Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 19. Mai 2015 - 4 Bs 56/15

bei uns veröffentlicht am19.05.2015

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 30. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Die einer Schwerbehinderten gleichgestellte Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beigeladene. Ihren Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Zustimmungsentscheidung der Antragsgegnerin anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, der Antragstellerin fehle das für die Durchführung des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde.

II.

2

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

3

Allerdings hat die Antragstellerin mit ihrem Hinweis auf die ständige, der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegenstehende Rechtsprechung des Beschwerdegerichts die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung hinreichend erschüttert, so dass das Beschwerdegericht berechtigt ist, den gesamten Streitstoff zu prüfen, ohne nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt zu sein. Gleichwohl hat die Beschwerde keinen Erfolg. Denn auch nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Antrag der Antragstellerin mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das Beschwerdegericht vertritt nunmehr unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschl. v. 7.8.2008, HmbJVBl. 2008, 99, juris Rn. 27 ff.) ebenfalls die Ansicht, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung nach § 85 SGB IX in der Regel unzulässig ist, weil dem Arbeitnehmer das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis hierfür fehlt. Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn das prozessuale Vorgehen die Rechtstellung des Antragstellers nicht verbessern kann und daher nutzlos ist. So ist es hier. Die erstrebte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Kündigung der Antragstellerin kann deren Rechtsstellung nicht verbessern. Im Einzelnen:

4

Nach § 85 SGB IX bedarf die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen der Zustimmung des Integrationsamtes. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung haben nach § 88 Abs. 4 SGB IX keine aufschiebende Wirkung. Ob dem Arbeitnehmer für einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung zur Kündigung anzuordnen, ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, ist umstritten. Teilweise wird angenommen, ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil diese Entscheidung die Rechtsstellung des schwerbehinderten Arbeitnehmers im arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren und für einen darin geltend gemachten Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung verbessern könne (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 7.8.2008, HmbJVBl. 2008, 99, juris Rn. 27 ff.; Beschl. v. 11.2.1997, Bs IV 312/96, DVBl. 1997, 1336, juris Rn. 2; VGH München, Beschl. v. 17.12.2009, 12 CS 09.2691, juris Rn.15 ff.,18; OVG Bautzen, Beschl. v. 25.8.2003, 5 BS 107/03, BehindR 2004, 81, juris Rn. 6 ff.,14; OVG Bremen, Beschl. v. 7.8.2001, 2 B 257/01, NordÖR 2002, 35; juris - nur LS; zum Meinungsstand in der Literatur vgl. Griebeling in Hauck/Noftz, SGB IX, § 88 Rn. 24). Die Gegenansicht verneint das und meint, durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen die Zustimmung zur Kündigung gerichteten Rechtsbehelfs erlange der Arbeitnehmer keinen rechtlichen Vorteil (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 9.1.2014, 4 ME 322/13, NordÖR 2014, 199 - nur LS, juris Rn. 3 ff.; VGH Kassel, Beschl. v. 9.10.2013, 10 B 1712/13, juris Rn. 6; OVG Münster, Beschl. v. 22.8.2013, 12 B 794/13, juris Rn. 2 ff.; Beschl. v. 29.12.2003, 12 B 957/03, juris Rn. 2 ff., 10; VGH Mannheim, Beschl. v. 10.1.2012, 12 S 3214/11, NJW 2012, 2603, juris Rn. 2 ff., 4;).

5

Der letztgenannten Auffassung schließt sich der Senat unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung an. Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung, mit der die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung zur Kündigung angeordnet wird, bringt dem schwerbehinderten Arbeitnehmer in aller Regel keine rechtlichen Vorteile und erweist sich deshalb als nutzlos.

