Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Nov. 2013 - 12 A 1019/13

ECLI:ECLI:DE:OVGNRW:2013:1129.12A1019.13.00
bei uns veröffentlicht am29.11.2013

Tenor

                        Die Klage wird abgewiesen.

                        Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.

                        Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig voll-

                        streckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch

                        Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden,

                        wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher

                        Höhe leistet.

                        Die Revision wird nicht zugelassen.

                        Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf

                        19.493,94 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Nov. 2013 - 12 A 1019/13 zitiert 18 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 125


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 86 Örtliche Zuständigkeit für Leistungen an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern


(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt ode

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130a


Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entspre

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 42 Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen


(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn 1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhut

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 43 Nebenforderungen


(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. (2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Ha

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform


Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwi

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 2 Aufgaben der Jugendhilfe


(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien. (2) Leistungen der Jugendhilfe sind:1.Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und J

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 37 Vorbehalt abweichender Regelungen


Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapite

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 89f Umfang der Kostenerstattung


(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 86d Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden


Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 89b Kostenerstattung bei vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen


(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 begründet wird. (2)

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Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 9. April 2009 – 6 A 3066/00 – wird abgelehnt. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird für das

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Aug. 2010 - 5 C 14/09

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. März 2010 - 5 C 12/09

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Tatbestand 1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Jugendhilfekosten, die er in der Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. August 2004 für das Kind D.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 28. Aug. 2007 - 1 L 300/05

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. April 2005 - 6 A 77/04 - teilweise geändert: Der Beklagte zu 1. wird verpflichtet, die Gewährung der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin Frau L. T. (L
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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 15. Dez. 2016 - 5 C 35/15

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Tatbestand 1 Die beteiligten Jugendhilfeträger streiten darüber, wer die Kosten einer im Jahre 2012 durchgeführten Inobhutnahme zu tragen hat und anschließend für den Ju

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Juni 2015 - 7 A 11002/14

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Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 6. Februar 2014 die Klage abgewiesen. Die Kläge

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(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 begründet wird.

(2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört.

(3) Eine nach Absatz 1 oder 2 begründete Pflicht zur Kostenerstattung bleibt bestehen, wenn und solange nach der Inobhutnahme Leistungen auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 7 Satz 1 Halbsatz 2 gewährt werden.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 begründet wird.

(2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört.

(3) Eine nach Absatz 1 oder 2 begründete Pflicht zur Kostenerstattung bleibt bestehen, wenn und solange nach der Inobhutnahme Leistungen auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 7 Satz 1 Halbsatz 2 gewährt werden.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Erstattung von Kosten, die er in der Zeit vom 23. November 1999 bis zum Ablauf des 21. Juni 2000 als Hilfe für junge Volljährige aufgewandt hat.

2

Die am 23. November 1981 in Äthiopien geborene Hilfeempfängerin reiste Anfang Februar 1997 als Minderjährige ohne Begleitung ihrer Eltern oder eines gesetzlichen Vertreters auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Wenige Tage nach ihrer Einreise sprach sie beim Jugendamt der Stadt F. vor, das sie in unmittelbarem Anschluss daran in Obhut nahm. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Erstversorgungseinrichtung der Arbeiterwohlfahrt wurde die Hilfeempfängerin ab Mitte April 1997 in der im Nachbarkreis des Klägers gelegenen Jugendhilfeeinrichtung Haus O. untergebracht, in der sie bis zum 21. Juni 2000 blieb.

3

Bereits am 21. Februar 1997 wurde der Beklagte durch das Bundesverwaltungsamt zum erstattungspflichtigen überörtlichen Träger nach § 89d Abs. 3 SGB VIII bestimmt.

4

Mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 31. Oktober 1997 wurde die Hilfeempfängerin im Rahmen ihres Asylverfahrens dem Gebiet des Klägers zugewiesen, der seit diesem Zeitpunkt als örtlich zuständiger Jugendhilfeträger für die Kosten ihrer Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung Haus O. aufkam. Er zahlte die Unterbringungskosten zunächst im Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII. Ab dem 20. Januar 1998 bis zum Eintritt der Volljährigkeit am 23. November 1999 gewährte er insoweit Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII, an die sich bis zum Ablauf des 21. Juni 2000 die Gewährung von Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII anschloss.

5

Der Kläger wandte sich mit mehreren Schreiben an den Beklagten und beantragte Erstattung der von ihm aufgewandten Kosten. Er ist der Auffassung, der Anspruch auf Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige gewährten Leistungen hätte nicht ausdrücklich bzw. gesondert innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des 21. Juni 2000 geltend gemacht werden müssen. Im Hinblick auf diesen Erstattungsanspruch werde die Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X bereits durch den nach der Inobhutnahme der Hilfeempfängerin erstmals unter dem 22. Oktober 1997 gestellten Antrag auf Erstattung der Kosten gewahrt. Der spätere Wechsel der Leistungsart sowie der Rechtsgrundlage änderten daran nichts.

6

Der Beklagte lehnte die Erstattung ab, weil der Kläger seinen Anspruch auf Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Leistungsende geltend gemacht habe. Er sei erst Ende Juni 2002 über ein im November 1999 geführtes Gespräch in Kenntnis gesetzt worden, nachdem die Selbstständigkeit der Hilfeempfängerin im Zeitpunkt der Volljährigkeit noch wenig ausgeprägt gewesen sei. Allein dieses Detail hätte die Schlussfolgerung zulassen können, dass (wahrscheinlich) über den Zeitpunkt der Volljährigkeit hinaus Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch erforderlich gewesen seien.

7

Mit Urteil vom 20. März 2006 hat das Verwaltungsgericht die am 29. April 2004 erhobene Klage auf Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten in Höhe von 21 749,75 € abgewiesen.

8

Mit Urteil vom 1. Juli 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hätte den auf die Hilfe für junge Volljährige bezogenen Kostenerstattungsanspruch gesondert innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X geltend machen müssen. Mit dem Begriff der Leistung im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X sei nicht die Sozialleistungsart "Jugendhilfe" im abstrakten Sinne, sondern die erbrachte (oder vorgesehene) Jugendhilfe in ihrer konkreten Ausgestaltung gemeint, d.h. die Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII, die Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII oder die Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII. Der Jugendhilfe liege kein "ganzheitlicher" Leistungsbegriff zugrunde, vielmehr umfasse die Jugendhilfe gemäß § 2 Abs. 1 SGB VIII die einzelnen in § 2 Abs. 2 SGB VIII aufgeführten Leistungen und die in § 2 Abs. 3 SGB VIII aufgezählten anderen Aufgaben. Für ein gesondertes Geltendmachen des die Hilfe für junge Volljährige betreffenden Kostenerstattungsanspruchs spreche zudem, dass sich andernfalls die Anmeldung des Kostenerstattungsanspruchs bezüglich der Inobhutnahme und der anschließend gewährten Hilfe zur Erziehung auf eine Zeitspanne von bis zu (weiteren) neun Jahren (18. bis 27. Lebensjahr) erstrecke. Das sei mit der durch die Ausschlussfrist bezweckten baldigen Abwicklung der Erstattungen schwerlich zu vereinbaren. Nach diesen rechtlichen Vorgaben sei ein fristgerechtes Geltendmachen nicht gegeben. Die Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten sei erstmals mit Schreiben vom 6. November 2002 beantragt worden. Die vorangegangenen Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 1997 sowie vom 26. März und 27. Juli 1998 bezögen sich nur auf die Inobhutnahme und die Hilfe zur Erziehung.

9

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt eine Verletzung des § 89d SGB VIII sowie des § 111 Satz 1 SGB X.

10

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Anspruch auf Erstattung nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für die im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten ausgeschlossen ist, weil der Kläger ihn nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X geltend gemacht hat, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

12

Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfüllt sind und dem Kläger damit gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der als Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Unterbringungskosten dem Grunde nach zustehen kann. Auch die Höhe der danach zu erstattenden Kosten ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Zu entscheiden ist allein, ob der Anspruch gemäß § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen ist. Dies ist nicht der Fall. Der Kostenerstattungsanspruch des § 89d SGB VIII unterfällt zwar der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X (1.), die hier gemäß § 111 Satz 2 SGB X in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung frühestens mit der Entstehung des Erstattungsanspruchs begann; im Übrigen gilt § 111 Satz 1 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung (2.). Der Anspruch auf Erstattung der als Hilfe für junge Volljährige gewährten Leistungen wurde aber vom Kläger mit den Schreiben vom 26. März und 23. Juli 1998 fristwahrend geltend gemacht (3.)

13

1. Der Anwendung des § 111 SGB X auf den Erstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII steht die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. Demnach ist die Ausschlussfrist des § 111 SGB X auf die spezielle jugendhilferechtliche Situation einander gegenüberstehender Erstattungsansprüche örtlicher Jugendhilfeträger nicht anwendbar, was in besonderer Weise für eine Kollision mit einem Erstattungsanspruch nach § 89a SGB VIII gilt, dessen Ziel es ist, die Pflegestellenorte von den mit einem Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 SGB VIII verbundenen Kosten zu befreien (Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 9 jeweils Rn. 33). Diese Rechtsprechung ist mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar. Im vorliegenden Verfahren kollidieren weder zwei Erstattungsansprüche noch stehen sich zwei örtliche Träger der Jugendhilfe gegenüber, von denen einer nach § 89a SGB VIII Erstattung der von ihm aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewandten Kosten begehrt. Streitgegenstand ist vielmehr allein der dem örtlichen Träger der Jugendhilfe gegen den vom Bundesverwaltungsamt als erstattungspflichtig bestimmten überörtlichen Träger der Jugendhilfe nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zustehende Anspruch auf Kostenerstattung.

14

Die Anwendung des § 111 SGB X auf diesen Anspruch bestimmt sich nach § 37 Satz 1 SGB I. Danach gelten das Erste und Zehnte Buch für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuches, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch enthält keine Vorschrift, welche die Ausschlussfrist des § 111 SGB X hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 89d SGB VIII ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt oder anordnet, dass das Geltendmachen dieses Anspruchs keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt. Dem Kinder- und Jugendhilferecht ist auch kein Strukturprinzip (vgl. insoweit Urteil vom 29. September 1994 - BVerwG 5 C 41.92 - Buchholz 436.7 § 27a BVG Nr. 16 S. 3 = Buchholz 435.11 § 58 SGB I Nr. 3) zu entnehmen, das es rechtfertigt, den Erstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII aus dem Anwendungsbereich des § 111 SGB X herauszunehmen.

15

2. Gemäß § 120 Abs. 2 SGB X findet auf ein - wie hier - am 1. Juni 2000 noch nicht abschließend entschiedenes Kostenerstattungsverfahren zwar grundsätzlich die Vorschrift des § 111 SGB X in der vom 1. Januar 2001 an geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) insgesamt Anwendung. Insbesondere war der Anspruch auf Erstattung bei Inkrafttreten der Neuregelung der Ausschlussfrist nicht bereits nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Regelung des § 111 SGB X in der Fassung des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I S. 1450) ausgeschlossen (vgl. insoweit Urteil vom 10. April 2003 - BVerwG 5 C 18.02 - Buchholz 435.12 § 111 SGB X Nr. 3 S. 2). Der Kläger hätte nämlich unter der Geltung dieser alten Gesetzesfassung seinen Erstattungsanspruch noch bis zum Ablauf des 21. Juni 2001 anzeigen können.

16

Eine Ausnahme von der nach § 120 Abs. 2 SGB X angeordneten Anwendung des § 111 Satz 2 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung ist hier jedoch deshalb zu machen, weil eine sachliche Entscheidung des erstattungspflichtigen Beklagten gegenüber der Hilfeempfängerin nicht in Betracht kam und demzufolge die Regelung des § 111 Satz 2 SGB X ins Leere gehen würde (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2005 - B 1 KR 20/04 R - SozR 4-1300 § 111 Nr. 3 Rn. 21 ff.). Denn zwischen dem Beklagten und der Hilfeempfängerin bestand keine unmittelbare Rechtsbeziehung. Die Hilfeempfängerin konnte den Beklagten nicht auf die Erbringung einer Sozialleistung in Anspruch nehmen. Ausschließlich der Kläger war als örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe gegenüber der Hilfeempfängerin zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII und Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII verpflichtet. Für die vorliegende Fallkonstellation ist daher § 111 Satz 2 SGB X in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung entsprechend anzuwenden. Danach beginnt die Ausschlussfrist im konkreten Fall frühestens in dem Zeitpunkt, in dem - bezogen auf die Leistung, deren Erstattung begehrt wird - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfüllt sind.

17

3. Für den Kostenerstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII ist die Leistung im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X nach dem zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff des Kinder- und Jugendhilferechts zu bestimmen (3.1). In Anwendung dieses Begriffes sind die vom Kläger gewährte Hilfe zur Erziehung und die von ihm im unmittelbaren Anschluss daran geleistete Hilfe für junge Volljährige als einheitliche jugendhilferechtliche Leistung zu werten (3.2). Für das fristgerechte Geltendmachen dieser (Gesamt-)Leistung genügt es, dass der Kläger den Antrag auf Erstattung der Kosten nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII während der laufenden Hilfe zur Erziehung (und damit lange vor der Zwölfmonatsfrist nach Ende der Leistung) gestellt hat (3.3). Dem Zweck der Ausschlussfrist wird damit hinreichend Rechnung getragen (3.4).

18

3.1 Das Sozialgesetzbuch Erstes Buch und Zehntes Buch als die für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Bücher enthalten keine eigenständige Definition des Begriffs der Leistung, auf den im Rahmen der Ausschlussfrist zurückgegriffen werden könnte. § 111 Satz 1 SGB X nimmt vielmehr Bezug auf die Leistung und den Leistungsbegriff des jeweiligen Sozialleistungsbereichs, in dem der geltend zu machende Anspruch auf Kostenerstattung im Einzelfall seine Rechtsgrundlage findet. Der Wortlaut des § 111 SGB X steht einer bereichsspezifischen Auslegung ebenso wenig entgegen wie der Zweck der Ausschlussfrist. Denn eine mit Rücksicht auf die spezifische Zielsetzung des Rechts der jeweiligen Sozialleistung erfolgende Bestimmung der Leistung führt nicht dazu, dass der erstattungspflichtige Leistungsträger nicht möglichst zeitnah zur Leistungserbringung die zu erwartende finanzielle Belastung erkennen und gegebenenfalls entsprechende Rückstellungen bilden kann.

19

Für das fristgerechte Geltendmachen des Anspruchs auf Erstattung der Kosten nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist demzufolge der Begriff der Leistung im Sinne der Zuständigkeitsregelungen der §§ 86 ff. SGB VIII maßgeblich. Der Rückgriff auf den zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff im Rahmen des Erstattungsverhältnisses findet seine sachliche Rechtfertigung in der jugendhilferechtlichen Verknüpfung der örtlichen Zuständigkeit mit der Kostentragungspflicht und der sie ergänzenden Kostenerstattung. In der Regel hat der für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben der Jugendhilfe nach §§ 86 ff. SGB VIII örtlich zuständige Träger der Jugendhilfe auch deren Kosten zu tragen. Insbesondere bei einer - wie hier in Rede stehenden - Leistungsgewährung in Einrichtungen kann dies aber zu einer unangemessenen finanziellen Belastung einzelner kommunaler Gebietskörperschaften führen. Entsprechendes gilt vor allem auch für die Fälle fortdauernder Vollzeitpflege sowie des vorläufigen Eintretens für den an sich (endgültig) örtlich zuständigen Träger der Jugendhilfe. Nach der Systematik des Gesetzes ist es Aufgabe der Kostenerstattung, durch die Zuständigkeitsregelungen nicht gerechtfertigte Kostenbelastungen nach Möglichkeit auszugleichen und auf diesem Weg für eine gleichmäßige Kostenverteilung zwischen den einzelnen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu sorgen. Dementsprechend folgt im Siebten Kapitel des Sozialgesetzbuches Achtes Buch unmittelbar auf die im Zweiten Abschnitt geregelte (vorrangige) örtliche Zuständigkeit der Dritte Abschnitt mit seinen Regelungen über die Kostenerstattung. Überdies knüpft auch der Wortlaut der einzelnen Erstattungsansprüche nach §§ 89 ff. SGB VIII zum Teil ausdrücklich an die örtliche Zuständigkeit nach §§ 86 ff. SGB VIII an (z.B. §§ 89, 89a Abs. 1 Satz 1, § 89a Abs. 2, § 89a Abs. 3, § 89b Abs. 1, § 89b Abs. 3, § 89c Abs. 1 Satz 1, § 89c Abs. 3, § 89e Abs. 1 Satz 1 und § 89e Abs. 2 SGB VIII).

20

3.2 Nach Maßgabe des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs ist die (jugendhilferechtliche) Leistung anhand einer bedarfsorientierten Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zu bestimmen. Demzufolge bilden alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen eine einheitliche Leistung, zumal wenn sie im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche (vgl. § 86a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB VIII) zeitliche Unterbrechung gewährt werden. Dies gilt auch dann, wenn bei dem vielfach auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess sich die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden, die Hilfegewährung im Verlauf des ununterbrochenen Hilfeprozesses also einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zuzuordnen oder innerhalb des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist (stRspr, grundlegend Urteil vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116 <119> = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 2; vgl. zuletzt Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - juris Rn. 22; s.a. Urteil vom 14. November 2002 - BVerwG 5 C 56.01 - BVerwGE 117, 194 S. 197 ff. = Buchholz 436.511 § 89a KJHG/SGB VIII Nr. 1 = Buchholz 436.511 § 86a KJHG/SGB VIII Nr. 2).

21

Auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatrichterlichen Feststellungen stellen die vom Kläger ab dem 20. Januar 1998 gewährte Hilfe zur Erziehung und die ab dem 23. November 1999 bis zum Ablauf des 21. Juni 2000 gewährte Hilfe für junge Volljährige eine (einheitliche) Leistung im vorgenannten Sinne dar. In beiden Fällen wurde die Jugendhilfe durch die Unterbringung der Hilfeempfängerin in ein und derselben Jugendhilfeeinrichtung erbracht. Der Kläger ging bei seiner Entscheidung, diese konkrete Maßnahme über den Eintritt der Volljährigkeit bis zum Ende des Schuljahres 1999/2000 hinaus in Form der Hilfe für junge Volljährige weiterhin auf seine Kosten durchzuführen, erkennbar von einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf aus und brachte dies in seinem Bewilligungsbescheid vom 15. November 1999 auch unmissverständlich zum Ausdruck. Denn er hielt es danach aufgrund der Persönlichkeit, insbesondere des verzögerten Entwicklungsstandes, und der individuellen Situation der Hilfeempfängerin für erforderlich, die der Hilfeempfängerin "gewährte Erziehungshilfe über das vollendete achtzehnte Lebensjahr hinaus gemäß § 41 SGB VIII fortzusetzen". Der Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.

22

3.3 An das Geltendmachen im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X dürfen keine überzogenen formalen oder inhaltlichen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich bei den am Erstattungsverfahren Beteiligten um Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Behörden handelt, deren Vertreter Kenntnis von den jeweils in Betracht kommenden Leistungen besitzen. Bei dem Geltendmachen handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang beim Empfänger wirksam wird. Ein konkludentes Geltendmachen ist zulässig und ausreichend. Die inhaltlichen Anforderungen bestimmen sich nach dem Zweck des § 111 SGB X, möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht. Aus diesem Grund erfordert das Geltendmachen ein unbedingtes Einfordern der Leistung. Ein bloß vorsorgliches Anmelden genügt nicht. Der Wille des Erstattungsberechtigten, zumindest rechtssichernd tätig zu werden, muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der Erklärung deutlich erkennbar zugrunde liegen. Der in Anspruch genommene Leistungsträger muss bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruchs ohne weitere Nachforschungen beurteilen können, ob die gegen ihn erhobene Forderung ausgeschlossen ist oder er mit einer Erstattungspflicht zu rechnen hat. Hierfür ist in der Regel ein Darlegen in allen Einzelheiten nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind und insbesondere der Zeitraum, für den die Leistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt werden. Geringere inhaltliche Anforderungen gelten, wenn der Erstattungsanspruch, was grundsätzlich zulässig ist, vor seiner Entstehung geltend gemacht wird. In einem derartigen Fall ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Angaben über Art und Umfang der künftigen Leistungen allgemein unter Verwendung der Kenntnisse gemacht werden, die im Zeitpunkt des Geltendmachens vorhanden sind (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BSG, Urteil vom 22. August 2000 - B 2 U 24/99 R - SozR 3-1300 § 111 Nr. 9 Rn. 17 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen sowie Urteil vom 4. März 1993 - BVerwG 5 C 6.91 - BVerwGE 92, 167 168 = Buchholz 435.12 § 111 SGB X Nr. 2). Für das fristgerechte Geltendmachen eines Kostenerstattungsanspruchs für eine unter Bedarfsgesichtspunkten als eine Einheit zu wertende Jugendhilfemaßnahme ist eine bedarfsorientierte Gesamtbetrachtung zugrunde zu legen. Danach kommt es nicht darauf an, ob die Kosten für die Maßnahme von einem Dritten gegebenenfalls zeitabschnittsweise in Rechnung gestellt und beglichen werden. Vielmehr genügt zur Wahrung der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Maßnahmen und Hilfen, die jugendhilferechtlich als eine Leistung zu werten sind, jede innerhalb dieser Frist erfolgende Geltendmachung des Anspruchs nach Beginn der (Gesamt-)Leistung. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 10. April 2003 - BVerwG 5 C 18.02 - (a.a.O. S. 3) eine andere Auffassung vertreten und für die Bestimmung der fristgerechten Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs auf die im Einzelfall erfolgte monatsweise Abrechnung abgestellt hat, hält er daran nicht mehr fest.

