Landesarbeitsgericht München Urteil, 18. Dez. 2014 - 4 Sa 670/14

bei uns veröffentlicht am18.12.2014
vorgehend
Arbeitsgericht München, 23 Ca 13672/13, 17.06.2014

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17. Juni 2014 - 23 Ca 13672/13 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers als ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten zu 2 und danach Arbeitnehmers der Beklagten zu 1 als Transfergesellschaft auf Zahlung einer höheren Abfindung und höheres Transferentgelt - auch dessen nähere Berechnung -, des weiteren über eine höhere Sprinterprämie, im Zusammenhang mit den Regelungen von Sozialtarifverträgen, die der Kläger gegenüber der Beklagten zu 2 bzw. gegenüber der Beklagten zu 1 geltend macht.

Der - ausweislich der vorgelegten Unterlagen (Angaben in den vorgelegten Entgeltnachweisen des Klägers): am 00.00.0000 geborene, offensichtlich verheiratete und für drei Kinder unterhaltspflichtige - Kläger war hiernach seit, offensichtlich, 16.04.2001 bei der Fa. S. AG tätig (nähere Angaben zum Beschäftigungsbeginn, zur konkreten Tätigkeit des Klägers, seiner Beschäftigungsvita, zu seinen individuellen Verhältnissen usw. fehlen ...), von der er im Jahr 2006 aufgrund Betriebsübergangs zur Beklagten zu 2 wechselte. Nach seinen Angaben habe sein letztes Bruttogehalt bei der Beklagten zu 2 des vorliegenden Verfahrens 0,- €/Monat betragen.

Im Zusammenhang mit einer grundlegenden betrieblichen bzw. Unternehmensumstrukturierung schlossen die Fa. N. GmbH & Co. KG - die Beklagte zu 2 - einerseits und die IG Metall, Bezirksleitung Bayern, andererseits unter dem Datum des 04.04.2012 einen „Transfer- und Sozialtarifvertrag“ (Bl. 18 - 25 d. A.), durch den u. a. der Wechsel von von der Entlassung bedrohten Beschäftigten dieses Unternehmens in die „Transfergesellschaft der Firma S. AG“ - bzw. die Fa. N. Transfergesellschaft mbH als Beklagte zu 1 - als betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE) gem. § 216 b SGB III mittels dreiseitigen Vertrages geregelt wurde und umfangreich auf den Inhalt einer Kooperationsvereinbarung mit der IG Metall hinsichtlich der Beauftragung der Transfergesellschaft und der für den Wechsel in diese vorgesehenen dreiseitigen Verträge, auch auf Altersteilzeitverträge, Bezug genommen ist. Weiter sind in diesem Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Ansprüche der auf der Grundlage von dreiseitigen Verträgen in die Transfergesellschaft - hiesige Beklagte zu 1 - wechselnden Arbeitnehmer auf Zahlung eines BeE-Entgelts von 70% ihres bisherigen Bruttomonatseinkommens - berechnet als 13,5-faches des bisherigen individuellen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch zwölf, unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - und einer Abfindung von zwei bis zwölf Monatsgehältern (Letzteres für bereits vor dem 01.04.2007 bei der Beklagten zu 2 bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigte Arbeitnehmer), mit einem Abfindungshöchstbetrag von 110.000,- € (bzw. einer weiteren Einschränkung für Beschäftigte ab dem 63. Lebensjahr), u. a. geregelt. Ebenfalls unter dem 04.04.2012 schlossen dieselben Tarifvertragsparteien - die Fa. N. GmbH und Co. KG als vormalige Beklagte zu 2 und die IG Metall, Bezirksleitung Bayern - einen zusätzlichen „Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag“ (Bl. 26/27 d. A.), der hinsichtlich seines persönlichen Geltungsbereiches festlegt, dass dieser „für alle Beschäftigten (gilt), die bis einschließlich 23.03.2012, 12:00 Uhr Mitglied der IG Metall geworden sind Nach letzterem Tarifvertrag ist in „Ergänzung zu den Mindestbedingungen der Transferarbeitsverhältnisse“ bestimmt, dass die hierunter fallenden Arbeitnehmer - Gewerkschaftsmitglieder seit 23.03.2012 - „ein BeE-Monatsentgelt von monatlich 80% ihres Bruttoeinkommens“ erhalten sollten sowie „als weiteren Bestandteil der Abfindung nach § 7 des Transfer- und Sozialtarifvertrages EUR 10.000,00 unabhängig vom Zeitpunkt ihres Unternehmenseintritts. Für diese Beschäftigten gilt ein Höchstbetrag von EUR 120.000,00.“

Wiederum unter dem 04.04.2012 schlossen die Fa. N. GmbH & Co. KG - die Beklagte zu 2 dieses Verfahrens - und der Betriebsrat des Betriebs M., dieses Unternehmens einen Interessenausgleich (Bl. 13 - 17 d. A.), der u. a. die Gründung von vier neuen Unternehmen/Gesellschaften als Rechtsnachfolgerinnen einzelner betroffener Unternehmensbereiche der Beklagten zu 2 und die Überleitung von, dort in Bezug genommenen, in „positiven Namenslisten“ gem. Anlage im Einzelnen aufgeführten, Beschäftigten sowie, als weitere Anlage (6), eine Namensliste i. S. d. § 1 Abs. 5 KSchG als Bestandteil dieses Interessenausgleichs beinhaltet. Unter der Überschrift „Sozialplan“ ist dort auch bestimmt:

„Der Betriebsrat und das Unternehmen stimmen dahingehend überein, dass ein gesonderter Sozialplan nicht aufgestellt wird, weil in dem als - Anlage 7 bezeichneten Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Regelungen zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen enthalten sind, die beide Betriebsparteien als Ausgleichsmaßnahmen i. S. d. § 112 BetrVG anerkennen und die sie für alle betroffenen Beschäftigten abschließend übernehmen. Zur Klarstellung: Mitarbeiter die dem im Ziffer 2 genannten Betriebsübergang auf die aufnehmenden Gesellschaften widersprechen, erhalten kein Angebot zum Wechsel in die Transfergesellschaft und auch keine Abfindung. Mitarbeiter, deren Namen in Anlage 6 genannt sind und die das Angebot zum Wechsel in die Transfergesellschaft nicht annehmen, erhalten ebenfalls keine Abfindung. ...“

Darüber hinaus ist hier auf das Inkrafttreten der Transferlösung gemäß der entsprechenden Tarifverträge und das dort enthaltene personelle Quorum Bezug genommen.

Mit dreiseitigem Vertrag ebenfalls vom 04.04.2012 (Bl. 28 - 37 d. A.) zwischen dem Kläger und beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 2 „aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des 30.04.2012“ ohne Kündigung beendet, wobei der Kläger gleichzeitig unmittelbar, zum 01.05.2012, zur Fa. N. Transfergesellschaft mbH - die Beklagte zu 1 dieses Verfahrens -wechselte. Dort ist wiederum unter Bezugnahme auf die einschlägigen Regelungen des Transfer- und Sozialtarifvertrages sowie des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages jeweils vom 04.04.2012 auch auf die entsprechenden Abfindungsansprüche hieraus verwiesen, im Rahmen flankierender Bestimmungen hierzu weiter auf den Inhalt eines „Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnisses“ mit der Beklagten zu 1 und die gegenseitigen Rechte und Pflichten dieser Parteien hieraus, sowie, wiederum unter Bezugnahme auf die einschlägigen Regelungen des Transfer- und Sozialtarifvertrages und des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages gleichen Datums, auf die dort bestehenden Vergütungsansprüche in Höhe von 70% bzw., bei Anwendbarkeit des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages, von 80% des „BruttoMonatsEinkommens“. Abschließend ist dort in Abschnitt C: Allgemeine Regelungen festgehalten, dass bei der Transfergesellschaft - hiesige Beklagte zu 1 - „keine tarifvertraglichen Regelungen“ gelten sowie „mit Abschluss der vorliegenden Vereinbarung ... sämtliche Ansprüche und Rechte der Parteien aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sowie dessen Beendigung abgegolten und erledigt (sind), soweit ein Verzicht hierauf rechtlich zulässig ist ...“ (dort Ziffn. 3.1 und 4.1).

Die gemäß der Schiedsregelung unter § 8 des Transfer- und Sozialtarifvertrages vom04.04.2012 angerufene Tarifschiedsstelle wies mit Schiedsspruch vom 14.12.2012 (Anl. B 6, Bl. 132 - 140 d. A.) die dort gestellten Anträge der IG Metall, dass der Transfer-und Sozialtarifvertrag eine Regelung enthalte, die den Beschäftigten auch für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 70% bzw. von 80% des 13,5-fachen des bisherigen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch zwölf zusage, unter Verweis darauf zurück, dass die von der Transfergesellschaft - der Beklagten zu 1 des vorliegenden Verfahrens - erteilten Abrechnungen - während der Zahlung von KuG durch die Bundesagentur für Arbeit durch die Beklagte zu 1 dessen Vergleich mit dem zuvor ermittelten Prozentsatz des jeweiligen individuellen Nettogehaltes des Arbeitnehmers und danach Bruttobetrags-Hochrechnung der entsprechenden Nettodifferenz ... - so zutreffend seien.

Der Kläger, der nicht Mitglied der IG Metall war/ist, macht mit der vorliegenden Klage geltend, dass er ebenfalls entsprechend den Regelungen im Ergänzungstransfer-und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Anspruch auf Aufstockung seiner Abfindung um weitere 10.000,- € sowie die Zahlung eines BeE-Entgelts von 80% seines BruttoMonatsEinkommens und auf ergänzende Berechnung seines BeE-Entgelts und der Sprinterprämie entgegen der Auffassung der Tarifschiedsstelle habe.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 17.06.2014, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.08.2014 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses die Klage insgesamt mit der Begründung abgewiesen hat, dass dem Kläger weder ein Anspruch in Höhe von 80% des durchschnittlichen, von ihm zuletzt bezogenen, Referenzbruttogehalts noch ein solcher auf einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 80% - statt 70% - seines BruttoMonatsEinkommens zustehe. Einen normativen Anspruch aus § 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages vom 04.04.2012 könne er nicht geltend machen, da er nicht Mitglied der IG Metall war/ist. Auch stehe ihm kein Sozialplananspruch auf der Grundlage von Ziff. 5 des Interessenausgleichs vom 04.04.2012 zu, da dieser jedenfalls ausschließlich auf den Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 und gerade nicht auf den gleichdatierten Ergänzungs-Tarifvertrag Bezug nehme, was nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 75 BetrVG verstoße. Der Abschluss von Tarifsozialplänen sei rechtlich zulässig, weshalb eine Verpflichtung der Betriebspartner, mit einer Sozialplanregelung zusätzlich dafür zu sorgen, dass alle Angehörigen des Betriebs ebenfalls auf das Niveau gehoben würden, das die Gewerkschaft im Sozialtarifvertrag speziell für ihre Mitglieder ausgehandelt habe, nicht bestehe. Ebenso wenig stehe dem Kläger ein vertraglicher Anspruch aus dem dreiseitigen Vertrag i. V. m. § 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages zu, da der persönliche Anwendungsbereich letzteren Tarifvertrages - IG Metall-Mitgliedschaft und Stichtag - nicht erfüllt sei. Selbst im Falle angenommener Unzulässigkeit der tarifvertraglichen Regelung im Hinblick auf Differenzierung und Stichtag wäre davon auszugehen, dass bei Unwirksamkeit des von den Tarifvertragsparteien gewählten Geltungsbereichs der Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag damit insgesamt unwirksam wäre, was jedoch nicht zur Unwirksamkeit der übrigen tariflichen Vorschriften führen und damit einer Anpassung nach oben entgegenstehen würde. Mangels erforderlicher entsprechender Anhaltspunkte könnten ein mutmaßlicher Wille der Tarifvertragsparteien nicht angenommen und die etwa entstandene Tariflücke dadurch geschlossen werden, dass nunmehr sämtliche Arbeitnehmer von den höheren Leistungen profitieren sollten. Ein Anspruch auf das geltend gemachte BeE-Entgelt bestehe nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, ungeachtet dessen, ob dieser überhaupt auf die Zahlungen der Beklagten zu 1 aus dem Transfer- und Qualifizierungsverhältnis mit dem Kläger Anwendung finde. Jedenfalls habe die Beklagte zu 1 nicht eigenständig regelnd Leistungen gewährt, sondern das BeE-Entgelt lediglich in Umsetzung des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages erbracht. Auch stehe dem Kläger kein Anspruch auf 70% des maßgeblichen Bruttoreferenzgehalts - als „Minus“, bezogen auf die in den gestellten Anträgen geltend gemachten Ansprüche - zu, was aus der Auslegung des dreiseitigen Vertrages vom 04.04.2012 nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB unter

Berücksichtigung der für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltenden Besonderheiten folge. Unabhängig von der Wirkung des ergangenen Schiedsspruchs vom 14.12.2012 ergebe diese, dass die Berechnungsmethode der Beklagten zu 1, die für die Anrechnung des Kurzarbeitergeldes zunächst ein (fiktives) Nettoentgelt aus 70% des Referenzbruttogehalts gebildet habe, rechnerisch stimmig sei, da nur auf diese Weise die Entlastungswirkung des Kurzarbeitergeldes greifen und damit Sinn und Zweck des dreiseitigen Vertrages entsprochen werden hätten können. Gleiches gelte für die vom Klägerdarüber hinaus geltend gemachten Ansprüche auf weitere Abfindung sowie „Sprinterprämie“, die als Anspruchsgrundlage ausschließlich im Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag geregelt seien bzw. in der geltend gemachten Höhe ausschließlich dort ihre Grundlage finden würden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 03.09.2014, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung diese nach auf ihren Antrag bis 14.11.2014 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit, am 23.10.2014 eingegangenem, Schriftsatz vom 21.10.2014 ausgeführt haben, dass sich das vom Kläger in seinen Zahlungsanträgen geforderte monatliche BeE-Gehalt und die um 10.000,- € brutto erhöhte Abfindung zwar nicht normativ aus dem Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag ergäben, da der Kläger mangels Mitgliedschaft in der IG Metall zum dortigen Stichtag nicht in dessen persönlichen Geltungsbereich falle. Das Arbeitsgericht habe jedoch verkannt, dass das vom Kläger in seinen Zahlungsanträgen geforderte monatliche BeE-Gehalt und die um 10.000,- € brutto erhöhte Abfindung direkt aus dem Arbeitsvertrag ergäben, da sich dort zwei statische Bezugnahmeklauseln fänden, die nach der neueren Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr als Gleichstellungsabrede zu qualifizieren seien, weshalb die Unklarheitenregelung des § 305 c BGB Anwendung finde und sich hiernach die Anwendbarkeit des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages auch für den Kläger ergebe. Im Übrigen stünden dem Kläger seine Ansprüche auf Grundlage des dreiseitigen Vertrages i. V. m. Art. 3 GG zu, da selbst einfache Differenzierungsklauseln weiterhin als unwirksam anzusehen seien und in der dortigen Vertragsgestaltung eine versteckte/verdeckte unzulässige qualifizierte Differenzierungsklausel liege, da durch die dortige Formulierung dem Arbeitgeber die Möglichkeit genommen werde, Außenseitern den Anspruch auf die Exklusivleistungen des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages individualrechtlich einzuräumen. Die Differenzierung in § 1 Abs. 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages verstoße gegen Art. 9 Abs. 3 GG, da kein sachlicher Grund für eine so weitgehende Differenzierung zwischen organisierten und nicht-organisierten Arbeitnehmern existiere. Selbst bei Annahme der Zulässigkeit einfacher Differenzierungsklauseln und der vorliegenden Stichtagsklausel seien die hier geschaffenen besonderen Regelungen jedenfalls wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 GG unwirksam. Die Beklagten hätten bereits aus Rechtsgründen keine Kenntnis von der Gewerkschaftszugehörigkeit der bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer haben können. Die im Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag abgebildete Kombination der erforderlichen IG Metall-Mitgliedschaft und Benennung eines konkreten Stichtags löse einen unmittelbaren Zwang, einen unzumutbaren Druck, zum Beitritt zur IG Metall aus und animiere Arbeitnehmer, in Zukunft - entgegen der weltanschaulichen Überzeugung -einer Gewerkschaft beizutreten, weil im Sanierungsfall dann über Gebühr Vorteile hieraus erwüchsen. Es sei mittlerweile eben nicht mehr unüblich, Arbeitsverhältnisse in Transferarbeitsverhältnisse zu überführen, um einen Sanierungsbedarf abzuarbeiten. Die gegen die Koalitionsfreiheit des Art. 9 GG verstoßenden Regelungen in §§ 1 Abs. 2, 2 und 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages führten zu dessen Unwirksamkeit insgesamt und veranlassten auch eine, vom Arbeitsgericht abgelehnte, „Anpassung nach oben“, da die ungleiche Behandlung der nicht-organisierten BeE-Mitarbeiter nur hierdurch beseitigt werden könne, wie auch der 6. und der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts in einzelnen Entscheidungen vorgegangen seien. Weiter sei auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, da die Betriebsparteien im Interessenausgleich vom 04.04.2012 geregelt hätten, dass sie den Transfer- und Sozialtarifvertrag „für alle betroffenen Beschäftigten abschließend“ übernähmen. Die Betriebsparteien hätten dann aber Gewerkschaftsmitglieder und sog. Außenseiter bzw. nach dem Stichtag 23.03.2012 der Gewerkschaft beigetretene Mitglieder unterschiedlich behandelt, wofür kein sachlicher Grund bestehe. Das für Gewerkschaftsmitglieder zur Verfügung gestellte Verteilungsvolumen werde faktisch von der den Betriebsparteien zur Verfügung stehenden Gesamtver-teilungsmasse abgezogen, was unzulässig sei, da Sanierungsbeiträge von nichtorganisierten Arbeitnehmern nicht für deutliche finanzielle Vorteile von organisierten Arbeitnehmern herangezogen werden dürfe. Weiter ließen sich die Ansprüche des Klägers auf 10% höheren Bruttolohn ab 01.05.2012 und eine um 10.000,- € brutto erhöhte Abfindung auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. In Abschnitt B.

Ziff. 4 des dreiseitigen Vertrages sei eine Bruttolohnabrede abgebildet, während das Arbeitsgericht fehlerhaft von einer Nettolohnabrede ausgehe. Die wörtliche Auslegung des Arbeitsgerichts sei verkürzt und rechtlich unhaltbar. Mit keinem Wort sei der dortigen Regelung des dreiseitigen Vertrages zu entnehmen, dass während des Zeitraums des Bezugs von Kurzarbeitergeld die Bemessungsgrundlage für die Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen nicht der Bruttolohn, sondern ein fiktiv gebildetes Nettogehalt sei. Dies könne auch nicht durch eine Auslegung dieser Regelung des dreiseitigen Vertrages nach dessen Sinn und Zweck angenommen werden. Die gesetzliche Kurzarbeitergeldberechnung setze am Bruttogehalt, nicht am Nettogehalt an - zwar stelle das gesetzliche Kurzarbeitergeld eine Nettolohnleistung dar, jedoch rechtfertige die Tatsache, dass die Beklagte sich entschieden habe, hierauf einen Zuschuss zu leisten, noch lange nicht, von der vertraglichen Bruttolohnabrede abzurücken, weil für sie eine Anrechnung des gesetzlichen Kurzarbeitergeldes „sinn- und zweckvoll“ sei. Im Rahmen seiner Auslegung von Abschnitt B. Ziff. 4 des dreiseitigen Vertrages nach Sinn und Zweck hätte das Arbeitsgericht auch die Nachteile, die der Kläger durch die vertragsbrüchig geübte Nettolohnabrechnungsweise erleide, einstellen müssen. Die damit einhergehende Steuerverkürzung sei für den Kläger nicht sinnvoll, sondern mit erheblichen zivil- und strafrechtlichen Risiken verbunden. Jedenfalls würde § 305 c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders, der Beklagten, greifen, zumal der Kläger nicht juristisch vorgebildet sei. Er habe aus der Verwendung des Begriffs „BeE-Monatsentgelt“ in § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrages nicht darauf schließen müssen, dass sich hierdurch die Bezugsgrößen zur Berechnung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen änderten. Auch bei der Berechnung der Sprinterprämie gem. Abschnitt A. Ziff. 2.2 des dreiseitigen Vertrages nach Kündigung des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1 zum 31.08.2013 habe der Kläger zu Unrecht keine Sprinterprämie auf der Basis von 80% seines Bruttogehalts erhalten.

Der Kläger beantragt:

Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az. 23 Ca 13672/13 vom 17.06.2014 wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Mai 2012 in Höhe von 89.809,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 51.896,18 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1.6.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger eine weitere Abfindung in Höhe von 10.000,- € brutto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Juni 2012 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.587,12 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.07.2012 zu bezahlen.

4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Juli 2012 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.587,12 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.08.2012 zu bezahlen.

5. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat August 2012 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.587,12 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.09.2012 zu bezahlen.

6. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat September 2012 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.587,12 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.10.2012 zu bezahlen.

7. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Oktober 2012 in Höhe von 7.037,04 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 1.143,09 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.11.2012 zu bezahlen.

8. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat November 2012 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.587,12 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.12.2012 zu bezahlen.

9. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Dezember 2012 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.587,12 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.01.2013 zu bezahlen.

10. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Januar 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.204,32 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.02.2013 zu bezahlen.

11. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Februar 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.602,02 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.03.2013 zu bezahlen.

12. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat März 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.615,64 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.04.2013 zu bezahlen.

13. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat April 2013 in Höhe von 8.888,00 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 4.936,02 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.05.2013 zu bezahlen.

14. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Mai 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.606,56 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.06.2013 zu bezahlen.

15. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Juli 2013 in Höhe von 3.233,96 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 1.848,00 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.08.2013 zu bezahlen.

16. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat August 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.606,56 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.09.2013 zu bezahlen.

17. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat September 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.606,56 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.10.2013 zu bezahlen.

18. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Oktober 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.606,56 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.11.2013 zu bezahlen.

19. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat November 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.606,56 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.12.2013 zu bezahlen.

20. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger weiteres BeE-Gehalt für den Lohnmonat Dezember 2013 in Höhe von 6.265,80 € brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.606,56 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.01.2014 zu bezahlen.

21. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger weitere Abfindung in Höhe von 12.531,60 € brutto (Sprinterprämie) abzüglich hierauf bezahlter 5.738,49 € netto zzgl. 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 01.01.2014 zu bezahlen.

Die Beklagten tragen zur Begründung ihrer übereinstimmenden Anträge auf Zurückweisung der Berufung unter Verteidigung der Ausführungen des Arbeitsgerichts vor, dass vor dem Hintergrund einer sehr angespannten wirtschaftlichen Situation bei der Beklagten zu 2 als Joint-Venture zwischen der Fa. S. AG und der Fa. N. O. als ihrer (damaligen) wirtschaftlichen Eigentümerinnen und der deshalb zunächst geplanten Standortschließung in M. die Beklagte zu 2 in Verhandlungen mit dem dortigen Betriebsrat sowie der IG Metall als Kompensation für eine von diesen verlangte Verhinderung der kompletten Schließung dieses Standortes die Aufstellung einer Namensliste sowie die Aufhebung des Sonderkündigungsschutzes nach dem Manteltarifvertrag gefordert habe. Die IG Metall habe jedoch als Ausgleich hierfür auf zusätzlichen substanziellen Leistungen für die Gewerkschaftsmitglieder bestanden, wobei der von ihr behauptete gewerkschaftliche Organisationsgrad von deutlich über 50% der Belegschaft nicht auszuschließen gewesen sei. Vor diesem Hintergrund seien die tariflichen und betrieblichen Regelungen jeweils vom 04.04.2012 getroffen worden. Der Kläger beziehe ein Transferentgelt unter Anrechnung des Kurzarbeitergeldes dergestalt, dass die maßgebliche Nettoentgeltdifferenz zum Kurzarbeitergeld von 60% bzw. 67% wie hier so errechnet werde, dass die Beklagte zu 1 für alle Mitarbeiter zusätzlich zum Kurzarbeitergeld einen Zuschuss gem. § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB III zahle, der bei der Berechnung des Ist-Entgelts außer Betracht bleibe, weshalb der Kläger monatlich die Nettosumme ausbezahlt erhalte, die er erhalten hätte, wenn keine Kurzarbeit angeordnet worden wäre und seine Verpflichtung zur Arbeit sowie der korrespondierende Entgeltanspruch weiterbestanden hätten. Steuer werde lediglich auf den Zuschuss zum Kurzarbeitergeld abgeführt, da dieser steuerpflichtiges Einkommen darstelle. Die während des Bezuges von Kurzarbeitergeld zu entrichtenden Beiträge in die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung trage die Beklagte zu 1 allein, soweit das gezahlte Kurzarbeitergeld und der KuG-Zuschuss 80% der Differenz zwischen Soll- und IstEntgelt nicht überschreite, andernfalls seien die üblichen Arbeitnehmerbeiträge nach individueller Berechnung zu zahlen. Hinsichtlich dieser von der Beklagten zu 1 vorgenommenen Berechnung des Transferentgeltes sei der Spruch der Tarifschiedsstelle vom 14.12.2012 bindend, habe ebenso gegenüber nicht tarifgebundenen Mitarbeitern Bedeutung, da deren Vergütung sich ersichtlich nach § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrages richten solle, wo eben auf die Möglichkeiten eines Schiedsspruchs verwiesen sei. Auch der Wortlaut der geschlossenen Verträge spreche gegen die vom Kläger angezogene Bruttolohnabrede. Dort sei bestimmt, dass die Beschäftigten bei der Beklagten zu 1 ein „BeE-Monatsentgelt“ erhalten würden. Damit sei die Zahlung eines Aufstockungsentgeltes entsprechend § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB III vereinbart. Eine andere Anrechnung des Kurzarbeitergeldes wäre nicht möglich, insbesondere nicht korrekt durchzuführen.

Das Arbeitsgericht habe weiter zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Abfindung und eines höheren Transferentgelts gemäß dem Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 75 BetrVG habe, da die Betriebsparteien hier keinen Sozialplan oder eine andere eigenständige Regelung getroffen hätten, die allein unter den Anwendungsbereich des § 75 BetrVG fallen würden. Im Interessenausgleich hätten die Betriebsparteien ausdrücklich erklärt, dass ein gesonderter Sozialplan nicht aufgestellt werde. Auch die Wortwahl an anderen Stellen dieses Interessenausgleichs vom 04.04.2012 spreche gegen die Vereinbarung eines betrieblichen Sozialplans. Selbst bei Vorliegen einer betrieblichen Regelung wäre § 75 BetrVG hierdurch nicht verletzt, da eine Ungleichbehandlung weder durch positives Tun - der Interessenausgleich nehme, für alle betroffenen Beschäftigten, allein auf den Transfer- und Sozialtarifvertrag, nicht jedoch auf den Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag Bezug und differenziere deshalb nicht zwischen Organisierten und Nicht-Organisierten - noch durch pflichtwidriges Unterlassen vorliege - selbst wenn man letzteres bejahen wollte, würde es an dessen Pflichtwidrigkeit fehlen, da für die Betriebsparteien hier keine Pflicht zum Tätigwerden bestanden hätte. Andernfalls hätten nicht mehr der demokratisch legitimierte Betriebsrat, sondern die von der Belegschaft nicht demokratisch legitimierten Tarifvertragsparteien die Befugnis zur Normsetzung, was die Rechtssetzungsmacht der Gewerkschaften zulasten des Betriebsrats und des Arbeitgebers unzulässig ausweiten würde. Auch würde eine Verpflichtung zur Übernahme von Tarifsozialplänen in betriebliche Sozialpläne auf lange Sicht den Bestand der Koalitionen gefährden. Die gesellschaftspolitische Bedeutung von Gewerkschaften, die gerade in Krisenzeiten und anlässlich von Betriebsänderungen Mitglieder gewönnen, würde empfindlich beeinträchtigt, wenn mit Abschluss eines Tarifsozialplanes dieser durch die Betriebsparteien übernommen werden und damit auf alle Betriebsangehörigen Anwendung finden müsste. Weiter spreche das Prinzip der Tarifpluralität gegen eine Pflicht zur Übernahme von sozialtarifvertraglichen Regelungen in betriebliche Sozialpläne, nachdem solche mit unterschiedlichen Gewerkschaften unterschiedlich vereinbart werden könnten. Im Übrigen könne es nach der gesetzlichen Regelung zu einer Konkurrenz zwischen tariflicher und betrieblicher Regelung kommen. Auch spreche § 112 Abs. 5 BetrVG gegen eine Verpflichtung zur Übernahme bestimmter tariflicher Regelungen. Jedenfalls wäre eine fehlende Gewerkschaftszugehörigkeit nicht kausal für eine etwa angenommene Ungleichbehandlung, da die vom Kläger geltend gemachten zusätzlichen Leistungen den Gewerkschaftsmitgliedern zum Stichtag nicht aufgrund einer betrieblichen, sondern einer tarifvertraglichen Regelung zustünden - zumindest würde die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers einen Rechtfertigungsgrund für eine ungleiche Behandlung durch die Betriebsparteien darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liege keine willkürliche Vorenthaltung von Leistungen oder eine sachfremde Gruppenbildung vor, wenn die Leistung an den begünstigten Arbeitnehmer auf der Basis beiderseitiger Tarifgebundenheit erbracht worden sei, ohne dass es einen Unterschied mache, ob es sich hierbei um einen Verbands- oder, wie hier, um einen Haustarifvertrag handle. Das für Gewerkschaftsmitglieder zur Verfügung gestellte Volumen sei nicht dadurch gemindert worden, dass die Betriebsparteien eine entsprechende Regelung im Interessenausgleich getroffen hätten, sondern durch den Abschluss des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages. Die Möglichkeit, dass es zu einer Minderung des Sozialplanvolumens durch einen Tarifsozialplan kommen könne, sei im Gesetz angelegt. Zumindest müsste eine vom Kläger geltend gemachte „Anpassung nach oben“ oder eine entsprechende Erstreckung ausscheiden. Auch eine Schließung einer „Tarifvertragslücke“ im Wege der Auslegung sei nicht möglich. Eine Anpassung der tariflichen Regelung durch die Gerichte würde einen Eingriff in das Recht der Tarifautonomie bedeuten, da der Beklagten zu 2 damit Regelungen aufgezwungen würden, die diese so nie abgeschlossen hätte. Die vorliegend gewählte tarifliche Gestaltung und ebenso die dortige Stichtagsregelung seien zulässig.

Wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 21.10.2014, vom 01.12.2014 und vom 11.12.2014, nebst der vorgelegten Anlagen, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend und - in Übereinstimmung mit mittlerweile zahlreich vorliegenden weiteren Entscheidungen des Berufungsgerichts und des Arbeitsgerichts in den Parallelverfahren -überzeugend begründet entschieden, dass der Kläger weder Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Abfindung (gegenüber der Beklagten zu 2 - dazu 1. -) noch auf Zahlung eines höheren BeE-Monatsentgelts von 80% (gegenüber der Beklagten zu 1 - dazu 1. -) hat noch die Berechnung des BeE-Entgelts sowie der Sprinterprämie durch die Beklagte zu 1 zu beanstanden ist (dazu 2.).

1. Der Kläger hat, gegenüber der Beklagten zu 2 als seiner früheren Arbeitgeberin, keinen Anspruch auf weitergehende Abfindung von 10.000,- € (brutto) und ebenso wenig, gegenüber der Beklagten zu 1 als Transfergesellschaft und aktueller Arbeitgeberin, einen Anspruch auf ein um 10% höheres Transferentgelt.

a) Diese Ansprüche lassen sich - aufgrund deren normativer (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG) oder einzelvertraglicher Geltung - nicht auf die Regelungen im Ergänzungs- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 zwischen der Beklagten zu 2 und der IG Metall unmittelbar stützen.

aa) Zwar enthält dieser Tarifvertrag nach seinem dort festgelegten sachlichen Geltungsbereich (§ 1 Abs. (3)) Bestimmungen „für die Rechte, Regelungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der betriebsorganisatorischen eigenständigen Einheit (beE)“, also der, rechtlich selbstständigen, Fa. N. Transfergesellschaft mbH als vormaliger Beklagter zu 1 und damit insoweit Dritter. Die Beklagte zu 1, die vom Kläger wegen seiner behaupteten Ansprüche auf höheres BeE-Entgelt von 80% seines vorigen Bruttomonatseinkommens in Anspruch genommen wird, war jedoch nicht selbst Partei des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages vom 04.04.2012 - dem Kläger könnten solche Ansprüche deshalb offensichtlich nur aus der Rechtsfigur des (Tarif-)Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) zustehen.

Einzelvertraglich, im Wege einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag, gilt dieser Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag schon deshalb nicht, weil der den ursprünglichen Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten zu 2 ersichtlich vollständig novierende dreiseitige Vertrag zwischen dem Kläger und beiden Beklagten ebenfalls vom 04.04.2012 unter Abschnitt C. Ziff. 3.1 ausdrücklich bestimmt, dass bei der Beklagten zu 1 als Transfergesellschaft „keine tarifvertraglichen Regelungen“ gelten. Eine Unwirksamkeit letzterer Vertragsregelung etwa im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG scheidet aus, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses/Inkrafttretens dieses Tarifvertrages (04.04.2012) nicht, wie für dessen Anwendbarkeit erforderlich, selbst tarifgebunden war (§ 3 Abs. 1 TVG).

bb) Unabhängig hiervon würde dieser Haustarifvertrag hier tatbestandlich deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil er in seinem „persönlichen Geltungsbereich“ ausdrücklich festlegt (§ 1 Abs. (2)), dass er nur für diejenigen Beschäftigten gilt, die bereits am 23.03.2012, 12:00 Uhr, - also zwölf Kalendertage vor dem Abschluss dieses Firmentarifvertrages - Mitglied der IG Metall waren (sowie die Voraussetzungen für die Zahlung von Transfer-Kurzarbeitergeld nach §§ 169 f SGB III erfüllten). Dies war beim Kläger unstreitig nicht der Fall.

(1) Zum einen wiederum würde selbst bei Annahme der Unwirksamkeit dieser Differenzierungsklausel im Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 - IG Metall-Mitgliedschaft zum früheren Stichtag 23.03.2012 -, als solcher oder jedenfalls hinsichtlich des dortigen Stichtages und damit insgesamt oder partiell (s. u.), grundsätzlich kein Anspruch des Klägers auf höheres BeE-Entgelt und/oder höhere Abfindung bestehen, wie von ihr hier gegenüber der Beklagten zu 1 bzw. gegenüber der Beklagten zu 2 geltend gemacht:

Wäre die Begrenzung dieser Ansprüche auf die IG Metall-Mitglieder oder jedenfalls die Stichtagsklausel hierfür unwirksam (sh. nachfolgend), so ergäbe sich hieraus nicht bereits auch ohne weiteres eine Erstreckung dieser Ansprüche auf alle Arbeitnehmer, der Beklagten zu 1 und/oder zu 2, sondern lediglich die Unwirksamkeit dieser Klausel, insgesamt oder jedenfalls partiell hinsichtlich deren Stichtagsregelung (vgl. BAG, U. v. 22.09.2010, 4 AZR 117/09, Rz. 34 -).

(2) Auch eine ergänzende (Tarif-)Vertragsauslegung zum Zweck der Schließung der durch Unwirksamkeit der Klausel zum persönlichen Geltungsbereich im Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag verursachten Vertragslücke i. S. einer Anspruchsbegründung für Außenseiter scheidet aus:

Bei Annahme einer Gesamtunwirksamkeit dieses Tarifvertrages sind eine solche ergänzende (Tarif-)Vertragsauslegung und Lückenfüllung von vornherein nicht möglich, da es in diesem Fall keine Lücke mehr zu schließen gäbe, sondern eben das gesamte Tarifvertragssubstrat unwirksam wäre.

