Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Okt. 2015 - 7 Sa 249/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:1014.7SA249.15.0A
bei uns veröffentlicht am14.10.2015

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az 12 Ca 2415/14 - vom 14. April 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Entlohnung der Klägerin nach dem - aus ihrer Sicht - jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrag für die chemische Industrie einschließlich der entsprechenden Eingruppierung nach der Entgeltgruppe E 09K sowie über Vergütungsrückstände.

2

Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort C-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.

3

Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 2007 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zunächst als „Sachbearbeiterin Vertrieb Innendienst in der Abteilung Customer Service – Customer Goods“ beschäftigt.

4

Sie war von August 2012 bis zum 1. September 2014 Mitglied der IG Bergbau, Chemie, Energie.

5

Der mit C. C-Stadt am 11. Mai 2007 abgeschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 6 ff. d. A.) enthält unter anderem folgende Regelung:

6

Für das Arbeitsverhältnis gelten die zwischen dem Landesverband chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. und den zuständigen Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung.

7

Ihr monatliches Bruttogehalt beträgt unter Eingruppierung in die Tarifgruppe E 09 (Anfangssatz) des für unser Unternehmen geltenden Entgelttarifvertrages der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz (z. Zt. 94 %)

8

(…)

9

Ihr Anspruch auf Urlaubsgeld, die Jahressonderzahlung, den Jahresurlaub und Ihre sonstigen Arbeitsbedingungen richten sich nach den Bestimmungen unseres Manteltarifvertrages und den für unser Unternehmen geltenden Betriebsvereinbarungen in ihren jeweils gültigen Fassungen.“

10

Auf der Vorstandssitzung des Landesverbandes Chemische Industrie Rheinland-Pfalz vom 20. März 2002 (Protokoll Bl. 310 ff. d. A.) wurde die Fortführung der Mitgliedschaft der C. Z. GmbH & Co. KG durch die C. Y. GmbH & Co. KG, als Zweigniederlassung C. C-Stadt im Verband unter neuem Namen gebilligt. Mit Wirkung zum 1. August 2012 vollzog sich sodann ein Betriebsübergang von der C. C-Stadt, Zweigniederlassung der C. Y. GmbH & Co. KG auf die Beklagte. Zugleich wurde die C. C-Stadt, Zweigniederlassung, als Zweigniederlassung der C. Y. GmbH & Co. KG aus dem Handelsregister gelöscht. Aus diesem Grund kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 31. August 2012 die Mitgliedschaft der C. C-Stadt, Zweigniederlassung und teilte dem Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. zugleich mit, dass es über ihre Verbandszugehörigkeit noch keine Entscheidung gebe.

11

Der "Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie West" vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 (im Folgenden: BETV) enthält u.a. folgende Regelungen:

12

§ 1 Räumlicher, persönlicher und fachlicher Geltungsbereich

13

Der Tarifvertrag gilt für den räumlichen, persönlichen und fachlichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für die chemische Industrie, jedoch nicht für Auszubildende.

14

§ 2 Öffnungsklausel

15

Arbeitgeber und Betriebsrat können unter Berücksichtigung der tariflichen Mindestbestimmungen ergänzend zu diesem Tarifvertrag Betriebsvereinbarungen unter Beachtung des § 76 Absatz 6 BetrVG abschließen. Bis zum In-Kraft-Treten dieses Tarifvertrages abgeschlossene andere tarifliche Bestimmungen ergänzende Betriebsvereinbarungen gelten unabhängig von dieser Öffnungsklausel weiter und können unter Beachtung des § 76 Absatz 6 BetrVG geändert werden.

16

§ 3 Allgemeine Entgeltbestimmungen

17

1. Der Bundesentgelttarifvertrag ist in Verbindung mit dem jeweils geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag Grundlage der Entgeltfestsetzung.

18

2. Die Arbeitnehmer werden entsprechend der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Entgeltgruppe eingruppiert. Für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe ist nicht die berufliche Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgebend. Die Eingruppierung richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Oberbegriffe; hierzu sind als Erläuterung die bei den Entgeltgruppen aufgeführten Richtbeispiele heranzuziehen. Passen die Oberbegriffe nicht auf eine ausgeübte Tätigkeit, so ist ein Arbeitnehmer in diejenige Entgeltgruppe einzugruppieren, die seiner Tätigkeit am nächsten kommt.

19

3. Ein- und Umgruppierungen erfolgen unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes.

20

§ 8 Aufbau der Entgeltsätze

21

[….]

22

5. Die sich aus den Ziffern 1 bis 3 ergebenden Relationen zwischen den einzelnen Tarifentgeltsätzen gelten für die Laufzeit dieses Tarifvertrages. Für Änderungen der Entgeltstruktur sind die Parteien des Bundesentgelttarifvertrages zuständig. [...]

23

§ 10 Tariföffnungsklausel

24

Zur Sicherung der Beschäftigung und/oder zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland, insbesondere auch bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten, können Arbeitgeber und Betriebsrat mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien für Unternehmen und Betriebe durch befristete Betriebsvereinbarung bis zu 10 % von den bezirklichen Tarifentgeltsätzen abweichende niedrigere Entgeltsätze unter Beachtung des § 76 Absatz 6 BetrVG vereinbaren. Diese mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien betrieblich abweichend festgelegten Entgeltsätze gelten als Tarifentgeltsätze. Sie verändern sich – soweit die Betriebsvereinbarung nichts anderes regelt – bei einer Veränderung der in den bezirklichen Entgelttarifverträgen geregelten Tarifentgelte um den gleichen Prozentsatz wie diese.

25

Durch diese Regelung wird der Entgeltaufbau nicht verändert. […]

26

Beschäftigungssichernd und wettbewerbsverbessernd sind unter anderem beschäftigungserhaltende und beschäftigungsfördernde Investitionen am Standort, die Vermeidung von Entlassungen, die Vermeidung der Verlagerung von Produktion, sonstiger Aktivitäten oder Investitionen ins Ausland oder die Vermeidung von Ausgliederungen. Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit umfasst auch ihre Wiederherstellung oder Erhaltung sowie sonstige existenzsichernde Maßnahmen für das Unternehmen oder den Betrieb.

27

[…]

28

Die Anwendung dieser Tariföffnungsklausel schließt eine Kombination mit anderen tariflichen Öffnungsklauseln nicht aus.“

29

Protokollnotizen

30

[…] 6. Hintergrund für die Einführung der Tariföffnungsklausel war der Vorschlag der Arbeitgeber zur Schaffung einer tariflichen Spartenlösung für die Chemiefaser-, kunststoffverarbeitende und kautschukverarbeitende Industrie. Die Tarifvertragsparteien gehen gemeinsam davon aus, dass deshalb insbesondere in den Unternehmen dieser Sparten die Anwendung des § 10 geprüft wird. Die Tarifvertragsparteien werden in den vorgenannten Fällen bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien vermittelnd einwirken."

31

Die Vorbemerkung des zwischen dem BAVC und der IG BCE geschlossenen "Manteltarifvertrages für die chemische Industrie" vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 16. April 2008 (im Folgendem: MTV) lautet wie folgt:

32

"Die Anmerkungen und Protokollnotizen sind von den Tarifvertragsparteien vereinbart und gelten als Bestandteil dieses Tarifvertrages1)."

33

Die Fußnote 1) hierzu lautet:

34

Arbeitgeber und Betriebsrat können unter Berücksichtigung der tariflichen Mindestbestimmungen ergänzend zu diesem Manteltarifvertrag Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG unter Beachtung des § 76 Abs. 6 BetrVG abschließen. Das gilt nicht für die §§ 1, 4, 5, 7, 8, 10, 17 und 18 dieses Tarifvertrages. […]

35

Zur Sicherung der Beschäftigung oder zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber tarifkonkurrierenden Bereichen können Arbeitgeber und Betriebsrat mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien für Unternehmen, Betriebe und Betriebsabteilungen durch befristete Betriebsvereinbarung von den bezirklichen Tarifentgeltsätzen abweichende niedrigere Entgeltsätze unter Beachtung des § 76 Abs. 6 BetrVG vereinbaren. In der Betriebsvereinbarung kann geregelt werden, dass sie nach Ablauf unbefristet weiter gilt. Tarifkonkurrierend sind solche Tarifverträge, die sich mit dem fachlichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrages der chemischen Industrie überschneiden oder unter deren Geltungsbereich das Unternehmen, der Betrieb oder die Betriebsabteilung bei einer Ausgliederung oder Umstrukturierung fallen würde.

36

Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einvernehmen darüber, dass zur Sicherung der Beschäftigung oder Verbesserung der Wettbewerbs-fähigkeit im Einzelfall abweichende tarifliche Regelungen auch in firmenbezogenen Tarifverträgen zwischen dem BAVC und der IG BCE vereinbart werden können. Soweit die tarifliche Regelung auch die bezirklichen Tarifentgeltsätze verändert, sind die firmenbezogenen Verbandstarifverträge von den regional zuständigen Arbeitgeberverbänden mit abzuschließen.“

37

Im Jahr 2013 führte die Beklagte Verhandlungen mit der IG BCE zu den künftigen tariflichen Regelungen. Die IG BCE informierte die Mitarbeiter der Beklagten durch öffentliche Aushänge der Tarifkommission der IG BCE vom 2. Juli 2013 und vom 21. August 2013 über die geplanten Einschnitte im Bereich der Personalkosten durch eine Tarifvertragslösung. Mit gemeinsamem Aushang der Geschäftsleitung der Beklagten und der Tarifkommission der IG BCE C. vom 20. Januar 2014 im Betrieb der Beklagten wurden konkrete Eckpunkte (Eingruppierungsrichtlinien, Entgeltabsenkung, Überleitungsvereinbarung) als Verhandlungsergebnis vorgestellt. Dort heißt es unter anderem: „Diese Anpassung soll insbesondere über eine Anrechnung der zukünftigen Tariferhöhungen geschehen.“

38

Am 5. Februar 2014 einigten sich die Tarifparteien des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e.V. und der IG BCE auf eine Erhöhung der Entgelte um 3,7 %. Die Tariflohnerhöhung für den Tarifbezirk Rheinland-Pfalz sollte rückwirkend zum 1. Februar 2014 erfolgen.

39

Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. einerseits und die IG BCE und die IG BCE, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland, andererseits rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 einen "firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. gemäß Fußnote 1 Abs. 3 zum Manteltarifvertrag vom 24. Juni 1992 i.d.F. vom 16. April 2008" (im Folgenden: FVTV) für die Beklagte, der bis zum 31. Dezember 2018 Geltung haben soll. Dieser sieht unter anderem vor, dass für die Beschäftigen der Beklagten ein um 9 % abgesenkter Tarif zur Anwendung kommt (vgl. § 4 Abs. 1). Zudem soll sich die Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag definierten Entgeltgruppen aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12. Mai 2014 zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten ergeben (§ 3).

40

In dem FVTV ist unter anderem Folgendes geregelt:

41

Präambel

42

Bei der C. handelt es sich um eine Tochter des C. Konzerns mit Sitz in X-Stadt, U-Land.

43

Am Standort in C-Stadt werden Kunststoffprodukte zur Verpackung, Transport oder Präsentation von Lebensmitteln hergestellt und mit ähnlichen Produkten aus Schwesterwerken in Deutschland und der EU gehandelt.

44

Auf Grund der derzeitigen Wettbewerbssituation in diesem Marktsegment und der Notwendigkeit, eine langfristige Planung und damit Anreize für Investitionen seitens des Konzerns zu ermöglichen besteht die Notwendigkeit, die Regelungen der Bundestarifverträge, die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und der IG BCE abgeschlossen wurden für die C. anzupassen.

45

Dieser firmenbezogenes Verbandstarifvertrag dient damit der Sicherung der Beschäftigung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

46

§ 1 Geltungsbereich

47

Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für die C., Standort C-Stadt und das Lager in T-Stadt und persönlich für alle an diesen Standorten tariflich beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

48

§ 2 Bundestarifverträge und Bezirksentgelttarifverträge

49

(1) Die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vereinbarten Bundestarifverträge einschließlich der Schlichtungsregelungen finden in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung, soweit nicht in den nachfolgenden Bestimmungen von diesen Tarifverträgen abgewichen wird. […]

50

(2) Die zwischen dem AGV Chemie Rheinland-Pfalz e. V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie abgeschlossenen Bezirksentgelttarifverträge finden nur insoweit Anwendung, wie in den nachfolgenden Bestimmungen von diesen Tarifverträgen nicht abgewichen wird.

51

§ 3 Eingruppierung

52

[…]

53

§ 4 Entgelthöhe

54

(1) Es wird vereinbart, dass für die Beschäftigten im Sinne des § 1 dieses firmenbezogenen Verbandstarifvertrages ein um 9 % abgesenkter Tarif zur Anwendung kommt.

55

(2) Ausgehend von diesem abgesenkten Tarif werden zukünftige, zwischen dem BAVC und der IG BCE vereinbarte Tariferhöhungen ohne Anrechnung sonstiger tariflicher Entgeltbestandteile berechnet und weitergegeben.

56

(3) Zur Regelung der Überleitung der jetzigen Entgelte auf die abgesenkten Entgelte wird ein zusätzlicher Überleitungstarifvertrag abgeschlossen.“

57

[…]

58

§ 6 Beginn und Laufzeit

59

Dieser Tarifvertrag gilt rückwirkend ab dem 15.12.2013 bis zum 31.12.2018 und kann mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekündigt werden."

60

An demselben Tag schlossen die Beklagte und die IG BCE zur weiteren Ergänzung einen "Überleitungstarifvertrag" (im Folgenden: Ü-TV) mit Wirkung zum 15. Dezember 2013. Dort heißt es auszugsweise:

61

Präambel

62

Auf Grund der derzeitigen Wettbewerbssituation und der Notwendigkeit, eine langfristige Planung und damit Anreize für Investitionen seitens des Konzerns zu ermöglichen sind die Regelungen der Bundestarifverträge, die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) abgeschlossen wurden, für die C., Standort C-Stadt und das Lager in T-Stadt mit Wirkung des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. und dem Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. sowie der IG BCE vom 12.05.2014 angepasst worden.

63

Diese Anpassung erfordert eine ergänzende Regelung, die den Übergang der individuellen Auswirkungen auf die Bedingungen des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages regelt.

64

§ 1 Geltungsbereich

65

Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für die C., Standort C-Stadt und das Lager in T-Stadt und persönlich für alle an diesen Standorten tariflich beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

66

§ 2 Überleitung der Entgelte

67

(1) Zur Überführung des bisherigen Entgeltes auf das neue Entgelt wird eine nicht tarifdynamisierte Besitzstandszulage gebildet.

68

(2) Die Besitzstandszulage setzt sich aus den Beträgen zusammen, die sich zum einen aus der neuen Entgeltgruppe gemäß § 3 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages vom 12.05.2014 i. V. m. der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014 („Abschmelzungsbetrag I“) ergibt und zum anderen aus der Absenkung des Entgelts nach § 4 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages vom 12.05.2014 („Abschmelzungsbetrag II“).

69

(3) Bei der Absenkung des Entgelts nach § 4 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages vom 12.05.2014 („Abschmelzungsbetrag II“) ist die ab dem 01.02.2014 vereinbarte Tarifsteigerung um 3,7 % bereits zu berücksichtigen, so dass aus zukünftigen Tarifsteigerungen maximal noch 5,3 % nicht zur Anwendung kommen. Bei künftigen Tariferhöhungen wird die Steigerung des Tarifentgelts gegen die Besitzstandszulage gerechnet.

70

[…]

71

§ 3 Beginn und Laufzeit

72

Dieser Tarifvertrag gilt rückwirkend ab dem 15.12.2013 und längstens bis die im Verbandstarifvertrag vereinbarte Entgeltabsenkung erreicht ist."

73

Zur Anpassung der Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der Beklagten am 30. Juni 2014 mit Wirkung zum 12. Mai 2014 eine "Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur" (im Folgenden: BV) ab.

74

Mit Schreiben vom 10. April 2014 teilte der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. der Beklagten mit, dass diese entsprechend ihrem Antrag auf Mitgliedschaft vom 11. März 2014 rückwirkend zum 1. Januar 2014 neu im Kreise ihrer Mitgliedsunternehmen aufgenommen sei.

75

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 23. Mai 2014 "Überführung in den C.-Tarifvertrag" (Bl. 9 ff. d. A.) die Arbeitnehmer, darunter die Klägerin über die Geltung des neuen firmenbezogenen Tarifvertrages. Dem Schreiben war eine vorformulierte Vertragsergänzung zur Geltung des neuen firmenbezogenen Verbandstarifvertrages beigefügt.

76

Die Klägerin erzielte zuletzt ein Tarifentgelt in Höhe von 3.710,00 €. Die seit dem 1. Februar 2014 geltende Tariflohnerhöhung von 3,7 % zahlte die Beklagte bislang nicht aus. Der firmenbezogene Tarifvertrag würde zu einer Reduzierung des Tarifentgelts um 9 % führen.

77

Die Klägerin hat mit außergerichtlichem Schreiben vom 27. Mai 2014 (Bl. 12 f. d. A.) Entgeltdifferenzen aufgrund der an sie nicht weitergegebenen Tariflohnerhöhung mit Wirkung zum 1. Februar 2014 geltend gemacht. Ihre Ansprüche verfolgte sie mit ihrer am 24. Juni 2014 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage weiter.

78

Die Klägerin war der Ansicht,
ihre Entgeltansprüche richteten sich nach den allgemeinen Tarifverträgen der chemischen Industrie und nicht nach dem FVTV und dem Ü-TV. Dies ergebe sich aus der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Die Bezugnahme knüpfe lediglich an den Tariflohn der "zwischen dem Landesverband (…) und den zuständigen Gewerkschaft geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung" an, so dass eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel vorliege. Eine Einbeziehung weiterer Normen, die lediglich im Bereich des Arbeitgebers gelten sollten, sei dieser Klausel nicht zu entnehmen. Aus dem Wortlaut gehe gerade hervor, dass eine globale Sichtweise anzunehmen sei. Es liege eine Bezugnahmeklausel vor, aus der sich für die Klägerin nicht erkennbar ergebe, dass die für den Betrieb einschlägigen kollektivrechtlichen Rechtsnormen für die im Arbeitsvertrag ausdrücklich genannte Branche insgesamt im Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung finden sollten. Es handele sich vorliegend nicht um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Etwas anderes könne auch nicht aus der Umschreibung "in der jeweils gültigen Fassung" folgen. Die Formulierung "gültigen" vollziehe sich vorliegend allein in zeitlicher Hinsicht. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB streite für sie.

