Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Jan. 2017 - 5 Sa 51/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0112.5SA51.16.0A
12.01.2017

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 3. Dezember 2015, Az. 5 Ca 1896/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und auf den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers über eine Abfindung.

2

Der 1960 geborene, verheiratete Kläger war seit Februar 1993 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatslohn von zuletzt ca. 2.150,00 EUR als Montagehelfer beschäftigt. Die Beklagte befasste sich mit Herstellung und Montage von Fenstern, Türen und Fassaden aus Aluminium. Sie beschäftigte Ende April 2014 61 Arbeitnehmer; ein Betriebsrat bestand nicht. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten fasste am 22.04.2014 den Beschluss, seinen Betrieb stillzulegen. Mit Schreiben vom 23.04.2014 erstattete der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei der zuständigen Agentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

3

"Unsere Mandantin unterhält […] einen Gewerbebetrieb, der Aluminiumfenster und -türen und Fassadenbau ausführt. Der Gewerbebetrieb besteht seit über 40 Jahren und derzeit sind dort insgesamt 62 Arbeitnehmer beschäftigt, die sich in 61 Arbeitnehmern und einem Auszubildenden aufgliedern. Wir überreichen als Anlage eine Liste der Mitarbeiter, aus der Name, Anschrift und Betriebszugehörigkeit hervorgehen. Außerdem ist das letzte gezahlte Nettogehalt aufgeführt. Ein Betriebsrat besteht nicht.

4

Seit Jahren erwirtschaftet der Betrieb keine Gewinne mehr. Die Auftragslage hat sich drastisch verschlechtert, was bedeutet, dass meine Mandantin dieses Jahr noch keinen neuen Auftrag erhalten hat. Zur Zeit werden lediglich die Altaufträge aus den vergangenen Jahren abgearbeitet sowie Garantiefälle. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Der alleinige Geschäftsführer […] ist am … 1942 geboren. Er hat schon seit Jahren versucht - da er keinen Nachfolger hat - den Betrieb zu veräußern, was ebenfalls an den betrieblichen Bilanzen scheiterte.

5

Um ein drohendes Insolvenzverfahren abzuwenden, hat sich die Geschäftsleitung entschlossen, den Geschäftsbetrieb zum 30.04.2014 einzustellen bzw. die Betriebsstilllegung vorzunehmen. Das operative Geschäft wird zu diesem Zeitpunkt beendet. Danach werden lediglich die alten Aufträge noch abgearbeitet und die oben erwähnten Garantiefälle. Folge ist, dass sämtliche Mitarbeiter gekündigt werden müssen, da der Arbeitsplatz wegfällt. Die Kündigungsfrist beträgt zwischen 1 und 7 Monaten, wie Sie aus anliegender Arbeitnehmerliste entnehmen können.

6

Da somit der Arbeitsplatz zum 30.04.2014 wegfällt, sollen die Arbeitnehmer ein- schließlich des Lehrlings unter Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Wir bitten insoweit um Genehmigung."

7

Am 25.04.2014 informierte der Geschäftsführer die Belegschaft über die geplante Betriebsstilllegung und die damit verbundenen Kündigungen. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte die Beklagte folgenden Text:

8

"Liebe Kunden, leider hat unser Betrieb seit Jahren keine betrieblichen Gewinne mehr erwirtschaftet. … Eine Besserung der wirtschaftlichen Situation ist nicht in Sicht …

9

Aus diesem Grund hat sich die Betriebsleitung entschlossen, den Betrieb zum 30.04.2014, auch aus altersbedingten Gründen […] zu schließen, was bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt das operative Geschäft aufgegeben wird. Danach werden lediglich noch die Altverträge und die Garantiefälle abgearbeitet. …"

10

Mit Schreiben vom 28.04.2014 kündigte die Beklagte sämtlichen Arbeitnehmern wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung. Dem Kläger kündigte sie ordentlich zum 30.11.2014. Das Kündigungsschreiben ging ihm noch im April 2014 zu. Gegen die Kündigung erhob der Kläger am 12.05.2014 die vorliegende Klage. Er ist der Ansicht, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Außerdem fehle es an einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

12

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 28.04.2014 beendet worden ist,

13

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Montagehelfer über den 30.11.2014 hinaus weiter zu beschäftigen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 03.12.2015 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

17

Gegen das am 07.01.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 06.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 07.04.2016 verlängerten Begründungsfrist mit am 06.04.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.

18

Er macht geltend, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die Mitteilung über die beabsichtigte Betriebsschließung sei zu einem verspäteten Zeitpunkt erfolgt. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, ihn rechtzeitig über die beabsichtigte Stilllegung zu informieren. Er hätte dann früher geeignete Maßnahmen einleiten können, um eventuell seinen Arbeitsplatz durch eine Weiterführung durch geeignete Dritte zu sichern. Darüber hinaus sei die Beklagte verpflichtet, ihm eine angemessene Abfindung zu zahlen, wobei eine entsprechende Vereinbarung der Bundesagentur für Arbeit hätte vorgelegt werden müssen. Die Beklagte verfüge über genügend finanzielle Mittel, die sie letztlich der Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter zu verdanken habe. Das Arbeitsgericht habe nicht festgestellt, welche Mittel der Beklagten für Abfindungen zur Verfügung gestanden haben. Die Beklagte habe auch nicht vorgetragen, welche Anstrengungen sie unternommen habe, um den Betrieb weiterzuführen. Das Arbeitsgericht habe es insoweit unterlassen, die Unternehmerentscheidung hinreichend zu prüfen und eine soziale Abwägung vorzunehmen. Das Arbeitsgericht habe auch die Kürze des Genehmigungsverfahrens seitens der Bundesagentur für Arbeit nicht hinreichend geprüft. Es hätte zumindest prüfen müssen, ob die erteilte Erlaubnis zur Kündigung seitens der Bundesagentur im Hinblick auf die sozialen Auswirkungen ihm gegenüber hinreichend beachtet worden seien. Da dies nicht erfolgt sei, müsse ihm die Beklagte zumindest eine angemessene Abfindung zahlen, wozu sie auch wirtschaftlich im Stande sei.

19

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

20

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.12.2015, Az. 5 Ca 1896/14, abzuändern und

21

1. festzustellen, dass das Verhältnis durch die Kündigung vom 28.04.2014 nicht beendet worden ist,
2. hilfsweise, ihm eine angemessene Abfindung zu zahlen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und - gerade noch - ordnungsgemäß begründet worden. Der Kläger hat aufgezeigt, in welchen Punkten er das arbeitsgerichtliche Urteil aus welchen Gründen für unrichtig hält, obwohl er auf eine Vielzahl der rechtlichen und tatsächlichen Argumente des angefochtenen Urteils nicht eingegangen ist. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung wird nicht verlangt.

II.

26

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Berufungskammer folgt den sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 28.04.2014 mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.11.2014 aufgelöst worden. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht deshalb nicht. Auch der zweitinstanzliche Hilfsantrag auf Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist unbegründet.

27

1. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.04.2014 ist sozial gerechtfertigt, weil sie durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

28

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, gehört die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist dabei nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig stillzulegen (vgl. unter vielen BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 51 ff. mwN).

29

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagte die Kündigung vom 28.04.2014 in Befolgung ihrer Stilllegungsabsicht ausgesprochen hat. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung am 29. oder 30.04.2014, der zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung maßgeblich ist, lag ein endgültiger Beschluss der Beklagten vor, ihren Betrieb stillzulegen. Diese Entscheidung hatte auch greifbare Formen angenommen.

30

Der 1942 geborene Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten hat im April 2014 vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung aus wirtschaftlichen Überlegungen und aus Altersgründen den endgültigen Entschluss gefasst, die Betriebstätigkeit der Beklagten auf Dauer einzustellen. Diesen inneren Willensbildungsprozess hat er nach außen durch seinen schriftlichen Beschluss vom 22.04.2014, die Information der Belegschaft am 25.04.2014 und den Internetauftritt manifestiert. In der Regel liegt ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt, weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder Veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will (vgl. BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 51 mwN). So ist es hier.

31

Einer ernsthaften Stilllegungsabsicht steht nicht entgegen, dass die Beklagte die gekündigten Arbeitnehmer über den 30.04.2014 hinaus in ihrer jeweiligen Kündigungsfrist noch eingesetzt hat, um vorhandene Aufträge oder Garantiefälle (zB. das Bauvorhaben K. in Hamburg) abzuarbeiten. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im bereits gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 53 mwN). Selbst wenn die Beklagte nach Ausspruch der Kündigung noch neue Aufträge angenommen haben sollte, spricht dies nicht gegen die Stilllegungsabsicht. Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Stilllegungsabsicht ist, dass bis zum Ende der Kündigungsfristen keine Tätigkeiten mehr ausgeführt werden; nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber bis dahin ineffizient arbeitet oder es unterlässt, mögliche Geschäfte zu tätigen (vgl. BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 56).

32

Auch die tatsächliche Stilllegung des Betriebs, die der Kläger nicht in Zweifel zieht, lässt Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit der Unternehmerentscheidung zu. Zwar ist maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung der des Kündigungszugangs. Verläuft die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung planmäßig, ist es jedoch gerechtfertigt, von einem tragfähigen Konzept im Zeitpunkt der Kündigung auszugehen. Die im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf entfallen, wird so bestätigt (vgl. BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 40 mwN).

33

Die Stilllegungsabsicht der Beklagten hatte zum Kündigungszeitpunkt bereits "greifbare Formen" angenommen. Zwar besagt die Entlassung von Arbeitnehmern allein für die Betriebsstilllegung im Sinne eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes nichts, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Entlassungen gerechtfertigt sind. Beim Vorliegen einer ernsthaft und endgültig beabsichtigten Betriebsstilllegung muss vor Zugang der Kündigung nicht bereits mit der Verwirklichung der Entscheidung begonnen worden sein (vgl. BAG 20.11.2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 24 mwN). Das betrifft nicht nur deren unmittelbare Umsetzung. Auch vorbereitende Maßnahmen musste die Beklagte noch nicht ergriffen haben. Es genügt, dass sie berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihr hierfür ausreichend Zeit.

34

Im Streitfall haben sich dringende betriebliche Gründe für die beabsichtigte Betriebsstilllegung konkret und greifbar abgezeichnet. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten hat seine Entscheidung nicht etwa für sich behalten, sondern die Belegschaft am 25.04.2014 hierüber informiert. Er hat seinen Stilllegungsbeschluss außerdem auf der Homepage veröffentlicht und eine Massenentlassungsanzeige erstattet. Der Kläger bestreitet nicht, dass der Betrieb spätestens zum 31.12.2014 tatsächlich stillgelegt worden ist. Es sind auch zweitinstanzlich keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen noch sonst ersichtlich, die zumindest in ihrer Gesamtschau dafür sprechen könnten, dass der Geschäftsführer der Beklagten im April 2014 nicht endgültig beabsichtigt haben könnte, den Betrieb stillzulegen.

35

c) Entgegen der Ansicht der Berufung war die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger rechtszeitig vor Ausspruch der Kündigung über die beabsichtigte Betriebsschließung zu informieren, um ihm Gelegenheit zu geben, seinen Arbeitsplatz dadurch zu sichern, dass er eventuell einen Dritten findet, der den Betrieb weiterführt. Eine Vorankündigungsfrist ist dem geltenden Kündigungsschutzrecht fremd. Aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers lässt sich ein derartiger Anspruch nicht herleiten.

36

Ohne Erfolg rügt die Berufung, die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, welche Anstrengungen sie unternommen habe, um den Betrieb weiterzuführen. Selbst wenn die Beklagte nicht versucht haben sollte, einen Kaufinteressenten zu finden, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Stilllegung des Betriebs ist eine unternehmerische Maßnahme, die im Kündigungsschutzprozess nicht auf ihre Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit nachzuprüfen ist. Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben (vgl. BAG 20.11.2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 27 mwN).

37

Soweit der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe eine soziale Abwägung unterlassen, verhilft auch dies der Berufung nicht zum Erfolg. Unternehmerentscheidungen unterliegen nur einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle dahin, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich sind. Dafür gibt es im Streitfall keine Anhaltspunkte.

38

Zu Unrecht macht die Berufung außerdem geltend, die nach § 1 Abs. 2 KSchG erforderliche Interessenabwägung führe zur Unwirksamkeit der Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann sich eine einzelfallbezogene Interessenabwägung bei betriebsbedingten Kündigungsgründen, wenn überhaupt, so allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken (vgl. BAG 20.01.2005 - 2 AZR 500/03 - Rn. 24). Besondere Umstände für einen "Härtefall" hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

39

Schließlich ist auch die Ansicht des Klägers, die Kündigung sei unwirksam, weil ihm die Beklagte - trotz finanzieller Leistungsfähigkeit - keine Abfindung gezahlt habe, rechtlich verfehlt. Das Arbeitsgericht musste auch nicht prüfen, welche finanziellen Mittel die Beklagte hätte zur Verfügung stellen können, um den entlassenen Arbeitnehmern Abfindungen zu zahlen. Auch wenn es der Kläger nicht wahrhaben will, ist die Beklagte zur Zahlung von Abfindungen gesetzlich nicht verpflichtet.

40

2. Die Kündigung vom 28.04.2014 ist nicht gem. § 134 BGB nichtig, weil sie vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige gem. § 17 Abs. 1 KSchG erklärt wurde (vgl. BAG 19.12.2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 71 mwN). Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

41

Das Kündigungsschreiben ist dem Kläger am 29. (so die Beklagte) oder am 30.04.2014 (so der Kläger) und damit erst nach Erstattung der Anzeige zugegangen. Die Beklagte hat der örtlichen Agentur für Arbeit mit Schreiben vom 23.04.2014 die beabsichtigte Massenentlassung aller Arbeitnehmer angezeigt und ihre Angaben mit Schreiben vom 28.04.2014 ergänzt. Beide Schreiben sind dort vor Erklärung der streitbefangenen Kündigung eingegangen. Hiergegen erhebt die Berufung keine Rügen. Sonstige Fehler des Anzeigeverfahrens wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

42

Die Ansicht der Berufung, das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend die Kürze des Genehmigungsverfahrens seitens der Bundesagentur für Arbeit geprüft, ist nicht nachvollziehbar. Nach der gesetzlichen Formulierung des § 18 Abs. 1 KSchG kann eine Kündigung schon unmittelbar nach Erstattung (Eingang) der Anzeige bei der Agentur für Arbeit ausgesprochen werden. Die Gesetzesfassung verbietet den Ausspruch der Kündigung vor dem Ablauf der Sperrfrist nicht, auch wenn man unter „Entlassung“ im Sinne der Norm die Kündigung versteht. Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich lediglich entnehmen, dass die Entlassung grundsätzlich nicht ohne Einhaltung einer Mindestfrist von einem Monat vollzogen werden kann. Geregelt wird insoweit der Vollzug der Entlassung. Das Wirksamwerden iSv. § 18 KSchG bezieht sich damit auf den Eintritt der Rechtsfolgen der Kündigung. Diese treten mit Ablauf der Kündigungsfrist ein. Der Gesetzeswortlaut umschreibt nur einen „Mindestzeitraum“, der zwischen der Anzeigenerstattung und der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen muss (vgl. BAG 6.11.2008 - 2 AZR 924/07 - Rn. 25 mwN). Im Streitfall betrug die Kündigungsfrist sieben Monate. Der Agentur für Arbeit stand damit die gesetzlich geregelte Frist für die Erfüllung ihrer arbeitsmarktpolitischen Aufgaben (nämlich rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens zur Verzögerung von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten und für anderweitige Beschäftigung der Entlassenen zu sorgen) ohne weiteres und hinreichend zur Verfügung.

43

3. Weitere Gründe, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

44

4. Da der Kläger länger als 20 Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, betrug die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Ziff. 7 BGB sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Diese Frist hat die Beklagte gewahrt.

45

5. Der nur in erster Instanz anhängige Weiterbeschäftigungsantrag war unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.04. mit Ablauf des 30.11.2014 aufgelöst worden ist.

46

6. Der zweitinstanzliche Hilfsantrag des Klägers verhilft der Berufung nicht zum Teilerfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Es fehlt an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage.

47

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, wenn Arbeitnehmer glauben, nach einer (sozial gerechtfertigten betriebsbedingten) Kündigung durch den Arbeitgeber einen Anspruch auf eine Abfindung zu haben. Ein gesetzlich geregelter Anspruch auf eine Abfindung gibt es nur in Ausnahmefällen. Dann nämlich, wenn ein solcher Anspruch in einem Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegt worden ist, oder in den Fällen der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG durch Urteil des Gerichts nach einem entsprechenden Antrag von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Hält das Gericht - wie hier - die Kündigung für sozial gerechtfertigt, kommt eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG nach geltendem Recht nicht in Betracht.

48

Besteht in einem Betrieb - wie hier - kein Betriebsrat, kann von den Arbeitnehmern nach geltender Rechtlage nicht die Aufstellung eines Sozialplans iSd. § 112 BetrVG verlangt werden, wie dies dem Kläger vorschwebt. Die Belegschaft eines betriebsratslosen Betriebs hat bei einer Betriebsstilllegung gegen den Arbeitgeber keine Abfindungsansprüche.

III.

49

Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

50

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

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(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und wenig

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten zu 1. erklärten ordentlichen Kündigungen sowie um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist.

2

Die 1970 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin war bei der Beklagten zu 1. seit 1990 als Speditionskauffrau, zuletzt in der Sachbearbeitung für Großkunden im Sammelguteingang, beschäftigt. Ihr letztes Bruttomonatsgehalt betrug 2.881,66 Euro.

3

Die Beklagte zu 1. betreibt ein Unternehmen des Speditions- und Transportgewerbes und ist Teil der „B-Gruppe“. Ihr Hauptsitz war R, daneben unterhielt sie Standorte in M, P und W. Die Beklagte zu 1. beschäftigte zuletzt regelmäßig 280 Mitarbeiter. Ein Betriebsrat war für ihren Betrieb in R, dem auch die Klägerin angehörte, nicht gebildet.

4

Bis 30. September 2010 unterhielt die Beklagte zu 1. folgende sog. „Geschäftsbereiche“:

        

-       

„Ladungsverkehre“, worunter Komplettladungen für nur einen Kunden zu verstehen sind. Diesen Geschäftsbereich unterteilte die Beklagte zu 1. in „Ladungsverkehre R“ und „Ladungsverkehre M“.

        

-       

„Gebietsspedition/Nahversorgung und Werksversorgung“, worunter die Beklagte zu 1. die Abholung von Materialien von Lieferanten für einen Produktionsbetrieb bei Umschlag an einem Konsolidierungspunkt versteht.

        

-       

„Spezialverkehre“, dh. der Verkehr mit Silofahrzeugen, Tankfahrzeugen und Kipperfahrzeugen.

        

-       

„Nationale Stückgutverkehre/Systemverkehre“, worunter eine besondere Art des Stückguttransports zusammengefasst wurde, bei dem von unterschiedlichen Mitgliedern eines „Zusammenschlusses Systemverkehre“ verschiedenartige Güter zu abgesprochenen Konsolidierungspunkten verbracht und von dort wieder verteilt wurden.

        

-       

„Hafenverkehre“, dh. die Verschiffung von Waren ab Hafen P. Hier beschäftigte die Beklagte zu 1. keine Kraftfahrer.

5

Die Geschäftsbereiche bildeten jeweils ein „Profitcenter“ mit eigener Kostenstelle. Jedem Geschäftsbereich waren ein oder mehrere Disponenten zur Planung der Verkehre zugewiesen.

6

Den Geschäftsbereich „Nationale Stückgutverkehre“ stellte die Beklagte zu 1. zum 30. September 2010 ein.

7

Am 4. November 2010 veräußerte die Beklagte zu 1. durch Outsourcing- und Kaufvertrag zahlreiche Aktiva des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung“ an die L GmbH (L). Verkauft wurden Anlagevermögen und Kundenverträge, jedoch keine Fahrzeuge. Die Beklagte zu 1. und L gingen im Vertrag davon aus, dass es sich um einen Betriebsteilübergang iSd. § 613a BGB handele. In einer Anlage zum Kaufvertrag wurden diejenigen Arbeitnehmer benannt, die dem Speditionsbereich dieses Geschäftsbereichs zugeordnet gewesen sein sollen, wobei die L erklärte, in diese Arbeitsverhältnisse eintreten zu wollen. Sodann schlossen die Beklagte zu 1. und L mit Wirkung ab 1. Dezember 2010 einen Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen durch die Beklagte zu 1. Dieses Vertragsmodell ging also von einer Trennung der von L erworbenen Speditionsleistungen und der von der Beklagten zu 1. im Auftrag durchgeführten Frachtführerleistungen aus.

8

Am 6. Dezember 2010 fand eine Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. statt. Gesellschafterin der Beklagten zu 1. ist die B Holding GmbH & Co. KG. Komplementärin dieser Gesellschaft ist die B Holding GmbH, die vertreten wird durch den Geschäftsführer Bö. Ausweislich des vorgelegten Protokolls hat die Gesellschafterversammlung beschlossen:

        

„Die Gesellschafterversammlung beschließt die Stilllegung und Beendigung des Geschäftsbetriebes der B I GmbH zum 31. Dezember 2010 an sämtlichen Standorten.

        

Soweit bis zur Beendigung noch bestehender Kundenverträge eine Abwicklung über den 31.12.2010 hinaus notwendig sein sollte, ist dem im Rahmen der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung Rechnung zu tragen.

        

Die Geschäftsführung wird mit der Durchführung aller hierzu erforderlichen Maßnahmen beauftragt. Dies umfasst insbesondere die vorzeitige Beendigung von Kundenverträgen zu vertretbaren wirtschaftlichen Konditionen sowie die Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern.“

9

Daraufhin hoben die Beklagte zu 1. und L am 10. Dezember 2010 ihren gerade geschlossenen Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen zum 31. Dezember 2010 wieder auf. Die L übertrug nunmehr ihre Frachtführerleistungen mit Wirkung ab 1. Januar 2011 auf die ebenfalls der B-Gruppe zugehörige Beklagte zu 2.

10

Im Geschäftsbereich „Spezialverkehre“ hob die Beklagte zu 1. ihre bestehenden Verträge zur Erbringung von Speditions- und Frachtführerleistungen mit der „I GmbH & Co. KG“ sowie der „D GmbH“ zum 31. Dezember 2010 auf. Auch die „Spezialverkehre“ sollten ab dem 1. Januar 2011 durch die Beklagte zu 2. durchgeführt werden. Dazu bot die Beklagte zu 1. der Beklagten zu 2. am 13. Dezember 2010 eine „Übernahmevereinbarung“ an, die die Beklagte zu 2. am 28. Dezember 2010 annahm. Diese lautet ua. wie folgt:

        

1. Vorbemerkungen

        

(1)     

B ist ein Unternehmen der Speditions- und Transportbranche und auf nationale sowie internationale Verkehre spezialisiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 6.12.2010 wurde die Betriebsstilllegung von B beschlossen, woraufhin mit den größten Kunden für Transporte im Bereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ sowie ‚Spezialverkehre’ Aufhebungsvereinbarungen über die Einstellung der Transporte zum 31.12.2010 abgeschlossen wurde.

        

(2)     

M wird die vorgenannten Transporte des Geschäftsbereichs ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ sowie ‚Spezialverkehre’ ab dem 1.1.2011 durchführen. Um die hierfür erforderliche Transportkapazität bereitstellen zu können, mietet M von B, bzw. dem jeweiligen Eigentümer die bislang im Geschäftsbereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ eingesetzten LKW und Zugmaschinen und übernimmt das diesem Bereich zugeordnete Fahr- und Dispositionspersonal.

                 

…       

        

3. Arbeitnehmer

        

(1)     

Die Parteien gehen davon aus, dass es sich bei dem in diesem Vertrag geregelten Sachverhalt um die Übertragung von Betriebsteilen gemäß § 613a Absatz (1) S. 1 BGB handelt. Die Käuferin tritt daher mit Wirkung zum 01.01.2011 gemäß § 613a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den am 01.01.2011 bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Arbeitnehmern, die dem Geschäftsbereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ zuzuordnen sind, ein. Diejenigen Arbeitnehmer, die diesem Geschäftsbereich zuzuordnen sind, sind in Anlage 4 aufgeführt.“

11

Nach einem der Übernahmevereinbarung beigefügten Rahmenmietvertrag sollte die Beklagte zu 1. laufend Kraftfahrzeuge, insbesondere Zugmaschinen, Sattelauflieger, Anhänger, Pkw und Lastkraftwagen an die Beklagte zu 2. vermieten. Dabei solle sich der Bestand an vermieteten Fahrzeugen von Monat zu Monat ändern können. In der Anlage 4 war die Klägerin unter den diesem Geschäftsbereich zuzuordnenden Arbeitnehmern nicht aufgeführt.

12

Der Bereich „Hafenverkehre“ wurde mit Vertrag vom 15. Dezember 2010 zum 24. Dezember 2010 an die I GmbH & Co. KG veräußert.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 teilte die Beklagte zu 1. der Klägerin mit, dass sie seit dem 1. Dezember 2010 dem Bereich „Ladungsverkehre“ angehöre. Auch die anderen Mitarbeiter der Beklagten zu 1. erhielten ein solches Schreiben, mit dem ihnen ihre Zuordnung zu den Geschäftsbereichen mitgeteilt wurde.

14

Die Beklagte zu 1. zeigte am 20. Dezember 2010 gegenüber der Agentur für Arbeit R die Entlassung von 251 der insgesamt 280 Arbeit-nehmer des Hauptbetriebs R an. Als Entlassungsgrund hat sie „Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs“ angegeben. Die Agentur für Arbeit bestätigte den Eingang dieser Anzeige mit Schreiben vom 20. Dezember 2010.

15

Mit zwei fast inhaltsgleichen Kündigungsschreiben, die auf den 23. Dezember 2010 datiert wurden und welche der Klägerin am 27. Dezember 2010 zugingen, kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. Juli 2011. Das eine Kündigungsschreiben wurde durch Einwurfeinschreiben, das zweite durch Einschreiben gegen Rückschein zugestellt.

16

Vergleichbare Kündigungsschreiben erhielten alle Mitarbeiter der Beklagten zu 1. Die in der Anlage 4 der Übernahmevereinbarung mit der Beklagten zu 2. aufgeführten Arbeitnehmer erhielten jedoch zusätzlich ein Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang. Darin wurde ua. mitgeteilt, dass die Beklagte zu 2. unwiderruflich erkläre, aus der von der Beklagten zu 1. ausgesprochenen Kündigung nach dem Betriebsübergang keine Rechte herzuleiten und das Arbeitsverhältnis zu den bislang bestehenden Bedingungen so weiterzuführen, als ob die Kündigung nicht ausgesprochen worden sei. Die betroffenen Arbeitnehmer sollten eine beigefügte formularmäßige „Erklärung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses“ unterschreiben, in der sie das Angebot zur Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. annehmen und gleichzeitig auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB verzichten sollten.

17

Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2011 erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage.

18

Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nochmals ordentlich zum 29. Februar 2012. Auch diese Kündigung griff die Klägerin gerichtlich an.

19

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, eine vollständige Stilllegung zum 31. Dezember 2010 habe die Beklagte zu 1. nicht beschlossen. Bereits der Stilllegungsbeschluss der Gesellschafter vom 6. Dezember 2010 sei widersprüchlich. Im Schreiben vom 17. Dezember 2010 werde dann mitgeteilt, eine „Neuausrichtung“ der Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche sei notwendig, ohne von einer Einstellung des Betriebs zu sprechen. Die Beklagte zu 1. habe auch nach Ende 2010 noch Frachtaufträge ausgeführt. Der Übergang von 143 Arbeitnehmern auf die Beklagte zu 2. sowie von 85 auf die L und der Rahmenmietvertrag mit der Beklagten zu 2. sprächen gegen eine vollständige Stilllegung. In Wahrheit habe es sich um einen Betriebs-, jedenfalls aber um einen Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2. gehandelt. Daher sei ihr Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2011 auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Die von der Beklagten zu 1. mitgeteilte „Zuordnung“ der Arbeitnehmer zu den verschiedenen Geschäftsbereichen sei teils zufällig, teils willkürlich erfolgt. Jedenfalls sei eine Sozialauswahl erforderlich gewesen, die nicht stattgefunden habe. Auch die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft gewesen.

20

Soweit für die Revision von Bedeutung hat die Klägerin zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die per Einwurf-einschreiben zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Juli 2011 beendet werde,

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die per Einschreiben mit Rückschein zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Juli 2011 beendet werde,

        

3.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28. Juli 2011 zum 29. Februar 2012 ende,

        

4.    

festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. seit 1. Januar 2011 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestehe.

21

Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt. Zur Begründung hat die Beklagte zu 1. darauf verwiesen, unternehmerisch entschieden zu haben, selbst keine operativen Tätigkeiten mehr durchzuführen. Während sich nach dem Gesellschafterbeschluss vom 6. Dezember 2010 die Möglichkeit einer Übernahme des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition“ durch die Beklagte zu 2. ergeben habe, sei es für den Restbetrieb bei der beschlossenen Stilllegung geblieben. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1. noch bis in den April 2011 hinein Aufträge zur Reduzierung von Leerfahrten angenommen habe. Diese Aktivitäten hätten in der Größenordnung von einem Prozent des bisherigen Umsatzes gelegen. Die Geschäftsbereiche seien durch die Bildung von Profitcentern mit eigenen Kostenstellen klar gegeneinander abgegrenzt gewesen. Im Falle von Unterbeauftragungen anderer Geschäftsbereiche sei eine Verrechnung zwischen den Kostenstellen erfolgt. Die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Geschäftsbereichen sei daher nicht willkürlich erfolgt.

22

Sofern es sich im Falle des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition“ nicht um einen Betriebs(teil-)übergang gehandelt habe, müsse von einer vollständigen Stilllegung des Betriebs der Beklagten zu 1. ausgegangen werden. Nach dem 30. April 2011 seien nur noch wenige Mitarbeiter mit Abwicklungsaufgaben betraut gewesen. Anfang Mai 2011 sei auch das letzte Fahrzeug des Standorts R zum Verkauf gestellt worden.

23

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungen zum 31. Juli 2011 für unwirksam gehalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1. hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

24

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

25

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Den gesamten Betrieb der Beklagten zu 1. könne die Beklagte zu 2. auch in Ansehung des Übernahmevertrages vom 13./28. Dezember 2010 nicht übernommen haben, da Gegenstand des Übernahmevertrages nicht die Geschäftsbereiche „Hafenverkehre“, „Systemverkehre“ und „Ladungsverkehre“ gewesen seien. Dem entspreche es, dass die Beklagte zu 2. lediglich 113 von 280 Mitarbeitern und 124 von 252 Lkw übernommen habe. Von einer Wahrung der wirtschaftlichen Einheit könne daher nicht gesprochen werden. Auch ein Betriebsteilübergang der Geschäftsbereiche „Gebietsspedition“ und „Spezialverkehre“ auf die Beklagte zu 2. liege nicht vor. Organisatorisch selbständige Einheiten stellten die von der Beklagten zu 1. geführten Geschäftsbereiche nicht dar. Der Geschäftszweck aller Geschäftsbereiche sei bei der Beklagten zu 1. die Erbringung von Fuhrdienstleistungen aller Art gewesen. Die Aufteilung in Profitcenter habe der Klärung von Kosten- und Ertragsstrukturen gedient. Dies sei für die Annahme abgrenzbarer Betriebsteile jedoch ohne Belang, zumal bei der Beklagten zu 1. jeder Fahrer grundsätzlich in der Lage gewesen sei, jedes Fahrzeug jedes Geschäftsbereichs ohne zusätzliches Anlernen zu beherrschen. In Ermangelung abgrenzbarer Betriebsteile scheide daher auch ein Betriebsteilübergang aus.

26

Bei Ausspruch der Kündigung am 23. Dezember 2010 habe die ernsthafte Stilllegungsabsicht der Beklagten zu 1. noch bestanden. Diese werde auch nicht dadurch widerlegt, dass nach Kündigungsausspruch noch einzelne Aufträge zur besseren Auslastung bis zur endgültigen Stilllegung angenommen worden seien.

27

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis nicht.

28

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG statthaft, nachdem sie das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - zugelassen hat. Die Revision rügt die Verletzung materiellen Rechts und genügt insoweit den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG.