Bei Annahme einer nur partiellen Unwirksamkeit dieses Tarifvertrages qua Unwirksamkeit allein der Stichtagsklausel für den Zeitpunkt der dort vorausgesetzten Gewerkschaftsmitgliedschaft - oder dieser Voraussetzung selbst - könnte eine solche „Tarifvertragslücke“ nicht etwa unter Anwendung der zu einer ergänzenden (Individual-)Ver-tragsauslegung entwickelten Grundsätze dahin geschlossen werden, dass dieser Tarifvertrag nunmehr für alle in die Transfergesellschaft - die Beklagte zu 1 - gewechselten Arbeitnehmer zur Anwendung kommen müsste (wiederum, hinsichtlich Ansprüchen gegenüber der Beklagten zu 1 i. V. m. mit der Rechtsfigur des Vertrages zugunsten Dritter ... ?), somit auch auf diejenigen Beschäftigten, die nicht Mitglied der IG Metall sind/waren, und/oder jedenfalls auch auf solche, die dies erst nach dem, etwa unwirksamen, Stichtag geworden sind: Zumal unter den vorliegenden Umständen könnte keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine solche Erstreckung vereinbart hätten, wenn sie von der Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel ausgegangen werden. Hierfür fehlt es - unabhängig von naheliegenden Überlegungen zum Gesamtvolumen des Tarifsozialplans als Kalkulationsgrundlage der Beklagten zu 2 hierfür - nicht nur an jeglichen Anhaltspunkten im Sachverhalt, im Gegenteil wollten die Tarifvertragsparteien hier auf der Hand liegend bewusst allein die betreffenden Gewerkschaftsmitglieder privilegie-ren, keinesfalls hilfsweise etwa auch später eingetretene Gewerkschaftsmitglieder oder sogar alle Arbeitnehmer (vgl. auch BAG, U. v. 22.09.2010, a. a. O.).

(3) Auch eine „Anpassung nach oben“ qua notwendiger Gleichbehandlung sonst scheidet aus:

Voraussetzung hierfür wäre eine bereits erfolgte und nicht mehr rückgängig zu machende Leistungserbringung an die zu Unrecht begünstigten Gewerkschaftsmitglieder. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Im Übrigen ist es, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich ausgeschlossen, allein der Befolgung eines - unterstellt - unwirksamen Normbefehls durch den Arbeitgeber eine Pflicht zur Gleichbehandlung entnehmen zu wollen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bindet den Arbeitgeber an selbst aufgestellte Regeln, nicht an die Befolgung auf ihn - auch vermeintlich - von außen einwirkenden Normbefehlen (vgl. BAG, U. v. 18.03.2009, 4 AZR 64/08, = NZA 2009, S. 1028 f - Rz. 127 -; BAG, U. v. 22.09.2010, 4 AZR 117/09, Rz. 36 - jew. m. w. N.)

(4) Ungeachtet dessen, dass sich selbst aus einer etwa angenommenen, partiellen und erst recht vollständigen, Unwirksamkeit des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages vom 04.04.2012 eben kein Anspruch auf höheres BeE-Entgelt und/oder höhere Abfindungszahlung begründen lassen würde, erweist sich die Regelung zum persönlichen Geltungsbereich in diesem Tarifvertrag zur Überzeugung der Berufungskammer als rechtswirksam:

Hierbei handelt es sich um eine sogenannte „einfache Differenzierungsklausel“ i. S. der von der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu entwickelten Grundsätze (grundlegend U. v. 18.03.2009, a. a. O. - Rzn. 32 f, m. w. N. -; sh. auch BAG, U. v. 22.09.2010, a. a. O. - Rz. 27 -; BAG, U. v. 23.03.2011, 4 AZR 366/09, AP Nr. 47 zur Art. 9 GG = NZA 2011, S. 920 f - Rzn. 39 f -; sh. nunmehr auch BAG, U. v. 21.08.2013, 4 AZR 861/11, NZA-RR 2014, S. 201 f - Rzn. 21 f, m. w. N. -). Eine solche einfache Differenzierungsklausel normiert als einziges zusätzliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen eines Anspruchs die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft. Die Koalitionen sind jedoch bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Als Maßstab für die Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln gilt die sogenannte „negative Koalitionsfreiheit“, insbesondere der nicht organisierten sogenannten Außenseiter - deren Recht, sich nicht zu Koalitionen zusammenzuschließen, bestehenden Koalitionen fernzubleiben oder bei früherem Eintritt wieder austreten zu dürfen (vgl. nur BAG, U. v. 18.03.2009, a. a. O. - Rz. 35 -) -. Diese Rechte werden durch eine einfache Differenzierungsklausel nicht beeinträchtigt, weil sich die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien von Verfassungs und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt und eine normative Wirkung einer Tarifregelung auf Außenseiter grundsätzlich ausgeschlossen ist. Eine einfache Differenzierungsklausel schränkt die Handlungs- und insbesondere Vertragsfreiheit des Arbeitgebers nicht ein, da es ihm unbenommen bleibt, seine vertraglichen Beziehungen zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern frei zu gestalten und durchzuführen. Ebenso wenig kann durch eine solche Tarifnorm der Rechtskreis der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern wirksam betroffen werden. Soweit eine solche sich auf das Arbeitsverhältnis von Außenseitern auswirkt, beruht dies nicht auf der normativen Wirkung des Tarifvertrages, sondern auf der privatautonom gestalteten Arbeitsvertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Außenseiter. Die Beeinträchtigung der negativen Koalitionsfreiheit eines Außenseiters ist deshalb durch die Vereinbarung einer Tarifnorm wie einer einfachen Differenzierungsklausel grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BAG, U. v. 22.09.2010, a. a. O. - Rz. 27 -; BAG, U. v. 18.03.2009, a. a. O. - Rzn. 46 f -).

Die vorliegende einfache Differenzierungsklausel qua tatbestandlicher Anwendbarkeit des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages vom 04.04.2012 allein auf, stichtagsbezogen definierte, Gewerkschaftsmitglieder übte deshalb weder unmittelbar noch mittelbar einen unzulässigen, gegen die negative Koalitionsfreiheit verstoßenden, Druck auf Außenseiter zum Gewerkschaftsbeitritt aus und ist deshalb auch zur Überzeugung der Berufungskammer wirksam.

Im vorliegenden Fall konnte hierdurch von vornherein auch kein Druck auf Außenseiter - wie zum Zeitpunkt der Unterzeichnung/des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages der Kläger - gegeben sein: „Druck“ ist von seiner Wortbedeutung her die dadurch intendierte (psychische) Veranlassung - Nötigung - zu künftigem Handeln (bzw. Unterlassen eines Tuns). Der Abschluss eines Tarifvertrages samt seiner hierin definierten zeitlichen Anwendbarkeit allein auf Arbeitnehmer, die bereits seit gewisser Zeit - seit einem in der Vergangenheit liegenden Stichtag - Gewerkschaftsmitglieder sind, schließt einen erst hierdurch ausgelösten - logischer Weise: hierdurch auslösbaren -, einen dadurch beabsichtigten „Druck“ zu zukünftigem Handeln gerade aus. Eine fehlende Gewerkschaftsmitgliedschaft zu einem in der Vergangenheit liegenden Stichtag ist ein eindeutig feststehendes Faktum, nicht reparierbar und deshalb gerade nicht allererst hierdurch „druck“-erzeugend!

Auch die Stichtagsregelung zur Bestimmung des persönlichen Geltungsbereichs dieses Tarifvertrages begegnet keinen Bedenken. Durch den vergangenheitsbezogenen Stichtag wurde eben ein Zwang oder Druck zum Gewerkschaftsbeitritt für Außenseiter wie der Kläger ausgeschlossen. Wie bei jedem Stichtag wird hierdurch generalisiert und typisiert. Das Arbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa U. v. 16.05.2012, 10 AZR 256/11, NZA 2013, S. 112 (LS); U. v. 23.03.2011, 10 AZR 701/09, insbesondere Rzn. 22 f -) bereits ausgeführt, dass solche Stichtagsregelungen gerechtfertigt sind, wenn sich die Wahl des Stichtags und ggf. Referenzzeitraums am gegebenen Sachverhalt orientiert und vertretbar erscheint, die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sind und diesem nicht widersprechen (dort Rzn. 22 f).

Hiernach kann auch die vorliegende Stichtagsklausel nicht beanstandet werden. Der gewählte Stichtag am 23.03.2012 liegt zwölf Kalendertage vor dem Abschluss des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages vom 04.04.2012 und damit in einem zeitlichen Abstand, der keinen Druck auf Außenseiter zum Gewerkschaftsbeitritt auch nur indizieren konnte, z. B. dadurch, dass - wie ggf. bei einem zum Abschluss des Tarifvertrages sehr zeitnahen Termin - eine „Gerüchteküche“ zwischen Verhandlungsabschluss und formeller Unterzeichnung des Tarifvertrages etwa einen „Run“ auf den Erwerb von informell kommunizierten Tatbestandsvoraussetzungen - Gewerkschaftsbeitritt - initiieren könnte/sollte (so i. E. auch Däubler/Heuschmid, RdA 2013, S. 1 f/5 - unter III. 6. -).

cc) Damit scheidet ein Anspruch des Klägers aus dem Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 in jeder denkbaren Hinsicht aus.

b) Auch aus sonstigen Rechtsgründen lässt sich ein Anspruch des Klägers auf zusätzliche Abfindungszahlung seitens der Beklagten zu 2 bzw. auf höheres Transferentgelt gegenüber der Beklagten zu 1 nicht begründen.

aa) Aus welchen Gründen sich solche Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer höheren Abfindung und/oder höheres Transferentgelt gemäß der Regelungen des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages (ebenfalls) vom 04.04.2012 aus den Bestimmungen des dreiseitigen Vertrages des Klägers mit beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens vom 04.04.2012 ergeben soll, erschließt sich der Berufungskammer nicht:

Auch wenn es sich bei diesem dreiseitigen Vertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB handelt, ist nicht nachvollziehbar, weshalb im Hinblick auf die dabei geltenden Auslegungsgrundsätze gemäß der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB - bzw. auch § 307 Abs. 1 BGB - überhaupt eine Unklarheit, fehlende Unmissverständlichkeit, dieser Regelung bestehen sollte: Abschnitt A. Ziff. 2 des dreiseitigen Vertrages vom 04.04.2012 regelt eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich, dass „die Höhe der Abfindung ... gem. § 7 Abs. 1 des Transfer- und Sozialtarifvertrags abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit“ ist und hiernach 110.000,- € beträgt - „Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags fallen, erhalten gem. § 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags als weiteren Bestandteil der Abfindung zusätzlich EUR 10.000,00, der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt EUR 120.000,00“ (usw.). Weshalb diese sprachlich und inhaltlich klare, unzweideutige Bezugnahme auf/Differenzierung beide(r) Tarifverträge - den Transfer- und Sozialtarifvertrag und den Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag - überhaupt eine Unklarheit oder Missverständlichkeit oder fehlender Transparenz und sonst darstellen sollte, ist in keiner Weise zu erkennen. Dies bedarf keiner umfangreicheren weiteren Ausführungen.

bb) Solche Ansprüche ergeben sich nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Dieser Grundsatz gilt grundsätzlich nicht im Verhältnis von Außenseitern gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern zum selben Arbeitgeber. Dieser ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den nicht organisierten Arbeitnehmern tariflich geregelte Arbeitsbedingungen oder das gleiche Leistungsniveau wie den tarifgebundenen Arbeitnehmern anzubieten, sondern kann diese auf der Grundlage einzelvertraglicher Vereinbarungen auch untertariflich entlohnen. Die beiderseitige Tarifgebundenheit in einem Arbeitsverhältnis ist ein legitimer Differenzierungsgrund für ein unterschiedliches Leistungsniveau in Arbeitsverhältnissen desselben Betriebes (st. Rechtsprechung des BAG, vgl. etwa U. v. 23.03.2011, 4 AZR 366/09, a. a. O. - Rz. 45, m. w. N. -).

cc) Auch aus dem besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in § 75 Abs. 1 BetrVG lässt sich hier kein Anspruch auf höheres BeE-Entgelt und/oder zusätzliche Abfindung herleiten.

(1) Diese Norm begründet Amtspflichten von Arbeitgeber und Betriebsrat, verleiht dem einzelnen Arbeitnehmer jedoch keine subjektiven Rechte gegenüber dem Betriebsrat oder Arbeitgeber (vgl. nur ArbG München, U. v. 29.05.2013, 1 Ca 9865/12 - II. 7./S. 20 d. Gr. - in einem der zahlreichen Parallelverfahren).

(2) Wie das Arbeitsgericht hierzu bereits zutreffend ausgeführt hat, findet die gesetzliche Regelung des § 75 BetrVG weiter auch deshalb keine Anwendung, weil eine etwaige Ungleichbehandlung nicht durch den Betriebsrat bzw. eine betriebliche Regelung veranlasst wäre, sondern allein durch eine tarifvertragliche Regelung:

Der Interessenausgleich zwischen der Beklagten zu 2 und dem Betriebsrat deren Betriebes M., der ebenfalls vom 04.04.2012 datiert, bestimmt einleitend ausdrücklich, dass die vertragsschließenden Betriebsparteien „dahingehend überein(stimmen), dass ein gesonderter Sozialplan nicht aufgestellt wird, weil in dem als Anlage 7 hierzu bezeichneten Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Regelungen zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen enthalten sind, die beide Betriebsparteien als Ausgleichsmaßnahmen i. S. d. § 112 BetrVG anerkennen und diese für die betroffenen Beschäftigten abschließend übernehmen“ (dort Ziff. 5).

Auch wenn es sich beim Interessenausgleich nicht um eine Betriebsvereinbarung, sondern um eine kollektive Vereinbarung besonderer Art ohne unmittelbare normative Wirkung für die Arbeitsverhältnisse handelt (etwa BGH, U. v. 15.11.2000, XII ZR 197/98, 3. A. a) d. Gr. -), ist dieser entsprechend den bei einer Betriebsvereinbarung geltenden Grundsätzen auszulegen. Hiernach ergibt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck und systematischem Zusammenhang der Regelungen des Interessenausgleichs zwanglos, dass trotz des, für sich isoliert betrachtet: missverständlichen, (erst) Nachsatzes (dass beide Betriebsparteien die Regelungen des Transfer- und Sozialtarifvertrages anerkennen „und die sie für alle betroffenen Beschäftigten abschließend übernehmen“) damit nicht etwa durch die unterzeichnenden Betriebsparteien trotzdem, konstitutiv, auch ein genuiner betrieblicher (mit dem Tarifsozialplan identischer) Sozialplan aufgestellt, sondern lediglich, deklaratorisch, auf den ausdrücklich verwiesenen Tarifsozialplan im Transfer- und Sozialtarifvertrag gleichen Datums Bezug genommen -dieser als betrieblich relevant anerkannt - werden sollte. Eingangs dieser Regelung ist eben im Gegenteil ausdrücklich und eindeutig - hervorgehoben - bestimmt, dass die Betriebsparteien einen gesonderten Sozialplan gerade nicht aufstellen wollen - welche Bestimmung andernfalls nicht verständlich wäre!

(3) Im Übrigen könnte wiederum selbst dieses offen bleiben, weil Inhalt eines etwa damit konstitutiv aufgestellten betrieblichen Sozialplans nach § 112 BetrVG qua Implementierung des Tarifsozialplans in den betrieblichen Interessenausgleich, wie der Kläger geltend machen will, zwangsläufig dann nur der dort konkret - allein - in Bezug genommene Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 als solcher wäre - während sich eine behauptete Ungleichbehandlung i. S. d. § 75 Abs. 1 BetrVG erst und nur im Hinblick auf die Privilegierungstatbestände im weiteren Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 - im Verhältnis zu diesem - ergeben könnte - welcher jedoch gerade nicht ebenfalls Inhalt eines im Interessenausgleich etwa beinhalteten Sozialplans wäre (!). Dass die Bezugnahmeregelung im Interessenausgleich auf den Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 unklar sein sollte, ist angesichts deren klaren und eindeutigen Wortlauts annähernd abwegig - einer Auslegung nicht erst zugänglich.

(4) Damit liegt auch kein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 BetrVG vor - im Tarifsozialplan gelten die betriebsverfassungsrechtlichen Schranken wie § 75 Abs. 1 BetrVG gerade nicht (BAG, U. v. 06.12.2006, 4 AZR 798/05, . 1. b) und c) d. Gr. -).

c) Offen kann damit weiter bleiben, ob diesen Ansprüchen des Klägers, sofern bestehend, nicht von vornherein die Abgeltungsklausel unter Abschnitt C. Ziff. 4.1 des dreiseitigen Vertrages vom 04.04.2012 entgegenstehen würde, wonach „mit Abschluss der vorliegenden Vereinbarung ... sämtliche Ansprüche und Rechte der Parteien aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sowie dessen Beendigung abgegolten und erledigt (sind), soweit ein Verzicht hierauf rechtlich zulässig ist“.

Diese Abgeltungsklausel ist wirksam. Ein Verstoß dieser Bestimmung gegen das Umgehungsverbot des § 306 a BGB (ausgehend vom AGB-Charakter dieses dreiseitigen Vertrages gem. §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), ist ebenso wenig zu erkennen wie ein solcher gegen § 242 BGB: Der dreiseitige Vertrag vom 04.04.2012 regelt detailliert die betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten zu 2 und deren unmittelbaren Wechsel zur Beklagten zu 1 als, rechtlich selbstständige, beE i. S. d. § 216 b SGB III, nebst Abfindungsansprüchen, unter Bezugnahme auf den Transfer-und Sozialtarifvertrag gleichen Datums und Erwähnung der weitergehenden Regelung des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages, soweit Arbeitnehmer unter dessen Geltungsbereich fallen (dort Abschnitt A. Ziff. A. Ziff. 2), nebst weiterer flankierenden Bestimmungen (Rückzahlungsverpflichtung bei Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit einer Konzerngesellschaft der Beklagten nach Ausscheiden aus der Beklagten zu 2, Jubiläumszahlung, Zeugnis, betriebliche Altersversorgung, Inhalt der Rechte und Pflichten des neubegründeten Arbeitsvertrages des Klägers mit der Beklagten zu 1 (Abschnitt B.) und sodann, unter der Überschrift „Erledigungserklärung ...“), u. a. eine umfassende Abgeltungsklausel hinsichtlich weitergehender Ansprüche unter Abschnitt C. dieses dreiseitigen Vertrages. Eine Unwirksamkeit dieser Abgeltungsklausel im Hinblick auf § 4 Abs. 3 und Abs. 4 TVG wegen - hier eben fehlender - Gewerkschaftsmitgliedschaft des Klägers ist nicht zu erkennen.

Damit wären sich aus dieser Vereinbarung, in Verbindung mit dem Sozialtarifvertrag, ergebende weitergehende Ansprüche, sofern gegeben, hierdurch wohl als abbedungen anzusehen - dadurch auch solche, die auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt würden (vgl. hierzu die nunmehr vorliegenden zahlreichen Entscheidungen anderer Kammern des LAG München in den Parallelverfahren, etwa U. v. 25.09.2013, 11 Sa 328/13; U. v. 08.10.2013, 6 Sa 421/13).

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Berechnung des BeE-Entgelts sowie der Sprinterprämie nach der von ihr angesetzten Berechnungsmethode.

Das Berufungsgericht tritt den Ausführungen der Tarifschiedsstelle gem. § 8 des Transfer- und Sozialtarifvertrages vom 14.12.2012 in vollem Umfang bei, dass bei der Regelung dieses Tarifvertrages die Beschäftigten innerhalb der beE und hiesigen Beklagten zu 1 während der Zeit des Bezuges von Transferkurzarbeitergeld keinen Bruttomo-natsverdienst, sondern ein „BeE-Monatsentgelt“ unter Anrechnung der Transferkurzarbeitergeld-Zahlungen erhalten sollen, wobei es sich bei Letzteren nach § 3 Nr. 2 EStG um einen steuerfreien („Netto“-)Betrag handelt - was zunächst die Rechnung des den Satz von 70% des Bruttomonatseinkommens entsprechenden individuellen Nettoentgelts bedingt, nachdem eine Differenz nur aus gleichen Parametern - hier Nettobeträge - ermittelt werden kann. Dessen Differenz zum Transferkurzarbeitergeld ist als „KuG-Zuschuss (netto)“ auszugleichen - nur dieser Differenzbetrag auf einen Bruttobetrag hochzurechnen und als solcher auszuweisen. Ergänzend und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Berufungskammer auf die überzeugenden Ausführungen der 11. sowie nunmehr auch der 5. und der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts München in einigen der zahlreichen Parallelverfahren hierzu (U. v. 18.12.2013, 11 Sa 331/13 - dort II. 1./S. 15 f d. Gr. -; U. v. 04.06.2014, 8 Sa 1013/13; U. v. 20.08.2014, 5 Sa 211/14; jew. Homepage des LAG München und Juris).

III.

Der Kläger hat damit die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht auch im Hinblick auf die Vielzahl von Parallelverfahren und (nicht allein) deshalb anzunehmender grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Einkommensteuergesetz - EStG | § 3


Steuerfrei sind1.a)Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,b)Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nac

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan


(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen


(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 328 Vertrag zugunsten Dritter


(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. (2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 106 Nettoentgeltdifferenz


(1) Die Nettoentgeltdifferenz entspricht der Differenz zwischen1.dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt und2.dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt.Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt, das die Arbeitnehmerin oder der

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Tenor 1. Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Februar 2009 - 15 Ca 188/08 - unter Zurückweisung der Sprungrevision im Übrigen teil

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. November 2008 - 15 Sa 794/08 - aufgehoben.

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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Nettoentgeltdifferenz entspricht der Differenz zwischen

1.
dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt und
2.
dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt.
Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt, das die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall in dem Anspruchszeitraum erzielt hätte, vermindert um Entgelt für Mehrarbeit. Ist-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt, das die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in dem Anspruchszeitraum tatsächlich erzielt hat, zuzüglich aller zustehenden Entgeltanteile. Arbeitsentgelt, das einmalig gezahlt wird, bleibt bei der Berechnung von Soll-Entgelt und Ist-Entgelt außer Betracht. Soll-Entgelt und Ist-Entgelt sind auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag zu runden. § 153 über die Berechnung des Leistungsentgelts beim Arbeitslosengeld gilt mit Ausnahme der Regelungen über den Zeitpunkt der Zuordnung der Lohnsteuerklassen und den Steuerklassenwechsel für die Berechnung der pauschalierten Nettoentgelte beim Kurzarbeitergeld entsprechend. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, einen Programmablauf zur Berechnung der pauschalierten Nettoentgelte für das Kurzarbeitergeld im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(2) Erzielt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer aus anderen als wirtschaftlichen Gründen kein Arbeitsentgelt, ist das Ist-Entgelt um den Betrag zu erhöhen, um den das Arbeitsentgelt aus diesen Gründen gemindert ist. Arbeitsentgelt, das unter Anrechnung des Kurzarbeitergeldes gezahlt wird, bleibt bei der Berechnung des Ist-Entgelts außer Betracht. Bei der Berechnung der Nettoentgeltdifferenz nach Absatz 1 bleiben auf Grund von kollektivrechtlichen Beschäftigungssicherungsvereinbarungen durchgeführte vorübergehende Änderungen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit außer Betracht; die Sätze 1 und 2 sind insoweit nicht anzuwenden.

(3) Erzielt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer für Zeiten des Arbeitsausfalls ein Entgelt aus einer anderen während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger, ist das Ist-Entgelt um dieses Entgelt zu erhöhen.

(4) Lässt sich das Soll-Entgelt einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers in dem Anspruchszeitraum nicht hinreichend bestimmt feststellen, ist als Soll-Entgelt das Arbeitsentgelt maßgebend, das die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn des Arbeitsausfalls in dem Betrieb durchschnittlich erzielt hat, vermindert um Entgelt für Mehrarbeit. Ist eine Berechnung nach Satz 1 nicht möglich, ist das durchschnittliche Soll-Entgelt einer vergleichbaren Arbeitnehmerin oder eines vergleichbaren Arbeitnehmers zugrunde zu legen. Änderungen der Grundlage für die Berechnung des Arbeitsentgelts sind zu berücksichtigen, wenn und solange sie auch während des Arbeitsausfalls wirksam sind.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten für Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter mit der Maßgabe, dass als Soll-Entgelt das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt der letzten sechs abgerechneten Kalendermonate vor Beginn des Entgeltausfalls zugrunde zu legen ist. War die Heimarbeiterin oder der Heimarbeiter noch nicht sechs Kalendermonate für den Auftraggeber tätig, so ist das in der kürzeren Zeit erzielte Arbeitsentgelt maßgebend.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. November 2008 - 15 Sa 794/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 3. April 2008 - 1 Ca 1933/07 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer tariflich geregelten Sonderzahlung und auf Gewährung eines zusätzlichen Urlaubstages.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 1990 bei der Beklagten als Diplompsychologin und Diplomökotrophologin beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Mai 1990 heißt es ua.:

        

㤠2

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Manteltarifvertrag (MTV) für die Arbeitnehmer der Kurverwaltung Bad Lippspringe GmbH und der Kuranstalten und Forschungsinstitute Bad Lippspringe GmbH.

        

…       

        

§ 10

        

Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürfen der Schriftform.“

3

Die Klägerin war ursprünglich Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie trat am 28. September 2006 aus der Gewerkschaft aus.

4

Am 25. Mai 2007 vereinbarten die Gewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberverband für die Gebiete Paderborn, Büren, Warburg und Höxter e. V. (AGV) vor dem Hintergrund von erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten eine „Modifizierung des Änderungstarifvertrages zum 3. Beschäftigungssicherungstarifvertrag (ÄTV z. 3. BSTV) und des Manteltarifvertrages MZG und KHK GmbH (MTV)“ (TV Modifizierung). Darin wird ua.

        

„ergänzend bzw. abweichend von den Regelungen des Änderungstarifvertrages zum 3. Beschäftigungssicherungstarifvertrag (ÄTV z. 3. BSTV) zur Vermeidung einer kurzfristigen Insolvenz Folgendes vereinbart:

        

§ 3 Ziff. 1 Abs. 1 ÄTV z. 3. BSTV wird wie folgt ergänzt:

        

1.    

        

Die Zuwendung nach § 36 MTV wird für das Jahr 2007 ausgesetzt. Diejenigen Arbeitnehmer der MZG Bad Lippspringe GmbH, der Karl-Hansen-Klinik GmbH und der MZG Pflege GmbH (...), die nachweislich Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft sind, erhalten als Anspruchsberechtigte stattdessen für das Kalenderjahr 2007 einen Festbetrag i. H. v. 250,00 Euro brutto und einen zusätzlichen Urlaubstag, soweit dies bis zum 01.09.2007 von den Anspruchsberechtigten geltend gemacht worden ist. ... Die Gewährung des zusätzlichen Urlaubstages erfolgt im Laufe der belegungsschwachen Zeiten vom 01. November 2007 bis 31. März 2008. 50 % des Festbetrages werden mit dem Gehalt für den Monat November 2007 und 50 % des Festbetrages werden mit dem Gehalt für den Monat März 2008 ausgezahlt.

        

…“    

5

Die Klägerin hat nach erfolgloser Geltendmachung des tariflichen Festbetrages und der Gewährung eines zusätzlichen Urlaubstages Klage erhoben und die Auffassung vertreten, die Beschränkung der Leistungen auf Gewerkschaftsmitglieder sei eine unzulässige Differenzierungsklausel. Sie enthalte ferner eine unwirksame Stichtagsregelung. Deswegen stehe ihr auch als Nicht-Gewerkschaftsmitglied diese Leistung zu.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 250,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 125,00 Euro seit dem 1. Dezember 2007 und dem 1. April 2008 zu zahlen.

        

2.    

festzustellen, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008 ein zusätzlicher Urlaubstag zusteht.

7

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzung einer Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft nicht erfülle. Die Klausel sei wirksam.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

10

I. Die Klage ist - auch hinsichtlich des Feststellungsantrages - zulässig. Allerdings bedarf der Antrag der Auslegung.

11

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165 ). Das von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240).

12

2. Danach ist die Klage auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 2. zulässig. Bei der Frage des Bestehens oder des Umfangs des Urlaubsgewährungsanspruchs eines Arbeitnehmers handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwar ist der Zeitraum, innerhalb dessen der Urlaubsgewährungsanspruch nach dem Wortlaut des TV Modifizierung hätte erfüllt werden können, bereits abgelaufen. Das Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der begehrten Feststellung ist dadurch jedoch nicht entfallen. Die Klägerin hatte mit ihrem Geltendmachungsschreiben vom 6. August 2007 die Beklagte aufgefordert, ihr mitzuteilen, ob diese bereit ist, ihr den zusätzlichen Urlaubstag zu gewähren. Dies hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 17. September 2007 an die Bevollmächtigten der Klägerin abgelehnt. Damit ist die Beklagte hinsichtlich eines evtl. Urlaubsgewährungsanspruchs der Klägerin in Verzug geraten, was sie - im Falle des Bestehens des Urlaubsgewährungsanspruchs - zum Schadensersatz in Form der Gewährung eines Ersatzurlaubes im gleichen Umfang verpflichten kann (st. Rspr., vgl. nur BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24 mwN, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Zwar gerät ein Arbeitgeber hinsichtlich der Urlaubsgewährung erst dann in Verzug, wenn er eine konkrete Geltendmachung unter Angabe des vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraumes zu Unrecht abgelehnt hat (BAG 25. Juni 1996 - 9 AZR 182/95 - BAGE 83, 225). Eine solche konkrete Geltendmachung des zusätzlichen Urlaubsanspruchs der Klägerin war aber nach dem Grundgedanken des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich, da die Beklagte den Bestand des Anspruchs grundsätzlich verneint und damit eine entsprechende Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat.

13

Die Klägerin kann auch nicht auf eine - vorrangige - Leistungsklage auf Gewährung eines Urlaubstages verwiesen werden. Der Urlaub ist nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren. Der Urlaubsgewährung geht regelmäßig eine konkret nach Datum festgelegte Urlaubsforderung des Arbeitnehmers und damit eine Planung mit einer bestimmten Anzahl von zu gewährenden Urlaubstagen voraus. Ist lediglich die Zahl der zu gewährenden Urlaubstage grundsätzlich im Streit, kann diese in geeigneten Fällen auch vor einer konkreten Urlaubsforderung im Wege einer Feststellungsklage geklärt werden.

14

II. Der Antrag ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Ungeachtet dessen, ob die allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende Verweisungsklausel überhaupt den Tarifvertrag vom 25. Mai 2007 erfasst, erfüllt die Klägerin jedenfalls nicht die dort genannte Voraussetzung einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di. Die Tarifregelung ist auch nicht unwirksam. Im Übrigen hätte die Klägerin auch bei Unwirksamkeit der Klausel keinen Anspruch auf die begehrte Leistung.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zur Gewährung der im Antrag genannten Leistungen für verpflichtet gehalten, weil in der vertraglichen Verweisungsklausel eine Gleichstellungsabrede zu sehen sei, die nicht tarifgebundene Arbeitnehmer so stellt, als seien sie tarifgebunden. Wäre die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der tariflichen Vereinbarung vom 25. Mai 2007 noch ver.di-Mitglied gewesen, seien die dort für die Mitglieder vereinbarten Leistungen auch ihr zu gewähren. Auf die Wirksamkeit der Differenzierungsklausel als solche komme es deshalb nicht an.

16

2. Dies ist unzutreffend. Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag verleiht der Klägerin nicht auf vertraglicher Grundlage den Status eines Gewerkschaftsmitglieds, sondern bindet die Parteien lediglich an das im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifwerk. Selbst wenn hierzu auch der TV Modifizierung gehören sollte, ist die dort genannte Anspruchsvoraussetzung der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di zulässig und wird von der Klägerin nicht erfüllt.

17

a) Ein normativ aus dem TV Modifizierung unmittelbar begründeter Anspruch besteht nicht.

18

aa) Der TV Modifizierung ist zwar ein Tarifvertrag. Er ist eine Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien ver.di Landesbezirk NRW und dem AGV. Er ändert den ÄndTV zum 3. BSTV, der seinerseits als - zeitlich begrenzt - den Manteltarifvertrag des Medizinischen Zentrums für Gesundheit Bad Lippspringe GmbH, der Karl-Hansen-Klinik GmbH und der MZG-Pflege GmbH (MTV MZG KHK) ändernder Tarifvertrag anzusehen ist. Damit ist der TV Modifizierung ein Tarifvertrag, weil mit ihm die Tarifvertragsparteien des 3. BSTV dessen zwingend und unmittelbar wirkende Normen (§ 4 Abs. 1 TVG)ändern wollten und damit ihrerseits zwingend und unmittelbar wirkende Normen geschaffen haben.

19

bb) Die Klägerin ist jedoch nicht Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft ver.di iSv. § 4 Abs. 1 TVG. Sie ist zum 28. September 2006 aus der Gewerkschaft ausgetreten und damit an die Normen des später geschlossenen TV Modifizierung nicht mehr normativ gebunden.

20

b) Auch aus der einzelvertraglichen Verweisungsklausel ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Verweisungsklausel den TV Modifizierung überhaupt erfasst. Selbst wenn er Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet, erfüllt die Klägerin nicht die in der von ihr geltend gemachten Anspruchsgrundlage in Ziff. 1 genannte Anspruchsvoraussetzung einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di. Gegen die Wirksamkeit dieser Tarifregelung bestehen weder aus verfassungsrechtlicher noch aus tarifrechtlicher Sicht Bedenken.

21

aa) Dabei kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel den TV Modifizierung erfasst. Hiervon sind die Vorinstanzen und die Parteien ersichtlich ausgegangen. Zwar verweist der Arbeitsvertrag lediglich auf den „Manteltarifvertrag (MTV) für die Arbeitnehmer der Kurverwaltung Bad Lippspringe GmbH und der Kuranstalten und Forschungsinstitute Bad Lippspringe GmbH“. Selbst wenn man diese Klausel als eine dynamische Verweisung verstünde - nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Verweisungsklausel „im Zweifel“ als dynamische Klausel auszulegen (vgl. 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 30, BAGE 116, 366, 372; 27. Februar 2002 - 9 AZR 562/00 - BAGE 100, 339, 345; vgl. aber auch 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36; im Übrigen ist seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform die gesetzliche Auslegungsregel in § 305c Abs. 2 BGB zu beachten) -, erschließt sich aus ihrem Wortlaut nicht unmittelbar die Erfassung des vom TV Modifizierung und dem ÄndTV geänderten 3. BSTV zum MTV MZG KHK. Hierzu mangelt es an jedem Vortrag der Klägerin in den Tatsacheninstanzen. Diese Frage kann aber letztlich dahinstehen.

22

bb) Denn selbst wenn man die Anwendung des MTV MZG KHK als für das Arbeitsverhältnis der Parteien vereinbart ansieht, folgt hieraus nicht ohne weiteres der geltend gemachte Anspruch auf die Zahlung und die Gewährung des zusätzlichen Urlaubstages. Die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di ist eine eigenständige Voraussetzung für diese Ansprüche und hat eine eigenständige konstitutive Bedeutung (vgl. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 25, BAGE 130, 43).

23

(1) In Ziff. 1 TV Modifizierung wird als eigenständige rechtsbegründende Anspruchsvoraussetzung die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di festgelegt. Die Bestimmung wiederholt nicht lediglich deklaratorisch die Voraussetzung für eine normative Wirkung des Tarifvertrages nach § 4 Abs. 1 TVG. Dies ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der Sätze 1 und 2 von Ziff. 1 TV Modifizierung. Während die Aussetzung der manteltariflich geregelten Zuwendung für das Jahr 2007 allgemein bestimmt ist, wird für die hierfür erkennbar als Kompensation - nämlich „stattdessen“ - bestimmte Leistung eines Festbetrages und eines zusätzlichen Urlaubstages ausdrücklich die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di als Tatbestandsmerkmal aufgeführt. Da ein Tarifvertrag ohnehin nur tarifgebundenen Arbeitnehmern ohne weiteres einen Anspruch verschaffen kann, muss die Sonderregelung für ver.di-Mitglieder nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine eigene, konstitutive Bedeutung haben.

24

(2) Die in Ziff. 1 TV Modifizierung als Anspruchsvoraussetzung genannte Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di wird von der Klägerin nicht inhaltlich durch die einzelvertragliche Verweisung auf den MTV MZG KHK und damit auf den TV Modifizierung erfüllt. Diese bewirkt lediglich die Anwendbarkeit des Tarifvertrages, ersetzt jedoch nicht die als besondere Anspruchsvoraussetzung für die Sonderleistungen im Tarifvertrag festgeschriebene Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di.

25

Nach der Senatsrechtsprechung ist die erkennbar gewollte Rechtsfolge einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel, die Anwendung der Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, und nicht etwa, dem Arbeitnehmer allgemein den Status eines Gewerkschaftsmitgliedes zu verschaffen oder ihn zu fingieren. Deshalb wird die Voraussetzung der Gewerkschaftsmitgliedschaft bei einer einfachen Differenzierungsklausel auch nicht bereits durch eine individualvertragliche Verweisungsklausel erfüllt (vgl. ausf. 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 29 f. mwN, BAGE 130, 43). Nur diese Auslegung entspricht der strikten Trennung zwischen der durch die Verweisungsklausel bewirkten Rechtslage und der durch die kongruente Tarifgebundenheit bewirkten Geltung des jeweiligen Tarifvertrages, die zur Anwendung des Günstigkeitsprinzips führt, wenn es zu einer Kollision von anzuwendenden Regelungen kommt (vgl. dazu nur BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - BAGE 128, 165).

