Oberlandesgericht Köln Beschluss, 05. Nov. 2015 - 21 UF 32/15
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Köln vom 14.01.2015 (301 F 14/14) wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 94.338,18 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die am 00.00.1977 geborene Antragstellerin besitzt die iranische, der am 00.00.1958 geborene Antragsgegner, der seit 1980 in Deutschland lebt, hier Elektrotechnik studiert und eine Ausbildung zum EDV-Kaufmann und Kommunikationselektroniker abgeschlossen hat, die iranische und seit 2006 die deutsche Staatsangehörigkeit. Am 01.04.2009 schlossen die Beteiligten vor einem Heiratsnotariat in Teheran die Ehe. Urkundlich wurde, von beiden unterzeichnet, eine Morgengabe von (einem Band des heiligen Koran, einem Spiegel und einem Paar Kerzenständern sowie) 414 Goldmünzen der Sorte Bahaar-Azadi vereinbart. Die Antragstellerin war im Iran bereits einmal verheiratet; auf die Morgengabe von 214 Goldmünzen hatte sie bei der Scheidung im Oktober 2008 verzichtet. Im September 2009 übersiedelte sie, wie beabsichtigt, zum Antragsgegner nach Deutschland.
4Anfang 2013 trennten sich die Beteiligten. Im Oktober 2013 verlangte die Antragstellerin, die mit der am 02.07.2010 geborenen gemeinsamen Tochter S weiterhin in dem vom Antragsgegner 2004 zu Alleineigentum erworbenen Einfamilienhaus (Reihenhaus) in K lebt, die Aushändigung der Goldmünzen. Im Januar 2014 leitete sie das vorliegende Verfahren ein. Ende März 2014 trat der Antragsgegner nach halbjähriger Arbeitslosigkeit eine neue Arbeitsstelle als Systemadministrator in G an. Im Juni (zugestellt im August) 2014 beantragte die Antragstellerin die Scheidung. Seit dem 02.03.2015 sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden (301 F 192/14 AG Köln).
5Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen zu übergeben bzw. nach fruchtlosem Ablauf einer dreiwöchigen Frist ab Rechtskraft zur Erfüllung dieser Verpflichtung an die Antragstellerin 94.338,18 € nebst Zinsen zu zahlen, was dem Wert der Münzen zum 15.10.2013 entspricht.
6Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er meint, die Einbeziehung der Morgengabe in das deutsche Recht führe dazu, dass die Antragstellerin hinsichtlich der Scheidungsfolgen ungerechtfertigt bereichert, er selbst – obwohl deutscher Staatsangehöriger – dagegen gleichheitswidrig benachteiligt werde. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Antragstellerin nach iranischem Recht keine Morgengabe zustehe, weil sie die Scheidung beantragt habe.
7Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
8II.
9Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit sorgfältiger Begründung, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Familiengericht den verfahrensgegenständlichen Anspruch nach deutschem Sachrecht beurteilt und den Antragsgegner zur Übergabe der versprochenen 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen sowie für den Fall des fruchtlosem Ablaufs der antragsgemäß gesetzten Erfüllungsfrist zum Schadensersatz (§§ 280, 281 BGB, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, §§ 255, 259, 260 ZPO) verpflichtet. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
101. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus dem gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten in L (§§ 98 Abs. 1 Nr. 2, 105, 267 FamFG, § 13 ZPO).
112. Die von der Antragstellerin verlangte Entrichtung einer im Iran vereinbarten Morgengabe unterliegt – wie vom Familiengericht richtig ausgeführt – deutschem Sachrecht.
12a) Das tief im islamischen Recht verwurzelte Rechtsinstitut der Morgen- oder Brautgabe ist kollisionsrechtlich als allgemeine Wirkung der Ehe gemäß Art. 14 EGBGB zu qualifizieren (vgl. BGHZ 183, 287 = FamRZ 2010, 533 [Rn. 14 ff.]; ebenso Senat, FamRZ 2006, 1380; OLG Zweibrücken, FamRZ 2007, 1555; OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 1580; OLG Hamm, NJOZ 2013, 1006; OLG Köln, FamRZ 2015, 1605; KG, FamRZ 2015; Johannsen / Henrich, Familienrecht, 6. Aufl., EGBGB Art. 14 Rn. 6; Palandt / Thorn, BGB, 74. Aufl., EGBGB Art. 13 Rn. 9). In der Regel – so auch im Streitfall – beruht sie auf einer ehevertraglichen Zusage.
13Das führt gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB zur Anknüpfung an den derzeitigen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute und zur Anwendung deutschen Rechts; eine Anknüpfung nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.02.1929 (RGBl 1930 II, S. 1006; vgl. BGH, FamRZ 2004, 1952) oder Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB scheidet aus, weil bei dem Antragsgegner gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB seine deutsche der iranischen Staatsangehörigkeit vorgeht (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; OLG Köln, FamRZ 2015, 1605; Johannsen / Henrich, a.a.O., Art. 15 Rn. 4; Palandt / Thorn, a.a.O., Art. 14 Rn. 7).
14b) Deutsches Recht wäre in gleicher Weise anwendbar, wenn die vereinbarte Morgengabe mit der Beschwerdebegründung als vermögensrechtliche Folge der Scheidung qualifiziert würde. Art. 17 Abs. 1 EGBGB (in seiner seit dem 29.01.2013 geltenden Fassung) in Verbindung mit Art. 8 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates (Rom-III-VO) verweist insoweit auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute bei Stellung des Scheidungsantrags.