79

Dabei verdränge der Bestandteil des Arbeitsvertrages gewordene und im Gesamtvergleich günstigere (Verbands-)Tarifvertrag den betreffenden Firmentarifvertrag. Das gelte selbst dann, wenn der Arbeitnehmer an den Haustarifvertrag als Gewerkschaftsmitglied gebunden sei; auch dann setze sich der Arbeitsvertrag mit der Bezugnahme zu einem günstigeren Flächentarifvertrag durch. Etwas anderes ergebe sich auch nicht etwa aus der Tariföffnungsklausel des § 10 BETV.

80

Der MTV habe keine Regelungen zu abweichenden Entgeltsätzen festlegen können, da insofern gerade ein eigener ETV existiere, der gerade entgeltliche Fragen für den im Übrigen identischen Anwendungsbereich des MTV normiere.

81

Die Klägerin hat bestritten, dass der FVTV und der Ü-TV wirksam zustande gekommen seien. Der FVTV sei weder von der Öffnungsklausel der Fußnote 1 des MTV noch von § 10 BETV gedeckt. Äußerst fraglich sei, ob die erforderliche ausdrückliche Normierung einer Tariföffnungsklausel im Tarifvertrag einer Fußnote bzw. Vormerkung entnommen werden könne. Sie hat weiter bestritten, dass der FVTV zum Zweck der Sicherung der Beschäftigung oder zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, noch dazu gegenüber tarifkonkurrierenden Bereichen, geschlossen worden sei. Der Aushang der Beklagten vom 13. Februar 2015 (Bl. 245 d. A.) bestätige ihre Bedenken. Sie hat außerdem bestritten, dass vor allem die Tarifverträge der kunststoffverarbeitenden Industrie tarifkonkurrierend im Sinn von Fn. 1 Abs. 2 S. 3 MTV seien und sich daraus für die Beklagte ein Wettbewerbsnachteil mit vergleichbaren Firmen ergebe.

82

Im Übrigen hätten die Mitarbeiter der Beklagten nicht mit einer rückwirkenden Regelung des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages rechnen müssen.

83

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

84

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag, zu vergüten;

85

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie
137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2014,
weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2014,
weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2014 sowie
weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014 zu zahlen.

86

Die Beklagte hat beantragt,

87

die Klage abzuweisen.

88

Sie war der Ansicht,
die Klägerin habe keinen Anspruch, nach der Entgeltgruppe E 09K des BETV über den 1. Juni 2014 hinaus vergütet zu werden. Sie habe sich unter anderem entschieden, die Tarifentgelte zur Sicherung der Beschäftigung und Verbesserung des Wettbewerbs abzusenken.

89

Der geschlossene FVTV habe normative Geltung zwischen den Parteien nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG. Die Geltung des FVTV ergebe sich für den Fall der fehlenden normativen Geltung des FVTV jedenfalls aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Es liege hier zwar keine Gleichstellungsabrede im Sinn der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor. Es werde aber der gleiche Zweck verfolgt, nämlich die Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit gleichzustellen. Die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages erfasst auch den FVTV. Der Wortlaut verweise auf die zwischen dem Landesverband chemische Industrie Rheinland-Pfalz und der zuständigen IG BCE geschlossenen Tarifverträge "in der jeweils gültigen Fassung" und damit auf die jeweils auf den Tarifverträgen der chemischen Industrie basierenden Tarifverträge, die für sie Gültigkeit hätten, also auf die Bundestarifverträge und firmenbezogenen Verbandstarifverträge der Chemie. Mit der Verweisung auf die Tarifverträge der einschlägigen Branche wolle der Arbeitgeber regelmäßig die sachlich und betrieblich geltenden Tarifverträge dieser Branche in Bezug nehmen und eine eventuell fehlende normative Gebundenheit des Arbeitnehmers an diese einschlägigen Tarifverträge ersetzen. Die Bezugnahmeklausel sei dynamisch formuliert. Die Verweisung könne sich auf mehrere Tarifverträge beziehen, die sich im Geltungsbereich deckten, aber unterschiedliche Regelungen aufwiesen. Dieser Fall sei durch die Kollisionsauflösungsregel zu lösen mit der Folge, dass die Bundestarifverträge und Bezirksentgelttarifverträge gemäß § 2 FVTV nur insoweit Anwendung finden würden, wie in den Bestimmungen des FVTV nicht abgewichen werde. Der FVTV und die darin getroffenen abweichenden Regelungen zu den Entgeltsätzen seien unter Mitwirkung des regional zuständigen Arbeitgeberverbands Chemie Rheinland-Pfalz e. V. wirksam zustande gekommen. Der FVTV basiere auf dem MTV und passe diesen nur unternehmensspezifisch an. Der MTV ermögliche aufgrund seiner in § 1 Fußnote 1 enthaltenen Öffnungsklausel, abweichende Entgeltsätze festzulegen.

90

Der Vorrang des spezielleren FVTV sei auch nicht aufgrund Betriebsübergangs auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB entfallen. Der FVTV sei gerade nicht durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen worden, sondern durch die Beklagte selbst bei gleichzeitiger Verhandlung mit demselben Tarifvertragspartner der Bundestarifverträge. Zudem befänden sich Rechtsvorgängerin und Beklagte im gleichen Tarifgefüge, insbesondere sei die Beklagte durch Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband Chemie normativ an den FVTV gebunden.

91

Es sei infolge der aktuellen Rechtsprechung des EuGH vom 18. Juli 2013 - C-426/11 (Alemo-Herron) - im Fall eines Betriebsübergangs vom Ende der Dynamik einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auszugehen. Sollte das Gericht daher nicht von einer Gleichstellungsabrede (Vertrauensschutz) ausgehen, so sei mit dem EuGH nach Betriebsübergang keine Dynamik mehr anzunehmen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur dynamischen Verweisung, also für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform, müsse vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils neu bewertet werden.

92

Die Absenkung des Tarifentgelts um 9 % erfasse gemäß § 4 Absatz 3 FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Ü-TV jedenfalls auch die Tarifsteigerung von 3,7 % der Bundestarifvertragsparteien zum 1. Februar 2014. Wegen der vorhergehenden eingehenden Information der Mitarbeiter durch öffentliche Aushänge bestünde kein Vertrauensschutz, so dass die rückwirkende Geltung der Tarifabsenkungs-regelungen auf den Zeitraum der Tarifsteigerung im Februar 2014 zulässig sei.

93

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage durch Urteil vom 14. April 2015 abgewiesen.

94

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die tarifvertragliche Vergütung einschließlich der Entgelterhöhung von 3,7 %, da ein derartiger Vergütungsanspruch durch die Tarifabsenkung gemäß § 4 Abs. 1 des FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Ü-TV in Höhe von 9 % rückwirkend zum 1. Februar 2014 gekürzt worden sei. Insoweit fänden die Bundestarifverträge und die Bezirksentgelttarifverträge gerade keine uneingeschränkte Anwendung, sondern kämen gemäß § 2 FVTV nur insoweit zur Anwendung wie in den Bestimmungen des FVTV hiervon nicht abgewichen werde.

95

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fänden die Regelungen des FVTV und des Ü-TV kraft normativer Wirkung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend Anwendung. Ob die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel den FVTV sowie den Ü-TV erfasse, könne mithin offen bleiben. Beide Tarifverträge ergänzten lediglich, wenn auch zum Nachteil der Arbeitnehmer, den BETV auf derselben Normenhierarchieebene (Verbandstarifvertrag). Das Verhältnis der beiden Tarifverträge zum BETV werde nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz gelöst, wobei die Verbandstarifverträge zusammen mit den firmenbezogenen Verbandstarifverträgen ein Sinnganzes darstellten. Der FVTV sei als firmenbezogener Verbandstarifvertrag in seinem Anwendungsbereich der speziellere Tarifvertrag und finde damit vorrangig auf das Arbeitsverhältnis der tarifgebundenen Parteien unmittelbar und zwingend Anwendung, § 4 Abs. 1 TVG. Die zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Bundestarifverträge fänden gemäß § 2 FVTV Anwendung, „soweit nicht in den nachfolgenden Bestimmungen von diesen Tarifverträgen abgewichen" werde. Das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG sei bei dieser Fallgestaltung nicht anwendbar. Der FVTV und demzufolge auch der Ü-TV seien wirksam zustande gekommen. Der MTV enthalte in der Fußnote 1 Abs. 2 und 3 MTV Öffnungsklauseln. Die Öffnungsklausel in der Fußnote 1 Abs. 3 des MTV-Chemie werde auch nicht durch die in § 10 BETV geregelte Öffnungsklausel als speziellere verdrängt. Sämtliche in der Fußnote 1 Abs. 3 des MTV genannten Voraussetzungen zum Abschluss eines firmenbezogenen Verbandstarifvertrages zur Entgeltabsenkung seien erfüllt. Soweit die Klägerseite bestreite, dass dieser firmenbezogene Verbandstarifvertrag der Sicherung der Beschäftigung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit diene, stehe dem bereits die Präambel des FVTV entgegen, in der die tarifvertragsschließenden Parteien die Gründe für den Abschluss dieses Tarifvertrages ausdrücklich aufgeführt hätten. Schließlich hätten auch die regional zuständigen Tarifvertragsparteien diesen Verbandstarifvertrag mitunterschrieben.

96

Die in § 4 Abs. 1 FVTV vorgesehene Absenkung des Tariflohns um 9 % habe bei der ab dem 1. Februar 2014 vereinbarten Tarifsteigerung um 3,7 % bereits berücksichtigt werden können, § 2 Abs. 3 Ü-TV. Denn diese tarifvertraglichen Regelungen gälten gemäß den Bestimmungen in § 6 FVTV und § 3 Ü-TV rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 und damit rückwirkend auf den Zeitraum vor der Tariflohnerhöhung im Februar 2014. Die rückwirkende Anwendung der Tariflohnkürzung um 3,7 % auf die entsprechende Tariflohnerhöhung ab dem 1. Februar 2014 sei als Fall der echten Rückwirkung zulässig. Für die Mitarbeiter der Beklagten bestehe kein Vertrauensschutz.

97

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 333 ff. d. A.) Bezug genommen.

98

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 7. Mai 2015 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 5. Juni 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 1. Juni 2015 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

99

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes und des Schriftsatzes vom 28. September 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 348 ff., 457 ff. d. A.), unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags zusammengefasst geltend,

100

der FVTV und der hierzu geschlossene Ü-TV seien nicht wirksam zustande gekommen. Es fehle an einer entsprechenden Ermächtigungsnorm (Öffnungs-klausel), welche die Tarifvertragsparteien entsprechend ermächtige, den FVTV nebst Ü-TV samt den in Bezug genommenen Regelungen betreffend die Vergütung und Eingruppierung der Klägerin abzuschließen. § 10 BETV sei keine taugliche Ermächtigungsnorm. Die Formulierung "in Kombination mit" in § 10 BETV erfordere, dass die grundsätzliche Regelungsbefugnis der Parteien (der Beklagten und der beteiligten Tarifvertragsparteien) bereits aus § 10 BETV folgen müsse und nurergänzend weitere Öffnungsklauseln hinzutreten dürften. Der Begriff "ergänzend" sei sonst sinnentleert. Die Öffnungsklausel in Fn. 1 zum MTV werde durch die in § 10 BETV enthaltene "Tariföffnungsklausel" als speziellere Regelung verdrängt. Sie sei keine geeignete Ermächtigungsnorm zum Abschluss des FVTV und des Ü-TV. Auch lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Öffnungsklausel in Fn. 1 zum MTV nicht vor. Diese lasse nur ergänzende Regelungen zu, sofern diese den eigentlichen Regelungsbereich des MTV beträfen ("zu diesem Manteltarifvertrag"), gelte lediglich für Sonderfälle und stelle gerade keine generelle Ermächtigung an die Tarifvertragsparteien dar. Firmenbezogene Tarifverträge hätten nur dann zulässiges Regelungsinstrument sein sollen, wenn dies im Einzelfall nicht anders, das heißt durch eine befristete Betriebsvereinbarung (vgl. Fn. 1 Abs. 1 und 2) geregelt werden könne.

101

Die Klägerin bestreitet weiter, dass insbesondere der FVTV und der Ü-TV der Sicherung der Beschäftigung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Beklagten dienten. Sie ist der Ansicht, der bloße Hinweis auf die Präambel des FVTV sei nicht ausreichend, die Beklagte sei insoweit darlegungs- und beweispflichtig.

102

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, der FVTV und Ü-TV seien nicht auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Es sei erstinstanzlich offen geblieben, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten tarifgebunden gewesen sei. Die Beklagte selbst sei zunächst nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes geworden. Bei inkongruenter Tarifbindung im Zeitpunkt des Betriebsübergangs würden die bei dem Betriebsveräußerer geltenden Tarifnormen jedoch nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Bezugnahmeklausel, durch die auf bestimmte Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung verwiesen werde. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien gerade auf den BETV hätten Bezug nehmen wollen. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB streite bezüglich des Umfangs der Bezugnahme für sie.

103

Selbst wenn die Regelungen des FVTV und des Ü-TV kraft normativer Wirkung gälten, fänden die Regelungen des BETV zumindest kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Konkurrenz von Arbeitsvertrag und Tarifvertrag sei nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips des § 4 Abs. 3 TVG zu lösen.

104

Der zu ihren Gunsten anzunehmende Vertrauensschutz stehe der Zulässigkeit einer Rückwirkung der hier in Rede stehenden tarifvertraglichen Regelungen entgegen. Sie sei davon ausgegangen, dass allein die Regelungen des BETV für sie Anwendung fänden. Die Informationen hätten sich nicht konkret an sie, sondern lediglich an die Belegschaft in ihrer Gesamtheit gerichtet. Sie habe angenommen, dass sich die von der Beklagten genannten Informationen unter Umständen an andere Beschäftigte richteten, welche eben keine mit ihrer eigenen arbeitsrechtlichen Regelung übereinstimmende Regelung hätten.

105

Die Klägerin beantragt,

106

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14. April 2015 (Az. 12 Ca 2415/14) abzuändern und

107

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juni 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag, zu vergüten,

108

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie
137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2014,
weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2014,
weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2014, sowie
weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014
zu zahlen.

109

Die Beklagte beantragt,

110

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14. April 2015 - Az. 12 Ca 2415/14 - zurückzuweisen.

111

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 13. Juli 2015 sowie des Schriftsatzes vom 9. Oktober 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 374 ff. und 461 f. d. A.), unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags als rechtlich zutreffend.

112

Sie ist der Ansicht,
eine einschlägige Ermächtigungsnorm für den Abschluss des FVTV und des Ü-TV sei in Form der Öffnungsklausel in Fn. 1 zum MTV vorhanden, die unabhängig von der gewählten Form als Fußnote wirksamer Bestandteil des MTV sei. Die Bundestarifvertragsparteien hielten mit dem FVTV ihre Normsetzungskompetenz aufrecht. § 4 Abs. 3 Var. 1 TVG lasse die Tarifvertragsparteien selbst darüber entscheiden, ob sie die Abmachung gestatteten.

113

Aufgrund der Eigenständigkeit der Öffnungsklausel "Tarifkonkurrierende Bereiche" fänden die Bestimmungen des § 10 BETV keine Anwendung.

114

Sie befinde sich seit Jahren in wirtschaftlich sehr schwerer Lage. 2012/2013 seien von ursprünglich rund 400 Mitarbeitern nahezu 200 Mitarbeiter abgebaut worden. Die Firma U. stelle nahezu die gleichen Produkte her.

115

Aufgrund der unmittelbaren und zwingenden Anwendung des FVTV bzw. des Ü-TV kraft normativer Wirkung könne gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG dahin-stehen, ob die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel die firmenbezogenen Verbandstarifverträge erfasse. Bei aktueller Tarifbindung bestehe zwischen dem normativ geltenden und demselben in Bezug genommenen Tarifwerk kein Widerspruch.

116

Es liege auch kein Verhältnis von Tarifverträgen vor, das über das Günstigkeitsprinzip zu lösen wäre. Die Anwendbarkeit von MTV und FVTV sei aufgrund ihres auf der Öffnungsklausel basierenden Verhältnisses im Wege der Tarifkonkurrenz aufzulösen.

117

Aus der aktuellen Rechtsprechung des EuGH vom 18. Juli 2013 (C-426/11 - Alemo-Herron) ergebe sich, dass die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede auch nach der Schuldrechtsreform gelten müsse. Der am 11. Juli 2007 geschlossene Arbeitsvertrag sei somit nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu beurteilen. Danach sei die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag eine Gleichstellungsabrede, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweise und die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tarifgebunden gewesen sei.

118

Aber auch dann, wenn man die Bezugnahmeklausel allein als dynamische Verweisungsklausel betrachten würde, käme man zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel ergebe im vorliegenden Fall, dass die Parteien für den Streitzeitraum den FVTV vereinbart hätten.

119

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 14. Oktober 2015 (Bl. 465 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

120

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

121

In der Sache hatte die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg.

I.

122

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für Klageantrag zu 1. gegeben. Die Anwendbarkeit eines im Klageantrag hinreichend bestimmten (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann durch eine so genannte Elementenfeststellungsklage geklärt werden (BAG, Urteil vom 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - NZA 2012, 100, 101, Rz. 15; vom 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - NZA 2009, 151, 152, Rz. 11 m. w. N.).

II.

123

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte ist weder kollektivrechtlich noch individualvertraglich verpflichtet, an die Klägerin über den 1. Juni 2014 hinaus Vergütung nach der Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag zu zahlen (Antrag zu 1.). Auch für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Zahlung der Vergütungserhöhung in Höhe von 3,7 % durch die Beklagte, so dass auch der Antrag zu 2. unbegründet ist.

1.

124

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Vergütung über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des BETV für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag besteht weder kollektivrechtlich noch aufgrund einer für die Klägerin günstigeren einzelvertraglichen Abrede.

a)

125

Die Klägerin hat keinen entsprechenden Anspruch aus dem BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz in der jeweils geltenden Fassung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG. Die jeweils aktuelle Fassung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, da die Bestimmungen des FVTV und des Ü-TV für die Zeit ab dem 1. Juni 2014 den Regelungen des BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz in der jeweils geltenden Fassung vorgehen. Der FVTV und der Ü-TV sehen gemäß § 4 Abs. 1 FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Ü-TV eine Tarifabsenkung in Höhe von 9 % rückwirkend zum 1. Februar 2014 vor.

126

(1) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften der Tarifverträge für die chemische Industrie kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit Anwendung. Die Klägerin war von August 2014 bis September 2014 Mitglied der IG BCE. Darüber hinaus bleibt die Tarifgebundenheit der Klägerin bestehen, bis der jeweilige Tarifvertrag endet, § 3 Abs. 3 TVG. Die Beklagte ist seit dem 1. Januar 2014 Mitglied des Arbeitgeberverbandes Chemie Rheinland-Pfalz.