23

Den dargelegten Anforderungen an das Geltendmachen hat der Kläger in Bezug auf die - sich aus der Hilfe zur Erziehung und der Hilfe für junge Volljährige zusammensetzende - (Gesamt-)Leistung innerhalb der mit Ablauf des 21. Juni 2001 endenden Ausschlussfrist erfüllt. Nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 37 Abs. 2 VwGO), der sich insoweit die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu Eigen gemacht hat, hat der Kläger den Anspruch auf Erstattung der Kosten nach § 89d SGB VIII bezüglich der ab dem 20. Januar 1998 gewährten Hilfe zur Erziehung mit Schreiben vom 26. März und 23. Juli 1998 geltend gemacht. Diese Anmeldung wirkt infolge der Annahme einer einheitlichen (Gesamt-)Leistung auch für die vom Kläger in Form der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten fristwahrend.

24

3.4 Der Zweck der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X wird dadurch weder beeinträchtigt noch in Frage gestellt. Bereits das Geltendmachen des Erstattungsanspruchs in Bezug auf die Hilfe zur Erziehung erfüllt im konkreten Fall die mit der zeitnahen Anmeldung verfolgte Informations- und Warnfunktion. Vor und nach Eintritt der Volljährigkeit wurde aufgrund eines qualitativ unveränderten Hilfebedarfs der Sache nach immer dieselbe Leistung erbracht, die lediglich infolge des Eintritts der Volljährigkeit im Verhältnis der Hilfeempfängerin zum erstattungsberechtigten Kläger einer anderen Rechtsgrundlage zuzuordnen war, ohne dass dies jedoch zu einem Austausch des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers oder Wechsel der Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs führte. Mit Rücksicht auf diesen konkreten Verfahrensablauf war für den Beklagten außerdem stets hinreichend erkennbar, welche finanzielle Belastung auf ihn zukommen konnte, zumal auch für ihn an seiner Erstattungspflicht infolge der Bestimmung des Bundesverwaltungsamts vom 21. Februar 1997 von Anfang an kein Zweifel bestand.

25

4. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend (stRspr für den Bereich der Jugendhilfe z.B. Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 256 = Buchholz 436.511 § 89e KJHG/SGB VIII Nr. 1 S. 5 m.w.N. = Buchholz 436.511 § 86a KJHG/SGB VIII Nr. 1).

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Jugendhilfekosten, die er in der Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. August 2004 für das Kind D. aufgewandt hat.

2

Der 1995 geborene D. lebte bei seiner Mutter in der beklagten Stadt S. Zum Zeitpunkt seiner Geburt war die Mutter mit Herrn G. verheiratet. Die Eheleute trennten sich später und die Ehe wurde geschieden. Im November 2001 musste sich die allein sorgeberechtigte Mutter einer stationären Behandlung im Krankenhaus unterziehen und gab das Kind zu ihrer ebenfalls in S. wohnenden Freundin, Frau F. Auf deren Hilfeersuchen brachte das Jugendamt der Beklagten den Jungen am 11. Dezember 2001 vorläufig zur Pflege bei ihr unter. Am 12. Dezember 2001 verstarb die Mutter. Als es daraufhin in der Pflegestelle F. Probleme gab, wurde das Kind vom Jugendamt der Beklagten am 23. Dezember 2001 bei der Familie K. im N.-Kreis untergebracht. Frau K. ist eine Halbschwester der verstorbenen Mutter. Sie hatte zusammen mit ihrem Ehemann bereits eine ältere Halbschwester des D. in Pflege. Nach einem internen Vermerk vom 3. Januar 2002 ging das Jugendamt der Beklagten davon aus, dass D. auf Dauer in der Pflegestelle K. bleiben werde. Da der als Vater des Kindes geführte Herr G. zu diesem Zeitpunkt im Zuständigkeitsbereich des Klägers wohnte, bat die Beklagte den Kläger um die Anerkennung der Kostenerstattungspflicht für den Jugendhilfefall.

3

Mit Beschluss vom 6. Februar 2002 übertrug das Amtsgericht die Vormundschaft für das Kind D. auf das Jugendamt des N.-Kreises. Auf dessen Antrag als Amtsvormund bewilligte der Kläger dem Kind mit Bescheid vom 26. Juni 2002 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege, und zwar rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Mai 2002. Am 1. August 2002 nahm der Kläger die Zahlungen an die Pflegefamilie K. auf. Auf Anforderung der Beklagten erstattete ihr der Kläger im Oktober 2002 Kosten in Höhe von 5 709,43 €, die sie für das Kind D. in der Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 aufgewandt hatte. Die Beklagte leitete ihrerseits einen Betrag in Höhe von 1 257,47 € an den Kläger weiter. Dabei handelte es sich um eine Zahlung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die dem Kind rückwirkend zum 12. Dezember 2001 eine Halbwaisenrente bewilligt hatte.

4

Mit Urteil vom 22. Juli 2004 stellte das Amtsgericht M. auf die Anfechtung des Amtsvormunds hin fest, dass Herr G. nicht der Vater des Kindes D. sei. Der Kläger stellte seine Leistungen daraufhin zum 31. August 2004 ein. Zum 1. September 2004 übernahm der N.-Kreis die Jugendhilfe. Im April 2005 machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine Forderung in Höhe von 18 750,70 € geltend. In dieser Summe war zum einen der Betrag enthalten, den er der Beklagten für die Zeit vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 erstattet hatte. Abzüglich der von der Beklagten weitergeleiteten Waisenrente begehrte der Kläger insoweit eine Rückerstattung von 4 451,96 €. Zum anderen sind in dem Gesamtbetrag die Kosten enthalten, die der Kläger im Rahmen der Gewährung von Hilfe zur Erziehung für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 31. August 2004 für das Kind aufgewandt hatte.

5

Nachdem die Beklagte die Erstattung ablehnte, erhob der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Klage. Mit am 11. Januar 2007 verkündeten Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4 451,96 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dieser Betrag sei von der Beklagten nach § 112 SGB X zurückzuerstatten, weil ihn der Kläger zu Unrecht an sie erstattet habe. Die erfolgreiche Anfechtung habe die Vaterschaft von Herrn G. nämlich rückwirkend (ex tunc) entfallen lassen, so dass der Kläger von Anfang an nicht zuständig gewesen sei. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers auf Ersatz der Kosten für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 31. August 2004 scheide jedoch aus, weil das Kind schon vor Beginn der am 26. Juni 2002 bewilligten Hilfe zur Erziehung seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Pflegestelle K. begründet habe, so dass nicht die Beklagte, sondern der N.-Kreis örtlich zuständig gewesen sei. Der diesem nach § 89e SGB VIII zu Gute kommende Schutz der Einrichtungsorte könne aber keinen Erstattungsdurchgriff zugunsten des Klägers bewirken.

6

Mit Urteil vom 6. Juni 2008 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen, sowie derjenigen der Beklagten stattgegeben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 112 SGB X für eine Rückerstattung lägen nicht vor. Vielmehr habe die Beklagte für den Zeitraum vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 einen Anspruch gegen den Kläger auf Erstattung der Jugendhilfeaufwendungen aus § 89b Abs. 1 SGB VIII gehabt, da sie im Rahmen einer Inobhutnahme tätig geworden sei. Die Erstattungsverpflichtung sei mit dem Tod der Mutter auf den Kläger übergegangen, weil Herr G., der bis zur Vaterschaftsanfechtung als Vater gegolten habe, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Klägers gehabt habe, so dass dieser gemäß § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII örtlich zuständig gewesen sei. Daran habe sich durch die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung nichts geändert. Zwar bewirke das amtsgerichtliche Gestaltungsurteil, dass das Kind zivil- bzw. abstammungsrechtlich als von Geburt an vaterlos gelte. Auf die jugendhilferechtliche Zuständigkeit wirke sich die Feststellung der Nichtvaterschaft aber lediglich "ex nunc" aus.

7

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Leistungsbegehren weiter. Er rügt insbesondere eine Verletzung des § 86 Abs. 1 Satz 2 und des § 89e SGB VIII.

8

Die Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht verteidigen das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist (teilweise) begründet, soweit das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt - auch hinsichtlich der Rückzahlung der vom Kläger an die Beklagte erstatteten Jugendhilfeleistungen für die Zeit von Dezember 2001 bis Juli 2002 - abgewiesen hat. Insoweit verletzt das Berufungsurteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); auf die Revision des Klägers ist die stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederherzustellen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Dagegen hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage im Übrigen (bezüglich der Kostenerstattung für Jugendhilfeleistungen in der Zeit von August 2002 bis August 2004) zu Recht zurückgewiesen; insoweit bleibt die Revision erfolglos.

10

Dem Kläger steht der ihm vom Verwaltungsgericht zugestandene Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X zu. Die für die Ablehnung dieses Anspruchs tragende Annahme des Berufungsgerichts, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit im Jugendhilferecht nur für die Zukunft (ex nunc) wirke, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar (1.). Demgegenüber hat das Berufungsgericht im Einklang mit Bundesrecht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten besitzt, die er im Zeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. August 2004 für den Jugendhilfefall des Kindes D. aufgewandt hat (2.).

11

1. Der Kläger hat gemäß § 112 SGB X einen Rückerstattungsanspruch gegen die Beklagte in der für den Zeitraum vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Juli 2002 geltend gemachten Höhe. Denn er hat die diesbezüglichen Jugendhilfekosten für D. im Sinne dieser Vorschrift zu Unrecht an die Beklagte erstattet. Diese besaß ihrerseits keinen Anspruch auf Kostenerstattung aus dem hierfür allein in Betracht kommenden § 89b SGB VIII gegen den Kläger.

12

Nach § 89b Abs. 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger der Jugendhilfe im Rahmen einer Inobhutnahme von Kindern oder Jugendlichen aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet wird. Zwar hat die Beklagte als örtlicher Träger der Jugendhilfe hier Kosten im Rahmen einer Inobhutnahme aufgewendet. Denn das Jugendamt der Beklagten - dies ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig - hat das Kind D. in Obhut genommen (§ 42 SGB VIII), indem es den Jungen am 11. Dezember 2001 der Freundin der Mutter, Frau F., vorläufig zur Pflege zugewiesen und die Kosten für seine Unterbringung und Betreuung getragen hat. Die Inobhutnahme wurde auch fortgesetzt, nachdem es im Anschluss an den Tod der Mutter Probleme in dieser Pflegestelle gab und das Jugendamt der Beklagten den Jungen am 23. Dezember 2001 bei der Familie K. im N.-Kreis untergebracht hat. Am Charakter der Maßnahme als (rechtmäßiger) Inobhutnahme hat sich auch dadurch nichts geändert, dass das Jugendamt des N.-Kreises durch amtsgerichtlichen Beschluss am 6. Februar 2002 zum Vormund von D. bestellt worden ist. Die Inobhutnahme verliert in den Fällen, in denen die Bestellung eines Vormunds erforderlich wird, nicht bereits aufgrund der Vormundbestellung ihre Rechtsgrundlage (Urteil vom 8. Juli 2004 - BVerwG 5 C 63.03 - Buchholz 436.511 § 89d KJHG/SGB VIII Nr. 2).

13

Der Kläger war gegenüber der Beklagten jedoch nicht nach § 89b Abs. 1 SGB VIII erstattungspflichtig, weil er wegen der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung (ex post betrachtet) zu keiner Zeit als Jugendhilfeträger nach § 86 SGB VIII örtlich zuständig gewesen ist. Die Zuständigkeit des Klägers bestand hier - entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts - insbesondere nicht nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII. Zwar ist für die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers nach dem Tod eines Elternteils (hier der Mutter) an sich nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII auf den gewöhnlichen Aufenthalt des noch lebenden Elternteils abzustellen. Auf den "Scheinvater", Herrn G., der seinen gewöhnlichen Aufenthalt während des Zeitraums der Inobhutnahme nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Bereich des Klägers hatte, kommt es hier aber nicht an, weil er nicht "Elternteil" im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII gewesen ist. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung auch zuständigkeitsrechtlich auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurückwirkt ("ex tunc"), so dass Herr G. so zu betrachten ist, als sei er niemals der Vater gewesen (vgl. zur ex-tunc-Wirkung der Anfechtung ebenso: VGH München, Urteil vom 19. Februar 2001 - 12 B 00.1566 - juris; VG Ansbach, Urteil vom 28. Juni 2007 - AN 14 K 04.01081 - juris; vgl. ferner bereits VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Februar 1987 - 19 K 4718/85 - NJW 1987, 3215 zu § 1 Abs. 3 JWG). Die gegenteilige Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft für die jugendhilferechtliche Zuständigkeit erst mit der Rechtskraft des Anfechtungsurteils Wirkungen entfalten soll (ex-nunc-Wirkung), steht mit Bundesrecht nicht im Einklang.

14

Das Berufungsgericht führt im Ansatz zutreffend aus, dass es sich bei dem zivilgerichtlichen Urteil, mit dem das Nichtbestehen der Vaterschaft des Herrn G. festgestellt worden ist, um ein Gestaltungsurteil handelt, mit dem das Amtsgericht das bisher vermutete Vater-Kindschafts-Verhältnis (vgl. § 1592 Nr. 1 BGB) rückwirkend ab dem Tag der Geburt des Kindes aufgehoben hat (wobei es keinen Unterschied macht, dass hier, weil D. vor dem 1. Juli 1998 geboren ist, nach Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB die §§ 1591 ff. BGB a.F. anzuwenden sind). Diese zivil- bzw. abstammungsrechtliche Rückwirkung der Anfechtung steht in Rechtsprechung und Schrifttum außer Streit (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. November 1971 - IV ZR 86/70 - BGHZ 57, 229; Diederichsen, in: Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 1599 Rn. 7). Die Rechtslage nach erfolgreicher Anfechtung ist danach so anzusehen, als habe die Vaterschaft nie bestanden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2009 - II-6 WF 114/09, 6 WF 114/09 - juris). Das Gestaltungsurteil wirkt nach Maßgabe von § 640h ZPO für bzw. gegen alle. Seine Wirkung erstreckt sich grundsätzlich auch auf andere Rechtsgebiete, in denen an die Vaterschaft angeknüpft wird. In diesem Sinne gilt die rückwirkende Beseitigung der Vaterschaft grundsätzlich für die gesamte Rechtsordnung (vgl. Rauscher, in: Staudinger, BGB, 2004, § 1599 Rn. 29, 34 ff.). Dementsprechend wird etwa von der einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommen, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung auch im Staatsangehörigkeitsrecht Rückwirkung entfaltet (OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2004 - 3 Bf 238/03 - NVwZ-RR 2005, 212 f.; OVG Münster, Beschlüsse vom 31. Juli 2007 - 18 A 2065/06 - juris und vom 20. November 2008 - 18 E 816/08 - NVwZ 2009, 257 f.; VGH München, Beschluss vom 11. September 2007 - 5 CS 07.1921 - juris; OVG Magdeburg, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 2 M 441/04 - InfAuslR 2006, 56 ff. = juris Rn. 6; vgl. zur Vereinbarkeit der Rückwirkung mit Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 2 BvR 696/04 - NJW 2007, 425). Die Anknüpfung an das Familienrecht entspricht zugleich einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits formulierten Grundsatz: Ergibt sich danach aus der Familienrechtsordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches eine abschließende Statusregelung einer familienrechtlichen Beziehung, so ist daran auch dann anzuknüpfen, wenn andere Gesetze - auch auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts - darauf Bezug nehmen, ohne ihrerseits eine besondere Regelung zu treffen (Urteil vom 29. Februar 1968 - BVerwG 8 C 82.67 - BVerwGE 29, 153 <155 f.>).

15

Auch das Jugendhilferecht trifft in diesem Sinne keine besondere Regelung, sondern überantwortet die Frage nach den Eltern des Kindes oder Jugendlichen dem Zivilrecht. Die jugendhilferechtlichen Zuständigkeitsregelungen - und so auch § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII - kennen keinen eigenen Begriff der Eltern oder der Vaterschaft, sondern knüpfen an die zivilrechtliche Rechtslage an. Das Jugendhilferecht ordnet nicht entgegen der objektiven (zivilrechtlichen) Rechtslage an, dass die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung zuständigkeitsrechtlich nur ex nunc wirken soll.

16

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich eine solche ex-nunc-Wirkung nicht aus § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Danach ist für die örtliche Zuständigkeit der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter maßgeblich ("an die Stelle der Eltern tritt die Mutter"), "wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist". Die Vorschrift regelt nicht den Fall der Vaterschaftsanfechtung, sondern allein die Fälle der nachträglichen Anerkennung und gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft. Diese Sonderregelung soll die rechtzeitige Leistungsgewährung an die Hilfebedürftigen dadurch sicherstellen, dass bei möglicher, aber noch nicht festgestellter Vaterschaft dies nicht im Rahmen der Zuständigkeit zu prüfen ist. Dies unterstreicht, dass für die Zuständigkeitsregelungen des § 86 SGB VIII die zivilrechtliche Rechtslage maßgeblich ist. Auch das Familienrecht geht nämlich davon aus, dass die Rechtswirkungen der Anerkennung der Vaterschaft oder deren gerichtliche Feststellung grundsätzlich erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden können, zu dem die Anerkennung wirksam bzw. die Feststellung rechtskräftig wird (§ 1594 Abs. 1, § 1600d Abs. 4 BGB). § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII stellt folglich insoweit nur klar, dass es für die örtliche Zuständigkeit bis zur wirksamen Anerkennung bzw. Feststellung der Vaterschaft bei dieser zivilrechtlichen Rechtslage bleibt und etwa nicht die tatsächlichen Abstammungsverhältnisse für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im Jugendhilferecht maßgeblich sein sollen. Der in der Vorschrift gerade nicht geregelte Fall der rückwirkenden Beseitigung der Vaterschaft unterscheidet sich in der Sache von deren (nachträglicher) Anerkennung oder Feststellung. Mangels Vergleichbarkeit dieser Fälle kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII auf den Sachverhalt der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung nicht in Betracht, zumal (wegen des nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Rückgriffs auf das Zivilrecht) eine Regelungslücke im Fall der Vaterschaftsanfechtung nicht besteht.

17

Die wirksame Vaterschaftsanfechtung ist im jugendhilferechtlichen Kostenerstattungsverfahren auch nicht deshalb lediglich "ex nunc" zuständigkeitsbegründend, weil nur dies - wie das Berufungsgericht meint - "der Gesamtsystematik der Zuständigkeitsnormen und ihrer Ergebnisorientierung" entspreche und eine rückwirkende Änderung der Zuständigkeit in § 86 SGB VIII nicht vorgesehen sei, zumal das Kindeswohl eine weitgehend stabile Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit verlange. Zunächst ist die vom Berufungsgericht behauptete Gesamtsystematik dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es stellt sich - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - nicht die Frage, ob § 86 SGB VIII eine Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung (ausdrücklich) anordnet, sondern ob diese Zuständigkeitsregelung die zivilrechtlich bereits vorgegebene Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im Jugendhilferecht ausschließt. Ein solcher Ausschluss lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass einer rückwirkenden Änderung der Zuständigkeit im Interesse des Kindeswohls die Rechtsklarheit, Bestimmtheit und Stabilität der Zuständigkeitsregelungen entgegenstehe. Denn die jugendhilferechtliche Verantwortlichkeit für die Leistungserbringung wird nicht im Außenverhältnis rückwirkend geändert. Im Leistungsverhältnis zum Hilfeempfänger führt die Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung (d.h. die rückwirkende Änderung der örtlichen Zuständigkeit des leistenden Trägers) nicht zur objektiven Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit der Leistung selbst bzw. des ihr zugrundeliegenden Verwaltungsakts (vgl. § 40 Abs. 3 Nr. 1, § 42 Satz 1 SGB X). Das Leistungsverhältnis ist daher nicht nach §§ 44 ff. SGB X rückabzuwickeln, sondern es sind nur etwaige Kostenerstattungen zwischen Jugendhilfeträgern vorzunehmen. Da die Leistungsbeziehungen zum Hilfeempfänger zum Zeitpunkt der wirksamen Vaterschaftsanfechtung für die Vergangenheit bereits abgewickelt sind, kann - wie auch der vorliegende Fall zeigt - das Kindeswohl durch Unsicherheiten über die örtliche Zuständigkeit jedenfalls nicht wegen einer ex-tunc-Wirkung der Vaterschaftsanfechtung beeinträchtigt werden. Diese schützte allein die betroffenen Träger der Jugendhilfe vor einer Rückabwicklung.