15Eine güterrechtliche Qualifikation und Zuordnung der Morgengabe zum unwandelbaren, auf das Recht der allgemeinen Ehewirkungen zur Zeit der Eheschließung verweisenden Güterrechtsstatut des Art. 15 Abs. 1 EGBGB (dafür: Andrae, Internationales Familienrecht, 3. Aufl., Kap. 3 Rn. 183 ff.; Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, 2014, S. 303 ff.; weitere Nachweise bei BGHZ 183, 287 [Rn. 13]), die nach dem Wechsel der Eheleute in ein anderes soziokulturelles und rechtliches Umfeld zu unzuträglichen Friktionen führen würde, ist abzulehnen (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 21 f.]).
163. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der Antragsgegner die Erfüllung seiner Zusage nicht mit der Begründung verweigern, dass die Antragstellerin bei Anwendung deutschen Rechts auf die Scheidung und deren Folgen um den Anspruch auf Leistung der Morgengabe ungerechtfertigt bereichert sei (§§ 812, 821 BGB). Die den Rechtsgrund seiner Verbindlichkeit bildenden ehevertraglichen Absprachen sind weder nichtig noch mit dem Umzug der Antragstellerin nach Deutschland hinfällig geworden.
17a) Bedenken gegen die Formwirksamkeit (§ 125 BGB) des im Iran vor einem Notar unter Zeugen abgegebenen und von den Beteiligten unterschriebenen ehevertraglichen Versprechens hat der Senat ebenso wenig wie das Familiengericht. Mangels konkreter Rügen des Beschwerdeführers erübrigen sich zur Einhaltung der gehörigen Form (Art. 11 Abs. 1 EGBGB, § 1410 BGB, § 1081 iran. ZGB) weitere Ausführungen.
18b) Gleiches gilt für den vom Familiengericht zu Recht als unerheblich angesehenen Einwand des Antragsgegners, dass er die Heiratsurkunde vor Eintragung der Zahl der Goldmünzen blanko unterschrieben und das beurkundete Versprechen erkennbar nicht ernst gemeint habe (§ 118 BGB). Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf den in einer Verfahrenskostenhilfesache ergangenen Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 12.10. 2010 – 32 F 353/10 – bezogen hat, wonach alles Gold der Welt nicht die Zahl der von iranischen Ehemännern als Morgengabe versprochenen Goldmünzen abdecke, hat das Familiengericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei (vom Amtsgericht Brühl durchaus als verbindlich angesehenen) Versprechen dieser Art vor allem auf die Anzahl und den (vergleichsweise stabilen) Wert der Münzen als Rechengrößen ankommt.
19c) Die Vereinbarung der Morgengabe ist auch nicht sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB). Ob ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt, mithin von den ethischen Grundlagen der Rechtsgemeinschaft abweicht, deshalb für sie unerträglich ist und verhindert werden muss, hängt von seiner Gesamtwürdigung ab, in die Inhalt, Beweggrund und Zweck des Geschäfts einzubeziehen sind (vgl. BGH, FamRZ 1990, 372 [373]; Palandt / Ellenberger, a.a.O., § 138 Rn. 8). Soweit es sich um Scheidungsfolgenregelungen handelt, wird im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB insbesondere geprüft, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer einseitigen Lastenverteilung führen musste (vgl. BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601; BGH, FamRZ 2014, 629 [Rn. 16 f.]). Bei der Würdigung von im Ausland abgeschlossenen, nach deutschem Recht zu beurteilenden Verträgen sind insoweit auch die Wertungen des fremden Rechts zu berücksichtigen; die Berücksichtigung darf aber nicht so weit gehen, den Normen des verdrängten Rechts Geltung zu verschaffen (Wurmnest, FamRZ 2005, 1878 [1882]; Yassari, a.a.O., S. 355; zum Schutz des „ordre public“ durch § 138 Abs. 1 BGB vgl. BGHZ 106, 336 [338]; Palandt / Ellenberger, a.a.O., § 138 Rn. 3).
20Die im Streitfall vereinbarte Morgengabe entspricht, wie im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, geläufigen iranischen Wertvorstellungen, wobei die Funktion solcher Brautgaben heute vorrangig im Aufbau eines Vermögens für die Ehefrau für den Fall der Scheidung gesehen wird (vgl. BGHZ 183, 287 [Rn. 12]). Soweit sie daneben auch weiteren Zwecken dienen, begründet dies nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit: Weder wird die Frau zur bloßen Ware herabgewürdigt (zu dem an die Familie der Braut zu entrichtenden Brautgeld nach yezidischem Brauch vgl. dagegen OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1197 [1199]) noch ist es mit deutschen rechtsethischen Prinzipien schlechthin unvereinbar, dass mit der Morgengabe auch die verminderte Wiederverheiratungschance der verstoßenen Frau abgegolten und ihre sexuelle Hingabe in der Ehe gewürdigt wird (vgl. OLG Hamm, NJOZ 2013, 1006 [1009]; OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 1580; gegen OLG Hamburg, FamRZ 2004, 459 [460], das die Brautgabe vorwiegend als Preis für die Sexualität der Frau versteht, vgl. Wurmnest, a.a.O. [1879]; Yassari, a.a.O., S. 330).