127

(2) Der BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz findet kollektivrechtlich jedoch nur insoweit Anwendung auf das Arbeitsverhältnis als der FVTV und der Ü-TV für das Arbeitsverhältnis der Parteien keine vorgehenden Regelungen enthalten.

128

(3) Der FVTV und der Ü-TV sind in räumlicher Hinsicht auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Diese beiden Tarifverträge gelten persönlich für alle an den Standorten C-Stadt und Lager T-Stadt tariflich beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (§ 1 FVTV, § 1 Ü-TV) und damit für die am Standort C-Stadt tariflich beschäftigten Klägerin.

129

(4) Der FVTV und der Ü-TV sind wirksam zustande gekommen. Beide sind schriftlich (§ 1 Abs. 2 TVG) zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden (§ 2 Abs. 1 TVG) abgeschlossen worden. Die jeweiligen Bundesverbände konnten sich beim Vertragsabschluss durch ihre Landesverbände vertreten lassen.

130

(5) Dem wirksamen Zustandekommen dieser Tarifverträge stehen auch nicht die Regelungen des BETV entgegen.

131

(a) Grundsätzlich sind die Tarifvertragsparteien frei darin, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Tarifverträge abzuschließen und von ihnen geschlossene Tarifverträge abzuändern. Aus dem Ablösungsprinzip, nach dem die jüngere Tarifregelung der älteren vorgeht, ergibt sich, dass eine Tarifnorm stets unter dem Vorbehalt steht, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen zu werden (BAG, Urteil vom 6. Juni 2007 – 4 AZR 382/06 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 9, Rz. 18 und 20). Die Tarifvertragsparteien bedürfen keiner tariflichen Öffnungsklausel, um einen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag zu vereinbaren, der einem anderen Verbandstarifvertrag vorgehen soll (vgl. BAG, Urteil vom 19. November 2014 - 4 AZR 761/12 - BeckRS 2015, 67088, Rz. 28; ErfK/Franzen, 15. Aufl. 2015, § 4 TVG Rn.30 m. w. N.). Es ist daher unerheblich, ob der MTV eine Öffnungsklausel enthält (vgl. BAG, Urteil vom 23. März 2005 – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003, 1006). An ihre Protokollnotizen sind die Tarifvertragsparteien nicht gebunden (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 2009 - 9 AZR 146/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 18, Rz. 25). Eine Grenze bilden lediglich der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 2 GG sowie zwingendes einfach-gesetzliches Recht. Dabei gehört es insbesondere zu dem durch das Grundgesetz geschützten Kernbereich der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG), dass die Tarifvertragsparteien bis zur Grenze der Willkür in freier Selbstbestimmung festlegen, ob und für welche Berufsgruppen und Tätigkeiten sie überhaupt tarifliche Regelungen treffen oder nicht treffen wollen (vgl. BAG, Urteil vom 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – NZA 2002, 863, 865; vom 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – NZA 2001, 613, 615 zur Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrags m. w. N.). Diese Grenze haben die Tarifvertragsparteien mit dem Abschluss des FVTV und des Ü-TV nicht überschritten.

132

(b) Mit dem Abschluss des FVTV und des Ü-TV sind die Tarifvertragsparteien überdies im Rahmen der Kompetenzen geblieben, die sie sich selbst durch die Öffnungsklausel in Fußnote 1 Abs. 3 zur Vorbemerkung MTV eingeräumt haben.

133

Gemäß der Fußnote 1 Abs. 3 zur Vorbemerkung MTV besteht zwischen den Tarifvertragsparteien Einvernehmen darüber, dass zur Sicherung der Beschäftigung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit im Einzelfall abweichende tarifliche Regelungen auch in firmenbezogenen Tarifverträgen zwischen dem BAVC und der IG BCE vereinbart werden können. Dabei sind diese firmenbezogenen Tarifverträge von den regional zuständigen Arbeitgeberverbänden mit abzuschließen, soweit die tarifliche Regelung auch die bezirklichen Tarifentgeltsätze verändert.

134

Diese Klausel ist wirksamer Bestandteil des Tarifvertrags geworden. Die Tarifvertragsparteien des MTV haben in der Vormerkung zu diesem Tarifvertrag ausdrücklich klargestellt, dass (auch) die Anmerkungen und Protokollnotizen von ihnen vereinbart sind und als Bestandteil dieses Tarifvertrages gelten. Die Protokollnotiz ist auch in der erforderlichen Schriftform vereinbart worden. Eine Öffnungsklausel kann sich auch auf einen anderen Tarifvertrag beziehen. Dadurch nimmt der sich öffnende Tarifvertrag seinen Geltungsanspruch gegenüber dem anderen Tarifvertrag zurück (ErfK/Franzen, 15. Aufl. 2015, § 4 TVG Rn. 30).

135

Die Öffnungsklausel in Fußnote 1 Abs. 2 und 3 Vorbemerkung MTV wird auch nicht für den Bereich der Vergütung durch die in § 10 BETV geregelte Öffnungsklausel als speziellere Regelung verdrängt. Eine solche Verdrängung ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 10 BETV, dass „eine Kombination mit anderen tariflichen Öffnungsklauseln“ nicht ausgeschlossen ist, noch aus den verschiedenen Wirkungsmechanismen der beiden tarifvertraglichen Öffnungsklauseln. § 10 BETV regelt nicht die Zulässigkeit der Vereinbarung niedriger Entgeltsätze durch Verbandstarifvertrag, sondern den Abschluss befristeter Betriebsvereinbarungen mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien.

136

Schließlich gilt auch insoweit, dass die Tarifvertragsparteien nicht an ihre eigene Öffnungsklausel in § 10 BETV gebunden sind.

137

Die Voraussetzungen der Öffnungsklausel der Fn. 1 zur Vorbemerkung MTV sind gegeben. Insoweit haben die Tarifvertragsparteien selbst eine Einschätzungsprärogative. Diese steht den Tarifvertragsparteien zu, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme geht. Weiter steht ihnen ein Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum zu, soweit es um die inhaltliche Gestaltung der Regelungen geht (BAG, Urteil vom 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – NZA 2002, 863, 865 m. w. N.). Die Tarifvertragsparteien haben in der Präambel zum FVTV durch die Formulierung „Dieser firmenbezogene Verbandstarifvertrag dient damit der Sicherung der Beschäftigung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“ deutlich gemacht, dass sie die Voraussetzungen der Fn. 1 Vorbemerkung MTV als gegeben erachtet haben.

138

Die Beklagte, die auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig ist und Verpackungen für Lebensmittel erzeugt sowie Folien herstellt, steht in Wettbewerb mit den im Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e. V. zusammengeschlossenen Unternehmen der Kunststoffpackmittelindustrie in Deutschland, die ebenfalls Lebensmittelfolien und Kunststoffverpackungen herstellen, so insbesondere zur Firma U.. Die Tariflöhne in der kunststoffverarbeitenden Industrie liegen unter denjenigen in der chemischen Industrie. Die Beklagte befand sich in der Vergangenheit in einer schweren wirtschaftlichen Situation, die sich in einem erheblichen Stellenabbau widerspiegelte.

139

Dem Vortrag der Beklagten, der FVTV und der Ü-TV seien zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit abgeschlossen worden, stehen auch nicht die Entwicklungen im Jahr 2015, insbesondere der Aushang vom 13. Februar 2015 entgegen. Aus der wirtschaftlichen Entwicklung nach Abschluss der firmenbezogenen Verbandtarifverträge kann nicht auf die wirtschaftliche Lage bei Vertragsabschluss geschlossen werden.

140

(6) Die Bestimmungen des FVTV und des Ü-TV gehen im Rahmen ihres Geltungsbereichs den Regelungen des BETV und des für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrags vor. Dies ergibt sich aus dem Willen der Tarifvertragsparteien, der in den von ihnen abgeschlossenen Bestimmungen zum Ausdruck kommt. Im vorliegenden Fall wurden die Tarifverträge von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen. Diese legen fest, in welchem Verhältnis die von ihnen abgeschlossenen Tarifverträge stehen.

141

Insoweit ist unschädlich, dass neben den Bundesverbänden auch die regionalen Verbände den FVTV und den Ü-TV mitunterzeichnet haben.

142

Auch kommt es nicht darauf an, ob die Bundesverbände oder die regionalen Verbände die den Tarifvertragsabschlüssen vorangehenden Verhandlungen geführt oder maßgeblich beeinflusst haben. Entscheidend ist allein, ob Tarifverträge letztlich durch die Bundesverbände wirksam abgeschlossen wurden.

143

Sowohl in der Fn. 1 zur Vorbemerkung MTV als auch in der Präambel und in § 2 FVTV sowie in der Präambel des Ü-TV haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass die Bestimmungen des FVTV und des Ü-TV im Rahmen ihres Geltungsbereichs dem BETV vorgehen sollen, soweit in diesen abweichende Regelungen enthalten sind. Die Fn. 1 zur Vorbemerkung MTV sieht ausdrücklich die Vereinbarung abweichender tariflicher Regelungen vor. Dies macht nur dann Sinn, wenn die so vereinbarten Bestimmungen den übrigen tariflichen Regelungen vorgehen. In der Präambel des FVTV weisen die Tarifvertragsparteien ausdrücklich darauf hin, dass die Regelungen der Bundestarifverträge für die Beklagte angepasst werden müssen. Schließlich ist in § 2 FVTV explizit formuliert:"(1) Die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vereinbarten Bundestarifverträge einschließlich der Schlichtungsregelungen finden in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung, soweit nicht in den nachfolgenden Bestimmungen von diesen Tarifverträgen abgewichen wird. (2) Die zwischen dem AGV Chemie Rheinland-Pfalz e. V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie abgeschlossenen Bezirksentgelttarifverträge finden nur insoweit Anwendung, wie in den nachfolgenden Bestimmungen von diesen Tarifverträgen nicht abgewichen wird." In der Präambel des Ü-TV haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass die Anpassung der Regelungen der Bundestarifverträge durch den FVTV "eine ergänzende Regelung" erfordert.

144

Zudem stellen der FVTV und der Ü-TV den spezielleren Tarifvertrag dar und verdrängen auch aus diesem Grund den BETV. Firmenbezogene Verbandstarifverträge stellen gegenüber Flächentarifverträgen stets die speziellere Regelung dar. Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich aus dem Ablösungsprinzip, das im Verhältnis von zwei zeitlich aufeinanderfolgenden Normen desselben Normgebers gilt. Danach können die Tarifvertragsparteien grundsätzlich jederzeit einen von ihnen früher selbst vereinbarten Tarifvertrag abändern, einschränken oder aufheben (BAG, Urteil vom 20. Januar 2009 - 9 AZR 146/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 18, Urteil vom 6. Juni 2007 - 4 AZR 382/06 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 39, Rz. 18, jeweils m. w. N.).

145

Für die Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG ist im Verhältnis des FVTV und des Ü-TV zum BETV kein Raum. Das Günstigkeitsprinzip stellt eine Kollisionsregelung für das Verhältnis von schwächeren zu stärkeren Rechtsnormen dar. Es ist nicht anzuwenden, wenn mehrere tarifvertragliche und damit gleichrangige Regelungen zusammentreffen (BAG, Urteil vom 24. Januar 2001 – 4 AZR 655/99 – NZA 2001, 788, 790).

b)

146

Die Klägerin hat auch keinen gegenüber der kollektivrechtlichen Regelung günstigeren arbeitsvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach dem jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrag für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag (§ 4 Abs. 3 TVG). Ein solcher Anspruch der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in Verbindung mit § 613a Abs. 1 S. 1 BGB. Infolge des (letzten) Betriebsübergangs ist die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB in die arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten der Vorarbeitgeberin eingetreten.

147

Der Bezugnahmeklausel kommt rechtsbegründende Wirkung zu, auch wenn die in Bezug genommenen Tarifnormen ohnehin nach §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG zwingend und unmittelbar gelten. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (Urteil vom 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - NZA 2008, 364, 365, Rz. 13; vom 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - NZA 2003, 1207, 1209). Auch dann, wenn ein Arbeitnehmer gleichzeitig Gewerkschaftsmitglied ist, wirkt die Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf Tarifverträge stets konstitutiv (und nicht nur deklaratorisch). Dies ergibt sich bereits aus der tatsächlichen Situation des Arbeitsvertrags-schlusses und im Hinblick darauf, dass die Frage nach der Gewerkschaftszuge-hörigkeit des Bewerbers nicht zulässig ist (Däubler/Lorenz, TVG, 3. Aufl. 2012, § 3 Rn. 225). Die konstitutive Wirkung der Bezugnahmeklausel konnte auch nicht dadurch später entfallen, dass die Beklagte in den Arbeitgeberverband eingetreten ist.

148

Der am 11. Mai 2007 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrag enthält unter anderem eine Bezugnahmeregelung. Danach gelten für das Arbeitsverhältnis "die zwischen dem Landesverband chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. und den zuständigen Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung". Bei dieser handelt es sich um eine so genannte kleine dynamische Bezugnahmeregelung.

149

(a) Nach dem in § 4 Abs. 3 TVG normierten Günstigkeitsprinzip gehen ab-weichende arbeitsvertragliche Regelungen den Abmachungen eines Tarifvertrags dann vor, wenn sie für Arbeitnehmer günstiger sind. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag steht außerhalb des tarifkollisionsrechtlichen Rahmens. Die Kollision zwischen den kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden und den aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Tarifvorschriften ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) zu lösen (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 4 AZR 503/12, Rz. 41 m. w. N.). Seine insoweit anders lautende Rechtsauffassung (Urteil vom 23. März 2005 – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003) hat das Bundesarbeitsgericht zwischenzeitlich ausdrücklich wieder aufgegeben (Urteil vom 29. August 2007 – 4 AZR 767/06 – NZA 2008, 364, 366, Rz. 20). Eine Tarifkonkurrenz kann bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (BAG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 - BeckRS 2010, 73884, Rz. 24 m. w. N.). Es geht nicht um die Konkurrenz zweier Tarifverträge, sondern um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung und eines normativ wirkenden Tarifvertrags. Nach dem Günstigkeitsprinzip treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück.

150

(b) Im vorliegenden Fall ist die Klägerin durch die arbeitsvertraglichen Vereinbarung hinsichtlich der jeweiligen Vergütungserhöhungen jedoch nicht besser gestellt als durch die kollektivrechtlich geltenden Bestimmungen.

151

Im Arbeitsvertrag vom 11. Mai 2007 haben die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten (C. C-Stadt) eine zeitdynamische, so genannte kleine Bezugnahmeklausel auf die jeweils gültige Fassung der Tarifverträge, die zwischen dem Landesverband chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. und den zuständigen Gewerkschaften geschlossen worden sind, vereinbart. Der Wortlaut der Bezugnahme ist zunächst eindeutig und es bedarf vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte im Grundsatz keiner weiteren Heranziehung von Auslegungsfaktoren.

152

Eine solche unbedingte zeitdynamische Verweisung führt grundsätzlich zur Anwendung aller zeitlich nachfolgenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis. Soll die unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die jeweiligen Tarifverträge oder Tarifwerke auf die Dauer der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers begrenzt werden, muss dies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - NZA 2007, 965, 967 Rz. 29) aus dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel oder aus sonstigen bei Vertragsschluss für den anderen Teil eindeutig erkennbaren Umständen ersichtlich sein. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind. Die Bezugnahmeklausel kann bei einer etwaigen Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag grundsätzlich keine andere Wirkung haben als bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. In beiden Fällen unterliegt die in der Bezugnahmeklausel liegende Dynamik keiner auflösenden Bedingung (BAG, Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - NZA 2007, 965, 967 Rz. 26). Für nach dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge - wie den vorliegenden - hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - NZA 2007, 965; vgl. auch Urteil vom 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - NZA 2006, 607, 609 Rz. 18) seine frühere Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede ausdrücklich aufgegeben.

153

Die Bezugnahmeklausel ist keine überraschende Klausel und deshalb Vertragsbestandteil geworden (§ 305c Abs. 1 BGB). Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht überraschend ist (BAG, Urteil vom 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - NZA 2009, 154, 156, Rz. 20). Das gilt auch soweit durch die Bezugnahme Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung in Bezug genommen werden.

154

Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - NZA 2007, 965, 967 Rz. 26) finden damit auch nach dem Betriebsübergang auf die zunächst nicht tarifgebundene Beklagte weiterhin die "zwischen dem Landesverband chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. und den zuständigen Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung" Anwendung. Zu diesen "zwischen dem Landesverband chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. und den zuständigen Gewerkschaften geschlossenen" Tarifverträgen gehören auch der FVTV und der Ü-TV. Auch diese beiden firmenbezogenen Verbandstarifverträge wurden unter anderem zwischen dem Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e.V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland abgeschlossen. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel lässt nicht darauf schließen, dass etwa nur räumlich für ein ganzes Tarifgebiet geltende Tarifverträge in Bezug genommen werden sollten. Wegen des unterschiedlichen räumlichen Geltungsbereichs der Tarifverträge (beispielsweise für das Bundesgebiet geltender BETV und für den Bezirk geltender Entgelttarifvertrag) führte eine solche Auslegung auch zu keinem praktikablen Ergebnis. Hätten firmenbezogene Verbandstarifverträge von der Bezugnahmeklausel ausgenommen werden sollen, hätte es eines deutlichen Hinweises bedurft.

155

Für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ist angesichts des klaren Auslegungsergebnisses kein Raum.

156

Soweit im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 18. Juli 2013 (C-426/11 - NZA 2013, 835) in der Rechtssache Alemo-Herron vertreten wird, dass ein Betriebserwerber dynamische Klauseln nicht gegen sich gelten machen müsse, führt dies im vorliegenden Fall zu keinem anderem Ergebnis. Denn auch dann, wenn die tariflichen Regelungen nach dem Betriebsübergang nur noch statisch anzuwenden wären, hätte die Klägerin individualvertraglich keinen Anspruch auf die erst nach Betriebsübergang von den Tarifvertragsparteien des Bundearbeitgeberverbandes Chemie e. V. und der IG BCE nach Betriebsübergang (mit Wirkung zum 1. August 2012) am 5. Februar 2014 beschlossene Erhöhung der Entgelte um 3,7 % und zukünftige Lohnerhöhungen.

157

Der Klageantrag zu 1) ist daher unbegründet. Es bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung zur Frage, ob auch im Hinblick auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Alemo-Herron (weiter) davon ausgegangen werden kann, dass und unter welchen Voraussetzungen ein Betriebserwerber zur Anwendung aller zeitlich nachfolgenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis verpflichtet ist.

