Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Okt. 2013 - L 4 KR 36/13 B

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:1016.L4KR36.13B.0A
bei uns veröffentlicht am16.10.2013

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 29. Mai 2013 - S 16 KR 81/13 ER wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Weiteren nur Antragsteller) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten. Diesem Beschluss des Sozialgerichts liegt ein Verfahren auf Gewährung von einstweiligem Rechtschutz zugrunde, in denen sich der Antragsteller gegen die Zwangsvollstreckung aus bestandskräftigen Beitragsbescheiden der Antragsgegnerin betreffend versicherungspflichtig beschäftige Arbeitnehmer vom 21. April 1997 und 22. Mai 1997 über einen Betrag von jeweils 6.520 DM bzw. aus einem Bescheid vom 24. Juli 1997 über 5.865,62 DM wendet.

2

Zur Durchsetzung seiner Forderung hat der Antragsteller am 16. Januar 2013 am Sozialgericht Halle um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er verlangt, die Vollstreckung aus den Bescheiden einstweilen einzustellen. Er räumt ein, insgesamt der Antragsgegnerin noch 8.472,39 Euro inklusive Säumniszuschläge, Mahngebühren und sonstige Kosten zu schulden. Allerdings sehe er sich wirtschaftlich nicht in der Lage, eine Zahlung vorzunehmen. Darüber hinaus sei die Vollstreckung nach 15 Jahren unzulässig, da die Forderungen verwirkt seien. Er habe sich in seiner Lebensführung darauf eingerichtet, dass diese nicht mehr gegen ihn geltend gemacht würden. Für dieses Verfahren hat der Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.

3

Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass in den Jahren 1998, 2000 sowie 2003 Vollstreckungsversuche fruchtlos verlaufen seien. Aus Kostengründen habe man - auch im Interesse des Antragstellers - von weiteren Vollstreckungsversuchen zunächst Abstand genommen.

4

Mit Beschluss vom 29. Mai 2013 hat das Sozialgericht Halle den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, eine Verwirkung eines Anspruchs liege nur vor, wenn der Berechtigte mit seinem Geltendmachen längere Zeit gewartet habe und besondere Umstände hinzugetreten seien, die die nunmehrige Erhebung des Anspruchs dem Dritten gegenüber als unzulässig erscheinen ließen. Besondere Umstände, die die Verwirkung eines Rechts auslösten, lägen nur dann vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde. Eine solche Fallgestaltung sei vorliegend nach dem bisherigen Sachvortrag und dem Inhalt der Verwaltungsakte nicht gegeben. Neben dem bloßen Zeitablauf fehlten trotz richterlicher Aufforderung Angaben dazu, welche Dispositionen der Antragsteller im Hinblick darauf getätigt habe, dass die Antragsgegnerin ihre Forderung vermeidlich nicht mehr durchsetzen werde. Der bloße Verweis auf die Umstellung der allgemeinen Lebensführung sei hierfür nicht ausreichend. Im Hinblick auf die 30-jährige Verjährungsfrist bei Vollstreckung müssten besondere Gesichtspunkte vorgetragen werden, aus denen sich ein Vertrauen ergeben soll. Allein durch die Untätigkeit über einen Zeitraum von neun Jahren und drei Monaten habe die Antragsgegnerin keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die hier geltende Verjährungsfrist von 30 Jahren rechtfertige nur ausnahmsweise die Bejahung einer Verwirkung. Die Regelverjährung von 30 Jahren müsse dem Gläubiger grundsätzlich ungekürzt zur Verfügung stehen, so dass hier strenge Anforderungen an die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes zu stellen seien. Das bloße Unterlassen einer Beitragsvollstreckung könne nicht ausreichend sein, da ansonsten die verlängerten Verjährungsfristen ins Leere gehen würden. Erforderlich sei ein positives Tun des Berechtigten; ein solches sei hier nicht erkennbar. Eine unbillige Härte sei ebenfalls nicht ersichtlich, nachdem der Antragsteller von der seitens der Antragsgegnerin eingeräumten Möglichkeit, Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen abzuschließen, keinen Gebrauch gemacht habe.