18

Auch der vom Berufungsgericht noch angeführte "Gesichtspunkt einer überschaubaren und einfach zu handhabenden Kostenerstattung" bzw. der mit möglicherweise "teilweise extrem verworrenen Erstattungsverhältnissen" verbundene Rückabwicklungsaufwand (vgl. UA S. 14) rechtfertigt ohne ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers keine jugendhilferechtliche Ausnahme von der grundsätzlichen Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung. Im Ergebnis hat deshalb das Verwaltungsgericht dem Kläger zu Recht die Rückerstattung der an die Beklagte gezahlten Jugendhilfekosten in Höhe von 4 451,96 € zugesprochen.

19

2. Das Berufungsgericht hat hingegen zutreffend entschieden, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung derjenigen weiteren Kosten zusteht, die er (auf der Grundlage seines Bewilligungsbescheides vom 26. Juni 2002) vom 1. August 2002 bis zum 31. August 2004 im Rahmen der Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege für das Kind D. aufgewandt hat. Der Kläger kann sich insoweit weder mit Erfolg auf einen ihm gegen die Beklagte zustehenden Anspruch aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X (2.1) noch aus § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (2.2) oder § 89a Abs. 2 SGB VIII (2.3) berufen.

20

2.1 Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie es diese Vorschrift voraussetzt - in dem insoweit streitbefangenen Zeitraum für die Leistungserbringung zuständig gewesen ist. Für die hier maßgebliche Leistung (a) war vielmehr der N.-Kreis spätestens ab dem 6. Februar 2002 nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII (b) und später - nach zweijährigem Aufenthalt des D. in der Pflegefamilie K. - nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII (c) örtlich zuständig.

21

a) Maßgebliche Leistung der Jugendhilfe, für welche der Kläger Kostenerstattung begehrt, ist die dem Kind D. mit Wirkung vom 24. Mai 2002 gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII). Die bis zu diesem Zeitpunkt andauernde Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) durch die Beklagte ist weder eine Leistung im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII noch im Sinne der Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit (§ 86 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII).

22

Für den Begriff der "Leistung", an deren Beginn auch § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, ist eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zugrunde zu legen, die zur Deckung eines qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlich sind. Dabei beginnt eine zuständigkeitsrechtlich "neue" Leistung bei einer geänderten Hilfegewährung im Rahmen eines einheitlichen, ununterbrochenen Hilfeprozesses nicht allein deswegen, weil die geänderte oder neu hinzutretende Jugendhilfemaßnahme oder ein Teil davon einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zugeordnet ist (Urteil vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116). Allerdings ist der Übergang von einer Inobhutnahme zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung (hier in Form der Vollzeitpflege) - auch bei einem wie vorliegend an sich nicht qualitativ veränderten Bedarf - nicht mit einem bloßen Wechsel innerhalb des Leistungskatalogs des § 2 Abs. 2 SGB VIII gleichzusetzen.

23

Das Gesetz nennt die Inobhutnahme nicht im Katalog der Leistungen der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 2 SGB VIII), sondern führt sie ausdrücklich in § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII unter der Kategorie der sonstigen Aufgaben der Jugendhilfe auf. Diese systematische und begriffliche Unterscheidung setzt sich in den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit fort. So hat der Gesetzgeber ausweislich der gesetzlichen Überschriften in § 86 SGB VIII die "örtliche Zuständigkeit für Leistungen" geregelt, während er in § 87 SGB VIII eine gesonderte Zuständigkeitsregelung für die Inobhutnahme getroffen und diese als "örtliche Zuständigkeit für andere Aufgaben" bzw. "für vorläufige Maßnahmen" gekennzeichnet hat. Dass die Inobhutnahme selbst keine Leistung im oben genannten Sinne ist, ergibt sich schließlich auch aus § 86 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII, welcher (mit der Formulierung "geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus"...) die Inobhutnahme der Leistungsgewährung gegenüberstellt.

24

b) Nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII richtet sich die Zuständigkeit, unter anderem wenn die Eltern verstorben sind, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Dies gilt auch, wenn - wie hier - ein Kind rechtlich als vaterlos gilt und die Mutter verstorben ist (vgl. Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 5 C 46.01 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 1). Das Kind D. hatte nach den vom Berufungsgericht getroffenen und für das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen vor Beginn der Leistung - hier der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege - (am 23. Mai 2002) seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits im N.-Kreis.

25

Ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 86 SGB VIII hat eine Person an dem Ort oder in dem Gebiet, an oder in dem sie sich bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (stRspr, vgl. zuletzt Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - NVwZ-RR 2010, 237). Bei Minderjährigen, insbesondere Kindern, kommt es für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auf den Willen des oder der Sorgeberechtigten an. Ein Minderjähriger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel an dem Ort, an dem er seine Erziehung erhält, wobei es bei einer Unterbringung außerhalb der Familie maßgeblich ist, ob sie nur vorübergehend oder auf Dauer erfolgen soll (vgl. Urteil vom 26. September 2002 a.a.O. m.w.N.). Nach den Vorstellungen des zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII vorläufig das Sorgerecht ausübenden Jugendamts der Beklagten bzw. des ab 6. Februar 2002 als Amtsvormund tätigen Jugendamtes des N.-Kreises sollte D. nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft bei der Pflegefamilie K. im N.-Kreis untergebracht werden. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bereits am 23. Dezember 2001 ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei der Pflegefamilie K. vorgesehen war. Mit dem Berufungsgericht ist nämlich davon auszugehen, dass dies spätestens am 6. Februar 2002 der Fall gewesen ist. Der für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts erforderlichen Dauerhaftigkeit steht - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht entgegen, dass der Aufenthalt rein rechtlich auf einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII als einer nur vorläufigen Maßnahme beruhte. Diese Vorläufigkeit ist zwar ein Gesichtspunkt, der gegen die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts spricht; er schließt indes eine solche jedenfalls dann nicht aus, wenn eine langfristig bzw. auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen in derselben Pflegestelle bereits während der Inobhutnahme feststeht und diese durch eine längerfristig angelegte Jugendhilfeleistung abgelöst werden soll. So lag es nach der von der Revision nicht in Zweifel gezogenen tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts hier.

26

c) Nach zweijährigem Aufenthalt des D. in der Pflegefamilie K. ergab sich die örtliche Zuständigkeit des N.-Kreises aus der Sonderregelung des § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII. Denn danach wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn das Kind zwei Jahre bei der Pflegeperson lebt und sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist.

27

2.2 Dem Kläger steht ferner kein Erstattungsanspruch aus § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gegen die Beklagte zu.

28

Anspruchsberechtigt ist nach dieser - wie bereits ihre gesetzliche Überschrift ausweist - dem "Schutz der Einrichtungsorte" dienenden Kostenerstattungsregelung der örtliche Träger, in dessen Bereich sich eine Einrichtung im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII befindet (d.h. eine "Einrichtung, eine andere Familie oder eine sonstige Wohnform, die der Erziehung, Pflege, Betreuung, Behandlung oder dem Strafvollzug dient"), die einen Hilfeempfänger aufgenommen hat. Die Vorschrift soll die kommunalen Gebietskörperschaften, in deren Einzugsbereich Einrichtungen von überörtlicher Bedeutung liegen, vor einer kostenmäßigen Überbelastung durch Hilfeleistungen an Personen schützen, die aus anderen Zuständigkeitsbereichen in solche Einrichtungen wechseln und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründen (Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 <253 f.>). Diese Regelung ist zugunsten des Klägers weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Der Kläger ist hier zum einen nicht als Einrichtungsträger tätig geworden. Zum anderen ist die Situation des Klägers, der aufgrund einer - wie sich im Nachhinein herausgestellt hat - irrtümlich angenommenen örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe bewilligt und erbracht hat, weil in seinem Bereich der "Scheinvater" seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nicht mit derjenigen eines Einrichtungsortes (im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) vergleichbar, der Leistungen aufgrund einer tatsächlich bestehenden örtlichen Zuständigkeit erbringt, die dadurch entstanden ist, dass eine für die örtliche Zuständigkeit maßgebliche Person durch die Aufnahme in eine Einrichtung dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat. Das Berufungsgericht (UA S. 20 f.) hat zu Recht ausgeführt, dass der in § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII normierte Erstattungsanspruch nur dem Träger des Einrichtungsortes zustehen kann, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen begründet wird (hier dem N.-Kreis) und nicht dem trotz fehlender Zuständigkeit tatsächlich leistenden Jugendhilfeträger.

29

Auch für einen vom Kläger mit der Revision geltend gemachten, auf § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gestützten, "Durchgriff" unmittelbar auf die Beklagte kann die Vorschrift aus diesem Grunde nicht herangezogen werden. Dem steht insbesondere entgegen, dass die Regelung des § 89e SGB VIII, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat (UA S. 20), einen solchen Durchgriff - anders als § 89a Abs. 2 SGB VIII - selbst zugunsten eines Einrichtungsortes nicht vorsieht. Deshalb verbietet sich eine solche Vorgehensweise auf jeden Fall dann, wenn der durch einen Durchgriff (im Sinne einer Anspruchsberechtigung) zu begünstigende Träger - wie hier der Kläger - schon gar kein "Einrichtungsort" ist bzw. nicht als solcher tätig geworden ist.

30

Der Hinweis des Klägers, er sei während des gesamten Verfahrens davon ausgegangen und habe auch davon ausgehen müssen, dass er einen Erstattungsanspruch gegen den N.-Kreis (aus § 105 SGB X) nicht besitze, weil sich dieser als Einrichtungsort auf § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII berufen könne, rechtfertigt auch dann kein anderes Ergebnis, wenn der Kläger wegen der ex-tunc-Wirkung der Vaterschaftsanfechtung oder wenigstens dieser Annahme Fristen für die Anmeldung von Erstattungsansprüchen versäumt haben sollte. Maßgeblich ist die objektive Rechtslage. Der Kläger war infolge der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung zu keinem Zeitpunkt als Jugendhilfeträger örtlich zuständig. Er scheidet somit als möglicher Schuldner eines etwaigen Erstattungsanspruchs des N.-Kreises nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII von vornherein aus. Daher hätte der N.-Kreis jedenfalls einem etwaigen Erstattungsbegehren des Klägers nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gestützt auf § 89e SGB VIII den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten können.

31

2.3 Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich schließlich auch nicht aus § 89a Abs. 2 SGB VIII (entsprechend).

32

Ein solcher Erstattungsanspruch steht unmittelbar nur dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger zu. Dies ist der Kläger niemals gewesen, weil die Pflegefamilie K. ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in seinem Bereich hatte.

33

§ 89a Abs. 2 SGB VIII ist auch nicht entsprechend auf den Kläger anwendbar. Es fehlt in jedem Fall an der hierfür erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlagen. § 89a SGB VIII durchbricht den Grundsatz, dass der örtlich zuständige Jugendhilfeträger die Kosten zu tragen hat. Zwar wollte der Gesetzgeber mit § 86 Abs. 6 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit aus Gründen der Praktikabilität an den gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson binden, ohne aber den danach zuständigen Jugendhilfeträger (endgültig) mit den Kosten zu belasten (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. <239> m.w.N.). Dementsprechend sind dem örtlichen Träger nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die von ihm aufgrund seiner Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendeten Kosten von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. § 89a Abs. 2 SGB VIII enthält darüber hinaus eine Sonderregelung für den Fall, dass neben dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen Träger und dem erstattungspflichtigen Jugendhilfeträger ein dritter Jugendhilfeträger beteiligt ist, der seinerseits gegenüber dem zunächst zur Kostenerstattung verpflichteten Träger erstattungspflichtig ist; dabei wird dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen Träger unter Verkürzung der Erstattungskette ein unmittelbarer Anspruch gegen den dritten Jugendhilfeträger eingeräumt (vgl. Urteil vom 5. April 2007 - BVerwG 5 C 25.05 - BVerwGE 128, 301 <304>). Mit der Situation, dass ein Jugendhilfeträger aufgrund einer tatsächlich bestehenden örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII Leistungen erbringt, von denen er nach dem Willen des Gesetzgebers letztlich zu befreien ist, ist die Situation eines örtlichen Trägers nicht vergleichbar, der - wie sich im Nachhinein herausgestellt hat - nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe bewilligt und erbracht hat, obwohl er hierzu wegen der Rückwirkung einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung von Anfang an nicht verpflichtet gewesen wäre.

34

Das Berufungsgericht hat darüber hinaus auch wegen des Ausnahmecharakters der Durchgriffserstattung nach § 89a Abs. 2 SGB VIII im Ergebnis zu Recht eine erweiternde bzw. entsprechende Anwendung dieser Vorschrift abgelehnt. Die Erstattungsvorschriften des SGB VIII sehen nur ausnahmsweise für die besondere Konstellation des § 89a Abs. 2 SGB VIII einen Durchgriffsanspruch vor. Dieser Regelung bedürfte es nicht, wenn ein Erstattungsdurchgriff ein allgemeines Prinzip des jugendhilferechtlichen Erstattungsrechts wäre, das aus den für besondere Konstellationen geschaffenen Einzelregelungen im Wege der Einzel- oder Gesamtanalogie hergeleitet werden könnte. Auch sonst ist eine planwidrige Regelungslücke bzw. ein nach dem Plan des Gesetzes zwingendes Bedürfnis, auch in den Fällen der ohne Rechtsgrund leistenden Träger im Falle einer möglichen Erstattungskette stets einen Durchgriff zu ermöglichen, nicht erkennbar. Für eine Zielsetzung des § 89a Abs. 2 SGB VIII, auch über den Schutz von Pflegestellenorten hinaus Erstattungsketten zu verhindern, finden sich weder im Gesetzeswortlaut noch in den Gesetzesmaterialien zum 1. SGB VIII-Änderungsgesetz, mit dem die Vorschrift eingeführt wurde (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 12/2866), Anhaltspunkte.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 begründet wird.

(2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört.

(3) Eine nach Absatz 1 oder 2 begründete Pflicht zur Kostenerstattung bleibt bestehen, wenn und solange nach der Inobhutnahme Leistungen auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 7 Satz 1 Halbsatz 2 gewährt werden.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für Jugendhilfeleistungen in Höhe von 872 803,21 €, die für vier Kinder einer Familie in der Zeit vom 16. Mai 2002 bis 31. Juli 2006 angefallen sind. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die Beklagte zur Erstattung der weiteren Jugendhilfekosten seit dem 1. August 2006 an ihn verpflichtet ist.

2

Die Familie M. lebte ursprünglich im Bereich der Beigeladenen zu 2. Das Sorgerecht für ihre vier Kinder (geboren 1991, 1992, 1994 und 1996) wurde den Eltern entzogen. Im Juli 1997 trennten sich die Eltern. Nachdem eines der Kinder bereits ab Januar 1997 in einem heilpädagogischen Kinderhaus untergebracht worden war, wurden auch die übrigen drei Kinder ab November 1998 in einer Kindereinrichtung vollstationär betreut.

3

Gegen Herrn M., den Vater der Kinder, wurde 1999 ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes eingeleitet. Er verließ den Bereich der Beigeladenen zu 2 im Oktober 2000 und hielt sich anschließend in Süddeutschland auf. Im Januar 2001 wurde die Ehe der Eltern geschieden. Im Februar 2001 verstarb die Mutter. Der Vater der Kinder lebte vom 5. Februar bis zum 7. Juni 2001 in einer Wohngemeinschaft im Bereich der Beigeladenen zu 1.

4

Am 7. Juni 2001 zog Herr M. mit seiner neuen Lebensgefährtin in den Bereich der Beklagten und wohnte dort mit ihr in einer Notunterkunft für Obdachlose. In der Nacht zum 9. August 2001 verletzte er seine Lebensgefährtin und wurde deshalb im Verlauf desselben Tages in der Notunterkunft festgenommen. Am 10. August 2001 erließ das Amtsgericht N. Haftbefehl gegen ihn wegen des Verdachts der Körperverletzung. In der Zeit vom 10. August 2001 bis zum 15. Mai 2002 befand sich Herr M. in der Justizvollzugsanstalt N. in Untersuchungshaft.

5

Im Dezember 2001 verurteilte ihn das Amtsgericht N. wegen zum Nachteil seiner Lebensgefährtin begangener schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das Urteil wurde am 30. April 2002 rechtskräftig. Zuvor war gegen Herrn M. durch Haftbefehl des Landgerichts B. vom 17. April 2002 wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil eines seiner Kinder die Untersuchungshaft angeordnet worden.

6

Ab dem 16. Mai 2002 wurde Herr M. zur Verbüßung der Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt K. im Gebiet des klagenden Landkreises untergebracht. Am 25. Juni 2002 verurteilte ihn das Landgericht B. unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines seiner Kinder unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts N. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Haftfortdauer wurde angeordnet.

7

Die Jugendhilfekosten für die vier Kinder trug bis Juli 2006 die Beigeladene zu 2. Für die Zeit ab dem Antritt der Strafhaft des Herrn M. in der Justizvollzugsanstalt K. am 16. Mai 2002 nahm sie erfolgreich den Kläger auf Erstattung der Kosten in Anspruch. Das von der Beigeladenen zu 2 erstrittene Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. Juni 2006 (Az.: Au 3 K 05.274) wurde rechtskräftig. Der Kläger, der die Jugendhilfemaßnahmen zu Gunsten der vier Hilfeempfänger mit Bescheiden vom 18. Juli 2006 übernahm, begehrte nun seinerseits von der Beklagten die Erstattung der an die Beigeladene zu 2 geleisteten Beträge sowie die Feststellung, dass die Beklagte zur Erstattung der seit dem 1. August 2006 von ihm aufgewendeten Kosten verpflichtet sei.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungen des Klägers und des Beigeladenen zu 3 hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 89e Abs. 1 SGB VIII trage das Erstattungs- und Feststellungsbegehren des Klägers nicht, weil Herr M. (unmittelbar) vor seiner Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt K. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beklagten gehabt habe. Anlässlich seiner Verhaftung am 9. August 2001, spätestens aber mit seiner Inhaftierung zum Vollzug der Untersuchungshaft in N. am 10. August 2001 habe er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten aufgegeben. Dabei könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass bei einer Verhängung der Untersuchungshaft für deren Dauer kein neuer gewöhnlicher Aufenthalt in der Haftanstalt begründet werde. Damit liege auch keine sog. Einrichtungskette vor, die einen Rückgriff auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Vaters im Bereich der Beklagten zuließe. Auf den tatsächlichen Aufenthalt in der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt N. sei § 89e SGB VIII nicht anwendbar.

9

Mit ihren Revisionen verfolgen der Kläger und der Beigeladene zu 3 ihr Leistungs- und Feststellungsbegehren weiter. Sie rügen eine Verletzung des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I und des § 89e Abs. 1 SGB VIII.

10

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revisionen des Klägers und des Beigeladenen zu 3 sind nicht begründet. Das angefochtene Urteil steht mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) im Einklang. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Beklagte besitzt.

12

Der Verwaltungsgerichtshof ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage allein § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in Betracht kommt. Danach ist ein Jugendhilfeträger erstattungsberechtigt, wenn sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern, eines Elternteils, des Kindes oder des Jugendlichen richtet und dieser gewöhnliche Aufenthalt in einer Einrichtung, einer anderen Familie oder einer sonstigen Wohnform begründet worden ist, die der Erziehung, Pflege, Betreuung, Behandlung oder dem Strafvollzug dient. Zur Erstattung der Kosten verpflichtet ist nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII derjenige örtliche Träger, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in eine Einrichtung, eine andere Familie oder sonstige Wohnform den gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Zwar ist der Kläger ein im Sinne des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erstattungsberechtigter Jugendhilfeträger (1). Die Beklagte ist ihm jedoch nach dieser Vorschrift nicht zur Erstattung der Jugendhilfekosten verpflichtet (2).