21Auch eine für die Antragstellerin bei der Eheschließung erkennbare krasse Überforderung des Antragsgegners durch die Morgengabe, die als Indiz für eine sittlich anstößige Ausnutzung einer emotionalen oder sozialen Zwangslage anzusehen sein (vgl. Palandt / Ellenberger, a.a.O., Rn. 38b m.w.N.; zurückhaltender OLG Hamm, a.a.O.) oder zusammen mit weiteren Umständen für eine Erschwerung der Scheidung als einzigen Zweck dieses Geschäfts sprechen könnte (vgl. BGH, FamRZ 1990, 372 [373 f.]; OLG Oldenburg, FamRZ 1994, 1454 [1455]), hat das Familiengericht zu Recht verneint. Brautgaben von 300 bis 450 (bei Hochschulabsolventinnen 400 bis 500) Bahaar-Azadi-Goldmünzen waren bei iranischen Eheschließungen im Jahr 2009 üblich (vgl. Yassari, S. 184). Ruinösen Brautgabeversprechen begegnet das im April 2013 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz der Familie zwar inzwischen dadurch, dass die säumigen Schuldnern im Iran – anders als in Deutschland – drohende Haft nur bei Brautgaben bis zur Höhe von 110 Bahaar-Azadi- Goldmünzen angeordnet werden darf; höhere Brautgabeversprechen sind jedoch zulässig, lediglich ihre Durchsetzbarkeit hängt von der Leistungsfähigkeit des Ehemannes ab (vgl. Yassari, a.a.O., S. 193 f.; dies., in: Kaiser / Schnitzler / Friederici / Schilling, BGB, 3. Aufl., Länderbericht Iran, Rn. 17).
22Danach stellt sich das vom Antragsgegner im April 2009 abgegebene Versprechen, an seine Ehefrau auf deren Anforderung 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen als Morgengabe zu entrichten, keineswegs als eine die Grenzen privatautonomer Vertragsgestaltung grob missachtende Vereinbarung dar. Auch aus den damals vorhandenen und (bei Anforderung der Brautgabe im Fall der Trennung) zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragsgegners ergibt sich keine krasse Überforderung. Dieser verfügte in Deutschland, wo er mit der Antragstellerin nach der Heirat zu leben beabsichtigte, über Wohneigentum und nicht ganz unbeträchtliche Einkünfte als ausgebildeter Kommunikationselektroniker und EDV-Kaufmann. Das Versprechen einer Brautgabe in einer im Iran üblichen Höhe stand dazu nicht erkennbar außer Verhältnis.
23d) Dass die Eheleute nach der Heirat einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet haben, führte ersichtlich nicht zum Wegfall des ehevertraglichen Rechtsgrundes der Brautgabe (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB).
244. Ebenso wenig ist mit der nach Eheschließung durch den Wechsel des Ehewirkungsstatuts eingetretenen Änderung des Rechtsrahmens oder aus anderen Gründen die Geschäftsgrundlage des Morgengabeversprechens entfallen oder nachhaltig gestört worden, so dass es den geänderten Bedingungen anzupassen wäre (§ 313 BGB; vgl. für Brautgaben Yassari, a.a.O., S. 369 m.w.N.; Ülker, FamFR 2010, 142; zur Geschäftsgrundlage familienrechtlicher Vereinbarungen im Übrigen vgl. nur BGH, FamRZ 2012, 309 [Rn. 16 ff.]; FamRZ 2012, 525 [Rn. 28, 39]).
25a) Die Beteiligten beabsichtigten von Anfang an, gemeinsam in Deutschland zu leben. Von einem für sie überraschenden Wechsel des anwendbaren Rechts kann schon deshalb keine Rede sein. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere der Antragsgegner, der in Deutschland gelebt, studiert und gearbeitet hat, bevor er in Teheran die Antragstellerin heiratete, eine spätere Anwendung des deutschen Scheidungsfolgenrechts nicht in seine Vorstellung aufgenommen und nur deshalb seiner Braut eine Morgengabe in dieser Höhe versprochen hat, konnte das Familiengericht zu Recht nicht feststellen und legt auch die Beschwerde nicht dar. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin eine solche Fehlvorstellung des Antragsgegners hätte erkennen und sich redlicherweise auf die Vereinbarung eines geringeren Brautgeldes hätte einlassen müssen.
26b) Eine Störung der Geschäftsgrundlage durch andere, bei der Eheschließung nicht vorhersehbare Umstände scheidet nach Lage der Dinge ebenfalls aus. Soweit das Versprechen einer Morgengabe nach den Vorstellungen der Beteiligten und dem Zweck eines solchen Versprechens im iranischen Recht teilweise auch als eine Vereinbarung zur Abfindung nachehelicher Unterhaltsansprüche (§ 1585c BGB) zu interpretieren sein mag, könnte zwar eine Herabsetzung der versprochenen Leistung nach kurzer Ehe (gemäß dem Rechtsgedanken des § 1579 Nr. 1 BGB) in Betracht zu ziehen sein (vgl. BGH, FamRZ 1987, 463 [466]). Im Streitfall liegt jedoch schon keine kurze Ehe in diesem Sinne vor. Eine Ehedauer von zwei bis drei Jahren zwischen der Heirat und der Zustellung des Scheidungsantrags betrachtet die deutsche Rechtsprechung in der Regel als kurz (vgl. BGH, FamRZ 2011, 791 [Rn. 37]; OLG Köln, FamRZ 2008, 523). Hier waren die Eheleute bei Zustellung des Scheidungsantrags durch die Antragstellerin dagegen mehr als fünf Jahre miteinander verheiratet (April 2009 bis August 2014). Hinzu kommt, dass das gemeinsame Kind der Beteiligten von der Antragstellerin betreut wird, was im Rahmen der Billigkeitsabwägung zusätzlich gegen eine Beschränkung ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs sprechen würde.
