hat, findet abweichend von Abs. 2 eine Kostenerstattung durch den Auftraggeber im Wege der Verrechnung statt. Mit der Zahlung an den Erschließungsträger gelten die Erschließungsbeiträge im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und den Fremdanliegern als abgelöst im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB.

(4) Hinsichtlich der verbleibenden Erstattungspflicht des Auftraggebers für die Fremdanliegergrundstücke ohne privatrechtliche Werkverträge wird festgelegt: Der Auftraggeber zahlt dem Erschließungsträger die auf Fremdanliegergrundstücke entfallenden Erschließungsbeiträge (incl. der auf 2,70 EUR/qm pauschalierten Kosten des Erschließungsträgers) einschließlich dem Gemeindeanteil, der anteiligen nicht beitragsfähigen Aufwendungen sowie der anteiligen Finanzierungskosten innerhalb eines Monats nach schriftlicher Anforderung."

3

Eine Ausschreibung nach vergaberechtlichen Vorschriften ist dem Vertragsschluss nicht vorausgegangen. In der Folgezeit stellte die SSG die Erschließungsanlagen her und rechnete sie gegenüber der Beklagten ab.

4

Mit Bescheiden vom 31. März 2008 setzte die Beklagte den von der Klägerin insgesamt zu zahlenden Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Straße "A..." auf 4 697,07 € und für die erstmalige Herstellung der "F...straße" auf 5 376,04 € sowie mit gesondertem Bescheid den für die Durchführung von zugeordneten naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu zahlenden Kostenerstattungsbetrag auf 121,28 € fest.

5

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Mainz hinsichtlich des Beitragsbescheids für die "F...straße" abgetrennt und im Einverständnis mit den Beteiligten das Verfahren insoweit zum Ruhen gebracht und im Übrigen die Klage durch Urteil vom 21. April 2010 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Klägerin mit dem angefochtenen Urteil vom 3. November 2010 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

6

Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Beklagte und die SSG nicht gehindert gewesen, nachträglich einen unechten Erschließungsvertrag zu vereinbaren, obwohl sie mit dem Vertrag aus dem Jahr 1999 einen echten Erschließungsvertrag geschlossen hätten. Die Heranziehung der Klägerin scheitere auch nicht an einem Verstoß gegen das Vergaberecht. Ob überhaupt eine Pflicht zur Ausschreibung des Erschließungsvertrags vom 5. November 2001 nach landeshaushaltsrechtlichen Vorschriften bestanden habe, könne dahinstehen. Denn ein Vergabefehler wirke sich nur dann aus, wenn durch ihn die umgelegten Kosten eine grob unangemessene Höhe erreicht hätten. Das habe die Beklagte ausdrücklich bestritten und sei aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Auch die Klägerin habe hierzu nichts Substantiiertes vorgetragen, so dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst seien. Die Beklagte sei nicht auf die Geltendmachung der Fremdanliegerkosten beschränkt gewesen, weil sie sich vertraglich zur Übernahme sämtlicher Erschließungskosten verpflichtet habe, ohne dass es darauf ankomme, ob die Erstattung an die SSG durch tatsächliche Zahlungen oder im Verrechnungsweg erfolgt sei.

7

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Das angegriffene Urteil verstoße gegen revisibles Recht, weil es den Herstellungsaufwand selbst bei einem Verstoß gegen vergaberechtliche Ausschreibungspflichten für beitragsfähig halte, solange die Grenze der grob unangemessenen Höhe noch nicht erreicht sei. Herstellungskosten einer Erschließungsanlage, die aufgrund eines nicht ausgeschriebenen unechten Erschließungsvertrags entstanden seien, seien nicht gesetzeskonform angefallen und könnten somit von einer Gemeinde nicht als aufwandbegründende Belastung vom Erschließungsträger übernommen werden. Sei die Gemeinde gehindert, einen nicht gesetzeskonformen Erschließungsaufwand zu übernehmen, so sei sie auch gehindert, Fremdanlieger zu Erschließungsbeiträgen heranzuziehen.

8

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. November 2010 und des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. April 2010 den Erschließungsbeitragsbescheid vom 31. März 2008 sowie den Bescheid über die Geltendmachung von Kostenerstattungsbeträgen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vom 31. März 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2009, aufzuheben.

9

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

11

1. a) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagten ein beitragsfähiger Erschließungsaufwand (§ 127 Abs. 1 BauGB) entstanden ist. Dieser ergibt sich aus der in § 11 des städtebaulichen Vertrages vom 5. November 2001 (nachfolgend: Erschließungsvertrag) zwischen der Beklagten und der SSG als Erschließungsträger getroffenen Kostenvereinbarung über die Heranziehung von Fremdanliegern, deren Wirksamkeit keinen Bedenken begegnet. Wesentlicher Regelungsgegenstand eines Erschließungsvertrags nach § 124 Abs. 1 BauGB ist die Herstellung der Erschließungsanlagen im Namen und auf Kosten des Erschließungsträgers. Dies hat zur Folge, dass bei der Gemeinde kein beitragsfähiger Aufwand i.S.v. § 127 Abs. 1 BauGB verbleibt, soweit sie die Durchführung der Erschließung übertragen hat (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2010 - BVerwG 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244 Rn. 31 m.w.N.). Der Erschließungsträger, der Eigentümer der Grundstücke im Erschließungsgebiet ist, refinanziert sich durch den Verkauf der erschlossenen Grundstücke, so dass im Ergebnis die Käufer die Erschließungskosten tragen. Ist der Erschließungsträger nicht Eigentümer aller Grundstücke im Erschließungsgebiet, muss er versuchen, die für die nicht in seinem Eigentum stehenden Grundstücke anfallenden Kosten durch privatrechtliche Verträge an die so genannten Fremdanlieger weiterzugeben. Steht - wie hier - keines der Grundstücke im Erschließungsgebiet im Eigentum des Erschließungsträgers (so genannter grundstücksloser Erschließungsträger), ist dieser zur Refinanzierung seiner Kosten durchgängig auf den Abschluss vertraglicher Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern angewiesen.

12

Gelingt es dem Erschließungsträger nicht, mit allen oder der überwiegenden Zahl der Fremdanlieger eine vertragliche Refinanzierungsregelung für die Herstellung der Erschließungsanlagen herbeizuführen, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine dem Erschließungsvorteil Rechnung tragende Heranziehung der Fremdanlieger zu den Erschließungskosten durch eine den Erschließungsvertrag modifizierende Kostenabrede erreicht werden, mit der sich die Gemeinde dem Erschließungsträger gegenüber verpflichtet, die gesamten für die betreffende Erschließungsanlage entstehenden beitragsfähigen Aufwendungen nach entsprechendem Nachweis zu erstatten. Der Gemeinde entsteht bei einem durch eine Kostenabrede modifizierten Erschließungsvertrag bereits mit Vertragsabschluss ein erst mit der entsprechenden Bezifferung durch den Erschließungsträger aktualisierter beitragsfähiger Erschließungsaufwand, den sie nach Maßgabe der Verteilungsregelung ihrer Erschließungsbeitragssatzung auf alle durch die von dem Unternehmer hergestellte Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) einschließlich der Grundstücke der Fremdanlieger zu verteilen hat (vgl. Urteil vom 22. März 1996 - BVerwG 8 C 17.94 - BVerwGE 101, 12 <22 f.>).

13

b) Die in der Literatur (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 6 Rn. 13 f.) gegen die Zulässigkeit dieser Modifikation des Erschließungsvertrags vorgebrachten Einwände überzeugen den Senat nicht. Eine eindeutige gesetzliche Konzeption, die bei Herstellung der Erschließungsanlagen durch einen Erschließungsträger eine Heranziehung des Fremdanliegers im Beitragsweg ausschließt, kann den §§ 123, 124 BauGB nicht entnommen werden.

14

Aus dem vom Senat in seinem Urteil vom 1. Dezember 2010 (a.a.O. Rn. 48) erwähnten Umstand, dass die Gemeinde durch § 124 Abs. 1 BauGB vor die Wahl gestellt wird, ob sie die Erschließung in "Eigenregie" durchführt, oder ob sie die Erschließung auf einen Dritten überträgt, der sie in "Fremdregie" durchführt und sich privatrechtlich refinanziert, folgt kein Verbot, bei einer Erschließung in "Fremdregie" in den Erschließungsvertrag eine Kostenvereinbarung aufzunehmen, die einen beitragsfähigen Erschließungsaufwand der Gemeinde begründet und auf diesem Weg eine vorteilsgerechte Beteiligung des Fremdanliegers an den Erschließungskosten ermöglicht.