26

cc) Die Klägerin hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf die begehrte Leistung, weil Ziff. 1 TV Modifizierung mit der dort enthaltenen Anspruchsvoraussetzung einer ver.di-Mitgliedschaft als unzulässige Differenzierung anzusehen wäre und daraus möglicherweise die Erstreckung des Anspruchs auf Nichtorganisierte folgte. Die tarifliche Regelung in Ziff. 1 TV Modifizierung ist wirksam. Gegen sie bestehen weder verfassungsrechtliche noch tarifrechtliche Bedenken.

27

(1) Eine Tarifregelung wie diejenige in Ziff. 1 TV Modifizierung ist eine einfache Differenzierungsklausel. Sie normiert als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen eines einzelnen Anspruchs die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft. Die Koalitionen sind bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Der Maßstab für die Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln ist die negative Koalitionsfreiheit, insbesondere der Außenseiter. Diese wird durch eine einfache Differenzierungsklausel nicht beeinträchtigt, weil die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien sich von Verfassungs und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt. Die normative Wirkung einer Tarifregelung auf Außenseiter ist ausgeschlossen. Eine einfache Differenzierungsklausel schränkt auch die Handlungs- und insbesondere Vertragsfreiheit des Arbeitgebers nicht ein, da es ihm unbenommen bleibt, seine vertraglichen Beziehungen zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern frei zu gestalten und durchzuführen. Der Rechtskreis der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer kann durch eine Tarifnorm nicht wirksam betroffen werden. Soweit eine Tarifnorm sich auf das Arbeitsverhältnis von Außenseitern auswirkt, beruht dies nicht auf der normativen Wirkung des Tarifvertrages, sondern auf der privatautonom gestalteten Arbeitsvertragsbeziehung zwischen dem Außenseiter und dem Arbeitgeber. Die Beeinträchtigung der negativen Koalitionsfreiheit eines Außenseiters allein durch die Vereinbarung einer Tarifnorm wie der einfachen Differenzierungsklausel ist bereits deshalb ausgeschlossen (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 46 bis 59 mwN, BAGE 130, 43).

28

(2) Hilfsweise und ergänzend ist aber auch festzustellen, dass selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ein Tarifvertrag möglicherweise grundsätzlich geeignet sein muss, alle Arbeitsverhältnisse in seinem Geltungsbereich zu regeln, die vorliegende Klausel nicht unwirksam ist, weil sie nach Art und Umfang der geregelten Differenzierung keinen - im Verhältnis zu einem von Rechts wegen schützenswert verfolgten Ziel - unverhältnismäßigen, einen Zwang ähnlichen Druck ausübt, das Recht auf Fernbleiben von einer Koalition aufzugeben (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 60 bis 83 mwN, BAGE 130, 43). Der nach dem TV Modifizierung den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehaltene Anspruch auf die Sonderzahlung und den Sonderurlaub ist weder seiner Art noch der absoluten Höhe nach geeignet, einen unverhältnismäßigen Zwang auf die Klägerin auszuüben. Es handelt sich um eine zwei Mal jährlich, und damit außerhalb des laufenden Austauschverhältnisses liegende Leistung von insgesamt 250,00 Euro sowie um einen zusätzlichen Urlaubstag, der vom Arbeitsgericht unbeanstandet mit einem Wert von 200,00 Euro geschätzt wurde. Damit liegt im Fall der Klägerin eine Gesamtjahreszusatzleistung von etwa einem Zehntel einer Monatsvergütung vor; das entspricht im Kalenderjahr einem Betrag von deutlich weniger als einem Prozent der Bruttovergütung. Ein verständiger Arbeitnehmer wird allein im Hinblick darauf keinen mit Zwang vergleichbaren Druck verspüren, von seiner Entscheidung gegen eine Gewerkschaftszugehörigkeit Abstand zu nehmen.

29

dd) Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb unwirksam, weil in der Norm eine Stichtagsregelung für die Gewerkschaftsmitglieder enthalten wäre.

30

(1) Ziff. 1 TV Modifizierung bindet den tariflichen Anspruch auf die genannten Sonderleistungen daran, dass die berechtigten Arbeitnehmer „nachweislich Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft sind“.

31

(2) Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung einer Anspruchsvoraussetzung bestehen keine Bedenken. Die Vertragsparteien eines (Haus-)Tarifvertrages sind weitgehend frei bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen Sonderzahlungen geleistet werden. Vorliegend ist lediglich die Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft zur - gesonderten - tariflichen Anspruchsvoraussetzung gemacht worden. Anders als die Klägerin offenbar meint, ist nicht jede Stichtagsregelung als solche bereits ein Grund für die Unwirksamkeit der zugrunde liegenden Bestimmung. Vorliegend ist keine Stichtagsregelung gegeben, die der vom Senat am 9. Mai 2007 (- 4 AZR 275/06 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 23 = EzA GG Art. 9 Nr. 91)beanstandeten vergleichbar wäre. Ohnehin ging es seinerzeit um eine monatlich zu zahlende, laufende Vergütungserhöhung, die aber auch an später eintretende Gewerkschaftsmitglieder entgegen § 4 Abs. 1 TVG nicht gezahlt werden sollte. Dass eine tariflich geregelte, auf Gewerkschaftsmitglieder beschränkte einmalige Sonderleistung nur an diejenigen Arbeitnehmer gezahlt wird, die zu diesem Zeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft sind, ist eine der in § 4 Abs. 1 TVG gesetzlich angeordneten normativen Wirkung von Tarifverträgen entsprechende Rechtswirkung. Auch dort kommt es allein auf den Beginn der Gewerkschaftszugehörigkeit an (vgl. dazu Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 3 Rn. 34 mwN; zur tarifrechtlichen Unwirksamkeit der Vereinbarung einer früheren Rechtswirkung des Gewerkschaftsbeitritts vgl. BAG 22. November 2000 - 4 AZR 688/99 - AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20). Deshalb wird aus der Anspruchsvoraussetzung einer Gewerkschaftsmitgliedschaft keine zu beanstandende Stichtagsregelung. Ferner begründet die im Streitfall zu beurteilende Tarifklausel keine Rückzahlungspflicht für Arbeitnehmer, die später aus der Gewerkschaft ausscheiden, worauf der Senat im herangezogenen Urteil jedoch weiterhin entscheidend abgestellt hatte (9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 34 f., aaO).

32

3. Die Klage ist darüber hinaus deshalb unbegründet, weil selbst bei einer Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel in Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung ein Anspruch der Klägerin auf die dort gewährte Leistung nicht bestehen würde.

33

a) Dabei kann dahinstehen, ob eine - hier angenommene - Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel in Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung lediglich dazu führen würde, dass allein die beanstandete Regelung unwirksam ist, der Tarifvertrag im Übrigen aber unberührt bleibt, oder ob die Unwirksamkeit der Klausel zur Unwirksamkeit des gesamten TV Modifizierung führen würde. In keinem Fall hätte die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Leistung.

34

aa) Geht man davon aus, dass lediglich Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung unwirksam ist, so kann die Klägerin hieraus keinen Anspruch herleiten. Sie beruft sich zur Begründung ihrer Klage gerade auf die in dieser Regelung enthaltene Rechtsfolge und meint allein, die tarifliche Bestimmung des Tatbestandsmerkmales der ver.di-Mitgliedschaft als Voraussetzung für die geregelte Rechtsfolge sei wegen Verstoßes gegen die negative Koalitionsfreiheit nicht gerechtfertigt. Ist aber die Begrenzung des Anspruchs auf ver.di-Mitglieder unwirksam, so ergibt sich hieraus nicht die Erstreckung des Anspruchs auf alle Arbeitnehmer der Beklagten, sondern lediglich die Unwirksamkeit der gesamten Klausel. Selbst wenn man eine dadurch entstandene „Tarifvertragslücke“ annehmen wollte, könnte diese nicht durch das Gericht dergestalt geschlossen werden, dass an die Stelle der beanstandeten Regelung nunmehr eine neue Regelung träte, die auf sämtliche Arbeitnehmer der Beklagten oder jedenfalls diejenigen, die eine Verweisungsklausel in ihrem Arbeitsvertrag haben, erstreckt werden würde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine solche Erstreckung vereinbart hätten, wenn sie von einer Unwirksamkeit der Differenzierungsklausel ausgegangen wären. Hierfür gibt es gerade in Ansehung der Situation der Beklagten, bei der bei Abschluss des TV Modifizierung nach übereinstimmender Vorstellung der Tarifvertragsparteien Sanierungsbedarf bestand, keinen Anhaltspunkt.

35

bb) Geht man hingegen davon aus, dass der TV Modifizierung durch eine mögliche Unwirksamkeit von Ziff. 1 Satz 2 insgesamt unwirksam werden würde, so ist die Anspruchsgrundlage, auf die sich die Klägerin beruft, ebenfalls entfallen. Möglicherweise wäre in einer solchen Situation ein Anspruch nach dem - dann nicht mehr „ausgesetzten“ - § 36 MTV MZG KHK gegeben; einen solchen hat die Klägerin aber nicht geltend gemacht.

36

b) Der Senat muss auch nicht abschließend entscheiden, ob hier ausnahmsweise ein Anspruch auf „Gleichbehandlung nach oben“ in Betracht käme. Die hierfür vorausgesetzte bereits erfolgte - und nicht mehr rückgängig zu machende - Leistungserbringung an die - bei unterstellter Unwirksamkeit der Klausel - zu Unrecht begünstigten Gewerkschaftsmitglieder (vgl. dazu BAG 26. Oktober 1995 - 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, 212 f.; Hanau FS Hromadka S. 115, 119) ist vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden. Hierfür wäre die Klägerin darlegungs- und ggf. beweispflichtig gewesen, weil es sich dabei um eine Ausnahmeregelung handelt, deren Voraussetzungen von demjenigen vorzutragen sind, der sich auf sie beruft (vgl. dazu BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 127, BAGE 130, 43). Die Klägerin hat hierzu keinen Vortrag erbracht, obwohl sie von Beginn des Rechtsstreits an die Unwirksamkeit gerade derjenigen Klausel behauptet hat, die Anspruchsgrundlage für ihre eigene Forderung sein soll. Im Übrigen ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch grundsätzlich ausgeschlossen, allein aus der Befolgung eines - unterstellt - unwirksamen Normbefehls durch den Arbeitgeber eine Pflicht des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung zu entnehmen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bindet den Arbeitgeber an selbst aufgestellte Regeln, nicht an die Befolgung auf ihn - auch vermeintlich - von außen einwirkenden Normbefehlen (vgl. zB BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1, 5). Dazu, dass die Beklagte die tariflich den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehaltenen Leistungen in Kenntnis einer vermeintlichen Unwirksamkeit von Ziff. 1 Satz 2 TV Modifizierung eigenständig regelbegründend unabhängig erbracht hätte, hat die Klägerin ebenfalls nichts vorgetragen.

37

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Hannig    

        

    Rupprecht    

                 

Tenor

1. Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Februar 2009 - 15 Ca 188/08 - unter Zurückweisung der Sprungrevision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass Ziff. V des zwischen den Parteien am 30. Mai 2008 geschlossenen Tarifvertrages über eine Erholungsbeihilfe für Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier tariflicher Klauseln, die in dem zwischen ihnen geschlossenen „Tarifvertrag über eine Erholungsbeihilfe für Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind“, (TV ErhBeih) vom 30. Mai 2008 enthalten sind.

2

Die Klägerin ist ein Unternehmen im Bereich der Hafen-Logistik und beschäftigt ca. 1.500 Arbeitnehmer. Die von ihr verwendeten Formulararbeitsverträge verweisen jeweils auf die örtlich, zeitlich und inhaltlich für sie geltenden Tarifverträge. Die Beklagte ist eine im Betrieb der Klägerin vertretene Gewerkschaft.

3

Im Frühjahr 2008 traten die Parteien in Tarifvertragsverhandlungen ein, während derer die Beklagte der Klägerin ua. schriftlich ankündigte, „eine gewerkschaftliche Vorteilsregelung notfalls auch mit Arbeitskampfmaßnahmen durchzusetzen“. Am 30. Mai 2008 vereinbarten die Parteien den TV ErhBeih, der folgenden Wortlaut hat:

        

I.    

        

Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, erhalten pro Kalenderjahr eine Erholungsbeihilfe als Bruttobetrag in Höhe von Euro 260.

        

…       

        

II.     

        

Die Zahlung der Erholungsbeihilfe erfolgt auf Antrag des Lohn- oder Gehaltsempfängers in unmittelbarem Zusammenhang mit einem mindestens einwöchigen Urlaub. Der Antrag ist spätestens 14 Werktage vor Antritt des Urlaubs zu stellen. Die fällige Pauschalsteuer nebst etwaiger Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag trägt der Hafenarbeiter. Weitere Einzelheiten zur Umsetzung sind betrieblich zu regeln.

        

III.   

        

Der Anspruch auf Gewährung der Erholungsbeihilfe bleibt bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsentgeltes für Leistungen aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Bestimmungen außer Ansatz. Während der Altersteilzeit wird die Erholungsbeihilfe bei Vorliegen der Voraussetzungen in voller Höhe gewährt.

        

IV.     

        

Der Anspruch auf Gewährung der Erholungsbeihilfe setzt voraus, dass der Lohn- oder Gehaltsempfänger bei Antragstellung dem Arbeitgeber glaubhaft seine Mitgliedschaft in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nachgewiesen hat. Weitere Einzelheiten sind betrieblich zu regeln.

        

V.    

        

Gewährt die H die Leistung nach Ziffer I., entsprechende oder über die in Ziffer I festgelegten Ansprüche hinausgehende Beträge oder sonstige Leistungen Lohn- und Gehaltsempfängern, die nicht Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, so erhöht sich für die Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, die Arbeitgeberleistung entsprechend.

        

VI.     

        

Dieser Tarifvertrag tritt am 01.06.2008 in Kraft.

        

Der Vertrag kann mit einer Frist von zwei Monaten, erstmals zum 31.05.2009 gekündigt werden.

        

Für den Fall, dass sich wesentliche, insbesondere steuergesetzliche Regelungen zur Erholungsbeihilfe ändern, verpflichten sich die Tarifvertragsparteien, mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung vorzeitig in Verhandlungen einzutreten.“

4

Die Klägerin hält die Klauseln in Ziff. I und V TV ErhBeih für unwirksam. Ziff. I TV ErhBeih enthalte eine unzulässige Differenzierungsklausel, indem sie die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft zu einem eigenständigen Merkmal der Anspruchsgrundlage mache und damit eine Ausdehnung der Normen des Tarifvertrages im Wege der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Bezugnahme auf den Tarifvertrag vereitele. Die Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih greife in die negative Koalitionsfreiheit der nicht und anders organisierten Arbeitnehmer der Klägerin ein. Die Klausel verhindere eine Gleichstellung mit Gewerkschaftsmitgliedern und übe auf diese Weise erheblichen Druck auf die Nichtmitglieder aus, der Beklagten beizutreten. Dieser Eingriff sei auch nicht durch ein zulässiges Ziel gerechtfertigt.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass Ziffer I und Ziffer V des zwischen den Prozessparteien am 30. Mai 2008 abgeschlossenen „Tarifvertrages über eine Erholungsbeihilfe für Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind“, rechtsunwirksam sind.

6

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klage schon unzulässig sei, weil es der Klägerin, die kurz zuvor den Tarifvertrag unterzeichnet habe, verwehrt sei, sich auf die Unwirksamkeit der von ihr vereinbarten Tarifregelungen zu berufen. Im Übrigen seien die Klauseln auch wirksam. Sie dienten letztlich dazu, sich in der Situation der Tarif- und Gewerkschaftspluralität im Wettbewerb zu behaupten. Der Arbeitgeber sei rechtlich nicht gehindert, die Erholungsbeihilfe auch an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer zu zahlen. Der Betrag sei ohnehin zu gering, um einen unerlaubten Beitrittsdruck bei Außenseitern auszulösen. Im Übrigen kenne die Privatautonomie auch kein Verbot von Exklusivverträgen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Sprungrevision gegen sein Urteil zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet, soweit sie die in Ziff. I TV ErhBeih geregelte einfache Differenzierungsklausel angreift. Sie ist dagegen begründet, soweit sie sich gegen die Wirksamkeit der Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih richtet.

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A. Die Revision ist zulässig.

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I. Die Klägerin konnte die Revision als Sprungrevision gegen das erstinstanzliche Urteil einlegen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen einer Sprungrevision nach § 76 ArbGG vorliegen.

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1. Die Sprungrevision ist vom Arbeitsgericht auf Antrag der Klägerin im Urteil zugelassen worden (§ 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die Klägerin hat den Antrag in der mündlichen Kammerverhandlung am 26. Februar 2009 gestellt. In dem am gleichen Tage verkündeten Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg wurde die Sprungrevision in Ziff. 4 des Tenors zugelassen.

12

2. Die nach § 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG erforderliche Zustimmung des Gegners zur Sprungrevision ist erteilt worden. Die Beklagte hat durch Erklärung des früheren Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz an den Klägervertreter vom 13. Mai 2009 ihr Einverständnis mit der Durchführung, also auch der Einlegung, der Sprungrevision erklärt.

13

3. Die Zustimmungserklärung des Beklagten ist der Revisionseinlegungsschrift der Klägerin im Original beigefügt worden und dem Revisionsgericht innerhalb der Revisionsfrist zugegangen.

14

II. Hinsichtlich der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision bestehen keine Bedenken.

15

B. Die Revision ist insoweit begründet als die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit von Ziff. V TV ErhBeih begehrt. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

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I. Die Klage ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben. Wie das Arbeitsgericht zu Recht, wenn auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 9 TVG, vertreten hat, ergibt sich die Zulässigkeit daraus, dass hier zwischen Tarifvertragsparteien Streit über die Wirksamkeit von Regelungen des zwischen ihnen geschlossenen Tarifvertrages besteht.

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1. Auch bei der sog. Verbandsklage nach § 9 TVG muss ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO gegeben sein. § 9 TVG ermöglicht die abstrakte Feststellungsklage über Tarifnormen und erweitert damit das Anwendungsgebiet von § 256 Abs. 1 ZPO auf die Klärung eines abstrakten Rechtsverhältnisses, nämlich über das Bestehen oder Nichtbestehen oder über die Auslegung eines Tarifvertrages. § 9 TVG hat vorrangig den Zweck, die normative Wirkung des Tarifvertrages mit einer möglichst einheitlichen rechtlichen Beurteilung von Tarifbestimmungen zu untersetzen und damit der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit zu dienen und zugleich Individualstreitigkeiten zu vermeiden. Es müssen Anhaltspunkte vorliegen, die die Klärung der Rechtsfrage zum gegenwärtigen Zeitpunkt erforderlich machen, etwa die gegenwärtige oder zukünftige fehlerhafte Anwendung von Tarifnormen durch einen Tarifvertragspartner (hierzu ausf. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 67 mwN, BAGE 123, 46).

18

2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Parteien des Rechtsstreits sind zugleich die Parteien des Tarifvertrages, in dem die in ihrer Wirksamkeit umstrittenen Normen enthalten sind. Der Tarifvertrag ist in Kraft und gilt. Die Klägerin hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Klauseln und muss sich nicht bei Verweigerung der dort normierten Leistungen in Individualprozessen auf im Ergebnis möglicherweise voneinander abweichende Inzidentprüfungen verweisen lassen.

19

3. An der Zulässigkeit des Antrages und dem Feststellungsinteresse der Klägerin ändert entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin den ihrer Meinung nach teilweise unwirksamen Tarifvertrag kurz vor Einreichung der Klage selbst unterzeichnet hat. Es ist jeder Tarifvertragspartei unbenommen, die Wirksamkeit eines von ihr selbst geschlossenen Vertrages überprüfen zu lassen (BAG 22. März 1957 - 1 AZR 64/56 - BAGE 4, 133, 139 f.; Däubler/Reinecke TVG 2. Aufl. § 9 Rn. 20). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - seitens der tarifschließenden Gewerkschaft Arbeitskampfmaßnahmen in Aussicht gestellt waren. Die Beklagte beruft sich zwar darauf, dass die Klägerin gegen Arbeitskampfmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Abschluss des TV ErhBeih auch einstweiligen Rechtsschutz hätte suchen können. Hierzu kann sie jedoch - insbesondere angesichts des nur summarischen Erkenntnisverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz, dem im Erkenntnisverfahren nach § 4 TVG dessen umfassende Bindungswirkung gegenübersteht - nicht gezwungen werden.

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II. Die Klage und damit die Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie auf die Feststellung der Unwirksamkeit von Ziff. I TV ErhBeih gerichtet ist. Die Regelung, wonach die Klägerin verpflichtet ist, an diejenigen ihrer Arbeitnehmer, die Mitglied der Beklagten sind, eine Erholungsbeihilfe von jährlich 260,00 Euro brutto zu zahlen, begegnet als einfache Differenzierungsklausel keinen durchgreifenden Bedenken.

21

1. Eine Tarifregelung wie diejenige in Ziff. I TV ErhBeih ist eine einfache Differenzierungsklausel. Sie normiert als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen eines einzelnen Anspruchs die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft. Die Koalitionen sind bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Der Maßstab für die Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln ist die negative Koalitionsfreiheit, insbesondere der Außenseiter, dh. der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer. Diese wird durch eine einfache Differenzierungsklausel nicht beeinträchtigt, weil die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien sich von Verfassungs und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt. Die normative Wirkung einer Tarifregelung auf Außenseiter ist ausgeschlossen. Eine einfache Differenzierungsklausel als solche schränkt auch die Handlungs- und insbesondere Vertragsfreiheit des Arbeitgebers nicht ein, da es ihm - allein unter diesem Gesichtspunkt - unbenommen bleibt, seine vertraglichen Beziehungen zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern frei zu gestalten und durchzuführen. Der Rechtskreis der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer kann durch eine Tarifnorm nicht wirksam betroffen werden. Soweit eine Tarifnorm sich auf das Arbeitsverhältnis von Außenseitern auswirkt, beruht dies nicht auf der normativen Wirkung des Tarifvertrages, sondern auf der privatautonom gestalteten Arbeitsvertragsbeziehung zwischen dem Außenseiter und dem Arbeitgeber (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 46 bis 59 mwN, BAGE 130, 43; 22. September 2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 27 mwN ).

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2. Hilfsweise und ergänzend ist festzustellen, dass selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ein Tarifvertrag möglicherweise grundsätzlich geeignet sein muss, alle Arbeitsverhältnisse in seinem Geltungsbereich zu regeln, die vorliegende Klausel nicht unwirksam ist, weil sie nach Art und Umfang der geregelten Differenzierung keinen - im Verhältnis zu einem von Rechts wegen schützenswert verfolgten Ziel - unverhältnismäßigen, einen Zwang ähnlichen Druck ausübt, das Recht auf Fernbleiben von einer Koalition aufzugeben (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 60 bis 83 mwN, BAGE 130, 43; 22. September 2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 28). Der nach dem TV ErhBeih den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehaltene Anspruch auf die Erholungsbeihilfe ist weder seiner Art noch der absoluten Höhe nach geeignet, einen unverhältnismäßigen Zwang auf die nicht oder anders Organisierten auszuüben. Es handelt sich um eine einmal jährlich fällig werdende, und damit außerhalb des laufenden Austauschverhältnisses liegende Leistung von insgesamt 260,00 Euro, was einem monatlichen Betrag von 21,66 Euro entspricht. Ein verständiger Arbeitnehmer wird allein im Hinblick darauf keinen mit Zwang vergleichbaren Druck verspüren, von seiner Entscheidung gegen eine Gewerkschaftszugehörigkeit Abstand zu nehmen.

23

III. Die Revision ist aber begründet, soweit sie auf die Feststellung der Unwirksamkeit der in Ziff. V TV ErhBeih geregelten Spannenklausel gerichtet ist. Die Klausel ist zwar bestimmt genug und wahrt auch die Schriftform gemäß § 1 Abs. 2 TVG. Mit der Vereinbarung haben die Tarifvertragsparteien jedoch die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene, aber auch begrenzte Tarifmacht überschritten.

24

1. Die streitige Spannenklausel erfüllt das Bestimmtheitserfordernis, dem jede Tarifnorm unterworfen ist.

25

a) Tarifvertragsnormen müssen so formuliert sein, dass der von ihnen angestrebte Regelungsinhalt zumindest im Wege der Auslegung bestimmbar ist. Eine faktische Delegation auf den entscheidenden Richter ist unzulässig (Wiedemann/Thüsing TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 230). Unbestimmte Rechtsbegriffe genügen den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Normklarheit und Justitiabilität, wenn sie mit herkömmlichen juristischen Methoden ausgelegt werden können (BVerfG 14. Dezember 2000 - 2 BvR 1741/99, 276, 2061/00 - zu B I 2 b der Gründe, BVerfGE 103, 21). Dabei müssen alle Mittel der Auslegung herangezogen werden (Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 5 Rn. 17 ff.). Der Senat hat deshalb für den Fall des Gebrauchs auch mehrerer unbestimmter Rechtsbegriffe in einer Tarifnorm die hinreichende Bestimmtheit nicht in Frage gestellt (29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59; vgl. auch jüngst 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 -).

26

b) Danach erweist sich die Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih als hinreichend bestimmt. Sie ist einer Auslegung fähig, die ihre Anwendung auf den Einzelfall jedenfalls grundsätzlich ermöglicht. Dabei ist es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht erforderlich, jede denkbare Konstellation einer Anwendung dieser Klausel zu überprüfen. Die maßgebenden, für die Auslegung im Einzelfall anwendbaren Kriterien ergeben sich aus dem Wortlaut und dem erkennbaren Zweck der Regelung.

27

aa) Die Spannenklausel baut darauf auf, dass ver.di-Mitgliedern in Ziff. I TV ErhBeih eine Leistung mit normativer Wirkung zusteht. Die Wirksamkeit der dort geregelten einfachen Differenzierungsklausel wird in Ziff. V vorausgesetzt. Mit der Spannenklausel soll erkennbar verhindert werden, dass der Arbeitgeber die Exklusivität des Erholungsbeihilfeanspruchs dadurch unterläuft, dass er gleichartige Leistungen mit kompensatorischem Charakter an Außenseiter gewährt. Um dies zu gewährleisten, ordnet der Tarifvertrag an, dass immer dann, wenn der Arbeitgeber derartige Leistungen an nicht oder anders Organisierte erbringt, diese ohne dass es von dem Gewährungszweck abhängt, in jedem Falle auch den ver.di-Mitgliedern zu gewähren sind.

28

bb) Allein die Tatsache, dass die Regelung eine Bezifferung der insoweit tariflich begründeten „Steigerungs-“Ansprüche von ver.di-Mitgliedern nicht ermöglicht, reicht für sich genommen nicht aus, um von einer nicht hinreichenden Bestimmtheit der Tarifnorm auszugehen. Auch in sonstigen Tarifnormen ergibt sich der letztlich zustehende Zahlungsanspruch nicht immer unmittelbar aus dem Tarifvertrag selbst. Dies gilt beispielsweise für Verweisungstarifverträge, die gleichwohl als das Bestimmtheits- und das Schriftformgebot des § 1 Abs. 2 TVG erfüllende Regelungen angesehen werden(vgl. dazu BAG 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42, 45 ff., 48; Krause in Jacobs/Krause/Oetker § 4 Rn. 4 f.). Aber auch die Anknüpfung eines tariflichen Überstundenzuschlags nicht an den Tarif-, sondern an den - demgegenüber höheren - Effektivlohn der tarifgebundenen Arbeitnehmer ist zulässig, auch wenn sich die konkrete Höhe der tariflichen Leistung anhand von Faktoren bestimmt, die im einzelnen Arbeitsvertrag festgelegt und nicht im Tarifvertrag selbst geregelt sind (BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 41/06 - Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 17 = EzA TVG § 4 Zulage Nr. 1).

29

cc) Aus der Struktur der Regelung ergibt sich ferner, dass hier lediglich Leistungen des Arbeitgebers an Außenseiter als für ver.di-Mitglieder anspruchsbegründend erfasst sind, die bestimmte Kriterien erfüllen, deren Vorliegen von den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich überprüfbar ist.

30

(1) Ein entscheidendes Kriterium für die Auslegung der Tarifregelung ist ihr sich aus dem Wortlaut ergebende Zweck. Sie dient erkennbar der Absicherung des durch die Erholungsbeihilfe für ver.di-Mitglieder begründeten Vergütungsvorsprungs vor den nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern. Dem Arbeitgeber soll es verwehrt bleiben, diesen Vergütungsvorsprung durch eine wie auch immer bezeichnete Leistung an nicht oder anders Organisierte in irgendeiner Weise einzuschränken oder zu beseitigen; er darf nach der Tarifregelung eine vergütungsrechtliche „Gleichstellung“ nicht herbeiführen. Hierzu bedient sich der Tarifvertrag nicht eines Verbots solcher Zahlungen. Der Abstand zwischen den Leistungen an ver.di-Mitglieder und denjenigen an Außenseiter, der in der Höhe durch Ziff. I TV ErhBeih festgelegt worden ist, soll vielmehr dadurch gewahrt werden, dass jedwede Leistung an Außenseiter, die im Ergebnis - teilweise oder vollständig - zu irgendeiner Form wirtschaftlicher Kompensation führt, einen entsprechenden Anspruch des ver.di-Mitglieds begründet und somit den in Ziff. I TV ErhBeih festgesetzten Vergütungsabstand wiederherstellt. Sobald der Arbeitgeber einen solchen kompensierenden Anspruch für die Nichtmitglieder begründet, entsteht unmittelbar aus diesem Begründungsakt auch ein Anspruch in gleicher Höhe für alle ver.di-Mitglieder.

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(2) Daraus ergibt sich, dass der anspruchsbegründende Tatbestand hier nur durch Leistungen des Arbeitgebers erfüllt werden kann, bei denen die Leistungsgewährung nicht individuell an Außenseiter erfolgt, sondern aufgrund eines generalisierenden Prinzips mit kollektivem Bezug. Der Zweck der Regelung, den Abstand zwischen ver.di-Mitgliedern und den Außenseitern zu sichern, muss nur gegenüber einer Maßnahme verwirklicht werden, die aus Sicht des Arbeitgebers den gegenteiligen Zweck hat, diesen Abstand teilweise oder ganz auszugleichen. Eine solche Maßnahme hat immer kollektiven Charakter. Sie ist zwar in ihrer Durchführung auch als gebündelte Einzelmaßnahme möglich, etwa im Wege einer Vielzahl von Einzelvereinbarungen; dies nimmt ihr jedoch nicht den kollektiven Bezug. Eine Abgrenzung mag hier im Einzelfall schwierig sein. Im Betriebsverfassungsrecht und insbesondere bei der Gewährung von zusätzlichen Leistungen, die Gegenstand der Rechtsprechung zu Ansprüchen sind, die sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gründen, ist diese Abgrenzung alltägliche richterliche Praxis. Im Ergebnis wird es regelmäßig um Einheitsarbeitsbedingungen, Gesamtzusagen oder betriebliche Übungen gehen.

32

(3) Die für ver.di-Mitglieder anspruchsbegründende Leistung des Arbeitgebers an die Außenseiter muss dem Zweck der Kompensation des Vergütungsvorsprungs der ver.di-Mitglieder dienen. Dies kann nur dadurch erfolgen, dass sie im Grundsatz nicht an andere Zwecke gebunden ist, wie etwa dem Ausgleich besonders schwieriger Arbeitsbedingungen oder ungewöhnlich guter Arbeitsergebnisse in Teilbereichen. Dabei genügt es nach dem Wortlaut der Klausel nicht, dass der Arbeitgeber die von ihr erfassten Leistungen lediglich anders benennt; sie werden dann von dem Begriff der „sonstigen Leistungen“ erfasst. Auch diese Abgrenzung ist im Zweifel durch die Gerichte vorzunehmen.

33

dd) Auch die Rechtsfolge ist hinreichend bestimmt. Sobald der Arbeitgeber eine Maßnahme trifft, die der Kompensation des Vergütungsvorsprungs der ver.di-Mitglieder dient, entsteht zum selben Zeitpunkt ein tariflich begründeter entsprechender Anspruch für das ver.di-Mitglied, vergleichbar der Wirkung einer Tariflohnerhöhung auf ein Arbeitsverhältnis, in dem der Vergütungstarifvertrag nur über eine Verweisungsklausel anwendbar ist. Die vorliegend zu beurteilende Spannenklausel ist damit eine tarifliche Inhaltsnorm und wirkt insoweit normativ (vgl. nur Kempen/Zachert/Wendeling-Schröder TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 258; Jacobs FS Bauer S. 479, 484).

34

ee) Hinsichtlich der konkreten Durchsetzbarkeit eines solchen Anspruchs durch die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe bestehen keine Besonderheiten. Das ver.di-Mitglied, das den Anspruch auf die auch ihm zu gewährende Leistung geltend macht, hat die Anspruchsvoraussetzungen im Zweifel vor Gericht darzulegen und zu beweisen. Soweit hier der Arbeitgeber aufgrund einer generalisierenden Entscheidung an Außenseiter eine Leistung gewährt hat, obliegt ihm die Darlegung für den Zweck der Leistung, eine dem entsprechende Gruppenbildung, die ver.di-Mitglieder als solche im Ergebnis jedenfalls grundsätzlich nicht ausschließt, und ggf. die zutreffende Zuordnung der begünstigten Arbeitnehmer zu der Gruppe. Die dabei auftretenden praktischen Schwierigkeiten mögen nicht unerheblich sein. Sie sind jedoch nicht bereits von Rechts wegen so groß, dass der Klausel als solcher wegen fehlender Bestimmtheit die Wirksamkeit versagt werden muss (vgl. auch BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 23 mwN).

35

2. Auch die nach § 1 Abs. 2 TVG erforderliche Schriftform ist gewahrt.

36

a) Nach § 1 Abs. 2 TVG bedarf der Tarifvertrag zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Dies hat - anders als bei anderen Fällen der Anordnung einer Schriftform - allein die Funktion, den Parteien, den Normadressaten sowie Dritten gegenüber den Inhalt des Tarifvertrages klarzustellen und feststellbar zu machen. Die Schriftform dient dagegen weder dem Übereilungsschutz noch hat sie eine Bestimmtheitsfunktion (vgl. nur Wiedemann/Thüsing § 1 Rn. 310 mwN). Damit fordert § 1 Abs. 2 TVG nicht, dass alle auf der Grundlage eines Tarifvertrages berechneten Leistungen schriftlich beziffert festgelegt werden.

37

b) Diesen Anforderungen genügt Ziff. V TV ErhBeih, indem die Regelung einen Anspruch in Abhängigkeit von einer zumindest bestimmbaren konkreten Bezugsgröße regelt und damit eine Ermittlung der Leistungsansprüche anhand objektiv feststellbarer Kriterien - wenn auch nicht notwendig in einem einfachen Erkenntnisprozess - ermöglicht (Leydecker Der Tarifvertrag als exklusives Gut S. 262 f. mwN).

38

3. Die Regelung in Ziff. V TV ErhBeih ist jedoch deshalb unwirksam, weil die Tarifvertragsparteien mit ihr die ihnen von Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene, durch diese Bestimmung aber auch begrenzte Tarifmacht überschritten haben. Durch die Klausel wird ein tariflicher Anspruch normativ begründet, der in Bestand und Höhe von vertraglichen Bedingungen zwischen dem tarifgebundenen Arbeitgeber und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern abhängig ist. Die Spannenklausel führt - ihrem Zweck gemäß - dazu, dass dem Arbeitgeber eine Lohngleichstellung der Außenseiter mit den ver.di-Mitgliedern rechtlich-logisch unmöglich ist, selbst wenn er zu höheren Aufwendungen durch ergänzende Leistungen an die Außenseiter bereit ist. Eine solche Wirkung kann ein Tarifvertrag nicht normativ anordnen, weil es den Koalitionen nicht zukommt, ein solches, dem außertariflichen Bereich zuzuordnendes Verhalten des Arbeitgebers im Verhältnis zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern unmöglich zu machen.

39

a) Tarifvertragsparteien können normativ Rechte und Pflichten der tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse bestimmen. Sie sind aber nicht befugt, die einzelvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsvertragsparteien, insbesondere der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer, mit zwingender Wirkung in diese Arbeitsverhältnisse hinein einzuschränken.