6

Mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs wird nur die Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt, nicht jedoch dessen Wirksamkeit. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung führt nicht dazu, dass der Arbeitgeber gehindert wird, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, oder dass im Falle einer Kündigung eine Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers aus diesem Grund Erfolg hat (so schon: OVG Hamburg, Beschl. v. 7.8.2008, HmbJVBl. 2008, 99, juris Rn. 30). Denn für die Kündigung und ihre Wirksamkeit kommt es allein auf die Wirksamkeit der Zustimmung an, nicht auf deren Vollziehbarkeit. Das ergibt sich nach der gesetzlichen Konstruktion bereits daraus, dass der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung nur innerhalb einer Frist von einem Monat nach erteilter Zustimmung erklären kann (§ 88 Abs. 3 SGB IX), die nicht gehemmt oder unterbrochen wird, wenn die Zustimmung nicht vollziehbar ist. Für eine außerordentliche Kündigung gilt eine noch kürzere Frist; sie ist unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung zu erklären (§ 91 Abs. 5 SGB IX). Diese Fristen hängen allein davon ab, dass eine Zustimmung (wirksam) erteilt wurde, nicht jedoch davon, dass die erteilte Zustimmung vollziehbar ist. Dementsprechend ist es auch für den Ausgang eines arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens ohne Bedeutung, ob die Zustimmung zur Kündigung vollziehbar ist oder nicht. Voraussetzung ist allein, dass eine wirksame Zustimmung des Integrationsamtes vorliegt (vgl. BAG, Urt. v. 17.6.2003, 2 AZR 245/02, NJW 2004, 796, juris Rn. 24, zur insoweit vergleichbaren Lage nach § 9 Abs. 3 MuSchG). Liegt eine wirksame Zustimmung vor, ist das Arbeitsgericht gehindert, der Kündigungsschutzklage wegen einer fehlenden Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung stattzugeben. Das ist vielmehr nur möglich, wenn die Zustimmung fehlt, weil sie entweder bestandskräftig abgelehnt worden ist oder die Zustimmung aufgrund einer rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufgehoben worden ist. Ist die Zustimmung des Integrationsamtes hingegen noch nicht bestandskräftig, so ist die Kündigung „schwebend wirksam“ (vgl. BAG, Urt. v. 17.6.2003, a.a.O.). Wird die Zustimmung später rechtskräftig aufgehoben, so wird dem im arbeitsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Wege der Restitutionsklage gemäß § 79 ArbGG i.V.m. § 580 Nr. 6 ZPO die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils erreichen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.2012, 5 C 16.11, BVerwGE 143, 325, juris Rn. 13; vgl. auch BAG, Urt. v. 17.6.2003, a.a.O., juris Rn. 34; Urt. v. 2.3.2006, 2 AZR 53/05, juris Rn. 56).

7

Auch ansonsten verbessert sich die Rechtsposition eines schwerbehinderten Arbeitnehmers im arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren nicht, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Vollziehbarkeit der Zustimmung zu einer Kündigung suspendiert wird.

8

Allerdings hat das Arbeitsgericht die Möglichkeit, den Kündigungsschutzprozess auszusetzen und den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zustimmung zur Kündigung abzuwarten. Diese Möglichkeit besteht jedoch unabhängig davon, ob die Zustimmung vollziehbar ist oder nicht. Dies hat auch keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, ob das Verfahren ausgesetzt wird oder nicht. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens in der Regel nicht angezeigt (BAG, Urt. v. 23.5.2013, 2 AZR 991/11, NJW 2013, 3597, juris Rn. 28). Dies würde dem prozessualen Beschleunigungsgebot widersprechen, welches verlangt, dass die Gerichte für Arbeitssachen bei behördlich erteilter Zustimmung zur Kündigung den Kündigungsrechtsstreit der Parteien ohne Rücksicht auf den Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe der einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften entscheiden und - falls es darauf ankommt - erst auf eine rechtskräftige Versagung der Zustimmung Bedacht zu nehmen haben (BAG, Urt. v. 23.5.2013, a.a.O.).