15

Das aus § 123 Abs. 1 BauGB folgende Verbot einer vertraglichen Refinanzierung bei Erschließung in "Eigenregie" der Gemeinde soll verhindern, dass die zugunsten der Grundstückseigentümer bestehende Schutzfunktion des Erschließungsbeitragsrechts, das die Heranziehung der Eigentümer auf den in § 127 Abs. 2 BauGB abschließend aufgezählten Erschließungsaufwand begrenzt und die Gemeinde verpflichtet, mindestens 10 v.H. dieser Erschließungskosten selbst zu tragen (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB), dadurch aufgehoben wird, dass sie die ihr entstandenen Kosten durch vertragliche Vereinbarungen auf die Anlieger überwälzt (vgl. Urteile vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 15.67 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 4 S. 2 f., vom 22. August 1975 - BVerwG 4 C 7.73 - BVerwGE 49, 125 <127 f.> und vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 45). Aus diesem Grund legt der Senat auch den Begriff des "Dritten" im Sinne des § 124 Abs. 1 BauGB eng aus (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 44). Für die Annahme eines gewissermaßen spiegelbildlichen Verbots der Refinanzierung durch Beitragserhebung bei Erschließung in "Fremdregie" geben diese Überlegungen nichts her. Der das Verbot der Refinanzierung der Gemeinde auf vertraglicher Grundlage rechtfertigende Gedanke, dass sich die Gemeinde nicht den öffentlich-rechtlichen Begrenzungen des Beitragsrechts entziehen darf, greift für diese Konstellation nicht, weil die Schutzfunktion des Erschließungsbeitragsrechts durch die Refinanzierung des Erschließungsträgers mittels Beitragserhebung der Gemeinde auf der Grundlage eines modifizierten Erschließungsvertrags nicht in Frage gestellt wird. Die Fremdanlieger, die nicht zum Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Erschließungsträger bereit sind, können von der Gemeinde nur im Rahmen des Beitragsrechts und der sich daraus ergebenden Beschränkungen des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes zu den Kosten der Erschließungsanlage herangezogen werden; sie werden sich daher vielfach besser stellen, als diejenigen Fremdanlieger, die aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Erschließungsträger die Erschließungsanlage refinanzieren.

16

Überträgt die Gemeinde die Erschließung einem Dritten, folgt auch aus § 124 Abs. 2 Satz 2 BauGB, der die Kostentragungspflicht des Erschließungsträgers regelt, kein Verbot einer die privatrechtliche Refinanzierung ergänzenden Beitragserhebung. Dass der Gesetzgeber als Partner eines Erschließungsvertrags einen privaten Erschließungsträger als "Investor" vor Augen hatte, der seine Entscheidung unabhängig von der Gemeinde trifft und sich dabei vor allem an kaufmännischen Überlegungen und den Möglichkeiten des "Marktes" und der Gewinnerzielung orientiert (BTDrucks 12/3944 S. 24 und S. 29 ; Urteil vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 40), lässt nicht den Schluss zu, nach der gesetzgeberischen Konzeption gehöre die ausschließlich privatrechtliche Refinanzierung des Erschließungsträgers zu den Wesensmerkmalen eines Erschließungsvertrags nach § 124 BauGB. Zur gesetzgeberischen Konzeption gehört nämlich ebenso, dass den Gemeinden durch die Einschaltung eines Dritten eine (umfassende) finanzielle Entlastung von den Kosten der Erschließung ermöglicht wird, um dadurch im Interesse der Bauwilligen die Bereitstellung von Bauland zu erleichtern und zu beschleunigen (BTDrucks a.a.O.). Dieser gesetzgeberischen Konzeption trägt der modifizierte Erschließungsvertrag Rechnung. Er erlaubt auch in den Fällen, in denen sich die Erschließung für den Investor nicht rechnen würde, weil er die ihm entstehenden Kosten nicht oder nicht ausreichend auf die Anlieger überwälzen kann, eine beschleunigte Erschließung und finanzielle Entlastung der Gemeinden bei vorteilsgerechter Beteiligung aller Anlieger unter Wahrung der Schutzfunktion des Beitragsrechts.

17

Ein Verbot der Beitragsfinanzierung im Anwendungsbereich des § 124 BauGB kann schließlich auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass die die Beitragshöhe bestimmenden Herstellungsentscheidungen von der Gemeinde und nicht von einem Dritten getroffen werden müssten und daher nur für die in "Eigenregie" durchgeführte Erschließung, bei der die Gemeinde "das Heft in der Hand habe", Beiträge erhoben werden könnten (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 12. August 2009 - 15 A 2267/07 - juris Rn. 16; Driehaus a.a.O. Rn. 14). Abgesehen davon, dass die Gemeinde auch bei der Erschließung in Fremdregie regelmäßig die Ausführungsplanung zur Kenntnis erhält und genehmigen muss, und abgesehen davon, dass sie auch bei einer Erschließung in "Eigenregie" unter Einschaltung eines Generalunternehmers das Heft ein Stück weit aus der Hand gibt, greift dann, wenn die privatrechtliche Refinanzierung des Erschließungsträgers durch Beiträge "ergänzt" wird, die aus § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ableitbare Beschränkung des beitragsfähigen Aufwandes auf das kostenmäßig Erforderliche, die den Beitragspflichtigen vor grob unangemessenen Belastungen schützt (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1979 - BVerwG 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249 <253>). Auch insoweit stellt sich der dem Beitragsrecht unterliegende Fremdanlieger besser als der Fremdanlieger, der sich dem Erschließungsträger vertraglich zur Kostentragung verpflichtet hat.

18

2. a) Die Kostenklausel scheitert nicht an den an eine wirksame Ablösungsvereinbarung zu stellenden bundesrechtlichen Anforderungen. Die im Erschließungsvertrag gewählte Abwicklung des dem Erschließungsträger gegen die Gemeinde zustehenden Erstattungsanspruchs kann so erfolgen, dass die Gemeinde dem Erschließungsträger die auf die Grundstücke der Fremdanlieger entfallenden Beiträge nach deren Einziehung auszahlt, wobei die Erschließungsbeiträge der Fremdanlieger, die mit dem Erschließungsträger Verträge über den Kostenersatz abgeschlossen haben, als gemäß § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB abgelöst gelten und der Ablösungsbetrag auf den im Übrigen bestehenden Erstattungsanspruch angerechnet wird (vgl. Urteil vom 22. März 1996 - BVerwG 8 C 17.94 - BVerwGE 101, 12 <23 f.>). Eine diesen Grundsätzen entsprechende Vereinbarung haben die Beklagte und der Erschließungsträger in § 11 Abs. 3 und 4 des Erschließungsvertrags getroffen. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses lagen mit § 11 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten auch ausreichende "Bestimmungen" im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB über die Zulässigkeit einer Ablösungsvereinbarung und die Berechnung des Ablösungsbetrages vor (vgl. hierzu Urteil vom 27. Januar 1982 - BVerwG 8 C 24.81 - BVerwGE 64, 361 <364 f., 368>). Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass nach § 10 Abs. 3 des Erschließungsvertrags dem Erschließungsträger gestattet ist, die Fremdanlieger, die sich ihm gegenüber vertraglich zur Kostenübernahme verpflichtet haben, über die beitragsfähigen Kosten hinaus zu belasten. Diese Vereinbarung bleibt ohne Auswirkungen auf die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes und die Berechnung des Ablösungbetrages.

19

b) Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht den Erschließungsvertrag für wirksam gehalten, obwohl zwischen der Beklagten und dem Erschließungsträger 1999 ein (echter) Erschließungsvertrag ohne Kostenvereinbarung geschlossen worden war. Ob der Ansicht des OVG Lüneburg (Beschluss vom 25. Juni 2008 - 9 ME 453/07 - NVwZ-RR 2009, 260) zu folgen ist, wonach die Modifizierung eines Erschließungsvertrags grundsätzlich schon in dem auf die Erschließung des Baugebiets ausgerichteten Vertrag erfolgen muss und nachträglich nur in Betracht kommt, wenn der entsprechende Wille der Vertragsparteien bereits im Erschließungsvertrag zum Ausdruck kommt, kann der Senat ebenso wie das Oberverwaltungsgericht dahinstehen lassen. Denn nach der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht, die - vorbehaltlich hier nicht ersichtlicher Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder gesetzliche Auslegungsregeln - das Revisionsgericht bindet (vgl. Urteile vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <69> und vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 17.87 - BVerwGE 84, 157 <162>), lässt sich § 12 Abs. 3 des städtebaulichen Vertrags vom 21. Dezember 1999 ein Vorbehalt der späteren Modifizierung entnehmen. Davon abgesehen kann eine zeitliche Begrenzung des Rechts zur nachträglichen Modifizierung eines ursprünglich ohne Kostenabrede abgeschlossenen Vertrags nur in Betracht gezogen werden, wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlage im Zeitpunkt der Vertragsmodifikation bereits begonnen wurde, was hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall war.