29

II. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht von einer Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Bei den beiden Kündigungsschreiben der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010, die fast identisch formuliert sind und auf unterschiedlichen Wegen zugestellt wurden, handelt es sich um eine Kündigung. Auch wenn die Klägerin aus prozessualer Vorsicht beide Schreiben mit formal getrennten Anträgen angegriffen hat, ist dies als einheitlicher Antrag gegen eine einheitliche Kündigung der Beklagten zu 1. auszulegen (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZN 753/09 - Rn. 12, BAGE 133, 28; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38).

30

III. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat über die Wirksamkeit der Kündigungsentscheidung der Beklagten zu 1. nicht selbst entscheiden.

31

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 35). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

32

2. Zur Begründung der Kündigung beruft sich die Beklagte zu 1. darauf, diese sei in Verfolgung ihrer Absicht, den gesamten Betrieb stillzulegen, also aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfolgt. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Behauptung einer beabsichtigten Stilllegung vorliegend weder ein Betriebs- noch ein Betriebsteilübergang entgegensteht.

33

a) Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 30). An einer Stilllegung des Betriebs fehlt es nicht nur dann, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird, sondern auch, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebs im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) veräußert werden. Dann liegt keine Betriebsstilllegung, sondern allenfalls eine Betriebsteilstilllegung vor (BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - Rn. 28). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende Restbetrieb stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - Rn. 41). Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des Restbetriebs einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn die Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet waren (vgl. ErfK/Oetker 15. Aufl. KSchG § 1 Rn. 283).

34

b) Der Betrieb der Beklagten zu 1. ist nicht auf die Beklagte zu 2. übergegangen.

35

aa) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16) - liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 mwN; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39 mwN).

36

(1) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; vgl. auch BAG 10. November 2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 17).

37

(2) Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 ff. mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23. Mai 2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 22; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

38

(3) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; vgl. auch 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, 39 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41; 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 31).

39

(4) Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30).

40

bb) Danach ist vorliegend ein Betriebsübergang zu verneinen.

41

Auch wenn man unterstellt, dass zumindest für die Funktion des Spediteurs dem Personal im Sinne eines Dienstleistungsunternehmens besondere Bedeutung zukommt, hat die Beklagte zu 2. keinen nach Zahl und Sachkunde so wesentlichen Teil des Personals der Beklagten zu 1. übernommen, dass von einem vollständigen Betriebsübergang auszugehen wäre. Mit 113 übernommenen Mitarbeitern hat die Beklagte zu 2. weniger als die Hälfte der Arbeitsverhältnisse fortgeführt. Ob sich unter den übernommenen Mitarbeitern solche mit besonderer Sachkunde befanden, wurde von der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen.

42

Die Beklagte zu 2. hat nur zwei der vormals fünf Geschäftsbereiche übernommen, verfügt also über ein vergleichsweise deutlich eingeschränktes Tätigkeitsfeld.

43

Materielle Betriebsmittel, die früher von der Beklagten zu 1. genutzt wurden, hat die Beklagte zu 2. teilweise übernommen, insbesondere 124 (von insgesamt 252) Lkw. Trotz des hohen finanziellen Wertes dieses Betriebsmittels handelt es sich bei den Lkw um leicht auszutauschende oder schnell zur Verfügung stehende Betriebsmittel, die zudem für die Speditionsfunktion beider Beklagten nicht prägend sind.

44

Entscheidend spricht daher gegen die Annahme des Übergangs des gesamten Betriebs der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2., dass nur zwei von fünf Geschäftsbereichen und weniger als die Hälfte des Personals von der Beklagten zu 2. übernommen wurden und dass der Übergang wesentlicher immaterieller oder materieller Betriebsmittel - abgesehen von den leicht ersetzbaren Lkw - nicht festzustellen ist.

45

c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter auch das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs verneint, sodass die Kündigung der Beklagten zu 1. nicht wegen § 613a Abs. 4 BGB oder wegen einer auch in diesem Fall erforderlichen Sozialauswahl, die unterblieben ist, unwirksam gewesen ist(§ 1 Abs. 3 KSchG).

46

aa) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen (siehe oben B III 2 b aa) des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dabei ist nicht erforderlich, dass die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 ff. mwN; 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 50, Slg. 2009, I-803). Es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 53, aaO; BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Rn. 16).

47

bb) Die von der Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2. abgegebenen Tätigkeiten erfüllen nicht die og. Voraussetzungen einer im Sinne des § 613a BGB übergangsfähigen wirtschaftlichen Einheit, sodass kein Betriebsteilübergang vorliegt.

48

Die Beklagte zu 1. grenzt ihre Geschäftsbereiche und angeblichen Betriebsteile nach Kundenbeziehungen, Art der zu erbringenden Dienstleistung (§§ 407, 453 HGB) und Personaleinsatz ab. Beim Personaleinsatz räumt sie ein, dass Personal eines Geschäftsbereichs auch für einen anderen Geschäftsbereich tätig sein könne, dies werde dann intern verrechnet, da jeder Geschäftsbereich ein eigenes „Profitcenter“ mit eigenen Kostenstellen sei. Sie trägt zwar vor, dass in jedem Bereich Disponenten eingesetzt werden, die nur für diesen Bereich zuständig seien. Eine einheitliche Leitung folgt daraus jedoch ebenso wenig wie eine funktionelle Autonomie. Die Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zu „Profitcentern“ mag ökonomisch sinnvoll sein, weil dann Umsätze, Kosten usw. bestimmten Tätigkeitsfeldern zugeordnet werden können. Das führt aber nicht dazu, dass dadurch eine bestimmte Struktur entstünde, die auf eine wirtschaftliche Einheit schließen ließe. Auch dass bestimmte Fahrer oder Disponenten nur für bestimmte Kunden planen oder fahren, führt nicht bereits zu einer strukturierten Gesamtheit von Personen. Das wäre anders, wenn für bestimmte Kunden spezielle organisatorische Zuständigkeiten bestünden. Dafür fehlen Anhaltspunkte.

49

Hinzu kommt, dass die Identität einer wirtschaftlichen Einheit sich nicht allein aus der bloßen Tätigkeit ergibt, sondern aus mehreren zusammenhängenden Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41 mwN, Slg. 2011, I-95). Ein solcher Zusammenhang ist hier nicht feststellbar. Führungs- und Organisationsstrukturen der einzelnen Geschäftsbereiche sind nicht in hinreichendem Maße vorhanden. Zwar zeigen die von der Beklagten zu 1. vorgelegten Organigramme solche Strukturen. Allein das Organigramm sagt aber noch nichts darüber aus, ob und inwieweit die behauptete Organisationsstruktur auch tatsächlich existiert. Gegen eine Trennung der Geschäftsbereiche spricht, dass Fahrer nach eigenem Vortrag der Beklagten zu 1. bis zu 30 % ihrer Tätigkeit für andere Geschäftsbereiche erbracht haben - ohne näher zu quantifizieren, für wie viele ihrer Fahrer das gilt. Es fehlt jeder Vortrag zur Sachkunde der den Geschäftsbereichen zugeteilten Personen. Es ist nicht ersichtlich, dass sie durch die Ausführung ihrer Aufgaben irgendeine besondere Sachkunde in Bezug auf die Tätigkeit in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich erworben hätten. Mit Ausnahme der „Spezialverkehre“ ist nicht ersichtlich, dass bestimmte Fahrzeuge für bestimmte Aufträge eingesetzt werden mussten. Getrennte Leitungs- und Personalstrukturen sind ebenfalls nicht ersichtlich.

50

3. Die Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Die Beklagte zu 1. beruft sich dazu auf ihre Absicht, den gesamten Betrieb endgültig stillzulegen.

51

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 25; 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 28). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37).

52

Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird (BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 22). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 20). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 23).

53

Bei einer Betriebsstilllegung ist ferner erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 40). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 26). Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die entsprechende Einheit, entsprechend (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - aaO).

54

b) Danach ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigungen des Arbeitsverhältnisses zur Klägerin vom 23. Dezember 2010 seien in Befolgung der Stilllegungsabsicht der Beklagten zu 1. ausgesprochen worden, gründeten also auf einem dringenden betrieblichen Erfordernis, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Handlungen der Beklagten zu 1. lassen eine Stilllegungsabsicht erkennen.

55

aa) Die Beklagte zu 1. hat alle Fahrzeuge an die Vermieter zurückgegeben, an Konzerngesellschaften weitervermietet oder zum Verkauf gestellt. Nach Freistellung des letzten beschäftigten Arbeitnehmers noch vor Ablauf der Kündigungsfrist hatte die Beklagte zu 1. keine Kunden, keine Betriebsmittel und kein Personal mehr, sodass von einer vollständigen Stilllegung ausgegangen werden kann.

56

bb) Dass die Beklagte zu 1. einzelne Zusatzaufträge für Touren angenommen hat, die ohnehin zur Erfüllung bestehender Aufträge notwendig waren, spricht nicht gegen die Stilllegungsabsicht, auch wenn die Auftragsannahmen erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgt sind. Dadurch wurden Leerfahrten vermieden oder reduziert. Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Stilllegungsabsicht ist, dass bis zum Ende der Kündigungsfristen keine Tätigkeiten mehr ausgeführt werden; nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber bis dahin ineffizient arbeitet oder es unterlässt, mögliche Geschäfte zu tätigen. Gleiches gilt für die Begegnungsfahrten in Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2. und der L. Auch hier wurde kein neues Geschäft generiert, sondern die Arbeitsabläufe zwischen drei Unternehmen einer Unternehmensgruppe wurden effizient gestaltet. Dies ist schon deswegen möglich, um die noch nicht freigestellten Arbeitnehmer während ihrer Kündigungsfrist sinnvoll zu beschäftigen.

57

4. Rechtsfehlerhaft ist aber das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG habe es nicht bedurft. Die Sozialauswahl entfiel nicht deshalb, weil die Beklagte zu 1. allen Arbeitnehmern ihres Betriebs gekündigt hat.

58

a) Zwar ist es richtig, dass der Arbeitgeber grundsätzlich keine Sozialauswahl vornehmen muss, wenn er allen Arbeitnehmern seines Betriebs kündigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 3 a der Gründe). Dem liegt aber die Überlegung zugrunde, dass eine Sozialauswahl keinen Sinn mehr macht, wenn - wie bei einer vollständigen Betriebsstilllegung - keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr besteht. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zu 1. bei Ausspruch der Kündigung der Klägerin jedoch nicht mehr geplant, den gesamten Betrieb stillzulegen, sondern es sollte ein Teil der Belegschaft auf die Beklagte zu 2. übertragen werden. Eine Sozialauswahl war in einem solchen Fall nicht entbehrlich, da dem Arbeitnehmer auf diesem Weg sein Arbeitsverhältnis erhalten bleiben konnte (BAG 14. März 2013 - 8 AZR 153/12 - Rn. 41). Den in der „Übernahmevereinbarung“ vom 13./28. Dezember 2010, dort Anlage 4, aufgeführten Arbeitnehmern - aber nicht der Klägerin - stellte sich die erhaltene Kündigung als Erklärung dar, die nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet war. Denn entweder - darauf deutete das begleitende Unterrichtungsschreiben zu einem angeblichen Betriebsübergang hin - verstieß diese Kündigung wegen eines Betriebsteilübergangs gegen § 613a Abs. 4 BGB oder - wenn sich die Übertragung des Geschäftsbereichs nicht als Betriebsteilübergang herausstellen sollte - die Beklagte zu 2. erklärte verbindlich und unwiderruflich, dass sie aus der ausgesprochenen Kündigung der Beklagten zu 1. keine Rechte herleiten werde und die erhaltene Kündigung durch die zu unterschreibende „Erklärung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses“ aus der Welt geräumt werde - was einem gewillkürten Eintritt der Beklagten zu 2. in die Arbeitsverhältnisse der entsprechenden Arbeitnehmer gleichkommt. Beide Beklagten gingen nicht davon aus, dass alle Arbeitsverhältnisse beendet werden sollten. Damit wurde eine Sozialauswahl erforderlich.

59

b) Auf die mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 von der Beklagten zu 1. vorgenommene „Zuordnung“ der Klägerin zum Bereich „Ladungsverkehre“ kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Berufungsgericht hat insoweit im Anschluss an die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG Baden-Württemberg 24. Oktober 2012 - 4 Sa 37/12 -) festgestellt, dass die als „Geschäftsbereiche“ bezeichneten unterschiedlichen Verkehre Teilzwecke des betrieblichen Gesamtzwecks zur Durchführung von Frachtführerleistungen darstellen. Sowohl bei der Frachtführertätigkeit als auch bei der Speditionstätigkeit, also der Tätigkeit der Disponenten, handelt es sich im Kern in sämtlichen Bereichen um dieselben anfallenden Arbeitsaufgaben, wobei die Arbeitnehmer untereinander austauschbar waren und es keine betriebliche Teilorganisation gab.

60

5. Die Kündigung ist aber nicht allein deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1. die notwendige Sozialauswahl unterlassen hat.

61

a) Eine Kündigung ist dann nicht unwirksam, wenn mit der Kündigung des Arbeitnehmers eine - zufällig - vertretbare Auswahlentscheidung getroffen wurde (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48 mwN). Bei der Gewichtung der Auswahlkriterien kommt dem Arbeitgeber ein Wertungsspielraum zu. Die sozialen Gesichtspunkte muss der Arbeitgeber nur „ausreichend“ berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Die Auswahlentscheidung muss vertretbar sein und nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen müssen. Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - aaO; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 64, BAGE 123, 1).

62

b) Für die abgestufte Darlegungslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bereich der sozialen Auswahl gelten folgende Grundsätze: Bei Unkenntnis der für die Sozialauswahl rechtserheblichen Tatsachen genügt der Arbeitnehmer zunächst seiner Darlegungslast, wenn er pauschal die soziale Auswahl beanstandet und den Arbeitgeber auffordert, die Gründe mitzuteilen, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben. Im Umfang seiner materiell-rechtlichen Auskunftspflicht geht damit die Darlegungslast auf den Arbeitgeber über. Als auskunftspflichtige darlegungsbelastete Partei hat der Arbeitgeber sodann die Gründe darzulegen, die ihn (subjektiv) zu der von ihm getroffenen Auswahl veranlasst haben. Kommt der Arbeitgeber der ihm hinsichtlich seiner subjektiven Auswahlüberlegungen obliegenden Darlegungslast vollständig nach, so hat der Arbeitnehmer wieder die volle Darlegungs- und Beweislast für eine objektiv fehlerhafte Auswahlentscheidung. Es kann sich aber unter Umständen bereits aus den Angaben des Arbeitgebers ergeben, dass das Auswahlverfahren objektiv nicht den gesetzlichen Anforderungen der sozialen Auswahl entsprochen hat (zB Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises). Bei einer derartigen Fallgestaltung braucht der Arbeitnehmer zunächst nichts weiter darzulegen, vielmehr spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass auch die Auswahlentscheidung objektiv fehlerhaft und damit die Kündigung sozialwidrig ist. Der Arbeitgeber muss dann näher darlegen, dass trotz Durchführung eines gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Auswahlverfahrens gleichwohl der gekündigte Arbeitnehmer nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG nicht fehlerhaft ausgewählt worden ist(BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 34, BAGE 123, 1). Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilt, welche anderen Arbeitnehmer er für vergleichbar hält und in die Sozialauswahl miteinbezogen hat. Wenn allen diesen Arbeitnehmern gekündigt und keinem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angeboten wurde, hat er bereits durch Nennung der Namen und den Hinweis darauf, dass alle anderen Arbeitnehmer nicht vergleichbar sind, dem Kläger Auskunft über die von ihm zugrunde gelegten Auswahlkriterien, deren Gewichtung und die Namen der seiner subjektiven Auffassung nach in die Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer erteilt (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wird bei den nachzuholenden Feststellungen zur Sozialauswahl diese Fragen zu behandeln haben.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. September 2010 - 9 Sa 343/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den beklagten Insolvenzverwalter.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 1981 bei der R GmbH, der Insolvenzschuldnerin, zunächst in G und Gr und ab dem 1. Mai 2007 in P anfänglich als Werksleiter und ab 1. Januar 2009 als Leiter des Fachbereichs Logistik und stellvertretender Werksleiter zu einer Bruttomonatsvergütung von 7.250,00 Euro beschäftigt.

3

Die Insolvenzschuldnerin stellte komplexe, bis zu 24-lagige Leiterplatten her. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren die B Ltd., die Bl SARL (Luxembourg) sowie die C plc. Das Betriebsgrundstück in P stand im Eigentum der Insolvenzschuldnerin, während ein Großteil der Maschinen und sonstigen Einrichtungen geleast waren. Leasinggeber war die K GmbH bzw. die später mit dieser verschmolzene E mbH (E GmbH). Geschäftsführer und Mitgesellschafter der E GmbH ist Z.

4

Die Insolvenzschuldnerin beantragte unter dem 3. Februar 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte wurde daraufhin zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zum Zwecke der Veräußerung der Betriebe der Insolvenzschuldnerin leitete der Beklagte Ende Februar 2009 ein internationales Bieterverfahren in die Wege, mit dem ein Bankhaus beauftragt wurde. Dazu wurden ua. Broschüren an potentielle Interessenten versandt. Diese waren aufgefordert, bis zum 15. April 2009 ein Angebot abzugeben. Nachdem nur zwei Angebote abgegeben worden waren, die jedoch als inakzeptabel erachtet wurden, beschlossen die Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin unter Mitwirkung des Beklagten am 14. April 2009 die Schließung der Betriebe mit Ablauf des 30. April 2009.

5

Auf einer Versammlung am 16. April 2009 wurden die Mitarbeiter beider Betriebe über die geplanten Betriebsschließungen unterrichtet.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 stellte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des 30. April 2009 von der „weiteren Mitarbeit“ frei. Der Beklagte zeigte unter dem 26. April 2010 gegenüber dem Amtsgericht Kl die Masseunzulänglichkeit an.

7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kl vom 1. Mai 2009 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der R GmbH bestellt. Am 6. Mai 2009 fand eine Sitzung des Gläubigerausschusses statt. Im Sitzungsprotokoll ist ua. festgehalten:

        

„Der Insolvenzverwalter unterrichtet den Gläubigerausschuss darüber, dass aufgrund der rapide weggebrochenen Auftragseingänge und des desaströsen Ergebnisses der Investorensuche der Beschluss zur Einstellung des Betriebsbetriebes gefasst wurde. In Umsetzung dieses Beschlusses sind über 50 % der Mitarbeiter bereits freigestellt worden. Nach Abschluss des entsprechenden Interessenausgleiches und Sozialplanes wird der Unterzeichner sämtlichen Mitarbeitern kündigen und das Unternehmen im Rahmen einer Ausproduktion bis August 2009 fortführen. Auf Grundlage der vorgestellten Liquiditätsplanung ist die Fortführung für diesen Zeitraum sichergestellt.“

8

Unter dem 8./13. Mai 2009 vereinbarten der Beklagte und die Betriebsräte G und P sowie der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser lautet auszugsweise:

        

III. 

        

Es besteht keine Möglichkeit den Geschäftsbetrieb über den 30.04.2009 weiterzuführen. Eine übertragende Sanierung kommt in Ermangelung von Interessenten nicht in Betracht.

        

Vor diesem Hintergrund wurde am 15.04.2009 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin am 30.04.2009 endgültig und auf Dauer einzustellen. Von dieser Entscheidung wurden die Betriebsräte am folgenden Tag in Kenntnis gesetzt.

        

Betriebseinstellung heißt, dass nur solche bestehenden Aufträge abgearbeitet werden, die spätestens mit dem Ablauf der letzten Kündigungsfrist und mit dem sich bis dahin aufgrund unterschiedlich langer Kündigungsfristen ständig reduzierenden Personal noch abgearbeitet werden können. Zur Erhaltung/Mehrung der Insolvenzmasse und Auslastung des Betriebs in der Zeit bis zum Auslauf der Kündigungsfristen der Mitarbeiter vereinbaren beide Parteien, dass nach dieser Maßgabe Neuaufträge angenommen und abgearbeitet werden können, soweit sie noch innerhalb der laufenden Kündigungsfristen der Mitarbeiter abgeschlossen werden können.

        

…       

        

Die Einstellung des Betriebs ist Geschäftsgrundlage des Interessenausgleichs und des Sozialplans. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bei einer eventuellen Fortführung des Unternehmens neu zu verhandeln ist.

                 
        

IV.     

        

…       

        

Die von Kündigungen und Entlassungen betroffenen Mitarbeiter ergeben sich aus der als Anlage dieser Vereinbarung beigefügten Liste. Diese Liste ist keine Namensliste im Sinne der §§ 1 Abs. 5 KSchG i.V.m. § 125 InsO, die mit der vorliegenden Vereinbarung bei Unterzeichnung fest verbunden ist. Diese feste Verbindung bestätigen sich die Parteien mit Unterschrift gegenseitig. Die Liste dient ausschließlich dem Nachweis der ordnungsgemäßen Anhörung nach § 102 BetrVG.“

9

Gleichzeitig wurden Sozialpläne für beide Betriebe vereinbart.

10

Am 14. Mai 2009 erstattete der Beklagte der für die Betriebe in G und P zuständigen Agentur für Arbeit W Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG. Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 bestätigte die Agentur für Arbeit W den Eingang der Anzeige und setzte den Ablauf der Sperrfrist auf den 14. Juni 2009 fest.

11

Mit Schreiben vom 15. Mai 2009, dem Kläger am 16. Mai 2009 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. August 2009 „aus betriebsbedingten Gründen“. Sofern nicht noch behördliche Zulässigkeitserklärungen notwendig waren, wurde auch allen übrigen Mitarbeitern gekündigt.

12

Während etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer bereits freigestellt war, erfolgte mit den übrigen - jedenfalls für Aufträge, die bis Ende August 2009 erledigt werden konnten - die weitere Produktion. Für den Betrieb in G beschloss der Beklagte später, die Ausproduktion bis zum 18. Dezember 2009 zu verlängern. Er beschäftigte dort solche Arbeitnehmer weiter, die im Rahmen von Abwicklungsvereinbarungen die Kündigung mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist akzeptierten.

13

Am 14. August 2009 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts S die Umfirmierung der KLGmbH in LP P GmbH (im Folgenden: LPP) eingetragen. Der Geschäftsgegenstand wurde in: „Die Produktion und der Vertrieb von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen, optoelektronischen und technischen Bauelementen und Geräten und die Ausführung aller Geschäfte, die damit im Zusammenhang stehen“ geändert. Geschäftsführer der LPP wurde zunächst Z. Muttergesellschaft der LPP ist die E GmbH.

14

Im Zeitraum Februar bis Mai 2009 besuchte Z mehrfach den Betrieb in P und erfragte hierbei Auftragsstände, Umsätze und Kosten. Auch führte er mit dem Beklagten Gespräche. Im August 2009 wurde den Arbeitnehmern in P seitens Herrn Z angeboten, für den Zeitraum ab dem 1. September 2009 neue Arbeitsverträge abzuschließen.

15

Seit dem 1. September 2009 führt die LPP den Betrieb zur Herstellung von Leiterplatten in P. Sie hatte das Betriebsgrundstück und die im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel erworben. Von den Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin beschäftigte die LPP jedenfalls etwas weniger als die Hälfte weiter. Den Betrieb in G führt die R I GmbH fort.

16

In einer Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 heißt es unter der Überschrift „R geht nach dramatischen Wochen gestärkt aus der Insolvenz hervor“ ua.:

        

„Durch seine hervorragende Reputation gelang es R selbst in der Insolvenz in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners. Ende Juli konnte für das Werk P mit dem früheren R-Eigentümer Z eine Zukunftslösung gefunden werden.“

17

Für das Betriebsgrundstück in P wurde am 15. Oktober 2009 die Eintragung einer „Erwerbsvormerkung“ zugunsten der LP P GmbH in das Grundbuch mit „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/01.09.2009“ vorgenommen.

18

Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 bestätigte die Firma A GmbH die für den Beklagten vorgenommene Verwertung zweier Gabelstapler, dreier Filterpressen, dreier Kolbenmembranpumpen, eines Systronic Ofens und eines Multilayer-Pressezentrums im Gesamtwert von 31.500,00 Euro.

19

Der Kläger behauptet, es habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der streitgegenständlichen Kündigung keinen endgültigen Betriebsstilllegungsbeschluss gegeben. Als ihm die Kündigung zugegangen sei, habe der Beklagte in Verhandlungen einerseits mit Z, dem Geschäftsführer der LPP, und andererseits mit den Geschäftsführern der Firmengruppe Pr, Ro und E Pr, gestanden. Der Beklagte habe nur vorsorglich für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen gekündigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass Z von Februar bis Mai 2009 mehrmals den Betrieb P besucht habe. Persönlich habe dieser dem Kläger sinngemäß gesagt, dass er zwar keine große Lust für eine Übernahme habe, aber eine Stilllegungsentscheidung verhindern wolle. Dessen Besuche im Betrieb in P seien ohne Einverständnis des Beklagten kaum vorstellbar. Die Motivation des Z ergebe sich ohne Weiteres aus den abgeschlossenen Leasingverträgen, die niemals gekündigt worden seien. Auch aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich, dass er mit Z verhandelt habe. Dabei habe der Beklagte nicht angegeben, wann dies geschehen sei. Bereits am 21. Juli 2009 sei eine Auflassungsvormerkung für die LPP im Grundbuch eingetragen worden, wobei der Notar auf Nachfrage angegeben habe, dass der Kaufvertrag etliche Zeit vor dem 21. Juli 2009 geschlossen worden sei. Seit dem 1. September 2009 produziere die LPP mit den verbliebenen Mitarbeitern unverändert mit denselben Betriebsmitteln in P. Dass der Beklagte nicht von einer Stilllegung ausgegangen sei, ergebe sich auch daraus, dass alle für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Betriebsmittel auch nach dem 1. September 2009 in ausreichender Menge vorhanden gewesen seien, was nur durch entsprechende Vorkehrungen des Beklagten erklärt werden könne. Auch Aufträge seien ab dem 1. September 2009 ausreichend vorhanden gewesen.

20

Im Übrigen hält der Kläger die Kündigung auch nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB für unwirksam.

21

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die Kündigung vom 15. Mai 2009 - dem Kläger zugegangen am 16. Mai 2009 - zum 31. August 2009 aufgelöst wird.

22

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

23

Er behauptet, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches seien keine Verhandlungen über eine Weiterführung des Betriebes in P geführt worden. Vielmehr sei er von der Betriebsstilllegung und Ausproduktion - mit etwas weniger als 50 % der Arbeitnehmer - bis 31. August 2009 ausgegangen, da die Suche nach Investoren erfolglos verlaufen sei. Die Stilllegung sei beschlossen worden, weil die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2008 bei einem Umsatz von über 104 Mio. Euro einen Verlust von mehr als 7 Mio. Euro ausgewiesen habe, der im Wesentlichen durch das Werk in P verursacht worden sei. Eine kostendeckende Produktion sei für die Zukunft nicht abzusehen gewesen. Die Stilllegungsentscheidung habe auch greifbare Formen angenommen gehabt. So sei ein Interessenausgleich abgeschlossen und die Massenentlassungsanzeige erstattet worden. Auch sei allen Arbeitnehmern gekündigt und dies auf Betriebsversammlungen ausreichend kommuniziert worden. Neue Aufträge bzw. Abrufe seien nur dann angenommen worden, wenn diese bis zum 31. August 2009 hätten erledigt werden können. In der Branche der Insolvenzschuldnerin sei es typisch, dass Kunden im Wege eines „letter of intent“ Größenordnungen für jährliche Abrufe ankündigen, verbindliche Abrufe aber erst etwa einen Monat bis eine Woche vor dem Produktionsmonat erfolgen. Die Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagte hätten daher keine Aufträge abzulehnen oder zu kündigen brauchen. Den Kunden sei mitgeteilt worden, dass nur bis zum 31. August 2009 produziert werde. Für die Zeit nach dem 31. August 2009 seien keine Produktionszusagen gegeben worden. Auch habe der Beklagte die Firma A beauftragt, für vorhandene Betriebsmittel, soweit diese nicht mit Sicherungsmitteln belastet oder für die Ausproduktion benötigt würden, Interessenten zu finden. Dass Maschinen veräußert worden seien, ergebe sich aus dem Schreiben der Firma A vom 26. Januar 2010. Wenn Z in P erschienen sei, so sei dies geschehen, um seine Sicherheiten zu prüfen. Jedenfalls habe dieser ihm keine Überlegungen zu einer Betriebsübernahme mitgeteilt. Bl habe sich erstmals im Juli 2009 mit der Frage eines Erwerbs der Betriebsstätte G befasst und im Wege eines „letter of intent“ grundsätzliches Interesse am Standort G mit den bisherigen Produktionsmitteln geäußert. Die von Bl gestellten Bedingungen seien aber zunächst nicht erfüllt worden, so dass das Geschäft „geplatzt“ sei. Da aber Kunden der Einstieg eines Investors schon signalisiert worden sei, habe man die Ausproduktion in G bis 18. Dezember 2009 verlängert. Weitere Verhandlungen mit Bl hätten dann dazu geführt, dass Bl am 14. September 2009 entschieden habe, die im Rahmen der Verhandlungen gestellten Bedingungen als erfüllt anzusehen. Die Muttergesellschaft der LPP, die E GmbH, habe erst im August 2009 angeboten, das Betriebsgrundstück in P und die Betriebseinrichtungen zu erwerben. Nach Zustimmung durch die Gläubigerversammlung am 27. August 2009 sei der Kaufvertrag am 1. September 2009 zustande gekommen. Entscheidend sei, dass eine nachträgliche Entwicklung ohnehin unbeachtlich sei, da es allein auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ankomme.

24

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagtenvertreter auf die Frage, wie sich das Datum 21. Juli 2009 in der Grundbucheintragung zur Vormerkung erklären lasse, ausgeführt, dass es womöglich am 21. Juli 2009 bereits ein Angebot gegeben habe. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben habe.

25

Erstmals in der Revisionsbegründung trägt der Beklagte vor, dass ein Angebot der E GmbH bzw. der LPP erstmalig am 21. Juli 2009 in notariell beglaubigter Form erfolgt sei.

26

Mit Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst wird. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

27

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm zum 31. August 2009 ausgesprochene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgelöst.

28

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die streitgegenständliche Kündigung sei nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehöre die Stilllegung des gesamten Betriebes. Von einer Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers sei auszugehen, wenn dieser seine Absicht unmissverständlich äußere, allen Arbeitnehmern kündige, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöse, die Betriebsmittel, über die er verfügen könne, veräußere und die Betriebstätigkeit vollständig einstelle. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssten greifbare Formen angenommen haben. Keine Stilllegungsabsicht liege vor, wenn der Betrieb veräußert werden solle. Das Bundesarbeitsgericht habe in der alsbaldigen Wiedereröffnung des Betriebes eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht gesehen.

29

Unter Beachtung dieser Maßstäbe stehe zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernstlichen und endgültigen Entschluss gefasst gehabt habe, den Betrieb in P stillzulegen. Für einen solchen Entschluss spreche zwar der Gesellschafterbeschluss - obwohl in diesem von einer Stilllegung zum 30. April 2009 die Rede sei -, der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie die Kündigung aller Mitarbeiter. Gegen eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht spreche jedoch die nahtlose Fortführung des Betriebes durch die LPP und dass es zu einer Stilllegung nicht gekommen sei. Deshalb hätte es des Vortrags weiterer Indizien durch den Beklagten bedurft, um darzulegen, dass er bereits zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ernsthaft und endgültig die Stilllegung beabsichtigt habe. Wenn eine prognostizierte Betriebsstilllegung nicht eingetreten sei, habe dies Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber habe dann konkret darzulegen, welche Maßnahmen er zunächst wann vorgenommen habe, um seine Entscheidung umzusetzen. Er habe im Einzelnen vorzutragen, wann welche nicht vorhergesehene Entwicklung stattgefunden habe. Es komme nicht darauf an, ob der Beklagte bereits bei Zugang der Kündigung ein Angebot der LPP angenommen gehabt habe, da auch ernsthafte Vertragsverhandlungen einen endgültigen und ernsthaften Stilllegungsbeschluss ausschließen würden.