5

Gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfe-Beschluss hat der Antragsteller noch im gleichen Monat Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das Sozialgericht habe sein Vorbringen tatsächlich und rechtlich unzutreffend gewürdigt. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten und die Substantiierung seines Vortrages seien überzogen. Diesbezüglich hat er auf seine bisherigen Schriftsätze verwiesen. Weiter hat er eine Zahlungsaufforderung des Hauptzollamtes Magdeburg vom 10. Juli 2013 vorgelegt, wonach er insgesamt nunmehr 8.799,89 Euro schuldet.

6

Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

7

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 29. Mai 2013 - S 16 KR 81/13 ER aufzuheben und ihm für dieses Verfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R zu gewähren.

8

Der Beschwerdegegner und die Antragsgegnerin haben keine Anträge gestellt.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte genommen. Diese ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

10

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.

11

Nach § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

12

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Insoweit kann offenbleiben, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln zu bestreiten; denn die Klage bietet jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

13

Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Rechtsuchenden auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Aufl., § 73a Rn. 7a). Das Grundgesetz (GG) gebietet dabei eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Derartige Vorkehrungen sind im Institut der Prozesskostenhilfe (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) getroffen. Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz in § 114 ZPO, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss. Die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dürfen dabei nicht überspannt werden (vgl. zu dem vorstehendem BVerfG, 7. Februar 2012, 1 BvR 1263/11, juris).

14

Als Fallgruppe, bei welcher regelmäßig von einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg ausgegangen werden kann, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung solche Sachlagen herausgearbeitet, bei denen die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Danach muss Prozesskostenhilfe nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (BVerfG, a.a.O). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es auf schwierige Abgrenzungsfragen nicht ankommt, wenn das Verfahren unabhängig von solchen Problemen keine Erfolgsaussichten bietet.

15

Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller hier zulässigerweise eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO erhoben hat (grundsätzlich die Anwendbarkeit dieser Vorschrift bejahend LSG NRW, 14. September 2011, L 7 B 411/09 AS, juris) oder ob dieses Verfahren zu Gunsten des Antragstellers in ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Sinne des § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG umzudeuten ist. Selbst dann beständen ungeachtet der dann geringeren Anforderungen immer noch keine Erfolgsaussichten.

16

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Hier liegt ein zumindest einer der Anforderung von Beiträgen vergleichbarer Fall vor.

17

Die Entscheidung des Gerichts erfolgt dementsprechend nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung des privaten Aufschub-interesses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes - hier die Vollstreckung der Beitragsforderung - andererseits. Das Gesetz bringt zum Ausdruck, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 und 4 SGG das Vollzugsinteresse in der Regel vorrangig ist. Die Aussetzung der Vollziehung soll in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG in der Regel unter den Voraussetzungen des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG erfolgen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn. 12b). Daher ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Zwangsvollstreckung aus einer nach der Behauptung des Antragstellers verwirkten Forderung bestehen oder ob die Vollstreckung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Senat hat weder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung (dazu unter 1.) noch hat der Antragsteller Anhaltspunkte dafür dargelegt bzw. glaubhaft gemacht, dass die Vollstreckung aus den Beitragsbescheiden für ihn eine unbillige Härte bedeuten könnte (dazu unter 2.).

18

1. § 86a Abs. 3 Satz 2 1. Alt. SGG setzt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Abweichend von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG soll das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes nur bei solchen Zweifeln an dessen Rechtmäßigkeit hinter das private Aufschubinteresse des Antragstellers zurücktreten, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs (Widerspruch oder Klage) überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen erforderlich sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung im Eilverfahren mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (LSG Sachsen-Anhalt, 27. Januar 2003, L 3 B 31/02 RJ ER; LSG NRW, 24. Juni 2009, L 8 B 4/09 R ER, juris; weiter Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86a Rn. 27a).

19

An der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung bestehen keine ernstlichen Zweifel. Diesbezüglich wird auf die umfassenden Ausführungen im Beschluss des Sozialgerichts Halle verwiesen, in dem die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung ausführlich und überzeugend dargestellt wurde.

20

Der Anspruch der Antragsgegnerin ist nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, setzt die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) sowie der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (ständige Rechtsprechung, grundlegend BSG, 30. November 1978, 12 RK 6/76, juris).