20

c) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Oberverwaltungsgericht als beitragsfähigen Erschließungsaufwand nicht nur die Kosten angesehen hat, die die Beklagte an den Erschließungsträger "kassenwirksam" auf dessen Anforderung hin gezahlt hat, sondern auch die von Fremdanliegern an den Erschließungsträger aufgrund geschlossener Werkverträge entrichteten und im Verhältnis der Beklagten zum Erschließungsträger verrechneten Beträge. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 1996 (a.a.O. S. 23) zutreffend ausgeführt, dass ein beitragsfähiger Aufwand in Höhe der Gesamtkosten für die Herstellung der Erschließungsanlage dann entsteht, wenn sich die Gemeinde nicht nur zur Erstattung der ausschließlich den Grundstücken der Fremdanlieger zuzuordnenden Erschließungskosten verpflichtet, sondern zur Erstattung des gesamten für die betreffende Erschließungsanlage entstehenden beitragsfähigen Erschließungsaufwands. Dass eine solche umfassende Kostenerstattung zwischen der Beklagten und dem Erschließungsträger vereinbart wurde, und es sich bei der Verrechnung nur um eine Abwicklungsmodalität der Kostenerstattung handelt, hat das Oberverwaltungsgericht § 11 des Erschließungsvertrags entnommen. Rechtsfehler, die die Bindungswirkung dieser Vertragsauslegung entfallen lassen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

21

3. Das Berufungsgericht hat weiter ohne Verletzung von Bundesrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften des revisiblen Rechts nicht in Betracht zu ziehen ist und ein etwaiger Verstoß gegen das Gemeindehaushaltsrecht nicht zur Nichtigkeit des Erschließungsvertrags mit der für die Entstehung beitragsfähigen Aufwandes maßgeblichen Kostenabrede führt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 21. April 2010, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, beliefen sich die Gesamtkosten der Herstellung aller Erschließungsanlagen auf 2 626 033,40 EUR (UA S. 15 unter Hinweis auf Bl. 84 der Gerichtsakten) und lagen damit unterhalb des für Bauaufträge geltenden Schwellenwertes von 5 Mio. € (vgl. § 2 der im Zeitpunkt des Abschlusses des Erschließungsvertrags maßgeblichen Vergabeverordnung vom 9. Januar 2001, BGBl I S. 110). Erst bei Erreichen dieses Schwellenwertes gelten die Vorgaben der die Vergabe-Richtlinie 93/37/EWG vom 14. Juni 1993 (ABl EG Nr. L 199 S. 54) umsetzenden Vorschriften der §§ 97 bis 129b GWB. Unterhalb der Schwellenwerte kommen in erster Linie bundes- oder landeshaushaltsrechtliche Vorschriften zur Anwendung (Glahs, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl. 2012, Vergaberecht Einl. Rn. 8a f.; Harms/Schmidt-Wottrich, LKV 2011, 537 <542>). Für Fälle mit grenzüberschreitendem Bezug wird zudem auch bei unterschwelligen Aufträgen die Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften diskutiert (Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2012, § 124 Rn. 91; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 124 Rn. 13c; zur möglichen Ausschreibungspflicht von Bauleistungen durch den Erschließungsträger vgl. Burmeister, Praxishandbuch Städtebauliche Verträge, 2. Aufl. 2005, Rn. 219). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht nur die Auswirkungen des von ihm unterstellten Verstoßes gegen eine kraft der landesrechtlichen Gemeindehaushaltsverordnung bestehende Ausschreibungspflicht geprüft und die Nichtigkeit des Erschließungsvertrags wegen eines Verstoßes gegen revisibles Recht nicht in Betracht gezogen.

22

4. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass der Herstellungsaufwand einer Erschließungsanlage nur dann nicht (in voller Höhe) beitragsfähig sei, wenn die auf die Beitragspflichtigen umgelegten Kosten wegen des - unterstellten - vergaberechtswidrigen Verzichts auf eine Ausschreibung eine grob unangemessene Höhe erreichen würden. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist aber die Annahme im Berufungsurteil, ein Verstoß gegen diese äußerste Grenze könne ohne weitere Sachaufklärung schon deswegen verneint werden, weil es die Klägerin insoweit an substantiierten Darlegungen habe fehlen lassen.

23

a) Mängel des Vergabeverfahrens führen nicht gleichsam automatisch zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung. Das Beitragsrecht knüpft die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht an die Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften. Davon abgesehen weist auch das Vergaberecht selbst keine beitragsrechtlichen Bezüge auf. Es trägt dem Schutz der öffentlichen Haushalte Rechnung und dient darüber hinaus der Wahrung des lauteren Wettbewerbs (vgl. Glahs a.a.O. Einl. Rn. 2 f.). Hiervon ausgehend entfaltet es auch Schutzwirkung zugunsten des Bieters als Teilnehmer am Wettbewerb. Eine darüber hinausgehende drittschützende Wirkung kommt dem Vergaberecht hingegen nicht zu. Der Beitragsschuldner ist nicht Marktteilnehmer, sondern nur mittelbar Betroffener. Er ist daher darauf beschränkt, einen Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften im Rahmen der Anfechtung des Beitragsbescheids mit der Rüge, durch den Verstoß seien unangemessene Mehrkosten entstanden, geltend zu machen. Einschlägige Rechtsnorm hierfür ist § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

24

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB entsprechend anwendbar, wenn nicht die Erforderlichkeit der Anlage, sondern die Angemessenheit und in diesem Sinne die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten in Frage steht. Der in § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Ausdruck kommende allgemeine beitragsrechtliche Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung bei Anlagen, die der Beitragspflicht unterliegen, trägt über ihren dem Gemeininteresse dienenden Zweck hinaus den Individualinteressen der beitragspflichtigen Eigentümer und Erbbauberechtigten der von einer Anlage erschlossenen Grundstücke Rechnung. Diesen Betroffenen kommt es in erster Linie zugute, wenn das Gesetz und insbesondere § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB dafür Sorge tragen, dass sich der beitragsfähige Erschließungsaufwand in den Grenzen des nach Lage der Dinge Angemessenen hält (Urteil vom 14. Dezember 1979 - BVerwG 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249 <252 f.>). Bei der Beurteilung der Angemessenheit kommt der Gemeinde ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Demgemäß wird für die Erforderlichkeit der aufgewendeten Kosten im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB lediglich eine äußerste Grenze markiert. Sie ist erst dann überschritten, wenn sich die Gemeinde ohne rechtfertigende Gründe nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch augenfällige Mehrkosten entstanden sind, das heißt, wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreicht haben, also sachlich schlechthin unvertretbar sind (Urteile vom 14. Dezember 1979 a.a.O., vom 13. Dezember 1985 - BVerwG 8 C 66.84 - NVwZ 1986, 925 <927> § 128 bbaug nr. 35> und vom 10. November 1989 - BVerwG 8 C 50.88 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 81 S. 46 f.; Beschlüsse vom 30. April 1997 - BVerwG 8 B 105.97 - juris Rn. 6 und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 9 B 23.01 - Buchholz 406.11 § 132 BauGB Nr. 49 S. 3).

25

b) Für ein Abrücken von dem Merkmal der "groben Unangemessenheit" für den Fall eines Verstoßes gegen das Vergaberecht sieht der Senat keinen Anlass. Die Forderung nach einer Senkung der Angemessenheitsschwelle in diesen Fällen mit der Begründung, anderenfalls bestehe die Gefahr, dass das Vergaberecht zu einer "leeren Hülse" werde (OVG Lüneburg, Urteil vom 25. November 1999 - 9 L 1832/99 - juris Rn. 13), übersieht, dass die Vorschriften des Vergaberechts gerade nicht dem Individualinteresse des Beitragspflichtigen dienen und es daher nicht Aufgabe des Beitragsrechts sein kann, Verstöße gegen diese Vorschriften in besonderer Weise zu sanktionieren. Es trifft auch nicht zu, dass Verstöße gegen das Vergaberecht bei Beibehaltung des Maßstabes der "groben Unangemessenheit" beitragsrechtlich folgenlos bleiben würden. Bereits in seiner grundlegenden Entscheidung zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Urteil vom 14. Dezember 1979 a.a.O. S. 253), die die Angemessenheit der Grunderwerbskosten betraf, hat das Bundesverwaltungsgericht betont, dass es auf die sachliche Vertretbarkeit der Mehrkosten ankomme und die Rechtfertigungsgründe für eine für die Gemeinde erkennbare Überschreitung der Verkehrswerte beim Grunderwerb umso gewichtiger sein müssten, je beträchtlicher die Mehrkosten seien. Unter diesen Voraussetzungen hat das Bundesverwaltungsgericht der Gemeinde einen weiten Entscheidungsspielraum zugestanden, der es auch rechtfertigen kann, die Verkehrswerte unter Umständen beträchtlich zu überschreiten. Diese im Hinblick auf den Grunderwerb entwickelten Grundsätze führen auch im Zusammenhang mit dem Vergaberecht und etwaigen Vergaberechtsverstößen zu sachgerechten Ergebnissen.