9

Entgegen der bisher vertretenen Auffassung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 7.8.2008, HmbJVBl. 2008, 99, juris Rn. 31 ff.) kann sich die Rechtsstellung des schwerbehinderten Arbeitnehmers auch nicht im Hinblick auf einen Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses dadurch verbessern, dass die Vollziehbarkeit der Zustimmung zur Kündigung suspendiert wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann dieser Umstand nicht dazu führen, dass der Arbeitgeber zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des schwerbehinderten Arbeitnehmers verpflichtet wird. Nach dieser Rechtsprechung begründet nämlich - außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung - der Umstand, dass der Ausgang des Kündigungsschutzprozesses ungewiss ist, ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers daran, den gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsprozesses nicht beschäftigen zu müssen. Dieses Interesse überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein Urteil ergeht, mit dem die Unwirksamkeit der Kündigung und damit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird (BAG, Großer Senat, Beschl. v. 27.2.1985, GS 1/84,NJW 1985, 2968, Leitsatz 2 und juris Rn. 94). Das Arbeitsgericht kann aber - wie oben ausgeführt - die Unwirksamkeit der Kündigung wegen einer fehlenden Zustimmung des Integrationsamtes erst dann feststellen, wenn das Urteil, mit dem das Verwaltungsgericht die Zustimmung zur Kündigung aufgehoben hat, rechtskräftig ist (BAG, Urt. v. 23.5.2013, 2 AZR 991/11, NJW 2013, 3597, juris Rn. 28). Denn erst dann wird eine Kündigung, die aufgrund der zunächst ausgesprochenen Zustimmung ausgesprochen wurde, rückwirkend unwirksam (BAG, Urt. v. 23.5.2013, a.a.O., juris Rn. 24). Das Arbeitsgericht ist mithin gehindert, die Unwirksamkeit der Kündigung bereits dann festzustellen, wenn die Zustimmung zwar aufgrund eines verwaltungsgerichtlichen Urteils aufgehoben, dieses Urteil jedoch nicht rechtskräftig ist. Demzufolge kann das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung erst recht nicht schon dann feststellen, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht einmal aufgehoben, sondern lediglich ihre Vollziehbarkeit suspendiert ist. Das gilt unabhängig von den Gründen, aus denen das geschieht, also auch dann, wenn das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs herstellt, weil die Zustimmung zur Kündigung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich aufzuheben sein wird. Das bedeutet zugleich, dass eine Kündigung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht allein deshalb, weil im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung zur Kündigung angeordnet wurde, als offensichtlich unwirksam angesehen werden kann. Dem entspricht die zusammenfassende Schlussfeststellung in dem zuletzt genannten Urteil des Bundesarbeitsgerichts, dass die Arbeitsgerichte „erst auf eine rechtskräftige Versagung der Zustimmung Bedacht zu nehmen haben“. Das betrifft gerade auch die Frage der Weiterbeschäftigung während des Kündigungsverfahrens. Diese soll nach der gesetzlichen Intention vom Arbeitnehmer nicht erzwungen werden können, wenn die Kündigung behördlich zugelassen worden ist und das verwaltungsgerichtliche Anfechtungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (BAG, Urt. v. 23.5.2013, a.a.O., juris Rn. 28).

10

Fehlt nach alledem grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag, die aufschiebende Wirkung der Zustimmung zur Kündigung anzuordnen, so kann der Antrag der Antragstellerin nur dann zulässig sein, wenn ein atypischer Sonderfall vorliegt, in dem ausnahmsweise ein Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht ausreicht (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 22.8.2013, 12 B 794/13, juris Rn. 7). Die Antragstellerin hat keine Gründe angeführt, aus denen sich ergeben könnte, dass es ausnahmsweise eines einstweiligen Rechtsschutzes bedarf, weil der Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht ausreichend ist. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht der Antragstellerin aufzuerlegen. Dies wäre nicht sachgerecht, da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

(1) Die Bundesregierung berichtet den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes einmal in der Legislaturperiode, mindestens jedoch alle vier Jahre, über die Lebenslagen der Menschen mit Behinderungen und der von Behinderung bedrohten Menschen sowie über die Entwicklung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gesellschaft. Die Berichterstattung zu den Lebenslagen umfasst Querschnittsthemen wie Gender Mainstreaming, Migration, Alter, Barrierefreiheit, Diskriminierung, Assistenzbedarf und Armut. Gegenstand des Berichts sind auch Forschungsergebnisse über Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit staatlicher Maßnahmen und der Leistungen der Rehabilitationsträger für die Zielgruppen des Berichts.

(2) Die Verbände der Menschen mit Behinderungen werden an der Weiterentwicklung des Berichtskonzeptes beteiligt.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.