2.

158

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf die Zahlung von Vergütungsdifferenzen für die Monate Februar bis Mai 2014. Auch in diesem Zeitraum gehen jedenfalls die Bestimmungen des FVTV und des Ü-TV den Rege-lungen des BETV und des für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrags vor.

159

Die in § 4 Abs. 1 FVTV vorgesehenen Absenkung des Tariflohns um 9 % konnte bereits bei der ab dem 1. Februar 2014 vereinbarten Tarifsteigerung um 3,7% berücksichtigt werden.

160

§ 6 FVTV und § 3 Ü-TV sehen ihre rückwirkende Geltung ausdrücklich vor. Die Vereinbarung, dass die Tarifverträge rückwirkend die Tariflohnerhöhung zum 1. Februar 2014 erfassen, ist nicht unwirksam.

161

Aus dem Ablösungsprinzip, nach dem die jüngere Tarifregelung der älteren vorgeht, ergibt sich, dass eine Tarifnorm stets unter dem Vorbehalt steht, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen zu werden (BAG, Urteil vom 6. Juni 2007 – 4 AZR 382/06 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 39, Rz. 20; vom 23. März 2005 – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003, 1006). Ein Vertrauensschutz besteht insoweit grundsätzlich nicht. Dies gilt in gleicher Weise bei der Änderung eines Tarifvertrags durch einen anderen – spezielleren – Tarifvertrag. Soweit die Änderungen der Tarifnorm Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen, haben die Tarifvertragsparteien allerdings die Grenzen für eine Rückwirkung einzuhalten, die auch vom Gesetzgeber zu beachten sind. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen ist durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt (BAG, Urteil vom 6. Juni 2007 – 4 AZR 382/06 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 39, Rz. 20; vom 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - NZA 2007, 634). Die den Tarifvertragsparteien in Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumte Normsetzungsbefugnis umfasst die rückwirkende Inkraftsetzung von verschlechternden Bedingungen nur insoweit, als sie nicht den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzen, wie ihn das BVerfG für die Rückwirkung von Gesetzen aus Art. 20 GG ableitet. Dabei ist das Vertrauen in den Bestand des tariflichen Anspruchs unabhängig davon schutzwürdig, ob der Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gilt oder ob dessen Anwendung vertraglich vereinbart ist. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Tarifvertrag rückwirkend in einen tariflichen Anspruch eingreifen kann, ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung und nicht auf den gegebenenfalls später liegenden Zeitpunkt der Fälligkeit abzustellen. Bereits von diesem Zeitpunkt an hat der Arbeitnehmer nicht nur eine Anwartschaft, sondern einen Rechtsanspruch erworben, auf dessen Bestand er grundsätzlich vertrauen kann.

162

Die Grundlage für schützenswertes Vertrauen besteht nicht mehr, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen. Dabei hat der Wegfall des Vertrauensschutzes nicht zur Voraussetzung, dass der einzelne Tarifunterworfene positive Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr die Kenntnis der betroffenen Kreise (BAG, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - NZA 2007, 634, 636 Rz. 27; vom 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – NZA 1995, 844, 849 f.).

163

Eine gemeinsame Erklärung der Tarifvertragsparteien, eine ungekündigte tarifliche Regelung werde zu einem bestimmten Zeitpunkt einen näher beschriebenen anderen Inhalt erhalten, ist ein Beispiel dafür, dass das Vertrauen der Normunterworfenen in den Fortbestand dieser Regelung über den bekanntgegebenen Zeitpunkt ihrer Änderung hinaus nicht mehr schutzwürdig ist (BAG, Urteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – NZA 1995, 844, 849 f.). Es können aber auch andere Umstände eine rückwirkende Änderung ungekündigter kollektiver Normen ankündigen und damit das schutzwürdige Vertrauen in den unveränderten Bestand der Tarifregelung beseitigen (BAG, Urteil vom 17. Mai 2000 - 4 AZR 216/99 - NZA 2000, 1297, 1299 m. w. N.).

164

Wegen der vorangehenden, eingehenden Information der Mitarbeiter der Beklagten können sich diese wie auch die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie mussten mit einer rückwirkenden Regelung rechnen:

165

Bereits durch die Tarifinfo vom 2. Juli 2013 der Tarifkommission der IG BCE wurden die Beschäftigten darüber informiert, dass eine erste Verhandlungsrunde zu den zukünftigen tariflichen Regelungen der Beklagten stattfand, in der die Notwendigkeit diskutiert wurde, mit Blick auf die Wettbewerbssituation die Kostenbasis der Beklagten mittel- bis langfristig anzupassen. Beide Seiten der Verhandlungsrunde hätten dabei für den Bereich der Personalkosten eine verbandsbezogene Haustariflösung als sinnvollste Variante angesehen.

166

Insbesondere aber durch den gemeinsamen Aushang der Geschäftsleitung der Beklagten und der Tarifkommission der IG BCE C. vom 20. Januar 2014 wurden konkrete Eckpunkte (Eingruppierungsrichtlinien, Entgeltabsenkung, Überleitungsvereinbarung) als Verhandlungsergebnis vorgestellt. So hieß es in diesem Aushang ausdrücklich: „Diese Anpassung soll insbesondere über eine Anrechnung der zukünftigen Tariflohnerhöhungen geschehen.“ Diese Hinweise sind hinreichend konkret. Es ist weder erforderlich, dass über eine bereits getroffene Entscheidung zu den beabsichtigten Eingriffen informiert wird, noch, dass konkrete Angaben über das Ausmaß der beabsichtigten Eingriffe gemacht werden. Anderenfalls würden die Gestaltungsmöglichkeiten der Tarifvertragsparteien unangemessen eingeschränkt.

167

Die Hinweise mussten nicht an die Klägerin persönlich gerichtet sein. Sie stammten von der Beklagten und der Tarifkommission selbst, also aus einer verlässlichen Quelle. Die Tarifinfo ist von dem General Manager C. T.S. sowie dem Vorsitzenden der IG BCE Tarifkommission C. R.Q. veröffentlicht worden, deren Namen unter der Tarifinfo angegeben sind. Die Beschäftigten mussten die Informationen so verstehen, dass Tarifverhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag mit den genannten Regelungsgegenständen geführt werden. Dies ergibt sich insbesondere aus dem ersten Absatz dieser Tarifinfo, wonach sich die IG BCE Tarifkommission C. "heute in konstruktiven Gesprächen mit den Arbeitgebern auf folgende Eckpunkte geeinigt" hat.

III.

168

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

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(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet wer

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(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. August 2009 - 7 Sa 1674/08 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 7. Oktober 2008 - 10 Ca 130/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der nicht tarifgebundene Kläger ist seit dem 26. August 1980 als Arbeitnehmer bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 3. September 1980, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost geschlossen wurde, heißt es ua.:

        

„Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien als vereinbart.“

3

Bereits im Jahr 1990 entstanden im Zuge der sog. Postreform I aus der Deutschen Bundespost die einzelnen Geschäftsbereiche - sog. öffentliche Unternehmen - Postdienst, Postbank und Fernmeldedienst, die nach wie vor (Teil-)Sondervermögen des Bundes bildeten. Der Kläger verblieb im Geschäftsbereich Deutsche Bundespost - Fernmeldedienst (ab 1992 Deutsche Bundespost - Telekom). Die Geschäftsbereiche wurden bei der sog. Postreform II durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem der Kläger tätig gewesen war, entstand nach § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich PostUmwG die Deutsche Telekom AG(nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 1. Januar 1995 gemäß § 21 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2353 - Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen „Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost“ (nachfolgend TVArb) für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und auch noch nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Im Jahre 2007 gründete die DT AG drei Telekom Service Gesellschaften, darunter die Beklagte. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge Betriebsübergangs mit dem 25. Juni 2007 auf diese über. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers stets die jeweiligen für ihn einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost und später die der DT AG angewendet. Die Beklagte schloss ebenfalls am 25. Juni 2007 mit der Gewerkschaft ver.di Haustarifverträge ab, darunter den Manteltarifvertrag (MTV DTTS) und den Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV DTTS), die von den Tarifverträgen der DT AG ua. bei der Arbeitszeit und beim Entgelt Abweichungen enthalten. Mit Schreiben vom 9. Januar 2008 hat der Kläger erfolglos Ansprüche nach den vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträgen geltend gemacht.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger ua. die Feststellung, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsbestand vom 24. Juni 2007 anzuwenden sind. Er ist der Auffassung, ein solcher Feststellungsantrag sei zulässig, da mit ihm die Anwendbarkeit der Tarifverträge der DT AG auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis geklärt werde. Die Hilfsanträge seien für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrages gestellt. Bei der arbeitsvertraglichen Regelung handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel, die das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG zur Anwendung bringe. Da die DT AG kraft Gesetzes Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost - Telekom sei, würden die von ihr seit 1995 geschlossenen neuen Tarifverträge ohne weiteres von der Bezugnahmeklausel erfasst. Die mit der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge hätten die mit der DT AG vereinbarten hingegen nicht im Wege einer Tarifsukzession ersetzt.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

I.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, anzuwenden sind,

        

II.     

hilfsweise

        

1.    

Es wird festgestellt, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers über den 1. Juli 2007 hinaus weiterhin 34 Stunden gem. den tariflichen Bestimmungen der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, beträgt.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Juli 2007 ein monatliches Entgelt nach Lohngruppe T 6 GrST 4 nach dem Entgelttarifvertrag der Deutschen Telekom AG, Stand Juni 2007, in Höhe von 3.444,00 Euro brutto sowie eine monatliche vermögenswirksame Leistung in Höhe von 6,65 Euro zu zahlen.

        

3.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG der Samstag kein Regelarbeitstag ist.

        

4.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG der Heiligabend (24.12.), Silvester (31.12.) sowie der Samstag vor Ostersonntag und Pfingstsonntag keine regulären Arbeitstage sind.

        

5.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG Samstag und Sonntag zusammenhängende reguläre freie Arbeitstage pro Woche sind.

        

6.    

Es wird festgestellt, dass entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG es keinen so genannten optimierten Dienstantritt gibt.

        

7.    

Es wird festgestellt, dass der Kläger entsprechend den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen dem Kläger und der Deutschen Telekom AG gem. § 26 des Manteltarifvertrages iVm. § 7 des Tarifvertrages über Sonderregelungen besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer bei der Deutschen Telekom AG, Tarifstand 24. Juni 2007, besitzt.

8

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Der Antrag sei nicht geeignet, den Streit zwischen den Parteien abschließend zu klären. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch die bei ihr geltenden Haustarifverträge ersetzt worden. Die vertragliche Verweisung sei zwar zunächst als eine sog. kleine dynamische Bezugnahmeklausel vereinbart worden. Ab dem 1. Juli 2001 habe jedoch eine Regelungslücke bestanden, weil die Tarifverträge vom Wortlaut nicht erfasst seien. Aus der zeitdynamischen Bezugnahme des Tarifwerks der Deutschen Bundespost ergebe sich der Parteiwille, auch die Tarifverträge der DT AG und die ihrer Nachfolgeeinheiten in Bezug zu nehmen. Die Vertragspraxis der Parteien zeige auch deren Willen, die jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. Zudem habe mit der Gewerkschaft ver.di stets diejenige Gewerkschaft gehandelt, die - früher noch als Deutsche Postgewerkschaft - den TV Arb und die Nachfolgetarifverträge geschlossen habe. Es handele sich um eine unternehmensübergreifende und konzernbezogene Tarifeinigung mit Ablösungswillen. Diese Tarifsukzession setze sich mit der Aufgliederung in immer kleinere Konzerngesellschaften fort. Es sei Sinn und Zweck der Gleichstellungsabrede, gleiche Arbeitsbedingungen in dem jeweiligen Konzernunternehmen der DT AG sicherzustellen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 1. zu Unrecht abgewiesen. Der Antrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet. Der Kläger kann die Anwendung der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel verlangen.

12

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig.

13

1. Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, dem 25. Juni 2007, festgestellt wissen will. Das ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers. Der Kläger hat bereits mit seinem Geltendmachungsschreiben die Anwendbarkeit der vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträge mit dem Regelungsbestand, der bei Ablauf des 24. Juni 2007 bestand, angemahnt. Dieses Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

14

2. Der derart klargestellte Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig. Damit fallen die Hilfsanträge nicht zur Entscheidung an.

15

Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Begehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Leistungspflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag vom 3. September 1980 ergeben, geklärt werden. Dass die Beklagte einer gerichtlichen Feststellung nicht Folge leisten will, trägt sie selbst nicht vor. Für ein solches zukünftiges Verhalten fehlt es auch an Anhaltspunkten. Aufgrund der Befriedungsfunktion eines Feststellungsurteils ist der Kläger entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben (BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224; 9. Mai 2007 - 4 AZR 319/06 - Rn. 15, AP BGB § 305c Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 12). Entgegen der Auffassung der Beklagten bleibt auch etwa nicht ungeklärt, welche Ausschlussfristen zu beachten sind. Die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge gelten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis des tarifungebundenen Klägers.

16

II. Der Feststellungsantrag zu 1. ist begründet. Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte allerdings nicht die von ihr geschlossenen Haustarifverträge, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge verweist.

17

1. Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass es sich bei der Bezugnahmeregelung in dem 1980 geschlossenen Arbeitsvertrag um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt.

18

a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur BAG 21. August 2002 - 4 AZR 263/01 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 102, 275; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40 ). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ( st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

19

b) Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Jahre 1980 vereinbart worden ist, kommt bei dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

20

2. Nach dem Arbeitsvertrag sind für das Arbeitsverhältnis die Anwendung der „Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost … in ihrer jeweiligen Fassung“ vereinbart. Diese Abrede enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV Arb und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost erfasst.

21

a) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Bezugnahmeklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

22

b) Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Arb einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

23

aa) Im Arbeitsvertrag knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den Bereich der damaligen Deutschen Bundespost im Arbeiterbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus und dem entsprach auch die arbeitsvertragliche Praxis. Damit wollte die Deutsche Bundespost in ihren Betrieben das für sie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung auch in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nachvollziehen.

24

bb) Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die den TV Arb und seine Zusatztarifverträge ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Arb und der ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und wurden zudem nicht von der Deutschen Bundespost, sondern von einem der drei Nachfolgeunternehmen, der DT AG, geschlossen. Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Arb, nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (s. auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; jeweils zum BAT). Ob die von der DT AG und der DPG seit Beginn des Jahres 1995 geschlossenen Tarifverträge, die den TV Arb und die Zusatztarifverträge für den Bereich der DT AG - teilweise unter Beibehaltung der Bezeichnung „TV Arb“ - änderten und ergänzten, noch ohne weiteres von der Bezugnahmeregelung erfasst waren, obwohl sie auf Arbeitgeberseite von der DT AG und nicht von der Deutschen Bundespost geschlossen worden waren, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden.

25

3. Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge mit dem Regelungsstand vom 24. Juni 2007 ergibt sich jedenfalls aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel in Form einer sog. Gleichstellungsabrede. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Arb und der ihn ergänzenden Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

26

a) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

27

aa) Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und die Annahme der fehlenden Regelungsbedürftigkeit sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine diesem einvernehmlichen Regelungsplan angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - aaO).

28

bb) Danach ist die Bezugnahme im Arbeitsvertrag lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im Bereich der Deutschen Bundespost auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

29

Die Parteien haben allerdings, wie sie übereinstimmend vorgetragen haben, bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht, dass die Deutsche Bundespost privatisiert und im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf drei rechtlich selbständige Aktiengesellschaften übergeht und infolgedessen der TV Arb durch die Deutsche Bundespost nicht mehr fortgeführt werden könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung im Arbeitsvertrag fehlt. Durch die fast vollständige Ersetzung des tariflichen Regelungswerks für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Bereich der DT AG zum 1. Juli 2001 durch das neue Tarifwerk im Rahmen des NBBS war der bestehende Vertrag spätestens seit dem 1. Juli 2001 lückenhaft geworden.

30

Ob die DT AG als einer der drei Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 1 PostPersG in die von dieser geschlossenen Tarifverträge tatsächlich im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist, wie es der Kläger meint, und was im Ergebnis zu einer „Verdreifachung“ des bestehenden Tarifwerks auf drei Rechtsnachfolger geführt hätte, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Denn jedenfalls die Tarifverträge, die im Rahmen des NBBS geschlossen wurden, werden von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst (unter II 2 b bb).

31

b) Eine nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien die für den Kläger einschlägigen Tarifverträge der DT AG vereinbart hätten. Ob der Kläger und die DT AG durch ihre Vertragspraxis nach dem 1. Juli 2001 bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses konkludent die Bezugnahmeklausel dahingehend abgeändert haben, es sollen die Tarifverträge der DT AG zur Anwendung kommen, muss, auch wenn vieles hierfür spricht, daher nicht abschließend entschieden werden (dazu etwa BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73), da sich deren Anwendbarkeit jedenfalls infolge einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

32

aa) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - aaO; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

33

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des Wegfalls der ursprünglichen Tarifvertragspartei Deutsche Bundespost auf Arbeitgeberseite infolge der Postreform II und der damit verbundenen partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG sowie der sich nachfolgend vollziehenden Ablösung der Tarifverträge der Deutschen Bundespost durch das tarifliche Regelungswerk der DT AG dessen arbeitsvertragliche Bezugnahme vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen nach dem TV Arb und den weiteren Tarifverträgen für die Arbeiter, sei es in dem Regelungsbestand zum Jahreswechsel 1995 oder zum 1. Juli 2001, nicht ihren Interessen entsprach.

34

Zwar handelt es sich bei der Ersetzung des TV Arb durch das Tarifwerk der DT AG nicht um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie es etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge der Fall gewesen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286). Das würde nicht berücksichtigen, dass es nicht nur zu einer Ablösung des TV Arb sowie der ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge gekommen ist, sondern auch zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auf die ursprüngliche Tarifvertragspartei „Deutsche Bundespost“, die im weiteren Verlauf drei voneinander differierende Tarifvertragswerke in den Unternehmen DT AG, Deutsche Post AG und Deutsche Postbank AG hervorgebracht hat.