21

Ein solches Verhalten hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Es ist auch sonst kein Verwirkungsverhalten ersichtlich. Ob der Antragsteller irrtümlich meinte, die Antragsgegnerin werde von weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen absehen, ist rechtlich unerheblich.

22

Zutreffend hat das Sozialgericht bereits darauf hingewiesen, dass hier nach § 25 Abs. 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) die 30-jährige Verjährungsfrist Anwendung findet. Dies stellt der Antragsteller auch nicht in Abrede. Darüber hinaus stellen die jeweils bestandskräftigen Bescheide unanfechtbare Verwaltungsakte dar; derart festgestellte Ansprüche verjähren gemäß § 52 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ebenfalls in 30 Jahren. Diese lange Verjährungsfrist würde ausgehebelt werden, wenn jahrelanges Unterlassen von Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen zu einer Verwirkung führen würde; auch insoweit wird auf die ausführlichen Darlegungen des Sozialgerichts Bezug genommen. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin bereits in den Jahren 1998, 2000 sowie 2003 (erfolglos) Maßnahmen der Zwangsvollstreckung eingeleitet hat und damit zu erkennen gegeben hat, ihren Anspruch durchsetzen zu wollen.

23

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist hier für die Vollstreckung das Hauptzollamt zuständig. Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt gemäß § 66 SGB X das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG). Nach § 4 VwVG sind im Allgemeinen die Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung zuständig, es sei denn, es ist insofern von einer obersten Bundesbehörde eine besondere Bestimmung getroffen worden. Mangels spezieller Regelung bedienen sich daher die bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger der Hauptzollämter als Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung (KassKomm/Mutschler, SGB X

24

§ 66 Rn. 19). Eine Vollstreckungsklausel ist - wie schon das Sozialgericht auf S. 3 unten der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat - bei einer Vollstreckung nach § 66 Abs. 1 SGB X nicht vorgesehen (anders bei der daneben möglichen Vollstreckung nach § 66 Abs. 4 S. 1 SGB X in Verbindung mit § 704 Abs. 1 ZPO, vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07 -, juris; KassKomm/Mutschler SGB X § 66 Rn. 28).

25

Andere Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung sind nicht erkennbar oder vorgetragen.

26

2. Eine unbillige Härte i. S. v. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung bzw. hier die Vollstreckung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinaus gehen und nur schwer wieder gut gemacht werden können (Keller, a.a.O., § 86a Rn. 27b m.w.N.). Dabei sind die beiden Kriterien des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG (Erfolgsausichten in der Hauptsache und Härte) nicht völlig getrennt zu bewerten. Sind Erfolgsaussichten - wie hier - nicht ersichtlich, kommt eine Aussetzung wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte nur in besonders gelagerten Fällen überhaupt noch in Betracht.

27

Der Antragsteller hat keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Vollstreckung der Beitragsforderung für ihn mit Nachteilen verbunden sein könnte, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und schwer wieder gut gemacht werden können. Er hat lediglich unsubstantiiert behauptet, er sehe sich wirtschaftlich nicht in der Lage, eine Zahlung vorzunehmen. Bereits das Sozialgericht hatte jedoch zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass der Kläger anderweitige Verbindlichkeiten laufend tilgt. Warum ihm dies nicht auch hier möglich ist, hat er auch im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Die Antragsgegnerin hatte ihm ausdrücklich Ratenzahlung angeboten.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO sowie § 197a, § 3 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Anlage 1 GKG Nr. 1812.

29

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft sozialgerichtliche Entscheidungen, mit denen ein Prozesskostenhilfegesuch mit der Begründung zurückgewiesen wurde, es bestehe für die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

I.

2

1. Der Leistungsträger hatte jeweils Rechte der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG für die Zeit von Januar 2005 bis August 2007 festgestellt. Mit ihrem Antrag vom 12. Januar 2009 begehrten sie jeweils im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X, unter Rücknahme der diesbezüglich bindend gewordenen Verwaltungsakte, die Feststellung eines Rechts auf höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit §§ 19, 82 ff. SGB XII. Dies lehnte der Verwaltungsträger ab.