26

Nimmt die Gemeinde eine nach dem Vergaberecht vorgeschriebene Ausschreibung ordnungsgemäß vor und entscheidet sie sich für den billigsten Anbieter, indiziert das die Erforderlichkeit der Kosten. In einer solchen Fallgestaltung ist es Sache des Klägers, Anhaltspunkte vorzutragen, die dafür sprechen, dass die Kosten gleichwohl eine grob unangemessene Höhe erreichen. Entscheidet sich die Gemeinde nicht für das billigste Angebot, sondern für ein Angebot, das (augenfällig) höhere Herstellungskosten als andere Angebote vorsieht, müssen sachlich vertretbare Gründe vorliegen, die das Angebot gleichwohl als wirtschaftlich erscheinen lassen. Solche Gründe können neben dem Preis z.B. Qualität, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst, technische Hilfe und Ausführungsfristen sein (Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2007, § 97 GWB Rn. 219; Eiding, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, Stand 1. Dezember 2012, § 129 Rn. 25). Bei der Entscheidung, welchem Gesichtspunkt die Gemeinde den Vorzug gibt, steht ihr ein (weiter) Entscheidungsspielraum zu, wobei auch insoweit die Rechtfertigungsgründe für die Wahl des teureren Angebots umso gewichtiger sein müssen, je größer der Abstand zum nächstgünstigen Angebot ist. Dabei ergibt sich aus der Natur der Sache, dass der Abgabenschuldner regelmäßig nicht in der Lage sein wird, die Unangemessenheit der Kosten darzulegen. Es ist daher Sache der Gemeinde, die in ihre Einfluss- und Verantwortungssphäre fallenden Gründe zu benennen, die sie veranlasst haben, sich für ein teureres Angebot zu entscheiden. Vermag sie solche nicht zu benennen oder erweisen sie sich - gegebenenfalls nach entsprechender Sachaufklärung durch das Gericht - als nicht tragfähig, ist der Zuschlag für das teurere Angebot schlechthin unvertretbar und sind die dadurch verursachten Mehrkosten grob unangemessen.

27

Hat die Gemeinde - wie hier vom Berufungsgericht unterstellt - eine nach dem Vergaberecht vorzunehmende Ausschreibung nicht durchgeführt oder ist ein Vergabeverfahren mit Fehlern behaftet, fehlt es von vornherein an der von einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren ausgehenden Indizwirkung für die Erforderlichkeit der Kosten. Daraus folgt - wie oben ausgeführt - zwar noch nicht die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides oder eine Änderung des bei der Überprüfung der Erforderlichkeit der Kosten geltenden rechtlichen Maßstabes. Die fehlende Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften macht es aber erforderlich, dem Einwand, durch den Vergaberechtsverstoß seien augenfällige Mehrkosten entstanden, nachzugehen und ihn im gerichtlichen Verfahren zu klären.

28

Das Berufungsgericht hat eine Sachverhaltsklärung mit dem Hinweis darauf, dass die Beklagte Mehrkosten bestritten und die Klägerin eine grob unangemessene Höhe der Kosten nicht substantiiert dargelegt habe, als von Amts wegen nicht veranlasst angesehen. Dies steht mit den im Verwaltungsprozess geltenden Grundsätzen der Amtsermittlung und der richterlichen Überzeugungsbildung nicht in Einklang. In dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess ist es Aufgabe des Gerichts, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, dazu von Amts wegen die erforderlichen Sachverhaltsaufklärungen zu betreiben und sich seine eigene Überzeugung zu bilden (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die den Beteiligten dabei auferlegte Mitwirkungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO) entbindet das Gericht daher grundsätzlich nicht von seiner eigenen Aufklärungspflicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht dort ihre Grenze findet, wo das Vorbringen des Klägers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet, und dass eine Verletzung der Mitwirkungspflichten durch die Beteiligten die Anforderungen an die Ermittlungspflicht des Gerichts herabsetzen kann (vgl. Urteil vom 29. Juni 1999 - BVerwG 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <177>). Nach diesen Maßstäben hätte das Berufungsgericht die kostenmäßige Angemessenheit im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ohne weitere Sachaufklärung nicht bejahen dürfen.

29

Die Annahme einer Substantiierungspflicht der Klägerin durch das Berufungsgericht lässt unberücksichtigt, dass es wegen des - unterstellten - Verstoßes gegen eine Ausschreibungspflicht an der von einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren ausgehenden Indizwirkung für die Erforderlichkeit der Kosten fehlt und deswegen Anlass zur Klärung der Angemessenheit der Erschließungskosten bestand. Die Auffassung des Berufungsgerichts übersieht zudem, dass der Rechtsverstoß nicht in der Sphäre und dem Verantwortungsbereich der Klägerin als Beitragsschuldnerin, sondern der beklagten Gemeinde als Beitragsgläubigerin seinen Ursprung hatte. Der Beitragsschuldner wird - anders als die Gemeinde - regelmäßig nicht über die zur Beurteilung der Erforderlichkeit der Kosten bzw. der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens notwendigen Kenntnisse und Informationen verfügen und daher nicht in der Lage sein, sein Vorbringen, es seien durch den von der Gemeinde zu verantwortenden Fehler bei der Vergabe des Erschließungsauftrags sachlich nicht vertretbare Mehrkosten entstanden, durch weitere tatsächliche Angaben zu substantiieren. Ebenso wenig wird er Kenntnisse darüber haben, wie hoch die umgelegten durchschnittlichen Kosten bei vergleichbaren Erschließungsanlagen der Gemeinde oder in anderen Gemeinden sind. Über diese Informationen verfügt aber regelmäßig die Gemeinde, weshalb es in erster Linie ihre Sache ist, darzulegen, dass trotz des vergaberechtswidrigen Verfahrens die entstandenen Kosten sach- und marktgerecht sind. Ob darüber hinaus weitere Ermittlungen, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Angemessenheit der Kosten, erforderlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

30

Dass das Berufungsgericht auch den "vorgelegten Unterlagen" keine grob unangemessenen Mehrkosten entnehmen konnte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dieser pauschale Hinweis ist vor dem Hintergrund der vom Berufungsgericht zu Unrecht angenommenen Einschränkung der Amtsermittlungspflicht zu sehen und deswegen nicht aussagekräftig.

31

Die fehlerhafte Beurteilung der Mitwirkungspflicht erfasst nicht nur den Erschließungsbeitragsbescheid, sondern auch den auf §§ 135a bis 135c BauGB gestützten Bescheid über die Kostenerstattungsbeträge für die Durchführung von zugeordneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, auf den § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ebenfalls - in doppelter Analogie - Anwendung findet.

32

5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob eine Ausschreibungspflicht - wie sie das Berufungsgericht unterstellt hat - nach den Bestimmungen der Gemeindehaushaltsverordnung tatsächlich bestand, kann im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Zum einen hält der Senat es für sachgerecht, dass das Berufungsgericht die Auslegung der einschlägigen Vorschriften der Gemeindehaushaltsverordnung vornimmt, zum anderen ist nicht auszuschließen, dass in diesem Rahmen weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht erforderlich wird. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen und zur Kostenerstattung für Maßnahmen für den Naturschutz.

2

Sie ist Eigentümerin eines in dem Neubaugebiet "W..." der beklagten Gemeinde an den Straßen "A..." und "F...straße" gelegenen Grundstücks. Die Erschließung des Neubaugebiets übertrug die Beklagte mit städtebaulichem Vertrag vom 21. Dezember 1999 der S. Service Gesellschaft R. mbH (SSG) als Erschließungsträger. Der Vertrag sah keine Kostenregelung zwischen Auftraggeber und Erschließungsträger vor. Am 5. November 2001 ersetzten die Beklagte und der Erschließungsträger den zwischenzeitlich mehrmals geänderten Vertrag durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag über die Erschließung des Gebietes "W...", der in § 11 folgende Kostenregelung enthält:

"(1) Der Erschließungsträger stellt dem Auftraggeber die für das gesamte Erschließungsvorhaben entstandenen Kosten - aufgeführt in § 10 des Erschließungsvertrages - in Rechnung.

(2) Nach Prüfung der rechnerischen und sachlichen Richtigkeit werden dem Erschließungsträger die nach Abs. 1 in Rechnung gestellten Kosten innerhalb eines Monats nach schriftlicher Anforderung erstattet, soweit sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt.

(3) Soweit der Erschließungsträger gemäß § 10 Abs. 2 des Erschließungsvertrages privatrechtliche Werkverträge mit den Grundstückseigentümern - Fremdanlieger - abgeschlossen hat, findet abweichend von Abs. 2 eine Kostenerstattung durch den Auftraggeber im Wege der Verrechnung statt. Mit der Zahlung an den Erschließungsträger gelten die Erschließungsbeiträge im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und den Fremdanliegern als abgelöst im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB.