275. Schließlich hält der von der Antragstellerin (vor ihrem Scheidungsantrag, nach Trennung vom Antragsgegner innerhalb des Hauses) geltend gemachte Anspruch auf die Morgengabe auch einer dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Rechnung tragenden Ausübungskontrolle (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1377 [Rn. 16]; Yassari, a.a.O., S. 364, 366 f. m.w.N.) stand.
28Nach Lage der Dinge kann es der Antragstellerin nicht verwehrt werden, sich auf die sie begünstigende ehevertragliche Zusage zu berufen. Zwar stehen ihr nach Scheidung der Ehe nunmehr grundsätzlich auch die gesetzlichen Folgeansprüche des deutschen Rechts (Zugewinn- und Versorgungsausgleich, nachehelicher Unterhalt) zu. Zu einer grob unbilligen Kumulation dieser Ansprüche mit dem der iranischen Tradition entstammenden Anspruch auf Leistung der Morgengabe, die zu einer einseitigen Überbürdung sämtlicher wirtschaftlicher Scheidungsrisiken auf den Ehemann und zu einer nicht mehr hinzunehmenden unverhältnismäßigen Belastung des Antragsgegners führen müsste, kommt es damit jedoch nicht. Die im Wege des Versorgungsausgleichs erfolgte Übertragung geringer Rentenanwartschaften auf die Ehefrau fällt hier schon nicht entscheidend ins Gewicht. Statt denkbare Ansprüche der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnausgleich ohne Weiteres auf ihren Morgengabeanspruch anzurechnen (vgl. Ülker, FamFR 2010, 142), genügt es, dass sich der Antragsgegner gegenüber solchen Ansprüchen auf die fehlende Bedürftigkeit seiner geschiedenen Ehefrau berufen könnte, soweit diese sich aus dem ihr mit der Morgengabe zugewendeten Vermögen selbst unterhalten kann (§ 1577 BGB), und einer Zugewinnausgleichsforderung der Antragstellerin die Brautgabe als Vorausempfang (§ 1380 BGB) entgegengehalten werden könnte (zum Ganzen vgl. Wurmnest, FamRZ 2005, 1878 [1880 ff.]; Yassari, a.a.O., S. 368, 380 ff.).
296. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, dass bei Auslegung der streitbefangenen Zusage des Antragsgegners auch berücksichtigt werden müsse, dass nach iranischem Recht die Ehefrau den Anspruch auf die Morgengabe verliere, wenn sie die Scheidung beantragt.
30Abgesehen davon, dass eine Scheidung auf begründeten Antrag der Ehefrau, bei der ihr Anspruch auf Zahlung der Brautgabe in voller Höhe bestehen bleibt (vgl. Senat, FamRZ 2006, 1380 [Rn. 44 bei juris]), dem iranischen Recht keineswegs fremd ist (vgl. hierzu nur die zwölf in der streitgegenständlichen Heiratsurkunde aufgeführten, von den Eheleuten unterzeichneten Scheidungsgründe), kommt es auf angebliche Grundsätze des iranischen Rechts, die im Wortlaut des Ehevertrages oder in den bei den Vertragsverhandlungen offen zu Tage getretenen Vorstellungen der Beteiligten keinen unmissverständlichen Ausdruck gefunden haben (§§ 133, 157 BGB), hier nicht an. Denn ein Rückgriff auf das durch die Anwendung deutschen Sachrechts verdrängte ausländische Recht als solches findet nicht statt, weshalb gesetzliche Minderungs- oder Anpassungsgründe des fremden Rechts mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende Auslegung auch nicht herangezogen werden können, um den Umfang der versprochenen Brautgabe zu korrigieren (vgl. BGHZ 183, 287 [Rn. 23, 27]; Wurmnest, a.a.O. [1882]; Yassari, a.a.O., S. 355).
31III.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, die Wertfestsetzung aus §§ 35, 39, 40 FamGKG.
33Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 05. Nov. 2015 - 21 UF 32/15
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Tenor
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen zu übergeben.
2. Dem Antragsgegner wird eine Frist zur Erfüllung der unter Ziffer 1. tenorierten Verpflichtung binnen drei Wochen ab Rechtskraft dieser Entscheidung gesetzt.
3. Für den Fall, dass die Verpflichtung nicht fristgemäß erfüllt wird, wird der Antragsgegner verpflichtet, statt der unter Ziffer 1. tenorierten Leistung 94.338,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der der Europäischen Zentralbank seit dem 15.10.2013 an die Antragstellerin zu zahlen.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
5. Der Verfahrenswert wird auf 94.338,18 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin besitzt die iranische Staatsangehörigkeit, der Antragsgegner sowohl die iranische als auch seit dem 06.11.2006 die deutsche Staatsangehörigkeit.
4Der Antragsgegner hat in Deutschland ein Studium der Elektrotechnik absolviert. Danach hat er noch eine Ausbildung als EDV-Kaufmann und Kommunikationselektroniker gemacht.