13

1. Der Kläger erfüllt die Erstattungsvoraussetzungen des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, weil sich die Zuständigkeit im streitbefangenen Zeitraum nach dem gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils gerichtet hat und dieser gewöhnliche Aufenthalt in einer im Gebiet des Klägers gelegenen Einrichtung begründet worden ist, die dem Strafvollzug dient (1.1). Der Kläger hat auch als Jugendhilfeträger erstattungsfähige Kosten im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII getragen (1.2).

14

1.1 Die Zuständigkeit des Klägers als örtlicher Träger der Jugendhilfe ergibt sich für den streitbefangenen Zeitraum aus § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII. Danach ist, wenn nur ein Elternteil lebt, dessen gewöhnlicher Aufenthalt für die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers maßgeblich. Da die Mutter der Kinder hier im Februar 2001 verstorben ist, kam es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Vaters an. Dieser hat am 16. Mai 2002 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt K. im Kreisgebiet des Klägers begründet. Bei der Justizvollzugsanstalt K. handelt es sich hier (auch funktional) um eine Einrichtung im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, die dem Strafvollzug dient, weil Herr M. dort seine mehrjährige Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, zu der ihn das Amtsgericht N. und später - unter Einbeziehung dieser Strafe - das Landgericht B. verurteilt hatte. Auch ein solcher Zwangsaufenthalt in einer Strafvollzugsanstalt (oder Therapieeinrichtung) kann einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles (wie etwa der voraussichtlichen Dauer der Strafhaft und den sonstigen Lebensumständen des Untergebrachten) ergibt, dass der Betreffende sich dort nicht nur vorübergehend aufhält, sondern nunmehr bis auf Weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (vgl. Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 Rn. 20; Beschluss vom 8. Dezember 2006 - BVerwG 5 B 65.06 - juris Rn. 2; Urteil vom 4. Juni 1997 - BVerwG 1 C 25.96 - Buchholz 402.240 § 63 AuslG 1990 Nr. 1). Dies hat der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage der von ihm getroffenen und für den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächlichen Feststellungen rechtsfehlerfrei angenommen. Er hat dies - ohne dass dies insoweit von den Beteiligten in Abrede gestellt wird - unter anderem mit der Länge der zu verbüßenden Strafhaft sowie damit begründet, dass Herr M. zum Zeitpunkt des Antritts der Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt K. sowohl objektiv als auch nach eigener subjektiver Einschätzung seine Beziehungen zu den vorherigen Aufenthaltsorten vollständig abgebrochen hatte.

15

1.2 Der Verwaltungsgerichtshof hat weiter zutreffend angenommen (UA S. 8), dass der Kläger erstattungsfähige Kosten im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII getragen hat. Zwar hat der Kläger die Jugendhilfeleistungen für die vier Kinder nicht selbst erbracht. Es genügt jedoch, dass er der Beigeladenen zu 2 die im streitgegenständlichen Zeitraum von ihr verauslagten Jugendhilfekosten nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erstattet hat. Auch damit sind ihm Kosten aufgrund seiner Zuständigkeit (hier nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII) entstanden, deren Erstattung er bei fristgerechter Geltendmachung (§ 111 SGB X) grundsätzlich selbst wieder - soweit die sonstigen Voraussetzungen des § 89e Abs. 1 Satz 1 (bzw. des Abs. 2) SGB VIII vorliegen - verlangen kann. Denn der Anspruch auf Erstattung von Kosten nach dieser Vorschrift steht dem Einrichtungsträger nicht nur dann zu, wenn er eine Jugendhilfeleistung entweder selbst erbracht hat oder auf seine Kosten durch einen Dritten hat erbringen lassen. Vielmehr erfasst dieser Erstattungsanspruch auch den Fall, dass - wie hier - der Einrichtungsträger wegen seiner Zuständigkeit einem anderen Jugendhilfeträger Kosten für die von diesem anderen erbrachten Jugendhilfeleistungen zu erstatten hatte (vgl. Urteile vom 30. September 2009 a.a.O. Rn. 32 und vom 5. April 2007 - BVerwG 5 C 25.05 - BVerwGE 128, 301 <302> zu § 89a SGB VIII sowie§ 89e sgb viii> OVG Lüneburg, Urteil vom 20. August 2008 - 4 LB 28/06 - EuG 2009, 102 m.w.N.).

16

2. Die Beklagte ist dem Kläger jedoch nicht nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zur Erstattung seiner Kosten verpflichtet. Erstattungspflichtig nach dieser Vorschrift ist der örtliche Träger, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in eine Einrichtung, eine andere Familie oder sonstige Wohnform den gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Diese Voraussetzungen erfüllt die Beklagte nicht. Vor der Aufnahme in die im Bereich des Klägers gelegene Einrichtung - die Justizvollzugsanstalt K. - am 16. Mai 2002 hatte Herr M. als maßgebliche Anknüpfungsperson seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits nicht mehr im Bereich der Beklagten (2.1). Sein gewöhnlicher Aufenthalt vor der Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt N. zum Zwecke der Untersuchungshaft ist dagegen nicht maßgeblich, weil diese Anstalt hier (funktional) keine dem Strafvollzug dienende Einrichtung im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gewesen ist (2.2).

17

2.1 Herr M. hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beklagten spätestens mit dem Antritt der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt N. am 10. August 2001 aufgegeben.

18

a) § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bringt mit dem Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts "vor der Aufnahme" zum Ausdruck, dass dieser gewöhnliche Aufenthalt der Person vor der Aufnahme noch nicht aufgegeben worden sein darf, sondern bis zur Aufnahme in die Einrichtung (fort-)bestanden haben muss. Davon ist auch der Verwaltungsgerichtshof in dem angefochtenen Urteil (UA S. 8) im Ergebnis zu Recht ausgegangen. Soweit die Revision die gegenteilige Ansicht vertritt, die Vorschrift erfasse den gesamten Zeitraum vor der Aufnahme, weshalb es zur Erfüllung dieses Merkmals genüge, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt irgendwann vor der Aufnahme bestanden habe und es nur auf den letzten bestehenden gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme ankomme, folgt dem der Senat nicht.

19

Das Verständnis des § 89e Abs. 1 SGB VIII, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt bis zur Aufnahme vorgelegen haben muss, erschließt sich insbesondere aus einer systematischen Betrachtung im Hinblick auf die vorliegende Wortwahl des Gesetzgebers. Die Vorschrift verknüpft das Ereignis der "Aufnahme" unmittelbar mit dem Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts "vor" dieser Aufnahme. Sofern es der Gesetzgeber dagegen genügen lassen will, dass irgendwann vor der Aufnahme (bzw. vor Beginn der Leistung) ein gewöhnlicher Aufenthalt vorgelegen hat, der dann bis zur Aufnahme etwa auch durch einen tatsächlichen Aufenthalt (oder mehrere tatsächliche Aufenthalte) abgelöst worden sein darf, stellt er auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt einer Person ab (vgl. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII: "... gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte"; vgl. ferner § 98 Abs. 2 SGB XII<= § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG> zur örtlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers, "in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat.").

20

Das vorgenannte Auslegungsergebnis widerspricht auch nicht dem Sinn und Zweck des § 89e SGB VIII, der - wie bereits seine gesetzliche Überschrift ausweist - den Schutz der Einrichtungsorte bezweckt und verhindern will, dass kommunale Gebietskörperschaften, in deren Einzugsbereich sich Einrichtungen befinden, in denen Kinder, Jugendliche oder ihre Eltern einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen, im Verhältnis zu kommunalen Gebietskörperschaften ohne eine solche Infrastruktur überproportional finanziell belastet werden (vgl. Urteile vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 <253 f.> und vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - NVwZ-RR 2010, 686 <688>). Entgegen der Auffassung der Revision wird der Schutz der Einrichtungsorte infolge der zuvor erläuterten Auslegung des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht unzureichend oder lückenhaft gewährleistet. Denn die Einrichtungsorte sind im vorliegenden Zusammenhang - wie hier der Kläger - bereits durch die Anspruchsberechtigung geschützt; es geht bei der Prüfung, ob und wo ein gewöhnlicher Aufenthalt vor der Aufnahme in die Einrichtung bestand, nur noch darum, wer der richtige Anspruchsgegner ist, d.h. ob als Anspruchsgrundlage auf Absatz 1 oder 2 des § 89e SGB VIII abzustellen ist. In den Fällen, in denen ein gewöhnlicher Aufenthalt der maßgeblichen Person vor der Aufnahme in eine Einrichtung nicht (mehr) vorhanden ist, sondern nur noch ein tatsächlicher Aufenthalt besteht, gibt es zwar keinen kostenerstattungspflichtigen örtlichen Träger nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Allerdings ist dann grundsätzlich der überörtliche Träger des Einrichtungsortes gemäß § 89e Abs. 2 SGB VIII erstattungspflichtig. Soweit - wie der Kläger einwendet - der örtliche Jugendhilfeträger des Einrichtungsortes nach dem einschlägigen Landesrecht etwa durch eine Umlage an der Aufgabenfinanzierung des überörtlichen Trägers beteiligt wird und deshalb indirekt für einen Teil der Kosten herangezogen werde, ändert das zum einen nichts an dem grundsätzlichen Schutz durch § 89e Abs. 2 SGB VIII. Zum anderen ist dies nicht (unmittelbar) durch die bundesrechtliche Erstattungsnorm veranlasst, sondern eine Frage der landesrechtlichen Refinanzierung der überörtlichen Träger und als vom Landesgesetzgeber zu verantwortende Finanzierungsregelung nicht geeignet, die Auslegung von Bundesrecht zu prägen.

21

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht entschieden, dass Herr M. seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die im Bereich des Klägers gelegene Justizvollzugsanstalt K. nicht (mehr) im Bereich der Beklagten hatte. Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Annahme, dass Herr M. diesen gewöhnlichen Aufenthalt spätestens mit Antritt der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt N. am 10. August 2001 verloren bzw. aufgegeben habe, nicht gegen § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I verstoßen. Nach dieser Bestimmung, zu der sich für den hier zu beurteilenden Fall aus dem Achten Buch Sozialgesetzbuch Abweichendes nicht ergibt (§ 37 Satz 1 SGB I), hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Danach ist zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts (im Sinne dieser Vorschrift wie auch im Sinne des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich; es genügt vielmehr, dass der Betreffende an dem Ort oder in dem Gebiet tatsächlich seinen Aufenthalt genommen hat und sich dort "bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (stRspr, vgl. Urteile vom 26. September 2002 - BVerwG 5 C 46.01 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 1, vom 7. Juli 2005 - BVerwG 5 C 9.04 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 3 und vom 2. April 2009 - BVerwG 5 C 2.08 - BVerwGE 133, 320 <326 f.>).

22

Daraus folgt zugleich, dass jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt aufgibt bzw. verliert, wenn er seinen Aufenthaltsort tatsächlich wechselt und die konkreten Umstände erkennen lassen, dass er am bisherigen Aufenthaltsort nicht mehr bis auf Weiteres verbleiben und nicht mehr den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen haben wird.

23

Von diesem rechtlichen Maßstab ist der Sache nach auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen. Die von ihm vorgenommene Einzelfallwürdigung lässt - auf der Grundlage seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Tatsachenfeststellungen - im Hinblick auf das hier in Rede stehende Merkmal des gewöhnlichen Aufenthalts keine Rechtsfehler erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Prognose, dass bereits bei Antritt der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt N. Überwiegendes gegen eine "Rückkehr" des Herrn M. in den Bereich der Beklagten sprach, unter verständiger Würdigung der hier bedeutsamen tatsächlichen Umstände getroffen. Diese Prognose ist - entgegen der Ansicht der Revision - nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil der Verwaltungsgerichtshof einzelne Aspekte (wie das Vorhandensein einer Arbeitsstelle sowie von "Tieren und Möbeln") anders gewichtet hat als dies die Revision für richtig erachtet. Diese Aspekte traten nach der tatrichterlichen Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs in den Hintergrund, weil sich bereits zum genannten Zeitpunkt aus anderen Gründen deutlich abzeichnete, dass Herr M. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der beklagten Stadt aufgegeben bzw. verloren hatte. Zu diesen Gründen zählt, dass er die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin, die seinen einzigen sozialen Bezug zur beklagten Stadt darstellte, jedenfalls aufgrund der zu ihrem Nachteil begangenen schweren Straftat nicht mehr werde aufrechterhalten können. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat seine Lebensgefährtin auch objektiv nach der Tat jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen und ist aus der beklagten Stadt für ihn unbekannt verzogen. Darüber hinaus musste Herr M. bereits zum Zeitpunkt des Antritts der Untersuchungshaft wegen der Schwere des Tatvorwurfs sowie aufgrund seiner umfänglichen Vorstrafen damit rechnen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt zu werden. Der Aufenthalt des Herrn M. im Zuständigkeitsbereich der Beklagten war überdies aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof weiter festgestellten Umstände (Notunterkunft, Suche nach neuer Wohnung) schon vorher nicht sehr gefestigt. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es - wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zutreffend ausführt - dabei nicht darauf an, dass Herr M. einmal geäußert habe, in den Bereich der Beklagten zurückkehren zu wollen. Allein ein solcher (hier auch nur zwischenzeitlich geäußerter) subjektiver Wille einer Person ist für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht entscheidend. Vielmehr ist die Frage, ob die Lebensverhältnisse im Einzelfall die für eine Begründung oder Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts erforderliche Verfestigung aufweisen, - wie es der Verwaltungsgerichtshof getan hat - unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse im Wege einer in die Zukunft gerichteten Prognose zu klären. Auf den Willen, einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen zu wollen, kommt es dabei nicht maßgeblich an (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. Rn. 20).

24

2.2 Ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergibt sich schließlich auch nicht unter dem Aspekt einer sog. Einrichtungskette.

25

a) Nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII kann - worauf sich die Revision zu Recht beruft - unter bestimmten Voraussetzungen auch auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in einer vorangehenden (ersten) Einrichtung bzw. anderen Familie oder sonstigen Wohnform abgestellt werden (sog. Einrichtungskette). Dies hat bereits im Wortlaut des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII seinen Niederschlag gefunden. Es heißt dort - im Hinblick auf den hier allein in Betracht kommenden Begriff der Einrichtung - nicht, dass derjenige örtliche Träger zur Erstattung der Kosten verpflichtet ist, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in "diese" Einrichtung den gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Vielmehr verwendet das Gesetz den unbestimmten Artikel "eine". Es vermeidet durch die Wortwahl eine Einrichtung im Rahmen der Anspruchsverpflichtung die direkte Bezugnahme auf die konkrete Einrichtung, welche für die Anspruchsberechtigung maßgeblich ist. Dies zeigt, dass insoweit eine "Einrichtungskongruenz" nicht verlangt wird, also im Rahmen der Anspruchsverpflichtung nicht auf dieselbe Einrichtung abgestellt werden muss, welche die Erstattungsberechtigung begründet, sondern dass für die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts "vor der Aufnahme in eine Einrichtung" grundsätzlich auch auf eine andere (vorangehende) Einrichtung (im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) abgestellt werden darf.

26

Dieses Wortlautverständnis wird durch den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen und den mit der Wortwahl verfolgten Zweck bestätigt. So heißt es in der Gesetzesbegründung zum 1. SGB VIII-Änderungsgesetz, durch das die Vorschrift des § 89e in das SGB VIII aufgenommen wurde: "Durch die Formulierung 'eine Einrichtung' sind auch vorangehende Einrichtungsorte geschützt" (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung in BTDrucks 12/2866 S. 25). Daraus ist zu schließen, dass ein vorangehender Einrichtungsort nicht erstattungspflichtig sein, sondern es für die Erstattungspflicht darauf ankommen soll, wo der gewöhnliche Aufenthalt der Anknüpfungsperson vor der Aufnahme in die vorangehende Einrichtung gewesen ist. In diesem Sinne sind somit auch sog. Einrichtungsketten im Rahmen von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht ausgeschlossen.

27

Hiervon ist auch der Verwaltungsgerichtshof in dem angegriffenen Urteil (UA S. 10) ausgegangen. Er hat aber insoweit das Vorliegen einer sog. Einrichtungskette wegen eines lediglich tatsächlichen Aufenthalts des Herrn M. in der Justizvollzugsanstalt N. verneint und damit - ohne dies näher zu begründen - die Voraussetzung aufgestellt, dass ein tatsächlicher Aufenthalt in einer Einrichtung den Anforderungen des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht genüge. Zwar sind die Vorinstanzen - ohne dass dies die Revisionen beanstanden - im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass Herr M. während der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt N. keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt am Ort des Untersuchungshaftvollzugs begründet hat, weil diese Haftform nach ihrem Zweck und ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nur vorübergehender Natur ist (vgl. Urteile vom 4. Juni 1997 a.a.O. und vom 2. April 2009 a.a.O. <328 f.>) und deshalb auch regelmäßig einen vorausgehenden gewöhnlichen Aufenthalt nicht beendet. Die insoweit allein streitige Frage, ob eine Einrichtungskette im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nur vorliegt und die Vorschrift ein Abstellen auf die vorangehende Einrichtung nur zulässt, wenn auch in dieser Einrichtung ein gewöhnlicher Aufenthalt der maßgeblichen Anknüpfungsperson begründet worden ist, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.

28

b) Auf die Justizvollzugsanstalt N. als vorangehende Einrichtung darf jedenfalls deshalb nicht (im Sinne einer Einrichtungskette) abgestellt werden, weil Herr M. dort allein zum Vollzug der Untersuchungshaft untergebracht war und sie deshalb (funktional) keine dem Strafvollzug dienende Einrichtung im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gewesen ist.

29

Zwar sind im letzten Halbsatz dieser Vorschrift, wo es um die hier in Rede stehende Anspruchsverpflichtung geht, nur die Worte "eine Einrichtung" genannt und werden die im ersten Halbsatz aufgezählten Einrichtungszwecke nicht nochmals bezeichnet. Aus dem systematischen Zusammenhang ist aber deutlich erkennbar, dass dies lediglich der Vermeidung von Wiederholungen dient und die zuvor bezeichneten Einrichtungszwecke - wie der hier allein in Betracht kommende Strafvollzug - auch im letzten Halbsatz vorausgesetzt werden. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber im letzten Halbsatz des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII einen anderen Einrichtungsbegriff zugrunde legen wollte als im ersten Halbsatz, der viel weitreichender und von den dort genannten Zwecken völlig gelöst ist. Die demnach auch hier - da allein in Betracht kommend - mit zu prüfende Voraussetzung, dass der Aufenthalt in der Einrichtung dem Strafvollzug dient, ist im Hinblick auf die Unterbringung des Herrn M. in der Justizvollzugsanstalt N. nicht erfüllt. Denn der Begriff des Strafvollzugs im Sinne von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist nicht auf die Einrichtung als Institution bezogen, sondern funktional zu verstehen und erfasst nicht den Vollzug der Untersuchungshaft.

30

Diese Begrenzung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Unter "Strafvollzug" wird im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch allein der Vollzug von Freiheitsstrafen (und freiheitsentziehenden Maßregeln der Sicherung und Besserung) verstanden (vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 19. Aufl. 2007, Stichwort "Strafvollzug" S. 1115). Dieser Sprachgebrauch war bei Einfügung des § 89e SGB VIII durch das Erste Gesetz zur Änderung des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs vom 16. Februar 1993 (BGBl I S. 239) bereits etabliert und dem Gesetzgeber bekannt. Denn er ist bereits durch das Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz (StVollzG) - vom 16. März 1976 (BGBl I S. 581) geprägt worden, das sich als umfassende Regelung des Strafvollzugs verstand (Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 10. Aufl. 2005, Einl. Rn. 1). Aus § 1 StVollzG folgt, dass dieses Gesetz (neben den freiheitsentziehenden Maßregeln) nur den Vollzug der Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten, nicht aber den Vollzug der Untersuchungshaft erfasst (vgl. Calliess/Müller-Dietz, a.a.O. § 1 Rn. 1; Böhm/Jehle, in: Schwind u.a., Strafvollzugsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2009, § 1 Rn. 1) und dementsprechend grundsätzlich nicht für in Justizvollzugsanstalten untergebrachte Untersuchungsgefangene gilt (vgl. Böhm/Jehle, a.a.O. § 1 Rn. 8 auch zu den begrenzten Ausnahmen). Die Untersuchungshaft, deren Voraussetzungen in der Strafprozessordnung geregelt sind (§§ 112 ff. StPO), erfasst die Inhaftierung eines noch nicht (oder noch nicht rechtskräftig) verurteilten Beschuldigten, die - im Gegensatz zu der durch Urteil verhängten Strafhaft - erst die Durchführung des Strafprozesses sichern soll (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 52. Aufl. 2009, vor § 112 Rn. 1; Creifelds, a.a.O. Stichwort "Untersuchungshaft", S. 1210 f.). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung des Begriffs des Strafvollzugs in § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII von diesem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch abweichen und damit auch den Vollzug der Untersuchungshaft erfassen wollte.