35

Jedenfalls für den Kläger, der seit Beginn seiner Tätigkeit stets als Fernmeldehandwerker in dem Unternehmensbereich tätig gewesen ist, der später den Geschäftsbereich Fernmeldedienst und nachfolgend Telekom bildete und anschließend auf die DT AG übergegangen ist, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien in diesem speziellen Fall einer Gesamtrechtsnachfolge auf drei Nachfolgeunternehmen unter Wegfall der ursprünglichen Tarifvertragspartei von den dann bestehenden Nachfolgeregelungen diejenigen Tarifbestimmungen in Bezug genommen hätten, die dem Tätigkeitsbereich des Klägers entsprechen. Dies sind die Tarifverträge der DT AG. Dem entspricht auch die Vertragspraxis der damaligen Arbeitsvertragsparteien - des Klägers und der DT AG -, die bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 stets dieses Tarifwerk angewendet haben.

36

4. Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Die so begründeten, aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten wurden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin(vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19, NZA 2011, 356; 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120), und zwar, weil es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt (oben II 1 a), mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 24. Juni 2007. Die Bezugnahme erstreckt sich dagegen nicht auf die von der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

37

a) Die Bezugnahmeklausel erfasst nicht die bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge. Besondere Umstände, die eine erweiternde Auslegung der Bezugnahmeklausel ermöglichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für eine weitere ergänzende Vertragsauslegung fehlt es an der erforderlichen Vertragslücke. Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Charakter der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede.

38

aa) Die Bezugnahmeklausel erfasst nach ihrem Inhalt nicht die bei der Beklagten geschlossenen Tarifverträge.

39

(1) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel oder zumindest eine Bezugnahme vereinbart worden ist, die die jeweiligen Tarifverträge von einzelnen Konzernunternehmen der DT AG erfasst. Das gilt auch für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestehende Bezugnahmeregelung. Es bestehen selbst unter Berücksichtigung der Vertragspraxis bei der DT AG bis zum Betriebsübergang im Jahre 2007 keine Anhaltspunkte dafür, es sollten über die von der DT AG selbst geschlossenen Tarifregelungen weitere Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien erfasst werden. Anhaltspunkte, die ursprüngliche Bezugnahmeklausel sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Das gilt auch für ihren Inhalt aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung.

40

(2) Auch für die von der Beklagten in Anspruch genommene Auslegung dahingehend, jedenfalls innerhalb einzelner Konzernunternehmen sollten im Falle von Unternehmensabspaltungen oder Neugründungen von Tochterunternehmen mit nachfolgenden (Teil-)Betriebsübergängen die dort jeweils einschlägigen Tarifverträge angewendet werden, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in der folgenden Vertragspraxis einen hinreichenden Anhaltspunkt. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, es solle die Tarifentwicklung nicht nur bei der DT AG, sondern auch bei von ihr gegründeten Tochterunternehmen jeweils nachvollzogen werden, selbst wenn die DT AG und die von ihr geschlossenen und arbeitsvertraglich - mit - in Bezug genommenen Tarifverträge weiterhin bestehen und als solche auch weiterentwickelt werden.

41

(3) Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge kann dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht im Wege einer - weiteren - ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden. Weder liegt ein Fall der Tarifsukzession vor, wie die Beklagte meint, noch besteht eine Vertragslücke.

42

Eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages, wie sie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes durch die weitgehende Ersetzung des BAT durch die Nachfolgetarifverträge geschehen ist (dazu ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286), ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bestehen die Tarifverträge bei der DT AG nach wie vor fort. Deshalb fehlt es auch an einer Vertragslücke, weil das Bezugnahmeobjekt - anders als der TV Arb und die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge spätestens zum 1. Juli 2001 - nicht weggefallen ist.

43

(4) Ebenso wenig hat ein „abgestimmtes Verhalten“ von Tarifvertragsparteien Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Ihr eventueller Gestaltungswille als nicht am Arbeitsvertrag Beteiligte ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ohne Bedeutung (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allein der Umstand, dass die DT AG vor dem Betriebsübergang Spartentarifverträge hätte schließen können, die dann von der Bezugnahmeklausel hätten erfasst sein können, führt nicht dazu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nun - da dies nicht geschehen ist - entsprechend korrigierend auszulegen wäre. Der DT AG wäre es - eine Einigung mit der vertragsschließenden Gewerkschaft vorausgesetzt - zwar unbenommen gewesen, Spartentarifverträge für ihr Unternehmen abzuschließen. Aber selbst dann würde die Bezugnahmeklausel im Falle eines nachfolgenden Betriebsübergangs nur die von der DT AG geschlossenen Tarifverträge erfassen, nicht aber nachfolgende Tarifverträge der Beklagten, die diese inhaltlich fortsetzen.

44

bb) Dafür, dass die Bezugnahmeklausel über ihren Wortlaut hinaus auch einen Wechsel auf die jeweils einschlägigen Tarifverträge in Konzernunternehmen der DT AG mit erfassen soll, spricht nichts.

45

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 165; 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34; 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 103, 9).

46

(2) Ein derartiges am Wortlaut der Bezugnahmeklausel orientiertes Auslegungsergebnis gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien vertraglich die Anwendung eines beim Arbeitgeber geltenden Haustarifvertrages vereinbaren und diesen in der Klausel namentlich bezeichnen. In Bezug genommen ist dann nur der genannte Tarifvertrag oder das betreffende Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung und - was durch Auslegung der Klausel zu ermitteln ist - die ergänzenden, ändernden und ggf. ersetzenden Tarifverträge.

47

Auch hier haben die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels, etwa weil wie hier ein anderer Arbeitgeber an einen anderen abgeschlossenen Tarifvertrag gebunden ist, ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Bezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien für den Fall einer durch einen Betriebsübergang geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers an einen anderen Tarifvertrag erreichen, dass durch eine vertragliche Bezugnahme das im neuen Unternehmen geltende Tarifrecht zur Anwendung kommt, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 165). Solcher Tarifwechselklauseln hat sich die Beklagte im Übrigen auch in den später von ihr geschlossenen Arbeitsverträgen nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers bedient.

48

Das Argument der Beklagten, die vertragliche Bezugnahme sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich lediglich um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs innerhalb derselben Branche handelt, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Hierfür ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert oder das Arbeitsverhältnis infolge eines Betriebsübergangs auf einen anders tarifgebundenen Arbeitgeber übergeht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob ein solcher Vorgang mit einem Branchenwechsel einhergeht (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27, BAGE 130, 286; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 23, BAGE 128, 165).

49

(3) Die Beklagte kann sich schließlich nicht erfolgreich auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) stützen. Die damalige Entscheidung betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte, und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers korrigierend dahingehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die damalige Klägerin angehört hatte. Soweit der Senat in der wiedergegebenen Rechtsprechung angenommen hat, in solchen Fallgestaltungen sei eine korrigierende Auslegung über den eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel hinaus möglich, hat er diese kritisierte Rechtsprechung (s. nur Buchner Anm. EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) ausdrücklich aufgegeben (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 73, BAGE 130, 286; im Anschluss an 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 24 f., BAGE 128, 165; relativierend bereits 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296 ).

50

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Umstand, dass die Verweisung im Arbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Das lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten, die die Beklagte anführt.

51

(1) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur um die vertragsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers, ihn also lediglich vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerks so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden. Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Bezugnahme ergebende Dynamik der einzelvertraglich anwendbaren Tarifverträge auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden; ein derartiger Regelungswille muss aber im Vertragswortlaut erkennbar zum Ausdruck kommen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 31, NZA 2011, 356). Das ist vorliegend nicht der Fall.

52

(2) In seinem Urteil vom 29. August 2007 hat der Senat im Einzelnen begründet, warum im Verhältnis zwischen einer vertraglich vereinbarten Tarifgeltung und einem normativ geltenden Tarifvertrag im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsebenen entgegen der Auffassung der Beklagten eine entsprechende Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht kommt(-  4 AZR 767/06  - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 34 zu den hierzu in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

53

Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB regeln ausschließlich den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne weiteres auf den Erwerber übergehen (s. nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 23, NZA 2011, 356).

54

(3) Der weitere Einwand der Beklagten, dem Arbeitgeber werde bei einem Vertragsverständnis, das nicht zu einer Einbeziehung des bei ihm geltenden Tarifrechts führe, kein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem er in Ausübung seines Grundrechts des Art. 9 Abs. 3 GG „konstitutive einzelvertragliche Ansprüche jedenfalls ihrer ebenfalls tarifgebundenen Arbeitnehmer ändern … könnte“, weshalb es zu einem Verstoß gegen das Koalitionsgrundrecht komme, geht bereits im Ansatz fehl. Die Beklagte übersieht die unterschiedlichen Regelungsebenen tarifvertraglicher und individualvertraglicher Vereinbarungen.

55

Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, NZA 2011, 920). Ebenso wenig kann ein Tarifvertrag bestehende individualvertraglich vereinbarte Rechte abändern oder verkürzen (s. nur BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399: Anrechnungsklausel). Von daher ist schon im Ansatz eine Verletzung des Koalitionsgrundrechts im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie ausgeschlossen. Das Recht, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Tarifgebundenen zu vereinbaren - § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG - bleibt der Beklagten unbenommen. Ebenso unbeeinträchtigt davon bleiben allerdings auch die einzelvertraglich vereinbarten günstigeren Regelungen, die im Wege des Sachgruppenvergleichs (st. Rspr., etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 60 mwN, BAGE 131, 176) zu ermitteln sind.

56

dd) Dem vorliegenden Ergebnis steht auch nicht die „Rechtsfolgenbetrachtung“ der Beklagten entgegen, wonach es im Falle von zwei aufeinanderfolgenden Betriebsübergängen zu einer nicht mehr auflösbaren Kollision des nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Rechts kommen soll. Es könne dann nicht mehr geklärt werden, in welchem Verhältnis einzelvertraglich vereinbarte Regelungen und vormalige tariflich geltende Regelungen, die nun transformiert worden seien, zueinander stünden. Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen nicht dergestalt Inhalt der individualvertraglichen Abrede werden, wie dies bei der vertraglichen Bezugnahme von Tarifverträgen der Fall ist; sie behalten vielmehr ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei (ausf. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich entgegen ihrer Auffassung ohne weiteres möglich und geboten, wenn es zu einem zweiten Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber kommt (dazu BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 30, aaO).

57

b) Eine korrigierende Auslegung im Sinne der Beklagten ist schließlich nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.

58

aa) Die Beklagte verkennt, dass sich der in den Entscheidungen des Senats zur Gleichstellungsabrede gewährte Vertrauensschutz nicht darauf bezieht, ob eine Klausel als Tarifwechselklausel auszulegen ist oder nicht.

59

(1) Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach der früheren Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 f., BAGE 124, 34; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 27, BAGE 122, 74). Nur insoweit wendet der Senat die frühere Rechtsprechung auf „Altverträge“, also vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge an und gewährt in diesem Rahmen Vertrauensschutz (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49, BAGE 132, 10; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

60

(2) Demgegenüber hat der Senat für die Annahme einer Tarifwechselklausel stets besondere und von der Annahme einer Gleichstellungsabrede unabhängige Voraussetzungen für notwendig erachtet (s. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 95, 296; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - zu I 1 b aa und bb aaa der Gründe, BAGE 103, 141).

61

bb) Die Beklagte kann sich schließlich nicht deshalb auf Vertrauensschutz berufen, weil das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (11. August 2004 - 2 Sa 475/03 -) ihre Rechtsauffassung geteilt hat.

62

Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine höchstrichterliche Rechtsprechung setzt voraus, dass die betroffene Partei in die Fortgeltung einer bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte. Selbst eine einzelne höchstgerichtliche Entscheidung reicht nicht aus, die Gewährung von Vertrauensschutz zu begründen. Für die vorliegende Fallgestaltung gibt es keine die Vertragsauslegung der Beklagten stützende höchstrichterliche Rechtsprechung, weshalb ein Vertrauensschutz schon deshalb ausscheidet (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 31 f., AuR 2008, 181).

63

III. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revsion nach § 91 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.

(2) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben.

(3) Spitzenorganisationen können selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluß von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 haften sowohl die Spitzenorganisationen wie die ihnen angeschlossenen Verbände für die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen der Tarifvertragsparteien.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2012 - 12 Sa 497/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags auf das zwischen ihnen bis zum 31. März 2013 bestandene Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 2008 bei der Beklagten - der Condor Berlin GmbH -, einem Luftfahrtunternehmen, als Flugzeugführer beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

2.    

Rechte und Pflichten

        

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den jeweils bei Condor Berlin geltenden Tarifverträgen und Tarifvereinbarungen für die nach dem 28.03.2008 eingestellten Mitarbeiter des Cockpitpersonals, sowie den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Vereinbarungen.

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden vollinhaltlich der Manteltarifvertrag Nr. 1a airberlin und der Vergütungstarifvertrag Nr. 1a airberlin entsprechende Anwendung bis zu dem Zeitpunkt, ab dem gemäß Vereinbarung vom 28.03.2008 ein neuer Manteltarifvertrag und Vergütungstarifvertrag zwischen Condor und der Vereinigung Cockpit zustande kommt.“

3

Die Beklagte ist Mitglied in der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. (AVH). Der Kläger trat am 1. November 2008 in die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit e.V. (VC) ein.

4

Die AVH und die VC schlossen bereits am 1. Januar 2005 den „Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin (gültig ab 01.01.2005)“ (MTV Nr. 1) sowie am 29. November 2005 den „Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit“ (TV Übergangsversorgung).

5

Der TV Übergangsversorgung bestimmt zum Geltungsbereich in § 1:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt:

        

a)    

räumlich: für die Bundesrepublik Deutschland;

        

b)    

persönlich: für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal der CFG und der CiB in seiner jeweils gültigen Fassung fallen, mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von § 1 Absatz 2 MTV.“

6

§ 1 Abs. 1 MTV Nr. 1 sieht zum Geltungsbereich vor:

        

„Der Tarifvertrag gilt für die in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Condor Flugdienst GmbH (CFG) und der Condor Berlin GmbH (CIB) - im folgenden Mitarbeiter genannt.“

7

Im Hinblick auf eine geplante Übernahme der Beklagten und der Condor Flugdienst GmbH (CFG) durch die Air Berlin PLC (airberlin) und Thomas Cook fanden Tarifverhandlungen zwischen der VC einerseits und ua. der Beklagten, der CFG, der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG, der LTU Lufttransport-Unternehmen GmbH (LTU) sowie der dba Luftfahrtgesellschaft mbH (dba) andererseits statt. Diese führten am 28. März 2008 zu einer „Gemeinsamen Vereinbarung“, die ua. von der Beklagten und der VC unterzeichnet wurden.

8

In einem „Sideletter zur gemeinsamen Vereinbarung vom 28.03.2008 betreffend Condor/Condor Berlin“ (Sideletter) vom gleichen Tag heißt es ua.:

        

„1.     

Die Tarifpartner stimmen darin überein, dass angesichts des fest vereinbarten Verkaufs der Condor-Anteile durch Lufthansa die Condor zukünftig eine eigene Tarifkommission haben wird, welche aus Cockpitmitarbeitern besteht, die nach dieser Vereinbarung eingestellt werden.

        

2.    

Die Tarifpartner sind sich darüber einig, dass die gemeinsame Vereinbarung airberlin, dba und LTU vom 28.03.2008 entsprechende Geltung auch für die Condor/Condor Berlin entfaltet und das bestehende Tarifwerk der Condor/Condor Berlin für alle ab dem 28.03.2008 eingestellten Piloten ablöst.

                 

Dies bedeutet insbesondere, dass die mit diesem Ergebnis gefundenen Regelungen zu VTV und Bereederung (gemäß der gemeinsamen Vereinbarung vom 28.03.2008), sowie die Regelungen des VTV Nr. 1a airberlin sowie der MTV Nr. 1a airberlin auf alle Neueinstellungen, Förderungen und Wechsel der Condor/Condor Berlin in der airberlin-Gruppe entsprechende Anwendung finden und als eigenständige Tarifverträge gleichlautend abgeschlossen sind.

                 

Diese Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Kartellamts zum Zusammenschluss airberlin und Condor/Condor Berlin.

        

3.    

Ab dem 28.03.2008 finden angesichts der ausstehenden Entscheidung des Kartellamts zum Zusammenschluss von airberlin und Condor/Condor Berlin auf neueingestellte Mitarbeiter vorläufig die VTV- und MTV-Konditionen der airberlin in der Fassung der Vereinbarung vom 28.03.2008 entsprechend Anwendung.

                 

Die Tarifpartner sind sich darin einig, dass in dem Fall einer Nichterteilung der Kartellamtszustimmung unverzüglich die Verhandlungen durchgeführt werden, die die Regelung des vorstehenden Satzes ersetzen sollen.“

9

Airberlin und Thomas Cook zogen zu einem späteren Zeitpunkt ihren Antrag auf Zustimmung zum Zusammenschluss von airberlin und der Beklagten sowie der CFG beim Kartellamt zurück. Nachfolgend schlossen die Beklagte und die CFG sowie die VC am 28. August 2008 einen Tarifvertrag (TV Gemeinsame Vereinbarung), der mit dem Sideletter bis auf den nachstehenden Inhalt übereinstimmte:

        

„Tarifvertrag

        

‚Gemeinsame Vereinbarung vom 28.03.2008,

        

betreffend Condor und Condor Berlin‘

        

Zwischen

        

der Condor Flugdienst GmbH und der Condor Berlin GmbH,

        

einerseits

        

und     

        

der Vereinigung Cockpit e.V.,

        

andererseits

        

werden nachfolgende Regelungen vereinbart:

        

…       

        
        

3.    

…*.     

        

4.    

Die Vereinbarungen zwischen der Vereinigung Cockpit und Condor / Condor Berlin aus den Regelungen des KTV der Deutschen Lufthansa / Condor / Condor Berlin bleiben hiervon unberührt.

        

…       

                 
        

Für die (AHV) Condor Flugdienst GmbH / Condor Berlin GmbH

Für die Vereinigung Cockpit e.V.

                 

----------------------------

        

* Die vorläufige, entsprechende Anwendung des VTV Nr. 1a und des MTV Nr. 1a der airberlin - Gruppe behält, unabhängig von einer Kartellamtsentscheidung, solange für Condor / Condor Berlin ihre Gültigkeit, bis anderslautende Tarifverträge für Neueinstellungen geschlossen wurden.“

10

Der in der Fußnote genannte Manteltarifvertrag Airberlin Nr. 1a (MTV-AB Nr. 1a) regelt zum Geltungsbereich in § 1:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt:

        

…       

        
        

persönlich:

für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend zusammenfassend ‚Arbeitnehmer‘) des Cockpitpersonals der Air Berlin; ausgenommen sind Arbeitnehmer mit einem Ausbildungsvertrag.“

11

Die AVH, die CFG sowie die Beklagte erzielten mit der VC am 26. Januar 2011 ein „Verhandlungsergebnis Tarifrunde 2009/2010“, das ua. folgenden Inhalt hat:

        

C.    

Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin

        

Mit Wirkung ab März 2011 gilt Manteltarifvertrag Nr. 2, dessen Inhalt mit dem Manteltarifvertrag Nr. 1 übereinstimmt, soweit nachfolgend abweichend nichts anderes geregelt ist. Er findet Anwendung auf alle Cockpitmitarbeiter der CFG und CIB.

        

…       

        

XI. Altersgrenze

        

1. Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet.

        

2. Zwischen den Tarifpartnern besteht derzeit kein Einvernehmen hinsichtlich der in Ziffer 1 genannten Altersgrenze sowie des Anwendungsbereichs von tariflichen Regelungen zur Übergangsversorgung und Betrieblichen Altersvorsorge für die unter VTV Nr. 1 (Verhandlungsergebnis vom 08.12.2009) fallenden Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Tarifpartner bis zu einer abschließenden Rechtsklärung für die oben genannten Mitarbeiter, die in Ziffer 1 genannte Regelung auszusetzen.“

12

Unter dem gleichen Datum schlossen die AVH und die VC den mit dem Verhandlungsergebnis übereinstimmenden „Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin (gültig ab 01.03.2011)“ (MTV Nr. 2), der ua. regelt:

        

§ 1   

Geltungsbereich

        

(1) Der Tarifvertrag gilt für die in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Condor Flugdienst GmbH (CFG) und der Condor Berlin GmbH (CIB) - im folgenden Mitarbeiter genannt.“

13

Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Feststellung begehrt, dass der TV Übergangsversorgung nach wie vor für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sei. Dies ergebe sich sowohl kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme als auch aufgrund unmittelbarer Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien. Weder der Sideletter noch der TV Gemeinsame Vereinbarung habe den Tarifvertrag abgelöst.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf sein Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit vom 29. November 2005 Anwendung findet.

15

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, aufgrund des Sideletter und des TV Gemeinsame Vereinbarung sei der TV Übergangsversorgung abgelöst worden. Zudem werde der Kläger nicht mehr von deren Geltungsbereich erfasst, da der MTV Nr. 1 nicht für ihn gelte.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Im Verlauf des Revisionsverfahrens ist das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. April 2013 auf die Condor Flugdienst GmbH übergegangen. Den weiteren Antrag auf Feststellung, dass der „Tarifvertrag Lufthansa-Betriebsrente für das Cockpitpersonal gültig ab 01. Januar 2002“ (TV Betriebsrente) Anwendung findet, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Tarifvertragsparteien zum TV Betriebsrente im August 2013 ein Verhandlungsergebnis erzielt und nachfolgend einen neuen Tarifvertrag geschlossen haben, von dessen personellen Geltungsbereich auch der Kläger erfasst wird.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Feststellungsantrag, über den der Senat aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien allein noch zu entscheiden hatte, zu Recht stattgegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob der TV Übergangsversorgung ab dem 1. November 2008 kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt. Denn dieser Tarifvertrag fand jedenfalls aufgrund der vertraglichen Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags ab dem 1. Oktober 2008 Anwendung.

18

I. Der Feststellungsantrag, dessen gebotene (dazu BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 13 mwN) und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigte Auslegung ergibt, dass er die Anwendbarkeit des TV Übergangsversorgung seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Oktober 2008 auf das zwischen den Parteien bis zum 31. März 2013 bestehende Arbeitsverhältnis festgestellt wissen will, ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

19

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 15 mwN). Wird ein Antrag auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, besteht ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben (vgl. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - aaO).

20

2. Nach diesen Maßstäben ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

21

a) Durch die Entscheidung kann die zwischen den Parteien streitige Frage geklärt werden, ob der TV Übergangsversorgung auf das zwischen ihnen ehemals bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund vertraglicher Bezugnahme Anwendung fand und dem Kläger im Falle einer tarifvertraglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund dauernder Flugdienstuntauglichkeit Leistungen nach diesem Tarifvertrag beanspruchen kann. Für die Feststellung dieser Verpflichtung kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, erst den Eintritt des Leistungsfalls abzuwarten (st. Rspr., etwa für Versorgungsanwartschaften BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - zu A III 2 der Gründe, BAGE 79, 236).

22

b) Das Feststellungsinteresse ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht allein deshalb entfallen, weil das Arbeitsverhältnis nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien im Verlauf des Revisionsverfahrens zum 1. April 2013 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die CFG übergegangen ist(zur Berücksichtigung des Vorbringens in der Revisionsinstanz s. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 28 f. mwN).

23

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist von einer Rechtskrafterstreckung der Entscheidung in entsprechender Anwendung von §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO auf den Betriebserwerber auszugehen. Die bindende Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer wirkt gegenüber dem Betriebserwerber, wenn der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit erfolgt ist (BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 21 mwN ). Die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis, in das der Betriebserwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eintritt, werden dann auch ihm gegenüber bindend festgestellt.

24

II. Die Klage ist begründet. Der TV Übergangsversorgung ist kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gewesen. Eine Ablösung des TV Übergangsversorgung ist nicht erfolgt. Das ergibt die Auslegung der vereinbarten tariflichen Regelungen (zu den Maßstäben etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238).

25

1. Nach der unter Nr. 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vereinbarten Bezugnahmeregelung sind auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die für die Beklagten „geltenden Tarifverträge“ anzuwenden. Zu diesen bei Vertragsschluss geltenden Tarifverträgen gehörte der am 29. November 2005 geschlossene TV Übergangsversorgung.

26

a) Die Beklagte war aufgrund ihrer Mitgliedschaft im tarifschließenden Verband an den von der AVH und der VC „für das Cockpitpersonal der … Condor Berlin GmbH (CiB)“ geschlossenen TV Übergangsversorgung nach § 3 Abs. 1 TVG gebunden.

27

b) Der TV Übergangsversorgung wurde entgegen der Auffassung der Beklagten weder aufgrund des Sideletter, bei dem es sich aufgrund der getroffenen Regelungen um einen Tarifvertrag handelt (zu den Maßstäben etwa BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 16 mwN, BAGE 124, 110), noch durch den TV Gemeinsame Vereinbarung abgelöst.

28

aa) Die wirksame Ablösung eines Tarifvertrags durch eine Neuregelung setzt voraus, dass die aufeinanderfolgenden Tarifregelungen von denselben Tarifvertragsparteien vereinbart werden (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 708/08 - Rn. 20). Schließt daher ein Arbeitgeber, der kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband an die von diesem geschlossenen Verbandstarifverträge gebunden ist, mit der Gewerkschaft, die diesen Tarifvertrag abgeschlossen hat, einen Haustarifvertrag ab, führt dies, auch wenn übereinstimmende Regelungsbereiche gegeben sind, nicht zu einer Ablösung der verbandstariflichen Bestimmungen, sondern es kann (lediglich) zu einer Tarifkonkurrenz führen.

29

Danach ist im Entscheidungsfall eine Ablösung des TV Übergangsversorgung schon deshalb nicht eingetreten, weil sowohl der Sideletter als auch der TV Gemeinsame Vereinbarung auf Arbeitgeberseite von der AVH geschlossen wurde. Vertragsparteien auf Arbeitgeberseite sind nach dem Vertragstext - lediglich - die Beklagte und die CFG.

30

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten trifft dies auch für den TV Gemeinsame Vereinbarung zu. Allein aus dem in der Unterschriftenzeile enthaltenen Zusatz „(AVH)“ vor den Worten „Condor Flugdienst GmbH/Condor Berlin GmbH“ kann nicht gefolgert werden, dieser Tarifvertrag sei als verbandsbezogener Haustarifvertrag von den beiden Gesellschaften sowohl in Vollmacht als auch im Namen der AVH geschlossen worden.

31

(1) Eine wirksame Vertretung nach § 164 Abs. 1 BGB, die für den Abschluss von Tarifverträgen ebenso gilt, setzt voraus, dass der Vertreter - neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung - erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat. Anhand der Vertragsurkunde muss hinreichend erkennbar sein, wer im Einzelnen den Tarifvertrag für wen abgeschlossen hat (st. Rspr., s. nur BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 28 f. mwN). Allein der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien einvernehmlich davon ausgehen, eine der Vertragsparteien habe zugleich in Vertretung für eine andere Person gehandelt, reicht nicht aus, wenn dies im Tarifvertragstext keinen hinreichend deutlichen Niederschlag gefunden hat und daher objektiv nicht erkennbar ist (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - Rn. 16 mwN, BAGE 132, 268).

32

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten in der Vertragsurkunde, der TV Gemeinsame Vereinbarung sollte zugleich für die AVH, vertreten durch die Beklagte, geschlossen werden. Die AVH ist bereits nicht als - weitere - Vertragspartei aufgeführt. Auch ist anhand der Unterschriftenzeile für den einzelnen Tarifgebundenen nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit erkennbar, die Beklagte wolle als Mitglied der AVH nicht nur für sich, sondern zugleich im Namen der AVH handeln.

33

c) Die arbeitsvertragliche Bezugnahme des TV Übergangsversorgung entfällt selbst dann nicht, wenn man davon ausgehen wollte, der Sideletter und der TV Gemeinsame Vereinbarung könnten die verbandstariflichen Regelungen, an die die Beklagte gebunden ist, infolge einer Tarifkonkurrenz nach dem Spezialitätsprinzip verdrängen (vgl. dazu etwa BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - Rn. 31, BAGE 125, 314; 4. April 2001 - 4 AZR 237/00 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 97, 263), und dies wirke sich zugleich auf die Anwendbarkeit der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifbestimmungen aus. Denn es bestand mangels Überschneidung der tariflichen Regelungsbereiche bereits keine Tarifkonkurrenz zwischen den von der Beklagten selbst vereinbarten Tarifbestimmungen und der AVH geschlossenen TV Übergangsversorgung, die einer Auflösung bedurft hätte.

34

aa) Soweit nach Nr. 2 Sideletter und Nr. 2 TV Gemeinsame Vereinbarung „die gemeinsame Vereinbarung airberlin, dba und LTU vom 28.03.2008 entsprechende Geltung auch für die Condor/Condor Berlin“ entfalten und „das bestehende Tarifwerk der Condor/Condor Berlin für alle ab dem 28.03.2008 eingestellten Piloten“ ablösen soll, ist diese Vereinbarung aufgrund der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) nicht in Kraft getreten. Da der entsprechende Antrag zurückgenommen wurde, liegt keine Zustimmung des Kartellamts zum erwähnten Zusammenschluss vor. Von daher musste der Senat nicht darüber befinden, ob eine tarifrechtliche Verdrängung des TV Übergangsversorgung überhaupt in Betracht gekommen wäre.

35

bb) Eine von dem durch die AVH vereinbarten TV Übergangsversorgung abweichende tarifliche Regelung durch einen von der Beklagten selbst geschlossenen Tarifvertrag, die in Anwendung des Spezialitätsprinzips zu dessen Verdrängung führen könnte, besteht nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der „vorläufigen, entsprechenden Anwendung des VTV Nr. 1a und des MTV Nr. 1a der airberlin-Gruppe“ für ab dem 28. März 2008 „neueingestellte Mitarbeiter“ nach der Fußnote zu Nr. 3 des TV Gemeinsame Vereinbarung und Nr. 3 Abs. 1 Sideletter.

36

(1) Eine Tarifkonkurrenz wäre nur dann möglich, wenn sich aus den von der Beklagten geschlossenen Tarifverträgen ergeben würde, eine tarifliche Übergangsversorgung solle für ab dem 28. März 2008 eingestellte Arbeitnehmer nicht mehr bestehen.

37

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nach dem eindeutigen Regelungsbereich der beiden Tarifregelungen, die ausschließlich die Geltung des „VTV Nr. 1a und des MTV Nr. 1a der airberlin-Gruppe“ betreffen, nicht davon ausgegangen werden, auch das sonstige bei der Beklagten bestehende Tarifwerk und der TV Übergangsversorgung sollten nicht mehr zur Anwendung kommen und „nur noch“ die „VTV- und MTV-Konditionen … entsprechend Anwendung“ finden (Nr. 3 Abs. 1 Sideletter/TV Gemeinsame Vereinbarung). Das zeigt die Systematik der beiden Tarifvereinbarungen. Lediglich für den Fall einer Zustimmung des Kartellamts für den geplanten Zusammenschluss sollte das „bestehende Tarifwerk“ der Beklagten „abgelöst“ werden.

38

(3) Ein von der Beklagten für ihre Auffassung angeführter etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, es sollten lediglich die bei airberlin zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Tarifverträge - Mantel- und ein Vergütungstarifvertrag - für neu eingestellte Mitarbeiter gelten, hat in den von der Beklagten geschlossenen Tarifverträgen Sideletter und TV Gemeinsame Vereinbarung keinen Niederschlag gefunden (zu diesem Erfordernis BAG 21. März 2012 - 4 AZR 254/10 - Rn. 40; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 32 mwN, BAGE 124, 110). Gleiches trifft auf ihr weiteres Vorbringen zu, es habe kein Anlass bestanden, neu eingestellte Mitarbeiter unter den Geltungsbereich insbesondere des TV Übergangsversorgung zu fassen. Entgegen der Revision spricht für eine solche Auslegung des Sideletter und des TV Gemeinsame Vereinbarung auch nicht die Regelung in Nr. 1 Sideletter, nach der „Condor zukünftig eine eigene Tarifkommission haben wird“. Schlussfolgerungen für bereits bestehende Tarifverträge und deren Geltung ergeben sich hieraus nicht. Ebenso können Nr. 3 Abs. 2 Sideletter/TV Gemeinsame Vereinbarung keine Anhaltspunkte entnommen werden, die die Auffassung der Beklagten stützen, die weiteren bei der Beklagten bestehenden Tarifverträge sollten „abgelöst“ werden. Die Verhandlungen, die „in dem Fall einer Nichterteilung der Kartellamtszustimmung … durchgeführt werden“ sollen, beziehen sich lediglich auf die „Regelungen des vorstehenden Satzes“, also den Mantel- und den Vergütungstarifvertrag der airberlin, nicht aber auf weitere bei der Beklagten und nach ihrer Auffassung „vormals“ bestehende Tarifverträge.

39

2. Der Kläger wird auch vom in § 1 Buchst. b TV Übergangsversorgung geregelten personellen Geltungsbereich erfasst.

40

a) Der TV Übergangsversorgung gilt „für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal … der CiB in seiner jeweils gültigen Fassung fallen“. Der Kläger gehört als Flugzeugführer zum Cockpitpersonal der Beklagten iSd. jeweiligen § 1 MTV Nr. 1 und den diesen ablösenden MTV Nr. 2, der ebenfalls von der AVH und der VC geschlossen wurde. An den MTV Nr. 1 war die Beklagte kraft Mitgliedschaft im tarifschließenden Verband ununterbrochen gebunden, bis er durch den MTV Nr. 2 - der gleichfalls nach § 3 Abs. 1 TVG für sie gilt - zum 1. März 2011 abgelöst wurde.

41

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet eine Bezugnahme des TV Übergangsvorsorgung nicht deshalb aus, weil der MTV Nr. 1 nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung - die in Nr. 2 Abs. 2 bis zum Inkrafttreten des MTV Nr. 2 ua. die Anwendung des MTV-AB Nr. 1a vorsah - nicht auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anwendbar war.

42

aa) § 1 Buchst. b TV Übergangsversorgung beschreibt durch die Formulierung „für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal der CFG und der CiB in seiner jeweils gültigen Fassung fallen“ lediglich dessen personellen Anwendungsbereich und inkorporiert damit den bei seinem Inkrafttreten im Jahr 2005 in § 1 Abs. 1 bis 4 MTV Nr. 1 näher geregelten personellen Geltungsbereich des Manteltarifvertrags, an den die Beklagte bis zur Ablösung durch den MTV Nr. 2 auch gebunden war. Das sind vorliegend die „tätigen Mitarbeiter des Cockpitpersonals der … Condor Berlin GmbH (CIB)“, also der Beklagten, iSd. § 1 Abs. 1 MTV Nr. 1. Eine weitere Voraussetzung, nach der die Bestimmungen des Manteltarifvertrags für das betreffende Arbeitsverhältnis kraft Tarifgebundenheit tatsächlich gelten oder im Falle einer Bezugnahme anwendbar sein müssten, kann dem TV Übergangsversorgung nicht entnommen werden.

43

bb) Darüber hinaus würde der Kläger auch vom Geltungsbereich des bei der Beklagten bis zum 28. Februar 2011 gleichfalls geltenden MTV-AB Nr. 1a erfasst werden, der aufgrund seiner „entsprechenden Anwendung“ nach Nr. 3 Abs. 1 Sideletter/TV Gemeinsame Vereinbarung statt „für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend zusammenfassend ‚Arbeitnehmer‘) des Cockpitpersonals der Air Berlin“ für die Arbeitnehmer der Beklagten gilt.

44

3. Schließlich ergibt sich auch aus der von der Beklagten in der Revisionsinstanz vorgelegten Gemeinsamen Vereinbarung vom 31. Mai 2007 kein anderes Ergebnis. Es kann dahinstehen, ob es sich um ein neues Vorbringen handelt, das in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässig ist. Soweit darin die „Vereinigung Cockpit und Condor“ festgelegt haben, über tarifliche Bedingungen der Mitarbeiter, „die neu … eingestellt werden, Verhandlungen zu führen“ und weiterhin „die neu abzuschließenden Tarifverträge … für diese Mitarbeiter die bisherigen Tarifverträge“ ersetzen sollen, ist schon nicht erkennbar, dass diese Vereinbarung auch von der AVH getroffen wurde oder die VC einerseits sowie die Beklagte und die CFG andererseits durch die AVH zum Abschluss von solchen Tarifverträgen bevollmächtigt waren, um die bestehenden Verbandstarifverträge ablösen zu können. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten hiervon ausginge, hätten weder der Sideletter noch der TV Gemeinsame Vereinbarung aus den vorstehenden Gründen (unter II 1 c, 2) zu einer Ablösung des TV Übergangsversorgung geführt.

45

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im Hinblick auf den von den Parteien in der Hauptsache für übereinstimmend erledigt erklärten Feststellungsantrag zur Anwendbarkeit des TV Betriebsrente waren die Kosten, über die gleichfalls im Urteil zu entscheiden war (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 34 mwN), nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen der Beklagten aufzuerlegen. Die vorstehenden Gründe zur Anwendbarkeit des TV Übergangsversorgung (unter II 2) wären für die TV Betriebsrente entsprechend heranzuziehen gewesen.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Redeker    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22. März 2012 - 4 Sa 285/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Jubiläumszuwendung.