5Die Beteiligten schlossen unter der Urkunden-Nr. ............... vor dem Heiratsnotariat Nr. ..... in Teheran am 01.04.2009 die Ehe. Diesbezüglich hat die Antragstellerin eine in der Sprache Farsi aufgesetzte und von einem Dolmetscher ins Deutsche übersetzte Heiratsurkunde eingereicht. Danach verpflichtete sich der Antragsgegner zur Leistung einer Morgengabe, bestehend aus einem Band des heiligen Korans, einem Spiegel und ein Paar Kerzenständer sowie einer Anzahl von 414 (vierhundert und vierzehn) Goldmünzen. Letztere sind auf Anforderung der Ehefrau an sie zu entrichten.
6Die Beteiligten leben seit Beginn des Jahres 2012 innerhalb des im Alleineigentum des Antragsgegners stehenden Einfamilienhauses getrennt.
7Die Antragstellerin beruft sich auf die Anwendung von iranischem Recht und nimmt den Antragsgegner vorliegend auf Übergabe der Goldmünzen in Anspruch, nachdem sie diesen hierzu mehrfach erfolglos außergerichtlich aufforderte, u.a. mit Schreiben vom 01.10.2013 mit Fristsetzung zum 14.10.2013. Für den Fall der Nichtleistung verlangt sie Zahlung in Höhe des Wertes der Münzen.
8Die Antragstellerin beantragt,
91. den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin 414 Goldmünzen der Sorte Bahaar-Azadi zu übergeben;
102. dem Antragsgegner eine Frist zur Erfüllung der unter Ziffer 1. genannten Verpflichtung binnen drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung zu setzen;
113. für den Fall, dass die Verpflichtung nicht fristgemäß erfüllt wird, den Antragsgegner zu verpflichten, statt der unter Ziffer 1. genannten Leistung 94.338,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.10.2013 an die Antragstellerin zu zahlen.
12Der Antragsgegner beantragt,
13die Anträge zurückzuweisen.
14Der Antragsgegner ist der Ansicht, der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch scheitere daran, dass dieser nicht wirksam zwischen den Beteiligten vereinbart worden sei. Hierzu trägt er vor, er sei bei der Bestimmung des schließlich in der Heiratsurkunde angegebenen Betrages nicht zugegen gewesen. Vielmehr sei in seiner Abwesenheit die Menge an Goldmünzen bestimmt und in das Dokument eingetragen worden. Bei der Unterzeichnung der Heiratsurkunde sei auf den Betrag der Goldmünzen überhaupt nicht näher eingegangen worden. Bei Abschluss der Vereinbarung habe ihm insoweit offen und erkennbar der Wille gefehlt, sich rechtsverbindlich zur Übereignung einer bestimmten Anzahl von Goldmünzen an die Antragstellerin zu verpflichten. Abgesehen davon sei den Eheschließenden bekannt gewesen, dass die dort bestimmte Zahl an Goldmünzen nicht existiere. Insoweit habe auf Seiten beider Eheschließenden das Bewusstein über den Mangel der Ernstlichkeit dieses Versprechens gefehlt. Die Morgengabevereinbarung in der Heiratsurkunde habe vielmehr die Wirkung der Aufrechterhaltung eines religiösen Brauchtums und entfalte nur symbolischen Charakter. Auch im iranischen Rechtskreis stelle sie zwar eine gesetzlich positivierte, bisweilen auch titulierte, aber nie tatsächlich realisierte Forderung der Ehefrau dar. Nähme man alle global verfügbaren Goldmittel zusammen, so könnten iranische Ehemänner ihre so eingegangenen Verpflichtungen aus den Heiratsurkunden nicht einmal durch die Inanspruchnahme aller weltweit verfügbaren Goldreserven erfüllen. Darüber hinaus sei die Vereinbarung der im Streit stehenden Morgengabe im Hinblick auf ihre Höhe wegen Verstoßes gegen § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Der Antragsgegner sei weder zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Heiratsurkunde noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt finanziell in der Lage, die von der Antragstellerin begehrte Goldmenge oder den heutigen Gegenwert aufzubringen. Eine rechtliche Bewertung, die zu dem Ergebnis käme, die Morgengabe sei tatsächlich geschuldet, stelle einen klaren Verstoß gegen das deutsche ordre public dar, sofern die Anwendung ausländischen (iranischen) Rechts zur entsprechenden Verurteilung führte.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16II.
17Die zulässigen Anträge der Antragstellerin sind begründet.
18Die internationale Zuständigkeit des Gerichts beruht auf § 105 FamFG. Nach dieser Vorschrift folgt die internationale Zuständigkeit der örtlichen Zuständigkeit, welche sich vorliegend aus § 267 Abs. 2 FamFG ergibt.
19Nach den Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts ist der Rechtsstreit nach deutschem Recht zu beurteilen und zu entscheiden.
20Dabei werden gemäß Art. 3 Ziffer 2 EGBGB die Kollisionsnormen des EGBGB nicht durch die vorrangige Regelung des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.02.1929 (Reichsgesetzblatt Jahrgang 1930, Teil 2, Nr. 30, S. 1006), die nach dem deutsch-iranischen Protokoll vom 04.11.1954 (BGBL. 1955 II 829) auch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran gilt, verdrängt. Denn das Abkommen ist nur auf solche Fälle anwendbar, in denen alle Beteiligten ausschließlich die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen (OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2012, Az: 8 UF 37/12; OLG Köln, Urteil vom 23.03.2006, Az: 21 UF 144/05, veröffentlicht bei juris; KG FamRZ 1998, 296; Schotten, FamRZ 1995, 264, 265). Vorliegend hat jedoch der Antragsgegner bereits seit 2006 auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Außerdem kann die Anwendung der heimischen Gesetze gemäß Art. 8 Nr. 3 des Niederlassungsabkommens von dem jeweils anderen vertragsschließenden Staat ausgeschlossen werden, wenn ein solcher Ausschluss allgemein gegenüber jedem anderen Staat erfolgt. Das trifft auf die Regelungen des deutschen internationalen Privatrechts zu (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2012, Az: 8 UF 37/12).