30

Der Beklagte habe nicht vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Vertragsbeziehungen zu Dritten (Miet-, Leasingverträge oder Verträge mit Energieversorgern oder Rohstofflieferanten) zu regeln. Der bloße Vortrag, den Kunden sei das Auslaufen der Produktion mitgeteilt worden, sei zu pauschal, um nachvollziehbar zu machen, weshalb Kunden davon ausgehen mussten, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 stattfinden. Unklar bleibe, warum Kunden auch Bestellungen bzw. Abrufungen für die Zeit nach dem 31. August 2009 in Aussicht gestellt hätten, wenn ihnen doch erklärt worden sein solle, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 erfolgen. Auch zu Rohstofflieferanten fehle jeder Vortrag, was aber angesichts der Fortführung der Produktion am 1. September 2009 notwendig gewesen wäre. Nicht vorgetragen sei, wie es der Beklagte sichergestellt habe, einerseits genügend Rohstoffe für die Ausproduktion zu haben und andererseits unnötige Rohstoffmengen zu vermeiden. Insoweit hätte er vortragen müssen, ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen es mit der LPP gegeben habe. Der Vortrag zur Veräußerung von Betriebsmitteln durch die Firma A sei zu pauschal. Es sei schon nicht erkennbar, ob Betriebsmittel aus G oder P veräußert worden seien. Auch der Zeitpunkt der Beauftragung der Firma A sei unklar. Insbesondere fehle ein Vortrag, wann und aufgrund wessen Initiative es zu konkreten Verhandlungen mit der LPP gekommen sei. Zwar sprechen sowohl die Pressemitteilung als auch der Zeitpunkt der Grundbucheintragung für Gespräche zumindest im Juli 2009. Es wäre aber Sache des Beklagten gewesen, den Ablauf der Kontaktaufnahme sowie den Verhandlungsablauf darzustellen, damit ausgeschlossen werden könne, dass zum Zeitpunkt der Kündigung mögliche Vertragsverhandlungen mit der LPP vorbehalten waren. Schließlich genüge auch der Vortrag zur Freistellung von Mitarbeitern und zur Durchführung des Bieterverfahrens nicht, um von einer endgültigen Stilllegungsabsicht ausgehen zu können.

31

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

32

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

33

I. Der Beklagte ist passivlegitimiert, und zwar unabhängig davon, ob nach Ausspruch der Kündigung und der fristgerechten Erhebung einer Kündigungsschutzklage ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, ist für die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der Kündigung auch nach einem Betriebsübergang passivlegitimiert (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210).

34

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Sie ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz ist auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO zu beachten, wenn es - wie vorliegend - nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet(vgl. BAG 26. Juli 2007 - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324).

35

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51).

36

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.

37

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 14. August 2007 - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht (vgl. BAG 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber sich im Zeitpunkt der Kündigung noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -). Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51; 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - aaO).

38

Auch ist bei einer Betriebsstilllegung erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, dh. die Stilllegung, gegeben sein. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

39

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich nach diesen Grundsätzen demnach systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20).

40

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164). Dies schließt es nicht aus, dass - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose zulässt (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128). Verläuft die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung planmäßig, ist es gerechtfertigt, von einem tragfähigen Konzept im Zeitpunkt der Kündigung auszugehen (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 280). Die im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf entfallen, wird so bestätigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139). Umgekehrt spricht bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes bzw. bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53).

41

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber verpflichtet, substanziiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substanziiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten (BAG 23. März 1984 - 7 AZR 409/82 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 38). Der Umfang der Darlegungslast hängt dabei auch davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung der Kündigung einlässt (vgl. BAG 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 15). Trägt der gekündigte Arbeitnehmer beispielsweise Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Stilllegungsentscheidung nicht ernsthaft getroffen war, weil es Veräußerungsverhandlungen gegeben habe, und kommt es zu einer alsbaldigen Wiedereröffnung bzw. nahtlosen Fortsetzung durch einen Betriebserwerber, so trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Wiedereröffnung bzw. Veräußerung nicht bereits voraussehbar oder gar geplant war (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 279).

42

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beklagte entgegen der ihn treffenden Darlegungslast keine ausreichenden Umstände für die Annahme vorgetragen hat, bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches davon auszugehen gewesen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers werde mit Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr möglich sein.

43

Die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO gewonnene Überzeugung des Tatsachengerichts, ob die vom Beklagten vorgetragenen und vom Kläger bestrittenen Tatsachen den Schluss auf einen endgültigen und ernsthaften Entschluss zur Betriebsstilllegung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen, ist nur beschränkt revisibel(vgl. oben B II 1).

44

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für einen ernsthaften und endgültigen Beschluss, den Betrieb in P stillzulegen, zunächst der Gesellschafterbeschluss vom 14. April 2009 spricht. Gleiches gilt auch für die Information des Gläubigerausschusses durch den Beklagten am 6. Mai 2009. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter berücksichtigt, dass der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und die Massenentlassungsanzeige für eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht sprechen. Dies macht aber nicht entbehrlich, die weiteren Umstände zu würdigen, die - wie die alsbaldige Wiedereröffnung bzw. Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch einen Betriebserwerber - gegen einen ernsthaften, endgültigen Stilllegungsentschluss sprechen. Die Prüfung, ob nach Würdigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Kündigung die im Zusammenhang mit der behaupteten Stilllegungsabsicht getroffenen Maßnahmen bereits „greifbare Formen“ angenommen hatten, die ihrerseits wiederum einen Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsentschlusses zulassen, obliegt zuvörderst dem Tatsachengericht.

45

Angesichts der Veräußerung des Betriebsgrundstückes und materieller Betriebsmittel an die LPP sowie der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch diese in P ab 1. September 2009 begegnet die Würdigung der weiteren Umstände durch das Landesarbeitsgericht keinen Bedenken. Die Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber begründet eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist stattfindet. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. September 1984 (- 2 AZR 309/83 - BAGE 47, 13 = AP BGB § 613a Nr. 39 = EzA BGB § 613a Nr. 40) steht dem nicht entgegen. Zwar könnte ein solcher Bezug zur Kündigungsfrist aus dem Leitsatz Nr. 3c hergeleitet werden. Ein solcher ergibt sich aus den Entscheidungsgründen jedoch nicht. Vielmehr heißt es dort, dass bei alsbaldiger Wiedereröffnung eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht sei nur dann gegeben, wenn ein Betriebsübergang noch innerhalb der individuellen Kündigungsfrist stattfindet. Auch in späteren Entscheidungen des Zweiten Senats findet sich keine Einschränkung auf den Zeitraum der Kündigungsfrist (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - aaO; 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Kommt es noch vor dem beabsichtigten oder alsbald nach dem beabsichtigten Stilllegungstermin zu einer Betriebsfortführung durch einen Betriebserwerber, so spricht die Erfahrung dafür, dass die Verhandlungen bzw. der Abschluss der Rechtsgeschäfte hierfür bereits längere Zeit zuvor stattgefunden haben. Dies rechtfertigt es, an die Betriebsfortführung durch den Unternehmer bzw. einen Erwerber die tatsächliche Vermutung zu knüpfen, zum Zeitpunkt der Kündigung der Arbeitsverhältnisse habe keine endgültige Stilllegungsabsicht bestanden. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, durch näheren Sachvortrag diese Vermutung zu widerlegen.

46

Ohne Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit setzte die LPP ab dem 1. September 2009 die Produktion von Leiterplatten im Betrieb in P mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln fort. Zwar spricht der Inhalt der Grundbucheintragung vom 15. Oktober 2009 „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/ 01.09.2009“ dafür, dass die zur Übertragung des Eigentums notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vom 21. Juli 2009 bzw. 1. September 2009 - also einem Zeitpunkt nach Zugang der Kündigung - stammen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht aber darauf abgestellt, dass auch ernsthafte Veräußerungsverhandlungen zwischen dem Beklagten und der LPP einer ernsthaften Stilllegungsabsicht entgegenstehen. Erfahrungsgemäß gehen vertraglichen Vereinbarungen bzgl. einer Betriebsübernahme und eines Grunderwerbs, die in die Eintragung einer Auflassungsvormerkung münden, langfristige Vorverhandlungen voraus. Demnach ist die Vermutung gerechtfertigt, solche Verhandlungen seien bereits im Mai 2009, dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruches, geführt worden. Dass solche zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) nicht stattfanden, sondern tatsächlich ein endgültiger Stilllegungsentschluss getroffen war, hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

47

Allein die Entlassung von Arbeitnehmern spricht nicht für eine ernsthafte Stilllegungsabsicht, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Kündigungen sozial gerechtfertigt sind (vgl. BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Auch die Freistellung von einzelnen Arbeitnehmern ist kein ausschlaggebendes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss. Solche Freistellungen können nämlich in Absprache mit einem Betriebserwerber auch dazu dienen, angepasst an ein bestimmtes Auftragsvolumen nur bestimmte Leistungsträger zu übernehmen. So wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156), so darf auch nicht allein aus deren Freistellung auf das Vorliegen eines endgültigen Stilllegungsentschlusses des Arbeitgebers geschlossen werden.

48

Auch die finanzielle Situation bei der Insolvenzschuldnerin ist kein Indiz für die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsbeschlusses. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet noch keine Betriebsstilllegung, weil der Insolvenzverwalter den Betrieb weiterführen kann (vgl. BAG 27. November 1986 - 2 AZR 706/85 -).

49

Demnach ist auch die zur Insolvenz führende Überschuldung grundsätzlich kein Indiz für eine Stilllegungsabsicht. Dies gilt im Streitfalle vor allem deshalb, weil der Beklagte die Veräußerung der Insolvenzschuldnerin in einem internationalen Bieterverfahren angesichts der unzureichenden Gewinnsituation angestrebt, also zunächst keine Stilllegung der Betriebe in G und P beabsichtigt hatte. Auch das Scheitern des internationalen Bieterverfahrens spricht nicht zwangsläufig für die Ernsthaftigkeit eines anschließenden Stilllegungsentschlusses, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Dass der Wunsch, einen Betrieb zu veräußern, sich nicht im ersten Anlauf verwirklichen lässt, drängt nicht zwingend den Schluss auf, dass der Arbeitgeber nach dem ersten gescheiterten Versuch das Gegenteil - nämlich die endgültige Betriebsstilllegung - beabsichtigt.

50

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht den Vortrag des Beklagten, er habe den Kunden mitgeteilt, die Insolvenzschuldnerin produziere bis zum 31. August 2009, nicht für die Annahme hat genügen lassen, die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung greifbare Formen angenommen gehabt.

51

Allerdings liegt in der Regel ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt (vgl. APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 489), weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder Veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Erst recht wird der Arbeitgeber langfristige Geschäftsbeziehungen nicht kündigen, wenn eine Betriebsveräußerung bzw. -fortführung beabsichtigt ist. Deshalb begründen organisatorische Vorkehrungen wie der Ausspruch von Kündigungen solcher Geschäftsbeziehungen ein starkes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsbeschluss. Nach eigenem Sachvortrag hat der Beklagte aber weder gegenüber Kunden, Banken, Lieferanten noch gegenüber dem Leasinggeber Kündigungen ausgesprochen. Dass der Beklagte nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erfüllung von Verträgen abgelehnt hat, wird von ihm ebenfalls nicht konkret behauptet. Er trägt vor, er habe im Hinblick auf die in der Branche übliche Verfahrensweise - die Kunden avisierten mit einem „letter of intent“ ein bestimmtes (jährliches) Abrufvolumen und würden dieses dann kurzfristig vor dem gewünschten Liefertermin abrufen - keine Kündigungen aussprechen müssen und deshalb die Kunden darüber informiert, die Insolvenzschuldnerin werde bis zum 31. August 2009 produzieren. Nicht angegeben hat der Beklagte, wann und wie genau diese Information gegeben worden sein soll. Mit diesem Sachvortrag ist der Beklagte seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, da es gerade auf den Zeitpunkt und den Inhalt der Kundeninformation ankommt, wenn daraus auf die Ernsthaftigkeit eines Stilllegungsentschlusses geschlossen werden soll. Hätte der Beklagte die von ihm behauptete Information bspw. erst während laufender Veräußerungsverhandlungen an Kunden gegeben, spräche dies nicht für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss, da damit nur ein Hinweis auf ein Auslaufen der Produktion durch den Beklagten und die künftige Veräußerung des Betriebes verbunden sein könnte. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten bei dem von ihm geschilderten Vertriebsmodell nur mit einer unmissverständlichen Kundeninformation hätte sichergestellt werden können, dass kein Beschäftigungsbedarf über den 31. August 2009 hinaus besteht. Während bei anderen Arbeitgebern das Bemühen um neue Aufträge im Kündigungszeitpunkt einer endgültigen Stilllegungsabsicht entgegensteht, könnte bei dem vom Beklagten geschilderten Vertriebsmodell eine Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf für alle Arbeitnehmer entfallen, dann sichergestellt werden, wenn die Kunden unmissverständlich darüber informiert worden wären, dass Bestellungen und Lieferungen für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung nicht mehr erfolgen können. Dies wird auch am eigenen Sachvortrag des Beklagten zum Betrieb in G deutlich. Dort hatte der Beklagte den Kunden bereits mitgeteilt, ein Investor werde einsteigen, weshalb ein Auftragsvolumen bzw. Abrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 zu verzeichnen waren, welche zunächst eine Verlängerung der Ausproduktion bis in den Dezember 2009 hinein notwendig machten. Eine unmissverständliche Kundeninformation kann dem Vortrag des Beklagten nicht schlüssig entnommen werden. Vielmehr kündigten Kunden der Insolvenzschuldnerin für den Betrieb in P Warenabrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 an bzw. stellten solche in Aussicht. Der Kläger hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass die LPP für die Zeit nach dem 31. August 2009 ausreichend Aufträge vorfand. Schon diese Umstände sprechen gegen eine unmissverständliche Kundeninformation. Weiter kommt in diesem Zusammenhang dem Inhalt der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 Bedeutung zu. Nach dieser ist es der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten durch die hervorragende Reputation der Insolvenzschuldnerin gelungen, „in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners“. Diese Angaben in der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin stehen im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten, er habe nur eine Ausproduktion geplant und die Kunden hierüber informiert. Es wäre deshalb Sache des Beklagten gewesen, konkret anzugeben, wie die behauptete Information der Kunden erfolgt ist und ob sich die in der Pressemitteilung angedeutete werbende Tätigkeit am Markt - „ein neuer Großkunde wurde gewonnen“ - ggf. allein auf den Betrieb in G bezog, weil sich das von beiden Betrieben gefertigte Sortiment ggf. stark unterschied. Die Darlegung des Zeitpunktes und des Inhalts einer Kundeninformation wäre - deren Existenz unterstellt - auch unschwer durch Vorlage von Informationsschreiben möglich gewesen.

52

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, es sei vorbereitet worden, dass pünktlich zum 31. August 2009 die Lieferanten ihre Lieferungen einstellen, weil der Beklagte nicht mehr erfüllen werde, stellt dieser Sachvortrag eine pauschale, nicht überprüfbare Behauptung dar, mit welcher der Beklagte seiner Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht nachgekommen ist. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher auch diesen Vortrag nicht genügen lassen, um „greifbare Formen“ der Stilllegung als Indiz für einen endgültigen Stilllegungsentschluss anzunehmen.

53

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vortrag zur Veräußerung und Verwertung von Betriebsmitteln ergebe sich kein ausreichendes Indiz für eine endgültige, ernsthafte Stilllegungsabsicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, die Firma A habe in seinem Auftrag Betriebsmittel inventarisiert, bewertet und teilweise veräußert. Allerdings ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass dies nur Betriebsmittel betraf, die nicht für die Ausproduktion, dh. eine Produktion mit geringerer Auslastung, benötigt wurden. Eine Beauftragung zur Veräußerung von Betriebsmitteln darüber hinaus, dh. insbesondere eine Beauftragung zur Veräußerung aller im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung, behauptet der Beklagte nicht. Vor allem ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, wann die Beauftragung der Firma A erfolgt ist, so dass es auch denkbar wäre, dass die Beauftragung erst erfolgte, als die Betriebsveräußerung an die LPP unmittelbar bevorstand und in Absprache mit dieser vorgenommen wurde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beklagten nur, dass in G schon Vermessungen der Maschinen und Anlagen sowie Gewichtsklärungen zum Abtransport vorgenommen worden sind. Deshalb liegt es nahe, dass sich die vom Beklagten vorgelegte Bestätigung der Firma A auf Betriebsmittel des Betriebes in G bezieht. Daher wäre auch insoweit ein konkreter Sachvortrag, wann die Beauftragung erfolgte und welchen konkreten Inhalt sie hatte, notwendig gewesen, um mit einer etwaig eingeleiteten Veräußerung von Betriebsmitteln ein Indiz für eine beabsichtigte Stilllegung, die bereits greifbare Formen angenommen hatte, zu liefern.

54

Soweit der Beklagte geltend macht, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches habe er keinerlei Veräußerungsverhandlungen geführt und das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag, wonach erst im August 2009 die E GmbH ein Angebot zum Erwerb des Betriebsgrundstücks unterbreitet habe, übergangen, greift diese Rüge nicht durch. Dieser Sachvortrag war nicht geeignet, die gegen eine Stilllegungsabsicht sprechende Vermutung infolge der tatsächlich ab 1. September 2009 erfolgten Betriebsfortführung zu widerlegen. Der Sachvortrag des Beklagten ist schon zeitlich nicht hinreichend konkret. Zudem enthält er keine Ausführungen zu Art, Inhalt und zeitlichem Rahmen der Vertragsverhandlungen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, vor dem 21. Juli 2009 habe es keine Verhandlungen gegeben. Unstreitig ist vielmehr, dass es Gespräche mit Z gegeben hat. Unklar ist, wann genau diese stattfanden und welchen Inhalt sie hatten. Der Sachvortrag, es habe im August 2009 durch die E GmbH ein Angebot gegeben war schließlich durch die Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht überholt, weshalb sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht näher auseinandersetzen musste. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2010 erklärt, „womöglich habe es am 21.07.2009 bereits ein Angebot gegeben. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben hat“. Mit diesem Vortrag genügte der Beklagte seiner Darlegungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht. Zur Widerlegung der gegen die Stilllegungsabsicht sprechenden Vermutung der Betriebsfortführung hätte der Beklagte konkret dartun müssen, wann und auf wessen Initiative, Verhandlungen mit der LPP oder der E GmbH bzw. mit den für diese handelnden Personen stattgefunden hatten. Nur so wäre auszuschließen, dass eine Betriebsveräußerung schon zum Kündigungszeitpunkt ins Auge gefasst war. Soweit der Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz vorträgt, dass ein Angebot der „E bzw. der LPP GmbH erstmalig am 21.07.2009 in notariell beglaubigter Form“ erfolgt ist, welches bis zum 15. September 2009 habe geprüft werden können, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nicht zu beachtenden neuen Sachvortrag, § 559 Abs. 1 ZPO. Die erhobene Verfahrensrüge nach § 139 Abs. 2 ZPO bleibt demzufolge ohne Erfolg.

55

Auch die übrigen vom Beklagten erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln sind nicht durchgreifend. Insoweit sieht der Senat nach § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG von einer Begründung ab.

56

3. Für den Prüfungsmaßstab und die Darlegungslast des Arbeitgebers ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer ggf. ein Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht, wenn sich die Prognose des Arbeitgebers bezüglich der Betriebsstilllegung als fehlerhaft erweist. Denn der von einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch vermittelte Schutz bleibt hinter dem des Kündigungsschutzgesetzes zurück (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Insbesondere trägt der Arbeitnehmer, der einen Wiedereinstellungsanspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98). Auch erlischt ein möglicherweise entstandener Wiedereinstellungsanspruch, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, was der Fall sein kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz schon mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt und damit Dispositionen getroffen hat (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51). Vor allem kommt nach der Rechtsprechung des Senats ein Wiedereinstellungsanspruch bei einem Betriebsübergang nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bei einer insolvenzbedingten Kündigung ohnehin nicht in Betracht (vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 199/04 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 30).

57

III. Da die streitgegenständliche Kündigung sozial ungerechtfertigt und mithin rechtsunwirksam ist (§ 1 Abs. 1 KSchG), bedarf es keiner Entscheidung, ob die Kündigung auch wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist.

58

C. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. April 2011 - 6 Sa 9/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. Dezember 2010 - 2 Ca 1002/10 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Die Klägerin war seit 1. August 1987 bei der E GmbH (Schuldnerin) und deren Rechtsvorgängerin als Industriekauffrau beschäftigt. Die Schuldnerin vertrieb Teppiche. Für sie waren regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer tätig.

3

Der Arbeitsvertrag vom 22. November 1990 sieht ua. vor:

        

Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

…       

        
        

2.    

Die Gesellschaft behält sich vor, dem Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens bei unveränderten Bezügen auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Eine Versetzung an einen anderen Ort kann nur im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter erfolgen.

        

...     

        
        

Vertragsdauer und Kündigung

        

1.    

Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Vierteljahresschluß durch schriftliche Erklärung gekündigt werden.

                 

…       

        

...“   

4

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 28. Januar 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Der Beklagte wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

5

Die F GmbH, die Linoleumfußböden vertreibt, teilte der Geschäftsführung der Schuldnerin mit, bei ihr fielen erhebliche Arbeitsmengen an. Es bestehe jedoch ein Einstellungsstopp. Die Klägerin war deshalb zunächst bis 31. August 2010 in den Räumen der Schuldnerin für die F GmbH tätig und in deren Betriebsabläufe eingebunden. Das Arbeitsentgelt leistete der Beklagte an die Klägerin. Die Vergütung wurde von der F GmbH erstattet. Später begründeten die Klägerin und die F GmbH ein vom 1. September 2010 bis 31. Dezember 2010 befristetes Arbeitsverhältnis. Mittlerweile steht die Klägerin in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der F GmbH.

6

Am 30. April 2010 schloss der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Betriebsrat. Dort heißt es auszugsweise:

        

„Präambel

        

Mit Beschluss des Amtsgerichts P vom 28.01.2010 wurde über das Vermögen der E GmbH (künftig Schuldnerin genannt) eine vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Es besteht gemäß dem Gutachten nach § 5 InsO eine negative Fortbestehens- und Fortführungsprognose. Da die Marken- und Lizenzrechte für wichtige Produkte an einen Wettbewerber veräußert wurden und die Produktion von Teppichfußböden in P bis spätestens zum 31.08.2010 eingestellt wird, sind sich die Beteiligten darüber einig, dass eine Betriebseinstellung unumgänglich ist.

        

Der Betriebsrat ist über die anstehende Maßnahme umfangreich informiert worden.

        

Die nachfolgenden Regelungen dienen dazu, das Verfahren nach § 122 InsO auf gerichtliche Zustimmung zur Durchführung einer Betriebsänderung bzw. einen Feststellungsantrag nach § 126 InsO zu vermeiden.

        

…       

                 
        

§ 2 Gegenstand der Betriebsänderung

        

Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin in P wird kurzfristig, spätestens bis zum 31.08.2010, stillgelegt. Alle Arbeitsplätze werden entfallen.

        

§ 3 Durchführung der Betriebsänderung - Personalmaßnahmen

        

Aufgrund der in § 2 genannten Maßnahme, die im Einzelnen gegenüber dem Betriebsrat begründet und in diesem erörtert worden ist, besteht Einigkeit darüber, dass es erforderlich ist, sämtliche Arbeitsverhältnisse/Dienstverhältnisse der Beschäftigten unter Beachtung der Kündigungsfristen gemäß § 113 InsO zu kündigen.

        

Lediglich in Einzelfällen wird sich der Arbeitgeber vorbehalten, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen in § 113 InsO auszusprechen.

        

Die Masse wird voraussichtlich nicht zur Bezahlung der Löhne während der verkürzten Kündigungsfrist ausreichen.

        

§ 4 Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG

        

Der Betriebsrat erklärt mit Unterzeichnung dieses Interessenausgleichs, dass er bereits im Rahmen dieser Verhandlungen im Interessenausgleich ordnungsgemäß die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen der berücksichtigten Kündigungsgründe und die Informationen zur Sozialauswahl in einer Liste sämtlicher Arbeitnehmer mit ihren relevanten Sozialdaten (Name, Funktion, Abteilung, Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, lt. Lohnsteuerkarte, individuelle Kündigungsfrist, Schwerbehinderung, Verdienst) erhalten hat und so bereits ordnungsgemäß angehört wurde.

        

Der Betriebsrat hat damit auch eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer erhalten. Der Betriebsrat erklärt, dass er die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis nimmt und keine weitere Stellungnahme abgeben wird und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen sieht.

        

...“   

7

Am 1. Mai 2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter dem 3. Mai 2010. Das Kündigungsschreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau B,

        

mit Beschluss des AG P vom 01.05.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Unterzeichner als Insolvenzverwalter bestellt.

        

Als Insolvenzverwalter spreche ich hiermit die ordentliche

        

Kündigung

        

des Arbeitsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus.

        

Der Kündigungszeitpunkt richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemäß § 622 BGB. Wenn das Arbeitsverhältnis keine 2 Jahre bestanden hat, wirkt die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 2 Jahren endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Besteht das Arbeitsverhältnis mehr als 8 Jahre, so endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Bei noch älteren Arbeitsverhältnissen greift gemäß § 113 Abs. I S. 2 InsO die Kündigung ebenfalls regelmäßig mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats. Die noch längeren Fristen gemäß § 622 Abs. II BGB werden auf die Dreimonatsfrist des § 113 Abs. I S. 2 InsO reduziert. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.

        

Für ein Arbeitsverhältnis, bei dem sich zwar aus § 622 Abs. II BGB eine kürzere als eine dreimonatige Kündigungsfrist ergeben würde, bei dem jedoch einzelvertraglich oder tarifvertraglich eine längere Kündigungsfrist vereinbart ist, wirkt sich § 113 Abs. I S. 2 InsO dahingehend aus, dass die vereinbarte Frist insoweit maßgeblich ist, als sie die Dreimonatsfrist nicht überschreitet. Ist sie länger als diese, so gilt die reduzierte Dreimonatsfrist, so dass solche Arbeitsverhältnisse ebenfalls mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats enden.

        

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis wirkt sich § 113 Abs. I InsO so aus, dass mit der Dreimonatsfrist gekündigt werden kann, sofern der Befristungszeitpunkt später liegt. Läuft die Frist vorher ab, so erlischt das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es dieser Kündigung bedarf.

        

…“    

8

Mit ihrer am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat der Klage das Kündigungsschreiben beigefügt und die beklagte Partei als „RAe K & Partner als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ bezeichnet. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe sich auf ihren Arbeitsplatz nicht auswirken können, weil sie von der F GmbH beschäftigt worden sei. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine Beschäftigung über den 31. August 2010 hinaus nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei die Betriebsratsanhörung unzureichend, weil der Betriebsrat nicht über ihre Tätigkeit für die F GmbH unterrichtet worden sei.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 nicht beendet wird;

        

2.    

den Beklagten im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Industriekauffrau weiterzubeschäftigen.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, wegen der Veräußerung von Marken- und Lizenzrechten durch die Konzernmutter der Schuldnerin sei es rechtlich nicht möglich gewesen, die Teppichfertigung und den Teppichvertrieb über den Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortzusetzen. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens habe noch eine „Ausproduktion“ stattfinden können. Diese Sach- und Rechtslage sei dem Betriebsrat mitgeteilt worden und Grundlage der Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan gewesen. Die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit Zustimmung des Beklagten die Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb mit der Verfahrenseröffnung stillzulegen und das Unternehmen nach der Verfahrenseröffnung abzuwickeln. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin sei mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt worden. Die Abwicklungstätigkeit habe mit dem 31. August 2010, dem Ende der Kündigungsfristen, geendet. Die Außendienstmitarbeiter seien im Wesentlichen durch einen Wettbewerber übernommen worden. Für die verbliebenen Arbeitnehmer sei der Beschäftigungsbedarf entfallen. Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats seien die Arbeitsverhältnisse gekündigt worden. Dem Betriebsrat seien die Sozialdaten der Arbeitnehmer mitgeteilt worden, wie sich schon aus dem Interessenausgleich ergebe. Mit dem Betriebsrat sei über alle Arbeitnehmer gesprochen worden. Ihm sei auch der Einsatz von zwei Arbeitnehmerinnen für die F GmbH bekannt gewesen.

11

Die Parteien haben die Beklagtenbezeichnung vor dem Arbeitsgericht dahin richtiggestellt, dass sich die Klage gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin richte. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Klage weiter abgewiesen wissen.

Entscheidungsgründe

12

A. Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung vom 3. Mai 2010 beendete das Arbeitsverhältnis mit dem 31. August 2010. Der Senat hat deshalb nicht über den Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden.

13

I. Die „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärte Kündigung war darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2010 zu beenden. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigungserklärung sei bereits deswegen unwirksam, weil sie nicht ausreichend bestimmt sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung selbst dann nicht stand, wenn es sich bei dem Kündigungsschreiben um eine nur beschränkt revisible atypische Willenserklärung handeln sollte. Das gilt erst recht, wenn das Kündigungsschreiben eine typische, revisionsrechtlich weiter gehend überprüfbare Erklärung sein sollte. Eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hätte der Senat auch in diesem Fall nicht durchzuführen. Einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders enthalten keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 29 mwN, BAGE 137, 347).

14

1. Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 30 mwN, BAGE 129, 265). Der Erklärungsempfänger muss aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung ua. erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei Zugang der Kündigung muss für ihn bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336).

15

2. Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. Staudinger/Oetker (2012) Vorbem. zu §§ 620 ff. Rn. 125; ähnlich Eisemann NZA 2011, 601, 602). Auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (vgl. Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176; Raab RdA 2004, 321, 326). Eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

16

3. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. September 2010 (- 5 AZR 700/09 - BAGE 135, 255) geht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts von keinen anderen Voraussetzungen für eine hinreichend bestimmte Kündigung aus (aA Ziemann jurisPR-ArbR 3/2011 Anm. 1). Der Fünfte Senat hatte dort zu beurteilen, ob sich bei einer Kündigung, die einen bestimmten Kündigungstermin nennt, durch Auslegung ein anderer Kündigungstermin ermitteln lässt, wenn die Kündigung keine weiteren Angaben enthält. In diesem Zusammenhang hat der Fünfte Senat ausgeführt, auch das Bestimmtheitsgebot stehe der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als dem in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könne (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 27, aaO). Dem ist nicht zu entnehmen, ohne Angabe eines datierten Kündigungstermins handle es sich nicht um eine ausreichend bestimmte Kündigungserklärung. Auch der Fünfte Senat geht davon aus, dass eine Kündigungserklärung in der Regel auslegungsfähig ist.

17

4. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichtsgerichts, die Kündigungserklärung vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ sei unbestimmt, weil der Klägerin nicht das maßgebliche „Rechenprogramm“ (gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen) und die maßgeblichen Tatsachen (insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit) mitgeteilt worden seien, wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das Bestimmtheitsgebot der gebotenen Auslegung nicht entgegensteht (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278; 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336; 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe). Es hat aber nicht den gesamten Inhalt der Kündigungserklärung bei seiner Auslegung verwertet. Zugleich hat das Landesarbeitsgericht Auslegungsgrundsätze verletzt, indem es davon ausgegangen ist, der Beklagte habe der Klägerin Tatsachen - vor allem ihre Betriebszugehörigkeit - mitteilen müssen, um sie in die Lage zu versetzen, den Kündigungstermin zu bestimmen. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ ist als Kündigung zum 31. August 2010 auszulegen. Nur so konnte die Klägerin die Erklärung des Beklagten verstehen.