40

aa) Mit der Möglichkeit, die Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen autonom zu regeln, können die Koalitionen durch frei vereinbarte Regelungen Mindestarbeitsbedingungen bestimmen, die für tarifunterworfene Arbeitsverhältnisse normative Wirkung entfalten. Die Bindung des Arbeitsverhältnisses an einen Tarifvertrag beruht - von der hier nicht bedeutsamen Ausnahme einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 4 TVG abgesehen - dabei auf privatautonomen Entscheidungen. Der Inhalt und die gesetzlich angeordnete Wirkungsweise des Tarifvertrages erlangen Legitimation durch die freie Entscheidung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Mitglied einer Koalition zu werden bzw. als Arbeitgeber-Tarifvertragspartei selbst den Tarifvertrag abzuschließen. Der Abschluss von Tarifverträgen und die damit bewirkte Normsetzung ist kollektiv ausgeübte Privatautonomie (vgl. die Nachw. bei BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 22, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25). Der Tarifvertrag hat damit - wie jeder Vertrag zwischen typischerweise zur Durchsetzung ihrer Interessen gleich fähigen Vertragspartnern - die Vermutung der Angemessenheit für sich. Die Wirkung der Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsnormen eines Tarifvertrages auf das einzelne, ihm unterworfene Arbeitsverhältnis entspricht dabei der einer externen Norm, die nach § 4 Abs. 1 TVG zwingend und unmittelbar als Mindestarbeitsbedingung(§ 4 Abs. 3 TVG) für diejenigen Arbeitnehmer gilt, die der tarifschließenden Gewerkschaft angehören und deren Arbeitsverhältnis vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst ist (§ 3 Abs. 1 TVG).

41

bb) Die kollektiv ausgeübte Privatautonomie in der Gestalt von Tarifverträgen verdrängt die individuelle Privatautonomie nicht grundsätzlich. Bei der Bestimmung der eigenen Arbeitsbedingungen bleibt auch dem tarifgebundenen Arbeitnehmer der privatautonome Gestaltungsspielraum. Der Arbeitsvertragsfreiheit des Tarifunterworfenen wird über das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG ein, wenn auch aus dem arbeitsrechtlichen Schutzprinzip folgend nur partieller Vorrang eingeräumt(vgl. auch Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker § 7 Rn. 15). Auch wenn die Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Einzelfall, etwa bei der tariflichen Vereinbarung von Höchstarbeitszeiten, gegenüber den von den Koalitionen ebenfalls einzubeziehenden Gesichtspunkten der Beschäftigungssicherung des Ausgleichs im Wege der praktischen Konkordanz nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip bedürfen kann (zB BAG 25. Oktober 2000 - 4 AZR 438/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 96, 168), bildet seine Existenz eine formelle Schranke der tariflichen Regelungsmacht (Wiedemann/Wank § 4 Rn. 387). Hieraus folgt, dass es den Tarifvertragsparteien auch unter dem Gesichtspunkt der Tarifautonomie im Grundsatz verwehrt ist, Arbeitsbedingungen tariflich zu vereinbaren, die eine Verkürzung individualvertraglich begründeter Rechte bedeutet (vgl. BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399, 404 f.). Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken.

42

cc) Diese Einschränkung der kollektiven Regelungsmacht für individualvertragliche Gestaltungen gilt erst recht für die Erstreckung der unmittelbaren und zwingenden Wirkungen von Tarifnormen auf Außenseiter, dh. nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer. Die das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG ausgestaltenden gesetzlichen Vorschriften des Tarifvertragsgesetzes begrenzen die Macht der Tarifvertragsparteien zur Setzung von Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsnormen auf ihre Mitglieder. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trägt die Begrenzung auf die Mitglieder der Tarifvertragsparteien dem Grundsatz Rechnung, dass der Staat seine Normsetzungsbefugnis nicht in beliebigem Umfang außerstaatlichen Stellen überlassen und den Bürger nicht schrankenlos der normsetzenden Gewalt autonomer Gremien ausliefern darf, die ihm gegenüber nicht demokratisch bzw. mitgliedschaftlich legitimiert sind (24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322, 347 f.). Tarifverträge dürfen daher nicht mit zwingender Wirkung Arbeitsbedingungen für nicht organisierte Arbeitnehmer festsetzen (BVerfG 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80 - BVerfGE 64, 208). So hat das Bundesarbeitsgericht auch von den Tarifvertragsparteien selbst erstellten Senioritätslisten von Flugzeugführern die normative Wirkung abgesprochen, weil die Tarifvertragsparteien damit ihre Tarifmacht überschritten haben, da sie das gesamte Bordpersonal des Arbeitgebers erfassten, die Tarifvertragsparteien jedoch das Arbeitsverhältnis regelnde Inhaltsnormen nur für ihre Mitglieder setzen durften (28. September 1983 - 4 AZR 200/83 - BAGE 43, 312, 322 f.). Außenseiterklauseln, dh. tarifliche Regelungen, die nicht tarifunterworfene Arbeitnehmer betreffen, sind daher - außerhalb von § 3 Abs. 2 TVG - allenfalls als schuldrechtliche Vereinbarungen zulässig, weil sich die Normsetzungsmacht nur auf die Gewerkschaftsmitglieder beschränkt(Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 234) und werden vor allem im Zusammenhang mit Wiedereinstellungsklauseln und Maßregelungsverboten nach Arbeitskämpfen vereinbart (Däubler/Lorenz § 3 Rn. 274; Wiedemann/Oetker § 3 Rn. 411), die als den Außenseiter berechtigender Vertrag zu Gunsten Dritter mit der Möglichkeit, hiervon keinen Gebrauch zu machen, wirksam sein können (arg. § 333 BGB).

43

b) Die Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih erfasst den außertariflichen Bereich und ist deshalb unwirksam. Sie bewirkt zwar keine absolute, aber eine relative Begrenzung der Arbeitsbedingungen der Außenseiter, indem sie es dem Arbeitgeber rechtlich-logisch unmöglich macht, die vertraglichen Arbeitsbedingungen der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer den tariflich normierten Arbeitsbedingungen der ver.di-Mitglieder anzugleichen, und damit dem Arbeitgeber zugleich eine im Wege der Gestaltung von individualvertraglichen Bedingungen nicht auflösbare „Ungleichstellung“ zwingend auferlegt. Damit greift sie in unzulässiger Weise über den ihr zustehenden Regelungsrahmen hinaus und in die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers und der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer ein.

44

aa) Die Befugnis von Tarifvertragsparteien zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen erstreckt sich auf die normative Regelung der Arbeitsverhältnisse der unmittelbar tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien. Eine Begrenzung der Freiheit des Arbeitgebers zur vertraglichen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse kann nicht tariflich erzwungen werden (BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 104, 155). Der Arbeitgeber kann insbesondere weder zu einer Gleichstellung noch zu einer Ungleichstellung von Außenseitern gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern gezwungen werden.

45

(1) Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, den nicht organisierten Arbeitnehmern tariflich geregelte Arbeitsbedingungen anzubieten. Er darf sie auf der Grundlage einer einzelvertraglichen Vereinbarung auch untertariflich entlohnen (so bereits BAG 20. Juli 1960 - 4 AZR 199/59 - AP TVG § 4 Nr. 7; vgl. auch zB ErfK/Dieterich 11. Aufl. Art. 9 GG Rn. 35; Wiedemann/Oetker § 3 Rn. 415 ff., 420; Däubler/Zwanziger § 4 Rn. 1058; Kempen/Zachert Grundlagen Rn. 162; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 206 Rn. 41; Hanau FS Hromadka S. 115, 117; vgl. auch Gamillscheg NZA 2005, 147: „bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit“; ebenso Franzen RdA 2006, 1, 4). Die beiderseitige Tarifgebundenheit in einem Arbeitsverhältnis ist ein legitimer Differenzierungsgrund für ein unterschiedliches Leistungsniveau gegenüber einem Arbeitsverhältnis desselben Betriebs, in dem es hieran fehlt.

46

(2) Dem Arbeitgeber ist es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aber auch nicht verwehrt, Außenseiter wie Gewerkschaftsmitglieder zu behandeln und ihnen insbesondere die tariflich vereinbarten Leistungen, die er an Gewerkschaftsmitglieder schon aufgrund der normativen Wirkung des Tarifvertrages leisten muss, aufgrund einer privatautonomen Entscheidung ebenfalls zu gewähren (vgl. nur Däubler/Lorenz § 3 Rn. 217; Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 871; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S. 731). Soweit ersichtlich bezweifelt niemand die Zulässigkeit einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung des Arbeitgebers mit seinen Arbeitnehmern, aufgrund derer die Normen der - einschlägigen - Tarifverträge im Arbeitsverhältnis angewandt werden sollen. So hat zB der Senat in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005 ausgeführt, dass es keine Rechtsgründe gibt, die die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede (hier: mit der die Dynamik betreffenden zusätzlichen Vereinbarung der auflösenden Bedingung einer Tarifgebundenheit des Arbeitgebers) im Arbeitsvertrag ausschließen. Dies ist ebenso im Rahmen der Vertragsfreiheit des tarifgebundenen Arbeitgebers möglich, wie es diesem frei steht, sich von einer Arbeitgeberkoalition fernzuhalten und gleichwohl mit seinen Beschäftigten die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse durch das einschlägige Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zu vereinbaren (- 4 AZR 536/04 - Rn. 23 f., BAGE 116, 326; zur entsprechenden Üblichkeit im öffentlichen Dienst und der darauf gerichteten berechtigten Erwartung des Arbeitnehmers BAG 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 53, BAGE 122, 33). Normativ abgesichert ist die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise durch die gesetzlichen Öffnungsklauseln, die nicht nur den Tarifvertragsparteien selbst erlauben, durch Tarifvertrag für ihre Mitglieder Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, die unterhalb des gesetzlichen Schutzniveaus liegen, zB in § 622 Abs. 4 BGB, § 13 BUrlG, § 4 Abs. 4 EFZG, § 7 ArbZG, § 9 Nr. 2 AÜG(krit. dazu etwa Daniel Ulber Tarifdispositives Gesetzesrecht S. 328 f.; Waltermann NZA 2010, 482; Buschmann FS Richardi S. 93 ff.). Auch wenn das Arbeitsverhältnis der normativen Wirkung des Tarifvertrages nicht unterfällt, ist eine Unterschreitung dieser gesetzlichen Mindestarbeitsbedingungen nach den angeführten Bestimmungen auch durch die Bezugnahme auf die entsprechenden Regelwerke in einem Arbeitsvertrag zulässig und möglich.

47

Eine solche Art von Gleichstellung iSd. Herstellung eines tatsächlich einheitlichen Ergebnisses für Arbeitsverhältnisse mit rechtlich unterschiedlichen Ausgangsbedingungen (vgl. dazu Fastrich RdA 2000, 65, 67 ff.) ist dem Arbeitgeber bei der Erstreckung von tariflichen Sonderleistungen auf alle - ansonsten vergleichbaren - Arbeitnehmer im Betrieb möglich, auch wenn diese hierauf keinen an anderer Stelle geregelten Anspruch haben. Der Arbeitgeber ist insoweit frei, zB nach einem von ihm für richtig gehaltenen Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ den Zweck einer gleichmäßigen Entlohnung aller Arbeitnehmer als Anlass für eine hinsichtlich der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer privatautonom begründete Sonderzahlung zu nehmen.

48

(3) Eine Tarifregelung, die die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers hinsichtlich der Arbeitsverträge mit nicht oder anders tarifgebundenen Arbeitnehmern in der Weise einschränkt, dass sie ihm eine vertraglich vereinbarte oder zu vereinbarende Gleichstellung mit den an den Tarifvertrag normativ gebundenen Arbeitsverhältnissen rechtlich unmöglich macht, ist von der Rechtssetzungsmacht der Tarifvertragsparteien nicht gedeckt. So wenig ein Tarifvertrag eine derartige Gleichstellung in seinem normativen Bereich anordnen und unmittelbare und zwingende Rechte für Außenseiter begründen kann (Däubler/Lorenz § 3 Rn. 217), so wenig kann er eine Ungleichheit mit zwingender Wirkung regeln. Die Möglichkeit, eine Gleichstellung zwischen Außenseiter und Gewerkschaftsmitglied herbeizuführen, hat das Gesetz nicht verboten und darf eine Kollektivvereinbarung nicht mit normativer Wirkung verbieten (Wiedemann Einleitung Rn. 290 für eine Bezugnahmeklausel; ähnlich auch Franzen RdA 2006, 1, 6, 7; Bauer/Arnold NZA 2005, 1209, 1211; Löwisch/Rieble § 1 Rn. 819 f.; Hartmann/Lobinger NZA 2010, 421, 424 ff.; Arnold FS Picker S. 873, 885; i. Erg. auch Jacobs FS Bauer S. 479, 490 ff.). Die Festsetzung einer tariflichen Leistung als Mindestarbeitsbedingung für tarifunterworfene Arbeitsverhältnisse in Proportionalität zu vom Arbeitgeber arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen mit nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern ist deshalb unzulässig.

49

(4) Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass eine Spannenklausel die individualvertragliche Gleichstellung von Außenseitern zulasse, weil von ihr lediglich - was zutreffend ist (vgl. oben III 1 b cc (2)) - Vereinbarungen mit einem kollektiven Bezug als Grundlage für den ergänzenden Anspruch der Gewerkschaftsmitglieder erfasst würden; auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung habe ein Arbeitnehmer aber keinen grundrechtlich geschützten Anspruch (so Leydecker AuR 2009, 338, 342). Die kollektive Wirkung von betriebseinheitlichen Regelungen ändert nichts an der Rechtsnatur als einzelvertraglicher Vereinbarung. Deshalb gilt im Verhältnis von Einheitsregelungen und Tarifvertrag auch das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG(Däubler/Zwanziger § 4 Rn. 1051; Wiedemann/Wank § 4 Rn. 650; Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker § 7 Rn. 10). Es ist danach nicht möglich, bei der Überprüfung der Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit danach zu differenzieren, ob eine bestimmte Vertragsbestimmung in einer solchen Anzahl von Arbeitsverhältnissen vereinbart worden ist, dass das Tatbestandsmerkmal des kollektiven Bezugs erfüllt ist oder ob die Anzahl der entsprechenden Vereinbarungen geringer ist. Die Verletzung der Vertragsfreiheit durch die Verunmöglichung einer Angleichung der vertraglichen Bedingungen an die tariflichen Mindestarbeitsbedingungen beinhaltet ein qualitatives Moment, das bei einer massenhaften Ausübung nicht relativiert werden kann.

50

bb) Die in Ziff. V TV ErhBeih normierte Spannenklausel macht der klagenden Arbeitgeberin eine Gleichstellung zwischen den Mitgliedern und Nichtmitgliedern der tarifschließenden Gewerkschaft unmöglich. Sie ist deshalb unwirksam.

51

(1) Dies folgt allerdings nicht bereits aus einer Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit des Arbeitgebers infolge einer naturgemäß begrenzten Leistungsfähigkeit. De jure wird er nicht daran gehindert, den Differenzbetrag - zunächst - auch an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer seines Unternehmens zu zahlen, etwa im Wege einer freiwilligen zusätzlichen Leistung. Soweit die Wirtschaftskraft des Arbeitgebers durch eine tariflich normierte Leistung an Gewerkschaftsmitglieder eingeschränkt wird und diese Einschränkung zur Folge hat, dass tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, darüber hinausgehende oder daneben bestehende vertragliche Verpflichtungen gegenüber nicht oder anders tarifgebundenen Arbeitnehmern zu erfüllen, ist diese Wirkung tariflichen Leistungsversprechen häufig eigen und kann nicht als Kriterium für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der tariflichen Anspruchsgrundlage herangezogen werden (einschränkend wohl Richardi NZA 2010, 417, 420 f.; vgl. zur wirtschaftlichen Belastung durch die fakultative Leistung an Außenseiter bei einer einfachen Differenzierungsklausel BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 58, BAGE 130, 43).

52

(2) Eine derartige zusätzliche Leistung hat jedoch nach der Spannenklausel der Ziff. V TV ErhBeih die Begründung eines unmittelbaren tariflichen Anspruchs der ver.di-Mitglieder gegen den Arbeitgeber zur Folge. Dies schließt nicht nur eine faktische Gleichstellung der anders oder nicht organisierten Arbeitnehmer mit den ver.di-Mitgliedern bei der Beklagten aus, sondern verunmöglicht darüber hinaus grundsätzlich aus rechtlich-logischen Gründen die Einhaltung hierauf gerichteter, vorher eingegangener oder einzugehender arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Verpflichtungen gegenüber nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern.

53

(a) Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 18. März 2009 zur Zulässigkeit von einfachen Differenzierungsklauseln ausgeführt hat, ist es dem Arbeitgeber in der dortigen Konstellation unbenommen, auf vertraglichem Wege nicht nur die Anwendung des Tarifvertrages oder Tarifwerks zu vereinbaren, was allein regelmäßig noch nicht zu einer gleichsam vertraglich vereinbarten Begründung des Status eines Gewerkschaftsmitglieds führt (- 4 AZR 64/08 - Rn. 26 ff., BAGE 130, 43; zust. Kamanabrou Anm. zu AP TVG § 3 Nr. 41; Jacobs FS Bauer S. 479, 482; kritisch dagegen zB Bauer/Arnold NZA 2009, 1169, 1171; Greiner/Suhre NJW 2010, 131, 132 f.). Er kann auch die vollständige Gleichstellung mit den Mitgliedern der am Tarifabschluss beteiligten Gewerkschaft dadurch herbeiführen, dass er mit seinen Arbeitnehmern arbeitsvertraglich vereinbart, dass diese im Hinblick auf einen nicht normativ geltenden Tarifvertrag behandelt werden wie die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft. Bei einer solchen Vereinbarung sind Leistungen eingeschlossen, die nach einer einfachen Differenzierungsklausel nur Gewerkschaftsmitgliedern vorbehalten sind (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - BAGE 130, 34). An der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung bestehen keine Zweifel (vgl. auch Richardi NZA 2010, 417, 419; Franzen FS Picker S. 929, 949; ferner die entsprechenden konkreten Formulierungsvorschläge bei Bauer/Arnold NZA 2009, 1169, 1173 und Thüsing/Braun/Mengel/Burg Tarifrecht 5. Kap. Differenzierungsklauseln Rn. 5; aA Kocher NZA 2009, 119, 123).

54

Demgegenüber würde eine wirksame Spannenklausel wie die hier streitgegenständliche in Ziff. V TV ErhBeih dem Arbeitgeber die Erfüllung einer solchen Verpflichtung nicht nur wirtschaftlich, sondern rechtlich-logisch unmöglich machen. Eine vertraglich versprochene Leistung des TV ErhBeih an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer führte unmittelbar zu einem entsprechenden - erhöhenden - Anspruch der ver.di-Mitglieder. Dies wiederum löste die vertraglich vereinbarte „mitgliedschaftbezogene Gleichstellungspflicht“ zu einer weiteren zusätzlichen Zahlung aus, die ihrerseits wiederum den tariflichen Anspruch erhöht. Damit ist nicht die zeitliche Abfolge beschrieben; die Ansprüche der jeweiligen Arbeitnehmergruppen steigen nicht nur parallel, sondern synchron, ohne dass eine juristische Sekunde Aktion und Reaktion trennt (so Leydecker Der Tarifvertrag als exklusives Gut S. 284). Auf diese Weise entsteht unmittelbar in der tariflichen Normierung des „Abstandsanspruchs“ bei bestehender vertraglicher Verpflichtung zur Gleichstellung mit einem Gewerkschaftsmitglied ohne jedes weitere Handeln eines Beteiligten eine rechtlich-logisch nicht begrenzte unendliche Erhöhung der jeweiligen Leistungsverpflichtungen des Arbeitgebers.

55

(b) Zusätzlich kann eine entsprechende rechtlich-logisch unendliche Erhöhung der Leistungsverpflichtungen dadurch zustande kommen, dass in einem anderen Tarifvertrag gegenüber den Mitgliedern einer zweiten Gewerkschaft eine entsprechende Verpflichtung übernommen wurde. Dies würde - ihre Wirksamkeit unterstellt - dazu führen, dass beim Aufeinandertreffen zweier entsprechender Klauseln auf Arbeitsverhältnisse in einem Betrieb auch im Bereich der normativ begründeten Ansprüche eine derartige unendliche Erhöhung der Leistungsverpflichtungen des Arbeitgebers einträte. Die beklagte Gewerkschaft hat sich für ihre Auffassung der Zulässigkeit einer Spannenklausel deshalb auch zu Unrecht darauf berufen, dass es etwaigen Konkurrenzgewerkschaften unbenommen sei, selbst ähnliche Vereinbarungen durchzusetzen. Eine derartige Fallkonstellation führte bei beiden Tarifverträgen zu der bereits beschriebenen rechtlich-logischen Unmöglichkeit.

56

Dieses Problem ließe sich auch nicht dadurch lösen, dass insoweit davon auszugehen wäre, dass in einem Betrieb oder Unternehmen lediglich eine solche tarifvertragliche Spannenklausel möglich sein dürfte. Es wäre dem Arbeitgeber bei einer solchen rechtlichen Anforderung unbenommen, durch den Abschluss eines Tarifvertrages mit einer Gewerkschaft den wirksamen Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages mit jeder anderen Gewerkschaft zu blockieren. Dies ist mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar.

57

(3) Dem lässt sich auch nicht mit dem Arbeitsgericht entgegenhalten, dass die Privatautonomie kein generelles Verbot von Exklusivverträgen kennt und kein Anspruch auf einen bestimmten Vertragsinhalt besteht (ähnlich Däubler/Hensche § 1 Rn. 881 f. mwN: was der Arbeitgeber tun könne, dazu könne er sich auch schuldrechtlich verpflichten). Nicht jede denkbare vertragliche Verpflichtung, die ein Arbeitgeber eingehen kann, kann auch durch eine auf beide Arbeitsvertragsparteien einwirkende Tarifnorm begründet werden. Vielmehr unterliegen den - im Hinblick auf die sonstige allgemeine Form rechtsgeschäftlichen Verhaltens - ganz speziellen Regelungen des Zustandekommens und der Wirkungsweise von Tarifverträgen nur diejenigen Regelungsgegenstände, die nach Art. 9 Abs. 3 GG iVm. den Vorschriften des TVG der Normsetzungsbefugnis von Koalitionen überlassen sind. Hierzu gehört aus den dargelegten Gründen nicht die verbindliche Regelung des außertariflichen Vertragsverhaltens des Arbeitgebers. Deshalb kommt es auf eine quantitative Betrachtung der Spannenklausel nicht an (i. Erg. auch Jacobs FS Bauer S. 479, 491). Möglicherweise weiter entgegenstehende Grundrechte der beteiligten Tarifvertragsparteien oder Dritter bedürfen hiernach ebenfalls nicht der Erörterung (ebenso Franzen RdA 2006, 1, 6).

58

C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. Oktober 2011 - 1 Sa 507 e/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe von Sonderzahlungen für die Jahre 2007 bis 2009.

2

Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist, ist seit 1994 bei der Beklagten als Krankenschwester gegen ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt durchschnittlich 2.930,00 Euro beschäftigt.

3

In § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 28. September 1993 heißt es ua.:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem zwischen der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und dem Arbeitgeber abgeschlossenen Tarifvertrag vom 1.7.1976 in der jeweils gültigen Fassung in Verbindung mit dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen. …“

4

Die im August 1998 gegründete Konzernobergesellschaft der Beklagten, die Damp Holding AG, schloss am 15. Dezember 1998 mit Wirkung vom 1. Januar 1999 mit der damaligen Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) einen Manteltarifvertrag sowie in den folgenden Jahren mehrere Tarifverträge, in denen Sonderzahlungen geregelt waren. Bis zum Jahre 2006 erhielt die Klägerin Jahressonderzahlungen, zuletzt iHv. 100 % ihres Bruttomonatsgehalts.

5

Die Damp Holding AG schloss am 27. März 2007 mit den Gewerkschaften ver.di und NGG den Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung Damp 2007), der am 1. Januar 2007 in Kraft trat und eine Sonderzahlung vorsah, deren Höhe zum einen von der Entwicklung des Konzernergebnisses im betreffenden Kalenderjahr und der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie zum anderen von der Zugehörigkeit zu einer der Gewerkschaften ver.di oder NGG zu einem bestimmten Stichtag abhängig war. Die Beklagte zahlte der Klägerin hiernach für das Jahr 2007 eine Sonderzahlung iHv. 795,40 Euro.

6

Am 31. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, in dem ua. geregelt ist:

        

5. Vergütung

        

(1) Gilt für die Arbeitgeberin ein Tarifvertrag, der das Entgelt regelt, richtet sich die Vergütung nach dem für die Arbeitgeberin jeweils gültigen Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung. …

        

8. Tarifverträge, Betriebsvereinbarung, allgemeine Arbeitsbedingungen

        

(1) Ist die Mitarbeiterin an bei der Arbeitgeberin geltende Tarifverträge normativ gebunden (§ 3 Abs. 1 TVG), finden auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich diese Tarifverträge Anwendung.

        

(2) Ist keine Tarifbindung der Mitarbeiterin an einen bei der Arbeitgeberin geltenden Tarifvertrag gegeben, finden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils für eine relative Mehrheit der im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb tätigen tarifgebundenen Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das sind nach Kenntnis der Arbeitgeberin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses:

        

- der Manteltarifvertrag Damp Holding AG,

        

- der Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung,

        

…       

        
        

die die Damp Holding AG und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossen haben.“

7

Für das Jahr 2008 erhielt die Klägerin eine Sonderzahlung iHv. 466,41 Euro und für das Jahr 2009 keine Sonderzahlung. Gegen die aus ihrer Sicht unzulässige Differenzierung der Sonderzahlung nach Gewerkschaftszugehörigkeit zu einem bestimmten Stichtag erhob die Klägerin Klage auf Nachzahlung von Differenzbeträgen für die Jahre 2007 und 2008, die vom Senat mit Urteil vom 18. November 2009 (- 4 AZR 491/08 - BAGE 132, 268) abgewiesen wurde, da der TV-Sonderzahlung Damp 2007 mangels wirksamer Vertretung der abhängigen Konzernunternehmen - wie der Beklagten - durch die Konzernobergesellschaft nicht für jene galt.

8

Am 2. März 2010 schlossen die Damp Holding AG und die Konzerngesellschaften - darunter die Beklagte - einerseits und die Gewerkschaften ver.di und NGG andererseits einen neuen Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung Damp 2010) mit Wirkung ab dem Jahre 2007, dessen Regelungen weitgehend denen im TV-Sonderzahlung Damp 2007 entsprachen.

9

Mit ihrer erneuten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihr stünden für die Jahre 2007 bis 2009 weitere Sonderzahlungen nach dem TV-Sonderzahlung Damp 2010 zu. Sie hätte für das Jahr 2007 2.274,58 Euro, für das Jahr 2008 2.332,03 Euro und für das Jahr 2009 2.240,40 Euro, in dem gar keine Sonderzahlung geleistet worden sei, erhalten müssen. Sie habe einen Anspruch auf dieselben Sonderzahlungsbeträge wie vergleichbare Gewerkschaftsmitglieder, da die Differenzierungsklausel und die Stichtagsregelungen unwirksam seien.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, Jahressonderzahlungen für 2007, 2008, 2009 iHv. insgesamt 5.583,25 Euro brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.028,03 Euro seit dem 1. Dezember 2007, aus 449,15 Euro seit dem 1. Mai 2008, aus 1.579,86 Euro seit dem 1. Dezember 2008 und aus 285,76 Euro ab dem 1. Mai 2009 und aus weiteren 2.240,45 Euro ab dem 1. Dezember 2009 an sie zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe für die Jahre 2007 bis 2009 die ihr zustehenden Sonderzahlungen nach dem TV-Sonderzahlung Damp 2010 erhalten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Differenzbeträge.

14

I. Die von der Klägerin erhobene Klage ist insgesamt - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - zulässig. Einem Anspruch auf Leistung der Sonderzahlungen für die Jahre 2007 und 2008 steht nicht die Rechtskraft des Urteils vom 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - nach § 322 ZPO entgegen. Der TV-Sonderzahlung Damp 2010 ist erst nach dem Urteil des Senats vom 18. November 2009 und damit nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess der Parteien abgeschlossen worden (zur Rechtskraft bei veränderten Rechtsgrundlagen: BAG 14. Juni 1995 - 4 AZR 250/94 - zu II 2 b der Gründe; vgl. auch 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe; näher zur Rechtskraftwirkung etwa BGH 23. Februar 2006 - I ZR 272/02 - Rn. 23, BGHZ 166, 253; 2. März 2000 - IX ZR 285/99 - Rn. 9 f. mwN).

15

II. Die Klage ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich eine Anwendung des TV-Sonderzahlung Damp 2010 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Bezugnahmeklausel in Nr. 5 Abs. 1 und Nr. 8 des Arbeitsvertrags vom 31. Oktober 2008 für den Zeitraum ab dem 1. November 2009 und aufgrund von § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 28. September 1993 für den vorangegangenen Zeitraum ergibt. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin hiervon ausginge, ist die Klage schon deshalb insgesamt unbegründet, weil die Klägerin nicht die Voraussetzungen für die Zahlung einer höheren Sonderzahlung in den Jahren 2007 bis 2009 nach § 5 Ziffern 5, 8 und 12 jeweils iVm. § 5 Ziff. 13 des in Bezug genommenen TV-Sonderzahlung Damp 2010 erfüllt. Sie war zum Zeitpunkt der tariflich geregelten Stichtage nicht Mitglied einer der Gewerkschaften ver.di oder NGG.

16

1. Der TV-Sonderzahlung Damp 2010 regelt in § 5 für die Wirtschaftsjahre 2007 bis 2009 ua. Folgendes:

        

„1.     

Basis zur Berechnung der Sonderzahlung für das Wirtschaftsjahr 2007 und folgende ist das Konzernergebnis vor Zinsen, Abschreibung, Steuern (EBITDA).

        

…       

        
        

4.    

In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die Sonderzahlung 2007 zugeordnet:

                 

…       

        

5.    

In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die Sonderzahlung 2007 für Mitglieder der Gewerkschaft ver.di bzw. NGG zugeordnet.

                 

…       

        

7.    

In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die Sonderzahlung 2008 zugeordnet:

                 

…       

        

8.    

In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die Sonderzahlung 2008 für Mitglieder der Gewerkschaft ver.di bzw. NGG zugeordnet.

                 

…       

        

9.    

In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die Sonderzahlung 2009 zugeordnet.

                 

…       

        

12.     

Unabhängig von einer möglichen höheren Zahlung nach den Regelungen der Ziffern 4 bis 9 erhalten Mitglieder der Gewerkschaften ver.di sowie NGG in den Jahren 2007 bis 2009 mindestens eine garantierte Jahressonderzahlung in Abhängigkeit zu der am 31.12.2006 jeweils gültigen tariflichen Regelung nach folgender Tabelle:

                 

…       

        

13.     

Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens am 06.03.2007 in die Gewerkschaft eingetreten ist und dessen Mitgliedschaft am 30.11. des jeweiligen Wirtschaftsjahres noch besteht und im Anspruchsjahr die Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht gekündigt wurde. Für die Jahre 2008 und folgende gilt jeweils der 01.01. des Jahres als spätestes Eintrittsdatum.“

17

2. Der am 2. März 2010 geschlossene TV-Sonderzahlung Damp 2010 konnte von den Tarifvertragsparteien rückwirkend für das Jahr 2007 in Kraft gesetzt werden. Dieser Neuabschluss diente der Korrektur von Fehlern beim Abschluss des TV-Sonderzahlung Damp 2007 für die abhängigen Unternehmen des Konzerns (zu den Fehlern beim Abschluss dieses Tarifvertrags vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - BAGE 132, 268), sollte aber am Inhalt der Regelungen grundsätzlich nichts ändern, insbesondere nichts an der Möglichkeit der Erfüllung der Voraussetzungen bezogen auf das jeweilige Bezugsjahr der Zahlung (vgl. auch bereits BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 33).

18

3. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Zahlung einer jeweils höheren Sonderzahlung für die Jahre 2007 bis 2009. Sie war nicht an den tariflich geregelten Stichtagen nach § 5 Ziff. 13 TV-Sonderzahlung Damp 2010 Mitglied einer der genannten Gewerkschaften ver.di oder NGG.

19

a) Mit den Regelungen in § 5 Ziffern 5, 8 und 12 TV-Sonderzahlung Damp 2010, nach denen Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG, die über eine durch Stichtage bestimmte Dauer der Mitgliedschaft verfügen, eine höhere Sonderzahlung erhalten, wiederholen die Tarifnormen nicht nur deklaratorisch die Voraussetzungen der normativen Wirkung des Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1 TVG, sondern legen eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung fest(so schon BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 28 ff.). Für Gewerkschaftsmitglieder, die zu den geregelten Stichtagen noch nicht einer der genannten Gewerkschaften beigetreten waren, besteht lediglich ein geringerer Sonderzahlungsanspruch für die Jahre 2007 und 2008. Für die Sonderzahlung 2009 ergibt sich zwar durch § 5 Ziff. 9 ein nach EBITDA gleichmäßiger Anspruch unabhängig von einem Stichtag der Gewerkschaftszugehörigkeit. Jedoch bezieht sich auch für dieses Jahr der „Garantiebetrag“ nach § 5 Ziff. 12 ausdrücklich nur auf die Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG iSv. Ziff. 13 des § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010.

20

b) § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010 differenziert bei den Faktoren für die Sonderzahlungen der Wirtschaftsjahre 2007 bis 2009 in den Ziffern 4, 5, 7 und 8 sowie für eine garantierte Sonderzahlung in der Ziff. 12 jeweils iVm. Ziff. 13 zulässigerweise zwischen zwei Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern, je nachdem, ob sie vor dem jeweiligen Stichtag - 6. März 2007 für die Sonderzahlung 2007, 1. Januar 2008 bzw. 2009 für die Sonderzahlungen 2008 und 2009 - oder erst danach in einer der beiden Gewerkschaften Mitglied waren oder geworden sind.

21

aa) Die tariflichen Regelungen unterscheiden entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwischen Mitgliedern einer Gewerkschaft einerseits und „Unorganisierten“ oder „anders Organisierten“ andererseits, sondern zwischen verschiedenen Gruppen von Mitgliedern der Gewerkschaften ver.di und NGG (vgl. dazu auch BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 27, 30) und damit allein zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern, also denen, denen ein Tarifvertrag ohnehin nur einen Anspruch verschaffen kann (BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 28; 22. September 2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 23; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 25, BAGE 130, 43).

22

bb) Diese Differenzierung zwischen verschiedenen Gewerkschaftsmitgliedern ist wirksam. Die Tarifvertragsparteien sind innerhalb der Grenzen ihrer Regelungsmacht bei der Bestimmung der Voraussetzungen und der Festlegung der Höhe einer jährlichen Sonderzahlung weitgehend frei (BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 31; vgl. zur Entgelthöhe ua. 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 34 mwN; 24. Juni 2010 - 6 AZR 18/09 - Rn. 25). Sie können deshalb ohne weiteres eine bestimmte vorherige Dauer der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft als Anspruchsvoraussetzung formulieren und als zulässiges Differenzierungskriterium vereinbaren (BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 31; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 46 ff., BAGE 130, 43; zur zulässigen Berücksichtigung koalitionsspezifischer Interessen 30. August 2000 - 4 AZR 563/99 - BAGE 95, 277; 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8). Tarifvertragliche Ansprüche differenzierend zu regeln, entspricht ihrer Regelungsmacht. Dies gilt umso mehr, wenn ein vereinbarter Stichtag nicht willkürlich gewählt wurde, sondern für ihn - wie im Entscheidungsfall - ein sachlicher Grund besteht, nämlich das Datum des ursprünglich abgeschlossenen TV-Sonderzahlung Damp 2007 für das Jahr 2007 und für die folgenden beiden Jahre jeweils den Jahresbeginn (s. bereits BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 31). Ob etwas anderes für die Zulässigkeit der weiter gehenden Stichtagsregelung in § 5 Ziff. 13 TV-Sonderzahlung Damp 2010 (Beendigung und/oder Kündigung der Gewerkschaftsmitgliedschaft) gilt, kann hier dahingestellt bleiben. Selbst wenn eine solche tarifliche Regelung unzulässig wäre, wäre der Eintrittsstichtag hiervon nicht betroffen und würde sich daraus auch kein Rechtsanspruch der Klägerin für die von ihr geltend gemachten Forderungen ergeben.

23

c) Die Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen der Klägerin können zwar die Anwendbarkeit des TV-Sonderzahlung Damp 2010 bewirken, sie substituieren aber nicht die für eine höhere Sonderzahlung formulierte weitere Anspruchsvoraussetzung einer Mitgliedschaft einer Arbeitnehmerin in einer der genannten Gewerkschaften zu einem bestimmten Stichtag.