31

Gegen ein institutionelles Begriffsverständnis, das unabhängig von der Art und Funktion des erzwungenen Aufenthalts mit dem Begriff des Strafvollzugs alle Formen der Freiheitsentziehung in Justizvollzugsanstalten erfassen wollte, sprechen auch systematische Gründe. So ist in § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gerade nicht allgemein von Justizvollzugsanstalten die Rede, die - wie bekanntermaßen und mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert - in der Praxis regelmäßig sowohl dem Vollzug der Strafhaft als auch der Untersuchungshaft dienen. Vielmehr nimmt die Vorschrift - soweit hier von Bedeutung - funktional allein auf eine dem Strafvollzug dienende Einrichtung Bezug. Soweit der Gesetzgeber auch Einrichtungen erfassen will, die darüber hinaus auch den Vollzug von sonstigen Freiheitsentziehungen - wie der Untersuchungshaft - erfassen, bringt er dies - wie § 98 Abs. 4 SGB XII (= § 97 Abs. 5 BSHG) zeigt - erkennbar zum Ausdruck. Dort ist im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit und auf etwaige Erstattungsansprüche der Sozialhilfeträger ausdrücklich von "Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung" die Rede, wovon unzweifelhaft sowohl die dem Vollzug der Strafhaft als auch die dem Vollzug der Untersuchungshaft dienenden Einrichtungen erfasst werden (vgl. etwa Schoch, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 98 Rn. 44).

32

Zwar kann zur Verwirklichung des Normzwecks des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII eine weite Auslegung der Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift geboten sein (vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 89e Rn. 7, § 86a Rn. 7). Der Sinn und Zweck des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, d.h. der Schutz der Einrichtungsorte, gebietet es hier aber ebenfalls nicht, entgegen Wortlaut und Systematik den Begriff der dem Strafvollzug dienenden Einrichtung im Wege der erweiternden Auslegung oder teleologischen Extension auf die Untersuchungshaft in Justizvollzugsanstalten auszudehnen. Vielmehr ist der jeweilige Einrichtungsort, soweit die in seinem Bereich gelegene (Vollzugs-)Einrichtung im konkreten Fall (funktional) dem Vollzug der Untersuchungshaft dient, im Ergebnis bereits deshalb geschützt, weil am Ort der Untersuchungshaft - wie oben dargelegt - in aller Regel kein von § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vorausgesetzter gewöhnlicher, sondern nur ein tatsächlicher Aufenthalt begründet wird. Bei bloß tatsächlichem Aufenthalt wird der Einrichtungsort nämlich regelmäßig schon gar nicht örtlich zuständig, weil die verschiedenen - insbesondere in § 86 SGB VIII enthaltenen - jugendhilferechtlichen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt (der Eltern, eines Elternteils oder hilfsweise des Jugendlichen oder Kindes) anknüpfen. Für den Ausnahmefall, dass ein Einrichtungsort trotz eines nur tatsächlichen Aufenthalts der Anknüpfungsperson örtlich zuständig geworden und mit Kosten belastet worden sein sollte, steht ihm wiederum regelmäßig ein Erstattungsanspruch aus eigenem Recht gegen den überörtlichen Träger zu (vgl. § 89 SGB VIII). Weil die Untersuchungshaft regelmäßig nicht einen gewöhnlichen Aufenthalt beendet, ist eine weite Auslegung des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auch nicht angezeigt, um in Fällen nachfolgender Strafhaft die Anwendungsfälle des § 89e Abs. 2 SGB VIII zu begrenzen. Insgesamt sind daher die Einrichtungsorte, in denen die Anknüpfungsperson nur einen tatsächlichen Aufenthalt hat, bereits umfassend geschützt und bedürfen nicht noch eines zusätzlichen, eine extensive Auslegung des § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII rechtfertigenden Schutzes.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Als unterlegene Beteiligte haben der Kläger und der Beigeladene zu 3 die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2 sind nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 9. April 2009 – 6 A 3066/00 – wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 134.318,86 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten von als Eingliederungsmaßnahmen gewährter Sozialhilfeleistungen für ein behindertes Kind.

2

Mit dem angefochtenen Urteil vom 09. April 2009 – 6 A 3066/00 – hat das Verwaltungsgericht – bei gleichzeitiger Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des zunächst ausschließlich beklagten Landes Mecklenburg-Vorpommern nach Klagerücknahme - der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 134.318,86 Euro zu zahlen. Der Klägerin stehe als nach § 43 Abs. 1 SGB I zuerst angegangenem Leistungsträger ein Anspruch auf Kostenerstattung im tenorierten Umfang gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB X unter Berücksichtigung der §§ 97 Abs. 2, 104 des zwischenzeitlich weggefallenen Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zu. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die am 2. Juli 1992 als rumänische Asylbewerber nach Schwerin umverteilten Eltern des am 27. Juni 1992 in Rostock geborenen Kindes seit dem 2. Juli 1992 bis zu ihrem Wegzug an einen unbekannten Ort unter Zurücklassung des Kindes im Klinikum in Schwerin im April/Mai 1993 ihren gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe hatten. Daran anknüpfend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass auch das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei seinen Eltern in Schwerin gehabt habe, weil es sich tatsächlich zwischen den Klinikaufenthalten bei diesen in der Gemeinschaftsunterkunft aufgehalten habe. Das Kind sei dabei nicht nur gleichsam zu Besuch bei seinen Eltern gewesen, sondern habe deren gewöhnlichen Aufenthalt im Asylbewerberheim geteilt.

3

Der nach Zustellung des Urteils an die Beklagte am 20. April 2009 fristgemäß (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) am 20. Mai 2009 gestellte und begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

Der im Hinblick auf die überwiegende Klagestattgabe geltend gemachte Zulassungsgrund rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung; dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, 3642; Beschl. v. 08.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, NVwZ 2010, 634 [640]; Beschl. v. 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, 963).

5

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls der Sache nach nicht vor.

6

Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes – vorbehaltlich späterer Erkenntnisse – eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zum Ganzen etwa Beschl. v. 15. Oktober 2008 – 1 L 104/05 –).

7

In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift – gegebenenfalls i.V.m. einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz – Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (ebenfalls ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. a. a. O.).

8

Nach diesem Maßstab kommt eine Zulassung der Berufung nicht in Betracht.

9

Die Beklagte macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils sowohl wegen der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes der Eltern des Kindes und des Kindes selbst im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe als auch hinsichtlich der Höhe der Kostenerstattungspflicht, weil der für die Jahre 1997 bis 1999 geltend gemachte Anspruch gegenüber der Beklagten gemäß § 113 Abs. 1 SGB X verjährt sei.

10

Die Rüge der fehlerhaften Annahme des Verwaltungsgerichts bezüglich des gewöhnlichen Aufenthalts der Eltern des Kindes und des Kindes selbst im Zuständigkeitsbereich der Beklagten vermag keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu wecken. Maßgeblich ist insoweit § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, der mangels abweichender Vorschriften auch für den Bereich der Sozialhilfe gilt (§ 37 SGB I). Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Personen, die in einer zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft leben, dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben können. Das Bundesverwaltungsgericht hat für den Fall eines Spätaussiedlers entschieden, dass auch in einem Übergangswohnheim ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne eines Aufenthalts "bis auf weiteres" begründet werden kann. Der Umstand, dass ein Spätaussiedler nicht die Absicht hat, im Übergangswohnheim, einer Notunterkunft, "zunächst auf Dauer" bzw. "bis auf weiteres" zu verbleiben, sondern bestrebt ist, das Übergangswohnheim sobald wie möglich zu verlassen, sowie der Umstand der beengten und fehlenden Räumlichkeiten, die nicht als Wohnung oder Dauerunterkunft angesehen werden können, sind danach vielleicht durchgreifend, wenn - etwa bei einer Unterbringung in einer Turnhalle - abgeschlossene Räumlichkeiten fehlen und die Unterkunft zur Begründung eines vorläufigen Lebensmittelpunktes ersichtlich nicht bestimmt und geeignet ist. Von derartigen Besonderheiten abgesehen steht jedoch der Umstand, dass ein Übergangswohnheim nicht zum dauernden Verbleib bestimmt ist und dem Aufenthalt die Merkmale einer selbstbestimmten, auf Dauer eingerichteten Häuslichkeit fehlen, der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne eines zukunftsoffenen Aufenthalts "bis auf weiteres" nicht entgegen (BVerwG, Urt. v. 18.03.1999 - 5 C 11/98 -, NVwZ-RR 1999, 583, zit. n. juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schließen dabei Zwang und Unfreiwilligkeit einen gewöhnlichen Aufenthalt nicht aus. Der Grund für den Zwang und die Unfreiwilligkeit ist für die Frage nach dem gewöhnlichen Aufenthalt ohne Bedeutung, weil es bei den Umständen im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I nicht auf deren Ursachen, sondern allein darauf ankommt, dass sie ein nicht nur vorübergehendes Verweilen erkennen lassen (BVerwG, Beschl. v. 08.12.2006 - 5 B 65/06 -, zit. n. juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat auch entschieden, dass zur Begründung eines "gewöhnlichen Aufenthalts" ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich ist, es vielmehr genügt, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, und dass dies auch für Kinder und Jugendliche gilt, die einen von ihren Eltern oder einem Elternteil abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt haben können. Der Grundsatz, dass ein minderjähriges Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt grundsätzlich bei dem Elternteil hat, der das Personensorgerecht ausübt und bei dem es sich tatsächlich aufhält, ist danach eine Regel für die nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I erforderliche eigenständige Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eines minderjährigen Kindes und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel an dem Ort hat, an dem er seine Erziehung erhält, wobei es bei einer Unterbringung außerhalb der Familie darauf ankommt, ob sie nur vorübergehend oder auf Dauer erfolgen soll. Dabei ist notwendige Voraussetzung für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts, dass sich die Person, die an einem Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen will, zumindest kurzfristig auch tatsächlich dort aufhält. Auch wenn zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich ist, ist nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I eine Mindestdauer eines tatsächlichen Aufenthalts unverzichtbar. Der tatsächliche Aufenthalt ist zwar nicht hinreichende, aber notwendige Bedingung für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts. Diese Voraussetzung kann auch bei Kindern nicht durch den bloßen Willen eines personensorgeberechtigten Elternteils, an diesem Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt für das Kind zu begründen, oder entsprechende objektive Vorbereitungshandlungen (etwa Anmietung und Einrichtung einer Wohnung; melderechtliche Anmeldung) ersetzt werden (BVerwG, Urt. v. 26.09.2002 - 5 C 46/01 -, NVwZ 2003, 616, zit. n. juris). Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts einer Asylbewerberin in einer zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft verneint, weil sich die Asylbewerberin zu keinem Zeitpunkt tatsächlich dort aufgehalten hatte (BVerwG, Urt. v. 07.07.2005 - 5 C 9/04 -, NVwZ 2006, 97, zit. n. juris). Der Bayerische VGH hat anknüpfend an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 1999, aaO., entschieden, dass ein noch nicht bestandskräftig anerkannter Asylbewerber, der in einer zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft lebt, dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat (BayVGH, Urt. v. 25.10.2001 - 12 B 00.2312 -, zit. n. juris). Der Senat hat bereits entschieden, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt bei Kindern in der Regel, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der minderjährige Hilfeempfänger einen davon abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt oder einen abweichenden tatsächlichen Aufenthalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2002 - 5 C 46.01 -, NVwZ 2003, 616, zit. n. juris) genommen hat, zunächst nach dem Aufenthalt der Eltern bzw. nach dem Aufenthalt des mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils bestimmt. Auch ansonsten kommt es grundsätzlich für die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts von Kindern auf den Willen der Eltern bzw. des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten an, soweit der Ausführung des Willens nicht objektive Umstände entgegenstehen (OVG M-V, Urt. v. 28.08.2007 - 1 L 300/05 -, zit. n. juris). An dieser Auffassung hält der Senat fest und schließt sich auch im Übrigen der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen VGH an. Danach hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass sowohl die Eltern des Kindes, die sich ca. 10 Monate in der Gemeinschaftsunterkunft in Schwerin aufgehalten hatten, als auch deren behindertes Kind jedenfalls bis zum Wegzug der Eltern dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hatten. Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass sich das Kind tatsächlich nur einige Wochen in der Gemeinschaftsunterkunft befunden und die überwiegende Zeit im Krankenhaus verbracht hatte. Aus diesem Umstand kann nicht geschlossen werden, dass sich das Kind nur vorübergehend gleichsam zu Besuch bei seinen Eltern aufgehalten hatte. Für eine solche Annahme spricht insbesondere auch nicht, dass die Eltern das Kind bereits zu der Zeit des Aufenthalts in der Gemeinschaftsunterkunft nicht gewollt hätten, wie der Beklagte behauptet, und es später in Schwerin in der Klinik zurückgelassen haben. Abgesehen davon, dass über die wahre Motivlage der Eltern nichts bekannt ist, spielt dies auch keine Rolle. Entscheidend ist, dass die Eltern ihr Kind tatsächlich in der ihnen zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft aufgenommen hatten und es dort, wenn auch nur jeweils für relativ kurze Zeiträume, betreut hatten. Die durch die Behinderungen und Erkrankungen des Kindes erforderlichen Klinikaufenthalte ändern daran nichts. Hinweise darauf, dass die Eltern den Aufenthalt ihres Kindes außerhalb der Klinikzeiten abweichend von ihrem eigenen gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt hätten, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob die Eltern ihr Kind in der Unterkunft „wollten“. Entscheidend ist, dass die Eltern das Kind – ihrer elterlichen Sorgepflicht folgend – tatsächlich aufgenommen und betreut hatten.

11

Zwar endete der anzunehmende gewöhnliche Aufenthalt des Kindes mit dem Wegzug seiner Eltern aus Schwerin und seiner Aufnahme in das Kinderheim Zippendorf/Schwerin im Anschluss an die Entlassung aus der Klinik am 12. Mai 1993, weil in einer solchen Einrichtung ein gewöhnlicher Aufenthalt nach den zum damaligen Zeitpunkt geltenden §§ 109, 103 Abs. 4 BSHG i. d. F. d. B. vom 10. Januar 1991 – BSHG a. F. - (BGBl. I 1991, 94) nicht begründet werden konnte. Dies ändert aber im Ergebnis nichts an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes aus dem Kinderheim in Zippendorf/Schwerin in die Pflegefamilie im August 1993 bestimmte § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG a. F. für den Fall eines Übertritts eines Hilfeempfängers aus einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen den zur Kostenerstattung verpflichteten Träger nach dem gewöhnlichen Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war. Maßgeblich für die erste Einrichtung, das Kinderheim in Zippendorf/Schwerin, war die Beklagte wegen des vor der Unterbringung in dem Kinderheim bestehenden gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in der Gemeinschaftsunterkunft in Schwerin.

12

Auch der weitere Einwand der Beklagten, ein Teil des Erstattungsanspruchs für die Jahre 1997 bis 1999 sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bei Klageerhebung bereits nach § 113 Abs. 1 SGB X verjährt gewesen, kann nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils führen. Insoweit verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass die Beklagte die auch in den Fällen des § 113 Abs. 1 SGB X notwendige Einrede der Verjährung im erstinstanzlichen Klageverfahren nicht erhoben hat. Dies wäre nach der Rechtsprechung des Senats jedoch – den Eintritt der Verjährung unterstellt – Voraussetzung dafür gewesen, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch der Klägerin teilweise hätte abweisen müssen (vgl. OVG M-V, Urt. v. 28.08.2007 - 1 L 59/05 -, zit. n. juris). Ohne eine solche Einrede durfte das Verwaltungsgericht dem geltend gemachten Anspruch nicht dessen (behauptete) teilweise Verjährung entgegenhalten.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine in der erstinstanzlichen Entscheidung wegen § 188 Satz 2 VwGO a. F. ausgesprochene Gerichtskostenfreiheit war im Zulassungsverfahren wegen der Änderung des § 188 VwGO durch Artikel 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess – RmBereinVpG – v. 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3987), in Kraft getreten am 01. Januar 2002 (Artikel 7 RmBereinVpG), nicht auszusprechen. Seit dieser Änderung gilt die Gerichtskostenfreiheit gemäß § 188 Satz 2, 2.HS VwGO nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

14

Aus diesem Grunde war auch eine Entscheidung über den Streitwert notwendig; diese folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

15

Hinweis:

16

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

17

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. April 2005 - 6 A 77/04 - teilweise geändert:

Der Beklagte zu 1. wird verpflichtet, die Gewährung der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin Frau L. T. (L. T.), geboren am ..., ab Rechtskraft des Urteils in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin die zu Gunsten der Hilfeempfängerin Frau L. T. (L. T.) rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung für die Zeit vom 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles zu erstatten.

Gerichtskosten werden für das erstinstanzliche Verfahren nicht erhoben. Der Beklagte zu 1. trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren zur Hälfte und seine eigenen außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens selbst. Die Klägerin trägt im erstinstanzlichen Verfahren die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. und die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten selbst.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 1. trägt die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten zu 1. die Übernahme des Hilfefalles der Hilfeempfängerin Frau L. T. (L. T.) in dessen eigene Zuständigkeit und macht einen sozialhilferechtlichen Kostenerstattungsanspruch für die von ihr in diesem Hilfefall aufgewandten Sozialhilfekosten geltend.

2

Die Hilfeempfängerin wurde am ... 1933 in Lublin/Polen geboren. Bei ihrer Mutter handelte es sich um Frau A. T., die am ... 1907 in P., Kreis Lublin, geboren worden war. Die Mutter besaß zunächst die polnische Staatsangehörigkeit. Die Hilfeempfängerin lebte wohl bis zum 24. Juli 1940 in Lublin im damaligen sogenannten "Generalgouvernement". Spätestens am 24. Juli 1940 beantragte die Mutter der Hilfeempfängerin ausweislich des Stammblattes Nr. ... bei der Einwandererzentralstelle Nord-Ost, Nebenstelle Lodz/Staatsangehörigkeitsstelle die Einbürgerung. Im Stammblatt ist vermerkt "Rassezugeh. arisch". Mit Verfügung vom 24. Juli 1940 wurde zur Nummer .../Äu verfügt, dass die Einbürgerung antragsgemäß zu vollziehen sei. In der Verfügung heißt es, für das Kind L. sei eine besondere Urkunde zu erstellen. Am 29. November 1940 bestätigte die Mutter den Erhalt der Einbürgerungsurkunde für ihre Tochter, die Hilfeempfängerin. Laut Abschrift der Einbürgerungsurkunde erwarb L. T. in Lublin, geboren am ... 1933 in Lublin, mit dem Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde die deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit) durch Einbürgerung. Vom 08. August 1940 datiert ein Dokument der Staatsangehörigkeitsstelle betreffend A. und L. T. unter Angabe des "Durchschleusungsortes" Lublin sowie des Wohnortes Lublin. Nach Maßgabe der vorliegenden Unterlagen erhielt die Mutter der Hilfeempfängerin einen sogenannten Rückkehrerausweis.

3

Gemäß Sterbeurkunde des Standesbeamten in Te. vom 19. August 1948 verstarb Frau A. T., wohnhaft in N.-G., am ... 1948 um 2.30 Uhr in N.-G.. Das Geburtsdatum der Verstorbenen wird mit dem ... 1907 angegeben. Weiter heißt es, die Verstorbene sei nicht verheiratet gewesen. Die entsprechende Eintragung erfolgte auf mündliche Anzeige der Totenkleiderin Frau L. V. in Te., die als Anzeigende bekannt sei und erklärt habe, aus eigener Wissenschaft von dem Sterbefall unterrichtet zu sein.

4

Unter dem 28. August 1948 bescheinigte der Bezirksarzt für den Bezirk Te... Dr. med. H. K... aus Te... in Mecklenburg, dass L. T. aus Te., N.-G. heimpflegebedürftig sei. Zur Vorgeschichte wurde u.a. angegeben, dass die Hilfeempfängerin ihren Namen nennen könne, nicht jedoch den Geburtstag und Geburtsort.