18

a) Der Zeitpunkt, zu dem die ausdrücklich als ordentliche Kündigung bezeichnete Erklärung vom 3. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis beenden sollte, lässt sich dem Kündigungsschreiben entnehmen. Die Erklärung des Beklagten beschränkt sich nicht auf eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“, sondern gibt zugleich an, nach welchen Vorschriften sich die Kündigungsfrist bestimmt. Das Kündigungsschreiben gibt den Regelungsgehalt von § 622 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB wieder. Zudem wird ausgeführt, dass bei „noch älteren Arbeitsverhältnissen“ nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats gelte. Das Kündigungsschreiben erläutert die Wirkung von § 113 Satz 2 InsO, wenn auch unter Hinweis auf die bis 31. Dezember 2003 geltende Fassung. So führt es aus, dass Fristen, die drei Monate überschritten, nach § 622 Abs. 2 BGB auf die Dreimonatsfrist des „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ reduziert würden. Dargestellt wird ferner, dass einzel- oder tarifvertragliche längere Kündigungsfristen als die Fristen des § 622 Abs. 2 BGB nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ nur insoweit maßgeblich seien, als sie die Dreimonatsfrist nicht überstiegen. Für die Klägerin war deshalb nicht unklar, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis gekündigt werden sollte. Sie konnte der Erklärung entnehmen, dass nach § 113 InsO eine dreimonatige Kündigungsfrist galt, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich war.

19

b) Die Klägerin musste die Erklärung so verstehen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit einer dreimonatigen Frist zum 31. August 2010 gekündigt wurde, ohne dass weitere Angaben des Beklagten erforderlich gewesen wären.

20

aa) Der Arbeitgeber kann in der Regel davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit kennt. Ausnahmsweise - zB im Fall eines zweifelhaften Betriebsübergangs - kann anderes gelten. Für einen solchen Ausnahmetatbestand bestehen hier keine Anhaltspunkte. Im Regelfall der dem Arbeitnehmer bekannten Betriebszugehörigkeit ist die Kündigungserklärung hinreichend bestimmt, wenn das Kündigungsschreiben die maßgeblichen Kündigungsfristen nennt. Der Arbeitnehmer ist dann unschwer in der Lage zu bestimmen, zu welchem „nächstmöglichen Zeitpunkt“ der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte.

21

bb) Die Klägerin konnte anhand ihrer Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 und der im Arbeitsvertrag getroffenen Regelung erkennen, zu welchem Termin die Kündigung vom 3. Mai 2010 wirken sollte. Unter Berücksichtigung der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB konnte sie dem Kündigungsschreiben entnehmen, dass § 113 Satz 2 InsO die Kündigungsfrist in ihrem Fall auf drei Monate verringerte und einen anderen Kündigungstermin als das arbeitsvertraglich vorgesehene Vierteljahresende zuließ. Der Kündigungstermin des 31. August 2010 war daher - für sie ersichtlich - der „nächstmögliche Zeitpunkt“.

22

c) Für die Frage einer ausreichend bestimmten Kündigung ist nicht erheblich, dass im Kündigungsschreiben ausgeführt ist, bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer seien Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres lägen, nicht zu berücksichtigen. Das widerspricht der rechtlichen Einordnung, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB unionsrechtswidrig und wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht anzuwenden ist(vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 43, Slg. 2010, I-365; BVerfG 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - [Honeywell] Rn. 53, BVerfGE 126, 286; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 11; 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 278; 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 16 ff., BAGE 135, 255). Mit Rücksicht auf ihr Lebensalter und ihre Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 konnte die Klägerin jedoch ohne Weiteres erkennen, dass sich die Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB - in jedem Fall auf drei Monate verkürzte.

23

II. Die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 ist wirksam. Sie beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 113 Satz 2 InsO mit dem 31. August 2010.

24

1. Die Kündigungsschutzklage wahrt die Erfordernisse des § 4 Satz 1 KSchG.

25

a) Die Kündigung gilt nicht bereits wegen Zeitablaufs nach § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wurde durch die am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die sich gegen „RAe K & Partner … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ richtete, gewahrt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich die Klage von Anfang an gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes richtete. Die Parteibezeichnung war lediglich ungenau und deswegen richtigzustellen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 41 ff.; 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 18 ff.).

26

b) Zwischen den Parteien bestand bei Zugang der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis.

27

aa) Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist Voraussetzung für die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).

28

bb) Bei der Tätigkeit der Klägerin für die F GmbH handelte es sich nicht um gewerbsmäßige, also erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG idF vom 23. Dezember 2002 (aF).

29

(1) Gewerbsmäßig iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF war jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile gerichtete selbständige Arbeitnehmerüberlassungstätigkeit. Entscheidendes Kriterium war die Gewinnerzielungsabsicht. Dabei kam es nicht darauf an, ob tatsächlich Gewinn erzielt wurde. Gewinnerzielungsabsicht war ua. dann zu verneinen, wenn die Überlassung lediglich gegen Erstattung der Personalkosten erfolgen sollte und der Verleiher dadurch auch mittelbar keine wirtschaftlichen Vorteile erlangte. Zu den Kosten gehörten nicht nur die Kosten der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer selbst, sondern auch die Verwaltungskosten, die beim Verleiher für die Arbeitnehmerüberlassung anfielen (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 32/10 - Rn. 35; 2. Juni 2010 - 7 AZR 946/08 - Rn. 19).

30

(2) Danach überließ der Beklagte die Klägerin nicht gewerbsmäßig an die F GmbH. Ihm fehlte die Gewinnerzielungsabsicht, weil er sich von der F GmbH lediglich das an die Klägerin geleistete Arbeitsentgelt erstatten ließ und darüber hinaus keine unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erzielte.

31

(3) Da der Beklagte keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieb, brauchte er keine Überlassungserlaubnis iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF. Zwischen der Klägerin und der F GmbH konnte daher kein Arbeitsverhältnis kraft gesetzlicher Fiktion nach § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF zustande kommen. Darauf beruft sich die Klägerin auch nicht. Ihre Kündigungsschutzklage wäre sonst bereits aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen, weil bei Zugang der Kündigung nicht länger ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bestanden hätte. Der Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten wäre durch die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis unwirksam geworden (vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 9 AÜG Rn. 2). Auf die Fragen der Wirksamkeit der Kündigung käme es dann nicht mehr an (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).

32

2. Die Kündigung ist formell und materiell wirksam.

33

a) Sie musste neben dem Beklagten nicht auch von der F GmbH erklärt werden.

34

aa) Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, kann ein einheitliches Arbeitsverhältnis begründet sein. Dafür ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen erforderlich, der es verbietet, sie rechtlich getrennt zu behandeln. Ein solcher Zusammenhang kann sich aus der Auslegung der geschlossenen Verträge, aber auch aus zwingenden rechtlichen Wertungen ergeben (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 30). Besteht ein einheitliches Arbeitsverhältnis, kann es im Regelfall nur von allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16 mwN).

35

bb) Hier bestehen keinerlei Anhaltspunkte für ein einheitliches Arbeitsverhältnis. Die vertraglichen Beziehungen des Beklagten, der F GmbH und der Klägerin waren nicht in einer Weise verknüpft, die eine rechtliche Trennung ausschloss. Die Klägerin war nur in den insoweit nicht mehr für den eigenen Betriebszweck genutzten Räumen der Schuldnerin tätig, über die der Beklagte verfügte. Sie war jedoch in die Betriebsabläufe der F GmbH eingebunden. Ihr Entgelt trug wirtschaftlich die F GmbH, die an den Beklagten die erbrachte Leistung erstattete. Die Hauptleistungspflichten bestanden deswegen wirtschaftlich betrachtet ausschließlich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der F GmbH.

36

b) Die Betriebsratsanhörung genügt den Erfordernissen des § 102 BetrVG.

37

aa) Der Insolvenzverwalter ist auch dann verpflichtet, den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG anzuhören, wenn die Betriebsparteien zuvor einen Interessenausgleich geschlossen haben. Die Betriebsratsanhörung unterliegt keinen erleichterten Anforderungen. Der Insolvenzverwalter muss das aus seiner Sicht entfallene Beschäftigungsbedürfnis und die der Sozialauswahl zugrunde liegenden Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Interessenausgleichsverhandlungen bekannt sind, im Anhörungsverfahren allerdings nicht erneut mitteilen. Der Insolvenzverwalter kann das Verfahren nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden. Diese Verbindung ist schon bei Einleitung des Beteiligungsverfahrens klarzustellen und ggf. im Wortlaut des Interessenausgleichs zum Ausdruck zu bringen (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 63 mwN).

38

bb) Der Betriebsrat ist regelmäßig ausreichend über den Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert, wenn die geltende Kündigungsfrist feststeht und der Arbeitgeber klarstellt, dass die Kündigung in naher Zukunft ausgesprochen werden soll (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 516/08 - Rn. 18, BAGE 130, 369; 27. April 2006 - 2 AZR 426/05 - Rn. 21). Der Arbeitgeber kann bei Einleitung des Anhörungsverfahrens häufig nicht sicher beurteilen, zu welchem Zeitpunkt dem Arbeitnehmer die beabsichtigte Kündigung zugehen wird. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber gänzlich offenlässt, mit welcher Frist und zu welchem Termin die geplante Kündigung erklärt werden wird (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 143). Kennt der Betriebsrat die Sozialdaten des Arbeitnehmers und ist die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist anzuwenden, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat regelmäßig nicht die Berechnung der Kündigungsfrist und den konkreten Endtermin mitteilen. Es reicht aus, wenn sich aus der Unterrichtung des Arbeitgebers ergibt, dass es sich um eine ordentliche Kündigung - im Zweifel zum nächsten Kündigungstermin - handelt (vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 64).

39

cc) Nach diesen Grundsätzen unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat ordnungsgemäß.

40

(1) Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Betriebsratsanhörung gemeinsam mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich eingeleitet. Das entspricht § 4 Abs. 1 des vorgelegten und in Bezug genommenen Interessenausgleichs vom 30. April 2010. In § 3 Abs. 1 des Interessenausgleichs ist ausgeführt, dass sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 113 InsO zu kündigen seien. Der Betriebsrat konnte den Verhandlungen über den Interessenausgleich damit entnehmen, dass die Kündigungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden sollten. Das ergibt sich schon daraus, dass § 113 InsO zur Anwendung kommen sollte. In § 3 Abs. 2 des Interessenausgleichs heißt es zwar weiter, dass sich der Arbeitgeber im Einzelfall vorbehalte, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen des § 113 InsO auszusprechen. Die Klägerin reklamiert für sich aber keinen Fall, der von der gewöhnlichen Konstellation der höchstens dreimonatigen Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO abweichen sollte. Der Betriebsrat bestätigte in § 4 Abs. 1 des Interessenausgleichs auch ausdrücklich, dass er im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen, insbesondere über die Sozialdaten und die individuelle Kündigungsfrist, erhalten habe und ordnungsgemäß angehört worden sei. Der Betriebsrat konnte das vom Beklagten geplante Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin deshalb bestimmen.

41

(2) Den Vortrag des Beklagten durfte die Klägerin nicht mit Nichtwissen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten.

42

(a) Hat der Arbeitgeber - wie hier - eine Anhörung des Betriebsrats dargelegt, die den Erfordernissen des § 102 BetrVG entspricht, ist es Sache des Arbeitnehmers, nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig und im Einzelnen auszuführen, in welchen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers zu der Unterrichtung des Betriebsrats für falsch oder unvollständig hält(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 268/07 - Rn. 30; 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 50).

43

(b) Die Klägerin hat eine ausreichende Betriebsratsanhörung zu den Fragen der Kündigungsfrist und des Kündigungszeitpunkts nicht in Zweifel gezogen, nachdem der Beklagte zu der Anhörung des Betriebsrats vorgetragen hatte. Die Klägerin hat in der Folge lediglich bestritten, dass der Betriebsrat zu ihrem Einsatz für die F GmbH und über „die Einstellung der Arbeitnehmerüberlassung“ unterrichtet worden sei. Der Vortrag des Beklagten zu der Unterrichtung des Betriebsrats im Übrigen gilt damit nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen und zu Unrecht darauf abgestellt, das Vorbringen des Beklagten sei unzureichend gewesen, weil der Beklagte keine dem Betriebsrat zugänglich gemachte Liste mit den individuellen Kündigungsfristen vorgelegt habe.

44

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anhörung des Betriebsrats auch nicht mangelhaft, weil der Beklagte dem Gremium Beginn und Ende ihres Einsatzes für die F GmbH nicht mitteilte. Diese Umstände bestimmten den Kündigungsentschluss des Beklagten aus seiner subjektiven Sicht nicht. Die Unterrichtung des Betriebsrats über den für den Beklagten allein maßgeblichen Kündigungsgrund der beabsichtigten vollständigen Betriebsstilllegung bis spätestens 31. August 2010 steht zwischen den Parteien nicht im Streit (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dieser Umstand war in § 2 des Interessenausgleichs vom 30. April 2010 festgehalten.

45

c) Die Kündigung vom 3. Mai 2010 ist sozial gerechtfertigt.

46

aa) Für die Kündigung bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG.

47

(1) Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs. Unter einer Betriebsstilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verstehen. Sie besteht darin, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (st. Rspr., vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 47). Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch auf die beabsichtigte Stilllegung des Betriebs stützen. Er muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst haben, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen. Die geplanten Maßnahmen müssen bei Zugang der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen haben (vgl. nur BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37 f.).

48

(2) Der Beklagte hat ohne erheblichen Gegenvortrag schlüssig dargelegt, dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. August 2010 entfiel.

49

(a) Der Beklagte hat vorgetragen, bereits die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit seiner Zustimmung die Betriebseinstellung bis spätestens 31. August 2010 beschlossen. Hintergrund der Entscheidung sei gewesen, dass auch die Produktion der von der Schuldnerin vertriebenen Teppiche eingestellt worden sei.

50

(aa) Die einer solchen betrieblichen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit, sondern nur darauf zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist ferner, ob die Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfiel (vgl. zB BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 16).

51

(bb) Die Klägerin hat die vom Beklagten vorgebrachte Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, zu keinem Zeitpunkt bestritten. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Stilllegung nicht auf Dauer getroffen wurde, bestehen nicht und sind von der Klägerin nicht behauptet worden.

52

(b) Zur Umsetzung des Stilllegungsbeschlusses wurde am 30. April 2010 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen. Das spricht für die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht des Beklagten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 40). Auch die Klägerin hat nicht vorgebracht, der Betrieb sei tatsächlich nicht eingestellt, sondern nur der Betriebszweck geändert worden, etwa um gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Der Vortrag des Beklagten, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2010 sei der Geschäftsbetrieb, dh. der Vertrieb von Teppichen, eingestellt worden, ist unbestritten geblieben. Der Beklagte kündigte daraufhin unstreitig allen verbliebenen Arbeitnehmern.

53

(c) Es stünde einer ernsthaften Stilllegungsabsicht nicht entgegen, wenn der Beklagte gekündigte Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist noch eingesetzt haben sollte, um vorhandene Aufträge abzuarbeiten. Der Arbeitgeber erfüllt damit lediglich seine Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37; 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 1 a der Gründe). Das gilt entsprechend für den Einsatz der Klägerin in den Räumlichkeiten der Schuldnerin für die F GmbH bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die Klägerin konnte nur für die F GmbH tätig werden, weil der Beklagte keinen Beschäftigungsbedarf für sie hatte. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Klägerin ohne die mit der F GmbH getroffene Vereinbarung voraussichtlich bis zum Ende der Kündigungsfrist freigestellt worden wäre. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, der vom Beklagten verwaltete Betrieb der Schuldnerin sei auf die F GmbH übergegangen. Sie hat nicht in Zweifel gezogen, dass der Betrieb - wie geplant - zum 31. August 2010 eingestellt wurde.

54

bb) Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit war nicht vorhanden.

55

(1) Das geltend gemachte betriebliche Erfordernis ist nicht dringend iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen, freien Arbeitsplatz desselben Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24). Es obliegt dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wenn sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist. Erst danach muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz nicht möglich war (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 50 mwN).

56

(2) Die Klägerin konnte unstreitig nicht auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen des Beklagten weiterbeschäftigt werden.

57

(3) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht bei der F GmbH bestand nicht.

58

(a) Der Beklagte führte mit der F GmbH keinen Gemeinschaftsbetrieb.

59

(aa) Eine Weiterbeschäftigungspflicht auf freien Arbeitsplätzen eines anderen Unternehmens kommt in Betracht, wenn das kündigende Unternehmen mit dem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt. Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht besteht jedoch nicht, wenn es den Gemeinschaftsbetrieb bei Zugang der Kündigung als solchen bereits nicht mehr gibt. Mit der Beseitigung der einheitlichen Leitungsstruktur ist der Unternehmer des stillzulegenden Betriebs rechtlich nicht mehr in der Lage, eine Weiterbeschäftigung im fortgeführten Betrieb des anderen Unternehmens durchzusetzen (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 53 mwN).

60

(bb) Die Klägerin hat schon nicht behauptet, die Schuldnerin oder der Beklagte und die F GmbH hätten zu irgendeinem Zeitpunkt einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet. Ein solcher Gemeinschaftsbetrieb wäre aufgrund der Stilllegung des Betriebs der Schuldnerin durch den Beklagten spätestens zum 31. August 2010 aufgelöst worden. Der Beklagte hätte nicht durchsetzen können, dass die Klägerin von der F GmbH weiterbeschäftigt wird.

61

(b) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern bestand nicht.

62

(aa) Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 58 mwN).

63

(bb) Die Klägerin hat bereits nicht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür dargelegt, dass die F GmbH sowie die Schuldnerin und später der Beklagte einen Konzern iSv. § 18 Abs. 1 oder 2 AktG bildeten.

64

(cc) Die Klägerin hat auch keinen Konzernbezug ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.

65

(aaa) Der mit der Schuldnerin geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine konzernweite „Versetzungsmöglichkeit“ nicht vor.

66

(bbb) Der Beklagte übt als Insolvenzverwalter ein ihm vom Gesetz übertragenes Amt aus. Er ist Rechtsnachfolger der Schuldnerin. Schon deswegen ist nicht ersichtlich, wie er auf die „Versetzung“ der Klägerin zur F GmbH bestimmenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss hätte nehmen können (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 59 mwN). Auch nach dem Vortrag der Klägerin ergibt sich lediglich eine Absprache zwischen der Geschäftsführung der Schuldnerin oder dem Beklagten und der F GmbH. Danach war der Einsatz der Klägerin für die F GmbH bis 31. August 2010 vorgesehen. Die Klägerin hat nicht behauptet, der Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie die Arbeit für die F GmbH zum 1. September 2010 erneut aufnahm, habe darauf beruht, dass sich die F GmbH gegenüber dem Beklagten zur „Übernahme“ der Klägerin verpflichtet gehabt habe. Sie hat auch nicht geltend gemacht, eine sog. Unterbringungsverpflichtung des Beklagten habe ausnahmsweise aus sonstigen Umständen hergerührt (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 56 ff. mwN).

67

cc) Der Beklagte musste keine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG treffen. Er beschäftigte über den Kündigungstermin hinaus keine vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer.

68

B. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Oye    

        

    Jerchel    

                 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten zu 1. erklärten ordentlichen Kündigungen sowie um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist.

2

Die 1970 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin war bei der Beklagten zu 1. seit 1990 als Speditionskauffrau, zuletzt in der Sachbearbeitung für Großkunden im Sammelguteingang, beschäftigt. Ihr letztes Bruttomonatsgehalt betrug 2.881,66 Euro.

3

Die Beklagte zu 1. betreibt ein Unternehmen des Speditions- und Transportgewerbes und ist Teil der „B-Gruppe“. Ihr Hauptsitz war R, daneben unterhielt sie Standorte in M, P und W. Die Beklagte zu 1. beschäftigte zuletzt regelmäßig 280 Mitarbeiter. Ein Betriebsrat war für ihren Betrieb in R, dem auch die Klägerin angehörte, nicht gebildet.

4

Bis 30. September 2010 unterhielt die Beklagte zu 1. folgende sog. „Geschäftsbereiche“:

        

-       

„Ladungsverkehre“, worunter Komplettladungen für nur einen Kunden zu verstehen sind. Diesen Geschäftsbereich unterteilte die Beklagte zu 1. in „Ladungsverkehre R“ und „Ladungsverkehre M“.

        

-       

„Gebietsspedition/Nahversorgung und Werksversorgung“, worunter die Beklagte zu 1. die Abholung von Materialien von Lieferanten für einen Produktionsbetrieb bei Umschlag an einem Konsolidierungspunkt versteht.

        

-       

„Spezialverkehre“, dh. der Verkehr mit Silofahrzeugen, Tankfahrzeugen und Kipperfahrzeugen.

        

-       

„Nationale Stückgutverkehre/Systemverkehre“, worunter eine besondere Art des Stückguttransports zusammengefasst wurde, bei dem von unterschiedlichen Mitgliedern eines „Zusammenschlusses Systemverkehre“ verschiedenartige Güter zu abgesprochenen Konsolidierungspunkten verbracht und von dort wieder verteilt wurden.

        

-       

„Hafenverkehre“, dh. die Verschiffung von Waren ab Hafen P. Hier beschäftigte die Beklagte zu 1. keine Kraftfahrer.

5

Die Geschäftsbereiche bildeten jeweils ein „Profitcenter“ mit eigener Kostenstelle. Jedem Geschäftsbereich waren ein oder mehrere Disponenten zur Planung der Verkehre zugewiesen.

6

Den Geschäftsbereich „Nationale Stückgutverkehre“ stellte die Beklagte zu 1. zum 30. September 2010 ein.

7

Am 4. November 2010 veräußerte die Beklagte zu 1. durch Outsourcing- und Kaufvertrag zahlreiche Aktiva des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung“ an die L GmbH (L). Verkauft wurden Anlagevermögen und Kundenverträge, jedoch keine Fahrzeuge. Die Beklagte zu 1. und L gingen im Vertrag davon aus, dass es sich um einen Betriebsteilübergang iSd. § 613a BGB handele. In einer Anlage zum Kaufvertrag wurden diejenigen Arbeitnehmer benannt, die dem Speditionsbereich dieses Geschäftsbereichs zugeordnet gewesen sein sollen, wobei die L erklärte, in diese Arbeitsverhältnisse eintreten zu wollen. Sodann schlossen die Beklagte zu 1. und L mit Wirkung ab 1. Dezember 2010 einen Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen durch die Beklagte zu 1. Dieses Vertragsmodell ging also von einer Trennung der von L erworbenen Speditionsleistungen und der von der Beklagten zu 1. im Auftrag durchgeführten Frachtführerleistungen aus.

8

Am 6. Dezember 2010 fand eine Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. statt. Gesellschafterin der Beklagten zu 1. ist die B Holding GmbH & Co. KG. Komplementärin dieser Gesellschaft ist die B Holding GmbH, die vertreten wird durch den Geschäftsführer Bö. Ausweislich des vorgelegten Protokolls hat die Gesellschafterversammlung beschlossen:

        

„Die Gesellschafterversammlung beschließt die Stilllegung und Beendigung des Geschäftsbetriebes der B I GmbH zum 31. Dezember 2010 an sämtlichen Standorten.

        

Soweit bis zur Beendigung noch bestehender Kundenverträge eine Abwicklung über den 31.12.2010 hinaus notwendig sein sollte, ist dem im Rahmen der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung Rechnung zu tragen.

        

Die Geschäftsführung wird mit der Durchführung aller hierzu erforderlichen Maßnahmen beauftragt. Dies umfasst insbesondere die vorzeitige Beendigung von Kundenverträgen zu vertretbaren wirtschaftlichen Konditionen sowie die Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern.“

9

Daraufhin hoben die Beklagte zu 1. und L am 10. Dezember 2010 ihren gerade geschlossenen Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen zum 31. Dezember 2010 wieder auf. Die L übertrug nunmehr ihre Frachtführerleistungen mit Wirkung ab 1. Januar 2011 auf die ebenfalls der B-Gruppe zugehörige Beklagte zu 2.

10

Im Geschäftsbereich „Spezialverkehre“ hob die Beklagte zu 1. ihre bestehenden Verträge zur Erbringung von Speditions- und Frachtführerleistungen mit der „I GmbH & Co. KG“ sowie der „D GmbH“ zum 31. Dezember 2010 auf. Auch die „Spezialverkehre“ sollten ab dem 1. Januar 2011 durch die Beklagte zu 2. durchgeführt werden. Dazu bot die Beklagte zu 1. der Beklagten zu 2. am 13. Dezember 2010 eine „Übernahmevereinbarung“ an, die die Beklagte zu 2. am 28. Dezember 2010 annahm. Diese lautet ua. wie folgt:

        

1. Vorbemerkungen

        

(1)     

B ist ein Unternehmen der Speditions- und Transportbranche und auf nationale sowie internationale Verkehre spezialisiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 6.12.2010 wurde die Betriebsstilllegung von B beschlossen, woraufhin mit den größten Kunden für Transporte im Bereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ sowie ‚Spezialverkehre’ Aufhebungsvereinbarungen über die Einstellung der Transporte zum 31.12.2010 abgeschlossen wurde.

        

(2)     

M wird die vorgenannten Transporte des Geschäftsbereichs ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ sowie ‚Spezialverkehre’ ab dem 1.1.2011 durchführen. Um die hierfür erforderliche Transportkapazität bereitstellen zu können, mietet M von B, bzw. dem jeweiligen Eigentümer die bislang im Geschäftsbereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ eingesetzten LKW und Zugmaschinen und übernimmt das diesem Bereich zugeordnete Fahr- und Dispositionspersonal.

                 

…       

        

3. Arbeitnehmer

        

(1)     

Die Parteien gehen davon aus, dass es sich bei dem in diesem Vertrag geregelten Sachverhalt um die Übertragung von Betriebsteilen gemäß § 613a Absatz (1) S. 1 BGB handelt. Die Käuferin tritt daher mit Wirkung zum 01.01.2011 gemäß § 613a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den am 01.01.2011 bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Arbeitnehmern, die dem Geschäftsbereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ zuzuordnen sind, ein. Diejenigen Arbeitnehmer, die diesem Geschäftsbereich zuzuordnen sind, sind in Anlage 4 aufgeführt.“

11

Nach einem der Übernahmevereinbarung beigefügten Rahmenmietvertrag sollte die Beklagte zu 1. laufend Kraftfahrzeuge, insbesondere Zugmaschinen, Sattelauflieger, Anhänger, Pkw und Lastkraftwagen an die Beklagte zu 2. vermieten. Dabei solle sich der Bestand an vermieteten Fahrzeugen von Monat zu Monat ändern können. In der Anlage 4 war die Klägerin unter den diesem Geschäftsbereich zuzuordnenden Arbeitnehmern nicht aufgeführt.

12

Der Bereich „Hafenverkehre“ wurde mit Vertrag vom 15. Dezember 2010 zum 24. Dezember 2010 an die I GmbH & Co. KG veräußert.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 teilte die Beklagte zu 1. der Klägerin mit, dass sie seit dem 1. Dezember 2010 dem Bereich „Ladungsverkehre“ angehöre. Auch die anderen Mitarbeiter der Beklagten zu 1. erhielten ein solches Schreiben, mit dem ihnen ihre Zuordnung zu den Geschäftsbereichen mitgeteilt wurde.

14

Die Beklagte zu 1. zeigte am 20. Dezember 2010 gegenüber der Agentur für Arbeit R die Entlassung von 251 der insgesamt 280 Arbeit-nehmer des Hauptbetriebs R an. Als Entlassungsgrund hat sie „Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs“ angegeben. Die Agentur für Arbeit bestätigte den Eingang dieser Anzeige mit Schreiben vom 20. Dezember 2010.

15

Mit zwei fast inhaltsgleichen Kündigungsschreiben, die auf den 23. Dezember 2010 datiert wurden und welche der Klägerin am 27. Dezember 2010 zugingen, kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. Juli 2011. Das eine Kündigungsschreiben wurde durch Einwurfeinschreiben, das zweite durch Einschreiben gegen Rückschein zugestellt.

16

Vergleichbare Kündigungsschreiben erhielten alle Mitarbeiter der Beklagten zu 1. Die in der Anlage 4 der Übernahmevereinbarung mit der Beklagten zu 2. aufgeführten Arbeitnehmer erhielten jedoch zusätzlich ein Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang. Darin wurde ua. mitgeteilt, dass die Beklagte zu 2. unwiderruflich erkläre, aus der von der Beklagten zu 1. ausgesprochenen Kündigung nach dem Betriebsübergang keine Rechte herzuleiten und das Arbeitsverhältnis zu den bislang bestehenden Bedingungen so weiterzuführen, als ob die Kündigung nicht ausgesprochen worden sei. Die betroffenen Arbeitnehmer sollten eine beigefügte formularmäßige „Erklärung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses“ unterschreiben, in der sie das Angebot zur Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. annehmen und gleichzeitig auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB verzichten sollten.

17

Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2011 erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage.

18

Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nochmals ordentlich zum 29. Februar 2012. Auch diese Kündigung griff die Klägerin gerichtlich an.

19

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, eine vollständige Stilllegung zum 31. Dezember 2010 habe die Beklagte zu 1. nicht beschlossen. Bereits der Stilllegungsbeschluss der Gesellschafter vom 6. Dezember 2010 sei widersprüchlich. Im Schreiben vom 17. Dezember 2010 werde dann mitgeteilt, eine „Neuausrichtung“ der Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche sei notwendig, ohne von einer Einstellung des Betriebs zu sprechen. Die Beklagte zu 1. habe auch nach Ende 2010 noch Frachtaufträge ausgeführt. Der Übergang von 143 Arbeitnehmern auf die Beklagte zu 2. sowie von 85 auf die L und der Rahmenmietvertrag mit der Beklagten zu 2. sprächen gegen eine vollständige Stilllegung. In Wahrheit habe es sich um einen Betriebs-, jedenfalls aber um einen Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2. gehandelt. Daher sei ihr Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2011 auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Die von der Beklagten zu 1. mitgeteilte „Zuordnung“ der Arbeitnehmer zu den verschiedenen Geschäftsbereichen sei teils zufällig, teils willkürlich erfolgt. Jedenfalls sei eine Sozialauswahl erforderlich gewesen, die nicht stattgefunden habe. Auch die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft gewesen.

20

Soweit für die Revision von Bedeutung hat die Klägerin zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die per Einwurf-einschreiben zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Juli 2011 beendet werde,

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die per Einschreiben mit Rückschein zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Juli 2011 beendet werde,

        

3.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28. Juli 2011 zum 29. Februar 2012 ende,

        

4.    

festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. seit 1. Januar 2011 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestehe.

21

Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt. Zur Begründung hat die Beklagte zu 1. darauf verwiesen, unternehmerisch entschieden zu haben, selbst keine operativen Tätigkeiten mehr durchzuführen. Während sich nach dem Gesellschafterbeschluss vom 6. Dezember 2010 die Möglichkeit einer Übernahme des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition“ durch die Beklagte zu 2. ergeben habe, sei es für den Restbetrieb bei der beschlossenen Stilllegung geblieben. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1. noch bis in den April 2011 hinein Aufträge zur Reduzierung von Leerfahrten angenommen habe. Diese Aktivitäten hätten in der Größenordnung von einem Prozent des bisherigen Umsatzes gelegen. Die Geschäftsbereiche seien durch die Bildung von Profitcentern mit eigenen Kostenstellen klar gegeneinander abgegrenzt gewesen. Im Falle von Unterbeauftragungen anderer Geschäftsbereiche sei eine Verrechnung zwischen den Kostenstellen erfolgt. Die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Geschäftsbereichen sei daher nicht willkürlich erfolgt.

22

Sofern es sich im Falle des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition“ nicht um einen Betriebs(teil-)übergang gehandelt habe, müsse von einer vollständigen Stilllegung des Betriebs der Beklagten zu 1. ausgegangen werden. Nach dem 30. April 2011 seien nur noch wenige Mitarbeiter mit Abwicklungsaufgaben betraut gewesen. Anfang Mai 2011 sei auch das letzte Fahrzeug des Standorts R zum Verkauf gestellt worden.

23

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungen zum 31. Juli 2011 für unwirksam gehalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1. hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

24

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

25

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Den gesamten Betrieb der Beklagten zu 1. könne die Beklagte zu 2. auch in Ansehung des Übernahmevertrages vom 13./28. Dezember 2010 nicht übernommen haben, da Gegenstand des Übernahmevertrages nicht die Geschäftsbereiche „Hafenverkehre“, „Systemverkehre“ und „Ladungsverkehre“ gewesen seien. Dem entspreche es, dass die Beklagte zu 2. lediglich 113 von 280 Mitarbeitern und 124 von 252 Lkw übernommen habe. Von einer Wahrung der wirtschaftlichen Einheit könne daher nicht gesprochen werden. Auch ein Betriebsteilübergang der Geschäftsbereiche „Gebietsspedition“ und „Spezialverkehre“ auf die Beklagte zu 2. liege nicht vor. Organisatorisch selbständige Einheiten stellten die von der Beklagten zu 1. geführten Geschäftsbereiche nicht dar. Der Geschäftszweck aller Geschäftsbereiche sei bei der Beklagten zu 1. die Erbringung von Fuhrdienstleistungen aller Art gewesen. Die Aufteilung in Profitcenter habe der Klärung von Kosten- und Ertragsstrukturen gedient. Dies sei für die Annahme abgrenzbarer Betriebsteile jedoch ohne Belang, zumal bei der Beklagten zu 1. jeder Fahrer grundsätzlich in der Lage gewesen sei, jedes Fahrzeug jedes Geschäftsbereichs ohne zusätzliches Anlernen zu beherrschen. In Ermangelung abgrenzbarer Betriebsteile scheide daher auch ein Betriebsteilübergang aus.