24

Rechtsfolge solcher Verweisungsklauseln ist allein, die Anwendbarkeit der Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen und nicht etwa, dem Arbeitnehmer einen bestimmten Status zu verschaffen oder diesen zu fingieren. Die Beklagte wird, da arbeitsvertraglich nichts anderes festgelegt wird, nicht verpflichtet, die Klägerin so zu behandeln, als wäre sie bereits zu einem bestimmten Stichtag einer Gewerkschaft beigetreten (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 27, BAGE 130, 43). Es verbleibt bei der Anwendung der tariflichen Bestimmungen, die auch für diejenigen Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften gelten, die die besonderen Voraussetzungen nach § 5 Ziff. 13 TV-Sonderzahlung Damp 2010 nicht erfüllen.

25

Denn ebenso wie die Klägerin haben nicht alle Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG, sondern nur die Mitglieder iSv. Ziff. 13 des § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010, die eine bestimmte Dauer der Mitgliedschaft als zusätzliche Voraussetzung erfüllen, Anspruch auf die jeweils erhöhte Sonderzahlung oder den Garantiebetrag. Den „einfachen“ Gewerkschaftsmitgliedern wird die Klägerin aber „gleichgestellt“. Sie hat aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel Anspruch auf die Höhe der Sonderzahlung, die auch Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG erhalten, die nicht die weiteren Voraussetzungen der Ziff. 13 des § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010 erfüllen. Diese sind - mit den Worten der Klägerin - die „vergleichbaren Gewerkschaftsmitglieder“. Über diesen Sonderzahlungsbetrag streiten die Parteien auch nicht, die Klägerin hat ihn erhalten. Weshalb darüber hinaus - mit der zwischen den gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern zulässigen tariflichen Unterscheidung (siehe oben) - eine unzulässige Differenzierung gegenüber „Unorganisierten“ vorliegen soll, erschließt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Mit der differenzierenden Höhe der Sonderzahlung wird entgegen ihrer Auffassung kein „unerträglicher Druck“ zum Gewerkschaftseintritt erzeugt. Ein von solchen tariflichen Regelungen ausgehender bloßer Anreiz zum Beitritt einer Koalition ist unerheblich (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202) und lässt sich auch ohne weiteres durch die Gestaltung der Verweisungsklausel gänzlich minimieren.

26

4. Die weitere, von der Klägerin im Revisionsverfahren erhobene Rüge, das Landesarbeitsgericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt, weil es überraschend die begehrte Sonderzahlungsdifferenz mit der Höhe des Gewerkschaftsbeitrags gegenübergestellt habe, um festzustellen, ob ein „unzulässiger Druck“ ausgeübt werde, der ihre negative Koalitionsfreiheit verletze, ist unbeachtlich. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es weder auf die Höhe der Differenz der Sonderzahlungen noch auf eine Gegenüberstellung mit der Höhe von Gewerkschaftsbeiträgen an.

27

III. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    J. Ratayczak    

        

    Kriegelsteiner    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Januar 2011 - 2 Sa 198/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2009.

2

Die Klägerin ist seit 15. Juli 2008 bei der Beklagten als Heilerziehungspflegerin beschäftigt. Seit dem 1. März 2009 ist sie Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

3

Die Beklagte gehört zum Konzern der D Holding AG (Holding). Bis zum Jahr 2006 zahlten die zum Konzern gehörenden Unternehmen aufgrund unterschiedlicher tarifvertraglicher Regelungen Jahressonderzahlungen an ihre Arbeitnehmer. Diese Zahlungen waren nicht vom Betriebsergebnis abhängig.

4

Die Gewerkschaften ver.di und NGG und die Holding regelten mit dem „Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung vom 27. März 2007 nebst Änderungstarifvertrag vom 21. November 2008“ (TV-S) die Sonderzahlungen für die Zeit ab 2007 neu. Danach sollten die Arbeitnehmer für jedes Wirtschaftsjahr eine Sonderzahlung erhalten, deren Höhe sich nach der Entwicklung des Betriebsergebnisses (EBITDA) des Konzerns bestimmt. Für Gewerkschaftsmitglieder enthält der TV-S Sonderregelungen: In den Jahren 2007 und 2008 erhalten sie bei Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen eine höhere Sonderzahlung. Darüber hinaus erhalten sie in den Jahren 2007 bis 2009 Zahlungen auch dann, wenn nach der am Betriebsergebnis ausgerichteten Berechnungsweise an sich keine Zahlung zu leisten wäre.

5

Die tariflichen Regelungen haben ua. folgenden Wortlaut:

        

㤠2 ANSPRUCHSVORAUSSETZUNGEN

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für jedes Wirtschaftsjahr (01.01. bis 31.12.) eine Sonderzahlung, deren Höhe von der Entwicklung des Betriebsergebnisses (EBITDA) des Konzerns der D Holding AG abhängig ist, wenn er seit dem 1. Januar des Wirtschaftsjahres ununterbrochen als Arbeitnehmer gemäß § 1 beschäftigt ist und am letzten Kalendertag des Monats Dezember des Wirtschaftsjahres noch im Arbeitsverhältnis steht. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im laufenden Jahr beginnt, und die am letzten Tag des Monats Dezember noch im Arbeitsverhältnis stehen, erhalten das Sonderentgelt nach Monaten anteilig, und zwar ein Zwölftel für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses im Wirtschaftsjahr.

        

…       

        
        

§ 3 HÖHE DER SONDERZAHLUNG

        

1.    

Die Sonderzahlung beträgt maximal das 1,5fache des jeweils durchschnittlichen Monatsentgeltes.

        

…       

        
        

§ 5 BERECHNUNG DER SONDERZAHLUNG

        

…       

        
        

12.     

Unabhängig von einer möglichen höheren Zahlung nach den Regelungen der Ziffern 4 bis 9 erhalten Mitglieder der Gewerkschaften ver.di sowie NGG in den Jahren 2007 bis 2009 mindestens eine garantierte Sonderzahlung in Abhängigkeit zu der am 31.12.2006 jeweils gültigen tariflichen Regelung nach folgender Tabelle:

                          
        

Am 31.12.2006 gültige Regelung

Garantierter Faktor

        

Sonderzahlung nach Haustarif

0,80   

        

TVöD (Regelung 2007)

0,60 bis 0,90

        

TVL     

0,35 bis 0,95

        

TVöD-Ost

0,45 bis 0,675

        

BAT-Ost

0,6721

        

E-Klinik

0,35   

        

NGG     

0,40   

        

13.     

Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens am 06.03.2007 in die Gewerkschaft eingetreten ist und dessen Mitgliedschaft am 30.11. des jeweiligen Wirtschaftsjahres noch besteht und im Anspruchsjahr die Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht gekündigt wurde. Für die Jahre 2008 und folgende gilt jeweils der 01.01. des Jahres als spätestes Eintrittsdatum.“

                 

(Fassung vom 27. März 2007)

                          
        

„13.   

Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sonderzahlung in die Gewerkschaft eingetreten ist.“

                 

(Fassung vom 21. November 2008 und vom 2. März 2010)

6

Da sich die ursprüngliche tarifliche Regelung aufgrund der Entscheidung des Vierten Senats vom 18. November 2009 (- 4 AZR 491/08 - BAGE 132, 268) als formell unwirksam erwies, haben die Tarifparteien eine inhaltlich identische Regelung durch Tarifvertrag vom 2. März 2010 rückwirkend ab 2007 in Kraft gesetzt.

7

Die Klägerin erhielt für das Jahr 2009 keine Jahressonderzahlung.

8

Sie hat die Ansicht vertreten, die in § 5 Ziff. 12 TV-S garantierte Sonderzahlung setze nur voraus, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Jahressonderzahlung Gewerkschaftsmitglied sei.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.603,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. April 2010 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei § 5 Ziff. 12 TV-S handele es sich um eine reine Besitzstandsregelung, die an eine Betriebszugehörigkeit am 31. Dezember 2006 anknüpfe. Die gewählte Stichtagsregelung sei rechtlich nicht zu beanstanden.

11

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2009.

13

I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Ziff. 12 TV-S liegen nicht vor. Nach der Tarifvorschrift steht die Sonderzahlung nur Arbeitnehmern zu, die am 31. Dezember 2006 im Konzern der Holding beschäftigt und spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt Gewerkschaftsmitglied waren. Das ergibt die Auslegung der Tarifregelung.

14

1. Schon der Wortlaut der tariflichen Regelung, von dem nach ständiger Rechtsprechung vorrangig auszugehen ist (zB BAG 23. Februar 2011 - 10 AZR 299/10 - Rn. 14, ZTR 2011, 491), legt die Begrenzung des Anspruchs auf die Arbeitnehmer nahe, die am 31. Dezember 2006 Anspruch auf eine Sonderzahlung gegen eines der Konzernunternehmen hatten. Andernfalls wäre kaum erklärlich, dass die Zahlung „in Abhängigkeit zu der am 31.12.2006 jeweils gültigen tariflichen Regelung“ zu berechnen war. Eine zu einem bestimmten Zeitpunkt für den Arbeitnehmer „gültige Regelung“ kann es nur geben, wenn er an diesem Tag in einem Arbeitsverhältnis zu einem der Konzernunternehmen stand. Die von der Revision vertretene Auffassung, damit sei lediglich eine betriebliche Differenzierung gemeint, würde voraussetzen, dass es für die Betriebe oder Unternehmen einheitliche „jeweils gültige“ tarifliche Regelungen gab. Derartiges ist aber weder festgestellt noch naheliegend. § 5 Ziff. 12 TV-S nennt - im Unterschied zu § 1 TV-S - gerade nicht die verschiedenen Konzernunternehmen oder Betriebe. Dabei umfasst der Geltungsbereich des TV-S die Arbeitnehmer von 17 Unternehmen, § 5 Ziff. 12 TV-S bezeichnet jedoch nur sieben Tarifverträge bzw. Fallgestaltungen, ohne eine Zuordnung vorzunehmen. Lediglich im Fall der „E-Klinik“ und in Bezug auf „Sonderzahlung nach Haustarif“ erwähnt § 5 Ziff. 12 TV-S unternehmensbezogene Regelungen; im Übrigen werden Flächentarifverträge aufgeführt.

15

2. Dieses Auslegungsergebnis findet seine Bestätigung im Sinn und Zweck und im Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung.

16

a) Sinn des TV-S war, die Höhe der Sonderzahlungen nicht mehr nach festgelegten Beträgen oder Anteilen vom Monatsentgelt zu bestimmen, sondern ergebnisabhängig zu gestalten und konzernweit zu vereinheitlichen. Dies hätte allerdings die Folge haben können, dass bisher gezahlte Leistungen bei einem schlechten wirtschaftlichen Ergebnis für bereits beschäftigte Arbeitnehmer übergangslos entfallen wären. Dem haben die auf Arbeitnehmerseite tätigen Tarifvertragsparteien, ohne deren Mitwirkung eine Ablösung der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden unterschiedlichen tariflichen Regelungen nicht möglich gewesen wäre, insofern Rechnung getragen, als sie für zu diesem Zeitpunkt bereits beschäftigte Arbeitnehmer, die Gewerkschaftsmitglieder waren oder später wurden, in § 5 Ziff. 12 TV-S eine Sonderregelung geschaffen haben. Die Anknüpfung an die am 31. Dezember 2006 gültige tarifliche Regelung macht dabei deutlich, dass es sich um eine Besitzstandssicherung handelt. Das konnte naturgemäß nur für Arbeitnehmer geschehen, die einen Besitzstand innehatten, der gewahrt werden konnte, also für Arbeitnehmer die ohne Abschluss des Tarifvertrags einen Anspruch auf Sonderzahlung aus ihren bisherigen Verträgen ableiten konnten. Nur deshalb war es auch sinnvoll und folgerichtig, dass die Berechnung des Garantiebetrags in Vom-Hundert-Sätzen auf die bis zum 31. Dezember 2006 zu zahlende Sonderzahlung erfolgen sollte. Gleichzeitig stellt diese Regelung für das Jahr 2007 Beschäftigte besser, die bereits vor Abschluss des TV-S am 27. März 2007 in eine der tarifvertragschließenden Gewerkschaften eingetreten waren (§ 5 Ziff. 13 TV-S: Eintritt bis 6. März 2007). Für die Jahre 2008 und 2009 wurde darüber hinaus ein Anreiz für diese Beschäftigten geschaffen, noch in eine der Gewerkschaften einzutreten, um ebenfalls in den Genuss der Besitzstandssicherung zu kommen. Für diese Jahre genügte gemäß § 5 Ziff. 13 TV-S idF vom 21. November 2008 der Beitritt spätestens zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sonderzahlung im April des Folgejahres.

17

b) Daneben vereinbarten die Tarifparteien für die Jahre 2007 und 2008 eine vorübergehende Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern für den Fall, dass die wirtschaftlichen Vorgaben erreicht werden (§ 5 Ziff. 5 und Ziff. 8 TV-S). Insoweit knüpft die Tarifregelung nicht an einen früheren Besitzstand an, sondern differenziert lediglich in der Höhe der Leistung zwischen organisierten und nicht organisierten Beschäftigten. Die Regelung des § 5 Ziff. 13 TV-S hat deshalb auch für Arbeitnehmer Bedeutung, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 31. Dezember 2006 begonnen hat.

18

II. Diese Stichtagsregelung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

19

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Stichtagsregelungen mit ihrer notwendigen Pauschalierung aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich - ungeachtet der damit verbundenen Härten - zur Abgrenzung von begünstigten Personenkreisen gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags und Referenzzeitraums am gegebenen Sachverhalt orientiert und vertretbar erscheint. Die Tarifvertragsparteien dürfen generalisieren und typisieren. Sie können bestimmte in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und typisieren. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Normgeber darf sich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die von ihm vorgenommenen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Zudem müssen die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen. Die bei einer Typisierung entstehenden unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abweicht, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 701/09 - Rn. 22 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 19).

20

2. Diesen Anforderungen wird die hier getroffene Regelung gerecht. Ihr Zweck ist es, im Rahmen einer tariflichen Neustrukturierung einer Leistung den Besitzstand der Beschäftigten in einem gewissen Umfang zu sichern. Die Folgen der den Arbeitnehmern ggf. nachteiligen Regelungen sollen für diejenigen Gewerkschaftsmitglieder gemildert werden, die sich in der Vergangenheit auf die Zahlung einer nicht ergebnisabhängigen Sonderzahlung eingerichtet hatten. Dieser Zweck legte es nahe, eine Regelung nur für die (organisierten) Arbeitnehmer zu schaffen, die einen derartigen Besitzstand auch erworben hatten.

21

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Zielke    

        

    Rudolph    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 19. August 2009 - 4 Sa 912/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer persönlichen Besitzstandszulage und einen monatlichen Mindestsicherungsbetrag nach den Überleitungsregelungen des Tarifvertrags für die Nahverkehrsbetriebe in Bayern.

2

Der Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit dem 1. September 1985 beschäftigt und auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 12. Dezember 1988 als Kfz-Mechaniker in der Werkstatt tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, insbesondere der Tarifvertrag für die Nahverkehrsbetriebe in Bayern vom 18. August 2006 idF des 1. Änderungstarifvertrags vom 9. Februar 2007 (TV-N Bayern) Anwendung.

3

Im Zeitraum Mai 2004 bis September 2005 wurde der Kläger auch stundenweise im Fahrdienst eingesetzt. Hierfür erhielt er einen zeitanteiligen Einmannfahrerzuschlag nach § 2 des „Bezirkstarifvertrags Nr. 8 zum BMT-G II vom 29. Januar 1981 über die Zahlung besonderer Zuschläge für Arbeiter im Fahrdienst bei Nahverkehrsbetrieben“ idF vom 30. Oktober 2001 und dem „Bezirkstarifvertrag Nr. 8 o zum BMT-G vom 29. Januar 1981 über die Zahlung des Einmannzuschlages bei den Stadtwerken Schweinfurt“ sowie einen zeitanteiligen Fahrdienstzuschlag nach § 12 Abs. 3 des „Bezirkstarifvertrags Nr. 4 zum BMT-G II“ vom 8. November 1962. In den Monaten Oktober und November 2005 arbeitete er im Wasserwerk. Während dieser Zeit fielen keine Fahrdienststunden an.

4

Der Kläger wechselte ab dem 1. Dezember 2005 in den ständigen Fahrdienst und erhielt eine Vergütung nach der Lohngruppe F 4. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2005 teilte ihm die Beklagte vor dem Hintergrund der zum 30. Juni 2004 gekündigten Bezirkstarifverträge Nr. 4 und Nr. 8 zum BMT-G II und einer noch fehlenden tarifvertraglichen Neuregelung mit, für sein Arbeitsverhältnis als Busfahrer würden vorerst die bisherigen Bezirkstarifverträge Nr. 4 und Nr. 8 zusätzlich gelten und die sich daraus ergebenden Zuschläge unter Vorbehalt gezahlt werden. Der Kläger erklärte hierzu sein Einverständnis. Dementsprechend erhielt er einen Fahrdienstzuschlag nach § 12 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 4 in Höhe von monatlich 437,65 Euro brutto und einen Einmannfahrerzuschlag nach § 2 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 8 in Höhe von 224,02 Euro brutto.

5

Am 18. August 2006 schlossen die Tarifvertragsparteien den TV-N Bayern ab. Dieser trat zum 1. Januar 2007 in Kraft und ersetzte den BMT-G II sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge der VKA (§ 22 Abs. 1 TV-N Bayern). Mit dem Inkrafttreten des TV-N Bayern traten die Bezirkstarifverträge Nr. 4 und Nr. 8 sowie die besonderen Tarifverträge für die einzelnen Nahverkehrsbetriebe außer Kraft (§ 22 Abs. 2 TV-N Bayern), der Fahrdienst- und der Einmannfahrerzuschlag entfielen. Für die entfallenden Zuschläge sieht § 23 TV-N Bayern Übergangsregelungen vor, die ua. folgenden Wortlaut haben:

        

„(Abs. 1): Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis über den 31.12.2006 hinaus fortbesteht und die am 01.01.2007 unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen, werden am 01.07.2007 (Stichtag) nach folgenden Regelungen übergeleitet. ...

        

(Abs. 11): Arbeitnehmer, denen im Juni 2004 nach den Vorschriften des BTV Nr. 8 zum BMT-G vom 29.01.1981 in Verbindung mit der für den einzelnen Nahverkehrsbetrieb abgeschlossenen bezirkstarifvertraglichen Regelung ein Einmannfahrer oder U-Bahnfahrerzuschlag zugestanden hat und denen dieser Zuschlag bis zum Stichtag der Überleitung in den TV-N ununterbrochen zustand, erhalten den gezahlten Betrag ab dem Stichtag der Überleitung für die Dauer der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit als persönliche Besitzstandszulage.

        

Unschädlich sind Unterbrechungen des Bezuges des Einmannfahrer- oder U-Bahnfahrerzuschlages während des nach Satz 1 maßgebenden Zeitraumes wegen

        

a)    

Ableistung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes,

        

b)    

Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 BMT-G bis zu insgesamt 26 Wochen,

        

c)    

Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,

        

d)    

Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz,

        

e)    

sonstiger Anlässe, sofern diese zusammenhängend die Dauer von 30 Kalendertagen nicht überschreiten.

        

(Abs. 12): Arbeitnehmer, denen im Juni 2004 nach § 12 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 4 zum BMT-G vom 08.11.1962 sowie nach dem Bezirkstarifvertrag Nr. 17 oder Bezirkstarifvertrag Nr. 20 ein Fahrdienstzuschlag zugestanden hat, erhalten einen monatlichen Mindestsicherungsbetrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften:

        

1.    

Die Zahlung eines Mindestsicherungsbetrages setzt voraus, dass der Anspruch auf den Fahrdienstzuschlag im Juni 2004 bestanden hat und dem Arbeitnehmer der Fahrdienstzuschlag ununterbrochen bis zum 30. Juni 2007 gezahlt worden ist.

                 

Unschädlich sind Unterbrechungen wegen

                 

a)    

Ableistung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes,

                 

b)    

Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 BMT-G bis zu insgesamt 26 Wochen,

                 

c)    

Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,

                 

d)    

Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz,

                 

e)    

sonstiger Anlässe, sofern diese zusammenhängend die Dauer von 30 Kalendertagen nicht überschreiten.

        

2.    

Der Mindestsicherungsbetrag wird nur für die Dauer einer Beschäftigung im Fahrdienst gezahlt, die nach § 12 Abs. 2 BTV Nr. 4 zum BMT-G einen Anspruch auf den Fahrdienstzuschlag begründet hätte. Der Anspruch entfällt mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die anspruchsbegründende Tätigkeit im Fahrdienst endet.

        

3.    

Bemessungsgrundlage für den monatlichen Mindestsicherungsbetrag ist der Fahrdienstzuschlag in der nach § 12 Abs. 2 BTV Nr. 4 zum BMT-G bzw. BTV Nr. 17 und 20 im Dezember 2006 zustehenden Höhe, höchstens 23 v.H. des Monatstabellenlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe.

        

4.    

Der Mindestsicherungsbetrag wird in Höhe des monatlichen Unterschiedsbetrages zwischen dem Fahrdienstzuschlag und der Summe der für die regelmäßige dienstplanmäßige Arbeitszeit zustehenden Zeitzuschläge nach § 10 Abs. 1 und der Schichtzulage nach § 10 Abs. 6 gezahlt.

        

5.    

Ab dem 01.01.2008 verringert sich der Mindestsicherungsbetrag in jährlichen Schritten von 40 Euro monatlich. Am Stichtag (Absatz 1 Satz 1) bestehende Altersteilzeitverträge sind von dieser Abschmelzregelung ausgenommen.

        

6.    

Bei höheren Fahrdienstzuschlägen als nach Ziff. 3 sind entsprechende Regelungen durch örtlichen Tarifvertrag zu treffen.“

6

Die Beklagte zahlte aufgrund einer Betriebsvereinbarung vom 21. August 2007 die bisherigen Einmannfahrer- und (anteiligen) Fahrdienstzuschläge bis zum 31. Dezember 2007 weiter. Im Jahr 2008 stellte sie die Zahlungen ein. Der Kläger hat die Weitergewährung des Einmannfahrerzuschlags als persönliche Besitzstandszulage und des (anteiligen) Fahrdienstzuschlags als Mindestsicherungsbetrag geltend gemacht und die Auffassung vertreten, dass diese ihm aufgrund der tarifvertraglichen Überleitungsregelungen und einer individuellen Vereinbarung weiter zustünden. § 23 Abs. 11 TV-N Bayern setze für eine Gewährung der persönlichen Besitzstandszulage keinen ständigen Einsatz im Fahrdienst vor dem 30. Juni 2004 voraus, ausreichend sei ein vorübergehender Einsatz. Das gelte auch für den Mindestsicherungsbetrag nach § 23 Abs. 12 TV-N Bayern. Die Übergangsbestimmungen differenzierten nicht zwischen einem ständigen und einem nur gelegentlichen Einsatz im Fahrdienst. Sein kurzfristiger Einsatz im Wasserwerk stehe dem Anspruch nicht entgegen. Er habe in der Besprechung vom 25. November 2005 seiner Versetzung in den ständigen Fahrdienst nur unter der Voraussetzung zugestimmt, keine finanziellen Einbußen zu erleiden. Unter Vorlage von zwei Testabrechnungen sei ihm versichert worden, durch Aufnahme der Fahrdiensttätigkeit werde es zu keinen Einkommenseinbußen kommen. Im Übrigen behandele ihn die Beklagte im Vergleich mit Herrn R ungleich.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.927,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den Betrag des Einmannfahrerzuschlags als persönliche Besitzstandszulage gemäß § 23 Abs. 11 TV-N Bayern vom 18. August 2006 in Form des Änderungstarifvertrags vom 9. Februar 2007 zu zahlen,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm einen Mindestsicherungsbetrag gemäß § 23 Abs. 12 TV-N Bayern vom 18. August 2006 in Form des Änderungstarifvertrags vom 9. Februar 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags im Wesentlichen vorgetragen: Nach den Überleitungsvorschriften des § 23 Abs. 11 und Abs. 12 TV-N Bayern habe der Kläger keinen Anspruch auf die persönliche Besitzstandszulage und den Mindestsicherungsbetrag. Er habe erst ab Dezember 2005 ständig im Fahrdienst gearbeitet. Die Tarifnormen setzten aber einen ununterbrochenen Einsatz im Fahrdienst in dem ab Juni 2004 beginnenden Referenzzeitraum bis zum Überleitungszeitpunkt in den TV-N Bayern am 1. Juli 2007 voraus. Die tariflichen Besitzstandsregelungen verstießen nicht gegen höherrangiges Recht und hielten sich in der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien. Mit dem Kläger sei kein über die tarifvertragliche Vergütung hinausgehendes Arbeitsentgelt vereinbart worden. Das Schreiben vom 8. Dezember 2005 bilde nur die Rechtslage ab. Die im Rahmen des Personalgesprächs am 25. November 2005 vorgelegten Testabrechnungen hätten nur den damals geltenden tariflichen Ist-Zustand wiedergegeben. Es liege auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit dem Mitarbeiter R vor.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder einen tariflichen noch einen einzelvertraglichen Anspruch.

11

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Zahlung einer persönlichen Besitzstandszulage nach § 23 Abs. 11 TV-N Bayern noch auf Zahlung eines Mindestsicherungsbetrags nach § 23 Abs. 12 TV-N Bayern.

12

1. Dem Kläger steht der begehrte Mindestsicherungsbetrag nach § 23 Abs. 12 TV-N Bayern nicht zu.

13

a) § 23 Abs. 12 Nr. 1 TV-N Bayern setzt voraus, dass ein Anspruch auf den Fahrdienstzuschlag nach § 12 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 4 im Juni 2004 bestanden hat und dem Arbeitnehmer der Fahrdienstzuschlag ununterbrochen bis zum 30. Juni 2007 gezahlt worden ist.

14

b) Der Kläger ist vor dem 1. Dezember 2005 nicht ständig im Fahrdienst eingesetzt worden. Er hatte deshalb ab Juni 2004 noch keinen Anspruch auf einen Fahrdienstzuschlag nach § 12 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 4(siehe auch BAG 27. November 2008 - 6 AZR 765/07 - Rn. 37, ZTR 2009, 198). Für seinen stundenweisen, vorübergehenden Einsatz im Fahrdienst stand ihm lediglich ein Fahrdienstzuschlag nach § 12 Abs. 3 Bezirkstarifvertrag Nr. 4 zu.

15

c) Entgegen der Auffassung der Revision enthält aufgrund des klaren Wortlauts der Tarifnorm, auf den es bei der Auslegung von Tarifregelungen vorrangig ankommt (st. Rspr., vgl. BAG 19. November 2008 - 10 AZR 658/07 - Rn. 17, AP BMT-G II § 67 Nr. 4; 27. Oktober 2010 - 10 AZR 361/09 - Rn. 12; zuletzt 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 322), § 23 Abs. 12 TV-N Bayern keine Rechtsgrundverweisung auf die Regelung des § 23 Abs. 11 TV-N Bayern. Die Tarifnorm regelt die Voraussetzungen und Folgen des auf dem Fahrdienstzuschlag nach § 12 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 4 aufbauenden Mindestsicherungsbetrags autonom und abschließend. Sie verweist nicht auf Absatz 11.

16

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die persönliche Besitzstandszulage nach § 23 Abs. 11 Satz 1 TV-N Bayern. Ihm stand in dem ab Juni 2004 beginnenden und bis zum Stichtag der Überleitung in den TV-N Bayern am 1. Juli 2007 bestehenden Referenzzeitraum ein Einmannfahrerzuschlag nach den Vorschriften des Bezirkstarifvertrags Nr. 8 zum BMT-G vom 29. Januar 1981 nicht ununterbrochen zu.

17

a) Der Kläger wurde erst ab 1. Dezember 2005 ständig im Fahrdienst eingesetzt. Insbesondere in den Monaten Oktober und November 2005 war der Kläger überhaupt nicht im Fahrdienst, sondern im Wasserwerk tätig. Dabei ist es unbeachtlich, auf wessen Veranlassung und Wunsch hin dieser Einsatz erfolgte. Jedenfalls liegt im Tarifsinne schon kein ununterbrochener Einsatz im Fahrdienst und damit kein ununterbrochener Anspruch auf den Einmannfahrerzuschlag vor.

18

b) Die Systematik des § 23 Abs. 11 Satz 2 TV-N Bayern verdeutlicht, dass nur bestimmte Unterbrechungen als unschädlich anzusehen sind. Von den genannten Unterbrechungen ist jedoch keine einschlägig. Insbesondere dauerte die Tätigkeit im Wasserwerk und damit die Unterbrechung der Fahrdiensttätigkeit länger als 30 Kalendertage (§ 23 Abs. 11 Satz 2 Buchst. e TV-N Bayern).

19

c) Daraus folgt, dass die Tarifvertragsparteien bei der Ausgestaltung der Überleitungsregelungen die Unterbrechungstatbestände erkannt und geregelt haben. Ihrer Anschauung nach sind lediglich kurzzeitige oder auf bestimmten Gründen beruhende Unterbrechungen für die Gewährung der begehrten persönlichen Besitzstandszulage unschädlich. Anderen Unterbrechungen kommt hingegen für den Ausschluss der Gewährung der Zulage Bedeutung zu.

20

3. Entgegen der Auffassung der Revision sind die tariflichen Überleitungsregelungen wirksam und mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

21

a) Es kann dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber bei der tariflichen Normsetzung unmittelbar grundrechtsgebunden sind. Aufgrund der Schutzpflichten der Grundrechte haben sie aber den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG zu beachten(BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8; 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 14, BAGE 128, 219; zuletzt 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 18, NZA-RR 2011, 322). Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie gewährt ihnen einen weiten Gestaltungsspielraum. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zu (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1038/08 - Rn. 21, AP GG Art. 3 Nr. 320). Die Tarifvertragsparteien können deshalb auch Tarifnormen zu Lasten von Arbeitnehmern ändern und Zulagen abschaffen (vgl. zuletzt BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 172). Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 22, aaO; 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 15, aaO; 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - Rn. 24, BAGE 124, 284). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 22 mwN, aaO; 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 27, ZTR 2011, 304; 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - Rn. 24, aaO).

22

b) Die Übergangsregelungen des TV-N Bayern differenzieren in § 23 Abs. 11 und Abs. 12 danach, ob Mitarbeiter im Fahrdienst im Referenzzeitraum bestimmte Zuschläge ununterbrochen erhalten haben oder nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind solche Stichtags- und Referenzzeitraumregelungen mit ihrer notwendigen Pauschalierung aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich - ungeachtet der damit verbundenen Härten - zur Abgrenzung von begünstigten Personenkreisen gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags und Referenzzeitraums am gegebenen Sachverhalt orientiert und vertretbar erscheint (BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 17, BAGE 128, 219; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110; 16. Dezember 2004 - 6 AZR 652/03 - zu 3 b der Gründe; 25. Juni 2003 - 4 AZR 405/02 - BAGE 106, 374; 25. Oktober 2001 - 6 AZR 560/00 - EzBAT § 40 BAT Nr. 20; 18. Oktober 2000 - 10 AZR 643/99 - AP BAT-O § 11 Nr. 24). Die Tarifvertragsparteien dürfen generalisieren und typisieren. Sie können bestimmte in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und typisieren. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Normgeber darf sich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die von ihm vorgenommenen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Zudem müssen die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen. Die bei einer Typisierung entstehenden unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abweicht, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07 ua. - Rn. 60, BVerfGE 122, 210; 23. Juni 2004 - 1 BvL 3/98 ua. - BVerfGE 111, 115; BAG 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 31 mwN, ZTR 2011, 304).

23

c) Für die vorliegende differenzierende Referenzzeitraum- und Stichtagsregelung bestehen sachliche Gründe. Die Differenzierung orientiert sich am gegebenen Sachverhalt. Sie knüpft an den Kündigungstermin der Bezirkstarifverträge Nr. 4 und Nr. 8 an und schafft vor dem Hintergrund der tariflichen Neugestaltung der Vergütung und Zulagen eine begrenzte Überleitungsregelung. Sie rechtfertigt sich weiter aus dem Ziel, einen pauschalierten und abschmelzbaren Ausgleich für den beim Übergang in das neue Vergütungssystem des TV-N Bayern durch den Wegfall von Zuschlägen entstehenden Verlust für die dauerhaft nach dem alten Vergütungssystem beschäftigten und auf die bisherige Vergütung und Vergütungsstruktur vertrauenden Arbeitnehmer zu schaffen. Die Wahrung sozialer Besitzstände ist grundsätzlich als sachlicher Rechtfertigungsgrund einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern anerkannt (BAG 2. August 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 30, EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 3). Mit den Überleitungsregelungen zur persönlichen Besitzstandszulage und zum Mindestsicherungsbetrag sollen frühere Zuschlagsregelungen für einen bestimmten Zeitraum - angepasst - für die Beschäftigten aufrechterhalten werden, die diese Zuschläge schon unter der normativen Geltung des Tarifvertrags und nach dessen Ablauf im Nachwirkungszeitraum regelmäßig und durchgängig erhalten haben. Haben Beschäftigte die Zuschläge im Referenzzeitraum nicht ständig und durchgehend erhalten, liegt ein anderer Sachverhalt vor, den die Tarifvertragsparteien pauschalierend anders bewerten durften. Ein Vertrauen auf eine dauerhafte Gewährung der entsprechenden Zulagen konnte sich nicht bilden. Dies rechtfertigt die vorgenommene Differenzierung. Zwar wären auch andere Gestaltungsmöglichkeiten denkbar gewesen (beispielsweise eine anteilige persönliche Besitzstandszulage oder ein anteiliger Mindestsicherungsbetrag). Entschließen sich die Tarifvertragsparteien aber, nur den Arbeitnehmern, die über einen längeren Zeitraum durchgängig die früheren Zuschläge erhalten haben, sie als abschmelzbare Besitzstandszulage weiter zu gewähren, so liegt eine im Rahmen der Tarifautonomie zulässige Differenzierung und keine willkürliche Gruppenbildung vor (im Ausgangspunkt auch BAG 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 32, ZTR 2011, 304). Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, jede Art von Abweichungen zu berücksichtigen und ein noch weitergehendes, differenzierteres System zu entwickeln. Hierdurch würde die Einfachheit und Praktikabilität einer solchen überleitenden Besitzstandsregelung erheblich in Frage gestellt.

24

II. Dem Kläger stehen die begehrten Ansprüche auch nicht aus einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien zu. Eine Vereinbarung ist weder anlässlich des Personalgesprächs vom 25. November 2005 zustande gekommen noch ergibt sie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 8. Dezember 2005.

25

1. Bei dem vom Kläger behaupteten Inhalt des Personalgesprächs vom 25. November 2005 und dem Schreiben vom 8. Dezember 2005 handelt es sich um nichttypische Erklärungen. Deren Auslegung durch das Tatsachengericht ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob die Auslegung gegen gesetzliche Regelungen, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt (st. Rspr., BAG 12. März 2008 - 10 AZR 256/07 - Rn. 18; 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18; 16. November 2005 - 10 AZR 108/05 - ZTR 2006, 313; 15. November 2000 - 5 AZR 296/99 - BAGE 96, 237, 241).

26

2. Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht hält diesem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab ohne Weiteres stand. Das Landesarbeitsgericht hat weder gegen Auslegungsgrundsätze und -regeln verstoßen noch wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen. Seine Auslegung, dass sich weder aus dem Inhalt des Personalgesprächs noch aus dem Schreiben vom 8. Dezember 2005 die Zusage ergebe, dem Kläger im Falle einer Neuregelung des tariflichen Zulagensystems das Niveau der Bezirkstarifverträge Nr. 4 und Nr. 8 zu garantieren, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat dem Kläger auch nicht zugesagt, künftige tarifliche Überleitungsregelungen unabhängig von deren Voraussetzungen anzuwenden.

27

a) Dem Schreiben vom 8. Dezember 2005 lässt sich nicht entnehmen, die Beklagte habe dem Kläger die Zuschläge „ohne Wenn und Aber“ dauerhaft gewähren wollen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zu Recht festgestellt, dass die Zuschläge nicht unabhängig von der Geltung der Bezirkstarifverträge gezahlt wurden und weiter gezahlt werden sollten. Das Schreiben verweist ausdrücklich („vorerst zusätzlich“, „vorerst unter Vorbehalt“) auf die Vorläufigkeit der Zuschlagszahlung. Für den Empfänger der Erklärung war ohne Weiteres erkennbar, dass diese Zuschläge lediglich bis zum Zeitpunkt der endgültigen Regelung durch den neuen Tarifvertrag gezahlt werden sollten.