3

2. Das mit der Klage verbundene Prozesskostenhilfegesuch lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 16. April 2010 ab. Die Beschwerde wies das Landessozialgericht mit Beschluss vom 29. Oktober 2010 zurück. Beide Gerichte stützten sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29. September 2009 (B 8 SO 16/08 R, NVwZ-RR 2010, S. 362), wonach zwar eine rückwirkende Korrektur bestandskräftiger rechtswidriger Leistungsablehnungen im Bereich des Sozialhilferechts grundsätzlich möglich sei. Doch sei insoweit zu berücksichtigen, dass die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage diene. Deshalb müssten derartige Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum auch nur dann erbracht werden, wenn eine solche Situation im Zeitpunkt der beanspruchten Hilfeleistung noch bestehe. Dies setze nicht nur einen punktuellen Bedarf, sondern auch die aktuelle Bedürftigkeit der Hilfesuchenden voraus. Bei den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern hätte die Bedürftigkeit nicht ununterbrochen fortbestanden. Über den letzten Tag des Leistungsbezugs hinaus bis zum Tag der Antragstellung auf Überprüfung der bestandskräftigen Verwaltungsakte hätte der Bedarf überwiegend durch Erwerbseinkommen, Arbeitslosengeld und Kindergeld gesichert werden können.

4

Die Anhörungsrüge wies das Landessozialgericht mit Beschluss vom 8. April 2011 als unbegründet zurück. Die gegenteilige Rechtsauffassung der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer habe es zur Kenntnis genommen. Es habe in der angefochtenen Entscheidung auch zum Ausdruck gebracht, dass ihr nicht gefolgt werde.

5

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

6

Sie tragen im Wesentlichen vor, das Prozesskostenhilfegesuch sei zu Unrecht abgelehnt worden. Denn die Entscheidung in der Hauptsache hänge von einer schwierigen, bislang höchstrichterlich zwar für das Gebiet des Sozialhilferechts, nicht aber für den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts abschließend geklärten Rechtsfrage ab. Die zugrunde liegende Konstellation sei zudem Gegenstand eines beim Bundessozialgericht anhängigen Revisionsverfahrens. Mit der Ablehnung ihres Antrags sei die Rechtsverfolgung unter Verstoß gegen die Rechtsschutzgleichheit in das Nebenverfahren verlagert worden. Die angefochtenen Entscheidungen ließen zudem eine Auseinandersetzung mit der von ihnen vorgetragenen Rechtsauffassung vermissen und verletzten sie daher in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Gerichte hätten sich nur damit befasst, ob Bedürftigkeit nach Ende des Bezugs von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ununterbrochen fortbestanden habe. Sie hätten jedoch die Frage aufgeworfen, ob Bedürftigkeit die ganze Zeit vorgelegen haben müsse oder lediglich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einer Tatsacheninstanz.

II.

7

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) und ihre Annahme erscheint auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie teilweise unzulässig, teilweise unbegründet ist.

8

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit mit ihr der Beschluss des Landessozialgerichts vom 8. April 2011 angegriffen wurde.

9

In diesem Umfang ist sie nicht in einer den Erfordernissen von § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG genügenden Weise begründet worden. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer gehen nicht näher auf diese Entscheidung ein. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit durch sie gegen spezifisches Verfassungsrecht verstoßen worden sein soll.

10

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde nicht begründet.

11

a) Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verletzt.

12

aa) Das Grundgesetz gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 <131>; 10, 264 <270>; 22, 83 <86>; 51, 295 <302>; 63, 380 <394>; 67, 245 <248>; 78, 104 <117 f.>; 81, 347 <356>). Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Derartige Vorkehrungen sind im Institut der Prozesskostenhilfe (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) getroffen (vgl. BVerfGE 9, 124 <131>). Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz in § 114 ZPO, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss. Die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dürfen dabei nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 81, 347 <358 f.>).

