Kitaplatzklagen
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Ab 01.08.13 haben Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren durch KiföG (Kinderförderungsgesetz) über § 24 II SGB VIII einen einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für die Dauer bis zu deren Einschulung.
Durch diese Gesetzesänderung soll es jungen Familien ermöglicht werden, zugleich Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Der Anspruch auf einen Kitaplatz ist an den jeweiligen Träger der Jugendhilfe zu richten. Die sogenannte frühkindliche Förderung kann mittels einer Tageseinrichtung oder aber auch alternativ in einer Kindertagespflege, Tagesmutter, erfüllt werden.
Aktuell sind noch eine Vielzahl von Rechtsproblemen und ungeklärter Fragen offen.
Problematisch ist zunächst das bestehende Angebot an Kitaplätzen. Im Bund fehlen noch etwa 200.000 Kitaplätze. In Berlin stehen derzeit lediglich etwa 70 % der erforderlichen Plätze zur Verfügung. In diesem Zusammenhang ist spannend, inwieweit sich die Träger der Jugendhilfe auf Unmöglichkeit bzw. auf fehlende Kapazitäten berufen können, wenn die Erteilung eines Kitaplatzes abgelehnt werden sollte. In diesem Zusammenhang hat das OVG Lüneburg wie folgt entschieden:
„Dem somit glaubhaft gemachten Anspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes in einer Vormittagsgruppe eines ortsnahen Kindergartens kann der Antragsgegner (der Träger der Jugendhilfe) nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Kapazität der in Betracht kommenden Kindergärten sei erschöpft. Dies kann nur dann gelten, wenn alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten erschöpft sind, das Kind in eine Vormittagsgruppe eines Kindergartens aufzunehmen (vgl. Rechtsprechung des BVerfG zur Zulassungsbeschränkung im Hochschulrecht: BVerfGE 33, 303; BVerfGE 51, 130)
Der Umfang der Betreuung des Kindes ist in dem Gesetz ebenfalls nicht geregelt worden. Eine Beschränkung des Umfangs ist dem Gesetz allerdings auch nicht zu entnehmen. Abzustellen ist auf den jeweiligen Bedarf des Kindes (§ 24 II Satz 2, Abs. 1 Satz 3 SGB VIII). Aber auch hierfür fehlt es an festen Vorrausetzungen, um den Bedarf des Kindes feststellen zu können. Dabei ist zu beachten, dass Vollzeit beschäftigte Kindeseltern, als auch arbeitslose Eltern anspruchsberechtigt sind.
Weiterhin ist fraglich inwieweit es den Kindeseltern zumutbar ist, einen Kitaplatz anzunehmen, der ihnen zugeteilt worden ist.
Ungeklärt ist außerdem, welche Entfernung vom Wohnortes der Kindeseltern bis zur Kita für die Eltern zumutbar ist.
Ungeregelt ist auch, ob überhaupt oder inwieweit pädagogische und konfessionelle Gründe von Bedeutung sind. Es stellt sich so etwa die Frage, ob katholische Kita für Eltern muslimischer Religionszugehörigkeit zumutbar sind, um das ganze überspitzt zu formulieren.
All dieses muss von der Rechtsprechung noch geklärt und mit Substanz gefüllt werden.
Vorraussetzung für eine Klage ist ein ablehnender Bescheid der jeweils für die Vergabe von Kitaplätzen zuständigen Stelle. Dieses kann der Landkreis, die kreisfreie Stadt sein, und ist dem jeweiligen Landesrecht zu entnehmen.
Sollte die zuständige Behörde den Antrag der Kindeseltern nicht bearbeiten oder aber den Bescheid einfach nicht erlassen, und vergehen 3 Monate ab Antragsstellung, so ist eine sogenannte Untätigkeitsklage zu erheben.
Stellt sich dann heraus, dass es den staatlichen Stellen unmöglich ist, hinreichend Kitaplätze zu vergeben und entstehen den Kindeseltern hierdurch Mehrkosten durch eine private Kinderbetreuung, oder möglicherweise durch Verdienstausfall, so kann auf Schadensersatz inform des Amtshaftungsanspruches geklagt werden oder aber auch inform des Folgenbeseitigungsanspruches. Dieses ist dann im Einzelfall zu klären.
Es besteht die Möglichkeit, die entstehenden Kosten für Gerichte und Anwälte durch eine Rechtschutzversicherung abzusichern. Es ist eine Rechtschutzversicherung für Verwaltungsrecht bzw. Zivilrecht abzuschließen.
Dabei ist darauf zu achten, dass die Rechtschutzversicherung drei Monate vor Anfall des Schadensfalles abgeschlossen gewesen sein musste. Ferner sollte bei Abschluss der Rechtschutzversicherung eine Rechtschutzversicherung für das außergerichtliche Verwaltungs-verfahren und das gerichtliche Verfahren abgeschlossen werden.
In der Literatur wird regelmäßig die nachfolgend dargestellte Norm des § 24 I SGB VIII übersehen. Meiner Ansicht nach ergibt sich hieraus auch ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz oder eine Tagepflege für Kinder, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Dieser Anspruch ist vor allem von der Berufstätigkeit der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten abhängig.
Liegt sie vor, so dürfte in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Ermessenreduktion auf Null vorliegen, was faktisch einem Rechtsanspruch entspricht. Denn sind die Erziehungsberechtigten voll berufstätig, liegen automatisch die Vorraussetzungen nach Abs. I Nr. 1 vor und die Leistungen, die Förderung in einer Kita pp ist geboten, und der in Abs. II erwähnte individuelle Bedarf des Kindes ist gegeben und steigt mit dem Umfang der Berufstätigkeit der Eltern.
§ 24 I SGB VIII n.F.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2. die Erziehungsberechtigten
a) einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind
b) sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
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