28

b) Auch die „Musterberechnung“ der im Fahrdienst zu erzielenden Vergütung kann nicht als eine Zusicherung des Verdienstes auf Dauer verstanden werden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berechnung und die mit ihr im Zusammenhang stehenden Äußerungen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend verstanden, die Beklagte habe den Kläger während des Personalgesprächs lediglich über die Arbeits- und Vergütungsbedingungen, die in diesem Zeitpunkt galten, informieren wollen, was für den Kläger ausreichend erkennbar gewesen sei. Mit der Vorlage einer Musterberechnung gibt der Arbeitgeber grundsätzlich keine rechtsgeschäftlich verbindliche Erklärung zur Vergütungshöhe und zum dauerhaften Bezug einer Vergütung ab (vgl. insoweit BAG 12. März 2008 - 10 AZR 256/07 - Rn. 20; 11. Oktober 1995 - 5 AZR 802/94 - AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 9 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 33). Einen weitergehenden Willen der Beklagten, die „berechnete“ Vergütung ungeachtet der zu erwartenden tariflichen Neuregelung auch in Zukunft zu zahlen, durfte der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts deshalb nicht annehmen.

29

III. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Zwar hat die Beklagte dem Mitarbeiter R für zwei Monate die vom Kläger begehrten Zulagen weitergewährt, obwohl auch bei ihm die tariflichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht hierin aber keine sachfremde Gruppenbildung und willkürliche Schlechterstellung des Klägers gesehen (zu den Voraussetzungen eines Anspruchs wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, vgl. bspw. BAG 29. September 2010 - 10 AZR 630/09 - Rn. 31; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22). Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die der Kläger nicht mit revisionsrechtlich erheblichen Rügen angegriffen hat, dem Mitarbeiter R die Zulage aus „Vereinfachungsgründen“ gewährt, um seine vorübergehende Arbeit als Verkehrsmeister, die mit einer Vertretungszulage auszugleichen gewesen wäre, zu honorieren. Darin liegt eine individuelle Besserstellung in einem Einzelfall und ein hinreichender sachlicher Differenzierungsgrund.

30

IV. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Eylert    

        

        

        

    Beck    

        

    Alex    

                 

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Februar 2009 - 15 Ca 188/08 - unter Zurückweisung der Sprungrevision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass Ziff. V des zwischen den Parteien am 30. Mai 2008 geschlossenen Tarifvertrages über eine Erholungsbeihilfe für Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier tariflicher Klauseln, die in dem zwischen ihnen geschlossenen „Tarifvertrag über eine Erholungsbeihilfe für Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind“, (TV ErhBeih) vom 30. Mai 2008 enthalten sind.

2

Die Klägerin ist ein Unternehmen im Bereich der Hafen-Logistik und beschäftigt ca. 1.500 Arbeitnehmer. Die von ihr verwendeten Formulararbeitsverträge verweisen jeweils auf die örtlich, zeitlich und inhaltlich für sie geltenden Tarifverträge. Die Beklagte ist eine im Betrieb der Klägerin vertretene Gewerkschaft.

3

Im Frühjahr 2008 traten die Parteien in Tarifvertragsverhandlungen ein, während derer die Beklagte der Klägerin ua. schriftlich ankündigte, „eine gewerkschaftliche Vorteilsregelung notfalls auch mit Arbeitskampfmaßnahmen durchzusetzen“. Am 30. Mai 2008 vereinbarten die Parteien den TV ErhBeih, der folgenden Wortlaut hat:

        

I.    

        

Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, erhalten pro Kalenderjahr eine Erholungsbeihilfe als Bruttobetrag in Höhe von Euro 260.

        

…       

        

II.     

        

Die Zahlung der Erholungsbeihilfe erfolgt auf Antrag des Lohn- oder Gehaltsempfängers in unmittelbarem Zusammenhang mit einem mindestens einwöchigen Urlaub. Der Antrag ist spätestens 14 Werktage vor Antritt des Urlaubs zu stellen. Die fällige Pauschalsteuer nebst etwaiger Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag trägt der Hafenarbeiter. Weitere Einzelheiten zur Umsetzung sind betrieblich zu regeln.

        

III.   

        

Der Anspruch auf Gewährung der Erholungsbeihilfe bleibt bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsentgeltes für Leistungen aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Bestimmungen außer Ansatz. Während der Altersteilzeit wird die Erholungsbeihilfe bei Vorliegen der Voraussetzungen in voller Höhe gewährt.

        

IV.     

        

Der Anspruch auf Gewährung der Erholungsbeihilfe setzt voraus, dass der Lohn- oder Gehaltsempfänger bei Antragstellung dem Arbeitgeber glaubhaft seine Mitgliedschaft in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nachgewiesen hat. Weitere Einzelheiten sind betrieblich zu regeln.

        

V.    

        

Gewährt die H die Leistung nach Ziffer I., entsprechende oder über die in Ziffer I festgelegten Ansprüche hinausgehende Beträge oder sonstige Leistungen Lohn- und Gehaltsempfängern, die nicht Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, so erhöht sich für die Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind, die Arbeitgeberleistung entsprechend.

        

VI.     

        

Dieser Tarifvertrag tritt am 01.06.2008 in Kraft.

        

Der Vertrag kann mit einer Frist von zwei Monaten, erstmals zum 31.05.2009 gekündigt werden.

        

Für den Fall, dass sich wesentliche, insbesondere steuergesetzliche Regelungen zur Erholungsbeihilfe ändern, verpflichten sich die Tarifvertragsparteien, mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung vorzeitig in Verhandlungen einzutreten.“

4

Die Klägerin hält die Klauseln in Ziff. I und V TV ErhBeih für unwirksam. Ziff. I TV ErhBeih enthalte eine unzulässige Differenzierungsklausel, indem sie die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft zu einem eigenständigen Merkmal der Anspruchsgrundlage mache und damit eine Ausdehnung der Normen des Tarifvertrages im Wege der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Bezugnahme auf den Tarifvertrag vereitele. Die Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih greife in die negative Koalitionsfreiheit der nicht und anders organisierten Arbeitnehmer der Klägerin ein. Die Klausel verhindere eine Gleichstellung mit Gewerkschaftsmitgliedern und übe auf diese Weise erheblichen Druck auf die Nichtmitglieder aus, der Beklagten beizutreten. Dieser Eingriff sei auch nicht durch ein zulässiges Ziel gerechtfertigt.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass Ziffer I und Ziffer V des zwischen den Prozessparteien am 30. Mai 2008 abgeschlossenen „Tarifvertrages über eine Erholungsbeihilfe für Lohn- und Gehaltsempfänger, die Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind“, rechtsunwirksam sind.

6

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klage schon unzulässig sei, weil es der Klägerin, die kurz zuvor den Tarifvertrag unterzeichnet habe, verwehrt sei, sich auf die Unwirksamkeit der von ihr vereinbarten Tarifregelungen zu berufen. Im Übrigen seien die Klauseln auch wirksam. Sie dienten letztlich dazu, sich in der Situation der Tarif- und Gewerkschaftspluralität im Wettbewerb zu behaupten. Der Arbeitgeber sei rechtlich nicht gehindert, die Erholungsbeihilfe auch an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer zu zahlen. Der Betrag sei ohnehin zu gering, um einen unerlaubten Beitrittsdruck bei Außenseitern auszulösen. Im Übrigen kenne die Privatautonomie auch kein Verbot von Exklusivverträgen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Sprungrevision gegen sein Urteil zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, soweit sie die in Ziff. I TV ErhBeih geregelte einfache Differenzierungsklausel angreift. Sie ist dagegen begründet, soweit sie sich gegen die Wirksamkeit der Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih richtet.

9

A. Die Revision ist zulässig.

10

I. Die Klägerin konnte die Revision als Sprungrevision gegen das erstinstanzliche Urteil einlegen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen einer Sprungrevision nach § 76 ArbGG vorliegen.

11

1. Die Sprungrevision ist vom Arbeitsgericht auf Antrag der Klägerin im Urteil zugelassen worden (§ 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die Klägerin hat den Antrag in der mündlichen Kammerverhandlung am 26. Februar 2009 gestellt. In dem am gleichen Tage verkündeten Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg wurde die Sprungrevision in Ziff. 4 des Tenors zugelassen.

12

2. Die nach § 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG erforderliche Zustimmung des Gegners zur Sprungrevision ist erteilt worden. Die Beklagte hat durch Erklärung des früheren Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz an den Klägervertreter vom 13. Mai 2009 ihr Einverständnis mit der Durchführung, also auch der Einlegung, der Sprungrevision erklärt.

13

3. Die Zustimmungserklärung des Beklagten ist der Revisionseinlegungsschrift der Klägerin im Original beigefügt worden und dem Revisionsgericht innerhalb der Revisionsfrist zugegangen.

14

II. Hinsichtlich der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision bestehen keine Bedenken.

15

B. Die Revision ist insoweit begründet als die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit von Ziff. V TV ErhBeih begehrt. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

16

I. Die Klage ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben. Wie das Arbeitsgericht zu Recht, wenn auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 9 TVG, vertreten hat, ergibt sich die Zulässigkeit daraus, dass hier zwischen Tarifvertragsparteien Streit über die Wirksamkeit von Regelungen des zwischen ihnen geschlossenen Tarifvertrages besteht.

17

1. Auch bei der sog. Verbandsklage nach § 9 TVG muss ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO gegeben sein. § 9 TVG ermöglicht die abstrakte Feststellungsklage über Tarifnormen und erweitert damit das Anwendungsgebiet von § 256 Abs. 1 ZPO auf die Klärung eines abstrakten Rechtsverhältnisses, nämlich über das Bestehen oder Nichtbestehen oder über die Auslegung eines Tarifvertrages. § 9 TVG hat vorrangig den Zweck, die normative Wirkung des Tarifvertrages mit einer möglichst einheitlichen rechtlichen Beurteilung von Tarifbestimmungen zu untersetzen und damit der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit zu dienen und zugleich Individualstreitigkeiten zu vermeiden. Es müssen Anhaltspunkte vorliegen, die die Klärung der Rechtsfrage zum gegenwärtigen Zeitpunkt erforderlich machen, etwa die gegenwärtige oder zukünftige fehlerhafte Anwendung von Tarifnormen durch einen Tarifvertragspartner (hierzu ausf. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 67 mwN, BAGE 123, 46).

18

2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Parteien des Rechtsstreits sind zugleich die Parteien des Tarifvertrages, in dem die in ihrer Wirksamkeit umstrittenen Normen enthalten sind. Der Tarifvertrag ist in Kraft und gilt. Die Klägerin hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Klauseln und muss sich nicht bei Verweigerung der dort normierten Leistungen in Individualprozessen auf im Ergebnis möglicherweise voneinander abweichende Inzidentprüfungen verweisen lassen.

19

3. An der Zulässigkeit des Antrages und dem Feststellungsinteresse der Klägerin ändert entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin den ihrer Meinung nach teilweise unwirksamen Tarifvertrag kurz vor Einreichung der Klage selbst unterzeichnet hat. Es ist jeder Tarifvertragspartei unbenommen, die Wirksamkeit eines von ihr selbst geschlossenen Vertrages überprüfen zu lassen (BAG 22. März 1957 - 1 AZR 64/56 - BAGE 4, 133, 139 f.; Däubler/Reinecke TVG 2. Aufl. § 9 Rn. 20). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - seitens der tarifschließenden Gewerkschaft Arbeitskampfmaßnahmen in Aussicht gestellt waren. Die Beklagte beruft sich zwar darauf, dass die Klägerin gegen Arbeitskampfmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Abschluss des TV ErhBeih auch einstweiligen Rechtsschutz hätte suchen können. Hierzu kann sie jedoch - insbesondere angesichts des nur summarischen Erkenntnisverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz, dem im Erkenntnisverfahren nach § 4 TVG dessen umfassende Bindungswirkung gegenübersteht - nicht gezwungen werden.

20

II. Die Klage und damit die Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie auf die Feststellung der Unwirksamkeit von Ziff. I TV ErhBeih gerichtet ist. Die Regelung, wonach die Klägerin verpflichtet ist, an diejenigen ihrer Arbeitnehmer, die Mitglied der Beklagten sind, eine Erholungsbeihilfe von jährlich 260,00 Euro brutto zu zahlen, begegnet als einfache Differenzierungsklausel keinen durchgreifenden Bedenken.

21

1. Eine Tarifregelung wie diejenige in Ziff. I TV ErhBeih ist eine einfache Differenzierungsklausel. Sie normiert als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen eines einzelnen Anspruchs die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft. Die Koalitionen sind bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Der Maßstab für die Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln ist die negative Koalitionsfreiheit, insbesondere der Außenseiter, dh. der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer. Diese wird durch eine einfache Differenzierungsklausel nicht beeinträchtigt, weil die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien sich von Verfassungs und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt. Die normative Wirkung einer Tarifregelung auf Außenseiter ist ausgeschlossen. Eine einfache Differenzierungsklausel als solche schränkt auch die Handlungs- und insbesondere Vertragsfreiheit des Arbeitgebers nicht ein, da es ihm - allein unter diesem Gesichtspunkt - unbenommen bleibt, seine vertraglichen Beziehungen zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern frei zu gestalten und durchzuführen. Der Rechtskreis der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer kann durch eine Tarifnorm nicht wirksam betroffen werden. Soweit eine Tarifnorm sich auf das Arbeitsverhältnis von Außenseitern auswirkt, beruht dies nicht auf der normativen Wirkung des Tarifvertrages, sondern auf der privatautonom gestalteten Arbeitsvertragsbeziehung zwischen dem Außenseiter und dem Arbeitgeber (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 46 bis 59 mwN, BAGE 130, 43; 22. September 2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 27 mwN ).

22

2. Hilfsweise und ergänzend ist festzustellen, dass selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ein Tarifvertrag möglicherweise grundsätzlich geeignet sein muss, alle Arbeitsverhältnisse in seinem Geltungsbereich zu regeln, die vorliegende Klausel nicht unwirksam ist, weil sie nach Art und Umfang der geregelten Differenzierung keinen - im Verhältnis zu einem von Rechts wegen schützenswert verfolgten Ziel - unverhältnismäßigen, einen Zwang ähnlichen Druck ausübt, das Recht auf Fernbleiben von einer Koalition aufzugeben (vgl. dazu ausf. BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 60 bis 83 mwN, BAGE 130, 43; 22. September 2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 28). Der nach dem TV ErhBeih den Gewerkschaftsmitgliedern vorbehaltene Anspruch auf die Erholungsbeihilfe ist weder seiner Art noch der absoluten Höhe nach geeignet, einen unverhältnismäßigen Zwang auf die nicht oder anders Organisierten auszuüben. Es handelt sich um eine einmal jährlich fällig werdende, und damit außerhalb des laufenden Austauschverhältnisses liegende Leistung von insgesamt 260,00 Euro, was einem monatlichen Betrag von 21,66 Euro entspricht. Ein verständiger Arbeitnehmer wird allein im Hinblick darauf keinen mit Zwang vergleichbaren Druck verspüren, von seiner Entscheidung gegen eine Gewerkschaftszugehörigkeit Abstand zu nehmen.

23

III. Die Revision ist aber begründet, soweit sie auf die Feststellung der Unwirksamkeit der in Ziff. V TV ErhBeih geregelten Spannenklausel gerichtet ist. Die Klausel ist zwar bestimmt genug und wahrt auch die Schriftform gemäß § 1 Abs. 2 TVG. Mit der Vereinbarung haben die Tarifvertragsparteien jedoch die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene, aber auch begrenzte Tarifmacht überschritten.

24

1. Die streitige Spannenklausel erfüllt das Bestimmtheitserfordernis, dem jede Tarifnorm unterworfen ist.

25

a) Tarifvertragsnormen müssen so formuliert sein, dass der von ihnen angestrebte Regelungsinhalt zumindest im Wege der Auslegung bestimmbar ist. Eine faktische Delegation auf den entscheidenden Richter ist unzulässig (Wiedemann/Thüsing TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 230). Unbestimmte Rechtsbegriffe genügen den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Normklarheit und Justitiabilität, wenn sie mit herkömmlichen juristischen Methoden ausgelegt werden können (BVerfG 14. Dezember 2000 - 2 BvR 1741/99, 276, 2061/00 - zu B I 2 b der Gründe, BVerfGE 103, 21). Dabei müssen alle Mittel der Auslegung herangezogen werden (Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 5 Rn. 17 ff.). Der Senat hat deshalb für den Fall des Gebrauchs auch mehrerer unbestimmter Rechtsbegriffe in einer Tarifnorm die hinreichende Bestimmtheit nicht in Frage gestellt (29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59; vgl. auch jüngst 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 -).

26

b) Danach erweist sich die Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih als hinreichend bestimmt. Sie ist einer Auslegung fähig, die ihre Anwendung auf den Einzelfall jedenfalls grundsätzlich ermöglicht. Dabei ist es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht erforderlich, jede denkbare Konstellation einer Anwendung dieser Klausel zu überprüfen. Die maßgebenden, für die Auslegung im Einzelfall anwendbaren Kriterien ergeben sich aus dem Wortlaut und dem erkennbaren Zweck der Regelung.

27

aa) Die Spannenklausel baut darauf auf, dass ver.di-Mitgliedern in Ziff. I TV ErhBeih eine Leistung mit normativer Wirkung zusteht. Die Wirksamkeit der dort geregelten einfachen Differenzierungsklausel wird in Ziff. V vorausgesetzt. Mit der Spannenklausel soll erkennbar verhindert werden, dass der Arbeitgeber die Exklusivität des Erholungsbeihilfeanspruchs dadurch unterläuft, dass er gleichartige Leistungen mit kompensatorischem Charakter an Außenseiter gewährt. Um dies zu gewährleisten, ordnet der Tarifvertrag an, dass immer dann, wenn der Arbeitgeber derartige Leistungen an nicht oder anders Organisierte erbringt, diese ohne dass es von dem Gewährungszweck abhängt, in jedem Falle auch den ver.di-Mitgliedern zu gewähren sind.

28

bb) Allein die Tatsache, dass die Regelung eine Bezifferung der insoweit tariflich begründeten „Steigerungs-“Ansprüche von ver.di-Mitgliedern nicht ermöglicht, reicht für sich genommen nicht aus, um von einer nicht hinreichenden Bestimmtheit der Tarifnorm auszugehen. Auch in sonstigen Tarifnormen ergibt sich der letztlich zustehende Zahlungsanspruch nicht immer unmittelbar aus dem Tarifvertrag selbst. Dies gilt beispielsweise für Verweisungstarifverträge, die gleichwohl als das Bestimmtheits- und das Schriftformgebot des § 1 Abs. 2 TVG erfüllende Regelungen angesehen werden(vgl. dazu BAG 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42, 45 ff., 48; Krause in Jacobs/Krause/Oetker § 4 Rn. 4 f.). Aber auch die Anknüpfung eines tariflichen Überstundenzuschlags nicht an den Tarif-, sondern an den - demgegenüber höheren - Effektivlohn der tarifgebundenen Arbeitnehmer ist zulässig, auch wenn sich die konkrete Höhe der tariflichen Leistung anhand von Faktoren bestimmt, die im einzelnen Arbeitsvertrag festgelegt und nicht im Tarifvertrag selbst geregelt sind (BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 41/06 - Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 17 = EzA TVG § 4 Zulage Nr. 1).

29

cc) Aus der Struktur der Regelung ergibt sich ferner, dass hier lediglich Leistungen des Arbeitgebers an Außenseiter als für ver.di-Mitglieder anspruchsbegründend erfasst sind, die bestimmte Kriterien erfüllen, deren Vorliegen von den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich überprüfbar ist.

30

(1) Ein entscheidendes Kriterium für die Auslegung der Tarifregelung ist ihr sich aus dem Wortlaut ergebende Zweck. Sie dient erkennbar der Absicherung des durch die Erholungsbeihilfe für ver.di-Mitglieder begründeten Vergütungsvorsprungs vor den nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern. Dem Arbeitgeber soll es verwehrt bleiben, diesen Vergütungsvorsprung durch eine wie auch immer bezeichnete Leistung an nicht oder anders Organisierte in irgendeiner Weise einzuschränken oder zu beseitigen; er darf nach der Tarifregelung eine vergütungsrechtliche „Gleichstellung“ nicht herbeiführen. Hierzu bedient sich der Tarifvertrag nicht eines Verbots solcher Zahlungen. Der Abstand zwischen den Leistungen an ver.di-Mitglieder und denjenigen an Außenseiter, der in der Höhe durch Ziff. I TV ErhBeih festgelegt worden ist, soll vielmehr dadurch gewahrt werden, dass jedwede Leistung an Außenseiter, die im Ergebnis - teilweise oder vollständig - zu irgendeiner Form wirtschaftlicher Kompensation führt, einen entsprechenden Anspruch des ver.di-Mitglieds begründet und somit den in Ziff. I TV ErhBeih festgesetzten Vergütungsabstand wiederherstellt. Sobald der Arbeitgeber einen solchen kompensierenden Anspruch für die Nichtmitglieder begründet, entsteht unmittelbar aus diesem Begründungsakt auch ein Anspruch in gleicher Höhe für alle ver.di-Mitglieder.

31

(2) Daraus ergibt sich, dass der anspruchsbegründende Tatbestand hier nur durch Leistungen des Arbeitgebers erfüllt werden kann, bei denen die Leistungsgewährung nicht individuell an Außenseiter erfolgt, sondern aufgrund eines generalisierenden Prinzips mit kollektivem Bezug. Der Zweck der Regelung, den Abstand zwischen ver.di-Mitgliedern und den Außenseitern zu sichern, muss nur gegenüber einer Maßnahme verwirklicht werden, die aus Sicht des Arbeitgebers den gegenteiligen Zweck hat, diesen Abstand teilweise oder ganz auszugleichen. Eine solche Maßnahme hat immer kollektiven Charakter. Sie ist zwar in ihrer Durchführung auch als gebündelte Einzelmaßnahme möglich, etwa im Wege einer Vielzahl von Einzelvereinbarungen; dies nimmt ihr jedoch nicht den kollektiven Bezug. Eine Abgrenzung mag hier im Einzelfall schwierig sein. Im Betriebsverfassungsrecht und insbesondere bei der Gewährung von zusätzlichen Leistungen, die Gegenstand der Rechtsprechung zu Ansprüchen sind, die sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gründen, ist diese Abgrenzung alltägliche richterliche Praxis. Im Ergebnis wird es regelmäßig um Einheitsarbeitsbedingungen, Gesamtzusagen oder betriebliche Übungen gehen.

32

(3) Die für ver.di-Mitglieder anspruchsbegründende Leistung des Arbeitgebers an die Außenseiter muss dem Zweck der Kompensation des Vergütungsvorsprungs der ver.di-Mitglieder dienen. Dies kann nur dadurch erfolgen, dass sie im Grundsatz nicht an andere Zwecke gebunden ist, wie etwa dem Ausgleich besonders schwieriger Arbeitsbedingungen oder ungewöhnlich guter Arbeitsergebnisse in Teilbereichen. Dabei genügt es nach dem Wortlaut der Klausel nicht, dass der Arbeitgeber die von ihr erfassten Leistungen lediglich anders benennt; sie werden dann von dem Begriff der „sonstigen Leistungen“ erfasst. Auch diese Abgrenzung ist im Zweifel durch die Gerichte vorzunehmen.

33

dd) Auch die Rechtsfolge ist hinreichend bestimmt. Sobald der Arbeitgeber eine Maßnahme trifft, die der Kompensation des Vergütungsvorsprungs der ver.di-Mitglieder dient, entsteht zum selben Zeitpunkt ein tariflich begründeter entsprechender Anspruch für das ver.di-Mitglied, vergleichbar der Wirkung einer Tariflohnerhöhung auf ein Arbeitsverhältnis, in dem der Vergütungstarifvertrag nur über eine Verweisungsklausel anwendbar ist. Die vorliegend zu beurteilende Spannenklausel ist damit eine tarifliche Inhaltsnorm und wirkt insoweit normativ (vgl. nur Kempen/Zachert/Wendeling-Schröder TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 258; Jacobs FS Bauer S. 479, 484).

34

ee) Hinsichtlich der konkreten Durchsetzbarkeit eines solchen Anspruchs durch die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe bestehen keine Besonderheiten. Das ver.di-Mitglied, das den Anspruch auf die auch ihm zu gewährende Leistung geltend macht, hat die Anspruchsvoraussetzungen im Zweifel vor Gericht darzulegen und zu beweisen. Soweit hier der Arbeitgeber aufgrund einer generalisierenden Entscheidung an Außenseiter eine Leistung gewährt hat, obliegt ihm die Darlegung für den Zweck der Leistung, eine dem entsprechende Gruppenbildung, die ver.di-Mitglieder als solche im Ergebnis jedenfalls grundsätzlich nicht ausschließt, und ggf. die zutreffende Zuordnung der begünstigten Arbeitnehmer zu der Gruppe. Die dabei auftretenden praktischen Schwierigkeiten mögen nicht unerheblich sein. Sie sind jedoch nicht bereits von Rechts wegen so groß, dass der Klausel als solcher wegen fehlender Bestimmtheit die Wirksamkeit versagt werden muss (vgl. auch BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 23 mwN).

35

2. Auch die nach § 1 Abs. 2 TVG erforderliche Schriftform ist gewahrt.

36

a) Nach § 1 Abs. 2 TVG bedarf der Tarifvertrag zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Dies hat - anders als bei anderen Fällen der Anordnung einer Schriftform - allein die Funktion, den Parteien, den Normadressaten sowie Dritten gegenüber den Inhalt des Tarifvertrages klarzustellen und feststellbar zu machen. Die Schriftform dient dagegen weder dem Übereilungsschutz noch hat sie eine Bestimmtheitsfunktion (vgl. nur Wiedemann/Thüsing § 1 Rn. 310 mwN). Damit fordert § 1 Abs. 2 TVG nicht, dass alle auf der Grundlage eines Tarifvertrages berechneten Leistungen schriftlich beziffert festgelegt werden.

37

b) Diesen Anforderungen genügt Ziff. V TV ErhBeih, indem die Regelung einen Anspruch in Abhängigkeit von einer zumindest bestimmbaren konkreten Bezugsgröße regelt und damit eine Ermittlung der Leistungsansprüche anhand objektiv feststellbarer Kriterien - wenn auch nicht notwendig in einem einfachen Erkenntnisprozess - ermöglicht (Leydecker Der Tarifvertrag als exklusives Gut S. 262 f. mwN).

38

3. Die Regelung in Ziff. V TV ErhBeih ist jedoch deshalb unwirksam, weil die Tarifvertragsparteien mit ihr die ihnen von Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene, durch diese Bestimmung aber auch begrenzte Tarifmacht überschritten haben. Durch die Klausel wird ein tariflicher Anspruch normativ begründet, der in Bestand und Höhe von vertraglichen Bedingungen zwischen dem tarifgebundenen Arbeitgeber und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern abhängig ist. Die Spannenklausel führt - ihrem Zweck gemäß - dazu, dass dem Arbeitgeber eine Lohngleichstellung der Außenseiter mit den ver.di-Mitgliedern rechtlich-logisch unmöglich ist, selbst wenn er zu höheren Aufwendungen durch ergänzende Leistungen an die Außenseiter bereit ist. Eine solche Wirkung kann ein Tarifvertrag nicht normativ anordnen, weil es den Koalitionen nicht zukommt, ein solches, dem außertariflichen Bereich zuzuordnendes Verhalten des Arbeitgebers im Verhältnis zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern unmöglich zu machen.

39

a) Tarifvertragsparteien können normativ Rechte und Pflichten der tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse bestimmen. Sie sind aber nicht befugt, die einzelvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsvertragsparteien, insbesondere der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer, mit zwingender Wirkung in diese Arbeitsverhältnisse hinein einzuschränken.

40

aa) Mit der Möglichkeit, die Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen autonom zu regeln, können die Koalitionen durch frei vereinbarte Regelungen Mindestarbeitsbedingungen bestimmen, die für tarifunterworfene Arbeitsverhältnisse normative Wirkung entfalten. Die Bindung des Arbeitsverhältnisses an einen Tarifvertrag beruht - von der hier nicht bedeutsamen Ausnahme einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 4 TVG abgesehen - dabei auf privatautonomen Entscheidungen. Der Inhalt und die gesetzlich angeordnete Wirkungsweise des Tarifvertrages erlangen Legitimation durch die freie Entscheidung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Mitglied einer Koalition zu werden bzw. als Arbeitgeber-Tarifvertragspartei selbst den Tarifvertrag abzuschließen. Der Abschluss von Tarifverträgen und die damit bewirkte Normsetzung ist kollektiv ausgeübte Privatautonomie (vgl. die Nachw. bei BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 22, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25). Der Tarifvertrag hat damit - wie jeder Vertrag zwischen typischerweise zur Durchsetzung ihrer Interessen gleich fähigen Vertragspartnern - die Vermutung der Angemessenheit für sich. Die Wirkung der Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsnormen eines Tarifvertrages auf das einzelne, ihm unterworfene Arbeitsverhältnis entspricht dabei der einer externen Norm, die nach § 4 Abs. 1 TVG zwingend und unmittelbar als Mindestarbeitsbedingung(§ 4 Abs. 3 TVG) für diejenigen Arbeitnehmer gilt, die der tarifschließenden Gewerkschaft angehören und deren Arbeitsverhältnis vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst ist (§ 3 Abs. 1 TVG).

41

bb) Die kollektiv ausgeübte Privatautonomie in der Gestalt von Tarifverträgen verdrängt die individuelle Privatautonomie nicht grundsätzlich. Bei der Bestimmung der eigenen Arbeitsbedingungen bleibt auch dem tarifgebundenen Arbeitnehmer der privatautonome Gestaltungsspielraum. Der Arbeitsvertragsfreiheit des Tarifunterworfenen wird über das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG ein, wenn auch aus dem arbeitsrechtlichen Schutzprinzip folgend nur partieller Vorrang eingeräumt(vgl. auch Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker § 7 Rn. 15). Auch wenn die Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Einzelfall, etwa bei der tariflichen Vereinbarung von Höchstarbeitszeiten, gegenüber den von den Koalitionen ebenfalls einzubeziehenden Gesichtspunkten der Beschäftigungssicherung des Ausgleichs im Wege der praktischen Konkordanz nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip bedürfen kann (zB BAG 25. Oktober 2000 - 4 AZR 438/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 96, 168), bildet seine Existenz eine formelle Schranke der tariflichen Regelungsmacht (Wiedemann/Wank § 4 Rn. 387). Hieraus folgt, dass es den Tarifvertragsparteien auch unter dem Gesichtspunkt der Tarifautonomie im Grundsatz verwehrt ist, Arbeitsbedingungen tariflich zu vereinbaren, die eine Verkürzung individualvertraglich begründeter Rechte bedeutet (vgl. BAG 18. August 1971 - 4 AZR 342/70 - BAGE 23, 399, 404 f.). Gegenstand kollektiver Regelungen durch tarifliche Inhaltsnormen ist die Festsetzung allgemeiner und gleicher Mindestarbeitsbedingungen. Die Möglichkeit, demgegenüber günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, kann ein Tarifvertrag auch für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse nicht einschränken.

42

cc) Diese Einschränkung der kollektiven Regelungsmacht für individualvertragliche Gestaltungen gilt erst recht für die Erstreckung der unmittelbaren und zwingenden Wirkungen von Tarifnormen auf Außenseiter, dh. nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer. Die das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG ausgestaltenden gesetzlichen Vorschriften des Tarifvertragsgesetzes begrenzen die Macht der Tarifvertragsparteien zur Setzung von Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsnormen auf ihre Mitglieder. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trägt die Begrenzung auf die Mitglieder der Tarifvertragsparteien dem Grundsatz Rechnung, dass der Staat seine Normsetzungsbefugnis nicht in beliebigem Umfang außerstaatlichen Stellen überlassen und den Bürger nicht schrankenlos der normsetzenden Gewalt autonomer Gremien ausliefern darf, die ihm gegenüber nicht demokratisch bzw. mitgliedschaftlich legitimiert sind (24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322, 347 f.). Tarifverträge dürfen daher nicht mit zwingender Wirkung Arbeitsbedingungen für nicht organisierte Arbeitnehmer festsetzen (BVerfG 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80 - BVerfGE 64, 208). So hat das Bundesarbeitsgericht auch von den Tarifvertragsparteien selbst erstellten Senioritätslisten von Flugzeugführern die normative Wirkung abgesprochen, weil die Tarifvertragsparteien damit ihre Tarifmacht überschritten haben, da sie das gesamte Bordpersonal des Arbeitgebers erfassten, die Tarifvertragsparteien jedoch das Arbeitsverhältnis regelnde Inhaltsnormen nur für ihre Mitglieder setzen durften (28. September 1983 - 4 AZR 200/83 - BAGE 43, 312, 322 f.). Außenseiterklauseln, dh. tarifliche Regelungen, die nicht tarifunterworfene Arbeitnehmer betreffen, sind daher - außerhalb von § 3 Abs. 2 TVG - allenfalls als schuldrechtliche Vereinbarungen zulässig, weil sich die Normsetzungsmacht nur auf die Gewerkschaftsmitglieder beschränkt(Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 234) und werden vor allem im Zusammenhang mit Wiedereinstellungsklauseln und Maßregelungsverboten nach Arbeitskämpfen vereinbart (Däubler/Lorenz § 3 Rn. 274; Wiedemann/Oetker § 3 Rn. 411), die als den Außenseiter berechtigender Vertrag zu Gunsten Dritter mit der Möglichkeit, hiervon keinen Gebrauch zu machen, wirksam sein können (arg. § 333 BGB).

43

b) Die Spannenklausel in Ziff. V TV ErhBeih erfasst den außertariflichen Bereich und ist deshalb unwirksam. Sie bewirkt zwar keine absolute, aber eine relative Begrenzung der Arbeitsbedingungen der Außenseiter, indem sie es dem Arbeitgeber rechtlich-logisch unmöglich macht, die vertraglichen Arbeitsbedingungen der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer den tariflich normierten Arbeitsbedingungen der ver.di-Mitglieder anzugleichen, und damit dem Arbeitgeber zugleich eine im Wege der Gestaltung von individualvertraglichen Bedingungen nicht auflösbare „Ungleichstellung“ zwingend auferlegt. Damit greift sie in unzulässiger Weise über den ihr zustehenden Regelungsrahmen hinaus und in die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers und der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer ein.

44

aa) Die Befugnis von Tarifvertragsparteien zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen erstreckt sich auf die normative Regelung der Arbeitsverhältnisse der unmittelbar tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien. Eine Begrenzung der Freiheit des Arbeitgebers zur vertraglichen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse kann nicht tariflich erzwungen werden (BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 104, 155). Der Arbeitgeber kann insbesondere weder zu einer Gleichstellung noch zu einer Ungleichstellung von Außenseitern gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern gezwungen werden.

45

(1) Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, den nicht organisierten Arbeitnehmern tariflich geregelte Arbeitsbedingungen anzubieten. Er darf sie auf der Grundlage einer einzelvertraglichen Vereinbarung auch untertariflich entlohnen (so bereits BAG 20. Juli 1960 - 4 AZR 199/59 - AP TVG § 4 Nr. 7; vgl. auch zB ErfK/Dieterich 11. Aufl. Art. 9 GG Rn. 35; Wiedemann/Oetker § 3 Rn. 415 ff., 420; Däubler/Zwanziger § 4 Rn. 1058; Kempen/Zachert Grundlagen Rn. 162; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 206 Rn. 41; Hanau FS Hromadka S. 115, 117; vgl. auch Gamillscheg NZA 2005, 147: „bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit“; ebenso Franzen RdA 2006, 1, 4). Die beiderseitige Tarifgebundenheit in einem Arbeitsverhältnis ist ein legitimer Differenzierungsgrund für ein unterschiedliches Leistungsniveau gegenüber einem Arbeitsverhältnis desselben Betriebs, in dem es hieran fehlt.