26

Bei Ausspruch der Kündigung am 23. Dezember 2010 habe die ernsthafte Stilllegungsabsicht der Beklagten zu 1. noch bestanden. Diese werde auch nicht dadurch widerlegt, dass nach Kündigungsausspruch noch einzelne Aufträge zur besseren Auslastung bis zur endgültigen Stilllegung angenommen worden seien.

27

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis nicht.

28

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG statthaft, nachdem sie das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - zugelassen hat. Die Revision rügt die Verletzung materiellen Rechts und genügt insoweit den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG.

29

II. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht von einer Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Bei den beiden Kündigungsschreiben der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010, die fast identisch formuliert sind und auf unterschiedlichen Wegen zugestellt wurden, handelt es sich um eine Kündigung. Auch wenn die Klägerin aus prozessualer Vorsicht beide Schreiben mit formal getrennten Anträgen angegriffen hat, ist dies als einheitlicher Antrag gegen eine einheitliche Kündigung der Beklagten zu 1. auszulegen (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZN 753/09 - Rn. 12, BAGE 133, 28; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38).

30

III. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat über die Wirksamkeit der Kündigungsentscheidung der Beklagten zu 1. nicht selbst entscheiden.

31

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 35). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

32

2. Zur Begründung der Kündigung beruft sich die Beklagte zu 1. darauf, diese sei in Verfolgung ihrer Absicht, den gesamten Betrieb stillzulegen, also aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfolgt. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Behauptung einer beabsichtigten Stilllegung vorliegend weder ein Betriebs- noch ein Betriebsteilübergang entgegensteht.

33

a) Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 30). An einer Stilllegung des Betriebs fehlt es nicht nur dann, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird, sondern auch, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebs im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) veräußert werden. Dann liegt keine Betriebsstilllegung, sondern allenfalls eine Betriebsteilstilllegung vor (BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - Rn. 28). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende Restbetrieb stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - Rn. 41). Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des Restbetriebs einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn die Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet waren (vgl. ErfK/Oetker 15. Aufl. KSchG § 1 Rn. 283).

34

b) Der Betrieb der Beklagten zu 1. ist nicht auf die Beklagte zu 2. übergegangen.

35

aa) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16) - liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 mwN; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39 mwN).

36

(1) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; vgl. auch BAG 10. November 2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 17).

37

(2) Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 ff. mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23. Mai 2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 22; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

38

(3) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; vgl. auch 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, 39 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41; 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 31).

39

(4) Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30).

40

bb) Danach ist vorliegend ein Betriebsübergang zu verneinen.

41

Auch wenn man unterstellt, dass zumindest für die Funktion des Spediteurs dem Personal im Sinne eines Dienstleistungsunternehmens besondere Bedeutung zukommt, hat die Beklagte zu 2. keinen nach Zahl und Sachkunde so wesentlichen Teil des Personals der Beklagten zu 1. übernommen, dass von einem vollständigen Betriebsübergang auszugehen wäre. Mit 113 übernommenen Mitarbeitern hat die Beklagte zu 2. weniger als die Hälfte der Arbeitsverhältnisse fortgeführt. Ob sich unter den übernommenen Mitarbeitern solche mit besonderer Sachkunde befanden, wurde von der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen.

42

Die Beklagte zu 2. hat nur zwei der vormals fünf Geschäftsbereiche übernommen, verfügt also über ein vergleichsweise deutlich eingeschränktes Tätigkeitsfeld.

43

Materielle Betriebsmittel, die früher von der Beklagten zu 1. genutzt wurden, hat die Beklagte zu 2. teilweise übernommen, insbesondere 124 (von insgesamt 252) Lkw. Trotz des hohen finanziellen Wertes dieses Betriebsmittels handelt es sich bei den Lkw um leicht auszutauschende oder schnell zur Verfügung stehende Betriebsmittel, die zudem für die Speditionsfunktion beider Beklagten nicht prägend sind.

44

Entscheidend spricht daher gegen die Annahme des Übergangs des gesamten Betriebs der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2., dass nur zwei von fünf Geschäftsbereichen und weniger als die Hälfte des Personals von der Beklagten zu 2. übernommen wurden und dass der Übergang wesentlicher immaterieller oder materieller Betriebsmittel - abgesehen von den leicht ersetzbaren Lkw - nicht festzustellen ist.

45

c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter auch das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs verneint, sodass die Kündigung der Beklagten zu 1. nicht wegen § 613a Abs. 4 BGB oder wegen einer auch in diesem Fall erforderlichen Sozialauswahl, die unterblieben ist, unwirksam gewesen ist(§ 1 Abs. 3 KSchG).

46

aa) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen (siehe oben B III 2 b aa) des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dabei ist nicht erforderlich, dass die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 ff. mwN; 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 50, Slg. 2009, I-803). Es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 53, aaO; BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Rn. 16).

47

bb) Die von der Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2. abgegebenen Tätigkeiten erfüllen nicht die og. Voraussetzungen einer im Sinne des § 613a BGB übergangsfähigen wirtschaftlichen Einheit, sodass kein Betriebsteilübergang vorliegt.

48

Die Beklagte zu 1. grenzt ihre Geschäftsbereiche und angeblichen Betriebsteile nach Kundenbeziehungen, Art der zu erbringenden Dienstleistung (§§ 407, 453 HGB) und Personaleinsatz ab. Beim Personaleinsatz räumt sie ein, dass Personal eines Geschäftsbereichs auch für einen anderen Geschäftsbereich tätig sein könne, dies werde dann intern verrechnet, da jeder Geschäftsbereich ein eigenes „Profitcenter“ mit eigenen Kostenstellen sei. Sie trägt zwar vor, dass in jedem Bereich Disponenten eingesetzt werden, die nur für diesen Bereich zuständig seien. Eine einheitliche Leitung folgt daraus jedoch ebenso wenig wie eine funktionelle Autonomie. Die Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zu „Profitcentern“ mag ökonomisch sinnvoll sein, weil dann Umsätze, Kosten usw. bestimmten Tätigkeitsfeldern zugeordnet werden können. Das führt aber nicht dazu, dass dadurch eine bestimmte Struktur entstünde, die auf eine wirtschaftliche Einheit schließen ließe. Auch dass bestimmte Fahrer oder Disponenten nur für bestimmte Kunden planen oder fahren, führt nicht bereits zu einer strukturierten Gesamtheit von Personen. Das wäre anders, wenn für bestimmte Kunden spezielle organisatorische Zuständigkeiten bestünden. Dafür fehlen Anhaltspunkte.

49

Hinzu kommt, dass die Identität einer wirtschaftlichen Einheit sich nicht allein aus der bloßen Tätigkeit ergibt, sondern aus mehreren zusammenhängenden Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41 mwN, Slg. 2011, I-95). Ein solcher Zusammenhang ist hier nicht feststellbar. Führungs- und Organisationsstrukturen der einzelnen Geschäftsbereiche sind nicht in hinreichendem Maße vorhanden. Zwar zeigen die von der Beklagten zu 1. vorgelegten Organigramme solche Strukturen. Allein das Organigramm sagt aber noch nichts darüber aus, ob und inwieweit die behauptete Organisationsstruktur auch tatsächlich existiert. Gegen eine Trennung der Geschäftsbereiche spricht, dass Fahrer nach eigenem Vortrag der Beklagten zu 1. bis zu 30 % ihrer Tätigkeit für andere Geschäftsbereiche erbracht haben - ohne näher zu quantifizieren, für wie viele ihrer Fahrer das gilt. Es fehlt jeder Vortrag zur Sachkunde der den Geschäftsbereichen zugeteilten Personen. Es ist nicht ersichtlich, dass sie durch die Ausführung ihrer Aufgaben irgendeine besondere Sachkunde in Bezug auf die Tätigkeit in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich erworben hätten. Mit Ausnahme der „Spezialverkehre“ ist nicht ersichtlich, dass bestimmte Fahrzeuge für bestimmte Aufträge eingesetzt werden mussten. Getrennte Leitungs- und Personalstrukturen sind ebenfalls nicht ersichtlich.

50

3. Die Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Die Beklagte zu 1. beruft sich dazu auf ihre Absicht, den gesamten Betrieb endgültig stillzulegen.

51

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 25; 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 28). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37).

52

Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird (BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 22). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 20). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 23).

53

Bei einer Betriebsstilllegung ist ferner erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 40). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 26). Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die entsprechende Einheit, entsprechend (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - aaO).

54

b) Danach ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigungen des Arbeitsverhältnisses zur Klägerin vom 23. Dezember 2010 seien in Befolgung der Stilllegungsabsicht der Beklagten zu 1. ausgesprochen worden, gründeten also auf einem dringenden betrieblichen Erfordernis, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Handlungen der Beklagten zu 1. lassen eine Stilllegungsabsicht erkennen.

55

aa) Die Beklagte zu 1. hat alle Fahrzeuge an die Vermieter zurückgegeben, an Konzerngesellschaften weitervermietet oder zum Verkauf gestellt. Nach Freistellung des letzten beschäftigten Arbeitnehmers noch vor Ablauf der Kündigungsfrist hatte die Beklagte zu 1. keine Kunden, keine Betriebsmittel und kein Personal mehr, sodass von einer vollständigen Stilllegung ausgegangen werden kann.

56

bb) Dass die Beklagte zu 1. einzelne Zusatzaufträge für Touren angenommen hat, die ohnehin zur Erfüllung bestehender Aufträge notwendig waren, spricht nicht gegen die Stilllegungsabsicht, auch wenn die Auftragsannahmen erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgt sind. Dadurch wurden Leerfahrten vermieden oder reduziert. Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Stilllegungsabsicht ist, dass bis zum Ende der Kündigungsfristen keine Tätigkeiten mehr ausgeführt werden; nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber bis dahin ineffizient arbeitet oder es unterlässt, mögliche Geschäfte zu tätigen. Gleiches gilt für die Begegnungsfahrten in Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2. und der L. Auch hier wurde kein neues Geschäft generiert, sondern die Arbeitsabläufe zwischen drei Unternehmen einer Unternehmensgruppe wurden effizient gestaltet. Dies ist schon deswegen möglich, um die noch nicht freigestellten Arbeitnehmer während ihrer Kündigungsfrist sinnvoll zu beschäftigen.

57

4. Rechtsfehlerhaft ist aber das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG habe es nicht bedurft. Die Sozialauswahl entfiel nicht deshalb, weil die Beklagte zu 1. allen Arbeitnehmern ihres Betriebs gekündigt hat.

58

a) Zwar ist es richtig, dass der Arbeitgeber grundsätzlich keine Sozialauswahl vornehmen muss, wenn er allen Arbeitnehmern seines Betriebs kündigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 3 a der Gründe). Dem liegt aber die Überlegung zugrunde, dass eine Sozialauswahl keinen Sinn mehr macht, wenn - wie bei einer vollständigen Betriebsstilllegung - keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr besteht. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zu 1. bei Ausspruch der Kündigung der Klägerin jedoch nicht mehr geplant, den gesamten Betrieb stillzulegen, sondern es sollte ein Teil der Belegschaft auf die Beklagte zu 2. übertragen werden. Eine Sozialauswahl war in einem solchen Fall nicht entbehrlich, da dem Arbeitnehmer auf diesem Weg sein Arbeitsverhältnis erhalten bleiben konnte (BAG 14. März 2013 - 8 AZR 153/12 - Rn. 41). Den in der „Übernahmevereinbarung“ vom 13./28. Dezember 2010, dort Anlage 4, aufgeführten Arbeitnehmern - aber nicht der Klägerin - stellte sich die erhaltene Kündigung als Erklärung dar, die nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet war. Denn entweder - darauf deutete das begleitende Unterrichtungsschreiben zu einem angeblichen Betriebsübergang hin - verstieß diese Kündigung wegen eines Betriebsteilübergangs gegen § 613a Abs. 4 BGB oder - wenn sich die Übertragung des Geschäftsbereichs nicht als Betriebsteilübergang herausstellen sollte - die Beklagte zu 2. erklärte verbindlich und unwiderruflich, dass sie aus der ausgesprochenen Kündigung der Beklagten zu 1. keine Rechte herleiten werde und die erhaltene Kündigung durch die zu unterschreibende „Erklärung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses“ aus der Welt geräumt werde - was einem gewillkürten Eintritt der Beklagten zu 2. in die Arbeitsverhältnisse der entsprechenden Arbeitnehmer gleichkommt. Beide Beklagten gingen nicht davon aus, dass alle Arbeitsverhältnisse beendet werden sollten. Damit wurde eine Sozialauswahl erforderlich.

59

b) Auf die mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 von der Beklagten zu 1. vorgenommene „Zuordnung“ der Klägerin zum Bereich „Ladungsverkehre“ kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Berufungsgericht hat insoweit im Anschluss an die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG Baden-Württemberg 24. Oktober 2012 - 4 Sa 37/12 -) festgestellt, dass die als „Geschäftsbereiche“ bezeichneten unterschiedlichen Verkehre Teilzwecke des betrieblichen Gesamtzwecks zur Durchführung von Frachtführerleistungen darstellen. Sowohl bei der Frachtführertätigkeit als auch bei der Speditionstätigkeit, also der Tätigkeit der Disponenten, handelt es sich im Kern in sämtlichen Bereichen um dieselben anfallenden Arbeitsaufgaben, wobei die Arbeitnehmer untereinander austauschbar waren und es keine betriebliche Teilorganisation gab.

60

5. Die Kündigung ist aber nicht allein deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1. die notwendige Sozialauswahl unterlassen hat.

61

a) Eine Kündigung ist dann nicht unwirksam, wenn mit der Kündigung des Arbeitnehmers eine - zufällig - vertretbare Auswahlentscheidung getroffen wurde (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48 mwN). Bei der Gewichtung der Auswahlkriterien kommt dem Arbeitgeber ein Wertungsspielraum zu. Die sozialen Gesichtspunkte muss der Arbeitgeber nur „ausreichend“ berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Die Auswahlentscheidung muss vertretbar sein und nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen müssen. Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - aaO; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 64, BAGE 123, 1).

62

b) Für die abgestufte Darlegungslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bereich der sozialen Auswahl gelten folgende Grundsätze: Bei Unkenntnis der für die Sozialauswahl rechtserheblichen Tatsachen genügt der Arbeitnehmer zunächst seiner Darlegungslast, wenn er pauschal die soziale Auswahl beanstandet und den Arbeitgeber auffordert, die Gründe mitzuteilen, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben. Im Umfang seiner materiell-rechtlichen Auskunftspflicht geht damit die Darlegungslast auf den Arbeitgeber über. Als auskunftspflichtige darlegungsbelastete Partei hat der Arbeitgeber sodann die Gründe darzulegen, die ihn (subjektiv) zu der von ihm getroffenen Auswahl veranlasst haben. Kommt der Arbeitgeber der ihm hinsichtlich seiner subjektiven Auswahlüberlegungen obliegenden Darlegungslast vollständig nach, so hat der Arbeitnehmer wieder die volle Darlegungs- und Beweislast für eine objektiv fehlerhafte Auswahlentscheidung. Es kann sich aber unter Umständen bereits aus den Angaben des Arbeitgebers ergeben, dass das Auswahlverfahren objektiv nicht den gesetzlichen Anforderungen der sozialen Auswahl entsprochen hat (zB Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises). Bei einer derartigen Fallgestaltung braucht der Arbeitnehmer zunächst nichts weiter darzulegen, vielmehr spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass auch die Auswahlentscheidung objektiv fehlerhaft und damit die Kündigung sozialwidrig ist. Der Arbeitgeber muss dann näher darlegen, dass trotz Durchführung eines gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Auswahlverfahrens gleichwohl der gekündigte Arbeitnehmer nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG nicht fehlerhaft ausgewählt worden ist(BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 34, BAGE 123, 1). Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilt, welche anderen Arbeitnehmer er für vergleichbar hält und in die Sozialauswahl miteinbezogen hat. Wenn allen diesen Arbeitnehmern gekündigt und keinem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angeboten wurde, hat er bereits durch Nennung der Namen und den Hinweis darauf, dass alle anderen Arbeitnehmer nicht vergleichbar sind, dem Kläger Auskunft über die von ihm zugrunde gelegten Auswahlkriterien, deren Gewichtung und die Namen der seiner subjektiven Auffassung nach in die Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer erteilt (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wird bei den nachzuholenden Feststellungen zur Sozialauswahl diese Fragen zu behandeln haben.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. September 2010 - 9 Sa 343/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den beklagten Insolvenzverwalter.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 1981 bei der R GmbH, der Insolvenzschuldnerin, zunächst in G und Gr und ab dem 1. Mai 2007 in P anfänglich als Werksleiter und ab 1. Januar 2009 als Leiter des Fachbereichs Logistik und stellvertretender Werksleiter zu einer Bruttomonatsvergütung von 7.250,00 Euro beschäftigt.

3

Die Insolvenzschuldnerin stellte komplexe, bis zu 24-lagige Leiterplatten her. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren die B Ltd., die Bl SARL (Luxembourg) sowie die C plc. Das Betriebsgrundstück in P stand im Eigentum der Insolvenzschuldnerin, während ein Großteil der Maschinen und sonstigen Einrichtungen geleast waren. Leasinggeber war die K GmbH bzw. die später mit dieser verschmolzene E mbH (E GmbH). Geschäftsführer und Mitgesellschafter der E GmbH ist Z.

4

Die Insolvenzschuldnerin beantragte unter dem 3. Februar 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte wurde daraufhin zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zum Zwecke der Veräußerung der Betriebe der Insolvenzschuldnerin leitete der Beklagte Ende Februar 2009 ein internationales Bieterverfahren in die Wege, mit dem ein Bankhaus beauftragt wurde. Dazu wurden ua. Broschüren an potentielle Interessenten versandt. Diese waren aufgefordert, bis zum 15. April 2009 ein Angebot abzugeben. Nachdem nur zwei Angebote abgegeben worden waren, die jedoch als inakzeptabel erachtet wurden, beschlossen die Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin unter Mitwirkung des Beklagten am 14. April 2009 die Schließung der Betriebe mit Ablauf des 30. April 2009.

5

Auf einer Versammlung am 16. April 2009 wurden die Mitarbeiter beider Betriebe über die geplanten Betriebsschließungen unterrichtet.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 stellte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des 30. April 2009 von der „weiteren Mitarbeit“ frei. Der Beklagte zeigte unter dem 26. April 2010 gegenüber dem Amtsgericht Kl die Masseunzulänglichkeit an.

7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kl vom 1. Mai 2009 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der R GmbH bestellt. Am 6. Mai 2009 fand eine Sitzung des Gläubigerausschusses statt. Im Sitzungsprotokoll ist ua. festgehalten:

        

„Der Insolvenzverwalter unterrichtet den Gläubigerausschuss darüber, dass aufgrund der rapide weggebrochenen Auftragseingänge und des desaströsen Ergebnisses der Investorensuche der Beschluss zur Einstellung des Betriebsbetriebes gefasst wurde. In Umsetzung dieses Beschlusses sind über 50 % der Mitarbeiter bereits freigestellt worden. Nach Abschluss des entsprechenden Interessenausgleiches und Sozialplanes wird der Unterzeichner sämtlichen Mitarbeitern kündigen und das Unternehmen im Rahmen einer Ausproduktion bis August 2009 fortführen. Auf Grundlage der vorgestellten Liquiditätsplanung ist die Fortführung für diesen Zeitraum sichergestellt.“

8

Unter dem 8./13. Mai 2009 vereinbarten der Beklagte und die Betriebsräte G und P sowie der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser lautet auszugsweise:

        

III. 

        

Es besteht keine Möglichkeit den Geschäftsbetrieb über den 30.04.2009 weiterzuführen. Eine übertragende Sanierung kommt in Ermangelung von Interessenten nicht in Betracht.

        

Vor diesem Hintergrund wurde am 15.04.2009 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin am 30.04.2009 endgültig und auf Dauer einzustellen. Von dieser Entscheidung wurden die Betriebsräte am folgenden Tag in Kenntnis gesetzt.

        

Betriebseinstellung heißt, dass nur solche bestehenden Aufträge abgearbeitet werden, die spätestens mit dem Ablauf der letzten Kündigungsfrist und mit dem sich bis dahin aufgrund unterschiedlich langer Kündigungsfristen ständig reduzierenden Personal noch abgearbeitet werden können. Zur Erhaltung/Mehrung der Insolvenzmasse und Auslastung des Betriebs in der Zeit bis zum Auslauf der Kündigungsfristen der Mitarbeiter vereinbaren beide Parteien, dass nach dieser Maßgabe Neuaufträge angenommen und abgearbeitet werden können, soweit sie noch innerhalb der laufenden Kündigungsfristen der Mitarbeiter abgeschlossen werden können.

        

…       

        

Die Einstellung des Betriebs ist Geschäftsgrundlage des Interessenausgleichs und des Sozialplans. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bei einer eventuellen Fortführung des Unternehmens neu zu verhandeln ist.

                 
        

IV.     

        

…       

        

Die von Kündigungen und Entlassungen betroffenen Mitarbeiter ergeben sich aus der als Anlage dieser Vereinbarung beigefügten Liste. Diese Liste ist keine Namensliste im Sinne der §§ 1 Abs. 5 KSchG i.V.m. § 125 InsO, die mit der vorliegenden Vereinbarung bei Unterzeichnung fest verbunden ist. Diese feste Verbindung bestätigen sich die Parteien mit Unterschrift gegenseitig. Die Liste dient ausschließlich dem Nachweis der ordnungsgemäßen Anhörung nach § 102 BetrVG.“

9

Gleichzeitig wurden Sozialpläne für beide Betriebe vereinbart.

10

Am 14. Mai 2009 erstattete der Beklagte der für die Betriebe in G und P zuständigen Agentur für Arbeit W Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG. Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 bestätigte die Agentur für Arbeit W den Eingang der Anzeige und setzte den Ablauf der Sperrfrist auf den 14. Juni 2009 fest.

11

Mit Schreiben vom 15. Mai 2009, dem Kläger am 16. Mai 2009 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. August 2009 „aus betriebsbedingten Gründen“. Sofern nicht noch behördliche Zulässigkeitserklärungen notwendig waren, wurde auch allen übrigen Mitarbeitern gekündigt.

12

Während etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer bereits freigestellt war, erfolgte mit den übrigen - jedenfalls für Aufträge, die bis Ende August 2009 erledigt werden konnten - die weitere Produktion. Für den Betrieb in G beschloss der Beklagte später, die Ausproduktion bis zum 18. Dezember 2009 zu verlängern. Er beschäftigte dort solche Arbeitnehmer weiter, die im Rahmen von Abwicklungsvereinbarungen die Kündigung mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist akzeptierten.

13

Am 14. August 2009 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts S die Umfirmierung der KLGmbH in LP P GmbH (im Folgenden: LPP) eingetragen. Der Geschäftsgegenstand wurde in: „Die Produktion und der Vertrieb von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen, optoelektronischen und technischen Bauelementen und Geräten und die Ausführung aller Geschäfte, die damit im Zusammenhang stehen“ geändert. Geschäftsführer der LPP wurde zunächst Z. Muttergesellschaft der LPP ist die E GmbH.

14

Im Zeitraum Februar bis Mai 2009 besuchte Z mehrfach den Betrieb in P und erfragte hierbei Auftragsstände, Umsätze und Kosten. Auch führte er mit dem Beklagten Gespräche. Im August 2009 wurde den Arbeitnehmern in P seitens Herrn Z angeboten, für den Zeitraum ab dem 1. September 2009 neue Arbeitsverträge abzuschließen.

15

Seit dem 1. September 2009 führt die LPP den Betrieb zur Herstellung von Leiterplatten in P. Sie hatte das Betriebsgrundstück und die im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel erworben. Von den Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin beschäftigte die LPP jedenfalls etwas weniger als die Hälfte weiter. Den Betrieb in G führt die R I GmbH fort.

16

In einer Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 heißt es unter der Überschrift „R geht nach dramatischen Wochen gestärkt aus der Insolvenz hervor“ ua.:

        

„Durch seine hervorragende Reputation gelang es R selbst in der Insolvenz in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners. Ende Juli konnte für das Werk P mit dem früheren R-Eigentümer Z eine Zukunftslösung gefunden werden.“

17

Für das Betriebsgrundstück in P wurde am 15. Oktober 2009 die Eintragung einer „Erwerbsvormerkung“ zugunsten der LP P GmbH in das Grundbuch mit „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/01.09.2009“ vorgenommen.

18

Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 bestätigte die Firma A GmbH die für den Beklagten vorgenommene Verwertung zweier Gabelstapler, dreier Filterpressen, dreier Kolbenmembranpumpen, eines Systronic Ofens und eines Multilayer-Pressezentrums im Gesamtwert von 31.500,00 Euro.

19

Der Kläger behauptet, es habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der streitgegenständlichen Kündigung keinen endgültigen Betriebsstilllegungsbeschluss gegeben. Als ihm die Kündigung zugegangen sei, habe der Beklagte in Verhandlungen einerseits mit Z, dem Geschäftsführer der LPP, und andererseits mit den Geschäftsführern der Firmengruppe Pr, Ro und E Pr, gestanden. Der Beklagte habe nur vorsorglich für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen gekündigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass Z von Februar bis Mai 2009 mehrmals den Betrieb P besucht habe. Persönlich habe dieser dem Kläger sinngemäß gesagt, dass er zwar keine große Lust für eine Übernahme habe, aber eine Stilllegungsentscheidung verhindern wolle. Dessen Besuche im Betrieb in P seien ohne Einverständnis des Beklagten kaum vorstellbar. Die Motivation des Z ergebe sich ohne Weiteres aus den abgeschlossenen Leasingverträgen, die niemals gekündigt worden seien. Auch aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich, dass er mit Z verhandelt habe. Dabei habe der Beklagte nicht angegeben, wann dies geschehen sei. Bereits am 21. Juli 2009 sei eine Auflassungsvormerkung für die LPP im Grundbuch eingetragen worden, wobei der Notar auf Nachfrage angegeben habe, dass der Kaufvertrag etliche Zeit vor dem 21. Juli 2009 geschlossen worden sei. Seit dem 1. September 2009 produziere die LPP mit den verbliebenen Mitarbeitern unverändert mit denselben Betriebsmitteln in P. Dass der Beklagte nicht von einer Stilllegung ausgegangen sei, ergebe sich auch daraus, dass alle für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Betriebsmittel auch nach dem 1. September 2009 in ausreichender Menge vorhanden gewesen seien, was nur durch entsprechende Vorkehrungen des Beklagten erklärt werden könne. Auch Aufträge seien ab dem 1. September 2009 ausreichend vorhanden gewesen.

20

Im Übrigen hält der Kläger die Kündigung auch nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB für unwirksam.

21

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die Kündigung vom 15. Mai 2009 - dem Kläger zugegangen am 16. Mai 2009 - zum 31. August 2009 aufgelöst wird.

22

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

23

Er behauptet, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches seien keine Verhandlungen über eine Weiterführung des Betriebes in P geführt worden. Vielmehr sei er von der Betriebsstilllegung und Ausproduktion - mit etwas weniger als 50 % der Arbeitnehmer - bis 31. August 2009 ausgegangen, da die Suche nach Investoren erfolglos verlaufen sei. Die Stilllegung sei beschlossen worden, weil die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2008 bei einem Umsatz von über 104 Mio. Euro einen Verlust von mehr als 7 Mio. Euro ausgewiesen habe, der im Wesentlichen durch das Werk in P verursacht worden sei. Eine kostendeckende Produktion sei für die Zukunft nicht abzusehen gewesen. Die Stilllegungsentscheidung habe auch greifbare Formen angenommen gehabt. So sei ein Interessenausgleich abgeschlossen und die Massenentlassungsanzeige erstattet worden. Auch sei allen Arbeitnehmern gekündigt und dies auf Betriebsversammlungen ausreichend kommuniziert worden. Neue Aufträge bzw. Abrufe seien nur dann angenommen worden, wenn diese bis zum 31. August 2009 hätten erledigt werden können. In der Branche der Insolvenzschuldnerin sei es typisch, dass Kunden im Wege eines „letter of intent“ Größenordnungen für jährliche Abrufe ankündigen, verbindliche Abrufe aber erst etwa einen Monat bis eine Woche vor dem Produktionsmonat erfolgen. Die Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagte hätten daher keine Aufträge abzulehnen oder zu kündigen brauchen. Den Kunden sei mitgeteilt worden, dass nur bis zum 31. August 2009 produziert werde. Für die Zeit nach dem 31. August 2009 seien keine Produktionszusagen gegeben worden. Auch habe der Beklagte die Firma A beauftragt, für vorhandene Betriebsmittel, soweit diese nicht mit Sicherungsmitteln belastet oder für die Ausproduktion benötigt würden, Interessenten zu finden. Dass Maschinen veräußert worden seien, ergebe sich aus dem Schreiben der Firma A vom 26. Januar 2010. Wenn Z in P erschienen sei, so sei dies geschehen, um seine Sicherheiten zu prüfen. Jedenfalls habe dieser ihm keine Überlegungen zu einer Betriebsübernahme mitgeteilt. Bl habe sich erstmals im Juli 2009 mit der Frage eines Erwerbs der Betriebsstätte G befasst und im Wege eines „letter of intent“ grundsätzliches Interesse am Standort G mit den bisherigen Produktionsmitteln geäußert. Die von Bl gestellten Bedingungen seien aber zunächst nicht erfüllt worden, so dass das Geschäft „geplatzt“ sei. Da aber Kunden der Einstieg eines Investors schon signalisiert worden sei, habe man die Ausproduktion in G bis 18. Dezember 2009 verlängert. Weitere Verhandlungen mit Bl hätten dann dazu geführt, dass Bl am 14. September 2009 entschieden habe, die im Rahmen der Verhandlungen gestellten Bedingungen als erfüllt anzusehen. Die Muttergesellschaft der LPP, die E GmbH, habe erst im August 2009 angeboten, das Betriebsgrundstück in P und die Betriebseinrichtungen zu erwerben. Nach Zustimmung durch die Gläubigerversammlung am 27. August 2009 sei der Kaufvertrag am 1. September 2009 zustande gekommen. Entscheidend sei, dass eine nachträgliche Entwicklung ohnehin unbeachtlich sei, da es allein auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ankomme.

24

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagtenvertreter auf die Frage, wie sich das Datum 21. Juli 2009 in der Grundbucheintragung zur Vormerkung erklären lasse, ausgeführt, dass es womöglich am 21. Juli 2009 bereits ein Angebot gegeben habe. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben habe.

25

Erstmals in der Revisionsbegründung trägt der Beklagte vor, dass ein Angebot der E GmbH bzw. der LPP erstmalig am 21. Juli 2009 in notariell beglaubigter Form erfolgt sei.

26

Mit Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst wird. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

27

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm zum 31. August 2009 ausgesprochene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgelöst.

28

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die streitgegenständliche Kündigung sei nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehöre die Stilllegung des gesamten Betriebes. Von einer Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers sei auszugehen, wenn dieser seine Absicht unmissverständlich äußere, allen Arbeitnehmern kündige, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöse, die Betriebsmittel, über die er verfügen könne, veräußere und die Betriebstätigkeit vollständig einstelle. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssten greifbare Formen angenommen haben. Keine Stilllegungsabsicht liege vor, wenn der Betrieb veräußert werden solle. Das Bundesarbeitsgericht habe in der alsbaldigen Wiedereröffnung des Betriebes eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht gesehen.