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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. November 2011 - 11 K 3506/11 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerdebegründung, auf deren Würdigung sich die Prüfung des Senats zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gibt keinen Anlass für eine Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Zulässigkeit des Eilantrags nach den §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 und Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 88 Abs. 4 SGB IX mangels Rechtsschutzbedürfnisses verneint, weil der Antragsteller durch die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs, dem kraft Gesetzes diese Wirkung versagt ist (§ 88 Abs. 4 SGB IX), unter keinem denkbaren Blickwinkel seine Rechtsposition verbessern kann.
Diese Frage ist zwar in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. die Nachweise zum Meinungsstand bei Kreitner, in: jurisPK-SGB IX, § 88 Fn. 41). Nach Auffassung des Senats folgt aber aus einer ganzen Reihe von Erwägungen, dass der vom Verwaltungsgericht vertretene Standpunkt zutrifft (ebenso: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.01.1984 - 6 S 12/84 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 29.12.2003 - 12 B 957/03 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2006 - 19 L 2289/05 - juris; VG Aachen, Beschluss vom 21.02.2006 - 2 L 64/06 - juris; VG Hannover, Beschluss vom 07.05.2008 - 3 B 1777/08 - juris; VG Göttingen, Beschluss vom 18.12.2008 - 2 B 236/08 - juris; VG München, Beschluss vom 07.10.2009 - M 15 SN 09.4536 - juris). Die seitens des Antragstellers in der Beschwerdebegründung für seine gegenteilige Auffassung angeführten Entscheidungen (BayVGH, Beschluss vom 17.12.2009 - 12 CS 09.2691 - juris; Beschluss vom 06.07.2011 - 12 CS 11.1025 - juris ; Beschluss vom 21.12.2010 - 12 CS 10.2676 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 11.02.1997 - Bs IV 312/96 - DVBl. 1997, 1446; Beschluss vom 07.04.2008 - 4 Bs 208/07 - juris; SächsOVG, Beschluss vom 25.08.2003 - 5 BS 107/03 - SächsVBl. 2004, 36; ebenso: OVG Bremen, Beschluss vom 07.08.2001 - 2 B 257/01 - NordÖR 2002, 35; VG Würzburg, Beschluss vom 12.10.2010 - W 3 S 10.1026 - juris, VG München, Beschluss vom 13.04.2011 - M 18 S 11.1254 - juris) überzeugen dagegen nicht.
Im Einzelnen ergibt sich dies auf folgendem: Ausgangspunkt ist die heute unstreitige Grundannahme, dass ein erfolgreicher Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur die Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes hemmt, nicht jedoch seine Wirksamkeit (BVerwG, Urteil vom 17.04.1997 - 3 C 2.95 - BayVBl. 1998, 345 m. w. N.). Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kündigung ist aber nur die Wirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes. Demgemäß müssen auch die Verfechter der Auffassung, dass für einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes zur Kündigung eines Schwerbehinderten ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sei, einräumen (vgl. etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2008, a. a. O., Rn. 30), dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs den Arbeitgeber nicht daran hindere, die Kündigung auszusprechen; sie werde auch nicht schwebend unwirksam, sondern bleibe „schwebend wirksam“ (BAG, Urteil vom 17.06.2003 - 2 AZR 245/02 - BAGE 106, 293). Dies folgt im Übrigen auch aus § 88 Abs. 3 SGB IX, wonach der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes aussprechen kann. Diese Frist liefe ins Leere, könnte der betroffene Arbeitnehmer im Wege der Vollzugsaussetzung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ein Hinausschieben des Kündigungsrechts seitens des Arbeitgebers erreichen (vgl. VG München, Beschluss vom 07.10.2009, a. a. O., Rn. 18).
Der Senat vermag auch nicht dem Hauptargument der Gegenauffassung zu folgen, es sei nicht auszuschließen, dass sich für den betroffenen Arbeitnehmer aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung des Integrationsamtes auch nach dem Ausspruch der Kündigung durch den Arbeitgeber positive rechtliche (so etwa: BayVGH, Beschluss vom 21.12.2010, a. a. O., Rn. 20) oder faktische (so etwa: OVG Hamburg, Beschluss vom 11.02.1997, a. a. O., Rn. 28) Folgewirkungen ergeben, etwa im Hinblick auf einen vorläufigen arbeitsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch. Denn rein faktische Auswirkungen einer gerichtlichen Eilentscheidung dürften wohl kaum rechtliche Bedeutung besitzen. Diese Annahme bewegt sich vielmehr eher im Bereich des Atmosphärischen und stützt sich auf die Erwartung, das Arbeitsgericht werde sich bei seiner Entscheidung über eine vorläufige Weiterbeschäftigung durch eine ebenso vorläufige Einschätzung des Verwaltungsgerichts im Zustimmungsprozess beeinflussen lassen, obwohl diese Wertung nicht zu seinem eigenen Prüfprogramm gehört. Rechtliche Auswirkungen könnte eine verwaltungsgerichtliche Aussetzungsentscheidung in diesem Zusammenhang allenfalls dann haben, wenn in ihr dezidiert Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Integrationsamtes geäußert würden. Indessen kann im Zeitpunkt der Antragstellung beim Verwaltungsgericht nicht im Entferntesten vorhergesehen werden, mit welchem Ergebnis das Verfahren enden wird. Zu unterstellen, es werde eine Aussetzungsentscheidung ergehen und diese werde mit ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Integrationsamtes begründet werden, wäre in diesem Stadium des Verfahrens, in dem aber das Rechtsschutzbedürfnis (schon) zu bejahen sein müsste, reine Spekulation. Hiervon ausgehend könnte den Befürwortern eines Rechtsschutzbedürfnisses für einen Aussetzungsantrag gegen die kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit einer Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes zur Kündigung eines Schwerbehinderten allenfalls dann gefolgt werden, wenn von Anfang dieses Verfahrens an die Unwirksamkeit - nicht nur die Rechtswidrigkeit - der Zustimmungsentscheidung offen zutage tritt und keinem Zweifel unterliegt. Denn nur dann kann nach den in der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 27.02.1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122) entwickelten Grundsätzen von einem „Durchschlagen“ der verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidung auf den arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozess die Rede sein. Unabhängig davon, ob sich die Annahme einer derart differenzierenden Wirkung verwaltungsgerichtlicher Eilentscheidungen - und dies auch noch in der Vorausschau im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung - rechtfertigen ließe, ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich oder vorgetragen, was auf eine Unwirksamkeit der streitigen Zustimmung hindeuten könnte.
Im Übrigen steht dem Antragsteller - sollte die Zustimmung des Integrationsamtes im Verfahren der Hauptsache aufgehoben werden - ein Anspruch auf Wiederaufnahme des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu, weil sich daraus nachträglich ein gesetzliches Kündigungsverbot ergäbe (§ 134 BGB). Einen anderen - verkürzenden - Prozessrechtsweg gebietet auch Art. 19 Abs. 4 GG nicht.
Die Beschwerde ist nach allem mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO zurückzuweisen.