46

(2) Dem Arbeitgeber ist es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aber auch nicht verwehrt, Außenseiter wie Gewerkschaftsmitglieder zu behandeln und ihnen insbesondere die tariflich vereinbarten Leistungen, die er an Gewerkschaftsmitglieder schon aufgrund der normativen Wirkung des Tarifvertrages leisten muss, aufgrund einer privatautonomen Entscheidung ebenfalls zu gewähren (vgl. nur Däubler/Lorenz § 3 Rn. 217; Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 871; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S. 731). Soweit ersichtlich bezweifelt niemand die Zulässigkeit einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung des Arbeitgebers mit seinen Arbeitnehmern, aufgrund derer die Normen der - einschlägigen - Tarifverträge im Arbeitsverhältnis angewandt werden sollen. So hat zB der Senat in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005 ausgeführt, dass es keine Rechtsgründe gibt, die die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede (hier: mit der die Dynamik betreffenden zusätzlichen Vereinbarung der auflösenden Bedingung einer Tarifgebundenheit des Arbeitgebers) im Arbeitsvertrag ausschließen. Dies ist ebenso im Rahmen der Vertragsfreiheit des tarifgebundenen Arbeitgebers möglich, wie es diesem frei steht, sich von einer Arbeitgeberkoalition fernzuhalten und gleichwohl mit seinen Beschäftigten die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse durch das einschlägige Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zu vereinbaren (- 4 AZR 536/04 - Rn. 23 f., BAGE 116, 326; zur entsprechenden Üblichkeit im öffentlichen Dienst und der darauf gerichteten berechtigten Erwartung des Arbeitnehmers BAG 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 53, BAGE 122, 33). Normativ abgesichert ist die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise durch die gesetzlichen Öffnungsklauseln, die nicht nur den Tarifvertragsparteien selbst erlauben, durch Tarifvertrag für ihre Mitglieder Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, die unterhalb des gesetzlichen Schutzniveaus liegen, zB in § 622 Abs. 4 BGB, § 13 BUrlG, § 4 Abs. 4 EFZG, § 7 ArbZG, § 9 Nr. 2 AÜG(krit. dazu etwa Daniel Ulber Tarifdispositives Gesetzesrecht S. 328 f.; Waltermann NZA 2010, 482; Buschmann FS Richardi S. 93 ff.). Auch wenn das Arbeitsverhältnis der normativen Wirkung des Tarifvertrages nicht unterfällt, ist eine Unterschreitung dieser gesetzlichen Mindestarbeitsbedingungen nach den angeführten Bestimmungen auch durch die Bezugnahme auf die entsprechenden Regelwerke in einem Arbeitsvertrag zulässig und möglich.

47

Eine solche Art von Gleichstellung iSd. Herstellung eines tatsächlich einheitlichen Ergebnisses für Arbeitsverhältnisse mit rechtlich unterschiedlichen Ausgangsbedingungen (vgl. dazu Fastrich RdA 2000, 65, 67 ff.) ist dem Arbeitgeber bei der Erstreckung von tariflichen Sonderleistungen auf alle - ansonsten vergleichbaren - Arbeitnehmer im Betrieb möglich, auch wenn diese hierauf keinen an anderer Stelle geregelten Anspruch haben. Der Arbeitgeber ist insoweit frei, zB nach einem von ihm für richtig gehaltenen Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ den Zweck einer gleichmäßigen Entlohnung aller Arbeitnehmer als Anlass für eine hinsichtlich der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer privatautonom begründete Sonderzahlung zu nehmen.

48

(3) Eine Tarifregelung, die die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers hinsichtlich der Arbeitsverträge mit nicht oder anders tarifgebundenen Arbeitnehmern in der Weise einschränkt, dass sie ihm eine vertraglich vereinbarte oder zu vereinbarende Gleichstellung mit den an den Tarifvertrag normativ gebundenen Arbeitsverhältnissen rechtlich unmöglich macht, ist von der Rechtssetzungsmacht der Tarifvertragsparteien nicht gedeckt. So wenig ein Tarifvertrag eine derartige Gleichstellung in seinem normativen Bereich anordnen und unmittelbare und zwingende Rechte für Außenseiter begründen kann (Däubler/Lorenz § 3 Rn. 217), so wenig kann er eine Ungleichheit mit zwingender Wirkung regeln. Die Möglichkeit, eine Gleichstellung zwischen Außenseiter und Gewerkschaftsmitglied herbeizuführen, hat das Gesetz nicht verboten und darf eine Kollektivvereinbarung nicht mit normativer Wirkung verbieten (Wiedemann Einleitung Rn. 290 für eine Bezugnahmeklausel; ähnlich auch Franzen RdA 2006, 1, 6, 7; Bauer/Arnold NZA 2005, 1209, 1211; Löwisch/Rieble § 1 Rn. 819 f.; Hartmann/Lobinger NZA 2010, 421, 424 ff.; Arnold FS Picker S. 873, 885; i. Erg. auch Jacobs FS Bauer S. 479, 490 ff.). Die Festsetzung einer tariflichen Leistung als Mindestarbeitsbedingung für tarifunterworfene Arbeitsverhältnisse in Proportionalität zu vom Arbeitgeber arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen mit nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern ist deshalb unzulässig.

49

(4) Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass eine Spannenklausel die individualvertragliche Gleichstellung von Außenseitern zulasse, weil von ihr lediglich - was zutreffend ist (vgl. oben III 1 b cc (2)) - Vereinbarungen mit einem kollektiven Bezug als Grundlage für den ergänzenden Anspruch der Gewerkschaftsmitglieder erfasst würden; auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung habe ein Arbeitnehmer aber keinen grundrechtlich geschützten Anspruch (so Leydecker AuR 2009, 338, 342). Die kollektive Wirkung von betriebseinheitlichen Regelungen ändert nichts an der Rechtsnatur als einzelvertraglicher Vereinbarung. Deshalb gilt im Verhältnis von Einheitsregelungen und Tarifvertrag auch das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG(Däubler/Zwanziger § 4 Rn. 1051; Wiedemann/Wank § 4 Rn. 650; Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker § 7 Rn. 10). Es ist danach nicht möglich, bei der Überprüfung der Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit danach zu differenzieren, ob eine bestimmte Vertragsbestimmung in einer solchen Anzahl von Arbeitsverhältnissen vereinbart worden ist, dass das Tatbestandsmerkmal des kollektiven Bezugs erfüllt ist oder ob die Anzahl der entsprechenden Vereinbarungen geringer ist. Die Verletzung der Vertragsfreiheit durch die Verunmöglichung einer Angleichung der vertraglichen Bedingungen an die tariflichen Mindestarbeitsbedingungen beinhaltet ein qualitatives Moment, das bei einer massenhaften Ausübung nicht relativiert werden kann.

50

bb) Die in Ziff. V TV ErhBeih normierte Spannenklausel macht der klagenden Arbeitgeberin eine Gleichstellung zwischen den Mitgliedern und Nichtmitgliedern der tarifschließenden Gewerkschaft unmöglich. Sie ist deshalb unwirksam.

51

(1) Dies folgt allerdings nicht bereits aus einer Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit des Arbeitgebers infolge einer naturgemäß begrenzten Leistungsfähigkeit. De jure wird er nicht daran gehindert, den Differenzbetrag - zunächst - auch an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer seines Unternehmens zu zahlen, etwa im Wege einer freiwilligen zusätzlichen Leistung. Soweit die Wirtschaftskraft des Arbeitgebers durch eine tariflich normierte Leistung an Gewerkschaftsmitglieder eingeschränkt wird und diese Einschränkung zur Folge hat, dass tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, darüber hinausgehende oder daneben bestehende vertragliche Verpflichtungen gegenüber nicht oder anders tarifgebundenen Arbeitnehmern zu erfüllen, ist diese Wirkung tariflichen Leistungsversprechen häufig eigen und kann nicht als Kriterium für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der tariflichen Anspruchsgrundlage herangezogen werden (einschränkend wohl Richardi NZA 2010, 417, 420 f.; vgl. zur wirtschaftlichen Belastung durch die fakultative Leistung an Außenseiter bei einer einfachen Differenzierungsklausel BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 58, BAGE 130, 43).

52

(2) Eine derartige zusätzliche Leistung hat jedoch nach der Spannenklausel der Ziff. V TV ErhBeih die Begründung eines unmittelbaren tariflichen Anspruchs der ver.di-Mitglieder gegen den Arbeitgeber zur Folge. Dies schließt nicht nur eine faktische Gleichstellung der anders oder nicht organisierten Arbeitnehmer mit den ver.di-Mitgliedern bei der Beklagten aus, sondern verunmöglicht darüber hinaus grundsätzlich aus rechtlich-logischen Gründen die Einhaltung hierauf gerichteter, vorher eingegangener oder einzugehender arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Verpflichtungen gegenüber nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern.

53

(a) Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 18. März 2009 zur Zulässigkeit von einfachen Differenzierungsklauseln ausgeführt hat, ist es dem Arbeitgeber in der dortigen Konstellation unbenommen, auf vertraglichem Wege nicht nur die Anwendung des Tarifvertrages oder Tarifwerks zu vereinbaren, was allein regelmäßig noch nicht zu einer gleichsam vertraglich vereinbarten Begründung des Status eines Gewerkschaftsmitglieds führt (- 4 AZR 64/08 - Rn. 26 ff., BAGE 130, 43; zust. Kamanabrou Anm. zu AP TVG § 3 Nr. 41; Jacobs FS Bauer S. 479, 482; kritisch dagegen zB Bauer/Arnold NZA 2009, 1169, 1171; Greiner/Suhre NJW 2010, 131, 132 f.). Er kann auch die vollständige Gleichstellung mit den Mitgliedern der am Tarifabschluss beteiligten Gewerkschaft dadurch herbeiführen, dass er mit seinen Arbeitnehmern arbeitsvertraglich vereinbart, dass diese im Hinblick auf einen nicht normativ geltenden Tarifvertrag behandelt werden wie die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft. Bei einer solchen Vereinbarung sind Leistungen eingeschlossen, die nach einer einfachen Differenzierungsklausel nur Gewerkschaftsmitgliedern vorbehalten sind (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - BAGE 130, 34). An der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung bestehen keine Zweifel (vgl. auch Richardi NZA 2010, 417, 419; Franzen FS Picker S. 929, 949; ferner die entsprechenden konkreten Formulierungsvorschläge bei Bauer/Arnold NZA 2009, 1169, 1173 und Thüsing/Braun/Mengel/Burg Tarifrecht 5. Kap. Differenzierungsklauseln Rn. 5; aA Kocher NZA 2009, 119, 123).

54

Demgegenüber würde eine wirksame Spannenklausel wie die hier streitgegenständliche in Ziff. V TV ErhBeih dem Arbeitgeber die Erfüllung einer solchen Verpflichtung nicht nur wirtschaftlich, sondern rechtlich-logisch unmöglich machen. Eine vertraglich versprochene Leistung des TV ErhBeih an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer führte unmittelbar zu einem entsprechenden - erhöhenden - Anspruch der ver.di-Mitglieder. Dies wiederum löste die vertraglich vereinbarte „mitgliedschaftbezogene Gleichstellungspflicht“ zu einer weiteren zusätzlichen Zahlung aus, die ihrerseits wiederum den tariflichen Anspruch erhöht. Damit ist nicht die zeitliche Abfolge beschrieben; die Ansprüche der jeweiligen Arbeitnehmergruppen steigen nicht nur parallel, sondern synchron, ohne dass eine juristische Sekunde Aktion und Reaktion trennt (so Leydecker Der Tarifvertrag als exklusives Gut S. 284). Auf diese Weise entsteht unmittelbar in der tariflichen Normierung des „Abstandsanspruchs“ bei bestehender vertraglicher Verpflichtung zur Gleichstellung mit einem Gewerkschaftsmitglied ohne jedes weitere Handeln eines Beteiligten eine rechtlich-logisch nicht begrenzte unendliche Erhöhung der jeweiligen Leistungsverpflichtungen des Arbeitgebers.

55

(b) Zusätzlich kann eine entsprechende rechtlich-logisch unendliche Erhöhung der Leistungsverpflichtungen dadurch zustande kommen, dass in einem anderen Tarifvertrag gegenüber den Mitgliedern einer zweiten Gewerkschaft eine entsprechende Verpflichtung übernommen wurde. Dies würde - ihre Wirksamkeit unterstellt - dazu führen, dass beim Aufeinandertreffen zweier entsprechender Klauseln auf Arbeitsverhältnisse in einem Betrieb auch im Bereich der normativ begründeten Ansprüche eine derartige unendliche Erhöhung der Leistungsverpflichtungen des Arbeitgebers einträte. Die beklagte Gewerkschaft hat sich für ihre Auffassung der Zulässigkeit einer Spannenklausel deshalb auch zu Unrecht darauf berufen, dass es etwaigen Konkurrenzgewerkschaften unbenommen sei, selbst ähnliche Vereinbarungen durchzusetzen. Eine derartige Fallkonstellation führte bei beiden Tarifverträgen zu der bereits beschriebenen rechtlich-logischen Unmöglichkeit.

56

Dieses Problem ließe sich auch nicht dadurch lösen, dass insoweit davon auszugehen wäre, dass in einem Betrieb oder Unternehmen lediglich eine solche tarifvertragliche Spannenklausel möglich sein dürfte. Es wäre dem Arbeitgeber bei einer solchen rechtlichen Anforderung unbenommen, durch den Abschluss eines Tarifvertrages mit einer Gewerkschaft den wirksamen Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages mit jeder anderen Gewerkschaft zu blockieren. Dies ist mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar.

57

(3) Dem lässt sich auch nicht mit dem Arbeitsgericht entgegenhalten, dass die Privatautonomie kein generelles Verbot von Exklusivverträgen kennt und kein Anspruch auf einen bestimmten Vertragsinhalt besteht (ähnlich Däubler/Hensche § 1 Rn. 881 f. mwN: was der Arbeitgeber tun könne, dazu könne er sich auch schuldrechtlich verpflichten). Nicht jede denkbare vertragliche Verpflichtung, die ein Arbeitgeber eingehen kann, kann auch durch eine auf beide Arbeitsvertragsparteien einwirkende Tarifnorm begründet werden. Vielmehr unterliegen den - im Hinblick auf die sonstige allgemeine Form rechtsgeschäftlichen Verhaltens - ganz speziellen Regelungen des Zustandekommens und der Wirkungsweise von Tarifverträgen nur diejenigen Regelungsgegenstände, die nach Art. 9 Abs. 3 GG iVm. den Vorschriften des TVG der Normsetzungsbefugnis von Koalitionen überlassen sind. Hierzu gehört aus den dargelegten Gründen nicht die verbindliche Regelung des außertariflichen Vertragsverhaltens des Arbeitgebers. Deshalb kommt es auf eine quantitative Betrachtung der Spannenklausel nicht an (i. Erg. auch Jacobs FS Bauer S. 479, 491). Möglicherweise weiter entgegenstehende Grundrechte der beteiligten Tarifvertragsparteien oder Dritter bedürfen hiernach ebenfalls nicht der Erörterung (ebenso Franzen RdA 2006, 1, 6).

58

C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 197/98 Verkündet am:
15. November 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Zur Berücksichtigung einer einem Ehegatten in einem "qualifizierten Interessenausgleich"
für den Verlust seines Arbeitsplatzes infolge Betriebsstillegung zugesagten
Abfindung in seinem für den Zugewinnausgleich maßgeblichen Anfangsvermögen,
wenn der Interessenausgleich vor der Eheschließung, der Sozialplan, der die Abfindung
im einzelnen regelt, jedoch erst nach dem Stichtag vereinbart wird.
BGH, Urteil vom 15. November 2000 - XII ZR 197-98 - OLG Hamm
AG Brilon
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und
die Richter Dr. Krohn, Gerber, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Mai 1998 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der im Jahre 1940 geborene Antragsteller und die im Jahre 1962 geborene Antragsgegnerin schlossen am 25. März 1995 die Ehe. Im Frühjahr 1996 trennten sie sich. Die Antragsgegnerin zog im April 1996 in ein Frauenhaus. Am 23. Dezember 1996 wurde ihr der Scheidungsantrag des Antragstellers zugestellt. Im Verlauf des Scheidungsverfahrens erhob die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Zugewinnausgleich und trug dazu vor: Der Antragsteller habe über ein Anfangsvermögen in Höhe von 24.361,35 DM und ein Endvermögen in Höhe von 59.060,50 DM verfügt, während sie, die Antragsgegnerin, kein
Endvermögen besessen habe. Danach ergebe sich ein Zugewinn des Antragstellers von 34.699,15 DM, von dem ihr als Ausgleich ein Anteil in Höhe von 17.349,58 DM zustehe. Der Antragsteller bestritt, einen ausgleichspflichtigen Zugewinn erworben zu haben; zu seinem - im übrigen von der Antragsgegnerin zutreffend angegebenen - Anfangsvermögen sei nämlich eine Abfindung in Höhe von 84.598,40 DM brutto hinzuzurechnen, die er wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes von seinem Arbeitgeber erhalten habe. Der Antragsteller war bis zum 30. Juni 1995 18 Jahre lang als Facharbeiter für die Firma C. C. GmbH in B. tätig. Ende Juni 1995 wurde die Produktion in dem Werk B.-W. eingestellt und das Werk geschlossen. Dem Antragsteller wurde, ebenso wie den meisten anderen Mitarbeitern, gekündigt. Im Zuge der Vorbereitung der Betriebsstillegung wurde am 23. März 1995 zwischen der C. C. GmbH, Werk B.-W., und dem Betriebsrat "gemäß § 111 BetrVG" der nachfolgende Interessenausgleich vereinbart:
§ 1 Gegenstand/Durchführung C. C. GmbH wird die Produktion im Werk B.-W. zum 30. Juni 1995 einstellen und das Werk schließen. Der Betriebsrat ist mit dieser Maßnahme nicht einverstanden, widersetzt sich jedoch nicht einem Interessenausgleich. Mitarbeitern mit einer Kündigungsfrist bis einschließlich 3 Monaten zum Quartalsende wird zum 30. Juni 1995 gekündigt. Mitarbeitern, deren Kündigungsfrist 4, 5 oder 6 Monate zum Quartalsende beträgt, wird zum 30. September 1995 gekündigt.
§ 2 Abschluß der Verhandlungen Die Beteiligten erklären das Verfahren zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs für beendet.
§ 3 Mitwirkungsrechte Weitere Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bleiben von dieser Vereinbarung unberührt.
§ 4 Abfindung Es ist beabsichtigt, die mit der Schließung notwendigen Maßnahmen sozialverträglich abzuwickeln. Die Mitarbeiter erhalten für den Verlust ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung. C. C. GmbH stellt für diesen Zweck einen Betrag in Höhe von DM 9,3 Millionen zur Verfügung, der sich durch keinerlei Maßnahmen verringern darf. Über die Verteilung wird in einem noch abzuschließenden Sozialplan beraten, der noch bis zum 6. April 1995 verhandelt werden soll.
Am 22. Mai 1995 vereinbarten die Geschäftsleitung und der Betriebsrat "gemäß § 112 BetrVG" einen Sozialplan, in dem unter anderem folgende Regelungen enthalten waren: Präambel Zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Mitarbeitern/innen durch die im Interessenausgleich vom
23. März 1995 geregelte Betriebsstillegung entstehen, wird ein Sozialplan zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile vereinbart.
§ 1 Geltungsbereich 1. Die Regelungen dieses Sozialplans gelten für alle in der Anlage 1 aufgeführten Mitarbeiter/innen. 2. Der Sozialplan differenziert Leistungen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
§ 2 Einkommen 1. Als Basiseinkommen für die Berechnung der Abfindung gemäß Formel wurde ein zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat vereinbartes durchschnittliches Einkommen aus dem Kalenderjahr 1994 zugrunde gelegt. 2. Die Berechnungsformel ist wie folgt: Prozentsatz gemäß Anlage 2 von der Summe des Basiseinkommens gemäß § 2, 1 multipliziert mit der Anzahl der Dienstjahre gemäß § 3. Die Berechnung der Einzelabfindungen erfolgt in Anlage 1. § 3 Alter und Dienstjahre Für das Alter und die Betriebszugehörigkeit zählen nur volle Jahre , gerechnet zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (30. Juni bzw. 30. September 1995). ...
§ 6 Sonstige Zuschläge 1. Für jedes in der Lohnsteuerkarte eingetragene Kind erhält der/ die Mitarbeiter/in einen Festbetrag von DM 2.000,--. 2. Für den in die Lohnsteuerkarte eingetragenen Ehepartner erhält der/die Mitarbeiter/in einen Festbetrag von DM 1.000,--. 3. Mitarbeiter/innen mit gültigem Schwerbehindertenausweis erhalten als Festbetrag DM 2.000,--. 4. Als Stichtag der Eintragung in die Lohnsteuerkarte gilt das Datum der Unterzeichnung des Sozialplanes. ... § 10 Fälligkeit der Abfindung 1. Die Abfindung wird zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Mitarbeiter /innen fällig. 2. Mitarbeiter/innen, die eine Kündigungsschutzklage anhängig gemacht haben, erhalten Leistungen nach dieser Vereinbarung so lange nicht, bis eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist. Wird eine Abfindung zugesprochen, so ist sie auf den nach dieser Vereinbarung zu zahlenden Betrag anzurechnen. ...
Die für den Antragsteller beigefügte Anlage gab sein Alter (55 Jahre), seine Dienstjahre (18 Jahre) und ein Basiseinkommen von 5.736 DM an und ermittelte daraus die Abfindung: (5.736,00 * 80 %) * 18 Jahre: 82.598,40 DM schwerbehindert: 2.000,00 DM
Abfindung gesamt: 84.598,40 DM Durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting zugunsten der Antragsgegnerin durchgeführt und der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin einen Betrag von 17.349,58 DM als Zugewinnausgleich zu zahlen. Gegen die Entscheidungen zum Versorgungsausgleich und über den Zugewinnausgleich legte der Antragsteller Berufung ein. Zum Zugewinnausgleich verfolgte er das Begehren weiter, die ihm von seinem Arbeitgeber aufgrund des am 23. März 1995 - vor der Eheschließung - vereinbarten Interessenausgleichs gewährte Abfindung dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen. Das Oberlandesgericht änderte das amtsgerichtliche Urteil auf die Berufung des Antragstellers im Ausspruch über den Zugewinnausgleich ab und wies insoweit die Klage der Antragsgegnerin ab (OLG Urteil veröffentlicht in FamRZ 1999, 1069; jedoch mit der unzutreffenden Anmerkung, daß Prozeßkostenhilfe für die Revision verweigert worden sei). Hiergegen wendet diese sich mit der zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat rechtlich zutreffend die - im Revisionsverfahren allein noch streitige - Abfindung in der zugrunde gelegten Höhe von netto 78.113,66 DM dem Anfangsvermögen des Antragstellers hinzugerechnet mit der Folge, daß das Anfangsvermögen das Endvermögen überstieg und demgemäß ein Zugewinn nicht erzielt wurde (§ 1373 BGB). 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des erkennenden Senats, umfaßt das Anfangsvermögen alle dem Ehegatten am Stichtag (hier: 25. März 1995, vgl. §§ 1374 Abs. 1, 1363 Abs. 1 BGB) zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert, das heißt neben den dem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die beim Eintritt des Güterstandes bereits entstanden sind (vgl. nur BGHZ 82, 149, 150; Senatsurteile BGHZ 117, 70, 72; vom 14. Januar 1981 - IVb ZR 525/80 = FamRZ 1981, 239, jeweils m.w.N.). Dazu gehören unter anderem auch geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben (notfalls durch Schätzung) bewertbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juni 1983 - IX ZR 56/82 = FamRZ 1983, 881, 882; BGHZ 87, 367, 373; Senatsurteil BGHZ 117 aaO S. 72, jeweils m.N.). Der Wert muß jedoch nicht zwingend sogleich verfügbar sein (BGHZ 117 aaO S. 77; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts , 4. Aufl. VII Rdn. 47). Die Berücksichtigung eines Rechts im Anfangsvermögen setzt auch nicht voraus, daß das Recht bereits fällig, daß es unbedingt oder vererblich ist; selbst (in der Realisierung) dubiose Forderungen
sind grundsätzlich in das Anfangsvermögen einzubeziehen (vgl. Johannsen /Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1374 Rdn. 8; Staudinger/Thiele BGB Bearb. 2000 § 1374 Rdn. 3 und 4; Soergel/Lange BGB 12. Aufl. § 1374 Rdn. 7; MünchKomm/Koch BGB 4. Aufl. § 1374 Rdn. 6 und 9; Schwab, Handbuch aaO Rdn. 48). Nicht zum Anfangsvermögen gehören demgegenüber noch in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur Anwartschaft erstarkt sind, und bloße Erwerbsaussichten (Soergel/Lange aaO; Staudinger/Thiele aaO § 1374 Rdn. 3), da sie nicht das Merkmal "rechtlich geschützter Positionen mit wirtschaftlichem Wert" erfüllen. 2. Die Revision verneint die Zurechenbarkeit der Abfindung des Antragstellers zu seinem Anfangsvermögen. Sie vertritt die Auffassung, der Antragsteller habe durch den Interessenausgleich vom 23. März 1995 lediglich eine unverbindliche Aussicht auf eine Abfindung, jedoch noch keine sichere, durchsetzbare Erwerbsposition erlangt. Zumindest sei er aufgrund der Vereinbarung vom 23. März 1995 nicht in bestimmter und bewertbarer Weise bereichert gewesen. Das sei erst mit dem Sozialplan - nach Eintritt des Güterstandes - geschehen , durch den dem Antragsteller verbindlich eine Abfindung in bestimmter Höhe zugesagt worden sei. 3. Dem ist nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht zu folgen.
A:
a) Ein Interessenausgleich zwischen Unternehmer und Betriebsrat im Sinne von §§ 111, 112 BetrVG entfaltet allerdings grundsätzlich keine unmittelbaren und zwingenden, normativen Wirkungen für das einzelne Arbeitsver-
hältnis (vgl. Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz/Oetker, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz = GK-Fabricius 6. Aufl. §§ 112, 112 a Rdn. 22; Fitting/Kaiser/Heither/Engels = FKHE Betriebsverfassungsgesetz 19. Aufl. §§ 112, 112 a Rdn. 50; Richardi Betriebsverfassungsgesetz 7. Aufl. § 112 Rdn. 39, 41). Der Interessenausgleich ist eine Kollektivvereinbarung besonderer Art (vgl. GK-Fabricius aaO Rdn. 22; Richardi aaO Rdn. 15 ff., 38; Däubler /Kittner/Klebe = DKK Betriebsverfassungsgesetz 6. Aufl. §§ 112, 112 a Rdn. 15) und keine Betriebsvereinbarung mit der Folge, daß sich der einzelne Arbeitnehmer grundsätzlich nicht im Sinne von § 77 Abs. 4 BetrVG auf die Vereinbarungen in einem Interessenausgleich berufen kann (vgl. FKHE aaO Rdn. 51; Richardi aaO Rdn. 15 ff.). Der Interessenausgleich im rechtstechnischen Sinn ist eine Einigung zwischen Unternehmer und Betriebsrat über eine geplante Betriebsänderung (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Er bezieht sich insoweit ausschließlich darauf, ob und wann diese Maßnahme durchgeführt, und wie sie verwirklicht werden soll (vgl. DKK aaO Rdn. 13 ff.; FKHE aaO Rdn. 14 ff., Richardi aaO Rdn. 20). Dabei soll durch den Interessenausgleich versucht werden, die zum Teil gegenläufigen Interessen von Unternehmer und Betriebsrat in Einklang zu bringen , so daß Nachteile für die Arbeitnehmer vermieden oder doch gemildert werden, ohne daß es zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Belange des Unternehmens kommt (vgl. FKHE aaO Rdn. 15).
b) Im Gegensatz zu dem Interessenausgleich hat der Sozialplan - die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) - die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (§ 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) mit der Folge der Anwendbarkeit des § 77 Abs. 4
BetrVG. Der Sozialplan begründet insoweit in der Regel unmittelbare Ansprüche der Betroffenen (DKK aaO Rdn. 24, 25). Der Sozialplan wird entweder zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat frei vereinbart, oder er wird - als erzwungener Sozialplan - von der Einigungsstelle aufgestellt. In diesem Fall sind die Maßgaben des § 112 Abs. 5 BetrVG zu beachten (vgl. Richardi aaO Rdn. 47 ff.). Bei einem vereinbarten Sozialplan sind die Parteien hingegen weitgehend frei und können sich auch über weitere Fragen einigen (vgl. FKHE aaO Rdn. 57 ff.). Wie der Interessenausgleich verfolgt auch der Sozialplan den Zweck, eine geplante und nach den Interessen des Arbeitgebers notwendige Betriebsänderung so zu gestalten, daß für die betroffenen Arbeitnehmer keine unverhältnismäßige Belastung eintritt (vgl. Richardi aaO Rdn. 49; FKHE aaO Rdn. 78).
c) Nach der Differenzierung des Gesetzes zwischen Interessenausgleich und Sozialplan hat der Interessenausgleich Regelungen zum Inhalt, die nicht Gegenstand des Sozialplans nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG sind. Danach hat der Ausgleich und die Milderung der den Arbeitnehmern entstehenden wirtschaftlichen Nachteile im Interessenausgleich an sich "nichts zu suchen" (vgl. DKK aaO Rdn. 13; FKHE aaO Rdn. 17; BAG Beschluß vom 17. September 1991 - 1 ABR 23/91 = BAGE 68, 277 ff., besonders zum Verhältnis zwischen freiwilligem und erzwungenem Sozialplan). Bestimmungen über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der Betriebsänderung entstehen, zählen demgemäß nicht zum Interessenausgleich im gesetzestechnischen Sinn, denn sie bilden nach der Legaldefinition des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG den Sozialplan. Wenn ein Interessenausgleich gleichwohl derartige Bestimmungen enthält, handelt es sich insoweit um einen "qualifizierten Interessenausgleich" (vgl. Richardi aaO Rdn. 18 und 39), der im Hinblick auf die normative Wirkung der betreffenden Bestimmungen für
die Einzelarbeitsverhältnisse eine Betriebsvereinbarung im Sinne von § 77 Abs. 4 BetrVG darstellt (vgl. Richardi aaO Rdn. 15 ff.; 39, § 113 Rdn. 7) und dem einzelnen Arbeitnehmer die nach dieser Vorschrift vorgesehene Rechtsstellung einräumt (vgl. auch DKK aaO Rdn. 25; BAG Beschluß vom 17. Oktober 1989 - 1 ABR 75/88 = BAGE 63, 152 ff.).
d) Nach den dargelegten Grundsätzen bilden die Vereinbarungen in den §§ 1 bis 3 des Vertrages vom 23. März 1995 - gegebenenfalls in Verbindung mit der Absichtserklärung in § 4 Abs. 1 Satz 1 - den eigentlichen Interessenausgleich im gesetzestechnischen Sinn. Die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 geht hingegen über den Sinn und Zweck eines Interessenausgleichs hinaus und hatte deshalb, wie dargelegt, in diesem an sich "nichts zu suchen". Sie trifft vielmehr eine Bestimmung über den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern als Folge der beschlossenen Betriebsstillegung entstehen würden, und hat insoweit den Charakter einer Sozialplanregelung im Sinne von § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.
e) Die Rechtsposition, die hierdurch für den Antragsteller begründet wurde, ist als Anwartschaft oder einer solchen jedenfalls vergleichbare Rechtsstellung zu behandeln, die einen - nicht mehr von einer Gegenleistung abhängigen - nach wirtschaftlichen Maßstäben bewertbaren Anspruch auf die zugesagte Abfindung gewährte. In diesem Sinn ist sie entgegen der Auffassung der Revision im Anfangsvermögen des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Abfindung, zu deren Zahlung an die Mitarbeiter sich die C. C. GmbH als Ausgleich für den Verlust der Arbeitsplätze verpflichtete, sollte verbindlich und definitiv 9,3 Millionen DM betragen. Dieser Betrag war auf die vorhandenen 149 Mitarbeiter zu verteilen, wobei gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG auf eine gerechte und gleichmäßige Behandlung aller Mitarbeiter zu achten war (vgl.
Bauer in DB 1994, 217 ff. 225; BAG Urteil vom 9. November 1994 - 10 AZR 281/94 = AP § 112 BetrVG Nr. 85 unter II 2.). Da die Abfindungsregelung frei vereinbart (und nicht erzwungen) war, konnte sie den Ausgleich zulässigerweise für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsehen (vgl. BAGE 68 aaO S. 286 f.; Richardi aaO Rdn. 89). In diesem Fall lag es nahe, daß die Höhe der einzelnen Abfindung nach einem Punktesystem bestimmt wurde, welches insbesondere die Faktoren Lebensalter (ggfs. auch Unterhaltsverpflichtungen), Dauer der Betriebszugehörigkeit und Höhe des Bruttolohns berücksichtigte (vgl. Ehmann in Festgabe für Hermann Weitnauer 1980, 3 ff., 52 ff.; FKHE aaO Rdn. 101; DKK aaO Rdn. 67, 96 f.; Richardi aaO Rdn. 89 ff.). Mit diesen Vorgaben war der Rahmen für die Bestimmung der Höhe der den einzelnen Mitarbeitern und damit auch dem Antragsteller zugesagten Abfindung festgelegt. Diese war im Wege der Schätzung bewertbar. Soweit mit einer Schätzung generell Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden sind, rechtfertigen diese es nicht, das Recht des Antragstellers auf die Abfindung in der Zugewinnbilanz außer Ansatz zu lassen (vgl. zum Nacherbenrecht BGHZ 87, 367 ff.). Daß der Wert der Abfindung am Stichtag nicht sogleich realisierbar und verfügbar war, die Abfindung vielmehr erst zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Antragstellers aus dem Betrieb fällig wurde (vgl. FKHE aaO Rdn. 136; § 10 Abs. 1 des Sozialplans), steht der Berücksichtigung beim Anfangsvermögen , wie dargelegt, ebenfalls nicht entgegen. Der Abfindungsanspruch war grundsätzlich vererblich (hier § 7 des Sozialplans). Auch insoweit ist nicht erforderlich, daß er bereits fällig, der Antragsteller also schon aus dem Betrieb ausgeschieden war. Es reicht vielmehr aus, daß der Anspruch entstanden war, das heißt, daß die entsprechende Sozialplanregelung bereits existierte und die Kündigung ausgesprochen oder mit Sicherheit zu erwarten war
(vgl. DKK aaO Rdn. 149; FKHE aaO Rdn. 136). An letzterem bestand hier nach dem Abschluß des Interessenausgleichs kein vernünftiger Zweifel.
B:
a) Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung über den Zugewinnausgleich sind bei der Berechnung des Anfangsvermögens alle vor dem Eintritt des Güterstandes begründeten Rechts- und Dauerschuldverhältnisse unberücksichtigt zu lassen, die Ansprüche auf künftig fällig werdende, wiederkehrende Einzelleistungen, insbesondere auf Arbeitsentgelt oder Unterhaltszahlungen , vermitteln. Denn sie stellen noch keinen gegenwärtigen Vermögenswert des Berechtigten dar, sondern sollen sein künftiges Einkommen vermitteln und sichern (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1981 aaO S. 240; BGHZ 82 aaO S. 150 m.N.; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1374 Rdn. 9). Bei der rechtlichen Behandlung von Abfindungen, die anstelle derartiger künftig wiederkehrender Ansprüche gewährt werden, wird die Auffassung vertreten, diese Abfindungen seien als Surrogat so zu behandeln wie das von ihnen surrogierte Objekt, das heißt periodengerecht auf die Zeiträume vor, während und nach der Güterstandszeit zu verteilen (vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl. § 36 V 6 S. 551; MünchKomm/Gernhuber BGB 3. Aufl. § 1375 Rdn. 11; Schwab aaO VII Rdn. 37). Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof auch bei der Abfindung, die (etwa) einem Unfallopfer wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde (BGHZ 82, 145 ff.), und bei der Witwenrentenabfindung (BGHZ aaO 149 ff.) auf das Stichtagsprinzip abgehoben , da die schematische und starre gesetzliche Regelung der §§ 1372 ff. BGB keine andere Entscheidung zulasse (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 37/97 = FamRZ 1998, 362).

b) Der Frage braucht im vorliegenden Fall wegen der hier gegebenen besonderen Umstände nicht näher nachgegangen zu werden. Die Abfindung, die der Antragsteller von seinem Arbeitgeber erhalten hat, war nämlich jedenfalls nicht maßgeblich als Ausgleich für den Verlust künftigen Einkommens bestimmt. Über den Zweck, der generell mit Sozialplanleistungen erreicht werden soll, und die Frage, ob vergangenheitsbezogene Erwägungen statthaft oder nur zukunftsorientierte Betrachtungen zulässig sind, besteht allerdings keine Einigkeit (vgl. FKHE aaO Rdn. 79 ff.; Richardi aaO Rdn. 50 ff.). Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Jahre 1978 in den Sozialplanabfindungen eine Entschädigung dafür gesehen, "daß der Arbeitnehmer infolge einer von ihm hinzunehmenden Betriebsänderung seinen Arbeitsplatz einbüßt und im Lauf des Arbeitsverhältnisses erworbene Vorteile verliert". Er hat aber hinzugefügt , die Sozialplanabfindung sei "zugleich auf die Zukunft gerichtet" und habe "Überleitungs- und Vorsorgefunktion für die Zeit nach Durchführung der (nachteiligen) Betriebsänderung" (BAGE 31, 176, 187 f. = AP § 112 BetrVG 1972 Nr. 6 unter B 3). In neueren Entscheidungen betont das Bundesarbeitsgericht nur noch die Überbrückungsfunktion, stellt also insoweit eine zukunftsorientierte Betrachtung an und lehnt vergangenheitsbezogene Erwägungen ab mit der Begründung, die Sozialplanabfindungen seien keine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes an sich (vgl. BAGE 78, 30, 35 ff.; BAG Urteil vom 9. November 1994 aaO AP § 112 BetrVG 1972 Nr. 85; FKHE aaO Rdn. 79 ff.; Richardi aaO Rdn. 51). Das bezieht sich indessen nach den getroffenen Entscheidungen nur auf den durch den Spruch der Einigungsstelle erzwungenen Sozialplan, der sich an die in § 112 Abs. 5 BetrVG normierten Richtlinien halten muß. Hingegen sind die Betriebsparteien in einem freiwillig vereinbarten Sozialplan in der Gestaltung und im Regelungsinhalt der Vereinbarung frei
(vgl. Richardi aaO; FKHE aaO Rdn. 82). Sie können in den Grenzen von Recht und Billigkeit (§ 75 BetrVG) frei darüber entscheiden, welche Nachteile, die der Verlust eines Arbeitsplatzes mit sich bringt, durch eine Abfindung ausgeglichen werden sollen. In einem freiwilligen Sozialplan können demgemäß beispielsweise Abfindungen festgesetzt werden, deren Höhe sich vorwiegend - vergangen-heitsbezogen - nach dem bisherigen Monatseinkommen und der Dauer der Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer bemißt (vgl. Richardi aaO Rdn. 52 m.w.N.). In diesem Sinn ist die im vorliegenden Fall zu beurteilende Abfindung festgesetzt worden, deren Bemessung ohne Rücksicht darauf vorgenommen wurde, ob der einzelne Mitarbeiter bereits einen neuen Arbeitsplatz als Grundlage für ein künftiges Erwerbseinkommen gefunden bzw. in Aussicht hatte, oder ob das nicht der Fall war. Die Abfindung des Antragstellers ist insoweit in erster Linie vergangenheitsbezogen als Entschädigung für den Verlust seines Arbeitsplatzes und des damit verbundenen Besitzstandes gewährt worden, ohne einen quantifizierbaren auf die Zukunft gerichteten Ausgleich zu bezwecken (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. November 1997 aaO S. 362). Auch unter diesem Gesichtspunkt steht ihrer Zurechnung zum Anfangsvermögen des Antragstellers mithin nichts entgegen. Wäre die Abfindung hingegen zielgerichtet als Ersatz für den infolge der Betriebsstillegung zukünftig entstehenden Lohnausfall und damit als vorweggenommenes Einkommen für einen bestimmten (Übergangs-)Zeitraum geleistet worden, dann unterläge sie - aus diesem Grund - von vornherein nicht dem güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns.
Blumenröhr Krohn Gerber
Weber-Monecke Wagenitz

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 26. Februar 2014 - 8 Ca 1601/13 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin ein kalenderjährlicher Urlaubsanspruch in Höhe von 27 Arbeitstagen zusteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtstreits hat die Klägerin 60 % und die Beklagte 40 % zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe des jährlichen Urlaubsanspruchs.