5

Mit Schreiben vom 21. Oktober 1948 beantragte der Rat der Stadt Te. beim Rat des Kreises Rostock die Heimaufnahme für L. T., geboren am ... 1933, "wohnhaft Te., N.-G.". Dabei wurde Bezug genommen auf einen Antrag der Gemeindeschwester A. P., Te.. Im Antrag heißt es, nachdem das Kinderhaus G. die Aufnahme der Hilfeempfängerin abgelehnt habe, werde gebeten, dieselbe in einem anderen Heim unterzubringen. Das Kind sei infolge eines Bombenangriffes geistesgestört, jedoch nur zeitweilig. Vielleicht werde es möglich sein, das Kind in U. unterzubringen. Da es unmöglich sei, L. T. in N.-G. weiterhin zu halten, werde dringend um Heimaufnahme gebeten. In der Anlage werde ein Rückkehrer-Ausweis der verstorbenen Frau T. sowie eine Pflegebedürftigkeitsbescheinigung übersandt.

6

Auf diesen Antrag hin erteilte der Rat des Kreises Rostock unter dem 30. Oktober 1948 die Genehmigung der Aufnahme der Hilfeempfängerin in der Heil- und Pflegeanstalt U. .

7

Daraufhin wandte sich der Rat der Stadt Te. mit Schreiben vom 15. November 1948 an die Heil- und Pflegeanstalt U. in Betreff "Heimaufnahme für das Kind L. T., geb. ...33, wohnhaft in Te., N.-G.": Auf Veranlassung des Kreissozialamtes werde das hilfsbedürftige Waisenkind L. T. aus Te., N.-G. zur Heimaufnahme nach U. überwiesen. Die Genannte werde am Freitag, den 19. November 1948 in der Pflegeanstalt abgeliefert werden.

8

Bei den dem Gericht vorliegenden Unterlagen findet sich eine entsprechende Wohnungsabmeldung bzw. "Abmeldung bei der polizeilichen Meldebehörde". Darin heißt es, die Hilfeempfängerin sei am 16. November 1948 nach U. in die dortige Pflegeanstalt verzogen. Letzte Wohnung sei Te., N.-G., gewesen. Als Staatsangehörigkeit ist vermerkt: "DR".

9

Am 20. November 1948 erfolgte die Aufnahme der Hilfeempfängerin in die Heil- und Pflegeanstalt U. . Von dort aus wurde sie am 05. September 1954 in das Krankenhaus für Psychiatrie Br. entlassen bzw. dort als Pflegefall aufgenommen. Dort, in der späteren Landesklinik Br. bzw. im heutigen A. Fachklinikum Br. lebt die körperlich (Taubheit) und geistig behinderte Hilfeempfängerin seit ihrer Aufnahme.

10

Ihr wurde, wie bereits zuvor jedenfalls seit 1991, seit dem 01. Januar 1995 Hilfe in besonderen Lebenslagen als Eingliederungshilfe nach den §§ 27 Abs. 2 und 3, 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 BSHG a.F. und wohl seit Januar 2005 nach den entsprechenden Vorschriften des SGB XII gewährt, zunächst vom Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg und ab Januar 1996 bis heute von der Klägerin.

11

Mit Schreiben vom 11. Juli 2000 wandte sich die Klägerin an die Stadt Te. zwecks Aktenübergabe und Anmeldung eines Erstattungsanspruchs betreffend die Hilfeempfängerin. Die Hilfeempfängerin erhalte seit 1991 Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte in der Einrichtung Landesklinik Br. und habe den gewöhnlichen Aufenthalt vor der ersten Heimaufnahme im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern begründet; als Anschrift sei Te. ermittelt worden. Die Klägerin beabsichtige, die Hilfegewährung entsprechend § 2 Abs. 3 SGB X bis zum Ende des Monats August 2000 fortzuführen und bitte um Übernahme des Falles bis zum 01. September 2000. Sie melde Kostenerstattung gemäß § 2 Abs. 3 SGB X i.V.m. § 102 Abs. 2 SGB X ab 27. Juni 1993 bis zum Ende der Leistungsgewährung an.

12

Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 erklärte die Stadt Te. im Namen des Beklagten zu 1., die Hilfeempfängerin sei nicht in Te. gemeldet gewesen. Eine Kostenübernahme könne nicht stattfinden. Mit Schreiben vom 02. November 2000 bat die Klägerin die Stadt Te. nochmals um Prüfung der Zuständigkeit zur Übernahme des Hilfefalles. Unter dem 15. November 2000 übersandte die Stadt Te... die Akte der Hilfeempfängerin zur weiteren Bearbeitung an den Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 1. wandte sich mit Schreiben vom 24. Januar 2001 an den Beklagten zu 2. und teilte mit, man habe die Unterlagen zur Übernahme des Hilfefalles in die Zuständigkeit des Beklagten zu 1. und gleichzeitig den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin für die Hilfeempfängerin geprüft. Der Beklagte zu 1. halte die Krankenblätter als Nachweis für den gewöhnlichen Aufenthalt vor Heimaufnahme für nicht ausreichend. Weitere Ermittlungen seien erfolglos geblieben.

13

Am 27. Dezember 2000 hat die Klägerin - zunächst nur gegen den Beklagten zu 2. - wegen Kostenerstattung gemäß § 2 Abs. 3 SGB X Klage erhoben (Az. 6 A 3107/00 VG Schwerin). Den Beklagten zu 1. hat sie mit am 19. Juni 2002 eingegangenen Schriftsatz in das Verfahren einbezogen.

14

Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen,

15

die Hilfeempfängerin habe ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Heimaufnahme in N.-G. bei Te., Land Mecklenburg-Vorpommern, mithin im Bereich des Beklagten zu 1. gehabt. Seitdem habe sich die Hilfeempfängerin ununterbrochen in Einrichtungen aufgehalten. Folglich habe sie auch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Mit Wirksamwerden des § 97 Abs. 2 BSHG n.F. sei der Beklagte örtlich zuständig geworden. Im Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten zu 1., dass der gewöhnliche Aufenthalt der Hilfeempfängerin im Landkreis Bad Doberan vor Aufnahme in eine Einrichtung von der Klägerin nicht substantiiert dargestellt worden sei, werde darauf hingewiesen, dass dem Amt für Soziales und Wohnen der Klägerin als Beweis lediglich die Kopie des Krankenblattes der Heil- und Pflegeanstalt U. vorliege. Aus diesem gehe hervor, das der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Hilfeempfängerin vor Aufnahme in die Pflegeanstalt Te. in N.-G. gewesen sei. Andere Beweise könnten hierzu nicht beigebracht werden. Bezüglich der Anmeldung des Kostenerstattungsanspruchs greife der Grundgedanke des § 5 Abs. 2 BSHG Platz.

16

Die Klägerin habe gegen den Beklagten zu 1. einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X. Sie sei gemäß den §§ 2 Abs. 1, 2a AG-BSHG Brandenburg i.V.m. § 100 Abs. 1 BSHG sachlich zuständig für Hilfe in besonderen Lebenslagen für die in § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG genannten Personen, wenn es wegen deren Behinderung oder Leidens erforderlich sei, die Hilfe in einer Einrichtung zu erbringen. Die Hilfeempfängerin gehöre zu diesem Personenkreis; sie erhalte Hilfe in besonderen Lebenslagen. Wegen ihrer Behinderung sei es erforderlich, die Hilfe stationär zu erbringen. Die Klägerin sei auch aktivlegitimiert.

17

Mit am 30. November 2001 eingegangenem Schriftsatz vom 19. November 2001 hat die Klägerin ihren Kostenerstattungsanspruch für die Zeit vom 01. Januar 1996 bis zum 30. Juni 2001 nach Maßgabe einer kurzen Berechnung beziffert. Im Zeitraum vom 01. Januar 1995 bis zum 28. Februar 2001 seien ihr Kosten in Höhe von 337.275,33 DM entstanden.

18

Nach einer entsprechenden Klageänderung mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2003 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 12. Januar 2004 - 6 A 3107/00 - getrennt und die Klage, soweit sie nunmehr allein gegen den Beklagten zu 1. gerichtet worden ist, unter dem Az. 6 A 77/04 fortgeführt. Ferner hat das Verwaltungsgericht das Verfahren zum Az. 6 A 3107/00 wegen der sinngemäßen Rücknahme der Klage gegen den Beklagten zu 2. eingestellt.

19

Mit am 30. Dezember 2004 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat die Klägerin ihre Klage erweiternd erneut gegen den Beklagten zu 2. als weiteren Beklagten gerichtet. Ihrem am 06. Januar 2005 eingegangenen Schriftsatz im Original hat die Klägerin Kostenaufstellungen für die Jahre 1999 bis August 2004 beigefügt. Es ergebe sich ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 174.560,49 Euro.

20

Zuletzt hat die Klägerin beantragt,

21

den Beklagten zu 1., den Landkreis Bad Doberan, zu verurteilen, die Gewährung der Sozialhilfe an die Hilfeempfängerin L. T., geboren am ... 1933, unverzüglich in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen,

22

festzustellen, dass der Beklagte zu 1., der Landkreis Bad Doberan, verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, die rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin L. T. für die Zeit vom 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten,

23

festzustellen, dass der Beklagte zu 2., das Land Mecklenburg-Vorpommern, verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, die rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin L. T. für die Zeit vom 01.07.1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten

24

Im Übrigen hat die Klägerin - wie schon zuvor schriftsätzlich - in der mündlichen Verhandlung die Klage für Leistungszeiträume vor dem 01. Juli 1999 zurückgenommen.

25

Der Beklagte zu 1. hat beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Der Beklagte zu 2. hat beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Der Beklagte zu 2. hat im Wesentlichen vorgetragen,

30

der Klägerin stünden die Ansprüche auf Übernahme der Hilfegewährung und Kostenerstattung aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X gegen das beklagte Land nicht zu. Der Beklagte zu 2. sei nicht passivlegitimiert. Die Klägerin sei zudem im Hinblick auf die Zuständigkeitsbestimmungen des Landes Brandenburg nicht aktivlegitimiert.

31

Mit Urteil vom 06. April 2005 - 6 A 77/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

32

Soweit die Klage zurückgenommen worden sei, sei das Verfahren einzustellen.

33

Soweit der Beklagte zu 2. auf Kostenerstattung in Anspruch genommen werde, sei dieser bereits nicht zuständig für die begehrte Kostenerstattung. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald sei der überörtliche Träger der Sozialhilfe für die Erfüllung von Kostenerstattungsansprüchen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG 1991/§ 2 Abs. 3 Satz 3 SGB X nicht passivlegitimiert, und zwar auch, soweit es um Zeiträume gehe, die vor dem 01. Januar 2002 lägen.

34

Aber auch die Klage gegen den Beklagten zu 1. - für den Beklagten zu 2. gelte dies ebenso - habe keinen Erfolg. Der Beklagte zu 2. habe den Hilfefall weder in eigene Zuständigkeit zu übernehmen, noch sei er zur Kostenerstattung für die Sozialhilfekosten verpflichtet. Die Hilfeempfängerin habe nicht im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Aufnahme in einer Einrichtung oder in den letzten zwei Monaten vor Aufnahme im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu 2. gehabt. Das Gericht sei auf der Grundlage der durch die Beteiligten beigebrachten Unterlagen nicht hinreichend davon überzeugt, dass die damals noch minderjährige Hilfeempfängerin bis unmittelbar vor der von dann an ununterbrochenen fortdauernden Unterbringung in brandenburgischen Einrichtungen nach Maßgabe des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Gebiet des heutigen Beklagten zu 1. (oder Beklagten zu 2.) gehabt habe. Das Verwaltungsgericht führt dies ausführlich mit Blick auf die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebene Aktenlage aus. Diese nachhaltenden Zweifel am letzten gewöhnlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin vor der Heimaufnahme auf dem Gebiet des heutigen Beklagten zu 1. - entsprechendes gelte auch für das Gebiet des Beklagten zu 2. - gingen zu Lasten der dafür nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast nachweispflichtigen Klägerin. Anhaltspunkte für eine weitergehende Amtsermittlung sehe das Gericht nicht.

35

Das Urteil wurde der Klägerin am 28. Juni 2005 zugestellt.

36

Am 27. Juli 2005 hat die Klägerin Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen Antrag mit am 26. August 2005 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie hat dabei umfangreiche Unterlagen zum Schicksal bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin vor und nach ihrer erstmaligen Aufnahme in einer Einrichtung vorgelegt.

37

Mit Beschluss vom 05. Juni 2007 hat der Senat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. April 2005 - 6 A 77/04 - zugelassen, soweit mit dem Urteil die Klage gegen den Beklagten zu 1. abgewiesen worden ist, hingegen, soweit mit dem Urteil die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen worden ist, den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Der Beschluss ist der Klägerin am 13. Juni 2007 zugestellt worden.

38

Mit am 09. Juli 2007 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Fristverlängerung bis zum 31. Juli 2007 zur Abgabe der Berufungsbegründung beantragt, die entsprechend bewilligt wurde. Mit am 31. Juli 2007 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin ihre Berufung begründet.

39

Sie trägt im Wesentlichen vor,

40

die Berufung sei begründet, weil das erstinstanzliche Urteil zu Unrecht gegenüber dem Beklagten zu 1. sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht Ansprüche der Klägerin wegen fehlenden gewöhnlichen Aufenthaltes negiere. Die Klägerin habe sowohl einen Kostenerstattungsanspruch als auch einen Anspruch auf Übernahme des Hilfefalles.

41

Auf der Grundlage der inzwischen vorgelegten Unterlagen lasse sich vom rechtlichen wie tatsächlichen her ein gewöhnlicher Aufenthalt der damals minderjährigen Hilfeempfängerin L. T. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu 1. bejahen. Das Verwaltungsgericht habe zudem die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der Klägerin überdehnt. Ausschlaggebend sei insbesondere, dass sich die Hilfeempfängerin nach Aktenlage mehrere Monate und damit einen längeren Zeitraum im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgehalten habe; eine längere tatsächliche Verweildauer reiche regelmäßig zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes aus. Die Hilfeempfängerin sei damals minderjährig gewesen. Demnach habe nur derjenige den Aufenthalt bestimmen können, der auch die Personensorge nach § 1626 BGB für das geschäftsunfähige Kind gemäß § 104 Nr. 2 BGB ausgeübt habe. Der damalige Kreis Rostock habe den Aufenthaltsort für das Kind bestimmt und per Erklärung auch die Kosten für die Unterbringung übernommen.

42

Der geltend gemachte Prozesszinsanspruch ergebe sich aus den §§ 288, 291 BGB analog. Für den Zeitraum vom 01. Juli 1999 bis August 2004 habe sie mit am 06. Januar 2005 dort eingegangenem Schriftsatz vom 30. Dezember 2004 dem erstinstanzlichen Gericht die monatlichen Sozialhilfeaufstellungen für den sogenannten Zeitraum überreicht, sodass für diesen Teilbetrag des Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von insgesamt 169.309,65 Euro der Prozesszinsanspruch auch ab diesem Zeitpunkt, nämlich dem 06. Januar 2005 entstanden sei. Denn wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2001 - 5 C 34.00 - ausführe, reiche es im Rahmen einer Feststellungsklage für das Zusprechen von Prozesszinsen aus, dass der Kläger seine aufgewendeten Kosten nach Zeit und Betrag genauestens substantiiert habe, sodass der Umfang der Geldleistung - wie hier für den vorgenannten Zeitraum - jederzeit rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden könne. Abweichende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtslage bei der Verpflichtungsklage sei vorliegend nicht übertragbar.

43

Einwände gegen die mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2004 überreichten monatlichen Kostenaufstellungen habe der Beklagte nicht geltend gemacht.

44

Mit Schriftsatz vom 15. August 2007 hat die Klägerin die erbrachten Leistungen auf 282.774,53 Euro für den Zeitraum 07/1999 bis 30.04.2007 beziffert.

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Die Klägerin beantragt,

46

1. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, die Gewährung der Sozialhilfe an die Hilfeempfängerin L. T., geb. am ... 1933, unverzüglich in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen,

47

2. in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. April 2005 festzustellen, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin die rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin L. T. für die Zeit vom 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles nebst 4 % Zinsen (aus 177.326,00 Euro) seit Rechtshängigkeit (seit dem 06.01.2005) zu erstatten.

48

Der Beklagte zu 1. beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen,

50

und trägt vor,

51

auch die neu vorgelegten Unterlagen erbrächten nicht den hinreichenden Nachweis dafür, dass die Hilfeempfängerin vor erstmaliger Aufnahme in einer Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich begründet habe. Selbst wenn von einem tatsächlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin auszugehen gewesen wäre, fehle es an der für den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I erforderlichen subjektiven Komponente. Grundsätzlich komme es bei Minderjährigen, erst recht bei geistig behinderten Menschen auf den Willen der Sorgeberechtigten an. Bezüglich der Mutter werde nun behauptet, dass diese am ... 1948 in N.-G. verstorben sei. Hieraus solle wohl der Wille der Mutter der Hilfeempfängerin zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts geschlossen werden. Als Beweis für diese Behauptung werde in Kopie eine Sterbeurkunde datiert vom 19. August 1948 vorgelegt. Diese Sterbeurkunde habe jedoch bezüglich des gewöhnlichen Aufenthalts der Hilfeempfängerin keinerlei Beweiskraft. Aus ihr ergebe sich lediglich, dass am ...1948 eine Frau namens A. T. aus N.-G. verstorben sei. Ausgestellt worden sei diese Urkunde aufgrund der mündlichen Anzeige der Frau L. V. aus Te.. Aus der Urkunde gehe nicht hervor, dass es sich hier um die Mutter der Hilfeempfängerin gehandelt habe. Ebenso gut habe es sich um eine Verwandte handeln können. Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt habe, bestünden auf Grund der Herkunft der Hilfeempfängerin Zweifel, ob der Name T. überhaupt der wirkliche Name der Hilfeempfängerin sei, sodass es auch möglich sei, dass die Hilfeempfängerin überhaupt nicht mit der A. T. verwandt sei. Da auch weiterhin offen bleibe, ob statt auf den Willen der Eltern auf den eines bestellten Vormunds habe zurückgegriffen werden können, müsse auf den tatsächlichen Willen der damals noch minderjährigen Hilfeempfängerin zurückgegriffen werden. Wie bereits in der Urteilsbegründung auf Seite 9 richtig herausgearbeitet worden sei, dürfte die Willensbildung zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts bei einem zumindest zeitweilig geistig behinderten Mädchen prinzipiell schwer nachvollziehbar sein. Dass ein solcher Wille der Hilfeempfängerin, sich überhaupt bzw. weiterhin in N.-G. zukunftsoffen bis auf weiteres aufzuhalten, wenig wahrscheinlich sei, gehe aus den Akten hervor. Dort heiße es, dass es unmöglich sei, die Hilfeempfängerin weiterhin in N.-G. zu halten. Dies spreche gegen den tatsächlichen Willen der Hilfeempfängerin, in N.-G. ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen. Die materielle Beweislast liege bei der Klägerin.

52

Der Beklagte zu 1. hat zudem die Höhe der geltend gemachten Kosten mangels Vorliegen entsprechender Nachweise bestritten. Bei der Kostenentscheidung müsse berücksichtigt werden, dass die Nachweise zum gewöhnlichen Aufenthalt erst im Zulassungsverfahren vorgelegt worden seien und der Beklagte für das Berufungsverfahren keinen Anlass gegeben habe.

53

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

54

Die zulässige Berufung der Klägerin hat - soweit sie durch den Senat zugelassen worden ist - im Wesentlichen Erfolg.

55

Gegenstand der Berufung ist nach ihrer nur teilweisen Zulassung - nur soweit sie gegen den Beklagten zu 1. gerichtet ist - zum einen das Begehren der Klägerin, ihrer Leistungsklage gerichtet auf Verurteilung des Beklagten zu 1. zur Übernahme des Hilfefalles in eigene Zuständigkeit möge stattgegeben werden. Zum anderen begehrt sie mit ihrer Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens eines Kostenerstattungsanspruchs dem Grunde nach für den Leistungszeitraum ab dem 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles nebst Zinsen in näher bezeichneter Höhe.

56

Die Berufung ist im Wesentlichen hinsichtlich des Anspruchs auf Übernahme des Hilfefalles (1.) und des auf Feststellung des Anspruchs auf Kostenerstattung dem Grunde nach gerichteten Begehrens (2.) begründet; unbegründet ist sie hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Zinsforderung (3.).

57

1. Die zulässige allgemeine Leistungsklage gerichtet auf Verurteilung des Beklagten zu 1. zur Übernahme des Hilfefalles in die eigene Zuständigkeit ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1. einen Anspruch darauf, dass dieser die Gewährung der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin Frau L. T. (L. T.), geb. am ...1933, ab Rechtskraft des Urteils in die eigene Zuständigkeit übernimmt.