2

Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1971 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen im Bereich der Klinik für Psychiatrie und Neurologie in Schleswig beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

3

In dem zwischen ihm und dem Land Schleswig-Holstein am 1. Oktober 1971 abgeschlossenen Arbeitsvertrag heißt es:

        

㤠2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.2.1961 und diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.

        

…“    

4

Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass sich seine Dienst- und Jubiläumszeit unter Berücksichtigung seines Wehrdienstes vom 1. Januar 1967 bis zum 30. Juni 1968 und einer Wehrübung vom 10. November bis zum 10. Dezember 1970 ab dem 3. März 1970 errechne und sein 40-jähriges Dienstjubiläum am 2. März 2010 erreicht werde.

5

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging in der Folgezeit auf die neu gegründete Fachklinik Schleswig, Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), über. Am 27. September 2004 schloss diese im Hinblick auf eine geplante Privatisierung mit dem bei ihr bestehenden Gesamtpersonalrat eine Dienstvereinbarung, in der es ua. heißt:

        

        

§ 2   

                 

Fortgeltung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen

        

…       

        
        

3.    

Alle bei der AöR erworbenen und dort als erworben anerkannten Rechte der Mitarbeiterinnen werden auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und insbesondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anerkannt. Dienst- sowie Beschäftigungszeiten werden nach den entsprechenden tariflichen Bestimmungen angerechnet.

                 

Soweit grundsätzliche Festlegungen und Richtungsentscheidungen für die künftigen Strukturen und Organisationsprinzipien des Betriebes festgelegt werden, garantiert der oder die Gesellschafter die bisher abgeschlossenen Regelungen sowie diese Dienstvereinbarung.

                 

Anmerkung: Dieser Satz wird später in den Kaufvertrag an die passende Stelle verschoben.

        

…“    

6

Die Fachklinik Schleswig AöR wurde nach Maßgabe des Gesetzes zur Umwandlung der Fachklinik Schleswig und der psychiatrium GRUPPE vom 24. September 2004 (Fachkliniken-Umwandlungsgesetz - FklUmwG) im Wege des Formwechsels in die nicht tarifgebundene „Fachklinik Schleswig gGmbH“ umgewandelt. Mit Wirkung zum 1. November 2005 erwarben die Damp Holding AG und eine weitere Gesellschaft die Geschäftsanteile an der Beklagten, die in der Folgezeit in „SCHLEI-Klinikum Schleswig FKSL GmbH“ umbenannt wurde. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 3. November 2005.

7

Der Anteilskaufvertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den Käuferinnen lautet in § 9 auszugsweise:

        

„…    

        
        

2.    

Die Käuferin sowie die Damp Holding AG garantieren im Wege eines selbständigen, verschuldensunabhängigen Garantieversprechens gemäß § 311 Abs. 1 BGB und nicht im Wege einer Garantie i.S.d. §§ 443, 444 BGB, dass sie und die Fachklinik Schleswig gGmbH die Bestimmungen der in Anlage 9 beigefügten Dienstvereinbarung … als für sich verbindlich anerkennen und einhalten werden.

        

…“    

8

Die Damp Holding AG schloss - ausdrücklich auch im Namen und in Vollmacht der Beklagten handelnd - mit der Gewerkschaft ver.di am 2. März 2010 den Manteltarifvertrag Damp (MTV Damp), der rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft trat.

9

Am 26. April 2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten schriftlich die Zahlung der Jubiläumszuwendung geltend. Am 30. April 2010 endete sein Arbeitsverhältnis.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Zahlung einer Jubiläumszuwendung nach § 17 MTV Damp. Bei der Ermittlung der zurückgelegten Beschäftigungszeit seien auch die Zeiten seines Grundwehrdienstes und der Wehrübung zu berücksichtigen. Die Beklagte sei an die von ihrer Rechtsvorgängerin anerkannten Beschäftigungszeiten gebunden. Danach habe er am 2. März 2010 sein 40-jähriges Dienstjubiläum erreicht. Jedenfalls stehe ihm die Zuwendung aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf den BAT zu. Die Regelung in § 39 Abs. 1 iVm. § 20 BAT sei - falls die Zeiten des Wehrdienstes bei der in § 17 MTV Damp geregelten Jubiläumszuwendung nicht anzurechnen seien - für ihn günstiger. Der Anspruch sei zwar von geringerer Höhe, jedoch sei er aufgrund der Anrechnung weiterer Dienstzeiten zu einem früheren Zeitpunkt entstanden.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 409,03 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2010 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finde sowohl kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit als auch aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nur der MTV Damp Anwendung. Aus dessen § 17 ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Der Kläger habe die erforderliche Beschäftigungszeit nicht erfüllt. Die tarifvertragliche Regelung sehe die Berücksichtigung von Wehrdienstzeiten nicht vor.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Jubiläumszuwendung.

15

I. Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 17 MTV Damp.

16

1. Die Regelung des § 17 MTV Damp gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG.

17

2. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch sind die nachstehenden Regelungen des MTV Damp maßgebend:

        

„…    

        

§ 8 Beschäftigungszeit

        

1.    

Beschäftigungszeit ist die in der Damp Gruppe zurückgelegte Zeit. Beschäftigungszeiten in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der Damp Gruppe werden dabei vollständig berücksichtigt.

        

…       

        

§ 17 Jubiläumszuwendungen

        

Die Arbeitnehmer erhalten als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Beschäftigungszeit (§ 8) …

        

von 40 Jahren € 450,00 …

        

brutto.“

18

3. Der Kläger hat die erforderliche Beschäftigungszeit von 40 Jahren nicht erfüllt. Die bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen zurückgelegte Beschäftigungszeit betrug bei Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis zum 30. April 2010 38 Jahre und sieben Monate. Die Zeiten des Grundwehrdienstes und der Wehrübung sind entgegen der Auffassung des Klägers keine Beschäftigungszeiten iSv. § 8 MTV Damp. Das ergibt die Auslegung der Tarifvorschrift.

19

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (näher dazu zB BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204; 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - zu B I 1 d aa der Gründe, BAGE 98, 35; jeweils mwN). Sie ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110).

20

b) Nach dem Wortlaut des § 17 iVm. § 8 MTV Damp sind der Berechnung der Jubiläumszuwendung nur „Beschäftigungszeiten“ zugrunde zu legen. Dabei handelt es sich um alle Beschäftigungszeiten, die in einem Unternehmen der Damp Gruppe oder in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis vor Übernahme durch ein solches zurückgelegt worden sind (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 497/12 - Rn. 11). Bei den Zeiten des Grundwehrdienstes und der Wehrübung handelt es sich nicht um Beschäftigungszeiten im tariflichen Sinne. Sie wurden weder in einem Unternehmen der Damp Gruppe noch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einer Rechtsvorgängerin zurückgelegt. Die Anrechnung weiterer „Dienstzeiten“ sieht der MTV Damp nicht vor.

21

c) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung, nach der auch Dienstzeiten zu berücksichtigen wären, die nicht gleichzeitig Beschäftigungszeiten sind, unter Berücksichtigung der „Tarifgeschichte“ nicht in Betracht.

22

aa) Die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung eines Tarifvertrags unterliegt bereits grundsätzlichen Bedenken. Wegen der weitreichenden Wirkung von Tarifnormen auf die Rechtsverhältnisse Dritter, die an den Tarifvertragsverhandlungen nicht beteiligt waren, kann der Wille der Tarifvertragsparteien im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nur ausnahmsweise dann berücksichtigt werden, wenn er in den tariflichen Normen unmittelbar seinen Niederschlag gefunden hat (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 254/10 - Rn. 40; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 32 mwN, BAGE 124, 110). Die an einen Tarifvertrag gebundenen Arbeitsvertragsparteien müssen aus dessen Wortlaut ermitteln können, welchen Regelungsgehalt die Tarifnormen haben. Sie können regelmäßig nicht darauf verwiesen werden, sich - über den Wortlaut und die Systematik hinaus - Kenntnisse über weitere Auslegungsaspekte und -methoden zu verschaffen, zB durch Einholung von Auskünften ihrer Koalition über die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags oder durch Ermittlung der Existenz und des Inhalts von - vermeintlichen - Vorgängertarifverträgen. Dies gilt insbesondere, wenn der Wortlaut zu Zweifeln keinerlei Anlass gibt. Eine solche Verpflichtung widerspräche dem Normcharakter eines Tarifvertrags. Sie nähme der Gewissheit des Geltungsgrundes und des Geltungsinhalts der Tarifnormen die notwendige Sicherheit. Die Tarifvertragsparteien können einem vom Wortlaut der tariflichen Vorschrift abweichenden Regelungswillen vielmehr dadurch Rechnung tragen, dass sie diesen in einer auch für Außenstehende erkennbaren Weise zum Ausdruck bringen (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 254/10 - aaO). Dies haben sie im Streitfall nicht getan.

23

bb) Ungeachtet dieser Bedenken ergibt sich auch aus der Vorgeschichte im Streitfall nicht, dass Zeiten des Grundwehrdienstes und von Wehrübungen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten iSv. § 8 MTV Damp zu berücksichtigen wären.

24

(1) Im Rahmen der Dienstvereinbarung vom 27. September 2004 hat sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Fachklinik Schleswig AöR, zwar verpflichtet, alle bei der AöR erworbenen und dort als erworben anerkannten Rechte der Mitarbeiterinnen auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und insbesondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anzuerkennen. Dienst- sowie Beschäftigungszeiten sollten nach den entsprechenden tariflichen Bestimmungen anerkannt werden. Nach dem Anteilskaufvertrag garantieren die Käuferin und die Damp Holding AG, die Bestimmungen der Dienstvereinbarung als für sich verbindlich anzuerkennen und einzuhalten.

25

(2) Diese Dienstvereinbarung enthält aber keine Definition des Begriffs der „Dienst- und Beschäftigungszeiten“. Da sie den Zweck verfolgt, die von den Arbeitnehmern erworbenen Rechte zu sichern, und die AöR ebenso wie das Land Schleswig-Holstein dem Bereich des öffentlichen Dienstes zugehörig war, folgt die Terminologie ersichtlich der des BAT. Dieser differenziert zwischen „reinen“ Beschäftigungszeiten (§ 19 BAT) auf der einen und weiteren anrechenbaren Dienstzeiten (§ 20 BAT)auf der anderen Seite. Die Dienstzeit umfasst neben der Beschäftigungszeit iSv. § 19 BAT Zeiten einer früheren Beschäftigung, die nicht gleichzeitig Beschäftigungszeiten sind. Darunter fallen nach § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT ua. Zeiten erfüllter Dienstpflicht bei der Bundeswehr. Haben die Tarifvertragsparteien des MTV Damp in der Folge ausschließlich die Berücksichtigung von „Beschäftigungszeiten“ geregelt, kann dem Begriff mit Blick auf die im BAT vorgesehene und den Tarifvertragsparteien bekannte Differenzierung nicht die Bedeutung beigemessen werden, sie umfasse auch die von den Beschäftigungszeiten zu unterscheidenden Dienstzeiten. Hätten die Tarifvertragsparteien auch die Anrechnung von Dienstzeiten im Sinne von § 20 BAT regeln wollen, hätte es nahegelegen, die entsprechende Terminologie aus der Dienstvereinbarung aufzugreifen. Dies haben sie nicht getan.

26

(3) Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. August 2013 (- 10 AZR 497/12 -) liegt kein abweichendes Verständnis der betreffenden Tarifnormen zugrunde. Gegenstand der Entscheidung war lediglich die Anrechnung von „Beschäftigungszeiten“, nicht - wie im Streitfall - diejenige von weiteren „Dienstzeiten“.

27

II. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus seinem Arbeitsvertrag iVm. § 39 Abs. 1, § 20 BAT, weil diesem § 17 MTV Damp entgegensteht.

28

1. Allerdings finden die Vorschriften des BAT entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

29

a) Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Oktober 1971 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT (zu den Maßstäben der Auslegung einer solchen Allgemeinen Geschäftsbedingung BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283).

30

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verweist die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel nicht auf den MTV Damp. Nach dem Wortlaut des § 2 des Arbeitsvertrags werden ausschließlich der BAT und die „diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge“ in Bezug genommen. Das sind solche, die die Regelungen des BAT ergänzen (wie etwa die Vergütungstarifverträge zum BAT, der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte und weitere Tarifverträge oder der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte) oder ggf. ändern (wie etwa die Sonderregelungen SR 2y BAT). Danach wollten die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis ersichtlich den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes unterstellen. Eine Verweisung auf Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers ist der Bezugnahmeklausel dagegen nicht zu entnehmen. Diese sind keine den BAT „ergänzenden oder ändernden Tarifverträge“. Sie sind nicht von den Tarifvertragsparteien des BAT abgeschlossen worden. Aus damaliger Sicht gab es auch keine erkennbaren Anhaltspunkte oder Umstände, wonach der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags andere, weitergehende und ggf. sogar konkurrierende Haustarifverträge einbeziehen wollte (vgl. auch BAG 5. September 2012 - 4 AZR 749/10 - Rn. 16).

31

c) Die als sog. Gleichstellungsabrede auszulegende Bezugnahmeklausel hat ihre Dynamik in dem Zeitpunkt verloren, in dem die normative Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes entfallen ist.

32

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie diejenige im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen (vgl. etwa BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN). Diese verweisen dynamisch auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge. War der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden, führt jedoch der Wegfall der Tarifgebundenheit dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden waren, die in diesem Zeitpunkt galt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wendet der Senat diese Rechtsprechung weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 20; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 261).

33

bb) Um einen solchen sog. Altvertrag handelt es sich hier. Die arbeitsvertragliche Abrede wurde vor dem 1. Januar 2002 getroffen. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde - soweit ersichtlich - seither nicht geändert. Die damalige Arbeitgeberin des Klägers war bei Abschluss des Arbeitsvertrags tarifgebunden.

34

d) Danach verweist die Bezugnahmeklausel auf den BAT in der zuletzt gültigen Fassung des 78. Änderungstarifvertrags vom 31. Januar 2003.

35

aa) Die Beklagte ist nicht an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden. In welchem genauen Zeitpunkt die entsprechende Tarifgebundenheit ihrer Rechtsvorgängerinnen entfallen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Tarifgebundenheit - und damit die Dynamik der Bezugnahmeklausel - endete spätestens mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im November 2005.

36

bb) In diesem Zeitpunkt war der BAT noch nicht durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt worden. Der Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1971 war mit dem Land Schleswig-Holstein geschlossen worden. Ein Bezug zu einem kommunalen Arbeitgeber ist nicht zu erkennen. Eine Ablösung des in Bezug genommenen BAT wäre deshalb allenfalls durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Betracht gekommen, welcher zum 1. November 2006 und damit in jedem Fall nach Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten bzw. einer ihrer Rechtsvorgängerinnen in Kraft getreten ist. Es kann deshalb offenbleiben, ob die Bezugnahmeklausel durch die spätere Ablösung des BAT lückenhaft geworden wäre und ggf. einer ergänzenden Auslegung bedurft hätte (ausf. zu den Voraussetzungen und Maßstäben einer solchen Auslegung BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23, 31 ff., BAGE 134, 283; 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 27, 31 ff., BAGE 138, 269).

37

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Jubiläumszuwendung gemäß § 39 Abs. 1 BAT sind gegeben.

38

a) Die maßgebenden Vorschriften des BAT vom 23. Februar 1961 in der hier anzuwendenden Fassung vom 31. Januar 2003 lauten:

        

§ 19 Beschäftigungszeit

        

(1)     

Beschäftigungszeit ist bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. …

                 

…       

        

§ 20 Dienstzeit

        

(1)     

Die Dienstzeit umfasst die Beschäftigungszeit (§ 19) und die nach den Absätzen 2 bis 6 angerechneten Zeiten einer früheren Beschäftigung, soweit diese nicht schon bei der Berechnung der Beschäftigungszeit berücksichtigt sind.

                 

…       

        

(6)     

Anzurechnen sind ferner:

        

a)    

die Zeiten erfüllter Dienstpflicht in der Bundeswehr …

                 

…       

        

§ 39 Jubiläumszuwendungen

                 

…       

        

(1)     

Die Angestellten im Bereich des Bundes und im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder erhalten als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Dienstzeit (§ 20)

                 

…       

        

von 40 Jahren 409,03 Euro“

39

b) Unter Berücksichtigung seiner bei der Bundeswehr zurückgelegten Dienstzeiten iSv. § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT hat der Kläger am 2. März 2010 das Dienstjubiläum von 40 Jahren erreicht.

40

3. Einem Anspruch nach § 39 Abs. 1 BAT iVm. dem Arbeitsvertrag steht jedoch § 17 MTV Damp entgegen. Der MTV Damp, der kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend im Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, enthält seinerseits die Regelung einer Jubiläumszuwendung. Das Günstigkeitsprinzip führt nicht zu einem Vorrang der Regelungen des über den Arbeitsvertrag anwendbaren BAT.

41

a) Die Kollision zwischen den kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden und den aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Tarifvorschriften ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) zu lösen (vgl. nur BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 43). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertragliche Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung (sog. Günstigkeitsvergleich). Unerheblich ist, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 592/11 - Rn. 14, BAGE 145, 37; 25. Juli 2001 - 10 AZR 391/00 - zu II 2 a bb (2) der Gründe).

42

aa) Zu vergleichen sind die in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen (sog. Sachgruppenvergleich, s. nur BAG 21. April 2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39, BAGE 134, 130; 30. März 2004 - 1 AZR 85/03 - zu II 4 b bb der Gründe mwN). Dabei sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Die Günstigkeit der einzelvertraglichen Regelung gegenüber der normativ geltenden Tarifnorm muss bereits im Voraus feststehen (vgl. BAG 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; zur Kollision von Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher Abrede BAG 27. Januar 2004 - 1 AZR 148/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 109, 244). Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist diese Voraussetzung nicht gegeben (BAG 17. April 2002 - 5 AZR 644/00 - zu II 4 b der Gründe).

43

bb) Bei der Prüfung ist ein objektiver Beurteilungsmaßstab zugrunde zu legen. Maßgebend ist die Einschätzung eines verständigen Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 307; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 310; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 689; JKOS/Jacobs TVG 2. Aufl. § 7 Rn. 44; für eine Kollision von Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher Abrede BAG 27. Januar 2004 - 1 AZR 148/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 109, 244). Ist die einzelvertragliche Regelung danach gleich oder gleichwertig (sog. neutrale Regelung), ist sie nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG.