(4) Hinsichtlich der verbleibenden Erstattungspflicht des Auftraggebers für die Fremdanliegergrundstücke ohne privatrechtliche Werkverträge wird festgelegt: Der Auftraggeber zahlt dem Erschließungsträger die auf Fremdanliegergrundstücke entfallenden Erschließungsbeiträge (incl. der auf 2,70 EUR/qm pauschalierten Kosten des Erschließungsträgers) einschließlich dem Gemeindeanteil, der anteiligen nicht beitragsfähigen Aufwendungen sowie der anteiligen Finanzierungskosten innerhalb eines Monats nach schriftlicher Anforderung."

3

Eine Ausschreibung nach vergaberechtlichen Vorschriften ist dem Vertragsschluss nicht vorausgegangen. In der Folgezeit stellte die SSG die Erschließungsanlagen her und rechnete sie gegenüber der Beklagten ab.

4

Mit Bescheiden vom 31. März 2008 setzte die Beklagte den von der Klägerin insgesamt zu zahlenden Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Straße "A..." auf 4 697,07 € und für die erstmalige Herstellung der "F...straße" auf 5 376,04 € sowie mit gesondertem Bescheid den für die Durchführung von zugeordneten naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu zahlenden Kostenerstattungsbetrag auf 121,28 € fest.

5

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Mainz hinsichtlich des Beitragsbescheids für die "F...straße" abgetrennt und im Einverständnis mit den Beteiligten das Verfahren insoweit zum Ruhen gebracht und im Übrigen die Klage durch Urteil vom 21. April 2010 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Klägerin mit dem angefochtenen Urteil vom 3. November 2010 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

6

Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Beklagte und die SSG nicht gehindert gewesen, nachträglich einen unechten Erschließungsvertrag zu vereinbaren, obwohl sie mit dem Vertrag aus dem Jahr 1999 einen echten Erschließungsvertrag geschlossen hätten. Die Heranziehung der Klägerin scheitere auch nicht an einem Verstoß gegen das Vergaberecht. Ob überhaupt eine Pflicht zur Ausschreibung des Erschließungsvertrags vom 5. November 2001 nach landeshaushaltsrechtlichen Vorschriften bestanden habe, könne dahinstehen. Denn ein Vergabefehler wirke sich nur dann aus, wenn durch ihn die umgelegten Kosten eine grob unangemessene Höhe erreicht hätten. Das habe die Beklagte ausdrücklich bestritten und sei aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Auch die Klägerin habe hierzu nichts Substantiiertes vorgetragen, so dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst seien. Die Beklagte sei nicht auf die Geltendmachung der Fremdanliegerkosten beschränkt gewesen, weil sie sich vertraglich zur Übernahme sämtlicher Erschließungskosten verpflichtet habe, ohne dass es darauf ankomme, ob die Erstattung an die SSG durch tatsächliche Zahlungen oder im Verrechnungsweg erfolgt sei.

7

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Das angegriffene Urteil verstoße gegen revisibles Recht, weil es den Herstellungsaufwand selbst bei einem Verstoß gegen vergaberechtliche Ausschreibungspflichten für beitragsfähig halte, solange die Grenze der grob unangemessenen Höhe noch nicht erreicht sei. Herstellungskosten einer Erschließungsanlage, die aufgrund eines nicht ausgeschriebenen unechten Erschließungsvertrags entstanden seien, seien nicht gesetzeskonform angefallen und könnten somit von einer Gemeinde nicht als aufwandbegründende Belastung vom Erschließungsträger übernommen werden. Sei die Gemeinde gehindert, einen nicht gesetzeskonformen Erschließungsaufwand zu übernehmen, so sei sie auch gehindert, Fremdanlieger zu Erschließungsbeiträgen heranzuziehen.

8

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. November 2010 und des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. April 2010 den Erschließungsbeitragsbescheid vom 31. März 2008 sowie den Bescheid über die Geltendmachung von Kostenerstattungsbeträgen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vom 31. März 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2009, aufzuheben.

9

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

11

1. a) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagten ein beitragsfähiger Erschließungsaufwand (§ 127 Abs. 1 BauGB) entstanden ist. Dieser ergibt sich aus der in § 11 des städtebaulichen Vertrages vom 5. November 2001 (nachfolgend: Erschließungsvertrag) zwischen der Beklagten und der SSG als Erschließungsträger getroffenen Kostenvereinbarung über die Heranziehung von Fremdanliegern, deren Wirksamkeit keinen Bedenken begegnet. Wesentlicher Regelungsgegenstand eines Erschließungsvertrags nach § 124 Abs. 1 BauGB ist die Herstellung der Erschließungsanlagen im Namen und auf Kosten des Erschließungsträgers. Dies hat zur Folge, dass bei der Gemeinde kein beitragsfähiger Aufwand i.S.v. § 127 Abs. 1 BauGB verbleibt, soweit sie die Durchführung der Erschließung übertragen hat (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2010 - BVerwG 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244 Rn. 31 m.w.N.). Der Erschließungsträger, der Eigentümer der Grundstücke im Erschließungsgebiet ist, refinanziert sich durch den Verkauf der erschlossenen Grundstücke, so dass im Ergebnis die Käufer die Erschließungskosten tragen. Ist der Erschließungsträger nicht Eigentümer aller Grundstücke im Erschließungsgebiet, muss er versuchen, die für die nicht in seinem Eigentum stehenden Grundstücke anfallenden Kosten durch privatrechtliche Verträge an die so genannten Fremdanlieger weiterzugeben. Steht - wie hier - keines der Grundstücke im Erschließungsgebiet im Eigentum des Erschließungsträgers (so genannter grundstücksloser Erschließungsträger), ist dieser zur Refinanzierung seiner Kosten durchgängig auf den Abschluss vertraglicher Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern angewiesen.

12

Gelingt es dem Erschließungsträger nicht, mit allen oder der überwiegenden Zahl der Fremdanlieger eine vertragliche Refinanzierungsregelung für die Herstellung der Erschließungsanlagen herbeizuführen, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine dem Erschließungsvorteil Rechnung tragende Heranziehung der Fremdanlieger zu den Erschließungskosten durch eine den Erschließungsvertrag modifizierende Kostenabrede erreicht werden, mit der sich die Gemeinde dem Erschließungsträger gegenüber verpflichtet, die gesamten für die betreffende Erschließungsanlage entstehenden beitragsfähigen Aufwendungen nach entsprechendem Nachweis zu erstatten. Der Gemeinde entsteht bei einem durch eine Kostenabrede modifizierten Erschließungsvertrag bereits mit Vertragsabschluss ein erst mit der entsprechenden Bezifferung durch den Erschließungsträger aktualisierter beitragsfähiger Erschließungsaufwand, den sie nach Maßgabe der Verteilungsregelung ihrer Erschließungsbeitragssatzung auf alle durch die von dem Unternehmer hergestellte Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB) einschließlich der Grundstücke der Fremdanlieger zu verteilen hat (vgl. Urteil vom 22. März 1996 - BVerwG 8 C 17.94 - BVerwGE 101, 12 <22 f.>).

13

b) Die in der Literatur (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 6 Rn. 13 f.) gegen die Zulässigkeit dieser Modifikation des Erschließungsvertrags vorgebrachten Einwände überzeugen den Senat nicht. Eine eindeutige gesetzliche Konzeption, die bei Herstellung der Erschließungsanlagen durch einen Erschließungsträger eine Heranziehung des Fremdanliegers im Beitragsweg ausschließt, kann den §§ 123, 124 BauGB nicht entnommen werden.

14

Aus dem vom Senat in seinem Urteil vom 1. Dezember 2010 (a.a.O. Rn. 48) erwähnten Umstand, dass die Gemeinde durch § 124 Abs. 1 BauGB vor die Wahl gestellt wird, ob sie die Erschließung in "Eigenregie" durchführt, oder ob sie die Erschließung auf einen Dritten überträgt, der sie in "Fremdregie" durchführt und sich privatrechtlich refinanziert, folgt kein Verbot, bei einer Erschließung in "Fremdregie" in den Erschließungsvertrag eine Kostenvereinbarung aufzunehmen, die einen beitragsfähigen Erschließungsaufwand der Gemeinde begründet und auf diesem Weg eine vorteilsgerechte Beteiligung des Fremdanliegers an den Erschließungskosten ermöglicht.