13

bb) Als Fallgruppe, bei welcher regelmäßig von einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg ausgegangen werden kann, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung solche Sachlagen herausgearbeitet, bei denen die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Danach muss Prozesskostenhilfe nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, den Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Das Hauptsacheverfahren eröffnet nämlich den Unbemittelten - wie den Gegenparteien - bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung ihrer eigenen Rechtsstandpunkte. Die vertiefte Erörterung im Hauptsacheverfahren wird nicht selten Anlass bieten, die Rechtsmeinung, die das Gericht sich zunächst bildet, zu überdenken (vgl. BVerfGE 81, 347 <358 f.>).

14

cc) Gemessen an diesen Grundsätzen ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass Sozial- und Landessozialgericht - der Sache nach - das Vorliegen einer schwierigen Rechtsfrage verneint haben.

15

Die das Sozialverwaltungsverfahren betreffende Frage, unter welchen Voraussetzungen die Rücknahme bestandskräftiger rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 44 SGB X), mit denen die Feststellung eines Rechts von Hilfebedürftigen auf (höhere) Leistungen abgelehnt worden war, und die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit möglich ist, ist zwar nur für das Sozialhilferecht höchstrichterlich geklärt (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, NVwZ-RR 2010, S. 362). Die Beantwortung dieser Frage für den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts erscheint allerdings nicht in dem erwähnten Sinne als schwierig, da diese Entscheidung des Bundessozialgerichts und die weitere Entscheidung vom 17. Juni 2008 (B 8/9b AY 1/07 R, NVwZ-RR 2009, S. 243) auch hier als Auslegungshilfen dienen.

16

Das Bundessozialgericht hat für den Bereich des Sozialhilferechts entschieden, dass eine Rücknahme bestandskräftiger rechtswidriger Verwaltungsakte, mit denen die Feststellung eines Rechts auf (höhere) Leistungen abgelehnt worden war, zwar grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, § 44 SGB X möglich sei (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, NVwZ-RR 2010, S. 362 <363> m.w.N.). Insoweit sei aber zu berücksichtigen, dass die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage diene (sog. "Gegenwärtigkeitsprinzip"). Deshalb müssten derartige Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum auch nur dann erbracht werden, wenn eine solche Situation im Zeitpunkt der beanspruchten Hilfeleistung noch bestehe. Dies setze nicht nur einen punktuellen Bedarf, sondern auch die aktuelle Bedürftigkeit der Hilfesuchenden voraus (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, NVwZ-RR 2010, S. 362 <363>). Bestünde Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII oder zwischenzeitlich des SGB II ununterbrochen fort, seien Sozialhilfeleistungen im Wege des § 44 Abs. 4 SGB X nachträglich zu erbringen (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, NVwZ-RR 2010, S. 362 <364>). Sei die Bedürftigkeit allerdings inzwischen temporär oder auf Dauer entfallen, etwa weil entsprechendes Einkommen erzielt oder Vermögen erworben worden sei, sei die Nachzahlung in der Regel abzulehnen (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, NVwZ-RR 2010, S. 362 <364>). Der effektive Rechtsschutz müsse bei der Anwendung der Zugunstenregelung des § 44 SGB X gegenüber dieser Besonderheit des Sozialhilferechts zurücktreten.

17

In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht für die Rücknahme bestandskräftiger rechtswidriger Verwaltungsakte gemäß § 44 SGB X maßgeblich darauf abgestellt, dass die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage diene. Diesen Aktualitätsgrundsatz berücksichtigt das Bundessozialgericht auch im Bereich des Asylbewerberleistungsrechts, jedenfalls soweit Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit §§ 19, 82 ff. SGB XII begehrt werden (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R -, NVwZ-RR 2009, S. 243 <248>).

18

Es ist daher im Hinblick auf die durch die bereits vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung gegebene Auslegungshilfe verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Sozial- und Landessozialgericht der Sache nach die Rechtsfrage als nicht schwierig angesehen haben. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer begehrten im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X (i.V.m. § 9 Abs. 3 AsylbLG) - unter Rücknahme der bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakte - gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit §§ 19, 82 ff. SGB XII höhere als die bereits bewilligten Leistungen.