21Nach den hier in Betracht kommenden Kollisionsnormen des EGBGB unterliegt die Morgengabe im vorliegenden Fall dem deutschen Recht.
22Die international-privatrechtliche Einordnung der Morgengabe (mahr) des islamischen Rechts ist in der Rechtsprechung und der Literatur umstritten, weil es im deutschen Recht kein unmittelbar passendes Gegenstück gibt. Das Gericht folgt der Ansicht des BGH (BGH, FamRZ 2010, 533 ff.), wonach die Brautgabe eine allgemeine Wirkung der Ehe darstellt, für die nach dem hier anzuwendenden Art. 14 Abs. 1 EGBGB das deutsche Recht gilt. Der neu gefasste Art. 17 EGBGB findet vorliegend keine Anwendung, da die Beteiligten noch nicht geschieden sind, es mithin nicht um die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung geht.
23Nach Art. 14 Abs. 1 Ziffer 1 EGBGB unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehört haben, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört. Insoweit erklärt Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB, dass bei Verweisungen, die an das Personalstatut anknüpfen, bei mehrfacher Staatsangehörigkeit einer Person die deutsche Staatsangehörigkeit vorgeht. Da der Antragsgegner bei Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, findet hier wegen des durch Art. 5 EGBGB angeordneten Vorrangs der deutschen Staatsangehörigkeit nicht das gemeinsame iranische Heimatrecht Anwendung, sondern gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes der Ehegatten, also das deutsche Recht.
24Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Leistung der Morgengabe in Form der Übereignung von 414 Goldmünzen aus der zwischen den Beteiligten geschlossenen notariellen Vereinbarung vom 01.04.2009.
25Bei dem Rechtsinstitut der Morgengabe handelt es sich nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.12.2009 (FamRZ 2010, 533ff.) um eine ehevertragliche Zusage des Ehemannes, die diesen verpflichtet, der Ehefrau die in der Zusage genannte Morgengabe zu leisten. Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die bis dahin in der Rechtsprechung und Literatur bestehende Unsicherheit über die Rechtsnatur der islamischen Morgengabe mit überzeugenden Gründen beseitigt. Die Zuordnung des Anspruchs aus einer Morgengabevereinbarung zu den allgemeinen Ehewirkungen hat zur Folge, dass der Anspruch einem wandelbaren Statut unterworfen wird. Die Anknüpfung an das wandelbare Ehewirkungsstatut sichert den Gleichlauf der internationalen Behandlung der Morgengabe mit der ebenfalls wandelbaren kollisionsrechtlichen Anknüpfung von Scheidung und nachehelichem Unterhalt. Die rechtliche Qualifikation der Morgengabe als eine ehevertragliche Vereinbarung wird den im iranischen Zivilgesetzbuch enthaltenen besonderen Regelungen des 7. Kapitels über das sog. „Mahr“ am ehesten gerecht. Denn das im Ehevertrag vereinbarte und entweder zwischen den Eheleuten ausgehandelte oder aber von einem Dritten oder der Ehefrau der Höhe nach bestimmte Mahr wird gemäß § 1082 des iranischen Zivilgesetzbuchs sofort nach Eheschließung Eigentum der Ehefrau und sie kann hierüber frei verfügen. Die den Ehemann daneben zumindest während gelebter Ehe treffende Unterhaltspflicht ist hiervon ebenso unabhängig wie ein dem iranischen Recht nicht bekannter Stand der Zugewinngemeinschaft. Wie sich den besonderen Regelungen des iranischen Rechts entnehmen lässt, dient die Morgengabe nicht nur der finanziellen Absicherung der Frau, sondern stellt gewissermaßen auch eine Gegengabe für die Erfüllung der ehelichen Pflichten durch die Ehefrau dar, da die Auszahlung des Mahr in vielfältiger Hinsicht von dieser abhängig ist (siehe auch OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2012, Az: 8 UF 37/12). Die Morgengabe schützt die Frau, insbesondere wenn sie besonders hoch bemessen ist, vor leichtfertiger Verstoßung durch den Ehemann, die nach iranischem Recht auch heute noch möglich ist, sog. Talaqscheidung (siehe auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29.01.2008, Az: 17 UF 239/07, veröffentlicht bei juris). Dieser besonderen, auch aus religiösen Vorstellungen erwachsenen Prägung der Morgengabe wird deren Qualifizierung als ehelicher Vereinbarung am ehesten gerecht, da sie eine am Einzelfall orientierte und die religiösen Vorstellungen mit einzubeziehende Auslegung ermöglicht, ohne das fremde Rechtsinstitut in deutsche Rechtsinstitute zu zwängen, die anderen Zielen dienen, nämlich der gleichmäßigen Teilhabe am Einkommen und am während der Ehe erworbenen Vermögen.