(1) Die Bundesregierung berichtet den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes einmal in der Legislaturperiode, mindestens jedoch alle vier Jahre, über die Lebenslagen der Menschen mit Behinderungen und der von Behinderung bedrohten Menschen sowie über die Entwicklung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gesellschaft. Die Berichterstattung zu den Lebenslagen umfasst Querschnittsthemen wie Gender Mainstreaming, Migration, Alter, Barrierefreiheit, Diskriminierung, Assistenzbedarf und Armut. Gegenstand des Berichts sind auch Forschungsergebnisse über Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit staatlicher Maßnahmen und der Leistungen der Rehabilitationsträger für die Zielgruppen des Berichts.

(2) Die Verbände der Menschen mit Behinderungen werden an der Weiterentwicklung des Berichtskonzeptes beteiligt.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Der Arbeitgeber hat bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau alle aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit sowie der ihres Kindes zu treffen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls den sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Soweit es nach den Vorschriften dieses Gesetzes verantwortbar ist, ist der Frau auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit die Fortführung ihrer Tätigkeiten zu ermöglichen. Nachteile aufgrund der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Stillzeit sollen vermieden oder ausgeglichen werden.

(2) Der Arbeitgeber hat die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird.

(3) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die schwangere oder stillende Frau ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz, soweit es für sie erforderlich ist, kurz unterbrechen kann. Er hat darüber hinaus sicherzustellen, dass sich die schwangere oder stillende Frau während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen unter geeigneten Bedingungen hinlegen, hinsetzen und ausruhen kann.

(4) Alle Maßnahmen des Arbeitgebers nach diesem Unterabschnitt sowie die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 10 müssen dem Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und der Hygiene sowie den sonstigen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Der Arbeitgeber hat bei seinen Maßnahmen die vom Ausschuss für Mutterschutz ermittelten und nach § 30 Absatz 4 im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlichten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen; bei Einhaltung dieser Regeln und bei Beachtung dieser Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass die in diesem Gesetz gestellten Anforderungen erfüllt sind.