15

Das aus § 123 Abs. 1 BauGB folgende Verbot einer vertraglichen Refinanzierung bei Erschließung in "Eigenregie" der Gemeinde soll verhindern, dass die zugunsten der Grundstückseigentümer bestehende Schutzfunktion des Erschließungsbeitragsrechts, das die Heranziehung der Eigentümer auf den in § 127 Abs. 2 BauGB abschließend aufgezählten Erschließungsaufwand begrenzt und die Gemeinde verpflichtet, mindestens 10 v.H. dieser Erschließungskosten selbst zu tragen (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB), dadurch aufgehoben wird, dass sie die ihr entstandenen Kosten durch vertragliche Vereinbarungen auf die Anlieger überwälzt (vgl. Urteile vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 15.67 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 4 S. 2 f., vom 22. August 1975 - BVerwG 4 C 7.73 - BVerwGE 49, 125 <127 f.> und vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 45). Aus diesem Grund legt der Senat auch den Begriff des "Dritten" im Sinne des § 124 Abs. 1 BauGB eng aus (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 44). Für die Annahme eines gewissermaßen spiegelbildlichen Verbots der Refinanzierung durch Beitragserhebung bei Erschließung in "Fremdregie" geben diese Überlegungen nichts her. Der das Verbot der Refinanzierung der Gemeinde auf vertraglicher Grundlage rechtfertigende Gedanke, dass sich die Gemeinde nicht den öffentlich-rechtlichen Begrenzungen des Beitragsrechts entziehen darf, greift für diese Konstellation nicht, weil die Schutzfunktion des Erschließungsbeitragsrechts durch die Refinanzierung des Erschließungsträgers mittels Beitragserhebung der Gemeinde auf der Grundlage eines modifizierten Erschließungsvertrags nicht in Frage gestellt wird. Die Fremdanlieger, die nicht zum Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Erschließungsträger bereit sind, können von der Gemeinde nur im Rahmen des Beitragsrechts und der sich daraus ergebenden Beschränkungen des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes zu den Kosten der Erschließungsanlage herangezogen werden; sie werden sich daher vielfach besser stellen, als diejenigen Fremdanlieger, die aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Erschließungsträger die Erschließungsanlage refinanzieren.

16

Überträgt die Gemeinde die Erschließung einem Dritten, folgt auch aus § 124 Abs. 2 Satz 2 BauGB, der die Kostentragungspflicht des Erschließungsträgers regelt, kein Verbot einer die privatrechtliche Refinanzierung ergänzenden Beitragserhebung. Dass der Gesetzgeber als Partner eines Erschließungsvertrags einen privaten Erschließungsträger als "Investor" vor Augen hatte, der seine Entscheidung unabhängig von der Gemeinde trifft und sich dabei vor allem an kaufmännischen Überlegungen und den Möglichkeiten des "Marktes" und der Gewinnerzielung orientiert (BTDrucks 12/3944 S. 24 und S. 29 ; Urteil vom 1. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 40), lässt nicht den Schluss zu, nach der gesetzgeberischen Konzeption gehöre die ausschließlich privatrechtliche Refinanzierung des Erschließungsträgers zu den Wesensmerkmalen eines Erschließungsvertrags nach § 124 BauGB. Zur gesetzgeberischen Konzeption gehört nämlich ebenso, dass den Gemeinden durch die Einschaltung eines Dritten eine (umfassende) finanzielle Entlastung von den Kosten der Erschließung ermöglicht wird, um dadurch im Interesse der Bauwilligen die Bereitstellung von Bauland zu erleichtern und zu beschleunigen (BTDrucks a.a.O.). Dieser gesetzgeberischen Konzeption trägt der modifizierte Erschließungsvertrag Rechnung. Er erlaubt auch in den Fällen, in denen sich die Erschließung für den Investor nicht rechnen würde, weil er die ihm entstehenden Kosten nicht oder nicht ausreichend auf die Anlieger überwälzen kann, eine beschleunigte Erschließung und finanzielle Entlastung der Gemeinden bei vorteilsgerechter Beteiligung aller Anlieger unter Wahrung der Schutzfunktion des Beitragsrechts.

17

Ein Verbot der Beitragsfinanzierung im Anwendungsbereich des § 124 BauGB kann schließlich auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass die die Beitragshöhe bestimmenden Herstellungsentscheidungen von der Gemeinde und nicht von einem Dritten getroffen werden müssten und daher nur für die in "Eigenregie" durchgeführte Erschließung, bei der die Gemeinde "das Heft in der Hand habe", Beiträge erhoben werden könnten (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 12. August 2009 - 15 A 2267/07 - juris Rn. 16; Driehaus a.a.O. Rn. 14). Abgesehen davon, dass die Gemeinde auch bei der Erschließung in Fremdregie regelmäßig die Ausführungsplanung zur Kenntnis erhält und genehmigen muss, und abgesehen davon, dass sie auch bei einer Erschließung in "Eigenregie" unter Einschaltung eines Generalunternehmers das Heft ein Stück weit aus der Hand gibt, greift dann, wenn die privatrechtliche Refinanzierung des Erschließungsträgers durch Beiträge "ergänzt" wird, die aus § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ableitbare Beschränkung des beitragsfähigen Aufwandes auf das kostenmäßig Erforderliche, die den Beitragspflichtigen vor grob unangemessenen Belastungen schützt (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1979 - BVerwG 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249 <253>). Auch insoweit stellt sich der dem Beitragsrecht unterliegende Fremdanlieger besser als der Fremdanlieger, der sich dem Erschließungsträger vertraglich zur Kostentragung verpflichtet hat.

18

2. a) Die Kostenklausel scheitert nicht an den an eine wirksame Ablösungsvereinbarung zu stellenden bundesrechtlichen Anforderungen. Die im Erschließungsvertrag gewählte Abwicklung des dem Erschließungsträger gegen die Gemeinde zustehenden Erstattungsanspruchs kann so erfolgen, dass die Gemeinde dem Erschließungsträger die auf die Grundstücke der Fremdanlieger entfallenden Beiträge nach deren Einziehung auszahlt, wobei die Erschließungsbeiträge der Fremdanlieger, die mit dem Erschließungsträger Verträge über den Kostenersatz abgeschlossen haben, als gemäß § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB abgelöst gelten und der Ablösungsbetrag auf den im Übrigen bestehenden Erstattungsanspruch angerechnet wird (vgl. Urteil vom 22. März 1996 - BVerwG 8 C 17.94 - BVerwGE 101, 12 <23 f.>). Eine diesen Grundsätzen entsprechende Vereinbarung haben die Beklagte und der Erschließungsträger in § 11 Abs. 3 und 4 des Erschließungsvertrags getroffen. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses lagen mit § 11 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten auch ausreichende "Bestimmungen" im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB über die Zulässigkeit einer Ablösungsvereinbarung und die Berechnung des Ablösungsbetrages vor (vgl. hierzu Urteil vom 27. Januar 1982 - BVerwG 8 C 24.81 - BVerwGE 64, 361 <364 f., 368>). Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass nach § 10 Abs. 3 des Erschließungsvertrags dem Erschließungsträger gestattet ist, die Fremdanlieger, die sich ihm gegenüber vertraglich zur Kostenübernahme verpflichtet haben, über die beitragsfähigen Kosten hinaus zu belasten. Diese Vereinbarung bleibt ohne Auswirkungen auf die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes und die Berechnung des Ablösungbetrages.

19

b) Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht den Erschließungsvertrag für wirksam gehalten, obwohl zwischen der Beklagten und dem Erschließungsträger 1999 ein (echter) Erschließungsvertrag ohne Kostenvereinbarung geschlossen worden war. Ob der Ansicht des OVG Lüneburg (Beschluss vom 25. Juni 2008 - 9 ME 453/07 - NVwZ-RR 2009, 260) zu folgen ist, wonach die Modifizierung eines Erschließungsvertrags grundsätzlich schon in dem auf die Erschließung des Baugebiets ausgerichteten Vertrag erfolgen muss und nachträglich nur in Betracht kommt, wenn der entsprechende Wille der Vertragsparteien bereits im Erschließungsvertrag zum Ausdruck kommt, kann der Senat ebenso wie das Oberverwaltungsgericht dahinstehen lassen. Denn nach der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht, die - vorbehaltlich hier nicht ersichtlicher Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder gesetzliche Auslegungsregeln - das Revisionsgericht bindet (vgl. Urteile vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <69> und vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 17.87 - BVerwGE 84, 157 <162>), lässt sich § 12 Abs. 3 des städtebaulichen Vertrags vom 21. Dezember 1999 ein Vorbehalt der späteren Modifizierung entnehmen. Davon abgesehen kann eine zeitliche Begrenzung des Rechts zur nachträglichen Modifizierung eines ursprünglich ohne Kostenabrede abgeschlossenen Vertrags nur in Betracht gezogen werden, wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlage im Zeitpunkt der Vertragsmodifikation bereits begonnen wurde, was hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall war.