29

Unter Beachtung dieser Maßstäbe stehe zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernstlichen und endgültigen Entschluss gefasst gehabt habe, den Betrieb in P stillzulegen. Für einen solchen Entschluss spreche zwar der Gesellschafterbeschluss - obwohl in diesem von einer Stilllegung zum 30. April 2009 die Rede sei -, der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie die Kündigung aller Mitarbeiter. Gegen eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht spreche jedoch die nahtlose Fortführung des Betriebes durch die LPP und dass es zu einer Stilllegung nicht gekommen sei. Deshalb hätte es des Vortrags weiterer Indizien durch den Beklagten bedurft, um darzulegen, dass er bereits zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ernsthaft und endgültig die Stilllegung beabsichtigt habe. Wenn eine prognostizierte Betriebsstilllegung nicht eingetreten sei, habe dies Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber habe dann konkret darzulegen, welche Maßnahmen er zunächst wann vorgenommen habe, um seine Entscheidung umzusetzen. Er habe im Einzelnen vorzutragen, wann welche nicht vorhergesehene Entwicklung stattgefunden habe. Es komme nicht darauf an, ob der Beklagte bereits bei Zugang der Kündigung ein Angebot der LPP angenommen gehabt habe, da auch ernsthafte Vertragsverhandlungen einen endgültigen und ernsthaften Stilllegungsbeschluss ausschließen würden.

30

Der Beklagte habe nicht vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Vertragsbeziehungen zu Dritten (Miet-, Leasingverträge oder Verträge mit Energieversorgern oder Rohstofflieferanten) zu regeln. Der bloße Vortrag, den Kunden sei das Auslaufen der Produktion mitgeteilt worden, sei zu pauschal, um nachvollziehbar zu machen, weshalb Kunden davon ausgehen mussten, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 stattfinden. Unklar bleibe, warum Kunden auch Bestellungen bzw. Abrufungen für die Zeit nach dem 31. August 2009 in Aussicht gestellt hätten, wenn ihnen doch erklärt worden sein solle, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 erfolgen. Auch zu Rohstofflieferanten fehle jeder Vortrag, was aber angesichts der Fortführung der Produktion am 1. September 2009 notwendig gewesen wäre. Nicht vorgetragen sei, wie es der Beklagte sichergestellt habe, einerseits genügend Rohstoffe für die Ausproduktion zu haben und andererseits unnötige Rohstoffmengen zu vermeiden. Insoweit hätte er vortragen müssen, ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen es mit der LPP gegeben habe. Der Vortrag zur Veräußerung von Betriebsmitteln durch die Firma A sei zu pauschal. Es sei schon nicht erkennbar, ob Betriebsmittel aus G oder P veräußert worden seien. Auch der Zeitpunkt der Beauftragung der Firma A sei unklar. Insbesondere fehle ein Vortrag, wann und aufgrund wessen Initiative es zu konkreten Verhandlungen mit der LPP gekommen sei. Zwar sprechen sowohl die Pressemitteilung als auch der Zeitpunkt der Grundbucheintragung für Gespräche zumindest im Juli 2009. Es wäre aber Sache des Beklagten gewesen, den Ablauf der Kontaktaufnahme sowie den Verhandlungsablauf darzustellen, damit ausgeschlossen werden könne, dass zum Zeitpunkt der Kündigung mögliche Vertragsverhandlungen mit der LPP vorbehalten waren. Schließlich genüge auch der Vortrag zur Freistellung von Mitarbeitern und zur Durchführung des Bieterverfahrens nicht, um von einer endgültigen Stilllegungsabsicht ausgehen zu können.

31

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

32

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

33

I. Der Beklagte ist passivlegitimiert, und zwar unabhängig davon, ob nach Ausspruch der Kündigung und der fristgerechten Erhebung einer Kündigungsschutzklage ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, ist für die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der Kündigung auch nach einem Betriebsübergang passivlegitimiert (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210).

34

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Sie ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz ist auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO zu beachten, wenn es - wie vorliegend - nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet(vgl. BAG 26. Juli 2007 - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324).

35

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51).

36

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.

37

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 14. August 2007 - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht (vgl. BAG 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber sich im Zeitpunkt der Kündigung noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -). Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51; 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - aaO).

38

Auch ist bei einer Betriebsstilllegung erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, dh. die Stilllegung, gegeben sein. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

39

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich nach diesen Grundsätzen demnach systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20).

40

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164). Dies schließt es nicht aus, dass - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose zulässt (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128). Verläuft die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung planmäßig, ist es gerechtfertigt, von einem tragfähigen Konzept im Zeitpunkt der Kündigung auszugehen (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 280). Die im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf entfallen, wird so bestätigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139). Umgekehrt spricht bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes bzw. bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53).

41

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber verpflichtet, substanziiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substanziiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten (BAG 23. März 1984 - 7 AZR 409/82 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 38). Der Umfang der Darlegungslast hängt dabei auch davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung der Kündigung einlässt (vgl. BAG 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 15). Trägt der gekündigte Arbeitnehmer beispielsweise Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Stilllegungsentscheidung nicht ernsthaft getroffen war, weil es Veräußerungsverhandlungen gegeben habe, und kommt es zu einer alsbaldigen Wiedereröffnung bzw. nahtlosen Fortsetzung durch einen Betriebserwerber, so trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Wiedereröffnung bzw. Veräußerung nicht bereits voraussehbar oder gar geplant war (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 279).

42

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beklagte entgegen der ihn treffenden Darlegungslast keine ausreichenden Umstände für die Annahme vorgetragen hat, bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches davon auszugehen gewesen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers werde mit Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr möglich sein.

43

Die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO gewonnene Überzeugung des Tatsachengerichts, ob die vom Beklagten vorgetragenen und vom Kläger bestrittenen Tatsachen den Schluss auf einen endgültigen und ernsthaften Entschluss zur Betriebsstilllegung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen, ist nur beschränkt revisibel(vgl. oben B II 1).

44

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für einen ernsthaften und endgültigen Beschluss, den Betrieb in P stillzulegen, zunächst der Gesellschafterbeschluss vom 14. April 2009 spricht. Gleiches gilt auch für die Information des Gläubigerausschusses durch den Beklagten am 6. Mai 2009. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter berücksichtigt, dass der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und die Massenentlassungsanzeige für eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht sprechen. Dies macht aber nicht entbehrlich, die weiteren Umstände zu würdigen, die - wie die alsbaldige Wiedereröffnung bzw. Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch einen Betriebserwerber - gegen einen ernsthaften, endgültigen Stilllegungsentschluss sprechen. Die Prüfung, ob nach Würdigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Kündigung die im Zusammenhang mit der behaupteten Stilllegungsabsicht getroffenen Maßnahmen bereits „greifbare Formen“ angenommen hatten, die ihrerseits wiederum einen Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsentschlusses zulassen, obliegt zuvörderst dem Tatsachengericht.

45

Angesichts der Veräußerung des Betriebsgrundstückes und materieller Betriebsmittel an die LPP sowie der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch diese in P ab 1. September 2009 begegnet die Würdigung der weiteren Umstände durch das Landesarbeitsgericht keinen Bedenken. Die Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber begründet eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist stattfindet. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. September 1984 (- 2 AZR 309/83 - BAGE 47, 13 = AP BGB § 613a Nr. 39 = EzA BGB § 613a Nr. 40) steht dem nicht entgegen. Zwar könnte ein solcher Bezug zur Kündigungsfrist aus dem Leitsatz Nr. 3c hergeleitet werden. Ein solcher ergibt sich aus den Entscheidungsgründen jedoch nicht. Vielmehr heißt es dort, dass bei alsbaldiger Wiedereröffnung eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht sei nur dann gegeben, wenn ein Betriebsübergang noch innerhalb der individuellen Kündigungsfrist stattfindet. Auch in späteren Entscheidungen des Zweiten Senats findet sich keine Einschränkung auf den Zeitraum der Kündigungsfrist (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - aaO; 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Kommt es noch vor dem beabsichtigten oder alsbald nach dem beabsichtigten Stilllegungstermin zu einer Betriebsfortführung durch einen Betriebserwerber, so spricht die Erfahrung dafür, dass die Verhandlungen bzw. der Abschluss der Rechtsgeschäfte hierfür bereits längere Zeit zuvor stattgefunden haben. Dies rechtfertigt es, an die Betriebsfortführung durch den Unternehmer bzw. einen Erwerber die tatsächliche Vermutung zu knüpfen, zum Zeitpunkt der Kündigung der Arbeitsverhältnisse habe keine endgültige Stilllegungsabsicht bestanden. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, durch näheren Sachvortrag diese Vermutung zu widerlegen.

46

Ohne Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit setzte die LPP ab dem 1. September 2009 die Produktion von Leiterplatten im Betrieb in P mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln fort. Zwar spricht der Inhalt der Grundbucheintragung vom 15. Oktober 2009 „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/ 01.09.2009“ dafür, dass die zur Übertragung des Eigentums notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vom 21. Juli 2009 bzw. 1. September 2009 - also einem Zeitpunkt nach Zugang der Kündigung - stammen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht aber darauf abgestellt, dass auch ernsthafte Veräußerungsverhandlungen zwischen dem Beklagten und der LPP einer ernsthaften Stilllegungsabsicht entgegenstehen. Erfahrungsgemäß gehen vertraglichen Vereinbarungen bzgl. einer Betriebsübernahme und eines Grunderwerbs, die in die Eintragung einer Auflassungsvormerkung münden, langfristige Vorverhandlungen voraus. Demnach ist die Vermutung gerechtfertigt, solche Verhandlungen seien bereits im Mai 2009, dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruches, geführt worden. Dass solche zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) nicht stattfanden, sondern tatsächlich ein endgültiger Stilllegungsentschluss getroffen war, hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

47

Allein die Entlassung von Arbeitnehmern spricht nicht für eine ernsthafte Stilllegungsabsicht, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Kündigungen sozial gerechtfertigt sind (vgl. BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Auch die Freistellung von einzelnen Arbeitnehmern ist kein ausschlaggebendes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss. Solche Freistellungen können nämlich in Absprache mit einem Betriebserwerber auch dazu dienen, angepasst an ein bestimmtes Auftragsvolumen nur bestimmte Leistungsträger zu übernehmen. So wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156), so darf auch nicht allein aus deren Freistellung auf das Vorliegen eines endgültigen Stilllegungsentschlusses des Arbeitgebers geschlossen werden.

48

Auch die finanzielle Situation bei der Insolvenzschuldnerin ist kein Indiz für die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsbeschlusses. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet noch keine Betriebsstilllegung, weil der Insolvenzverwalter den Betrieb weiterführen kann (vgl. BAG 27. November 1986 - 2 AZR 706/85 -).

49

Demnach ist auch die zur Insolvenz führende Überschuldung grundsätzlich kein Indiz für eine Stilllegungsabsicht. Dies gilt im Streitfalle vor allem deshalb, weil der Beklagte die Veräußerung der Insolvenzschuldnerin in einem internationalen Bieterverfahren angesichts der unzureichenden Gewinnsituation angestrebt, also zunächst keine Stilllegung der Betriebe in G und P beabsichtigt hatte. Auch das Scheitern des internationalen Bieterverfahrens spricht nicht zwangsläufig für die Ernsthaftigkeit eines anschließenden Stilllegungsentschlusses, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Dass der Wunsch, einen Betrieb zu veräußern, sich nicht im ersten Anlauf verwirklichen lässt, drängt nicht zwingend den Schluss auf, dass der Arbeitgeber nach dem ersten gescheiterten Versuch das Gegenteil - nämlich die endgültige Betriebsstilllegung - beabsichtigt.

50

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht den Vortrag des Beklagten, er habe den Kunden mitgeteilt, die Insolvenzschuldnerin produziere bis zum 31. August 2009, nicht für die Annahme hat genügen lassen, die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung greifbare Formen angenommen gehabt.

51

Allerdings liegt in der Regel ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt (vgl. APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 489), weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder Veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Erst recht wird der Arbeitgeber langfristige Geschäftsbeziehungen nicht kündigen, wenn eine Betriebsveräußerung bzw. -fortführung beabsichtigt ist. Deshalb begründen organisatorische Vorkehrungen wie der Ausspruch von Kündigungen solcher Geschäftsbeziehungen ein starkes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsbeschluss. Nach eigenem Sachvortrag hat der Beklagte aber weder gegenüber Kunden, Banken, Lieferanten noch gegenüber dem Leasinggeber Kündigungen ausgesprochen. Dass der Beklagte nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erfüllung von Verträgen abgelehnt hat, wird von ihm ebenfalls nicht konkret behauptet. Er trägt vor, er habe im Hinblick auf die in der Branche übliche Verfahrensweise - die Kunden avisierten mit einem „letter of intent“ ein bestimmtes (jährliches) Abrufvolumen und würden dieses dann kurzfristig vor dem gewünschten Liefertermin abrufen - keine Kündigungen aussprechen müssen und deshalb die Kunden darüber informiert, die Insolvenzschuldnerin werde bis zum 31. August 2009 produzieren. Nicht angegeben hat der Beklagte, wann und wie genau diese Information gegeben worden sein soll. Mit diesem Sachvortrag ist der Beklagte seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, da es gerade auf den Zeitpunkt und den Inhalt der Kundeninformation ankommt, wenn daraus auf die Ernsthaftigkeit eines Stilllegungsentschlusses geschlossen werden soll. Hätte der Beklagte die von ihm behauptete Information bspw. erst während laufender Veräußerungsverhandlungen an Kunden gegeben, spräche dies nicht für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss, da damit nur ein Hinweis auf ein Auslaufen der Produktion durch den Beklagten und die künftige Veräußerung des Betriebes verbunden sein könnte. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten bei dem von ihm geschilderten Vertriebsmodell nur mit einer unmissverständlichen Kundeninformation hätte sichergestellt werden können, dass kein Beschäftigungsbedarf über den 31. August 2009 hinaus besteht. Während bei anderen Arbeitgebern das Bemühen um neue Aufträge im Kündigungszeitpunkt einer endgültigen Stilllegungsabsicht entgegensteht, könnte bei dem vom Beklagten geschilderten Vertriebsmodell eine Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf für alle Arbeitnehmer entfallen, dann sichergestellt werden, wenn die Kunden unmissverständlich darüber informiert worden wären, dass Bestellungen und Lieferungen für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung nicht mehr erfolgen können. Dies wird auch am eigenen Sachvortrag des Beklagten zum Betrieb in G deutlich. Dort hatte der Beklagte den Kunden bereits mitgeteilt, ein Investor werde einsteigen, weshalb ein Auftragsvolumen bzw. Abrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 zu verzeichnen waren, welche zunächst eine Verlängerung der Ausproduktion bis in den Dezember 2009 hinein notwendig machten. Eine unmissverständliche Kundeninformation kann dem Vortrag des Beklagten nicht schlüssig entnommen werden. Vielmehr kündigten Kunden der Insolvenzschuldnerin für den Betrieb in P Warenabrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 an bzw. stellten solche in Aussicht. Der Kläger hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass die LPP für die Zeit nach dem 31. August 2009 ausreichend Aufträge vorfand. Schon diese Umstände sprechen gegen eine unmissverständliche Kundeninformation. Weiter kommt in diesem Zusammenhang dem Inhalt der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 Bedeutung zu. Nach dieser ist es der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten durch die hervorragende Reputation der Insolvenzschuldnerin gelungen, „in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners“. Diese Angaben in der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin stehen im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten, er habe nur eine Ausproduktion geplant und die Kunden hierüber informiert. Es wäre deshalb Sache des Beklagten gewesen, konkret anzugeben, wie die behauptete Information der Kunden erfolgt ist und ob sich die in der Pressemitteilung angedeutete werbende Tätigkeit am Markt - „ein neuer Großkunde wurde gewonnen“ - ggf. allein auf den Betrieb in G bezog, weil sich das von beiden Betrieben gefertigte Sortiment ggf. stark unterschied. Die Darlegung des Zeitpunktes und des Inhalts einer Kundeninformation wäre - deren Existenz unterstellt - auch unschwer durch Vorlage von Informationsschreiben möglich gewesen.

52

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, es sei vorbereitet worden, dass pünktlich zum 31. August 2009 die Lieferanten ihre Lieferungen einstellen, weil der Beklagte nicht mehr erfüllen werde, stellt dieser Sachvortrag eine pauschale, nicht überprüfbare Behauptung dar, mit welcher der Beklagte seiner Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht nachgekommen ist. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher auch diesen Vortrag nicht genügen lassen, um „greifbare Formen“ der Stilllegung als Indiz für einen endgültigen Stilllegungsentschluss anzunehmen.

53

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vortrag zur Veräußerung und Verwertung von Betriebsmitteln ergebe sich kein ausreichendes Indiz für eine endgültige, ernsthafte Stilllegungsabsicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, die Firma A habe in seinem Auftrag Betriebsmittel inventarisiert, bewertet und teilweise veräußert. Allerdings ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass dies nur Betriebsmittel betraf, die nicht für die Ausproduktion, dh. eine Produktion mit geringerer Auslastung, benötigt wurden. Eine Beauftragung zur Veräußerung von Betriebsmitteln darüber hinaus, dh. insbesondere eine Beauftragung zur Veräußerung aller im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung, behauptet der Beklagte nicht. Vor allem ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, wann die Beauftragung der Firma A erfolgt ist, so dass es auch denkbar wäre, dass die Beauftragung erst erfolgte, als die Betriebsveräußerung an die LPP unmittelbar bevorstand und in Absprache mit dieser vorgenommen wurde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beklagten nur, dass in G schon Vermessungen der Maschinen und Anlagen sowie Gewichtsklärungen zum Abtransport vorgenommen worden sind. Deshalb liegt es nahe, dass sich die vom Beklagten vorgelegte Bestätigung der Firma A auf Betriebsmittel des Betriebes in G bezieht. Daher wäre auch insoweit ein konkreter Sachvortrag, wann die Beauftragung erfolgte und welchen konkreten Inhalt sie hatte, notwendig gewesen, um mit einer etwaig eingeleiteten Veräußerung von Betriebsmitteln ein Indiz für eine beabsichtigte Stilllegung, die bereits greifbare Formen angenommen hatte, zu liefern.

54

Soweit der Beklagte geltend macht, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches habe er keinerlei Veräußerungsverhandlungen geführt und das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag, wonach erst im August 2009 die E GmbH ein Angebot zum Erwerb des Betriebsgrundstücks unterbreitet habe, übergangen, greift diese Rüge nicht durch. Dieser Sachvortrag war nicht geeignet, die gegen eine Stilllegungsabsicht sprechende Vermutung infolge der tatsächlich ab 1. September 2009 erfolgten Betriebsfortführung zu widerlegen. Der Sachvortrag des Beklagten ist schon zeitlich nicht hinreichend konkret. Zudem enthält er keine Ausführungen zu Art, Inhalt und zeitlichem Rahmen der Vertragsverhandlungen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, vor dem 21. Juli 2009 habe es keine Verhandlungen gegeben. Unstreitig ist vielmehr, dass es Gespräche mit Z gegeben hat. Unklar ist, wann genau diese stattfanden und welchen Inhalt sie hatten. Der Sachvortrag, es habe im August 2009 durch die E GmbH ein Angebot gegeben war schließlich durch die Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht überholt, weshalb sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht näher auseinandersetzen musste. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2010 erklärt, „womöglich habe es am 21.07.2009 bereits ein Angebot gegeben. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben hat“. Mit diesem Vortrag genügte der Beklagte seiner Darlegungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht. Zur Widerlegung der gegen die Stilllegungsabsicht sprechenden Vermutung der Betriebsfortführung hätte der Beklagte konkret dartun müssen, wann und auf wessen Initiative, Verhandlungen mit der LPP oder der E GmbH bzw. mit den für diese handelnden Personen stattgefunden hatten. Nur so wäre auszuschließen, dass eine Betriebsveräußerung schon zum Kündigungszeitpunkt ins Auge gefasst war. Soweit der Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz vorträgt, dass ein Angebot der „E bzw. der LPP GmbH erstmalig am 21.07.2009 in notariell beglaubigter Form“ erfolgt ist, welches bis zum 15. September 2009 habe geprüft werden können, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nicht zu beachtenden neuen Sachvortrag, § 559 Abs. 1 ZPO. Die erhobene Verfahrensrüge nach § 139 Abs. 2 ZPO bleibt demzufolge ohne Erfolg.

55

Auch die übrigen vom Beklagten erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln sind nicht durchgreifend. Insoweit sieht der Senat nach § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG von einer Begründung ab.

56

3. Für den Prüfungsmaßstab und die Darlegungslast des Arbeitgebers ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer ggf. ein Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht, wenn sich die Prognose des Arbeitgebers bezüglich der Betriebsstilllegung als fehlerhaft erweist. Denn der von einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch vermittelte Schutz bleibt hinter dem des Kündigungsschutzgesetzes zurück (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Insbesondere trägt der Arbeitnehmer, der einen Wiedereinstellungsanspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98). Auch erlischt ein möglicherweise entstandener Wiedereinstellungsanspruch, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, was der Fall sein kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz schon mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt und damit Dispositionen getroffen hat (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51). Vor allem kommt nach der Rechtsprechung des Senats ein Wiedereinstellungsanspruch bei einem Betriebsübergang nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bei einer insolvenzbedingten Kündigung ohnehin nicht in Betracht (vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 199/04 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 30).

57

III. Da die streitgegenständliche Kündigung sozial ungerechtfertigt und mithin rechtsunwirksam ist (§ 1 Abs. 1 KSchG), bedarf es keiner Entscheidung, ob die Kündigung auch wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist.

58

C. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. September 2012 - 2 Sa 408/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt unter einheitlicher Leitung mehrere Pflegeheime, Kindergärten, Kinder- und Jugendheime, ein Wohnheim und eine Schule. Der 1973 geborene Kläger war bei ihr seit 1. April 2007 als Hausmeister „für den Bereich Seniorenresidenz T mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden“ angestellt. In ihren Einrichtungen beschäftigt die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Aufgrund vertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien „der jeweils für den Arbeitgeber geltende Tarifvertrag“ Anwendung. Dies sei, wie es im Arbeitsvertrag heißt, der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und dem DHV (Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband; mittlerweile: DHV - Die Berufsgewerkschaft e. V.) (TV-AWO Thüringen) abgeschlossene Tarifvertrag vom 1. Januar 2006.

3

Die Beklagte holte im März 2011 bei verschiedenen Drittfirmen Angebote über eine selbständige Erledigung der Hausmeisterdienste im Seniorenheim T ein. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Dezember 2011. Im September 2011 vergab sie die Tätigkeit zu einem festen Bruttopreis an einen der ursprünglichen Anbieter. Reparaturen und sonstige Arbeiten sollten ggf. nach besonderer Vereinbarung vergütet werden.

4

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt allenfalls die vage Absicht gehabt, ein fremdes Unternehmen mit den Hausmeisterdiensten zu beauftragen. Ein Konzept, wie die betrieblichen Abläufe zukünftig gestaltet werden sollten, habe sie zu der Zeit noch nicht entwickelt. Im Übrigen sei die behauptete unternehmerische Entscheidung nicht von einem ordnungsgemäßen Beschluss ihrer Gesellschafter gedeckt. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den in anderen Einrichtungen tätigen Hausmeistern vergleichbar und zumindest gegenüber einem der fraglichen Mitarbeiter sozial schutzbedürftiger. Bei der Auswahl habe die Beklagte Vorbeschäftigungszeiten, die er seit dem 1. April 1998 erbracht habe, berücksichtigen müssen. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zudem sei die maßgebende - tarifliche - Kündigungsfrist bei richtiger Berechnung seiner Beschäftigungsdauer nicht eingehalten.

5

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist und über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als Hausmeister weiter zu beschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe in der 24. Kalenderwoche des Jahres 2011 auf der Grundlage dreier Angebote beschlossen, ab dem 1. Januar 2012 ein fremdes Unternehmen mit der Erledigung der bisher dem Kläger übertragenen Dienste zu beauftragen. Die Entscheidung, die zum fraglichen Termin auch tatsächlich umgesetzt worden sei, trage einem bestehenden Kostendruck Rechnung und sei weder unsachlich, noch unvernünftig oder willkürlich. Unschädlich sei, dass der Vertrag mit dem betrauten Unternehmen erst im Herbst 2011 geschlossen worden sei und inhaltlich in einzelnen Punkten von dessen ursprünglichem Angebot abweiche. Einer sozialen Auswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei schon wegen der vertraglichen Festlegung seines Arbeitsorts auf T mit anderen Hausmeistern nicht vergleichbar. Zudem handele es sich bei jenen Arbeitnehmern um Vollzeitkräfte, die, anders als der Kläger, zusätzliche Tätigkeiten schuldeten. Selbst wenn der Kläger mit den Vollzeitkräften vergleichbar sein sollte, sei die soziale Auswahl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Den Betriebsrat habe sie am 21. Juni 2011 - mündlich - ordnungsgemäß unterrichtet.

7

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag - unausgesprochen - als einheitlichen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ausgelegt und als solchen für zulässig gehalten. Diese Würdigung begegnet keinen Bedenken.

10

II. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

11

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dieses bestand bei Zugang der Kündigung länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG). Der betriebliche Geltungsbereich des Gesetzes ist nach § 23 Abs. 1 KSchG eröffnet.

12

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht schlüssig aufgezeigt. Ihrem Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass im maßgebenden Kündigungszeitpunkt eine Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste schon getroffen gewesen sei. Jedenfalls habe „eine ‚greifbare‘ Form der Entscheidung“ im Kündigungszeitpunkt „noch nicht vor[gelegen]“. Die bei den Drittfirmen eingeholten Angebote hätten rein informativen Zwecken gedient. In konkrete Verhandlungen sei die Beklagte erst längere Zeit nach Zugang der Kündigung eingetreten.

13

3. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit es nicht den Rechtsbegriff des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ verkannt hat, an die Darlegung des behaupteten Kündigungsgrundes überzogene Anforderungen gestellt. Dies rügt die Beklagte mit Recht.

14

a) Dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 17, BAGE 133, 240).

15

aa) Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits - etwa aus wirtschaftlichen Gründen - „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO mwN).

16

bb) Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen - soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat - zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - auf den es dafür unverzichtbar ankommt - nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 34; 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 18; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240).

17

b) Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber - zumindest konkludent - behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit - in der Regel zunächst ausreichendem - Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung - wie stets - nach § 286 ZPO bilden müssen. Soweit sich die innere Tatsache nach außen manifestiert hat, wird es ggf. Beweis über die Indiztatsachen erheben und diese würdigen müssen. Fehlt es an einer entsprechenden Offenbarung der unternehmerischen Entscheidung, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ihre Glaubwürdigkeit ankommen (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 36).

18

c) Danach hat die Beklagte einen die Kündigung rechtfertigenden Grund schlüssig aufgezeigt.

19

aa) Sie hat vorgebracht, ihr Geschäftsführer habe nach Einholung dreier Angebote in der 24. Kalenderwoche - dh. in der Zeit zwischen dem 13. und 19. Juni 2011 - entschieden, die bisher dem Kläger übertragenen Hausmeisterdienste ab dem 1. Januar 2012 durch einen externen Dienstleister erledigen zu lassen. Seinen Entschluss habe er am 20. Juni 2011 dem Personalleiter und der Heimleiterin des Seniorenheims in einer Dienstberatung mitgeteilt. Am Folgetag habe er die Vorsitzende des Betriebsrats von der Entscheidung unterrichtet und dabei eines der Angebote vorgelegt.

20

bb) Bereits die Offenbarung der fraglichen Entscheidung gegenüber Dritten spricht - als wahr unterstellt - in hohem Maße dafür, dass der Geschäftsführer den Entschluss zur Fremdvergabe bereits bei Kündigungszugang gefasst hatte. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem Indizwert der betreffenden äußeren Umstände nicht gerecht. Jedenfalls durfte es nicht weitergehende Darlegungen zur inneren Willensbildung verlangen, ohne sich zuvor von der Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Mitteilungen überzeugt zu haben. Ebenso wenig bedurfte es weitergehender Darlegungen zu den Überlegungen und Beweggründen, auf denen die Entscheidung beruhen soll, um ihr Vorliegen plausibel zu machen. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Erwägungen durchaus offengelegt, soweit sie auf eine Kosteneinsparung und darauf verwiesen hat, zukünftig Hausmeisterdienste flexibler abrufen zu können.

21

cc) Besondere Umstände, die geeignet wären, die indizielle Wirkung der in Rede stehenden Tatsachen zu entkräften oder abzuschwächen, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat zwar nicht anzugeben vermocht, an welchem genauen Tag ihr Geschäftsführer die Entscheidung zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste getroffen habe. Das schließt die Möglichkeit, er habe den entsprechenden Willen schon vor Zugang der Kündigung gefasst, aber nicht aus. Da die unternehmerische Entscheidung keinem Formzwang unterliegt (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - zu II 4 d dd der Gründe), widerspricht auch das Fehlen einer Verschriftung dieser Annahme nicht. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, die „Entscheidung [habe] zeitlich mit einem gewissen Abstand vor … der Kündigung und Anhörung des Betriebsrats zu erfolgen“, bleibt unklar, was es damit ausdrücken will. Nach dem Vortrag der Beklagten fielen die behauptete Organisationsentscheidung und die Kündigung keineswegs zusammen.

22

dd) Es kann dahinstehen, ob eine Entscheidung über die Fremdvergabe von Hausmeisterdiensten - wie der Kläger gemeint hat - intern den Gesellschaftern der Beklagten vorbehalten und ob sie von einem wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung getragen war. Darauf kommt es kündigungsrechtlich nicht an. Bei einer juristischen Person genügt es, dass derjenige, der dazu die tatsächliche Macht hat, die betreffende Entscheidung endgültig und vorbehaltlos getroffen hat (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 35; 5. April 2001 - 2 AZR 696/99 - zu II 3 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Darlegungen der Beklagten bezogen auf die Entscheidung ihres Geschäftsführers erfüllt.

23

ee) Die in Rede stehende Maßnahme - die Fremdvergabe der Hausmeisterdienste - hatte damit im Kündigungszeitpunkt - die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten als wahr unterstellt - „greifbare Formen“ angenommen. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird dem prognostischen Anteil des Kündigungsgrundes nicht gerecht.

24

(1) Die Beklagte hatte endgültig und ernsthaft beschlossen, die fragliche organisatorische Änderung durchzuführen. Es war nicht erforderlich, dass sie vor Zugang der Kündigung mit der Verwirklichung ihrer Entscheidung bereits begonnen hätte (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 651/95 - zu II 1 der Gründe; 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - zu II 2 b der Gründe). Das betrifft nicht nur deren unmittelbare Umsetzung. Auch vorbereitende Maßnahmen - etwa den Vertragsschluss mit dem Drittunternehmen - musste sie noch nicht ergriffen haben. Es genügte, dass sie berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihr hierfür ausreichend Zeit.

25

(2) Das war hier der Fall. Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits im März 2011 Angebote von Dienstleistern angefordert. Auch wenn dies zunächst der Markterkundung gedient haben mag, so konnte sie doch aufgrund des Ergebnisses ihrer Anfragen hinreichend sicher annehmen, sie werde rechtzeitig einen geeigneten Dienstleister finden. Anderes gälte allenfalls dann, wenn der Geschäftsführer die Durchführung der Maßnahme von weiteren, unwägbaren Voraussetzungen, etwa davon abhängig gemacht hätte, die Aufgaben zu günstigeren Konditionen vergeben zu können als angeboten. Davon geht das Landesarbeitsgericht aber nicht aus. Der Umstand, dass der im Herbst 2011 mit dem Dienstleister geschlossene Vertrag gegenüber dem ursprünglichen Angebot bestimmte Modifikationen enthält, bietet für einen solchen Vorbehalt keinen hinreichenden Anhaltspunkt.

26

ff) Der Entschluss zur Fremdvergabe der Hausmeisterdienste war geeignet, den Bedarf an einer Beschäftigung des Klägers zum Ende des Jahres 2011 in Wegfall zu bringen. Zwar waren Hausmeistertätigkeiten in der vom Kläger betreuten Einrichtung auch fortan zu erledigen. Sie sollten aber nicht mehr von eigenen Arbeitskräften der Beklagten ausgeführt, sondern von einem anderen Unternehmen - mit dessen Arbeitskräften - selbständig erledigt werden. Eine derartige Organisationsentscheidung ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wenn sie - anders als von der Beklagten erwartet - nicht mit einer Ersparnis von Kosten verbunden gewesen sein sollte.