(5) Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Unterabschnitt in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

(6) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Personen auferlegen, die bei ihm beschäftigt sind. Die Kosten für Zeugnisse und Bescheinigungen, die die schwangere oder stillende Frau auf Verlangen des Arbeitgebers vorzulegen hat, trägt der Arbeitgeber.

Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens gelten für Rechtsstreitigkeiten nach § 2 Abs. 1 bis 4 entsprechend. Die Nichtigkeitsklage kann jedoch nicht auf Mängel des Verfahrens bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter oder auf Umstände, die die Berufung eines ehrenamtlichen Richters zu seinem Amt ausschließen, gestützt werden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. Juli 2011 - 7 Sa 1155/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei dem Beklagten seit 1992 als Elektriker beschäftigt. Er ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt und war Mitglied des für das Dezernat „Kultur/Umwelt“ gewählten Personalrats.

3

Am 24. April 2008 erschien in der örtlichen Presse ein Artikel unter der Überschrift „Chef der Abtei … unter Verdacht - ‚ausgeprägte Selbstbedienungsmentalität’ in der Außenstelle …“. Darin heißt es: „In der Schreinerei sollen Gartenmöbel für den Chef gebaut worden sein, wie der ehemalige Personalvertreter … sagt.“ Auf Befragen des Beklagten räumte der Kläger ein, sich gegenüber dem recherchierenden Journalisten entsprechend geäußert zu haben.

4

Mit Datum vom 23. Mai 2008 beantragte der Beklagte beim Integrationsamt die Zustimmung zu einer außerordentlichen Tat-, hilfsweise Verdachtskündigung des Klägers. Diese wurde mit Bescheid vom 6. Juni 2008 erteilt. Am selben Tag kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Zustimmung von Personalrat und Gesamtpersonalrat außerordentlich fristlos.

5

Der Kläger hat rechtzeitig die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Gegen den Zustimmungsbescheid des Integrationsamts hat er Widerspruch eingelegt. Dieser wurde vom Widerspruchsausschuss zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Mit Urteil vom 24. Juni 2010 hat dieses den Bescheid des Integrationsamts in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

6

Der Kläger hat die Kündigung für unwirksam gehalten. Seine Auskünfte gegenüber der Presse entsprächen der Wahrheit. Jahrelang seien in der Schreinerei mit Kenntnis und Billigung des Leiters Möbel für Privatzwecke gebaut und verkauft worden. Der Leiter habe durch Mitarbeiter des Beklagten auch die Privatwohnungen von Angehörigen renovieren lassen. Im Übrigen habe es nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts an einem wirksamen Zustimmungsbescheid des Integrationsamts gefehlt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 6. Juni 2008 nicht aufgelöst worden ist.

8

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe haltlose Vorwürfe gegen Vorgesetzte erhoben und diese der Presse zugänglich gemacht. Er habe zudem fünf - unberechtigte - anonyme Anzeigen zu seinen - des Beklagten - Lasten erstattet. Der Zustimmungsbescheid des Integrationsamts sei inhaltlich nicht zu beanstanden und zu keinem Zeitpunkt rechtskräftig aufgehoben worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit mit Blick auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zunächst ausgesetzt. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat es das Verfahren fortgeführt und der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

10

Mit rechtskräftigem Urteil vom 28. Januar 2013 hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert und die Anfechtungsklage abgewiesen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung vom 6. Juni 2008 nicht als unwirksam ansehen. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei unwirksam, weil im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung eine wirksame Zustimmung des Integrationsamts nicht (mehr) vorgelegen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die den Zustimmungsbescheid aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Sie habe die Wirkung des Bescheids jedenfalls zunächst beseitigt. Eine Fortdauer der Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits sei dem Kläger wegen des im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes nicht zumutbar gewesen. Der Beklagte sei für den Fall eines ihm günstigen Ausgangs des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Möglichkeit der Restitutionsklage hinreichend geschützt.

13

B. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

14

I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ergibt bereits deshalb eine Rechtsverletzung iSv. § 561 ZPO, weil aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts inzwischen rechtskräftig feststeht, dass das Integrationsamt der Kündigung zustimmen durfte. Der Klage kann deshalb jedenfalls mittlerweile nicht (mehr) mit der Begründung stattgegeben werden, ein wirksamer Zustimmungsbescheid habe nicht vorgelegen.