44

cc) Ist nach diesen Maßstäben nicht zweifelsfrei feststellbar, dass die einzelvertragliche Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist - sei es, weil es sich um eine „neutrale“, sei es, weil es sich um eine „ambivalente“ Regelung handelt -, bleibt es bei der zwingenden Geltung des Tarifvertrags (vgl. BAG 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228). Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der systematischen Stellung von § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG. Der Gesetzgeber hat eine Abweichung vom Grundsatz der zwingenden Wirkung geltender Tarifnormen (Regel) nur für den Fall vorgesehen, dass die betreffende Regelung „günstiger“ ist als die tarifliche Norm (Ausnahme). Ist die Günstigkeit der abweichenden Regelung nicht feststellbar, greift § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG nicht ein (vgl. Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 420 mwN; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 478; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 690; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 562; JKOS/Jacobs TVG 2. Aufl. § 7 Rn. 48 mwN).

45

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall die arbeitsvertraglich in Bezug genommene Regelung des § 39 Abs. 1 iVm. § 20 BAT für eine Jubiläumszuwendung nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG als die normativ geltende des § 17 iVm. § 8 MTV Damp.

46

aa) Nach § 17 MTV Damp haben die Arbeitnehmer bei einer Beschäftigungszeit von 40 Jahren Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung iHv. 450,00 Euro brutto, wobei bei der Bundeswehr zurückgelegte Dienstzeiten allerdings nicht zu berücksichtigen sind. Nach § 39 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT steht einem Arbeitnehmer bei einer Dienstzeit von 40 Jahren demgegenüber eine - geringere - Jubiläumszuwendung iHv. 409,03 Euro brutto zu, jedoch sind Dienstzeiten bei der Bundeswehr anzurechnen. Dadurch können die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelfall zeitlich früher erfüllt sein.

47

bb) Bei der Jubiläumszuwendung nach § 39 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT handelt es sich damit um eine sog. ambivalente Regelung. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann sie günstiger oder ungünstiger sein als die normativ für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvorschriften. So ist sie für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigungszeit von 40 Jahren nach beiden Regelungen zum gleichen Zeitpunkt erreicht, ungünstiger, weil der Anspruch von geringerer Höhe ist. Erreicht der Arbeitnehmer die maßgebende Beschäftigungszeit - wie der Kläger - hingegen nur dann, wenn auch Wehrdienstzeiten berücksichtigt werden, erweist sich der BAT insoweit als günstiger. Da danach nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, welche Regelung die günstigere ist, tritt die normativ für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltende nicht hinter der kraft einzelvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Regelung zurück. § 39 Abs. 1 und § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT kommen deshalb nicht zur Anwendung.

48

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Drechsler    

        

    Schuldt    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. August 2008 - 3 Sa 1798/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.

2

Der Beklagte ist Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband Hessen und betreibt ein Kreiskrankenhaus. Der 1941 geborene Kläger war bei ihm vom 12. Mai 1986 bis zum 31. Oktober 2006 als leitender Abteilungsarzt (Chefarzt) der Anästhesieabteilung beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 12. Mai 1996 vereinbarten die Parteien ua.:

        

㤠1

        
        

Dienstverhältnis           

        
        

...     

        
        

(3)     

Auf das Dienstverhältnis finden die §§ 4 und 6 bis 10, 13, 14, 18, 39, 52, 66 und 70 des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 sowie die vom Krankenhausträger erlassenen Satzungen, Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

        
        

...     

                 
        

§ 7

        
        

Vergütung für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich           

        
        

(1)     

Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 bis 5)

        
                 

1.    

als feste Vergütung           

        
                          

Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I des BAT in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag vom 17.05.1976 in der für Mitglieder der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) jeweils gültigen Fassung. Die Gewährung von Kindergeld richtet sich nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) vom 31.01.1975, BGBl. I S. 412, in der jeweils gültigen Fassung.

        
                          

Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VKA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen.

        
                          

Der Arzt erhält dieselben tariflichen Vergünstigungen (z. B. Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld) wie die übrigen Bediensteten des Krankenhausträgers in sinngemäßer Anwendung der hierfür jeweils gültigen Tarifverträge. Bemessungsgrundlage für die Weihnachtszuwendung ist die Monatsvergütung.

        
                 

2.    

als variable, nicht zusatzversorgungspflichtige Vergütung           

        

        

                 

a)    

das Liquidationsrecht für die von ihm erbrachten Leistungen bei denjenigen Kranken, die

        
                                   

-       

gemäß § 7 BPflV und § 8 der AVB des Krankenhauses gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen gewählt und dies mit dem Krankenhaus vereinbart haben.

                          

b)    

das Liquidationsrecht für das Gutachterhonorar bei Aufnahmen zur Begutachtung (§ 7 BPflV), soweit die gesonderte Berechnung eines Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in der jeweils gültigen Fassung zulässig ist;

        
                          

c)    

das Liquidationsrecht für diejenigen ambulanten Notfallbehandlungen von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die der Arzt in eigener Person vorgenommen hat.

        
                          

...     

                 
        

(6)     

Erreicht das Bruttoeinkommen aus den Dienstbezügen nach Abs. 1 Nr. 1, den Liquidationserlösen nach Abs. 1 Nr. 2, Einnahmen aus der Tätigkeit nach § 17, sowie aus der Vergütung nach § 20 den Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich nicht, so bezahlt der Krankenhausträger dem Chefarzt eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages, um den das Bruttoeinkommen im vorstehenden Sinne hinter dem Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich zurückbleibt.

        
                 

...     

        
                 

Der Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich erhöht oder ermäßigt sich jeweils um den gleichen Prozentsatz, um den sich das Grundgehalt in der Endstufe der Vergütungsgruppe des Chefarztes ändert. Der sich daraus ergebende Betrag ist jeweils auf volle 10,00 DM aufzurunden.“

        
3

Die arbeitsvertraglich garantierte Vergütung betrug im Jahr 2006 unabhängig von etwaigen Liquidationserlösen 147.000,00 Euro brutto.

4

Nach der Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (im Folgenden: BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (im Folgenden: TVöD) zum 1. Oktober 2005 vergütete der Beklagte den Kläger nach Maßgabe dieses Tarifvertrags. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 15 Ü der Anlage 1 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005 iHv. monatlich 5.625,00 Euro brutto zuzüglich eines in den Gehaltsabrechnungen als „Diff. Vergleichsentg.“ bezeichneten Betrags iHv. 11,38 Euro brutto.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger für den Zeitraum August bis Oktober 2006 Abrechnung und Zahlung der Differenz zwischen der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA und der erhaltenen Vergütung iHv. monatlich 863,62 Euro brutto sowie einer auf der Grundlage der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA berechneten Rufbereitschaftspauschale und eines entsprechend berechneten Überstundenzuschlags von 15 % begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe die Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA. Bei letzterem handele es sich um einen seit dem 1. August 2006 geltenden speziellen Ärztetarifvertrag für die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigten Ärztinnen und Ärzte. Der TVöD sei dagegen ein allgemeiner, berufsgruppenübergreifender Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Hinzu komme, dass alle beim Beklagten beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte nach dem TV-Ärzte/VKA bezahlt würden.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, die ihm für die Monate August bis Oktober 2006 erteilten Abrechnungen dahingehend zu berichtigen, dass diese ein zusätzliches Bruttogehalt von 1.760,92 Euro ausweisen und an ihn 5.282,76 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 1.760,92 Euro seit dem 31. August 2006, 30. September 2006 und 31. Oktober 2006 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD übergeleitet worden. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA sei der TVöD nicht ersetzt worden. Ein Wille der Arbeitsvertragsparteien, von zwei Tarifwerken dasjenige zu wählen, welches die höchste Vergütungsgruppe enthalte, lasse sich weder dem Vertag noch den sonstigen Umständen als hypothetischer Parteiwille entnehmen. Gemessen an der Gesamtvergütung bestehe weiterhin ein gebührender Abstand zum Gehalt eines Oberarztes.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.

10

I. Der TV-Ärzte/VKA findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Unabhängig von der fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit gilt der TV-Ärzte/VKA nicht für Chefärzte, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA. Chefärzte werden nach ausdrücklicher Regelung vom persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags nicht erfaßt. Darüber hinaus sind nach § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA in Entgeltgruppe IV (nur) Leitende Oberärzte, denen die ständige Vertretung des Chefarztes übertragen ist (zu den Eingruppierungsmerkmalen des § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 836/08 - ZTR 2010, 294), nicht aber Chefärzte eingruppiert.

11

II. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA ergibt sich nicht aus dem Arbeitsvertrag.

12

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag erhält der Kläger für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich als feste Vergütung Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I BAT in der für Mitglieder der VKA jeweils gültigen Fassung. Bei Ersetzung des BAT oder des maßgeblichen Vergütungstarifvertrags tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrags unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. Diese Vereinbarung enthält eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

a) Bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15),der keine der Parteien entgegen getreten ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24 mwN, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

14

b) Danach enthält § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags eine kleine dynamische Bezugnahme.

15

In § 7 Abs. 1 Nr. 1 knüpfen die Parteien die Vergütung, obwohl Leitende Ärzte(Chefärzte) nach § 3 Buchst. i BAT von dessen Geltungsbereich ausgenommen sind und dementsprechend die Vergütungsordnungen zum BAT keine Eingruppierungsmerkmale für Chefärzte enthalten, pauschal an die Vergütungsgruppe I der für den Bereich VKA geltenden Vergütungsordnung einschließlich der in § 26 BAT vorgesehenen Struktur einer Gesamtvergütung bestehend aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Die Vergütung soll sich nach der Vergütungsgruppe I des BAT in der jeweils gültigen Fassung richten. Damit wollte der tarifgebundene Beklagte das in seinem Krankenhaus geltende Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes auch für die Vergütung der Chefärzte im dienstlichen Aufgabenbereich anwenden und die dort stattfindende Vergütungsentwicklung nachvollziehen (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 14, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338; vgl. auch 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22, BAGE 116, 185).

16

c) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel trägt allerdings neben der Erstreckung auf den TVöD auch eine solche auf den TV-Ärzte/VKA. Denn beide haben den BAT durch Tarifsukzession (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 19 mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) ersetzt, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts(im Folgenden: TVÜ-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006. Der BAT wurde auf Gewerkschaftsseite nicht nur von der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossen, diese handelte aufgrund einer 1994 zwischen der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und dem Marburger Bund geschlossenen Vereinbarung zugleich für den Marburger Bund, der im Jahre 2005 gegenüber der Gewerkschaft ver.di die zum Abschluss von Tarifverträgen erteilte Vollmacht widerrief, zugleich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zu Tarifvertragsverhandlungen über einen Tarifvertrag für Ärzte aufforderte und den BAT zum 31. Dezember 2005 kündigte (vgl. dazu BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 3, ZIP 2010, 1045; Bayreuther NZA 2009, 935).

17

2. Diese „Regelungspluralität“ auf vertraglicher Ebene ist nicht zugunsten und im Sinne des Klägers gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu lösen.

18

a) Eine Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen, scheitert in der Regel schon daran, dass die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht abstrakt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation beantwortet werden kann(BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 27, BAGE 128, 73). Das gilt nicht nur dann, wenn arbeitsvertraglich auf ein Tarifwerk insgesamt Bezug genommen wird, sondern auch, wenn die Parteien nur für einen Regelungsgegenstand - hier: Vergütung - auf ein Tarifwerk verweisen. Denn es ist nicht zwingend, dass eine Vergütung nach dem einen Tarifvertrag für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses günstiger ist als eine nach dem anderen Tarifvertrag. Die Frage, welcher Tarifvertrag in Bezug genommen ist, kann aber nicht jeweils abhängig vom Zeitpunkt der Geltendmachung unterschiedlich bestimmt werden. Ansonsten käme man von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen hinsichtlich ein und derselben vertraglichen Bezugnahmeregelung. Je nachdem, welcher Tarifvertrag gerade eine für den Arbeitnehmer günstigere (also höhere) Vergütung vorsieht, käme es zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen und einem in der Praxis nur schwer handhabbaren „Hin und Her“ der Tarifanwendung (so zutreffend Bayreuther NZA 2009, 935).

19

b) Zudem ist die Bezugnahmeklausel in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag anders als in dem der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185) zugrunde liegenden Fall, in dem zweifelhaft war, ob eine statische oder dynamische Verweisung vorlag, selbst nicht unklar, sondern eindeutig. Im Fall der Ersetzung des BAT oder der maßgeblichen Vergütungstarifverträge im Bereich der VKA soll an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT „die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen“ treten. „Unklar“ wurde lediglich und erst im Nachhinein aufgrund der bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren Tarifpluralität, welcher der den BAT ersetzenden Tarifverträge vertraglich in Bezug genommen sein soll.

20

3. Eine Auflösung der nach Vertragsschluss und bedingt durch die Tarifpluralität auf tariflicher Ebene eingetretene Regelungspluralität hat durch ergänzende Vertragsauslegung zu erfolgen.

21

a) Die Parteien wollten mit der Klausel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag den den vereinbarten Tarifvertrag ersetzenden in Bezug nehmen, haben aber bei Abschluss des Arbeitsvertrags aufgrund der damaligen Tarifpraxis nicht bedacht(und auch nicht bedenken können), dass später auf tariflicher Ebene Tarifpluralität eintreten könnte. Die Vergütung kann sich nach dem Wortlaut nach mehreren unterschiedlichen Tarifverträgen richten, während die Parteien die Orientierung ihrer Vergütung an (nur) einem Tarifwerk gewollt haben. Damit ist nachträglich ein regelungsbedürftiger Sachverhalt entstanden, denn die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt nicht, nach welchem Tarifwerk sich die Vergütung richten soll, wenn es durch den späteren Abschluss mehrerer Tarifverträge nachträglich mehrere mögliche Bezugnahmeobjekte gibt.

22

b) Mithin ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung nach dem ihr zugrunde liegenden Regelungsplan zu vervollständigen und zu fragen, nach welchem Tarifwerk die Parteien ihre Vergütung gerichtet hätten, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass der BAT durch mehrere Tarifverträge ersetzt werden könnte. Als redliche Vertragsparteien (vgl. zum Maßstab der ergänzenden Vertragsauslegung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182) hätten die Parteien dasjenige ersetzende Tarifwerk gewählt, das überhaupt eine Vergütungsgruppe enthält, die die im Arbeitsvertrag benannte „Vergütungsgruppe I des BAT“ ersetzt oder ihr am nächsten kommt. Eine „Überleitung“ bzw. „Ersetzung“ der Vergütungsgruppe I der Vergütungsordnung zum BAT erfolgte nur durch die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD (§ 4 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit der Anlage 1 TVÜ-VKA, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA). Damit erhält der Kläger genau die Vergütung, die er arbeitsvertraglich vereinbart hat.

23

Die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD ist - jedenfalls bislang - auch dynamisch, ihre Tabellenwerte wurden zum 1. Januar 2008, 1. Januar 2009, 1. Januar 2010 sowie 1. Januar und 1. August 2011 erhöht, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 und des Änderungstarifvertrags Nr. 5 vom 27. Februar 2010. Dagegen enthält der TV-Ärzte/VKA überhaupt keine der Vergütungsgruppe I der Vergütungsordnung zum BAT entsprechende Entgeltgruppe und hat zudem ein gegenüber dem früheren BAT vollständig neues Eingruppierungssystem für die von ihm erfassten Ärztinnen und Ärzte (also nicht für Chefärzte) geschaffen, §§ 16 ff. TV-Ärzte/VKA. Einer derartigen diskontinuierlichen Ersetzung ihrer Vergütungsabrede hätten redliche Vertragsparteien nicht den Vorzug gegenüber der mit einer Vergütung entsprechend Entgeltgruppe 15 Ü TVöD kontinuierlichen Entwicklung gegeben (ähnlich Anton ZTR 2009, 2, 5). Es wäre keine angemessene Lösung, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Vergütungsvereinbarung und die Vergütung der Parteien auf ein „neues System“ umzustellen, wenn ein die Kontinuität der bisherigen Vergütungsabrede wahrendes Vergütungssystem zur Verfügung steht. Dass über die von den Parteien gewollte Dynamisierung der Vergütung hinaus der Kläger auch an strukturellen Änderungen der tariflichen Vergütungsregelungen oder an neuen Entgeltsystemen für Ärzte, die nicht Chefärzte sind, teilhaben soll, lässt sich dem Regelungsplan des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag nicht entnehmen. Dafür hat der Kläger auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte vorgebracht.

24

c) Ein anderes Auslegungsergebnis lässt sich nicht damit begründen, der TV-Ärzte/VKA sei der „speziellere“ Tarifvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem tatsächlich so ist (verneinend etwa Bayreuther NZA 2009, 935: „tarifrechtlich (…) gleichwertig“). Jedenfalls für Chefärzte ist der TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht „spezieller“, weil er für sie ebenso wie der TVöD nicht gilt, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA, und keine Regelungen für die Berufsgruppe der Chefärzte enthält. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen (vgl. dazu ErfK/Franzen 10. Aufl. § 4 TVG Rn. 65 ff. mwN; BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 49, NZA 2010, 712). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34; 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 99, NZA 2010, 645). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrags Gegenteiliges ergibt.

25

d) Eine Vergütung entsprechend dem TV-Ärzte/VKA hätten die Parteien nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien auch nicht deshalb vereinbaren müssen, weil Chefärzte stets mehr verdienen müssten, als ihr in Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA eingruppierter ständiger Vertreter.

26

Einen allgemeinen Grundsatz, ein Vorgesetzter sei stets höher zu vergüten als seine ihm unterstellten Mitarbeiter, gibt es im Arbeitsrecht ebenso wenig wie ein „Abstandsgebot“ (vgl. für tarifliche Vergütungsregelungen BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - ZTR 2010, 190). Überdies erzielt ein Chefarzt aufgrund der Einräumung des Liquidationsrechts als variablen weiteren Vergütungsbestandteil neben der Festvergütung in der Regel ein höheres Einkommen als die ihm unterstellten Ärzte.

27

III. Damit kann der Kläger auch eine Berechnung der ihm von dem Beklagten gewährten Rufbereitschaftspauschale sowie eines Überstundenzuschlags auf der Basis des TV-Ärzte/VKA nicht verlangen.

28

IV. Ein Anspruch auf Berichtigung der Gehaltsabrechnungen für die Monate August bis Oktober 2006 besteht nicht. Dafür gibt es keine Anspruchsgrundlage. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei der Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen(vgl. dazu BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, BAGE 119, 62). Selbst wenn der Kläger eine Nachzahlung zu beanspruchen gehabt hätte, wären nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht die Abrechnungen für die Monate August bis Oktober 2006 zu berichtigen gewesen. Vielmehr hätte der Beklagte dem Kläger über die erstrittene Nachzahlung eine eigene Abrechnung erteilen müssen.

29

V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

    Spelge    

        

        

        

    Zoller    

        

    Haas    

        

        

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.