27

(1) Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (BAG 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 19).

28

(2) Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 20). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine „bessere“ oder „richtigere“ betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37). Im Fall der Fremdvergabe kommt es deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob durch die Beauftragung des Drittunternehmens tatsächlich Kosten gespart werden (vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 23, BAGE 123, 20).

29

(3) Die in Rede stehende Entscheidung lässt keine sachfremden Erwägungen erkennen. Sie ist nicht etwa deshalb unsachlich, weil die Beklagte in anderen Einrichtungen weiterhin eigene Arbeitskräfte als Hausmeister beschäftigt. Zum einen ist nicht erkennbar, dass dies durchgängig der Fall wäre. Zum anderen steht es dem Arbeitgeber frei, verschiedene Betriebsstätten unterschiedlich zu organisieren.

30

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung vom 29. Juni 2011 wirksam ist. Es fehlt an erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

31

1. Es steht nicht fest, ob die Kündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse rechtsfehlerhaft als unschlüssig angesehen und sich - von seinem Standpunkt aus konsequent - kein Urteil darüber gebildet, ob deren tatsächliche Behauptungen für wahr zu erachten sind (§ 286 ZPO). Dies hat es nachzuholen.

32

a) Allerdings kann bezweifelt werden, ob der Kläger die Ausführungen der Beklagten gemäß § 138 ZPO ausreichend bestritten hat. Er ist deren Vortrag vornehmlich mit Rechtsausführungen entgegengetreten, die sich als nicht durchgreifend erwiesen haben. In tatsächlicher Hinsicht hat er sich darauf beschränkt, das Zustandekommen einer unternehmerischen Entscheidung im Kündigungszeitpunkt „einfach“ zu bestreiten. Nachdem die Beklagte ihre betreffenden Behauptungen durch Hinweis auf die Dienstberatung vom 20. Juni 2011 und dort gefallene Äußerungen ihres Geschäftsführers konkretisiert hatte, wäre es Sache des Klägers gewesen, die ergänzenden Ausführungen „spezifisch“, sei es durch substantiierten Gegenvortrag (§ 138 Abs. 2 ZPO), sei es mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) zu bestreiten. Das ist, soweit ersichtlich, nicht geschehen.

33

b) Die abschließende Würdigung ist zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Zum einen mag der Kläger die Notwendigkeit einer Konkretisierung seines Bestreitens nicht erkannt haben, weil beide Vorinstanzen von der Unschlüssigkeit des Vortrags der Beklagten ausgegangen sind. Zum anderen unterliegen die in Rede stehenden Indiztatsachen, selbst wenn sie als zugestanden anzusehen wären, einer abschließenden Würdigung gemäß § 286 ZPO, die Aufgabe des Tatsachengerichts ist.

34

2. Der Senat kann nicht beurteilen, ob die Kündigung allemal deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil die Beklagte soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 KSchG).

35

a) Dem bisherigen aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringen ist nicht zu entnehmen, dass es eines sozialen Vergleichs mit Hausmeistern, die an anderen Standorten beschäftigt sind und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen, nicht bedurft hätte.

36

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fraglichen Einrichtungen der Beklagten bildeten einen einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. Dagegen erhebt die Beklagte keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist nicht erkennbar.

37

bb) Das Vorbringen der Beklagten berechtigt nicht zu der Annahme, der Tätigkeitsbereich des Klägers sei vertraglich auf das Seniorenheim T eingegrenzt (zu den Folgen einer solchen Beschränkung für die Sozialauswahl vgl. BAG 17. September 1998 - 2 AZR 725/97 - zu II 2 c der Gründe).

38

(1) Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 27. Februar 2007 zugrunde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelt es sich um einen Formularvertrag, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung solcher Vertragsbedingungen kann das Revisionsgericht selbst vornehmen (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 21; 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 24; jeweils mwN).

39

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es auf das typische Verständnis redlicher Vertragspartner an (BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14). Von Bedeutung sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 17).

40

(3) Ist im Arbeitsvertrag zwar der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, ist aber zugleich die Möglichkeit eines Einsatzes auch in anderen Betrieben des Unternehmens vorgesehen, verhindert dies regelmäßig die Beschränkung der Arbeitspflicht auf den im Vertrag genannten Arbeitsort (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 569/12 - Rn. 20; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. Dadurch wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll.

41

(4) Danach kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht angenommen werden, die Parteien hätten den Einsatzort des Klägers vertraglich festgelegt.

42

(a) Zwar heißt es unter § 1 des Arbeitsvertrags, „der Arbeitnehmer“ werde „als Hausmeister für den Bereich Seniorenresidenz T … unbefristet eingestellt“. Eine solche Klausel kann - wenn nichts anderes geregelt ist - durchaus für eine entsprechende Festschreibung des Arbeitsorts sprechen (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 20).

43

(b) Gegen eine dauerhafte Festlegung spricht jedoch die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf den „jeweils für den Arbeitgeber geltende(n) Tarifvertrag“, weil dieser Bestimmungen zur Versetzungsmöglichkeit enthält.

44

(aa) Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen, die sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht hat, angenommen, aufgrund der Bezugnahmeklausel finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der zwischen dem Arbeitgeberverband der Arbeiterwohlfahrt Thüringen e. V. und der DHV geschlossene Tarifvertrag Anwendung. Das entspricht offenbar dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien. Die Würdigung ist rechtlich möglich. Selbst wenn der Tarifvertrag mangels Tarifzuständigkeit der DHV „fehlerhaft“ sein sollte (zur Problematik vgl. BAG 11. Juni 2013 - 1 ABR 32/12 - BAGE 145, 211), führte dies nicht dazu, dass die Bezugnahme unwirksam wäre oder ins Leere ginge. Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen (BAG 22. Januar 2002 - 9 AZR 601/00 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 100, 189).

45

(bb) Unter § 16 Abs. 1 des TV-AWO Thüringen vom 1. Januar 2010 heißt es: „Der Arbeitnehmer ist im Rahmen seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit in jedem/r Betrieb, Betriebsteil oder Einrichtung des Arbeitgebers vorübergehend oder auf Dauer einsetzbar.“ Ist die Regelung wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden, hat sie die Wirkung eines vertraglichen Versetzungsvorbehalts. Auf diese Weise wäre - zumal Sinn und Zweck der Verweisung laut Arbeitsvertrag die „Gleichstellung der Arbeitnehmer und Vereinheitlichung der arbeitsvertraglichen Regelungen“ sein sollte - hinreichend klargestellt, dass die vertragliche Bestimmung des Einsatzorts mit „Seniorenresidenz T“ lediglich die erstmalige Ausübung des entsprechenden Weisungsrechts darstellte.

46

(cc) Auch wenn die tarifliche Versetzungsregelung nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sein sollte, kann die Vereinbarung zum „Tätigkeitsbereich“ nicht anders verstanden werden. Der Kläger musste angesichts des beabsichtigten Einbezugs der tariflichen Bestimmung annehmen, dass die Beklagte nicht den Willen hatte, sich ihrer Weisungsrechte aus § 106 GewO zu begeben.

47

cc) Das bisherige Vorbringen berechtigt nicht zu der Annahme, die anderen Hausmeister seien deshalb mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil sie - anders als er - mit vollem Stundendeputat beschäftigt sind.

48

(1) Eine Sozialauswahl zwischen Arbeitnehmern in Teilzeit und solchen, die in Vollzeit beschäftigt sind, kann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitgeber auf der Grundlage eines nachvollziehbaren unternehmerischen Konzepts bestimmten Tätigkeiten bestimmte Arbeitszeiten zuordnet (BAG 3. Dezember 1998 - 2 AZR 341/98 - zu II 4 der Gründe, BAGE 90, 236). Entsprechendes gilt für eine Sozialauswahl unter Teilzeitkräften mit unterschiedlichen Arbeitszeitdeputaten (BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 376/03 - zu C III 2 der Gründe, BAGE 111, 229). Arbeitnehmer, die aufgrund solcher Organisationsentscheidungen unterschiedlich lange Wochenarbeitszeiten haben, die nur durch Änderungskündigungen angepasst werden könnten, sind nicht austauschbar und damit nicht miteinander vergleichbar iSv. § 1 Abs. 3 KSchG.

49

(2) Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die in den einzelnen Einrichtungen anfallenden Hausmeistertätigkeiten „einrichtungsbezogen“ nach dem jeweils anfallenden Arbeitsvolumen organisiert. Je Einrichtung solle ein Hausmeister „vor Ort“ als Ansprechpartner vorhanden sein und die anfallenden Arbeiten erledigen. Auf diese Weise hat sie die jeweilige Hausmeistertätigkeit nicht starr an ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen der eingesetzten Hausmeister gebunden. Auch wenn es sachliche Gründe geben mag, Hausmeister nicht einrichtungsübergreifend zu beschäftigen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht deutlich, weshalb pro Einrichtung jeweils nur ein Arbeitnehmer mit den Hausmeistertätigkeiten betraut werden kann. Das gilt umso mehr, als die Beklagte eine solche Situation offenbar auch in den Einrichtungen nicht gewährleistet, in denen sie die Hausmeistertätigkeiten fremdvergeben hat.

50

dd) Soweit die Beklagte behauptet hat, der Kläger sei mit anderen Hausmeistern, insbesondere dem von ihm namentlich benannten Arbeitnehmer deshalb nicht vergleichbar, weil diese noch weitere Tätigkeiten - etwa als Maler - schuldeten und erbrächten, ist ihr Vortrag streitig geblieben und bedarf ggf. weiterer Aufklärung.

51

b) Die Beklagte hat die Sozialdaten der anderen Hausmeister mitgeteilt und geltend gemacht, die Auswahl des Klägers sei selbst bei unterstellter Vergleichbarkeit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ob dies zutrifft, wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen und zu bewerten haben. Dabei wird es sich, falls es darauf ankommt, auch mit der Frage befassen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Anrechnung vor dem 1. April 2007 erbrachter Beschäftigungszeiten des Klägers vorliegen.

52

3. Sollte sich die Kündigung als sozial gerechtfertigt erweisen, wird der Frage nachzugehen sein, ob der Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden ist.

53

a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe der Vorsitzenden des Gremiums am 21. Juni 2011 mündlich ihre Kündigungsabsicht unter Mitteilung der Tätigkeit und der Sozialdaten des Klägers, des Kündigungsgrundes, der Kündigungsart einschließlich des Kündigungstermins und ihrer Erwägungen zur Sozialauswahl nebst den Daten der anderen Hausmeister mitgeteilt. Das Vorbringen lässt, zumal die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers über die Gründe der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“ ist(vgl. nur BAG 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - Rn. 20; 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 17), keine inhaltlichen Mängel erkennen. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wäre, ausgehend von dem behaupteten Zugang der Kündigung am 29. Juni 2011, eingehalten.

54

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beurteilen haben, ob der Kläger das Vorbringen hinreichend - mit Nichtwissen - bestritten hat. Ggf. wird es die erforderlichen Beweise zu erheben haben.

55

4. Sollte sich die Kündigung als solche als wirksam erweisen, wird sich das Landesarbeitsgericht mit dem Einwand des Klägers zu befassen haben, die Beklagte habe sie nicht termingerecht erklärt.

56

5. Von der Zurückverweisung ist auch der als Hilfsantrag zu verstehende Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung erfasst. Die Entscheidung über ihn ist abhängig von der Entscheidung über den Feststellungsantrag.

        

   Kreft    

        

   Niemann    

        

   Berger    

        

        

        

   Krichel    

        

   Grimberg    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2012 - 4 Sa 658/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie um Ansprüche des Klägers auf Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2. und auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für den Monat August 2011.

2

Der 1960 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 2. Juni 1998 bei der Firma K GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängerin als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20. Januar 2011 wurde über das Vermögen der Schuldnerin die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und der Beklagte zu 1. zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2011 wurde er Insolvenzverwalter. Noch am 1. April 2011 schlossen der Beklagte zu 1. und der im Betrieb der Schuldnerin gebildete Betriebsrat einen Interessenausgleich. In § 2 Nr. 1 dieses Interessenausgleichs wird unter Bezugnahme auf eine Anlage 2 die bisherige Organisationsstruktur der Schuldnerin wiedergegeben. Demnach war die Schuldnerin in die Bereiche Verwaltung, Instandhaltung, Qualität, Logistik, Aircraft, Härten sowie Channelgroup 1 und Channelgroup 2 gegliedert. Die Bereiche Channelgroup 1 und Channelgroup 2 umfassten die Produktion von Kugeln unterschiedlicher Größe. Der Kläger war der Channelgroup 2 zugeordnet.

3

Der Interessenausgleich lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 2   

        
        

Gegenstand der Betriebsänderung

        
        

…       

        
        

2.    

Personalstruktur/Altersstruktur

        
                 

Die Parteien stimmen überein, dass die Schaffung einer ausgewogenen und leistungsfähigen Personalstruktur im berechtigten betrieblichen Interesse liegt und für eine dauerhafte Erhaltung des Unternehmens erforderlich ist. Durch die Bildung von Altersgruppen wird die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur angestrebt, die einer Überalterung der Belegschaft entgegenwirkt und eine übermäßige Belastung jüngerer Arbeitnehmer/innen verhindert. In diesem Sinn werden zum Zweck der Restrukturierung folgende Altersgruppen gebildet

        
                 

Altersgruppe 1

0 - 44 Jahre

        
                 

Altersgruppe 2

45 - 49 Jahre

        
                 

Altersgruppe 3

50 - 54 Jahre

        
                 

Altersgruppe 4

55 - 59 Jahre

        
                 

Altersgruppe 5

ab 60 Jahre.

        
                 

Durch die Bildung von Qualifikationsgruppen wird die Schaffung einer leistungsfähigen Personalstruktur angestrebt, die die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Produktion im Dreischichtbetrieb ermöglicht durch den Einsatz von Mitarbeitern mit höherer Qualifikation und universeller Einsetzbarkeit.

        
        

3.    

Beschreibung der Betriebsänderung

        
                 

Die einzelnen Betriebsteile/Bereiche mit der Anzahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer sowohl vor, als auch nach Durchführung der Betriebsänderung sind nachfolgender Übersicht zu entnehmen

        
                 

Betriebsteile/Bereich

Ist-Stand vor Betriebsänderung

Soll-Stand nach Betriebsänderung

                                            
                 

Verwaltung

9       

9       

                 

Instandhaltung

11    

7       

                 

Qualität

4       

4       

                 

Logistik

4       

4       

                 

Aircraft

11    

9       

                 

Härten

9       

9       

                 

Channelgroup 1

24    

19    

                 

Channelgroup 2

37    

26    

                                            
                 

Summe 

109     

87    

                                   
                 

Infolge dieser unternehmerischen Entscheidungen entfällt der Beschäftigungsbedarf für 22 Arbeitnehmer in vollem Umfang.

        
        

4.    

Struktur nach Betriebsänderung

        
                 

a)    

Die nach Umsetzung der Betriebsänderung bestehende Soll-Struktur mit den in den Bereichen tätigen Arbeitnehmern ist der

        
                          

Anlage 3

        
                          

zu diesem Interessenausgleich zu entnehmen. Der Personalbestand nach Reorganisation des Betriebes beläuft sich auf 87 Arbeitnehmer. Das Beschäftigungsbedürfnis für die darüber hinausgehenden 22 Arbeitnehmer entfällt mit Umsetzung der Reorganisation.

        
                 

b)    

Die aufgrund der oben dargestellten Situation von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer sind in

        
                          

Anlage 4

        
                          

zu diesem Interessenausgleich, die diesem als fester Bestandteil beigefügt ist, unter namentlicher Benennung aufgeführt. Diese Anlage ist von den Betriebsparteien gesondert unterzeichnet. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass es sich bei der Anlage 4 um eine Namensliste i. S. von § 125 InsO handelt. Die Namensliste ist im Rahmen einer zusammengesetzten Urkunde integraler Bestandteil dieses Interessenausgleiches.

        
                          
        

§ 3     

        
        

Sozialauswahl

        
        

Zur Besetzung der sich aus der neuen Struktur des Betriebs ergebenden verbliebenen Arbeitsplätze und zur personellen Konkretisierung der von Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer wurde eine Sozialauswahl durchgeführt.

        
        

Hierfür wurden die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Bereichen sowie der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer zwischen den Betriebsparteien einvernehmlich festgelegt.

        
        

Von den Betriebsparteien wurden ferner die Arbeitnehmer definiert, die aufgrund ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen und zur Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur als betriebsnotwendiges Personal zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit als auch der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs aus berechtigtem betrieblichen Interesse zwingend weiterbeschäftigt werden müssen. Diese Arbeitnehmer wurden ebenfalls aus der Sozialauswahl herausgenommen.

        
        

…“    

        
4

Der Interessenausgleich und die mit ihm verbundene Anlage 4 wurden von dem Beklagten zu 1. und Vertretern des Betriebsrats unterzeichnet. Die Anlage 4 umfasst 22 Namen. Unter ihnen befindet sich auch der Name des Klägers.

5

Mit Schreiben vom 1. April 2011 unterrichtete der Beklagte zu 1. den Betriebsrat über die beabsichtigten Kündigungen einschließlich der Kündigung des Klägers. Darin wird mitgeteilt, dass für die Sozialauswahl die Arbeitnehmer den Bereichen Verwaltung, Instandhaltung, Qualität, Logistik, Aircraft, Härten sowie Channelgroup 1 und 2 zugeordnet wurden. Von insgesamt 61 Produktionsmitarbeitern in den zusammengefassten Channelgroups 1 und 2 seien 16 Maschinenbediener vom Personalabbau betroffen. Die Schichtführer und Einsteller würden zur Aufrechterhaltung der Produktion benötigt. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte der Betriebsrat hierzu keine Stellungnahme abzugeben. Er sehe das Anhörungsverfahren als abgeschlossen an. Ebenfalls unter dem 1. April 2011 zeigte der Beklagte zu 1. gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigten Entlassungen an. Schließlich erklärte der Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 1. April 2011 gegenüber dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2011. Die Kündigung wurde dem Kläger noch am selben Tag übergeben.

6

Am 5. April 2011 ging der Betrieb der Schuldnerin auf die Beklagte zu 2. über.

7

Mit seiner am 15. April 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat bestritten, dass die Massenentlassungsanzeige entsprechend § 17 Abs. 1 KSchG vor Zugang der Kündigungserklärung erfolgt ist. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Kündigung sei gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam, da sie anlässlich des Betriebsübergangs erfolgt sei. Ein Erwerberkonzept, welches die Kündigung rechtfertigen könnte, habe nicht vorgelegen. Die Erwerberin habe vielmehr unmittelbar nach dem Betriebsübergang gegenüber den lokalen Medien erklärt, dass sie eine Aufstockung des Personals beabsichtige. Bei der Beklagten zu 2. bestehe auch tatsächlich Beschäftigungsbedarf.

8

Zudem sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft erfolgt. Die Einteilung der Produktionsmitarbeiter nach ihrer Tätigkeit in den verschiedenen betrieblichen Bereichen (zB Channelgroup 1 und 2; Härten; Instandhaltung) sei willkürlich. Die Produktionsmitarbeiter seien bereichsübergreifend nach wenigen Tagen Anlernzeit „universell einsetzbar“ und deshalb miteinander vergleichbar. In den Bereichen Channelgroup und Härten seien ungelernte Tätigkeiten verrichtet und die Mitarbeiter stets ausgetauscht worden. Auch die Unterscheidung nach der Qualifikation der Mitarbeiter in den einzelnen Bereichen sei willkürlich vorgenommen worden. So seien im Bereich Channelgroup die Mitarbeiter R, W und H als angebliche Schichtführer aus der Sozialauswahl herausgenommen worden. Tatsächlich seien sie Maschinenbediener. Auch die Herausnahme des Mitarbeiters D sei nicht gerechtfertigt. Dieser weise keine besondere Qualifikation auf. Er (der Kläger) könne ebenso wie dieser Kollege als Springer tätig werden. Aufgrund seiner Qualifikation als Industriemechaniker und Informationselektroniker sei er in jedem Produktionsbereich und auch als Einsteller einsetzbar. Sein Arbeitsvertrag enthalte eine Versetzungsklausel. Die beabsichtigte Schaffung einer neuen Altersstruktur sei mit unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar. Es handle sich um eine unzulässige Altersdiskriminierung. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO verstoße gegen Unionsrecht und sei daher nicht anzuwenden. Die große Bandbreite der Altersgruppe 1 führe hier zudem zu einer überdimensionalen Benachteiligung der älteren Mitarbeiter. Die vorgenommene Bildung der Altersgruppen sei weder hinsichtlich ihrer Veranlassung noch ihrer Ausgestaltung nachvollziehbar. Wäre die Sozialauswahl ordnungsgemäß betriebsbezogen und ohne Altersgruppenbildung erfolgt, so seien zumindest 30 benannte Arbeitnehmer im Produktionsbereich sozial weniger schutzwürdig als er und daher vorrangig zu kündigen. Selbst bei Überprüfung der Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit seien zwölf benannte Kollegen weniger schutzwürdig.

9

Das Arbeitsverhältnis sei somit ungekündigt auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Diese sei verpflichtet, ihn weiterzubeschäftigen. Beide Beklagten seien zudem zur Zahlung des Annahmeverzugslohns für den Monat August 2011 verpflichtet.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 1. April 2011, dem Kläger ausgehändigt am 1. April 2011, zum 31. Juli 2011 nicht aufgelöst wurde.

        

2.    

Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Produktionshelfer weiterzubeschäftigen.

        

3.    

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Vergütung für den Monat August 2011 2.788,68 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 1. September 2011 abzüglich ggf. auf Dritte übergegangener Ansprüche zu zahlen.

11

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die dem Kläger erst nach Anzeige der Massenentlassung übergebene Kündigung sei wirksam.

12

Ihr liege ein Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO zugrunde. Der Kläger habe die daraus folgende Vermutung dringender betrieblicher Erfordernisse für die Kündigung nicht widerlegt. Unter Beibehaltung der bisherigen Kostenstruktur sei eine Fortführung des Betriebs nicht möglich gewesen. Die Kündigungen seien Teil eines Erwerberkonzepts. Dementsprechend werde der Betrieb nach der Übernahme auch weitergeführt. Die vom Kläger angeführten Pressemitteilungen seien als unternehmerische Visionen unverbindlich zukunftsgerichtet.

13

Die Sozialauswahl sei nicht grob fehlerhaft. Durch sie sei auf der Grundlage eines Sanierungskonzepts eine ausgewogene Personalstruktur geschaffen worden, welche den Verkauf und den Betriebsübergang erst möglich gemacht habe. Schichtführer und Einsteller seien zur Aufrechterhaltung der Produktion benötigt und daher nicht gekündigt worden. Es sei zwingend notwendig gewesen, Mitarbeiter mit höherer Qualifikation und universeller Einsetzbarkeit zu halten. So sei im Bereich Channelgroup in der Altersgruppe 3 der Arbeitnehmer D als universell einsetzbarer Springer nicht in die Auswahl einzubeziehen gewesen. Die Mitarbeiter R, W und H seien höher qualifiziert als der Kläger.

14

Es liege auch keine unzulässige Altersdiskriminierung vor. Die Altersgruppe 1 sei gebildet worden, da Mitarbeiter bis 25 Jahre gänzlich gefehlt hätten und Arbeitnehmer bis 44 Jahre stark unterrepräsentiert gewesen seien. Der Betrieb der Schuldnerin sei mit einem vergleichbaren Musterbetrieb der Branche abgeglichen worden. Dabei habe sich gezeigt, dass der Betrieb mit einem Durchschnittsalter von 51 Jahren stark überaltert gewesen sei. Da die Verjüngung des Betriebs beabsichtigt gewesen sei, hätten Beschäftigte in der Altersgruppe 1 nicht gekündigt werden sollen. Es sei daher nur konsequent, dass Kündigungen auch im Bereich der beiden Channelgroups in dieser Altersgruppe unterblieben seien, obwohl dort 42,62 % der Beschäftigten der Altersgruppe 1 zuzuordnen gewesen seien.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Sie rügt zu Recht eine Verletzung des § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann nicht angenommen werden, dass die soziale Auswahl im Hinblick auf das Ergebnis der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist. Die Beklagten haben nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen die vorgenommene Altersgruppenbildung erforderlich und die Beschränkung der Sozialauswahl auf die bisherigen Einsatzbereiche veranlasst war. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat nicht selbst beurteilen, ob die streitgegenständliche Kündigung iSv. § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt ist. Die weiteren Klageanträge hängen davon ab. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Die Kündigung vom 1. April 2011 ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt ist.

18

I. Es liegt ein formwirksamer Interessenausgleich mit Namensliste vor, der bei unveränderter Sachlage ( § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO ) die Rechtsfolgen des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO auslöst. Eine Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG ist gegeben. Um eine Betriebsänderung handelt es sich auch bei einem bloßen Personalabbau, wenn die Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht sind(st. Rspr., vgl. zB BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 17; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 17, BAGE 142, 339). Der Personalabbau überschritt hier die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG. Von 109 Arbeitnehmern sollte 22 gekündigt werden. Dies sind mehr als 10 % der Belegschaft. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit.

19

II. Aufgrund der namentlichen Benennung des Klägers in der Namensliste des Interessenausgleichs (Anlage 4) wird nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung vom 1. April 2011 durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Diese Vermutung wäre widerlegt, wenn der Kläger substantiiert dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen hätte, dass der nach dem Interessenausgleich in Betracht kommende betriebliche Grund in Wirklichkeit nicht besteht (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 520/11 - Rn. 25; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 17, BAGE 140, 169).Das Landesarbeitsgericht ist jedoch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt ist. Die Revision erhebt insoweit keine Rügen.

20

B.  Ob die Kündigung wegen grober Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist, kann noch nicht entschieden werden.

21

I. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO kann die soziale Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 KSchG nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.

22

1. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO eröffnet dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat weiter gehende Möglichkeiten bei der Sozialauswahl als § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG. Insbesondere muss die Schwerbehinderung nicht berücksichtigt werden und kann mit einem Interessenausgleich nach § 125 InsO angestrebt werden, eine ausgewogene Personalstruktur nicht nur zu erhalten, sondern erst zu schaffen(BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 35, BAGE 142, 202). Der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit gilt nicht nur für die Auswahlkriterien und ihre relative Gewichtung selbst. Auch die Bildung der auswahlrelevanten Arbeitnehmergruppe kann gerichtlich lediglich auf grobe Fehler überprüft werden. Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt (st. Rspr., vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 854/11 - Rn. 26; für § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 38 f., BAGE 140, 169; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 21 ; s. auch BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Sinn und Zweck des § 125 InsO gebieten eine weite Ausdehnung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs der groben Fehlerhaftigkeit bei der Sozialauswahl. Diese Bestimmung soll eine erfolgreiche Sanierung insolventer Unternehmen fördern (BT-Drucks. 12/2443 S. 77) und Kündigungserleichterungen schaffen (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 45, BAGE 142, 225). Die getroffene Auswahl muss sich mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, dass das Auswahlverfahren zu beanstanden ist. Ein mangelhaftes Auswahlverfahren kann zu einem richtigen - nicht grob fehlerhaften - Auswahlergebnis führen (vgl. zB BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 34, BAGE 142, 339; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19 ).

23

2. Die Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO kodifiziert einen Sonderfall der berechtigten betrieblichen Bedürfnisse iSd. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG(BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 3 b bb (2) der Gründe). § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eröffnet die Möglichkeit zum Zweck der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur die Auswahl innerhalb von Altersgruppen vorzunehmen. Dies verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung (Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) und seine Ausgestaltung durch die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 25, BAGE 142, 339; 15. Dezember 2011 -  2 AZR 42/10  - Rn. 46 ff., BAGE 140, 169). Gleiches gilt für eine Altersgruppenbildung in einem nach § 125 Abs. 1 InsO geschlossenen Interessenausgleich, die der Erhaltung der vorhandenen Altersstruktur dient(BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 30, BAGE 142, 225).

24

3. Die durch § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO eröffnete Möglichkeit der Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch Bildung von Altersgruppen verletzt das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung ebenfalls nicht. Sie ist durch das legitime Ziel der Sanierung eines insolventen Unternehmens gerechtfertigt. Das nationale Gericht hat aber die Angemessenheit und Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung im Einzelfall zu prüfen.

25

a) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind; unter legitimen Zielen sind dabei insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen. Die Mitgliedstaaten und ggf. die Sozialpartner auf nationaler Ebene haben sowohl bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel sie im Bereich der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik verfolgen wollen, als auch bei der Festlegung von Maßnahmen zu seiner Erreichung einen weiten Ermessensspielraum ( EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 50; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 60; 12. Oktober 2010 - C-499/08  - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 12. Oktober 2010 -  C-45/09  - [Rosenbladt] Rn. 41, Slg. 2010, I-9391; 16. Oktober 2007 -  C-411/05  - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531; 22. November 2005 -  C-144/04  - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981). Dieser Spielraum darf allerdings nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters ausgehöhlt wird (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08  - [Andersen] aaO; 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569).

26

b) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat darauf erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09  - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; 18. Juni 2009 -  C-88/08  - [Hütter] Rn. 41, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569; 12. Oktober 2010 - C-499/08  - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 12. Oktober 2010 -  C-45/09  - [Rosenbladt] Rn. 41, Slg. 2010, I-9391; 16. Oktober 2007 -  C-411/05  - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531; 22. November 2005 -  C-144/04  - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11  - Rn. 15 ). Ziele, die als „rechtmäßig“ iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Freilich ist es nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift bei der Verfolgung der genannten sozialpolitischen Ziele den Arbeitgebern einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt ( EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 , C-160/10  - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919 ; 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] aaO).

27

c) Demnach liegt in Übereinstimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben ein im Allgemeininteresse liegendes legitimes Ziel aus dem Bereich der Sozialpolitik vor, wenn die Sozialauswahl nach Altersgruppen dazu dienen soll, den Betrieb aus der Insolvenz heraus zu sanieren und ggf. verkaufsfähig zu machen. Damit wird nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Schuldners, also eines einzelnen insolventen Unternehmens, verbessert. § 125 InsO soll als Teil der Reform des Insolvenzrechts marktwirtschaftlich sinnvolle Sanierungen ermöglichen(BT-Drucks. 12/2443 S. 77; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 1). Das Ziel des Erhalts des Unternehmens kommt auch in § 1 Satz 1 InsO zum Ausdruck. Soweit durch eine Sanierung aus der Insolvenz heraus - und sei es auch nur vorübergehend - Arbeitsplätze erhalten werden, dient dies nicht nur dem Interesse des Arbeitgebers, sondern auch dem der Gesamtbelegschaft und der Allgemeinheit. Die Leistungsfähigkeit von Betrieben und Unternehmen in ihrer Gesamtheit gehört zu den Grundlagen eines funktionierenden Wirtschaftssystems (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 31, BAGE 142, 225; ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 15b; MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 97; Uffmann SAE 2013, 1). Eine Altersgruppenbildung, die in einem auf § 125 InsO gestützten Interessenausgleich mit Namensliste den Bestand privatwirtschaftlicher Unternehmen zum Wohl aller am Wirtschaftsleben Teilhabenden sichern will, dient damit einem im Allgemeininteresse liegenden legitimen Ziel(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 62, BAGE 140, 169). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Erhalt einer bereits ausgewogenen Personal- und Altersstruktur zur Fortführung bzw. zum Verkauf des Unternehmens ausreicht oder ob eine solche Perspektive nur durch die Schaffung ausgewogener Strukturen im Rahmen einer Sanierung möglich wird. Gerade bei insolventen Unternehmen sind typischerweise tiefgreifende Reformen nötig. Die Altersgruppenbildung kann bei entsprechendem Reformbedarf ein angemessenes und erforderliches Mittel sein, um im Zusammenhang mit Entlassungen eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen, die eine (zumindest teilweise) Fortführung des Unternehmens oder Betriebs ermöglicht.