26Das Gericht hat keine Bedenken gegen die Formwirksamkeit der vertraglich vereinbarten Morgengabe, da die notarielle Beurkundung sowohl den strengsten deutschen als auch den iranischen Formvorschriften genügt, § 1410 BGB, 1081 iranisches Zivilgesetzbuch.
27Die Vereinbarung wurde ausweislich der vorliegenden übersetzten Heiratsurkunde in Gegenwart der in der Heiratsurkunde nach Punkt 12 aufgeführten Zeugen von dem Antragsgegner unterschrieben. Zudem wurde das gesamte Procedere in Anwesenheit der Beteiligten durch den im Heiratsvertrag aufgeführten Referenten T. in das Heiratsbuch eingetragen und protokolliert. Vor der Unterschrift hat Herr T. sowohl der Antragstellerin als auch dem Antragsgegner und in Anwesenheit der vorbezeichneten Zeugen laut den Ehevertrag noch einmal verlesen und insbesondere auf die Höhe der Morgengabe verwiesen. Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich unerheblich, ob andere Personen im Vorfeld die Höhe der Morgengabe ausgehandelt haben. Jedenfalls hat der Antragsgegner den Ehevertrag, aus dem sich die Höhe der Morgengabe ergab, selbst unterschrieben und sich damit bewusst zur Übereignung einer bestimmten Anzahl von Goldmünzen verpflichtet.
28Die vertraglich vereinbarte Morgengabe ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Gegenstand des Morgengabeversprechens sind u.a. 414 Goldmünzen der Sorte Bahaar-Azadi. Soweit in der ins Deutsche übersetzten Heiratsurkunde lediglich die Rede von 414 Goldmünzen ist, handelt es sich um eine Übersetzungsunschärfe, was der vom Gericht bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscher, dem das Original der Heiratsurkunde vorgelegt wurde, bestätigte.
29Die Vereinbarung wird auch nicht dadurch unwirksam, dass den Ehegatten bewusst war, dass die dort bestimmte Zahl an Goldmünzen nicht existierte. Der Goldmünze kommt auch der Charakter einer Bezugsgröße zu. Für den Fall, dass die Ehefrau die Herausgabe verlangt, die Goldmünzen tatsächlich jedoch nicht existieren, ist es möglich, den Gegenwert in Zahlungsmitteln zu bestimmen, da der Goldmünze ein stabiler Wert innewohnt.
30Die Behauptung des Antragsgegners, die Morgengabe habe im Iran allein traditionelle und keine rechtliche Bedeutung, wird bereits durch die rechtliche Ausgestaltung der Morgengabe im iranischen Zivilgesetzbuch widerlegt; sie mag auf die Zeit vor der islamischen Revolution im Iran zurückgehen, als die einseitige Verstoßung der Ehefrau durch die Talaqscheidung ausgeschlossen war und gesetzliche Regelungen den Unterhaltsanspruch der Ehefrau sicherten, so dass die Morgengabe in dieser Funktion an Bedeutung verloren hatte. Das vor der Revolution geltende Gesetz zum Schutz der Familie wurde jedoch durch Ayatollah L. wieder abgeschafft, so dass gegenwärtig von einer nur symbolischen Bedeutung der Morgengabe keine Rede sein kann (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.03.2006, Az: 21 UF 144/05, veröffentlicht bei juris).
31Das Zustandekommen der Vereinbarung unter Mitwirkung beider Elternteile ergibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass hier lediglich eine symbolische Summe habe ausgehandelt werden sollen, die von den Beteiligten nicht als ernst angesehen worden sei. Vielmehr zeigt gerade die Beteiligung der Eltern, dass es um die Begründung einer rechtlichen Verpflichtung zur Absicherung der Antragstellerin ging, wie es auch der Funktion der Morgengabe entspricht. Jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin einen etwaigen Mangel der Ernstlichkeit hätte erkennen müssen. Da gemäß § 1080 des iranischen Zivilgesetzbuchs die Festlegung der Menge des Mahr vom beiderseitigen Einvernehmen der Beteiligten abhängt, stand es dem Antragsgegner frei, eine niedrigere Summe auszuhandeln oder aber den Vertrag nicht zu unterzeichnen.
32Der Vertrag ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Insoweit kommt nur Abs. 1 der Vorschrift zur Anwendung, da Abs. 2 ein auffälliges Missverhältnis zwischen zwei Leistungen voraussetzt und das Gericht auch in Ansehung des Umstandes, dass die Morgengabe auch der Erfüllung der ehelichen Pflichten der Ehefrau geschuldet ist, nicht von einem gegenseitigen Vertragsverhältnis ausgehen kann.
33Vor dem Hintergrund der beruflichen Ausbildung des Antragsgegners (ausweislich des Heiratsvertrages ist er Computer-Ingenieur, nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2014 hat er in Deutschland ein Studium der Elektrotechnik abgeschlossen sowie eine Ausbildung als EDV-Kaufmann und Kommunikationselektroniker gemacht) sowie seines familiären Hintergrundes lässt sich nicht feststellen, dass der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Abgabe des Morgengabeversprechens als krass überfordert angesehen werden muss. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Ehegatten schon zum damaligen Zeitpunkt beabsichtigt hatten, in Deutschland zu leben und es daher aus damaliger Sicht nicht ausgeschlossen war, dass der Antragsgegner aufgrund seiner Berufsausbildung einmal zu Wohlstand bringen würde. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Höhe der Morgengabe nicht als „astronomisch“ qualifizieren. Dies wird durch den Umstand belegt, dass der Antragsgegner inzwischen über ein in seinem Alleineigentum stehendes Haus verfügt, wenngleich dieses noch belastet ist.