20

c) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Oberverwaltungsgericht als beitragsfähigen Erschließungsaufwand nicht nur die Kosten angesehen hat, die die Beklagte an den Erschließungsträger "kassenwirksam" auf dessen Anforderung hin gezahlt hat, sondern auch die von Fremdanliegern an den Erschließungsträger aufgrund geschlossener Werkverträge entrichteten und im Verhältnis der Beklagten zum Erschließungsträger verrechneten Beträge. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 1996 (a.a.O. S. 23) zutreffend ausgeführt, dass ein beitragsfähiger Aufwand in Höhe der Gesamtkosten für die Herstellung der Erschließungsanlage dann entsteht, wenn sich die Gemeinde nicht nur zur Erstattung der ausschließlich den Grundstücken der Fremdanlieger zuzuordnenden Erschließungskosten verpflichtet, sondern zur Erstattung des gesamten für die betreffende Erschließungsanlage entstehenden beitragsfähigen Erschließungsaufwands. Dass eine solche umfassende Kostenerstattung zwischen der Beklagten und dem Erschließungsträger vereinbart wurde, und es sich bei der Verrechnung nur um eine Abwicklungsmodalität der Kostenerstattung handelt, hat das Oberverwaltungsgericht § 11 des Erschließungsvertrags entnommen. Rechtsfehler, die die Bindungswirkung dieser Vertragsauslegung entfallen lassen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

21

3. Das Berufungsgericht hat weiter ohne Verletzung von Bundesrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften des revisiblen Rechts nicht in Betracht zu ziehen ist und ein etwaiger Verstoß gegen das Gemeindehaushaltsrecht nicht zur Nichtigkeit des Erschließungsvertrags mit der für die Entstehung beitragsfähigen Aufwandes maßgeblichen Kostenabrede führt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 21. April 2010, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, beliefen sich die Gesamtkosten der Herstellung aller Erschließungsanlagen auf 2 626 033,40 EUR (UA S. 15 unter Hinweis auf Bl. 84 der Gerichtsakten) und lagen damit unterhalb des für Bauaufträge geltenden Schwellenwertes von 5 Mio. € (vgl. § 2 der im Zeitpunkt des Abschlusses des Erschließungsvertrags maßgeblichen Vergabeverordnung vom 9. Januar 2001, BGBl I S. 110). Erst bei Erreichen dieses Schwellenwertes gelten die Vorgaben der die Vergabe-Richtlinie 93/37/EWG vom 14. Juni 1993 (ABl EG Nr. L 199 S. 54) umsetzenden Vorschriften der §§ 97 bis 129b GWB. Unterhalb der Schwellenwerte kommen in erster Linie bundes- oder landeshaushaltsrechtliche Vorschriften zur Anwendung (Glahs, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl. 2012, Vergaberecht Einl. Rn. 8a f.; Harms/Schmidt-Wottrich, LKV 2011, 537 <542>). Für Fälle mit grenzüberschreitendem Bezug wird zudem auch bei unterschwelligen Aufträgen die Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften diskutiert (Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2012, § 124 Rn. 91; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 124 Rn. 13c; zur möglichen Ausschreibungspflicht von Bauleistungen durch den Erschließungsträger vgl. Burmeister, Praxishandbuch Städtebauliche Verträge, 2. Aufl. 2005, Rn. 219). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht nur die Auswirkungen des von ihm unterstellten Verstoßes gegen eine kraft der landesrechtlichen Gemeindehaushaltsverordnung bestehende Ausschreibungspflicht geprüft und die Nichtigkeit des Erschließungsvertrags wegen eines Verstoßes gegen revisibles Recht nicht in Betracht gezogen.

22

4. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass der Herstellungsaufwand einer Erschließungsanlage nur dann nicht (in voller Höhe) beitragsfähig sei, wenn die auf die Beitragspflichtigen umgelegten Kosten wegen des - unterstellten - vergaberechtswidrigen Verzichts auf eine Ausschreibung eine grob unangemessene Höhe erreichen würden. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist aber die Annahme im Berufungsurteil, ein Verstoß gegen diese äußerste Grenze könne ohne weitere Sachaufklärung schon deswegen verneint werden, weil es die Klägerin insoweit an substantiierten Darlegungen habe fehlen lassen.

23

a) Mängel des Vergabeverfahrens führen nicht gleichsam automatisch zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung. Das Beitragsrecht knüpft die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht an die Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften. Davon abgesehen weist auch das Vergaberecht selbst keine beitragsrechtlichen Bezüge auf. Es trägt dem Schutz der öffentlichen Haushalte Rechnung und dient darüber hinaus der Wahrung des lauteren Wettbewerbs (vgl. Glahs a.a.O. Einl. Rn. 2 f.). Hiervon ausgehend entfaltet es auch Schutzwirkung zugunsten des Bieters als Teilnehmer am Wettbewerb. Eine darüber hinausgehende drittschützende Wirkung kommt dem Vergaberecht hingegen nicht zu. Der Beitragsschuldner ist nicht Marktteilnehmer, sondern nur mittelbar Betroffener. Er ist daher darauf beschränkt, einen Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften im Rahmen der Anfechtung des Beitragsbescheids mit der Rüge, durch den Verstoß seien unangemessene Mehrkosten entstanden, geltend zu machen. Einschlägige Rechtsnorm hierfür ist § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

24

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB entsprechend anwendbar, wenn nicht die Erforderlichkeit der Anlage, sondern die Angemessenheit und in diesem Sinne die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten in Frage steht. Der in § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Ausdruck kommende allgemeine beitragsrechtliche Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung bei Anlagen, die der Beitragspflicht unterliegen, trägt über ihren dem Gemeininteresse dienenden Zweck hinaus den Individualinteressen der beitragspflichtigen Eigentümer und Erbbauberechtigten der von einer Anlage erschlossenen Grundstücke Rechnung. Diesen Betroffenen kommt es in erster Linie zugute, wenn das Gesetz und insbesondere § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB dafür Sorge tragen, dass sich der beitragsfähige Erschließungsaufwand in den Grenzen des nach Lage der Dinge Angemessenen hält (Urteil vom 14. Dezember 1979 - BVerwG 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249 <252 f.>). Bei der Beurteilung der Angemessenheit kommt der Gemeinde ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Demgemäß wird für die Erforderlichkeit der aufgewendeten Kosten im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB lediglich eine äußerste Grenze markiert. Sie ist erst dann überschritten, wenn sich die Gemeinde ohne rechtfertigende Gründe nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch augenfällige Mehrkosten entstanden sind, das heißt, wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreicht haben, also sachlich schlechthin unvertretbar sind (Urteile vom 14. Dezember 1979 a.a.O., vom 13. Dezember 1985 - BVerwG 8 C 66.84 - NVwZ 1986, 925 <927> § 128 bbaug nr. 35> und vom 10. November 1989 - BVerwG 8 C 50.88 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 81 S. 46 f.; Beschlüsse vom 30. April 1997 - BVerwG 8 B 105.97 - juris Rn. 6 und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 9 B 23.01 - Buchholz 406.11 § 132 BauGB Nr. 49 S. 3).

25

b) Für ein Abrücken von dem Merkmal der "groben Unangemessenheit" für den Fall eines Verstoßes gegen das Vergaberecht sieht der Senat keinen Anlass. Die Forderung nach einer Senkung der Angemessenheitsschwelle in diesen Fällen mit der Begründung, anderenfalls bestehe die Gefahr, dass das Vergaberecht zu einer "leeren Hülse" werde (OVG Lüneburg, Urteil vom 25. November 1999 - 9 L 1832/99 - juris Rn. 13), übersieht, dass die Vorschriften des Vergaberechts gerade nicht dem Individualinteresse des Beitragspflichtigen dienen und es daher nicht Aufgabe des Beitragsrechts sein kann, Verstöße gegen diese Vorschriften in besonderer Weise zu sanktionieren. Es trifft auch nicht zu, dass Verstöße gegen das Vergaberecht bei Beibehaltung des Maßstabes der "groben Unangemessenheit" beitragsrechtlich folgenlos bleiben würden. Bereits in seiner grundlegenden Entscheidung zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Urteil vom 14. Dezember 1979 a.a.O. S. 253), die die Angemessenheit der Grunderwerbskosten betraf, hat das Bundesverwaltungsgericht betont, dass es auf die sachliche Vertretbarkeit der Mehrkosten ankomme und die Rechtfertigungsgründe für eine für die Gemeinde erkennbare Überschreitung der Verkehrswerte beim Grunderwerb umso gewichtiger sein müssten, je beträchtlicher die Mehrkosten seien. Unter diesen Voraussetzungen hat das Bundesverwaltungsgericht der Gemeinde einen weiten Entscheidungsspielraum zugestanden, der es auch rechtfertigen kann, die Verkehrswerte unter Umständen beträchtlich zu überschreiten. Diese im Hinblick auf den Grunderwerb entwickelten Grundsätze führen auch im Zusammenhang mit dem Vergaberecht und etwaigen Vergaberechtsverstößen zu sachgerechten Ergebnissen.