28

d) Eines Vorabentscheidungsersuchens des Senats nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Welches Ziel eine nationale Regelung verfolgt, haben die Gerichte der Mitgliedstaaten zu prüfen (EuGH 21. Juli 2011 C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 71, Slg. 2011, I-6919). Ebenso obliegt es der Beurteilung durch die nationalen Gerichte, ob eine nationale Regelung einem rechtmäßigen Ziel im Sinne dieser Auslegung des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG durch den Gerichtshof der Europäischen Union dient. Gleiches gilt für die Frage, ob der nationale Gesetzgeber angesichts des bestehenden Ermessensspielraums davon ausgehen durfte, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind ( EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 f., Slg. 2009, I-1569; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 67 f.).

29

Die konkrete Subsumtion, ob eine Altersgruppenbildung als Grundlage für einen nach § 125 InsO geschlossenen Interessenausgleich den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten abstrakten Anforderungen an eine Rechtfertigung iSv. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG genügt, ist damit Aufgabe des nationalen Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits, mit dem es befasst ist, sowie für die Auslegung des anwendbaren nationalen Rechts zuständig ist( EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 47, Slg. 2009, I-1569). Das nationale Gericht hat daher unter Beachtung der Zielrichtung des nationalen Rechts, hier des § 125 InsO und des darauf basierenden Interessenausgleichs, und unter Berücksichtigung der Einbettung dieser Bestimmung in das nationale Kündigungsrecht zu prüfen, ob die Altersgruppenbildung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abstrakt und konkret ein legitimes Ziel verfolgt und dafür das angemessene und erforderliche Mittel ist.

30

4. Für diese Prüfung bedarf es entsprechender Darlegung des kündigenden Arbeitgebers, hier des Insolvenzverwalters. Die Arbeitsgerichte haben zu beurteilen, ob die Altersgruppenbildung im konkreten Interessenausgleich gemäß § 10 AGG gerechtfertigt ist.

31

a) Die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ( §§ 1 bis 10 AGG ) sind im Rahmen der Prüfung der Sozialwidrigkeit von Kündigungen zu beachten (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 28, BAGE 128, 238).Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, wenn die Sozialauswahl bezogen auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis grob fehlerhaft iSd. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist.

32

b) Die Bildung von Altersgruppen bedeutet eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters iSd. § 1 AGG(vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 49, BAGE 128, 238), die eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG mit der Folge der Unwirksamkeit gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AGG darstellen kann. Dies ist nicht der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 8 AGG oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen aber nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 AGG setzt die Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 unionsrechtskonform um (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 26). Die Sanierung eines insolventen Unternehmens stellt aus den genannten Gründen auch ein legitimes Ziel gemäß § 10 Satz 1 AGG dar. Eine mit einer Altersgruppenbildung ggf. verbundene Benachteiligung älterer Arbeitnehmer kann vor diesem Hintergrund gerechtfertigt sein (aA Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 125 InsO Rn. 21a).

33

c) Der Gesetzgeber gibt eine Altersgruppenbildung weder in § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG noch in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO zwingend vor. Er überlässt dem Arbeitgeber/Insolvenzverwalter - bzw. den Betriebsparteien - das „Ob“ und das „Wie“ der Gruppenbildung und räumt dabei einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum ein. Inwieweit Kündigungen Auswirkungen auf die Altersstruktur des Betriebs haben und welche Nachteile sich daraus ergeben, hängt von den betrieblichen Verhältnissen ab und kann nicht abstrakt für alle denkbaren Fälle beschrieben werden. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen und möglichen Nachteile deswegen im Einzelnen darlegen, wenn er sich wegen der Sicherung der Personalstruktur auf § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG berufen will(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 65, BAGE 140, 169; 18. März 2010 - 2 AZR 468/08  - Rn. 23 ). Jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Anzahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht, kommen ihm dabei Erleichterungen zugute; in diesem Fall ist ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Beibehaltung der Altersstruktur - widerlegbar - indiziert (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 28, BAGE 142, 339; 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 30).

34

d) Bei beabsichtigter Schaffung einer neuen Struktur gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO muss der Insolvenzverwalter demgegenüber vortragen, welche konkrete Altersstruktur die Betriebsparteien schaffen wollten und aus welchem Grund dies erforderlich war (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 854/11 - Rn. 57). Er ist insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Aus dem Vortrag muss ersichtlich werden, dass die vereinbarte Altersgruppenbildung zur Erreichung des Ziels der sanierungsbedingten Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur angemessen und erforderlich ist. Die Vorlage des Interessenausgleichs kann nur dann ausreichen, wenn in diesem die erforderlichen Angaben bereits enthalten sind. Schlagwortartige Bezeichnungen genügen nicht. Sonst kann nicht überprüft werden, ob die Ungleichbehandlung durch das verfolgte Ziel gerechtfertigt ist (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50). Das bloße Bestreben, das Durchschnittsalter der Beschäftigten zu reduzieren, ist für sich allein betrachtet kein legitimes Ziel (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 59, BAGE 129, 181).

35

II. Die Beklagten sind dieser Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Die Revision rügt zu Recht, dass das Landesarbeitsgericht die Darlegungslast der Beklagten bezüglich der Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung verkannt und wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat.

36

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Sozialwidrigkeit und die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl einer Kündigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar. Bei der Frage nach der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte im Rahmen der sozialen Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers ( § 1 Abs. 3 KSchG ) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es wesentliche Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist. Dabei bezieht sich die Beschränkung des revisionsrechtlichen Prüfungsrahmens nicht nur auf die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung, sondern auch auf die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen. Dies gilt in gleicher Weise im Anwendungsbereich des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO, der bei der Nachprüfung der sozialen Auswahl den weiteren unbestimmten Rechtsbegriff der „groben Fehlerhaftigkeit“ verwendet(BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 1 der Gründe; vgl. auch BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 23 mwN).

37

2. Das Landesarbeitsgericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, warum die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur durch Altersgruppenbildung überhaupt erforderlich war. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Altersgruppen hat es nur darauf verwiesen, dass Mitarbeiter bis 25 Jahre gänzlich fehlten und das Durchschnittsalter aller Mitarbeiter bei 51 Jahren lag. Damit wurde auch die Bildung der Altersgruppe 1, dh. die Zusammenfassung der bis 44-Jährigen, gebilligt.

38

3. Der Vortrag der Beklagten lässt nicht erkennen, dass ein objektives Bedürfnis für die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur bestand.

39

a) Der Verweis auf das betriebliche Durchschnittsalter von 51 Jahren lässt vielmehr auf eine ausgewogene Struktur schließen. Geht man von einem durchschnittlichen Eintrittsalter von 30 Jahren und einem Ausscheiden bei 65 oder mehr Jahren aus, so liegt das Alter von 51 Jahren nur knapp über dem Durchschnittsalter in einem Erwerbsleben (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50). Jedenfalls lässt sich aus diesem Altersdurchschnitt nicht ableiten, dass eine Verjüngung der Belegschaft zur Sanierung erforderlich ist. Dies gilt im Besonderen für den Bereich der Channelgroups, dh. der beiden für die Sozialauswahl zusammengefassten Produktionsbereiche, dem auch der Kläger zugeordnet wurde. Mit 61 von insgesamt 109 Mitarbeitern handelt es sich um den größten Bereich des Betriebs. Von diesen 61 fallen 26 Mitarbeiter in die Altersgruppe 1, dh. 42,62 % sind im Alter bis 44 Jahre.

40

b) Der von den Beklagten angeführte Vergleich mit einem „Musterbetrieb“ der Branche stellt für sich genommen keine tragfähige Begründung der Vorgehensweise dar. Eine Wunschvorstellung der Arbeitgeberseite kann als solche keine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigen, anderenfalls wäre jeder Überprüfung der nach § 10 Satz 1 AGG anzuwendende objektive Maßstab entzogen. Zudem weist der fiktive Vergleich keinen Bezug zur konkreten Situation der Insolvenzschuldnerin auf. Es gibt insolvente Unternehmen, die (zB wegen besonderer technischer Fähigkeiten) sanierungsfähig sind, obwohl sie keine ideale oder zumindest durchschnittliche Struktur aufweisen. Umgekehrt existieren Schuldner mit einer beinahe mustergültigen Altersstruktur, die dennoch wegen der aktuellen Marktgegebenheiten keine Sanierungsperspektive haben. Die vereinbarte Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur bedarf der Erläuterung in Bezug auf ein konkretes Sanierungsvorhaben. Dabei sind wegen des praktischen Bedürfnisses zügiger Entscheidungen (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 50, BAGE 142, 225) keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es reicht beispielsweise aus, dass der Insolvenzverwalter innerbetriebliche Gründe, wie zB Kostenstrukturen, anführt oder die Probleme bei Gesprächen mit potentiellen Investoren oder Käufern schildert. Dabei kann auch die Altersstruktur vergleichbarer Unternehmen eine Rolle spielen (vgl. MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 97; Zwanziger Kommentar zum Arbeitsrecht der InsO 4. Aufl. § 125 Rn. 70). Es muss aber ein Sanierungskonzept deutlich werden, nicht nur - wie hier - der pauschale Wunsch nach einer Verjüngung der Belegschaft. Ein solches Konzept haben die Beklagten bislang nicht verdeutlicht.

41

c)  Die Argumentation der Beklagten, wonach sich der Betrieb bei Ausscheiden der Älteren gleichsam von selbst „abgeschafft“ hätte, führt nicht weiter. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass ein sukzessives Ausscheiden durch entsprechende Neueinstellungen kompensiert werden kann.

42

III. Die Revision rügt auch begründet, dass die Auswahl unter den Produktionsmitarbeitern aus nicht hinreichend nachvollziehbaren Gründen in Abweichung vom Grundsatz der betriebsbezogenen Sozialauswahl getrennt nach den Bereichen Instandhaltung, Qualität, Logistik, Aircraft, Härten sowie Channelgroup (1 und 2) vorgenommen wurde. Der Beklagte zu 1. hat insoweit seine Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG nicht erfüllt.

43

1. Auch in der Insolvenz ist eine auf den gesamten Betrieb bezogene Sozialauswahl vorzunehmen. Hinsichtlich der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ist den Betriebspartnern durch § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO aber ein weiter Spielraum eingeräumt. Bezüglich des auswahlrelevanten Personenkreises besteht diese Einschätzungsprärogative ua. hinsichtlich der tatsächlichen Austauschbarkeit der Arbeitnehmer und der zumutbaren Dauer der Einarbeitungszeit. Eine Beschränkung der Vergleichbarkeit auf Arbeitnehmer, die ohne jegliche Einarbeitungszeit sofort austauschbar sind, ist in der Regel aber grob fehlerhaft.

44

a) Das Kündigungsschutzgesetz findet im Insolvenzverfahren Anwendung mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter grundsätzlich eine soziale Auswahl iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorzunehmen hat(vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 391/03 - zu II 3 b bb der Gründe, BAGE 112, 273; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 22b). Nach der Konzeption des § 1 Abs. 3 KSchG ist die Sozialauswahl betriebsbezogen durchzuführen. In die Auswahlentscheidung sind diejenigen vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen, welche in demselben Betrieb beschäftigt sind (st. Rspr. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 46; 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 23; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 16, BAGE 123, 1). Im Falle der Insolvenz können sich die Betriebspartner nicht bewusst über diese nicht zu ihrer Disposition stehende gesetzliche Grundbedingung der sozialen Auswahl hinwegsetzen und den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer enger oder weiter ziehen, als es das Kündigungsschutzgesetz in seiner Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht zulässt (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 22; Bichlmeier Anm. DZWIR 2006, 287). § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO verändert nur den Prüfungsmaßstab. Eine abteilungsbezogene Sozialauswahl ist daher ein grober Auswahlfehler, wenn nicht die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer auf die Abteilungen beschränkt ist (vgl. auch ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 10).

45

b) Die horizontale Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG setzt voraus, dass die vom Wegfall des Arbeitsplatzes unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer auf einem vorhandenen Arbeitsplatz tatsächlich und rechtlich einsetzbar sind. Es kommt darauf an, ob diese Arbeitnehmer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation sowie aufgrund ihrer gleichwertigen Tätigkeiten im Betrieb in der Lage sind, eine andersartige, aber gleichwertige Arbeit von anderen Arbeitnehmern nach einer (relativ) kurzen Einarbeitungszeit auszuüben. Hierbei kann einem aktuellen Stand von Kenntnissen und Fähigkeiten erhebliche Bedeutung zukommen. Ein arbeitsplatzbezogener „Routinevorsprung“ hat bei der Frage der Vergleichbarkeit aber außer Betracht zu bleiben. Welcher Einarbeitungszeitraum dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BAG 24. Mai 2005 - 8 AZR 398/04 - zu III 2 c der Gründe, BAGE 114, 374; 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 18).

46

c) Es ist das Wesen der Sozialauswahl, dass sie innerhalb der Vergleichsgruppen zu erfolgen hat (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 33). Im Insolvenzverfahren kann bei Vorliegen eines Interessenausgleichs gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO die Sozialauswahl grob fehlerhaft sein, wenn bei der Bestimmung des Kreises vergleichbarer Arbeitnehmer die Austauschbarkeit offensichtlich verkannt worden ist und bei der Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG die betrieblichen Interessen augenfällig überdehnt worden sind(BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - zu 2 c bb bbb der Gründe, BAGE 116, 213). Sprechen dagegen gut nachvollziehbare und ersichtlich nicht auf Missbrauch zielende Überlegungen für die - ggf. fehlerhaft - getroffene Eingrenzung des auswahlrelevanten Personenkreises, ist die Grenze der groben Fehlerhaftigkeit unterschritten (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 21; 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - Rn. 16 f.). Hinsichtlich der Einschätzung der tatsächlichen Verhältnisse ist den Betriebspartnern durch § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt; auch insoweit ist die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen.

47

d) Ob eine Beschränkung des auswahlrelevanten Personenkreises auf sofort austauschbare Arbeitnehmer („unmittelbare Substituierbarkeit“) in verschiedenen Geschäftsbereichen in einem Interessenausgleich mit Namensliste grob fehlerhaft ist, hat das Bundesarbeitsgericht bislang offengelassen (vgl. BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - zu 2 c bb ccc (2) der Gründe, BAGE 116, 213). Im Regelfall wird grobe Fehlerhaftigkeit vorliegen, da die soziale Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer zu Gunsten der betrieblichen Interessen anderenfalls schon dann zurücktreten würde, wenn nur eine kurze Einarbeitungszeit von einigen Stunden oder einem Tag erforderlich wäre. Gerade bei niedrig qualifizierten Tätigkeiten mit kurzer Anlernzeit ist dies nicht zu begründen. Im Hinblick auf den Sanierungszweck einerseits und den zu beachtenden Schutz der Arbeitnehmer andererseits wird deshalb eine Regelung, welche die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer generell von der sofortigen Austauschbarkeit ohne jegliche Einarbeitungszeit abhängig macht, nur ausnahmsweise als nicht grob fehlerhaft anzusehen sein (Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 37; vgl. auch Lindemann ZInsO 2006, 697). Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die Betriebspartner davon ausgehen durften, dass die Sozialauswahl zu einer ernsthaften Gefährdung der betrieblichen Arbeitsabläufe führen würde, welche in der konkreten Situation des Schuldners die Sanierung gefährden würde. Geringfügige Störungen des Betriebsablaufs genügen nicht ( Zwinkmann Der Interessenausgleich über die Sozialauswahl in der Insolvenz nach § 125 InsO S. 126; aA MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 94). Den Betriebspartnern steht allerdings eine weite Einschätzungsprärogative ua. bei der Frage zu, welche Einarbeitungszeit im Einzelfall zumutbar ist (vgl. ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 11; MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 94).

48

2. Die Sozialauswahl ist aber auch dann, wenn grobe Fehlerhaftigkeit vorliegen würde, rechtlich nicht zu beanstanden, wenn durch den Interessenausgleich eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. Dies bewirkt § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO (vgl. KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 24; Pakirnus DB 2006, 2742).

49

a) Der dort verwendete Begriff der Personalstruktur ist nicht mit dem der Altersstruktur gleichzusetzen und auf diesen zu beschränken. Er ist im Hinblick auf die Gesetzesbegründung, nach der dem Schuldner oder dem Übernehmer ein funktions- und wettbewerbsfähiges Arbeitnehmerteam zur Verfügung stehen soll (BT-Drucks. 12/7302 S. 172), in einem umfassenderen Sinn zu verstehen. Als weitere Aspekte einer Personalstruktur kommen deshalb auch die Ausbildung und die Qualifikation der Arbeitnehmer im Betrieb und damit die Bildung entsprechender Qualifikationsgruppen und -bereiche in Betracht (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 3 b bb (3) der Gründe; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 29; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 27; Nerlich/Römermann/Hamacher Stand März 2004 § 125 Rn. 55; Zwinkmann Der Interessenausgleich über die Sozialauswahl in der Insolvenz nach § 125 InsO S. 165; Uhlenbruck/Berscheid 13. Aufl. § 125 InsO Rn. 77). Dadurch wird in besonderer Weise der Sinn und Zweck des § 125 InsO deutlich, die erfolgreiche Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern und Kündigungserleichterungen zu schaffen(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 45, BAGE 142, 225). Neben der Berücksichtigung der Qualifikationen dürfen die Betriebsparteien daher auch die Funktionsfähigkeit eingespielter Teams berücksichtigen. Auch ist es dem Insolvenzverwalter möglich, mehrere Personalstrukturen geltend zu machen, bspw. gerichtet auf eine ausgewogene Altersstruktur und gerichtet auf bestimmte Qualifikationsgruppen (vgl. KR/Weigand § 125 InsO Rn. 35).

50

b) Das der Festlegung der Strukturmerkmale und der Gruppenbildung zugrunde liegende unternehmerische Konzept unterliegt lediglich einer Missbrauchskontrolle (vgl. BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 3 b bb (2) der Gründe). Die Betriebspartner verfügen insoweit über einen gerichtlich nur auf offensichtliche Sachwidrigkeit oder Willkür zu überprüfenden Beurteilungsspielraum (ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 14; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 29). Im Prozess hat der Insolvenzverwalter darzulegen, wie die Personalstruktur beschaffen ist und welche Struktur erreicht werden soll (Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 InsO Rn. 30).

51

3. Verlangt der Arbeitnehmer die Angabe der Gründe, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben, ist die Darlegung der Vergleichsgruppenbildung Teil der Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG.

52

a) Diese besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer in eine Namensliste aufgenommen worden ist (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - zu 2 c bb aaa der Gründe, BAGE 116, 213). Zwar trifft den Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG die Darlegungs- und Beweislast für eine fehlerhafte Sozialauswahl. Der Arbeitgeber ist jedoch auch in den Fällen des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auf dessen Verlangen die Gründe mitzuteilen, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Insoweit besteht eine abgestufte Darlegungslast. Als Konsequenz aus der materiellen Auskunftspflicht des Arbeitgebers folgt, dass er auf Verlangen des Arbeitnehmers im Prozess substantiiert die Gründe vortragen muss, die ihn zu seiner Auswahl veranlasst haben (BAG 20. September 2006 - 6 AZR 249/05 - Rn. 48). Erst nach Erfüllung der Auskunftspflicht trägt der Arbeitnehmer die volle Darlegungslast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl. Der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit ändert an der Verteilung der Darlegungslast nichts (BAG 17. November 2005 -  6 AZR 107/05  - aaO; Pakirnus DB 2006, 2742; Klocke DZWIR 2013, 358; Janzen AuR 2013, 203).

53

b) Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft (vgl. hierzu BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05  - Rn. 38 ), so kann der Arbeitnehmer beim Fehlen eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist sein Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend. Entsprechende Erwägungen gelten, wenn der Vortrag des Arbeitgebers Anhaltspunkte dafür bietet, er habe die Sozialauswahl - bei Berücksichtigung des Vortrags des Arbeitnehmers - grob fehlerhaft nicht auf vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt, und der Arbeitgeber es unterlässt, sein Vorbringen zu vervollständigen. Die aus § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG folgende subjektiv determinierte materielle Mitteilungspflicht des Arbeitgebers wird in dieser Konstellation ergänzt durch die prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 ZPO. Ergibt sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, die objektiv erheblich sein können, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat, und trägt der gekündigte Arbeitnehmer nachvollziehbar vor, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vortrag weiter zu substantiieren (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 48). Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien in grob fehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05  - Rn. 39 ).

54

4. Dieser Auskunftspflicht ist der Beklagte zu 1. bislang nicht nachgekommen. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

55

a) Aus dem Interessenausgleich ergibt sich nur, dass die Betriebsparteien die Arbeitnehmer entsprechend der betrieblichen Organisation abteilungsweise zugeordnet haben. Das Landesarbeitsgericht hat hiervon ausgehend angeführt, dass die Betriebspartner darauf abstellen durften, die vorhandenen Arbeitnehmerteams wegen deren Qualifikation und Effektivität möglichst beizubehalten. Es hat dabei nicht berücksichtigt, dass die Beklagten die vorgenommene Gruppenbildung in Bezug auf die Austauschbarkeit der Produktionsmitarbeiter nicht begründet haben, obwohl der Kläger vorgetragen hat, dass die Produktionsmitarbeiter „nach wenigen Tagen Anlernzeit universell einsetzbar“ waren, „wovon auch rege Gebrauch gemacht wurde“. In den Bereichen Channelgroup und Härten seien ungelernte Tätigkeiten verrichtet worden, die Mitarbeiter seien stets ausgetauscht worden. Diesem Vortrag sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Der Betriebsratsanhörung ist unter IV 1 b nur zu entnehmen, dass die Mitarbeiter im Bereich Aircraft wegen „Spezialkenntnissen“ und „Level-2-Prüfungen“ mit anderen Arbeitnehmern nicht vergleichbar wären. Die Austauschbarkeit der Beschäftigten in Channelgroup 1 und 2 mit den Produktionsmitarbeitern in den Bereichen Instandhaltung und Härten wird nicht thematisiert.

56

b) Auch bei Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Betriebsparteien haben die Beklagten die Gruppenbildung damit nicht hinreichend begründet. Es wurde im Interessenausgleich zwar offensichtlich berücksichtigt, dass die Arbeitnehmer auf ihren Arbeitsplätzen eingearbeitet sind und die Zusammenarbeit innerhalb der Bereiche etabliert ist. Sollte entsprechend dem Vortrag des Klägers die Austauschbarkeit der Produktionsmitarbeiter aber zumindest in den Bereichen Channelgroup 1 und 2, Instandhaltung und Härten ohne oder mit einer nur kurzen Einarbeitungszeit gegeben sein, so wäre die Beschränkung der Sozialauswahl auf die bisherigen Einsatzbereiche auch mit der Zielsetzung des Erhalts oder der Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur nur bei Darlegung rechtfertigender Umstände zu begründen. Die Beklagten haben aber weder zur Frage der Einarbeitungszeiten als solcher noch zu sonstigen Kriterien, wie zB nicht hinnehmbarer Beeinträchtigungen des Produktionsablaufs bei Vornahme von Versetzungen, vorgetragen.

57

IV. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Sozialauswahl wäre ohne die Bildung von Altersgruppen und die Beschränkung auf die einzelnen Produktionsbereiche im Hinblick auf das Auswahlergebnis der Kündigung des Klägers grob fehlerhaft.

58

1. Sind die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Grundsätzen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG durch die Bildung von Altersgruppen nicht erfüllt, hatte die Sozialauswahl ohne Rücksicht auf Altersgruppen zu erfolgen. Gleiches gilt für die Bildung abweichender Vergleichsgruppen in Bezug auf die betriebliche Struktur. Es ist zu prüfen, ob die soziale Auswahl dennoch im Auswahlergebnis bezogen auf den klagenden Arbeitnehmer nicht grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist(vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 854/11 - Rn. 59).

59

2. Die Sozialauswahl wäre hier bei Einbeziehung aller Produktionsmitarbeiter der verschiedenen betrieblichen Bereiche und ohne Altersgruppenbildung bezogen auf den Kläger im Ergebnis grob fehlerhaft.

60

a) Der Kläger hat vorgetragen, dass er aufgrund seiner Qualifikation auch in anderen Produktionsbereichen (Instandhaltung, Härten) tatsächlich einsetzbar wäre. Aufgrund der Versetzungsklausel in seinem Arbeitsvertrag sei er auch in allen Produktionsbereichen zu beschäftigen. Dem sind die Beklagten nicht entgegengetreten.

61

b) Die Bildung sog. Qualifikationsgruppen innerhalb der verschiedenen Produktionsbereiche, dh. die Herausnahme der Schichtführer und Einsteller aus dem Kreis der zu Kündigenden, hat der Kläger als solche nicht beanstandet. Er hat nur angeführt, dass er selbst dem Kreis der Einsteller zuzuordnen wäre und die Arbeitnehmer R, W und H keine Schichtführer, sondern Maschinenbediener seien. Dies belege die willkürliche Zuordnung der Arbeitnehmer zu den Qualifikationsgruppen. Das Landesarbeitsgericht hat die Qualifikationsgruppenbildung innerhalb einer bereichsbezogenen Vergleichsgruppe als nicht grob fehlerhaft bewertet, da die besser qualifizierten Arbeitnehmer zur Schaffung einer leistungsfähigen Personalstruktur und Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Produktion im Drei-Schicht-Betrieb entsprechend dem Interessenausgleich erforderlich seien. Es sei legitim, zur Erhaltung der Effektivität eines Arbeitsteams als Einsteller weiterhin die Mitarbeiter einzusetzen, die diese Tätigkeit bereits mehrjährig ausgeübt haben. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.

62

c) Dennoch wäre eine Sozialauswahl bezogen auf die Produktionsmitarbeiter aller Bereiche und ohne Altersgruppenbildung mit Blick auf den Kläger im Ergebnis grob fehlerhaft.

63

aa) Der Kläger hat die sozial stärkeren Arbeitnehmer in der Berufungsbegründung benannt. Die Angaben decken sich mit der Anlage 2 zum Interessenausgleich („Ist-Struktur“) und der Anlage 1 zur Betriebsratsanhörung.

64

bb) Die grobe Fehlerhaftigkeit ergibt sich aus dem Vergleich mit den Kollegen der Altersgruppe 1. Die im Folgenden genannten Produktionsmitarbeiter sind sozial weitaus stärker als der seit 1998 beschäftigte Kläger, der 1960 geboren, verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist. Diese Arbeitnehmer hätten nach dem Inhalt der Verfahrensakten, welcher der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegt (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 26), vorrangig gekündigt werden müssen:

65

(1) Im Bereich Channelgroup, dh. der nach dem Interessenausgleich maßgeblichen Vergleichsgruppe, ist Herr P (geb. 1969, verheiratet, keine Kinder, seit 1995 beschäftigt) nur drei Jahre länger beschäftigt, aber knapp zehn Jahre jünger und ohne Unterhaltsverpflichtung für Kinder.

66

(2) Im Bereich Härten ist Herr A (geb. 1971, verheiratet, zwei Kinder, seit 1999 beschäftigt) bei etwa gleicher Betriebszugehörigkeit als wesentlich jüngerer Kollege sozial weitaus stärker.

67

(3) Im Bereich Instandhaltung ist Herr B (geb. 1980, verheiratet, ein Kind, seit 1997 beschäftigt) ca. 20 Jahre jünger und trägt die Unterhaltspflicht für nur ein Kind. Herr S (geb. 1979, ledig, kein Kind, seit 1995 beschäftigt) ist gleichermaßen jünger und ohne Unterhaltsverpflichtung.

68

(4) Im Bereich Qualität ist Herr Q (geb. 1980, ledig, kein Kind, seit 1995 beschäftigt) offensichtlich sozial stärker.

69

C. Die Kündigung erweist sich nicht aus anderen Gründen als unwirksam, so dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts auch ohne die Prüfung der Sozialauswahl aufgehoben und der Klage stattgegeben werden müsste (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist folglich gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

70

I. Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht wegen des Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam. Im Falle eines Betriebsübergangs erstreckt sich die Vermutung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt( § 128 Abs. 2 InsO ).Der Kläger hat diese gesetzliche Vermutung nicht widerlegt. Die Revision führt auch keinen Angriff gegen die durch Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche Entscheidung wiedergegebene Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Kündigung betriebsbedingt zu Sanierungszwecken aufgrund eines Erwerberkonzepts erfolgte. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstößt eine Kündigung nicht gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang betriebsbedingt aufgrund eines Erwerberkonzepts oder zur Durchführung von Rationalisierungen - ggf. zur Herstellung der Verkaufsfähigkeit - im Rahmen eines eigenen Sanierungskonzepts des Veräußerers erfolgt (BAG 20. September 2006 - 6 AZR 249/05 - Rn. 31; vgl. auch MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 613a Rn. 192).

71

II. Die Kündigung ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig, weil sie vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 KSchG erklärt wurde(vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11  - Rn. 31 , 37; 21. März 2013 - 2 AZR 60/12 - Rn. 42; 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 72). Das Arbeitsgericht hat zu dieser Frage Beweis erhoben. Die Beweisaufnahme ergab, dass die Kündigung dem Kläger erst nach Erstattung der Anzeige übergeben wurde. Das Landesarbeitsgericht legte dies ebenso wie das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde. Hiergegen erhebt die Revision keine Rügen. Sonstige Fehler des Anzeigeverfahrens wurden nicht geltend gemacht und sind nicht ersichtlich.

72

III. Die Kündigung ist auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat die Betriebsratsanhörung wie das Arbeitsgericht als ordnungsgemäß angesehen. Hiergegen erhebt die Revision keine Rüge. Ein Fehler ist auch nicht erkennbar.

73

IV. Entscheidend ist somit die Rechtmäßigkeit der getroffenen Sozialauswahl.

74

1. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat nicht selbst beurteilen, ob und aus welchem Grund die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur hier trotz der dargestellten Bedenken veranlasst war. Folglich kann auch der Zuschnitt der konkreten Altersgruppen nicht beurteilt werden, da diese im Zusammenhang mit dem verfolgten Sanierungskonzept stehen. Den Beklagten ist gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit zur entsprechenden Ergänzung ihres Vortrags zu geben, da sie ersichtlich bislang davon ausgingen, dass die Berufung auf den Interessenausgleich ausreicht und ein gerichtlicher Hinweis auf die Darlegungslast bezüglich der sanierungsbedingten Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung nicht erfolgte. Das Landesarbeitsgericht wird nach Stellungnahme der Parteien die Bildung von Altersgruppen nach § 10 AGG erneut beurteilen müssen. Ein willkürlicher Zuschnitt der Altersgruppen mit dem bloßen Ziel der Bevorzugung jüngerer Arbeitnehmer ist unangemessen und kann der gerichtlichen Kontrolle nicht standhalten (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 30, BAGE 142, 225).

75

2. Hinsichtlich der nach den betrieblichen Bereichen vorgenommenen Sozialauswahl kann der Senat mangels entsprechender Feststellungen die Vergleichbarkeit der Produktionsmitarbeiter nicht beurteilen. Aus den genannten Gründen ist den Beklagten Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags zu geben.

76

3. Sollte es darauf ankommen, ob einzelne Arbeitnehmer zu Recht aus der Sozialauswahl herausgenommen wurden, wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass auch insoweit der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit anzuwenden ist. Dies betrifft auch die vom Kläger angeführten Mitarbeiter R, W und H, die angeblich unberechtigt als Schichtführer eingeordnet wurden. Bezüglich des Kollegen D hat das Landesarbeitsgericht bereits rechtsfehlerfrei entschieden, dass grobe Fehlerhaftigkeit nicht vorliegt. Die Sozialdaten weichen im persönlichen Bereich nur geringfügig von denen des Klägers ab. Herr Dang ist 1961 geboren, verheiratet und unterhaltspflichtig für zwei Kinder. Er ist aber bereits seit 1989 und damit ca. neun Jahre länger als der Kläger beschäftigt.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Reiner Koch     

        

    Hoffmann    

                 

(1) Entlassungen, die nach § 17 anzuzeigen sind, werden vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit nur mit deren Zustimmung wirksam; die Zustimmung kann auch rückwirkend bis zum Tage der Antragstellung erteilt werden.

(2) Die Agentur für Arbeit kann im Einzelfall bestimmen, daß die Entlassungen nicht vor Ablauf von längstens zwei Monaten nach Eingang der Anzeige wirksam werden.

(3) (weggefallen)

(4) Soweit die Entlassungen nicht innerhalb von 90 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem sie nach den Absätzen 1 und 2 zulässig sind, durchgeführt werden, bedarf es unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 einer erneuten Anzeige.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.