58

Anspruchsgrundlage für das Übernahmebegehren der Klägerin ist § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Hat die örtliche Zuständigkeit gewechselt, muss nach dieser Vorschrift die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch solange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. Dieser Norm ist nicht nur zu entnehmen, dass die bisher örtlich zuständige Behörde dem Hilfeempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet bleibt. Mit dieser Verpflichtung geht vielmehr der Anspruch einher, von der örtlich zuständig gewordenen Behörde die Fortsetzung der Leistung und mithin die Übernahme des Hilfefalles in die eigene Zuständigkeit verlangen zu können. Anderenfalls hätte es die zuständig gewordene Behörde in der Hand, hinsichtlich der Übernahme durch schlichtes Unterlassen die gesetzliche Zuständigkeitsordnung zu umgehen und die bisher zuständige Behörde bei fortdauernder Belastung mit dem Verwaltungsaufwand für den Hilfefall auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 S. 2 SGB X zu verweisen.

59

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X liegen nach Überzeugung des Senats vor.

60

Die örtliche Zuständigkeit für die zur Zeit durch die Klägerin an Frau L. T. erbrachten Leistungen der Sozialhilfe hat durch Art. 7 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl. I 944) gewechselt. Nach dem bis dahin geltenden § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. war für die Sozialhilfe örtlich zuständig der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhielt. Es galt das reine Aufenthaltsprinzip. Ab dem In-Kraft-Treten des FKPG zum 27. Juni 1993 (vgl. Art. 43 Abs. 1 FKPG) wurde in § 97 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BSHG bestimmt, dass für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat (Satz 1). War bei Einsetzen der Sozialhilfe der Hilfeempfänger aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Hilfebeginn ein solcher Fall ein, dann ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (Satz 2).

61

Dass die Hilfeempfängerin stationärer Hilfe bedurfte und bedarf, kann nach Aktenlage nicht zweifelhaft sein. Die Hilfeempfängerin befindet sich seit 1948 ununterbrochen in einer Einrichtung bzw. stationärer Unterbringung. Das Bild der hierfür ursächlichen Behinderung der Hilfeempfängerin ergibt sich insbesondere aus dem Sachstandsbericht und Hilfeplan vom 18. Mai 1999. Am 10. Juni 1998 wurde zudem eine Abhängigkeit von Unterstützung und Hilfe im Klinikrahmen unter dem Blickwinkel des Hospitalismus festgestellt. Der Beklagte zu 1. hat diesbezüglich unsubstantiiert formulierte Zweifel in der mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt.

62

Die örtliche Zuständigkeit hat am 27. Juni 1993 vom sachlich zuständigen Sozialhilfeträger am tatsächlichen Aufenthaltsort der Hilfeempfängerin in Br. - der Klägerin - nach Maßgabe dieser Bestimmung zum sachlich zuständigen Sozialhilfeträger für den Ort N.-G., Te., in Mecklenburg-Vorpommern, - dem Beklagten zu 1. - gewechselt. Die Hilfeempfängerin hatte nach Überzeugung des Senats im Zeitpunkt der Aufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt in N.-G., Te., in Mecklenburg-Vorpommern gehabt.

63

Zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts ist dabei, da sich aus dem Bundessozialhilfegesetz nichts Abweichendes ergab (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB I), auf § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2002 - 5 C 46.01 -, NVwZ 2003, 616; 18.05.2000 - 5 C 27.99 -, BVerwGE 111, 213 - jeweils zitiert nach juris). Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zur Begründung eines "gewöhnlichen Aufenthalts" ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich; es genügt vielmehr, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung hat (vgl. zum Ganzen Urt. des Senats v. 18.09.2003 - 1 L 124/03 -, juris).

64

Im vorliegenden Fall ist bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes zu berücksichtigen, dass die Hilfeempfängerin 1933 geboren ist und folglich im Jahre 1948 minderjähriges Kind war.

65

Der gewöhnliche Aufenthalt bei Kindern bestimmt sich in der Regel, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der minderjährige Hilfeempfänger einen davon abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt oder einen abweichenden tatsächlichen Aufenthalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2002 - 5 C 46.01 -, NVwZ 2003, 616, zitiert nach juris) genommen hat, zunächst nach dem Aufenthalt der Eltern bzw. nach dem Aufenthalt des mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils. Auch ansonsten kommt es grundsätzlich für die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts von Kindern auf den Willen der Eltern bzw. des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten an, soweit der Ausführung des Willens nicht objektive Umstände entgegenstehen (BVerwG, Urt. v. 26.09.2002 - 5 C 46.01 -, NVwZ 2003, 616; Urt. v. 15.05.1986 - 5 C 68.94 -, BVerwGE 74, 206 - jeweils zitiert nach juris; VG Meiningen, Urteil vom 07.02.1996 - 8 K 627/94 -, zitiert nach juris; vgl. zum Ganzen auch Urt. des Senats v. 18.09.2003 - 1 L 124/03 -, juris).

66

Als Umstände, welche die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erkennen lassen, sind grundsätzlich sowohl subjektive als auch objektive Elemente heranzuziehen. Für das subjektive Element ist dabei nicht ein rechtserheblicher, sondern der tatsächliche, ausdrücklich oder konkludent geäußerte Wille maßgeblich. Ist der Betreffende nicht fähig, einen entsprechenden Willen zu bilden oder ist er an einer solchen Willensbildung durch objektive Gegebenheiten gehindert, scheitert indes daran die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht. Vielmehr sind in solchen Fällen, wenn auch nicht auf die Willensbildung des gesetzlichen Vertreters oder Betreuers abgestellt werden kann, die objektiven Umstände i.S.v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I allein entscheidend (vgl. zum Ganzen VG Aachen, Urt. v. 21.12.2006 - 2 K 3116/03 -, juris, m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 26.09.2002 - 5 C 46.01 -, NVwZ 2003, 616). Die Bestimmung eines Aufenthalts als gewöhnlicher Aufenthalt und dessen Abgrenzung zu einem Aufenthalt nur vorübergehenden Charakters hat dann maßgeblich nach den "tatsächlichen Umständen", d.h. nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen. Dem inneren Willen und der (subjektiven) Absicht des Hilfesuchenden kommt demgegenüber eine nur untergeordnete Rolle zu (vgl. VG Cottbus, Urt. v. 11.05.2006 - 5 K 118/02 -, juris, m.w.N.).

67

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ergibt sich auf der Basis der vorliegenden Unterlagen folgendes:

68

Hinsichtlich der Identität der Hilfeempfängerin bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass es sich bei ihr um die zusammen mit ihrer Mutter A. T. am 29. November 1940 eingebürgerte, am ...1933 geborene L. T. handelt, wobei die Schreibweise des Namens später offensichtlich wechselte. Eine inzwischen vorliegende, am 19. August 1948 in Te. ausgestellte Sterbeurkunde gibt den Namen der Verstorbenen mit A. T., ihr Geburtsdatum mit dem ...1907 und als Geburtsort P. an. Diese Angaben stimmen überein mit den Angaben über die Mutter im Einbürgerungsverfahren. Es bestehen daher schon hiervon ausgehend keine Zweifel, dass es sich bei der Verstorbenen um die am 29. November 1940 eingebürgerte Frau A. T. handelte. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Verstorbenen um einen Fall von zufälliger Gleichheit des Namens, des Geburtsdatums und des Geburtsortes handelt. Die Identität der Frau A. T. räumt inzwischen auch der Beklagte zu 1. im Hinblick auf die Bestätigung einer Zeitzeugin ein.

69

Handelte es sich aber bei der Verstorbenen um die eingebürgerte Frau A. T., kann in der Hilfeempfängerin zweifellos ihre Tochter L. T. (L. T.) erkannt werden, die sich - entsprechend aller Wahrscheinlichkeit - als minderjährige Tochter offenkundig bei ihrer Mutter aufgehalten hat. Die Hilfeempfängerin hat ihren Namen selbst zudem so angegeben und wurde - soweit dem Senat hierzu Unterlagen vorliegen - ebenso von allen Personen und staatlichen Stellen, die nach dem Tod der Mutter aktenkundig mit ihr in Berührung kamen, entsprechend namentlich bezeichnet. Es liegt anders gewendet außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass sich ein anderes Kind einfach den Namen der Tochter der am selben Ort verstorbenen Frau A. T. beigelegt hätte und entsprechend von den damals vor Ort befindlichen Personen und Behörden namentlich benannt worden wäre.

70

Ebensowenig bestehen vernünftige Zweifel daran, dass die Mutter Frau A. T. in N.-G., Te., im Gebiet des Beklagten zu 1. wohnhaft war bzw. dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Eine entsprechende Angabe findet sich in der Sterbeurkunde. Sie ist zudem in N.-G. verstorben. Auch der Beklagte hat durch eigene Ermittlungen diesen Sachverhalt inzwischen bestätigt.

71

Daraus wiederum folgt, dass Frau A. T. bis zu ihrem Tod am ...1948 zusammen mit ihrer Tochter, letztere auf der Grundlage des der Mutter zukommenden Aufenthaltsbestimmungsrechts, ihren tatsächlichen und gewöhnlichen Aufenthalt in N.-G., Te., begründet hatte.

72

Am 20. November 1948, also gut drei Monate später, ist die Hilfeempfängerin dann erstmals in einer Einrichtung, der Heil- und Pflegeanstalt U., aufgenommen worden.

73

Dass der zuvor durch die Mutter für die Hilfeempfängerin in N.-G., Te., begründete gewöhnliche Aufenthalt sich bis zum Zeitpunkt der Aufnahme noch einmal geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich. Zum einen bestand die mütterliche Aufenthaltsbestimmung für die Tochter auch nach dem Tod der Mutter "bis auf Weiteres", also bis zu dem Zeitpunkt einer neuen Aufenthaltsbestimmung durch einen dazu rechtlich Befugten, nach Auffassung des Senats fort. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die in ihren geistigen Fähigkeiten schwer beeinträchtigte Hilfeempfängerin willens oder überhaupt dazu in der Lage gewesen wäre, für sich selbständig einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt zu bestimmen. Wenn der Beklagte zu 1. darauf verweist, in den Akten heiße es, die Hilfeempfängerin sei unmöglich weiter in N.-G. "zu halten", und daraus schlussfolgern will, die Hilfeempfängerin habe den starken Willen gehabt, den Ort zu verlassen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Angesichts der Gesamtumstände - Nachkriegszeit, Tod der Mutter, schwere geistige und gesundheitliche Beeinträchtigung der Hilfeempfängerin - muss die entsprechende Formulierung so verstanden werden, dass damit gesagt sein sollte, die Hilfeempfängerin könne in N.-G. nicht im erforderlichen Maße ihren Bedürfnissen entsprechend versorgt und gepflegt werden.

74

Zum anderen zwingen - mit der vorstehenden Erwägung im Ergebnis übereinstimmend - maßgeblich und selbständig tragend die sich aus den vorliegenden Unterlagen ergebenden objektiven Gesichtspunkte zu der Annahme, dass der gewöhnliche Aufenthalt der Hilfeempfängerin am bisherigen Ort des gewöhnlichen Aufenthalts bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme fortbestand. Aus den schriftlichen Äußerungen sämtlicher staatlicher Stellen aus der damaligen Zeit geht hervor, dass die Hilfeempfängerin nach dem Tod der Mutter weiter in N.-G., Te., wohnhaft blieb bzw. sich dort tatsächlich aufhielt und auch - nach dem Willen der eingeschalteten staatlichen Stellen - solange aufhalten sollte, bis eine - erforderliche - anderweitige Unterbringung für sie gefunden war. Unmittelbar vor der Heimaufnahme heißt es insbesondere in dem Schreiben des Rates der Stadt Te. vom 15. November 1948 noch einmal, dass die Hilfeempfängerin am 19. November 1948 "aus Te., N.-G. zur Heimaufnahme nach U. überwiesen" werde. Dass die Hilfeempfängerin "bis auf Weiteres" vor Ort in Te. blieb, erscheint auch naheliegend. Es ist nicht ersichtlich, dass die Hilfeempfängerin zwischenzeitlich bei irgendwelchen - unbekannten - Verwandten hätte untergebracht werden können. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es die staatlichen Stellen bis zur Klärung ihrer weiteren Unterbringung und Versorgung bei dem gewöhnlichen Aufenthalt in N.-G., Te., beließen, wo sich anscheinend die Gemeindeschwester P. um sie kümmerte.

75

Nach alledem bestehen für den Senat keine vernünftigen Zweifel, dass die Hilfeempfängerin im Zeitpunkt der Aufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu 1. hatte; dies gilt erst recht unter Berücksichtigung des Aspekts, dass angesichts der naturgemäßen Schwierigkeiten der Sachverhaltsaufklärung insoweit die Anforderungen an den Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts nicht überspannt werden dürfen (vgl. VG Saarlouis, Urt. v. 29.11.2002 - 4 K 275/00 -, juris).

76

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Hilfeempfängerin später noch einmal anderenorts einen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb einer Einrichtung im Sinne von § 97 Abs. 4 BSHG (vgl. §109 BSHG) begründet haben könnte.

77

Der Anspruch auf Übernahme des Hilfefalls in die eigene Zuständigkeit ist gegen die Behörde zu richten, die zum jetzigen Zeitpunkt örtlich und sachlich für die Hilfegewährung zuständig ist. Dies ist nach § 3 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII-AG M-V) vom 20. Dezember 2004 (GVOBl. M-V S. 546) wie schon nach dem Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (AG-BSHG) vom 17.12.2001 (GVOBl. S. 612) i.V.m. den §§ 39 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG bzw. den §§ 53 ff., 97 SGB XII seit dem 01. Januar 2002 der Beklagte zu 1. als örtlicher Träger der Sozialhilfe.

78

2. Auch die Feststellungsklage hinsichtlich des Bestehens eines Kostenerstattungsanspruchs dem Grunde nach für die von der Klägerin zu Gunsten der Hilfeempfängerin Frau L. T. (L. T.) rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung und für den Leistungszeitraum ab dem 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles ist zulässig und begründet.

79

§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Zwar ist für eine Feststellungsklage grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis zu versagen bzw. ist diese subsidiär, wenn die Erhebung einer Leistungsklage möglich ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt aber in den Fällen vor, in denen die Ausführung des Urteils durch den Schuldner - wie bei Behörden wegen der verfassungsrechtlichen Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) - mit Sicherheit auch ohne einen vollstreckbaren Titel zu erwarten ist. Dann ist - wie im vorliegenden Fall - die Feststellungsklage als eine der Leistungsklage gleichwertige Rechtsschutzform anzuerkennen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.2001 - 5 C 34.00 -, BVerwGE, 114, 61; vom 28.05.1998 - 2 C 28.97 -, NJW 1998, 3368 - jeweils zitiert nach juris; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Urt. v. 30.05.2007 - 1 L 539/04 -).

80

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Kostenerstattung für den Leistungszeitraum vom 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles ist § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X.

81

Hat die örtliche Zuständigkeit gewechselt, muss die bisher zuständige Behörde gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X die Leistungen noch solange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. Diese hat nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X der bisher zuständigen Behörde die nach dem Zuständigkeitswechsel noch erbrachten Leistungen auf Anforderung zu erstatten. § 102 Abs. 2 SGB X gilt entsprechend (Satz 3).

82

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X als lex specialis gegenüber §105 SGBX (vgl. OVG Weimar, Urt. v. 26.05.2004 - 3 KO 76/04 -, ThürVBl. 2004, 284 - zitiert nach juris; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Urt. v. 30.05.2007 - 1 L 539/04 -) liegen vor.

83

Zunächst ist die Klägerin - nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Urt. v. 22.11.2005 - 1 L 496/04 -) aktivlegitimiert, obwohl sie nach §2 des Brandenburgischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes i.V.m. Art. 4 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Funktionalreform im Land Brandenburg vom 13.07.1994 (GVOBl. Brandenburg S. 382) erst zum 01.01.1996 als örtlicher Träger der Sozialhilfe und damit nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung von Eingliederungshilfe sachlich zuständig geworden ist. Eine Verneinung der Aktivlegitimation würde letztendlich dazu führen würde, dass weder das Land Brandenburg als überörtlicher Träger noch der Kläger als örtlicher Träger einen Anspruch geltend machen könnten: Im Zeitpunkt des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit war das Land sachlich zuständig. Das Land kann aber vorliegend deshalb keine Erstattung verlangen, weil es für den vorliegend streitigen Zeitraum keine Leistungen erbracht hat. Die Klägerin hat zwar Leistungen erbracht, wäre aber im Zeitpunkt des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit nicht sachlich zuständig gewesen. Dass dieses Resultat nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand (so auch insgesamt VG Schwerin, Urt. v. 07. Januar 2005 - 6 A 3384/02 -, S. 10 f. des Urteilsumdrucks <1 L 82/05>).

84

Der Beklagte zu 1. ist auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. ausführlich Urt. v. 22.11.2005 - 1 L 496/04 u.a. -, juris), an der festzuhalten ist, nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften auch passivlegitimiert bzw. richtiger Beklagter in Ansehung von Kostenerstattungsansprüchen, auch für Leistungszeiträume vor dem 01. Januar 2002: Der Beklagte zu 1. ist als sachlich und örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe gemäß §97 Abs. 1 SGB XII M-V i.V.m. §§ 1, 3 des insoweit am 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XII-AG - vom 20. Dezember 2004 (GVOBl. M-V, S.546) ohne eine zeitliche Begrenzung auf Leistungszeiträume ab dem 01. Januar 2002 erstattungspflichtig. Diese Regelung entspricht mit Blick auf die Geltendmachung und Gewährung von Kostenerstattung den Vorläuferregelungen der §§1, 3 des am 01. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes - AG-BSHG - vom 17. Dezember 2001 (GVOBl. M-V, S. 612, berichtigt 2002, S. 470). Gemäß § 3 Satz 1 SGB XII-AG M-V sind entsprechend der Regelung des § 3 Satz 1 AG-BSHG die örtlichen Träger der Sozialhilfe - dies sind gem. § 1 SGB XII-AG M-V die Landkreise und die kreisfreien Städte - für die in § 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannten Leistungen einschließlich insbesondere der Geltendmachung und Gewährung von Kostenerstattungen nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X sachlich zuständig und ermöglichen die personenzentrierte und lebensfeldorientierte Leistungserbringung.

85

Dass der erforderliche Zuständigkeitswechsel i.S.v. § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X vorliegt, wurde bereits (siehe unter 1.) ausgeführt.

86

Der Anspruch besteht dem Grunde nach nur für die von der Klägerin im Zeitraum vom 01. Juli 1999 bis zur Übernahme des Hilfefalles rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Sozialhilfe.

87

Die Frist des § 111 Satz 1 SGB X, wonach der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht, hat die Klägerin mit Blick auf den Leistungszeitraum, für den Kostenerstattung dem Grunde nach beantragt ist, eingehalten. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat (§ 111 Satz 2 SGB X).

88

"Geltend machen" im Sinne von § 111 SGB X ist sowohl die gerichtliche als auch die außerhalb eines förmlichen Verfahrens abgegebene Erklärung mit dem erkennbaren Willen der Rechtssicherung und dem ausreichend deutlich formulierten Erstattungsbegehren (vgl. v. Wulffen, in: ders., SGB X, 4. Aufl., § 111 Rn. 4). Die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind - hier die Hilfebedürftigkeit -, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, sind dabei hinreichend konkret mitzuteilen (vgl. zu den Anforderungen v. Wulffen, in: ders., SGB X, 4. Aufl., § 111 Rn. 4; vgl. zum Ganzen Senatsurteile vom 15.09.2004 - 1 L 106/02 - und - 1 L 107/02 -, LKV 2005, 510, 514). Die rechtssichernde Funktion des Geltendmachens von Kostenerstattungsansprüchen erfordert, dass der unbedingte Wille des Sozialleistungsträgers erkennbar wird, einen solchen etwa bestehenden Anspruch auch durchsetzen zu wollen. § 111 Satz 1 SGB X erfasst auch die Fälle des § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 10.02.2005 - 6 B 21/03 -, juris; OVG Weimar, Urt. v. 26.05.2004 - 3 KO 76/04 -, ThürVBl. 2004, 284 - zitiert nach juris, m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, die "Ansprüche auf Erstattung" ohne Einschränkung auf bestimmte Erstattungsansprüche ausschließt, und aus Sinn und Zweck der Vorschrift, zu einer schnellen Klarstellung der Verhältnisse zu kommen. Für die Wahrung der Ausschlussfrist erforderlich, aber auch hinreichend, ist die erkennbar auf Rechtssicherung gerichtete Mitteilung, dass für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistung gewährt wird bzw. wurde und dass und für welche Leistung Erstattung begehrt wird. Dazu müssen die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht worden ist, hinreichend konkret mitgeteilt werden. Der Anspruch muss zudem gegen den Erstattungspflichtigen selbst geltend gemacht werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.04.2003 - 5 C 18/02 -, FEVS 54, 495; vgl. zum Ganzen Urt. des Senats vom 22. November 2005 - 1 L 496/04 -).