15

1. Zwar sind neue Tatsachen in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abweichendes gilt jedoch, wenn andernfalls ein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben wäre (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 2 AZR 730/00 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 101, 138; 15. Mai 1997 - 2 AZR 43/96 - zu IV der Gründe, BAGE 86, 7). Das Revisionsgericht darf nicht sehenden Auges ein Urteil erlassen, das alsbald durch eine Restitutionsklage wieder beseitigt würde (GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 74 Rn. 117).

16

2. So liegt es hier. Würde der Senat die angefochtene Entscheidung mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung, dh. ohne Berücksichtigung des mittlerweile ergangenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts bestätigen, wäre das Verfahren auf Antrag des Beklagten nach § 580 Nr. 6 ZPO wieder aufzunehmen.

17

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch ungeachtet dieses nach Abschluss des Berufungsverfahrens eingetretenen Umstands als rechtsfehlerhaft.

18

1. Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Das gilt nach § 91 Abs. 1 SGB IX uneingeschränkt auch für die außerordentliche Kündigung. Eine ohne wirksame Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist nach § 134 BGB nichtig(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 703/09 - Rn. 14).

19

2. Im Streitfall hatte das Integrationsamt die erforderliche Zustimmung vor Abgabe der Kündigungserklärung erteilt. Dem Beklagten war damit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gestattet. Diese Wirkung des Zustimmungsbescheids ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht - auch nicht vorübergehend - dadurch entfallen, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben hat.

20

a) Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, die Gerichte für Arbeitssachen seien bezogen auf die Wirksamkeit der Zustimmung an die Entscheidungen von Verwaltung und Verwaltungsgerichten gebunden. Das Gesetz sieht für den Fall der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen eine Aufspaltung des Rechtswegs vor. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zustimmungsbescheids sind danach ausschließlich die Verwaltungsgerichte zuständig. Die Arbeitsgerichte sind nicht befugt, deren Entscheidungen rechtlich zu überprüfen (KR/Etzel/Gallner 10. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 125; GK-SGB IX/Lampe § 88 Rn. 103).

21

b) Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, auch die noch nicht rechtskräftige Aufhebung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamts durch ein Verwaltungsgericht entfalte Bindungswirkung im arbeitsgerichtlichen Verfahren.

22

aa) Gemäß § 88 Abs. 4 SGB IX haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamts keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die durch das Integrationsamt einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung - vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit - so lange Wirksamkeit entfaltet, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist (LPK-SGB IX/Düwell 3. Aufl. § 88 Rn. 28; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 85 Rn. 80).

23

bb) Für die Berechtigung des Arbeitgebers, auf der Grundlage des Zustimmungsbescheids die Kündigung zunächst zu erklären, ist es folglich ohne Bedeutung, ob die Zustimmung vom Widerspruchsausschuss oder einem Gericht aufgehoben wird, solange die betreffende Entscheidung nicht bestands- bzw. rechtskräftig ist (KR/Etzel/Gallner 10. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 107; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 179 Rn. 45).

24

(1) Die Regelung des § 88 Abs. 4 SGB IX will verhindern, dass der Arbeitnehmer durch die Einlegung von Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für oft längere Zeit auch in den Fällen erzwingen kann, in denen er ohne Zusammenhang mit der Behinderung einen Grund zur Kündigung gegeben hat(BT-Drucks. 7/656, S. 44). Nach der Wertung des Gesetzgebers ist es dem Arbeitgeber bei einmal erteilter Zustimmung nicht zumutbar, für die (weitere) Dauer des verwaltungsrechtlichen Widerspruchs- und Anfechtungsverfahrens von einer Kündigung abzusehen. Etwas anderes gilt erst mit der rechtskräftigen Aufhebung des Zustimmungsbescheids. In diesem Fall wird eine aufgrund der zunächst erteilten Zustimmung ausgesprochene Kündigung rückwirkend unwirksam (BAG 15. Mai 1986 - 2 AZR 497/85 - zu B II 3 b der Gründe). Sollte bis dahin die Kündigungsschutzklage bereits rechtskräftig abgewiesen worden sein, ist das Kündigungsschutzverfahren auf Antrag des Arbeitnehmers in entsprechender Anwendung von § 580 Nr. 6 ZPO wieder aufzunehmen(BAG 29. September 2011 - 2 AZR 674/10 - Rn. 33; KR/Etzel/Gallner 10. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 144; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 85 Rn. 22; Hauck/Noftz/Griebeling SGB IX § 85 Rn. 39a; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 179 Rn. 49).