19

Dem steht in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen, dass beim Bundessozialgericht ein Verfahren anhängig ist, das die im Ausgangsverfahren noch ungeklärte Rechtsfrage zum Gegenstand hat (B 7 AY 4/11 R). Denn die Revision wurde im Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (L 20 AY 139/10, juris) zugelassen. Hieran ist das Bundessozialgericht gebunden (§ 160 Abs. 1, Abs. 3 SGG). Anders wäre zu entscheiden, wenn das oberste Bundesgericht - auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin - die Revision selbst zugelassen hätte (§ 160a SGG). Damit hätte es selbst signalisiert, dass noch Klärungsbedarf besteht.

20

b) Weder durch die Entscheidung des Sozialgerichts noch durch den Beschluss des Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2010 wurde der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

21

Das grundrechtsgleiche Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>) und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267 <274>; 96, 205 <216 f.>).

22

Ein etwaiger Gehörsverstoß ist jedenfalls im Anhörungsrügeverfahren geheilt worden. Das Landessozialgericht hat im Beschluss vom 8. April 2011 ausgeführt, dass es die mit der Beschwerdebegründung zentral vorgetragene Rechtsauffassung nicht teile, höchstrichterlich sei nicht geklärt, ob Bedürftigkeit für einen Anspruch aus § 44 SGB X die ganze Zeit vorgelegen haben müsse oder lediglich zum Schluss der mündlichen Verhandlung. Nach seiner Auffassung müsse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Bedürftigkeit über den Leistungsbezug hinaus ununterbrochen vorgelegen haben. Folglich hat spätestens das Landessozialgericht in seiner Entscheidung vom 8. April 2011 das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen mit einbezogen.

23

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.

(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre.

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

Vollstreckungsbehörden sind:

a)
die von einer obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat bestimmten Behörden des betreffenden Verwaltungszweiges;
b)
die Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung, wenn eine Bestimmung nach Buchstabe a nicht getroffen worden ist.

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

Die Zwangsvollstreckung findet statt aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 19/07
vom
25. Oktober 2007
in der Zwangsvollstreckungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Nimmt eine Behörde die Zwangsvollstreckung aus einem Verwaltungsakt (Leistungsbescheid
) gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften der
Zivilprozessordnung vor, so gelten hierfür die §§ 704 ff. ZPO in entsprechender
Anwendung. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung erfordert die Vorlage
der mit einer Vollstreckungsklausel nach § 725 ZPO versehenen vollstreckbaren
Ausfertigung des Leistungsbescheides (§ 724 Abs. 1 ZPO analog).
BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07 - LG Frankenthal
AG Frankenthal (Pfalz)
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 5. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Rechtsbeschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:


1
I. Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner wegen rückständiger Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X. Sie hat den Gerichtsvollzieher beauftragt, dem Schuldner die eidesstattliche Versicherung abzunehmen. Dem Auftrag liegt ein dem Schuldner zugestelltes und mit einer Vollstreckungsklausel versehenes Schreiben vom 19. Juli 2006 zugrunde, das mit "Leistungsbescheid" überschrieben ist. Der Gerichtsvollzieher hat die Durchführung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei dem Schriftstück mit Datum vom 19. Juli 2006 nicht um eine Ausfer- tigung des Verwaltungsakts (Leistungsbescheids) i.S. von § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X handele.
2
Die von der Gläubigerin eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben.
3
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag weiter, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, die beantragte Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchzuführen. Der Schuldner hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
4
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme setze nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung die Vorlage einer mit einer Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Leistungsbescheids voraus. Ob diesem Erfordernis genügt sei, müsse gemäß § 900 Abs. 1 ZPO auch im Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geprüft werden. Im vorliegenden Fall fehle es an der Vorlage einer mit einer Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Leistungsbescheids. Vorzulegen sei eine ordnungsgemäße Ausfertigung des Original-Beitragsbescheids, also der Leistungsbescheid als solcher in einer den Ausfertigungsanforderungen entsprechenden Abschrift. Der "Bescheid" vom 19. Juli 2006 genüge diesen Anforderungen nicht.
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Der Arbeitgeber habe der Einzugsstelle gemäß § 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV rechtzeitig einen Beitragsnachweis einzureichen, der nach § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle gelte. Allein dieser sei zu Vollstreckungszwecken auszufertigen, mit der Klausel zu versehen und dem Schuldner zuzustellen. Einen diesen Anforderungen genügenden Leistungsbescheid habe die Gläubigerin dem Gerichtsvollzieher nicht vorgelegt.
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2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das dem Gerichtsvollzieher von der Gläubigerin zu Vollstreckungszwecken vorgelegte, mit "Leistungsbescheid" überschriebene Schriftstück mit Datum 19. Juli 2006 stellt keine ordnungsgemäße Ausfertigung des Original-Leistungsbescheids dar.
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a) Einer Behörde stehen gemäß § 66 SGB X zwei Vollstreckungsmöglichkeiten zur Verfügung: Sie kann die Vollstreckung gemäß § 66 Abs. 1 SGB X nach den jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder oder nach § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung vornehmen. Im vorliegenden Fall hat die Gläubigerin den Gerichtsvollzieher mit der Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung beauftragt.
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Entscheidet sich die Behörde, einen Verwaltungsakt in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung zu vollstrecken, so gelten für die Durchführung der Zwangsvollstreckung die §§ 704 ff. ZPO (v. Wulffen/Roos, SGB X, 5. Aufl., § 66 Rdn. 12). Als Vollstreckungstitel kommt nur der Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) selbst in Betracht. Eine abgekürzte oder auszugsweise Wiedergabe genügt nicht (v. Wulffen/Roos aaO § 66 Rdn. 17; Krasney in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Loseblattausgabe Stand 2007, § 66 SGB X Rdn. 24). Die Durchführung der Zwangsvollstreckung setzt voraus, dass die vollstreckbare Ausfertigung des Leistungsbescheids (§ 724 ZPO analog) mit einer Vollstreckungsklausel nach § 725 ZPO versehen wird. Bei der Ausfertigung muss es sich um eine richtig wiedergegebene Abschrift der Urschrift handeln , die dazu bestimmt ist, die Urschrift im Rechtsverkehr zu vertreten. Die vollstreckbare Ausfertigung ist stets eine Papierurkunde. Eine elektronische Ausfertigung nach § 317 Abs. 5 ZPO ist für die vollstreckbare Ausfertigung ungeeignet , weil § 733 ZPO vorschreibt, dass grundsätzlich nur eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen ist. Eine elektronische Ausfertigung kann dagegen (einschließlich der Signatur) beliebig oft vervielfältigt werden, ohne dass es noch möglich wäre, zwischen Original und Kopie zu unterscheiden (MünchKomm.ZPO /Wolfsteiner, 3. Aufl., § 725 Rdn. 2). Des Weiteren ist erforderlich, dass die auf der Ausfertigung des Leistungsbescheids vermerkte Vollstreckungsklausel von dem zuständigen Bediensteten unterschrieben worden ist.
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b) Diesen Anforderungen wird das dem Schuldner zugestellte, mit einer Vollstreckungsklausel versehene und mit "Leistungsbescheid" überschriebene Schriftstück vom 19. Juli 2006, auf das die Gläubigerin die beantragte Zwangsvollstreckungsmaßnahme stützen möchte, nicht gerecht. Das Beschwerdegericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der vom Arbeitgeber einzureichende Beitragsnachweis gemäß § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle gilt. Vollstreckungstitel ist demnach der vom Arbeitgeber eingereichte Beitragsnachweis. Wird der Beitragsnachweis - wie nunmehr nach dem Gesetz allein möglich (§ 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV) - in elektronischer Form eingereicht, so hat die Behörde hiervon eine Ausfertigung in Papierform herzustellen, die für die Vollstreckung mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen ist. Das von der Gläubigerin vorgelegte Schreiben mit Datum vom 19. Juli 2006 stellt keine Ausfertigung eines Beitragsnachweises dar. Es ist deshalb für die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme ungeeignet.

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III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da für die Gläubigerin im vorliegenden Verfahren nach § 2 Abs. 1 GKG i.V. mit § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X Kostenfreiheit besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2005 - IX ZB 189/02, NJW-RR 2006, 718).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
AG Frankenthal (Pfalz), Entscheidung vom 10.01.2007 - M 2866/06 -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 05.02.2007 - 1 T 16/07 -

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.