34Schließlich kann, auch wenn vorliegend deutsches Recht anzuwenden ist, bei der zu treffenden Entscheidung das ausländische Wertesystem, das dem Vertrag zugrunde liegt, nicht unberücksichtigt bleiben. An den Vortrag der Sittenwidrigkeit eines Morgengabeversprechens sind daher besonders hohe Anforderungen zu stellen, und zwar sowohl was die krasse Überforderung des Schuldners als auch die ethisch anstößige Ausnutzung einer Zwangslage durch den anderen Vertragspartner anbelangt. Denn allein eine übermäßige und die eigene Leistungsfähigkeit deutlich übersteigende Verpflichtung eines Schuldners kann im Lichte der grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit noch nicht zum Verdikt der Sittenwidrigkeit führen. Vielmehr muss diese Situation des Schuldners in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt werden (siehe auch OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2012, Az: 8 UF 37/12. Dafür, dass sich der Antragsgegner zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einer Zwangslange befunden hat, bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
35Es kann auch nicht als treuwidrig angesehen werden, dass die Antragstellerin das Morgengabeversprechen gegen den Antragsgegner durchzusetzen bestrebt. Zwar kann die Ausnutzung einer unredlich erworbenen Rechtsstellung im Einzelfall als unzulässige Rechtsausübung zurückgewiesen werden. Wie bereits ausgeführt, wurde jedoch die ehevertragliche Vereinbarung unter Beteiligung der Familien ausgehandelt und hat die Antragstellerin ihre Rechtsposition keineswegs in unredlicher Weise erlangt. Ebenso wenig kann ihr vorgeworfen werden, dass der Antragsgegner möglicherweise nicht leistungsfähig ist, da ihn dies auch nach deutschem Recht nicht von seiner Leistungspflicht entbindet und die Antragstellerin selbst ohne Einkommen ist.
36Für eine Anwendung des deutschen ordre public besteht hier schon deshalb kein Raum, weil vorliegend nicht iranisches, sondern deutsches Recht Anwendung findet. Der deutsche ordre public äußert sich insbesondere in den bereits geprüften und als letztlich nicht durchgehend erkannten Generalklauseln der §§ 242, 138 BGB.
37Der Vertrag ist auch nicht nach § 313 BGB anzupassen. Voraussetzung hierfür wäre, dass sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hätten. Hierfür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Letztlich spricht gegen eine Abänderbarkeit aber auch, dass sich die Beteiligten für eine Vereinbarung der Mahr nach § 1080 des iranischen Zivilgesetzbuches entschieden, so dass die Situation des Antragsgegners unberücksichtigt geblieben ist. Daran muss er sich jetzt festhalten lassen.
38Der weitere Antrag auf Fristbestimmung im Beschluss in Verbindung mit der Verpflichtung zu einer künftigen Leistung ist nach § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit den §§ 255, 259 ZPO zulässig und begründet. Es handelt sich um einen sog. unechten Hilfsantrag.
39Die Antragstellerin hat im Falle der Nichtleistung der Morgengabe einen Schadensersatzanspruch nach den §§ 281, 280 BGB gegen den Antragsgegner in Höhe des Wertes der Goldmünzen, der unstreitig mit 94.338,18 Euro festzusetzen ist. Die Fristsetzung kann entsprechend § 255 Abs. 1 ZPO bereits im Beschluss erfolgen.
40Des Weiteren ist auch die Klage auf zukünftige Leistung statthaft, § 259 ZPO, weil nach den Umständen die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Der Antragsgegner hat nämlich bereits erklärt, dass er zur Leistung außer Stande sei.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 91 ZPO.
42Von der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit hat das Gericht abgesehen (§ 116 Abs. 3, S. 2 FamFG).
43Rechtsbehelfsbelehrung:
44Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.
45Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Köln eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
46Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.
47Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln - eingegangen sein.
48Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind.
49(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.
(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
(1) Hat der Kläger für den Fall, dass der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen, so kann er verlangen, dass die Frist im Urteil bestimmt wird.
(2) Das Gleiche gilt, wenn dem Kläger das Recht, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, für den Fall zusteht, dass der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die beanspruchte Sicherheit leistet, sowie im Falle des § 2193 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Bestimmung einer Frist zur Vollziehung der Auflage.
Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.
(1) Die deutschen Gerichte sind für Ehesachen zuständig, wenn
- 1.
ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war; - 2.
beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben; - 3.
ein Ehegatte Staatenloser mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland ist; - 4.
ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, es sei denn, dass die zu fällende Entscheidung offensichtlich nach dem Recht keines der Staaten anerkannt würde, denen einer der Ehegatten angehört.
(2) Für Verfahren auf Aufhebung der Ehe nach Artikel 13 Absatz 3 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche sind die deutschen Gerichte auch zuständig, wenn der Ehegatte, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte, seinen Aufenthalt im Inland hat.
(3) Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Absatz 1 erstreckt sich im Fall des Verbunds von Scheidungs- und Folgesachen auf die Folgesachen.
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
Der Ehevertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden.
Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.
(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.
(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
(1) Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen angerechnet werden sollen, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
(2) Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Mit einem Antrag und einem Widerantrag geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder des Satzes 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht ein Beteiligter hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Wert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Verfahrens durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
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Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.