25

(2) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet in der gesetzlichen Regelung keine Stütze. Zwar schließt § 88 Abs. 4 SGB IX die aufschiebende Wirkung ausdrücklich nur für „Widerspruch und Anfechtungsklage“ aus. Unter der „Anfechtungsklage“ ist jedoch nicht nur der Rechtszug erster Instanz, sondern sind auch die gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu verstehen (Deinert/Neumann/Braasch SGB IX 2. Aufl. § 19 Rn. 244).

26

(a) Dieses Verständnis folgt schon aus dem Wortsinn. Die „Anfechtungsklage“ ist nicht bereits mit Ende der ersten Instanz erledigt. Auch im ggf. zweiten und dritten Rechtszug ist weiterhin „Anfechtungsklage“ erhoben, solange sie rechtshängig ist. Dies gilt unabhängig davon, wie die jeweilige Vorinstanz über sie entschieden hat. § 80b VwGO bestätigt diese Lesart. Dort heißt es, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ende nach einer bestimmten Frist, wenn „die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist“. Das impliziert ein Begriffsverständnis, demzufolge ggf. auch im zweiten und dritten Rechtszug noch über „die Anfechtungsklage“ entschieden wird.

27

(b) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gebietet ebenfalls ein solches Verständnis. § 18 Abs. 5 SchwbG sah in seiner bis zum 31. Juli 1986 geltenden Fassung bei der außerordentlichen Kündigung den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von „Rechtsmitteln“ vor. Diese Regelung wurde in § 18 Abs. 4 SchwbG 1986 und später in § 88 Abs. 4 SGB IX mit der Änderung übernommen, dass die aufschiebende Wirkung auch bei einer ordentlichen Kündigung entfallen sollte(vgl. BT-Drucks. 10/3138, S. 21). Dafür, dass der Gesetzgeber mit der zugleich erfolgten Ersetzung des Begriffs „Rechtsmittel“ durch die präzisere Formulierung „Widerspruch und Anfechtungsklage“ eine zeitliche Beschränkung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung auf die Dauer der Anfechtungsklage in erster Instanz beabsichtigt hätte, gibt es keinen Anhaltspunkt.

28

(c) Die gegenteilige Ansicht widerspricht überdies Sinn und Zweck der Regelung. Ihr zufolge wären die Gerichte für Arbeitssachen nach einem erstinstanzlichen Erfolg der Anfechtungsklage auch bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes gehalten, auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu erkennen. Der Arbeitnehmer könnte damit entgegen der gesetzlichen Intention die vorläufige Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erzwingen, obwohl die Kündigung behördlich zugelassen worden und das verwaltungsgerichtliche Anfechtungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch wären die Gerichte für Arbeitssachen gezwungen, innerhalb ihres Instanzenzugs selbst bei übereinstimmend angenommenem Vorliegen eines Kündigungsgrundes unterschiedliche Entscheidungen zu treffen, wenn mittlerweile ein Verwaltungsgericht anders als die Behörde und/oder die gerichtliche Vorinstanz geurteilt hätte, ohne dass dessen Entscheidung in Rechtskraft erwachsen wäre. Dies entspricht nicht dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Gerichtszweige und schon aus Kostengründen nicht den wohlverstandenen Interessen der Parteien. Auch das prozessuale Beschleunigungsgebot verlangt danach, dass die Gerichte für Arbeitssachen bei behördlich erteilter Zustimmung zur Kündigung den Kündigungsrechtsstreit der Parteien ohne Rücksicht auf den Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe der einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften entscheiden und - falls es darauf ankommt - erst auf eine rechtskräftige Versagung der Zustimmung Bedacht zu nehmen haben. Dementsprechend ist eine Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens für die Dauer des Verwaltungsrechtsstreits in der Regel nicht angezeigt (BAG 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - zu B V der Gründe).

29

C. Die Sache war an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Sie ist nicht entscheidungsreif. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung gegeben war. Der Senat kann dies mangels der erforderlichen Feststellungen nicht selbst beurteilen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.