26

Nimmt die Gemeinde eine nach dem Vergaberecht vorgeschriebene Ausschreibung ordnungsgemäß vor und entscheidet sie sich für den billigsten Anbieter, indiziert das die Erforderlichkeit der Kosten. In einer solchen Fallgestaltung ist es Sache des Klägers, Anhaltspunkte vorzutragen, die dafür sprechen, dass die Kosten gleichwohl eine grob unangemessene Höhe erreichen. Entscheidet sich die Gemeinde nicht für das billigste Angebot, sondern für ein Angebot, das (augenfällig) höhere Herstellungskosten als andere Angebote vorsieht, müssen sachlich vertretbare Gründe vorliegen, die das Angebot gleichwohl als wirtschaftlich erscheinen lassen. Solche Gründe können neben dem Preis z.B. Qualität, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst, technische Hilfe und Ausführungsfristen sein (Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2007, § 97 GWB Rn. 219; Eiding, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, Stand 1. Dezember 2012, § 129 Rn. 25). Bei der Entscheidung, welchem Gesichtspunkt die Gemeinde den Vorzug gibt, steht ihr ein (weiter) Entscheidungsspielraum zu, wobei auch insoweit die Rechtfertigungsgründe für die Wahl des teureren Angebots umso gewichtiger sein müssen, je größer der Abstand zum nächstgünstigen Angebot ist. Dabei ergibt sich aus der Natur der Sache, dass der Abgabenschuldner regelmäßig nicht in der Lage sein wird, die Unangemessenheit der Kosten darzulegen. Es ist daher Sache der Gemeinde, die in ihre Einfluss- und Verantwortungssphäre fallenden Gründe zu benennen, die sie veranlasst haben, sich für ein teureres Angebot zu entscheiden. Vermag sie solche nicht zu benennen oder erweisen sie sich - gegebenenfalls nach entsprechender Sachaufklärung durch das Gericht - als nicht tragfähig, ist der Zuschlag für das teurere Angebot schlechthin unvertretbar und sind die dadurch verursachten Mehrkosten grob unangemessen.

27

Hat die Gemeinde - wie hier vom Berufungsgericht unterstellt - eine nach dem Vergaberecht vorzunehmende Ausschreibung nicht durchgeführt oder ist ein Vergabeverfahren mit Fehlern behaftet, fehlt es von vornherein an der von einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren ausgehenden Indizwirkung für die Erforderlichkeit der Kosten. Daraus folgt - wie oben ausgeführt - zwar noch nicht die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides oder eine Änderung des bei der Überprüfung der Erforderlichkeit der Kosten geltenden rechtlichen Maßstabes. Die fehlende Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften macht es aber erforderlich, dem Einwand, durch den Vergaberechtsverstoß seien augenfällige Mehrkosten entstanden, nachzugehen und ihn im gerichtlichen Verfahren zu klären.

28

Das Berufungsgericht hat eine Sachverhaltsklärung mit dem Hinweis darauf, dass die Beklagte Mehrkosten bestritten und die Klägerin eine grob unangemessene Höhe der Kosten nicht substantiiert dargelegt habe, als von Amts wegen nicht veranlasst angesehen. Dies steht mit den im Verwaltungsprozess geltenden Grundsätzen der Amtsermittlung und der richterlichen Überzeugungsbildung nicht in Einklang. In dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess ist es Aufgabe des Gerichts, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, dazu von Amts wegen die erforderlichen Sachverhaltsaufklärungen zu betreiben und sich seine eigene Überzeugung zu bilden (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die den Beteiligten dabei auferlegte Mitwirkungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO) entbindet das Gericht daher grundsätzlich nicht von seiner eigenen Aufklärungspflicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht dort ihre Grenze findet, wo das Vorbringen des Klägers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet, und dass eine Verletzung der Mitwirkungspflichten durch die Beteiligten die Anforderungen an die Ermittlungspflicht des Gerichts herabsetzen kann (vgl. Urteil vom 29. Juni 1999 - BVerwG 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <177>). Nach diesen Maßstäben hätte das Berufungsgericht die kostenmäßige Angemessenheit im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ohne weitere Sachaufklärung nicht bejahen dürfen.

29

Die Annahme einer Substantiierungspflicht der Klägerin durch das Berufungsgericht lässt unberücksichtigt, dass es wegen des - unterstellten - Verstoßes gegen eine Ausschreibungspflicht an der von einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren ausgehenden Indizwirkung für die Erforderlichkeit der Kosten fehlt und deswegen Anlass zur Klärung der Angemessenheit der Erschließungskosten bestand. Die Auffassung des Berufungsgerichts übersieht zudem, dass der Rechtsverstoß nicht in der Sphäre und dem Verantwortungsbereich der Klägerin als Beitragsschuldnerin, sondern der beklagten Gemeinde als Beitragsgläubigerin seinen Ursprung hatte. Der Beitragsschuldner wird - anders als die Gemeinde - regelmäßig nicht über die zur Beurteilung der Erforderlichkeit der Kosten bzw. der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens notwendigen Kenntnisse und Informationen verfügen und daher nicht in der Lage sein, sein Vorbringen, es seien durch den von der Gemeinde zu verantwortenden Fehler bei der Vergabe des Erschließungsauftrags sachlich nicht vertretbare Mehrkosten entstanden, durch weitere tatsächliche Angaben zu substantiieren. Ebenso wenig wird er Kenntnisse darüber haben, wie hoch die umgelegten durchschnittlichen Kosten bei vergleichbaren Erschließungsanlagen der Gemeinde oder in anderen Gemeinden sind. Über diese Informationen verfügt aber regelmäßig die Gemeinde, weshalb es in erster Linie ihre Sache ist, darzulegen, dass trotz des vergaberechtswidrigen Verfahrens die entstandenen Kosten sach- und marktgerecht sind. Ob darüber hinaus weitere Ermittlungen, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Angemessenheit der Kosten, erforderlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

30

Dass das Berufungsgericht auch den "vorgelegten Unterlagen" keine grob unangemessenen Mehrkosten entnehmen konnte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dieser pauschale Hinweis ist vor dem Hintergrund der vom Berufungsgericht zu Unrecht angenommenen Einschränkung der Amtsermittlungspflicht zu sehen und deswegen nicht aussagekräftig.

31

Die fehlerhafte Beurteilung der Mitwirkungspflicht erfasst nicht nur den Erschließungsbeitragsbescheid, sondern auch den auf §§ 135a bis 135c BauGB gestützten Bescheid über die Kostenerstattungsbeträge für die Durchführung von zugeordneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, auf den § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ebenfalls - in doppelter Analogie - Anwendung findet.

32

5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob eine Ausschreibungspflicht - wie sie das Berufungsgericht unterstellt hat - nach den Bestimmungen der Gemeindehaushaltsverordnung tatsächlich bestand, kann im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Zum einen hält der Senat es für sachgerecht, dass das Berufungsgericht die Auslegung der einschlägigen Vorschriften der Gemeindehaushaltsverordnung vornimmt, zum anderen ist nicht auszuschließen, dass in diesem Rahmen weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht erforderlich wird. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Der Erschließungsaufwand nach § 127 umfasst die Kosten für

1.
den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;
2.
ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;
3.
die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen.
Der Erschließungsaufwand umfasst auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. Zu den Kosten für den Erwerb der Flächen für Erschließungsanlagen gehört im Falle einer erschließungsbeitragspflichtigen Zuteilung im Sinne des § 57 Satz 4 und des § 58 Absatz 1 Satz 1 auch der Wert nach § 68 Absatz 1 Nummer 4.

(2) Soweit die Gemeinden nach Landesrecht berechtigt sind, Beiträge zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erheben, bleibt dieses Recht unberührt. Die Länder können bestimmen, dass die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind.

(3) Der Erschließungsaufwand umfasst nicht die Kosten für

1.
Brücken, Tunnels und Unterführungen mit den dazugehörigen Rampen;
2.
die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern.

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 20.05.2014 (7 O 351/13) wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt,

a) an die Klägerin über die erstinstanzlich zugesprochene Herausgabe der Baugenehmigung nebst Plänen hinaus folgende Unterlagen betreffend die Wohnanlage B 38-40 in C herauszugeben:

- einen Abzug der Werkplanung 1:50

- Energieausweis

- Kanaldichtigkeitsnachweis

- Einweisung in die Haustechnik

- Bedienungsanleitungen zu den technischen Einrichtungen

sowie Heizungsanweisungen,

b) an die Klägerin 7.400,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 4.520,69 € seit dem 1.2.2013 und aus 2.879,68 € seit dem 9.1.2014 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung als unzulässig verworfen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der in diesem angefallenen Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin.

4. Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in Höhe von 120  % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.

Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch, das Schiffsregister oder das Schiffsbauregister erfolgen soll, so gilt die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs als bewilligt. Die Vormerkung oder der Widerspruch erlischt, wenn das Urteil durch eine vollstreckbare Entscheidung aufgehoben wird.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.