2

Die 1979 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, die in H ein Hotel betreibt, seit dem 01. Mai 2002 als Zimmermädchen zu einem Bruttomonatsentgelt von 1.049,25,- € beschäftigt.

3

Kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit findet der Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe Sachsen-Anhalt (im Folgenden: MTV), abgeschlossen zwischen der D. Sachsen-Anhalt e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Ost, vom 18. Mai 2002 - wieder in Kraft gesetzt mit Wirkung vom 01. April 2007 durch Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 30. März 2007 - Anwendung. Dieser bestimmt zum Erholungsurlaub u.a.:

4

㤠7 Urlaub

5

(1) Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

6

(2) Der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer staffelt sich nach dem Lebensalter It. Nachstehender Tabelle:

7

 Lebensalter

 Anzahl d. Urlaubstage

 bis 25 Jahre

 23 Arbeitstage

 ab 26 Jahre

 24 Arbeitstage

 ab 31 Jahre

 25 Arbeitstage

 ab 40 Jahre

 27 Arbeitstage

 ab 50 Jahre

 30 Arbeitstage

8

Als Urlaubstage - Arbeitstage gelten die Tage Montag bis Freitag, soweit sie nicht gesetzliche Feiertage sind. Für die Feststellung des Urlaubsanspruchs gilt das Lebensjahr bei Beginn des Kalenderjahres (Stichtag 01.01.) ...

9

(5) Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Die Übertragung ist nur statthaft, wenn

10

- dringende betriebliche Gründe,

11

- Gründe in der Person des Arbeitnehmers liegen,

12

die dies rechtfertigen. ...“

13

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 04. März 2013 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. März 2012 (9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803) die Gewährung eines jährlichen Urlaubsanspruchs von 30 Tagen ab dem Jahre 2013 geltend.

14

Mit der am 05. Juni 2013 bei dem Arbeitsgericht Halle eingegangenen und der Beklagten am 20. Juni 2013 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

15

Sie ist der Ansicht, sie habe auch schon vor Vollendung des 50. Lebensjahres einen Anspruch auf jährlich 30 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters und diese Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht im Sinne von § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.

16

Die Klägerin hat beantragt,

17

festzustellen, dass ihr ein kalenderjährlicher Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Arbeitstagen zusteht.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie ist der Ansicht, die tarifliche Urlaubsstaffelung beinhalte keine Diskriminierung. Die Differenzierung nach dem Lebensalter sei sachlich gerechtfertigt. Der überwiegende Teil der vom Manteltarifvertrag erfassten Arbeitnehmer übe körperlich ermüdende, in Teilen schwere und im Stehen auszuführenden Arbeiten aus. Nach der Lebenserfahrung hätten die Arbeitnehmer in vielen Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes, deren Berufseinstieg regelmäßig mit 16 bis 21 Jahren erfolge, mit zunehmendem Lebensalter ein erhöhtes Erholungsbedürfnis. Dem trage die tarifliche Regelung Rechnung.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Zulassung der Berufung mit dem Urteil vom 26. Februar 2014 in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Urlaubsstaffelung nach dem Lebensalter vorliegend gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstoße. Die Ungleichbehandlung sei weder durch berufliche Anforderungen sachlich gerechtfertigt noch diene sie dem Schutz älterer Beschäftigter. Aufgrund der Unwirksamkeit der Urlaubsstaffelung habe die Klägerin einen kalenderjährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Wegen des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe im Übrigen wird auf Bl. 81 bis 88 d. A. Bezug genommen.

22

Gegen dieses ihr am 15. Mai 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Februar 2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. August 2014 am 29. Juli 2014 begründet.

23

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Ungleichbehandlung aufgrund des Alters in § 7 Abs. 2 MTV gemäß § 10 AGG sachlich gerechtfertigt sei. Mit der Altersstaffelung verfolgten die Tarifvertragsparteien ein legitimes Ziel. Die Regelung trage dem mit zunehmendem Alter aufgrund der körperlichen Beanspruchung gesteigerten Erholungsbedürfnis der Beschäftigten Rechnung und diene damit dem Gesundheitsschutz. Die Berufe in diesem Gewerbe seien von Tätigkeiten geprägt, die überwiegend im Stehen oder Gehen ausgeübt würden. Mit diesen Tätigkeiten gingen Verschleißerscheinungen einher, die bei zunehmendem Alter ein erhöhtes Erholungsbedürfnis zur Folge hätten. Die Beklagte beruft sich hierzu auf eine Information des österreichischen Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, nach der die Arbeit im Hotel- und Gaststättengewerbe hohe körperliche und psychische Anforderungen stelle und häufig zu Fehlbelastungen und daraus resultierenden gesundheitlichen Beschwerden und Erkrankungen führe. Dementsprechend seien beispielsweise Kellner - diese legten arbeitstäglich ca. 10 km zurück - ausdrücklich als gefährdete Berufsgruppe für die Berufskrankheit „Druckschädigung der Nerven“ genannt. Diese Belastungssituation treffe jedoch nicht nur für die Berufsgruppe der Kellner, sondern vielmehr auch für die anderen klassischen Berufe im Gaststätten- und Hotelgewerbe, wie beispielsweise Köche, Zimmerreinigungspersonal, Metzger und Konditoren, zu. Das bedeute, dass die überwiegend auszuübenden Tätigkeiten hohe körperliche Anforderungen an die Beschäftigten stellten und die sich daraus ergebenden gesundheitlichen Beschwerden und Erkrankungen, die in jungen Jahren zwar noch aufgefangen werden könnten, aber sich danach in Fünfjahresstufen zunehmend negativ in der Gesundheit niederschlügen.

24

Das bedeute, dass der zusätzliche Urlaub je nach den angeführten besonderen gesteigerten Bedürfnissen in den genannten Lebensaltersstufen in erster Linie aus Fürsorgegesichtspunkten gewährt werde.

25

Die einzelnen Staffeln in § 7 Abs. 2 MTV seien im Hinblick auf Gesundheitsschutz der Beschäftigten geeignet, erforderlich und angemessen:

26

Sie trügen dem Umstand Rechnung, dass der Berufseinstieg im Hotel- und Gaststättengewerbe üblicherweise mit 16 bis 21 Jahren erfolge. Eine Tätigkeit in der Gastronomie erfolge nur selten mit dem Bildungshintergrund der allgemeinen Hochschulreife. Vielmehr begännen die Auszubildenden ihre Ausbildung bereits nach dem Hauptschulabschluss und damit in der Regel bereits mit dem 16. Lebensjahr. Aufgrund dieses relativ jungen Einstiegsalters werde bereits ab dem 26. Lebensjahr, also nach fünf bis zehn Jahren Arbeitstätigkeit ein zusätzlicher Urlaubstag gewährt, um ihre Berufsfähigkeit und ihr für das Gewerbe entscheidendes positives Aussehen zu ermöglichen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei mit Verschleißerscheinungen zu rechnen. Regelmäßig trete bereits nach dem 25. Lebensjahr ein biologisch bedingter stetiger Verlust der Körperkraft ein. Dazu beruft die Beklagte sich auf den Auszug aus der Studie von Hauer (Seite 4, Anlage B 5, Bl. 150 d. A.). Dieser Bewertung stehe auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. März 2012 (9 AZR 529/10) nicht entgegen, wonach Beschäftigte, die das 31. Lebensjahr erreicht hätten, noch nicht als ältere Beschäftigte gelten. Die Staffelung in § 7 Abs. 2 MTV stelle nicht auf ein bloßes erhöhtes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter ab. Vielmehr trage sie den Besonderheiten der Branche Rechnung, indem mit zunehmendem Alter zusätzliche Urlaubstage gewährt werden, weil die physische Belastbarkeit der Beschäftigten bei gleichbleibend anstrengender körperlicher Arbeit sinke.

27

Ebenfalls gerechtfertigt sei die zweite Steigerung mit dem 31. Lebensjahr, da in diesem Alter davon auszugehen sei, dass die Beschäftigten bereits seit zehn bis 15 Jahren anstrengende körperliche Arbeiten ausgeübt hätten. Hinzu komme, dass ab dem 30. Lebensjahr von einem stetigen Abbau der Muskulatur ausgegangen werden könne, der ca. 5 % in einem Zeitraum von 10 Jahren ausmache.

28

Die dritte Steigerung ab dem 40. Lebensjahr diene dazu, die langjährig körperlich belastenden Tätigkeiten sowie die damit einhergehenden körperlichen Verschleißerscheinungen auszugleichen. Die letzte Steigerung ab dem 50. Lebensjahr sei darin begründet, dass zu diesem Zeitpunkt neben der bereits langjährigen körperlichen Beanspruchung und einem regelmäßigen körperlichen Verfall eine gesteigerte Erholungsbedürftigkeit aufgrund des Alters eintrete.

29

Außerdem sei davon auszugehen, dass die in dem Hotel- und Gaststättengewerbe tätigen Beschäftigten besonders auf ein repräsentatives Äußeres zu achten hätten, da der wirtschaftliche Erfolg in dieser mit Erholung und Freizeit, aber auch geschäftlichen sowie gesellschaftlichen Anlässen eng verwobenen Dienstleistungsbranche besonders durch das Personal und dessen entspanntes und erholtes Auftreten bestimmt werde. Unter der Annahme, dass die Pflege dieses Erscheinungsbildes durch eigene Erholung positiv unterstützt und erreicht werde und mit zunehmendem Alter mehr Zeit in Anspruch nehme, werde der Urlaubsanspruch der Beschäftigten mit zunehmendem Alter entsprechend erhöht. Ständiger Stress sei dagegen einem entspannten Äußeren abträglich.

30

Im Übrigen macht die Beklagte geltend, dass das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft nicht die einzelnen Steigerungsstufen geprüft habe, sondern pauschal eine sachliche Rechtfertigung der Staffelung des Urlaubsanspruchs abgelehnt habe.

31

Die Beklagte beantragt,

32

das Urteil des Arbeitsgerichts Hälfe vom 26. Februar 2014 - 8 Ca 1601/13 abzuändern und die Klage abzuweisen.

33

Die Klägerin beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Urlaubsregelung in § 7 Abs. 2 MTV altersdiskriminierend sei. Die Altersstaffelung sei weder nach § 8 AGG noch nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt Es möge zwar sein, dass bestimmte Tätigkeiten mit Gehen und Stehen verbunden seien, jedoch unterscheide die tarifliche Regelung nicht zwischen einzelnen Tätigkeiten und Beschäftigtengruppen. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf die Berufskrankheit „Druckschädigung“ der Nerven“ berufen. Dabei handele es sich um die Berufskrankheit Nr. 2106 nach der Berufskrankheitenverordnung. Im Merkblatt (Bekanntmachung des MBA vom 01.10.2002, BArbBl. 11/2002, Bl. 173 bis 181 d. A.) seien insbesondere Kellner nicht genannt. Zudem sei die Urlaubsstaffelung in § 7 MTV nicht zur Vermeidung von Berufskrankheiten ergangen. Auch komme es nicht darauf an, ob gesundheitliche Beschwerden und Krankheiten in Fünfjahresstufen zunähmen, da die tarifliche Regelung andere Staffelungen enthalte. Die Beklagte zitiere die Studie von Hauer unvollständig. Auf deren Seite drei (Bl. 182 d. A.) sei ausgewiesen, dass der Rückgang der körperlichen Leistungsfähigkeit ca. 1 % bis 1,5 % pro Jahr ab dem 35. Lebensjahr betrage. Im Übrigen komme es bei einem 30jährigen Beschäftigten, der anstrengende körperliche Arbeiten verrichte, wohl eher zu einem Muskelaufbau bzw. einer Stabilisierung der Muskulatur. Aus alledem ergebe sich, dass die tarifliche Urlaubsstaffelung nach dem Alter willkürlich sei.

36

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschriften sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

A. Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG) und nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG) Berufung der Beklagten ist von ihr form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 590 ZPO).

38

B. Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen kalenderjährlichen Urlaubsanspruch in Höhe von 27 Arbeitstagen, nicht jedoch von 30 Arbeitstagen.

39

I. Die Feststellungsklage ist mit der gebotene Auslegung zulässig. Insbesondere besteht das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO).

40

1. Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 9 mwN).

41

2. Die ... 1979 geborene Klägerin hat ein rechtlich anerkanntes Interesse daran, alsbald zu erfahren, ob ihr bereits vor Vollendung des 50. Lebensjahres fünf weitere Urlaubstage pro Jahr zustehen. Ihr Antrag bezieht sich dem Wortlaut nach zwar auf den gesamten Jahresurlaub. Er kann jedoch so ausgelegt werden, dass er sich nur auf fünf weitere Urlaubstage im Kalenderjahr bezieht. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass der Klägerin die sich aus der Staffelung nach § 7 Abs. 2 MTV ergebenden 25 Urlaubstage pro Jahr zustehen. In der Klagebegründung hat die Klägerin deutlich gemacht, dass ihr Antrag auf die Feststellung des Bestehens fünf zusätzlicher Urlaubstage gerichtet sei (vgl. zu einer solchen Auslegung: BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 10).

42

3. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, dass klarzustellen sei, dass sich der Anspruch der Klägerin lediglich auf den Tariftext in der Fassung aus dem Jahre 2002 beziehe, so bedurfte es dieser Klarstellung nicht. Bei dem Klageantrag handelt es sich um einen gegenwartsbezogenen Feststellungsantrag, für dessen Entscheidung es grundsätzlich auf die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ankommt (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - NZA 2013, 1267, Rn. 15 ff; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 10). Spätere Änderungen des Tarifvertrages werden demnach von der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung nicht erfasst.

43

II. Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen kalenderjährlichen Urlaubsanspruch von 27 Arbeitstagen. Die Urlaubsstaffelung in § 7 MTV verstößt gegen §§ 1, 3 Abs. 1 AGG, soweit sie Arbeitnehmern, die noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen kürzeren Urlaub gewährt. Sie ist deshalb insoweit nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG i. V. m. § 134 BGB unwirksam, sodass die Klägerin auch schon vor Vollendung des 40. Lebensjahres einen jährlichen Erholungsurlaubsanspruch in Höhe von 27 Urlaubstagen hat. In diesem Umfang ist der Urlaubsanspruch der Klägerin nach oben anzupassen (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 27 ff; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 11). Demgegenüber ist die Differenzierung in der Urlaubsstaffelung zwischen Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und den jüngeren Arbeitnehmern nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt und damit wirksam.

44

1. Die Regelung in § 7 MTV ist an den Bestimmungen des AGG zu messen, auch wenn der Tarifvertrag vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossen worden ist, da es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung ankommt(BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 12 mwN). Im Übrigen ist der Tarifvertrag auch 2007 durch eine Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien wieder in Kraft gesetzt worden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das 2006 in Kraft getretene AGG bereits galt.

45

2. Die Urlaubsstaffelung in § 7 MTV enthält eine auf dem Merkmal des Alters - dabei ist unter Alter im Sinne von § 1 AGG das Lebensalter zu verstehen(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - AP AGG § 7 Nr. 1 = NZA 2010, 327, Rn. 49) - beruhende Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer, die das 26., 31., 40. oder 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Gewährung von weiteren Urlaubstagen knüpft an die Vollendung eines bestimmten Lebensalters und damit unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Arbeitnehmer, die diese Altersgrenze nicht erreicht haben, werden wegen des Alters ungünstiger behandelt. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG(BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, = Rn. 14 f; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 12 f.).

46

3. Diese Ungleichbehandlung ist nur wegen der Steigerung ab dem 50. Lebensjahr gemäß § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt.

47

a) Bei ihr handelt es sich in allen Altersgrenzen nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der beruflichen Anforderungen.

48

(1) Die Urlaubsstaffelungen knüpfen nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an und stellen auch nicht darauf ab (vgl. dazu ebenfalls: BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 17).

49

(2) Soweit die Beklagte ohne nähere Begründung auf eine allgemeine Lebenserfahrung verweist, wonach die Tätigkeiten im Hotel- und Gaststättengewerbe belastender als im Anwendungsbereich des TVöD seien, der der Entscheidung des BAG vom 20. März 2012 (9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803) zugrunde gelegen hat, so genügt dies nicht zur Begründung der sachlichen Rechtfertigung wegen der beruflichen Anforderungen. Aus dem allgemeinen und pauschal vorgenommenen Vergleich mit den Belastungen im öffentlichen Dienst lässt sich eine gesteigerte berufliche Anforderung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeiten oder der Bedingungen der Ausübung nicht entnehmen. Dem TVöD unterfallen sehr unterschiedliche Tätigkeiten mit sehr unterschiedlichen Belastungen. Das zeigt sich allein darin, dass die frühere Unterscheidung nach Tarifverträgen zwischen Angestellten und Arbeitern durch Zusammenführung der verschiedenen Regelungswerke aufgegeben worden ist. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Dem MTV unterfallen ebenfalls sehr unterschiedliche Arbeitnehmergruppen, ohne dass hier eine Differenzierung nach der Art der Belastungen vorgenommen worden wäre. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf die von ihr vorgelegte Stellungnahme des für die Arbeitgeberseite tarifschließenden D. Sachsen-Anhalt e. V. vom 08. Mai 2013 (Bl. 41 f. d. A.) berufen. Die Auskunft enthält nur allgemeine Ausführungen zur Kompensation altersbedingter Belastungen. Auf konkrete Verhandlungsinhalte wird darin nicht verwiesen.

50

b) Die Ungleichbehandlung ist lediglich in der letzten Lebensaltersstufe von 50 Jahren im Sinne von § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt. Nur dieser Teil der Regelung bezweckt bei Berücksichtigung eines Gestaltungs- und Ermessensspielraums der Tarifvertragsparteien (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 19; BAG 21. Oktober 2014-9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 18) den Schutz älterer Beschäftigter und ist geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG.

51

aa) Die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage unterfällt dem Anwendungsbereich des § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG, also der Sicherstellung des Schutzes älterer Arbeitnehmer(BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 20; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 20).

52

bb) § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert u.a. das legitime Ziel der Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließen kann (BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 16; BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 20 mwN). Aufgrund der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000, S. 16) in nationales Recht durch § 10 AGG sind diese Bestimmungen unionsrechtskonform auszulegen(BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12-NZA 2015, 297, Rn. 17).

53

cc) Bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen - zu denen auch die Gewährung von übergesetzlichem Mehrurlaub gehört - steht dem Arbeitgeber - und damit auch den Tarifvertragsparteien - ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 19; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 18).

54

dd) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist nur die Differenzierung in der letzten Stufe sachlich gerechtfertigt.

55

(1) Aufgrund der feststehenden unstreitigen Ungleichbehandlung ist die Klägerin der ihr gemäß § 22 AGG obliegenden Darlegungs- und Beweislast nachgekommen(vgl. zu den Anforderungen nur: BAG 16. Oktober 2014-6 AZR 661/12 - zitiert nach Juris, Rn. 45). Demgegenüber hat die Beklagte als diejenige, die sich auf den Rechtfertigungsgrund nach § 10 AGG beruft und deshalb insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist(vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - AP AGG § 10 Nr. 2 = NZA 2013, 498, Rn. 47), ausreichende sachliche Gründe nur für die letzte Altersgrenze vorgetragen.

56

(2) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Das ist jedoch unschädlich.

57

(2.1) Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich prüfen zu können (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 19; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 30). Diese Voraussetzung erfüllt die vorliegende Regelung. Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten damit einem mit dem zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung tragen wollen (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 23; BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 30). Diese Annahme darf jedoch nicht durch die konkrete Wahl der Altersgrenze(n) widerlegt werden (BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 31).

58

(2.2) Im Streitfall ergibt sich die Anknüpfung an das gesteigerte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer bereits daraus, dass eine sehr differenzierte Staffelung nach dem Lebensalter vorgenommen worden ist, die insbesondere auch die Gruppe der über 50- jährigen Arbeitnehmer erfasst (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 25).

59

(2.3) Diese Annahme ist auch nicht deshalb widerlegt, weil die Tarifvertragsparteien mit den übrigen Altersstaffelungen Altersgrenzen gewählt haben, die keine ausreichende Grundlage für eine sachliche Rechtfertigung darstellen. Anders als in der Entscheidung des BAG vom 20. März 2012 (9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 23 ff.) haben sich die Tarifvertragsparteien nicht darauf beschränkt, nur solche Altersgrenzen festzulegen, die offensichtlich nicht dem Schutz älterer Arbeitnehmer im Sinne von § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG dienen können. Jede Altersgrenze ist deshalb gesondert auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Aus der Unwirksamkeit einzelner Altersgrenzen kann daher nicht auf die Unwirksamkeit der übrigen Altersgrenzen geschlossen werden. Zudem findet eine Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff BGB nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht statt. Auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 BGB) kommt es danach nicht an.

60

(3) Arbeitnehmer des Hotel- und Gaststättengewerbes, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, sind ältere Arbeitnehmer in diesem Sinne, nicht jedoch Arbeitnehmer, die erst das 26., 31. oder 40. Lebensjahr vollendet haben.

61

(3.1) Weder § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. A der Richtlinie 2000/78/EG - definieren, wann ein Beschäftigter „älter“' im Sinne der Norm ist. Nach dem Sinn und Zweck des Benachteiligungsverbotes reicht es ohne das Vorliegen anderer Differenzierungsgründe nicht aus, dass das Alter der begünstigten Arbeitnehmer höher ist als das Alter der nicht begünstigten. Aus dem Regelungszweck folgt, dass die begünstigten Arbeitnehmer aufgrund ihres Alters der Förderung bei der beruflichen Eingliederung oder des Schutzes bedürfen müssen (BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 21).

62

(3.2) Die Altersgrenzen von 26 und 31 Jahren sind nicht sachlich gerechtfertigt im Sinne von § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Solche Arbeitnehmer sind offensichtlich noch keine älteren Beschäftigten in diesem Sinne (vgl. nur BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - AP AGG § 7 Nr. 1 = NZA 2010, 327, Rn, 55). Nichts anderes gilt auch für das 40. Lebensjahr, selbst dann, wenn die Erholungsbedürftigkeit mit steigendem Lebensalter zunehmen sollte (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, Rn. 24).

63

Die Beklagte kann sich in Abgrenzung zu diesen Entscheidungen auch mit ihren Ausführungen zu den frühen körperlichen Belastungen im Hotel- und Gaststättengewerbe nicht erfolgreich darauf berufen, dass es der Gesundheitsschutz gebiete, schon ab dem 26. Lebensjahr Differenzierungen vorzunehmen. Die allgemeinen Ausführungen rechtfertigen eine solche Annahme schon offensichtlich nicht. Der behauptete frühe Berufseinstieg steht in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang mit dem Alter und der Leistungsfähigkeit. Die Beklagte beruft sich selbst auf die Studie von Hauer, nach der Körperkraft ab dem 25. Lebensjahr stetig sinke (Seite 4 des auszugsweise vorgelegten Dokuments). An anderer Stelle (Seite 3 des auszugsweise vorgelegten Dokuments) stellt Hauer aber klar, dass die körperliche Leistungsfähigkeit ab dem 35. Lebensjahr jährlich um 1 bis 1,5% sinke. Selbst wenn diese Zahlen als zutreffend unterstellt werden, so fehlt es doch an dem Zusammenhang dieser Studie zur „Kraft und funktionellen Leistung im Alter“ mit den auszuübenden Tätigkeiten. Es ist schon nicht feststellbar, dass für die auszuübenden Tätigkeiten für eine einhundertprozentige Leistung auch einhundert Prozent der Körperkraft des Menschen erforderlich sind. Auch die festgelegten Altersgrenzen entsprechen nicht dieser Studie, bei der es sich, soweit erkennbar, nicht um eine arbeitsmedizinische Untersuchung handelt. Konsequenterweise hätten die Tarifvertragsparteien dann Beschäftigten vor dem 25. Lebensjahr unabhängig von § 19 Abs. 2 JArbSchG entsprechend wie den 26- und 30-Jährigen entsprechend höhere Urlaubsansprüche gewähren müssen. Auch die gewählten Zeiträume widersprechen der Argumentation der Beklagten, die selbst von Fünfjahreszeiträumen ausgeht. Auch die allgemeinen Hinweise auf mögliche Erkrankungen von Kellnern und sonstigen Beschäftigten sowie deren überwiegenden Tätigkeiten im Gehen und Stehen rechtfertigen die Differenzierung ohne konkrete Anknüpfungspunkte an bestimmte Lebensalter nicht. Erst Recht ist der von der Beklagten hergestellte Zusammenhang zwischen den Mehrurlaubstagen und dem äußeren Erscheinungsbild nicht nachvollziehbar.

64

(3.3) Demgegenüber ist für das Hotel- und Gaststättengewerbe anzunehmen, dass es sich bei den Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, um ältere Beschäftigte in diesem Sinne handelt.

65

(3.3.1) Allerdings kann dies noch nicht unmittelbar auf die Entscheidung des BAG vom 20. März 2012 (9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr 2 = NZA 2012, 803, Rn. 24) gestützt werden. In dieser Entscheidung ist das BAG nicht davon ausgegangen, dass mit zunehmendem Alter das Erholungsbedürfnis von Arbeitnehmern steige. Vielmehr hat es bei über 50- oder 60-jährigen Beschäftigten ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis für „eher nachvollziehbar“ gehalten (BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 22).

66

(3.3.2) Im Streitfall kann offen bleiben, ob es einen tätigkeitsunabhängigen generellen Zusammenhang zwischen dem Erholungsbedarf und dem Alter gibt.

67

(3.3.2.1) Generell gilt ein gerichtlicher Erfahrungssatz, dass die physische Belastbarkeit eines Menschen mit zunehmendem Alter abnimmt (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - AP AGG § 7 Nr. 1 = NZA 2010, 327, Rn. 67). Dieser Erfahrungssatz betrifft auch den Wirkungszusammenhang von erreichtem Lebensalter und Krankheitsanfälligkeit (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 182 = NZA 2009, 361, Rn. 54).

68

(3.3.2.2) Auch für die vorliegende Altersgrenze des 50. Lebensjahres für den Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes gilt ein Erfahrungssatz, dass ein größerer Erholungsbedarf im erhöhten Alter besteht. Nach der auch vom BAG (21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 26) in Bezug genommenen Untersuchung „Fortschrittsreport Altersgerechte Arbeitswelt“ (Ausgabe 3 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Stand 2013) hat sich zwar die körperliche Konstitution der 45- bis 64-Jährigen verbessert, jedoch verschlechtert sich auch bei einfachen Dienstleistungen und einfachen manuellen Berufen der „selbstberichtete Gesundheitszustand in der Altersgruppe 55 bis 64 Jahre im Vergleich zum Durchschnitt“ immer noch deutlich.

69

(3.3.2.3) Dieser Bewertung entspricht auch, dass die Europäische Union in Leitlinie 17 der Entscheidung des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten 2005/600/EG (Abl. L 205 S. 24) als ältere Arbeitnehmer in diesem Sinne Arbeitskräfte über 55 Jahre angesehen und die WHO-Studiengruppe Altern und Arbeit 1991 aus arbeitsmedizinischer Sicht wegen auftretender Schwierigkeiten in Arbeit und Beruf eine Grenze ab dem 45. Lebensjahr angenommen hat (WHO Technical Report Series 835 Aging and Working Capacity - dt. Übersetzung Altern und Arbeit 1994 S. 9 f., zitiert nach LAG Rheinland-Pfalz 7. September 2012 - 6 Sa 709/11 - zitiert nach Juris, Rn. 198). Die Diskussionen um die arbeitspsychologische und -medizinische Beurteilung alternsgerechten Arbeitens bezeichnen Grenzwerte in gleicher Altersspanne (vgl. Lehr NZA-Beilage 1 2008 S. 3, 4; Dunkel-Benz ebd. S. 25).

70

(3.3.2.4) Hinter einem solchen Erfahrungssatz steht die arbeitsmedizinische Erkenntnis eines um ca. 30% jenseits des 50. Lebensjahres verminderten Belastbarkeits- und Gesundheitszustands, namentlich aufgrund Skelett-, Muskel-, Lungen-, Herz- und Sinnesfunktionseinbußen (WHO Technical Report Series 835 Aging and Working Capacity - Altern und Arbeit 1994 S. 20 ff.; Dunkel-Benz NZA-Beilage 1 2008 S. 25 ff.; Lehr ebd. S. 3, 7; Winkels Demographischer Wandel: Herausforderungen und Chancen für Personalentwicklung und betriebliche Weiterbildung S. 63 ff.; Lange Verhaltensdispositionen älterer Arbeitnehmer im Zeichen des demographischen Wandels S. 35 f.; u.a.: zitiert nach LAG Rheinland-Pfalz 7. September 2012 - 6 Sa 709/11 - zitiert nach Juris, Rn. 202). Trotz individueller Unterschiede handelt es sich um einen für jede Person lebensbegleitenden Prozess, der die Fähigkeit zu körperlicher Höchstleistung verringert, Hör- und Sehfähigkeit schmälert und Reaktionsfähigkeiten, Bewegungskoordination und Geschicklichkeiten mindert (LAG Rheinland-Pfalz 7. September 2012 - 6 Sa 709/11 - zitiert nach Juris, Rn. 202).

71

(3.3.2 5) Die Tarifvertragsparteien durften deshalb aufgrund dieser Spannbreite und der Tätigkeiten im Dienstleistungssektor annehmen, dass im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes ab dem 50. Lebensjahr ein größerer Erholungsbedarf besteht. Eine empirische Untersuchung liegt zwar nicht vor, aus der sich diese konkrete Altersgrenze entnehmen ließe. Aufgrund vorgenannten Untersuchung und des Ermessenspielraums der Tarifvertragsparteien erscheint deren Annahme jedenfalls vertretbar. Wenn in der Altersgruppe der 55 bis 64 Jahre alten Beschäftigten schon ein deutlicher Unterschied besteht, dann ist, weil die Grenzen hier fließend sind, jedenfalls die Altersgrenze von 50 Jahren nachvollziehbar. Dies steht auch im Einklang mit der gesetzgeberischen Wertung (vgl. nur § 417 SGB III und § 89 Satz 3 SGB III in der seit dem 01. Januar 2015 geltenden Fassung). Somit widerlegt die Altersgrenze von 50 Jahre auch nicht den Zweck, mit drei weiteren Urlaubstagen im Kalenderjahr dem gesteigerten Erholungsbedürfnis Rechnung zu tragen.

72

(3.3.2.6) Damit handelt es sich auch um eine objektive Regelung im Sinne von § 10 Satz 1 AGG. Dies ist immer dann der Fall, wenn das verfolgte Interesse auf tatsächlichen und nachvollziehbaren Erwägungen und die Ungleichbehandlung nicht nur aufgrund von bloßen Vermutungen oder subjektiven Einschätzungen vorgenommen wird (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - AP AGG § 7 Nr. 1 = NZA 2010, 327, Rn. 64).

73

(4) Der Mehrurlaub von drei Tagen im Kalenderjahr - maßgeblich ist im Streitfall nur der Vergleich zwischen der letzten beiden Altersgrenzen - ist auch geeignet, den Zweck nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zu fördern. Unerheblich ist dabei, ob der gestiegene Erholungsbedarf ganz oder nur partiell ausgeglichen wird (BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 34).

74

(5) Die Regelung ist auch erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG.

75

(5.1) Die Altersgrenze von 50 Jahren erscheint nach dem gegenwärtigen Stand der arbeitsmedizinischen Diskussion einer Spannbreite von 45 bis 55 Jahren angemessen.

76

(5.2) Die Mehrurlaubsdauer von drei Tagen ist auch nicht unverhältnismäßig, um dem erstrebten Zweck zu dienen. Sie liegt unterhalb des Zusatzurlaubs von fünf Tagen für Schwerbehinderte (§ 125 SGB IX) und entspricht beispielsweise der Regelung in BZTV Nr. 2 zum BMT-G 2(vgl. dazu: BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 708/08 - AP TVÜ § 2 Nr 2) und entsprach § 5 HessUrlaubsVO 2007(vgl. hierzu: ArbG Gießen 22. März 2013 - 10 Ca 358/12 - zitiert nach Juris, Rn. 73 ff, das eine Regelung des Mehrurlaubs für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, für wirksam erachtet).

77

(5.3) Dem steht auch nicht entgegen, dass nicht alle Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe denselben Erschwernissen von Dienstleistungstätigkeiten unterliegen. Es genügt, dass es sich um die Mehrheit der Beschäftigten handelt, worüber die Parteien letztlich auch nicht streiten. Von den Tarifvertragsparteien war - auch im Hinblick auf die praktische Handhabbarkeit und den Betriebsfrieden - nicht zu verlangen, nach konkreten Tätigkeiten zu differenzieren und einzelne Beschäftigtengruppen von dem Mehrurlaub auszuschließen. Auf den individuellen Bedarf musste deshalb nicht abgestellt werden (BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 34).

78

4. Die Beseitigung der Diskriminierung wegen der Staffelung vor Vollendung des 50. Lebensjahres kann nur durch eine Anpassung nach oben erfolgen, ohne dass die Beklagte Vertrauensschutz in Anspruch nehmen könnte (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - AP TVöD § 26 Nr. 2 = NZA 2012, 803, zu A.II.5 der Gründe = Rn. 27-32; BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - NZA 2012, 161, Rn. 20 ff).

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5. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auf die weiteren drei Mehrurlaubstage der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung gemäß § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen(BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - NZA 2015, 297, Rn. 39).

80

C. Die Kostentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Aufgrund des teilweisen Obsiegens und Unterliegens der Parteien waren die Kosten des Rechtsstreits verhältnismäßig zu teilen. Die Parteien streiten über eine Differenz von fünf Urlaubstagen, von denen der Klägerin zwei - entsprechend 40 % - zugesprochen worden sind.

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D. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG liegen vor.


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)