89

Die Klägerin hat ihren Erstattungsanspruch mit Schreiben vom 11. Juli 2000 bei der Stadt Te. angemeldet bzw. geltend gemacht; das Schreiben ist ausweislich des von diesem Tag stammenden Antwortschreibens der Stadt Te. dort spätestens am 18. Juli 2000 eingegangen. Das Schreiben entspricht inhaltlich dem vorstehend erläuterten Maßstab. Dem Schreiben lässt sich hinreichend entnehmen, dass die Klägerin Frau L. T. Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte in einer bestimmten Einrichtung - also durch stationäre Unterbringung - leiste, insoweit ab dem 27. Juni 1993 Kostenerstattung verlange und Frau T. bis zur Heimaufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Te. gehabt habe. Im Hinblick darauf, dass der Bürgermeister der Stadt Te. "im Namen des Landkreises Bad Doberan" mit Schreiben vom 18. Juli 2000 eine Kostenübernahme abgelehnt hat, der Landkreis wiederum nach § 1 Satz 3 AufgabenDVO BSHG vom 04. August 1992 (GVOBl. M-V, S. 528) i.V.m. § 4 Abs. 1 AG-BSHG i.d.F. vom 31. Januar 1992 (GVOBl. M-V, S. 60) für die Entgegennahme von Anmeldungen von Kostenerstattung zuständig war, musste sich das Land Mecklenburg-Vorpommern als damaliger überörtlicher Träger und Erstattungspflichtiger die Anmeldung - im Übrigen auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 5 Abs. 2 Satz 1 BSHG a.F. - zurechnen lassen; diese Zurechnungspflicht trifft nach dem Übergang der Erstattungspflicht den örtlichen Träger nach Maßgabe des AG-BSHG vom 17. Dezember 2001, den Beklagten zu 1.

90

Da die laufenden Sozialhilfeleistungen an die Hilfeempfängerin monatlich erbracht worden sein dürften, musste die Geltendmachung beginnend für die Zeit vom 01. Juli 1999 nach § 26 SGB X i.V.m. den §§ 187 bis 193 BGB spätestens bis zum 31. Juli 2000 erfolgen, da der 31. Juli 1999 der letzte Tag des Leistungszeitraumes war, für den am 01. Juli 1999 eine Zahlung erfolgt ist (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 10.02.2005 - 6 B 21/03 -, juris, S. 7.; vgl. Urt. des Senats v. 22.11.2005 - 1 L 496/04 -). Diese Frist hat die Klägerin mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen eingehalten.

91

3. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Zinsforderung von 4% Zinsen aus 177.326,00 Euro seit dem 06. Januar 2005 ist die Berufung unbegründet und folglich zurückzuweisen. Einen Zinsanspruch kann die Klägerin im Hinblick darauf, dass ihre Feststellungsklage in der ersten wie auch in der Berufungsinstanz lediglich auf eine Feststellung ihres Kostenerstattungsanspruchs dem Grunde nach gerichtet war, nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht gelten machen, weil der Kostenerstattungsanspruch nicht der Höhe nach feststeht bzw. zwischen den Beteiligten diese Höhe nicht unstreitig ist.

92

Zunächst stellt der Senat jedoch klar, dass er an seiner im Urteil vom 18. September 2003 - 1 L 124/03 - (juris) vertretenen Auffassung, für Ansprüche aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X sei wegen §108 Abs. 2 Satz 1 SGB X eine Geltendmachung von Prozesszinsen grundsätzlich ausgeschlossen, nicht mehr festhält, so dass der Anspruch der Klägerin nicht bereits hieran scheitert. Der Senat schließt sich insoweit nach nochmaliger Prüfung dem gegenteiligen, umfassend begründeten Standpunkt des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 22.02.2001 - 5 C 34.00 -, BVerwGE 114, 61 - zitiert nach juris; vgl. auch OVG Magdeburg, Beschl. vom 08.05.2006 - 3 L 325/05 -, juris) an: Danach bezweckt § 108 Abs. 2 SGB X den Schutz der finanziellen Leistungsfähigkeit der Leistungsträger auf der untersten Stufe des Systems der sozialen Sicherung. Diese sollen daraus, dass sie häufig als "Vorschusskasse" der anderen Sozialleistungsträger in Anspruch genommen werden, keine finanziellen Nachteile haben. § 108 Abs. 2 SGB X hat demzufolge nur das Verhältnis der Leistungsträger der untersten Stufe des Systems der sozialen Sicherung zu den anderen Leistungsträgern im Blick und will sie diesen gegenüber aus Gründen des stufenübergreifenden Lastenausgleichs privilegieren. Aus einer solchen Norm lässt sich deshalb, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes im Gesetz gesagt ist, im Gegenschluss lediglich ableiten, dass den privilegierten Leistungsträgern untereinander keine Lastenausgleichszinsen i.S. des § 108 Abs. 2 SGB X zustehen, nicht aber, dass sie auch ansonsten - aus anderen Rechtsgründen - eine Verzinsung ihrer Erstattungsansprüche nicht sollten beanspruchen können. Dies gilt umso mehr, als die in § 108 Abs. 2 SGB X privilegierten Leistungsträger früher sämtlich dem Einzugsbereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterfielen und dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, ihm sei der dort in Geltung befindliche allgemeine Grundsatz des Verwaltungsrechts über die Verzinsung öffentlich- rechtlicher Geldforderungen während des Prozesses nicht bekannt gewesen. Während Verzugs- und andere materiellrechtliche Zinsen in den der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterfallenden Gebieten des öffentlichen Rechts grundsätzlich nur Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gewährt werden, ist die Rechtslage hinsichtlich der Gewährung von Prozesszinsen grundsätzlich anders: Prozesszinsen sind nur dann ausgeschlossen, wenn das einschlägige Fachrecht eine Regelung enthält, die den allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts außer Kraft setzt. Das muss zwar nicht notwendig ausdrücklich erfolgen, aber in Anbetracht der gegenüber Verzugs- und ähnlichen Zinsen andersartigen rechtlichen Ausgangslage hinreichend deutlich. Will also der Gesetzgeber mit einer Verzugszinsenausschlussregelung gleichzeitig auch Prozesszinsen erfassen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen, da weder Wortlaut noch Zweck einer Verzugszinsenregelung wegen der Wesensverschiedenheit der beiden Zinsarten ansonsten Prozesszinsen erfassen könnten. Nichts anderes gilt im Verhältnis zwischen Prozesszinsen und den in § 108 Abs. 2 SGB X geregelten "Lastenausgleichszinsen" zwischen Leistungsträgern unterschiedlicher Stufen des sozialen Sicherungssystems.

93

Die Voraussetzungen für den von der Klägerin aus § 291 BGB in sinngemäßer Anwendung abgeleiteten Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit bzw. dem von der Klägerin bezeichneten Zeitpunkt liegen jedoch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Geltendmachung von Prozesszinsen im Verwaltungsprozess, der sich der Senat anschließt, nicht vor.

94

Das Bundesverwaltungsgericht stellt zwar in ständiger Rechtsprechung als allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts den Satz heraus, dass für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen unter sinngemäßer Anwendung des § 291 BGB zu entrichten sind, wenn das jeweils einschlägige Fachrecht keine gegenteilige Regelung trifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.2001 - 5 C 34.00 -, BVerwGE 114, 61 m.w.N. - zitiert nach juris).

95

Mit Blick darauf, dass der Feststellungsklage vielfach überhaupt die Fähigkeit abgesprochen wird, einen Anspruch auf Prozesszinsen zur Entstehung zu bringen, hat es auch klargestellt, dass dies im Verwaltungsprozess nicht ausnahmslos gelten kann: Die Rechtshängigkeit der Geldschuld, die §291 BGB als zwingende Voraussetzung für das Entstehen von Prozesszinsen aufstellt, kann zwar bei der Feststellungsklage auch im Verwaltungsrechtsstreit im Regelfall nur dem Grunde nach eintreten und dann eine Prozesszinsenpflicht nicht rechtfertigen. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Feststellungsklage als eine der Leistungsklage gleichwertige Rechtsschutzform anerkannt ist, kann ihr die Fähigkeit, Rechtshängigkeitszinsen auszulösen, aber nicht abgesprochen werden. Dies setzt jedoch voraus, dass nicht über die Höhe der Geldschuld, sondern (nur) über ihren Grund Streit besteht. Anders gewendet können Prozesszinsen hinsichtlich einer Feststellungsklage, die sich auf das Bestehen eines Anspruchs dem Grunde nach bezieht, nicht verlangt werden, wenn die zu verzinsende Geldschuld der Höhe nach gerade noch nicht feststeht bzw. nicht unstreitig ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, a.a.O.; vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 21.04.2005 - 1 A 3099/03 -, IÖD 2006, 64; Urt. v. 07.11.2003 - 12 A 3187/01 -, FEVS 55, 495 - jeweils zitiert nach juris). Maßgeblich kommt es danach jedenfalls auch auf die Umstände des Einzelfalles an.

96

Für den Fall einer Verpflichtungsklage hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.05.1998 - 2 C 28/97 -, DVBl. 1998, 1082) - nach Auffassung des Senats insoweit auf die Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung eines sozialhilferechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dem Grunde nach übertragbar - als Voraussetzung einer Verzinsung formuliert, dass die in Rede stehende Verpflichtung in der Weise konkretisiert sein muss, dass der Umfang der zugesprochenen Geldforderung feststeht, die Geldforderung also eindeutig bestimmt sei. Die Geldforderung muss zwar nach Klageantrag und Urteilsausspruch nicht in jedem Falle der Höhe nach beziffert sein. Ausreichend ist, dass die Geldschuld rein rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann. Soweit mit dem Verpflichtungsausspruch im Hinblick auf die Ermittlung der zugesprochene Geldforderung noch eine weitere Rechtsanwendung erforderlich ist, steht dies jedoch dem Anspruch auf Prozesszinsen entgegen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 28.05.1998 - 2 C 28/97 -, DVBl. 1998, 1082).

97

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes kommt die von der Klägerin begehrte Verzinsung nicht in Betracht. Die Höhe des von der Klägerin mit ihrer Feststellungsklage dem Grunde nach geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs bzw. der damit letztendlich begehrten Geldschuld war nicht im vorstehenden Sinne unstreitig bzw. stand nicht fest.

98

Dies folgt zum einen bereits aus dem Umstand, dass der von der Klägerin geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zukunftsoffen - "bis zur Übernahme des Hilfefalles" - formuliert ist, folglich weder hinsichtlich der zeitlichen Dauer noch der Art der bis zu diesem Zeitpunkt zukünftig noch von der Klägerin zu erbringenden und dann vom Beklagten zu 1. zu erstattenden - rechtmäßigen - Leistungen der Sozialhilfe bestimmt oder nur bestimmbar ist.

99

Darüber hinaus lagen dem Beklagten zu 1. jedenfalls zum Teil die Verwaltungsakten der Klägerin betreffend den Hilfefall zunächst nicht vor, so dass auch unter diesem Blickwinkel die Annahme einer unstreitigen Forderungshöhe zunächst schon deshalb grundsätzlich ausschied. Dies gilt zumindest bis zur Kenntnisnahme der entsprechenden Unterlagen durch den Beklagten zu 1. unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung.

100

Der Beklagte zu 1. hat zudem mit Schriftsatz vom 10. August 2007 mit dem Hinweis darauf, dass ihm eine Prüfung der sachlichen Richtigkeit nicht möglich sei, die Höhe der Forderung der Klägerin zumindest schlüssig bestritten. Er hat auch danach - insbesondere nicht in der mündlichen Verhandlung - die Höhe der Forderung der Klägerin weder ausdrücklich noch schlüssig unstreitig gestellt. Dies gilt auch konkret bezogen auf den von der Klägerin in ihrem Antrag genannten Betrag, auf den sie die Zahlung von Zinsen begehrt. Angemerkt sei dazu, dass die Klägerin selbst insoweit ohne nähere Erläuterung divergierende Beträge (Schriftsatz v. 30.07.2007: 169.309,65 Euro; Antrag: 177.326,00 Euro) nennt.

101

Der Umstand, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2004 tabellarische Aufstellungen zu den von ihr erbrachten Leistungen an das Verwaltungsgericht übersandt hat, rechtfertigt schon im Ansatz nicht die Schlussfolgerung im vorstehenden Sinne, die Höhe der Forderung bzw. des Kostenerstattungsanspruchs sei ab diesem Zeitpunkt rechnerisch eindeutig bestimmbar und deshalb unstreitig gewesen. Denn diese Kostenaufstellungen waren weder für das Gericht noch für den Beklagten zu 1. inhaltlich hinreichend nachvollziehbar.

102

Maßgeblich zu beachten ist zudem, dass trotz des stattgebenden Urteils hinsichtlich eines Kostenerstattungsanspruchs für rechtmäßig aufgewendete Kosten die Ermittlung der Höhe dieser "rechtmäßig" aufgewendeten Kosten prinzipiell noch eine rechtliche Überprüfung und damit Rechtsanwendung bezüglich der von der Klägerin erbrachten Leistungen erfordert. Insoweit ist grundsätzlich denkbar, dass es anschließend noch zu Streit über die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs in Anwendung der früher und aktuell einschlägigen Bestimmungen des BSHG bzw. SGB XII und im Hinblick auf einzelne in der Vergangenheit erbrachte Leistungen der Klägerin kommen könnte. Folglich ist die Höhe der Geldschuld auch unter diesem Blickwinkel nicht im erforderlichen Maße unstreitig bzw. steht ihre Höhe gerade noch nicht fest.

103

Der Umstand, dass der Beklagte nicht schon vor seinem Schriftsatz vom 10. August 2007 ausdrücklich zur Höhe des Kostenerstattungsanspruchs Stellung genommen hat, kann grundsätzlich nicht zu einer abweichenden Bewertung in dem Sinne führen, dass damit die von der Klägerin geltend gemachte Höhe zugestanden und damit unstreitig sei. Aus dem Urteil des VGH München vom 10. März 2003 - 12 B 02.1913 - (BayVBl. 2004, 246 bzw. juris) folgt nichts anderes. Einerseits ist der dort entschiedene Sachverhalt nicht mit dem Vorliegenden vergleichbar; andererseits geht diese Entscheidung nicht auf die vorstehend dargestellten, vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze ein. Für den Beklagten zu 1. bestand mit Blick auf den zentralen Streitpunkt des Verfahrens, nämlich die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts der Hilfeempfängerin im Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme, keine zwingende Veranlassung, sich hierzu zu erklären. Außerdem hatte der Beklagte zu 2. mit Schriftsatz vom 17. März 2005 ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs unabhängig vom grundsätzlichen Anspruch jedenfalls ungeklärt und damit nicht unstreitig sei. Diesen Vortrag musste der Beklagte zu1. folglich nicht unbedingt wiederholen.

104

In den Blick zu nehmen ist zudem das landesrechtliche Refinanzierungssystem gemäß § 3 Abs. 4 des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes M-V, das eine Erstattung der von den örtlichen Trägern erbrachten Kostenerstattungsleistung in Altfällen durch das Land unter einen Zustimmungsvorbehalt durch das Land stellt. Diese gesetzliche Bestimmung muss den jeweiligen Anspruchstellern, die wie die Klägerin von einem örtlichen Träger im Land Mecklenburg-Vorpommern Kostenerstattung begehren, bekannt sein bzw. es muss unterstellt werden, dass die entsprechende Kenntnis vorhanden ist. Dann aber liegt es auf der Hand, dass seitens des örtlichen Trägers solange ein Kostenerstattungsanspruch auch der Höhe nach nicht unstreitig gestellt wird bzw. - faktisch - gestellt werden kann, als ihm nicht die entsprechende schriftliche Zustimmung durch das Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern vorliegt. Denn die Erstattung durch das Land setzt voraus, dass die örtlichen Träger zur Kostenerstattung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X auch der Höhe nach verpflichtet waren (vgl. § 3 Abs. 4 Nr. 2 SozhfinanzG M-V). In Anbetracht dieser Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern kann der Anspruchsberechtigte deshalb grundsätzlich solange nicht davon ausgehen, sein Anspruch sei der Höhe nach unstreitig, als der zur Kostenerstattung in Anspruch genommene örtliche Träger nicht mit Blick auf eine bereits vorliegende Zustimmung des Sozialministeriums Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich oder nach den Umständen des Einzelfalles hinreichend deutlich schlüssig den Anspruch der Höhe nach anerkennt. Mit anderen Worten schließt grundsätzlich das Fehlen einer solchen Zustimmung die Annahme aus, der in Anspruch genommene örtliche Träger stelle die Forderung der Höhe nach unstreitig, es sei denn, es liegt im Einzelfall eine ausdrückliche oder hinreichend deutliche schlüssige entsprechende Erklärung seinerseits vor. Dies ist indes vorliegend nicht der Fall.

105

4. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 188 Satz 2 VwGO. Aufgrund von §194 Abs. 5 i.V.m. § 188 Satz 2 2. Halbsatz VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S.3987) ist das nach dem 01. Januar 2002 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Berufungsverfahren nicht gerichtskostenfrei (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.05.2004 - 5 KSt 1/04 u.a. -, juris). Soweit die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Zinsnebenforderung zurückgewiesen worden ist, ist ihr Unterliegen gering im Sinne von § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Es kam entgegen dem Vorbringen des Beklagten zu 1. nicht in Betracht, der Klägerin - teilweise - Kosten des Berufungsverfahrens nach § 155 Abs. 4 VwGO aufzuerlegen. Nach dieser Bestimmung können Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden. Der Beklagte zu 1. meint, im Hinblick auf die erst im Zulassungsverfahren von der Klägerin überreichten Unterlagen habe er keinen Anlass für das Berufungsverfahren gegeben. Diese Argumentation führt nicht zu der Schlussfolgerung, das Berufungsverfahren bzw. durch seine Durchführung entstandene Kosten seien von der Klägerin verschuldet. Auch eine seitens der Klägerin früher erfolgte Einführung der vom Beklagten zu 1. erwähnten Unterlagen in das gerichtliche Verfahren hätte die Durchführung eines Berufungsverfahrens für die Klägerin nicht entbehrlich gemacht. Der Beklagte zu 1. hat nämlich selbst nach entsprechender Einführung erst im Zulassungsverfahren noch den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin dem Grunde nach bestritten und auch in der mündlichen Verhandlung noch einen gewöhnlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin in seinem Zuständigkeitsbereich im Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme in Frage gestellt. Der Beklagte zu 1. hat also gerade nicht nach Kenntniserlangung von den erwähnten Unterlagen den Anspruch der Klägerin dem Grunde nach anerkannt. Unabhängig vom Zeitpunkt der Einführung der Unterlagen in das gerichtliche Verfahren hat er folglich "Anlass für das Berufungsverfahren gegeben"; die späte Einführung war nicht ursächlich dafür, dass die Klägerin das Berufungsverfahren durchführen musste. Zudem ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26. August 2005, dass sie hinsichtlich der späten Vorlage der Dokumente kein Verschulden trifft; zumindest übt der Senat insoweit das ihm zustehende Ermessen dahingehend aus, dass kein hinreichender Grund besteht, die Klägerin mit den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten.

106

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

107

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 begründet wird.

(2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört.

(3) Eine nach Absatz 1 oder 2 begründete Pflicht zur Kostenerstattung bleibt bestehen, wenn und solange nach der Inobhutnahme Leistungen auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 7 Satz 1 Halbsatz 2 gewährt werden.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden.

(2) Kosten unter 1 000 Euro werden nur bei vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§ 89b), bei fortdauernder oder vorläufiger Leistungsverpflichtung (§ 89c) und bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d) erstattet. Verzugszinsen können nicht verlangt werden.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 begründet wird.

(2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört.

(3) Eine nach Absatz 1 oder 2 begründete Pflicht zur Kostenerstattung bleibt bestehen, wenn und solange nach der Inobhutnahme Leistungen auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 7 Satz 1 Halbsatz 2 gewährt werden.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:

1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14),
2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21),
3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25),
4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind

1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a),
3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44),
4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a),
5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a),
6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50),
7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52),
9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a),
10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54),
11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57),
12.
Beurkundung (§ 59),
13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.