Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 24. Mai 2018 - 33 Sa 26/17
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2017 – 7 Ca 236/17 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin zum 01. November 2016 eine Tariferhöhung nach dem Tarifvertrag für die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V. – Besonderer Teil Verwaltung – unter Berücksichtigung des geltenden Übergangsrechts zu gewähren ist.
- 2
Die am ... 1973 geborene Klägerin ist Kinderpflegerin mit staatlicher Prüfung. Seit dem 12. November 1992 steht sie als Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst in Kindertagesstätten in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 30 Stunden.
- 3
Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund beidseitiger Mitgliedschaft in den tarifschließenden Verbänden die zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. und ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Hamburg – abgeschlossenen Tarifverträge vom 19. September 2005, u.a. der Tarifvertrag für die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V. (im Folgenden: TV-AVH) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten von Mitgliedern der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. in den TV-AVH und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-AVH), Anwendung.
- 4
Mit Wirkung zum 01. November 2009 wurden durch den „Tarifvertrag vom 29. März 2010 über Sonderregelungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst in Kindertagesstätten von Mitgliedern der AVH“ (Anlage K 13, Bl. 180 bis 191 d. A.) § 101 und die Anlage zu § 101 in den TV-AVH, Besonderer Teil Verwaltung (im Folgenden: TV-AVH - BT-V) eingeführt, die u.a. Entgeltgruppen („S“) und Stufenregelungen enthalten. Die Überleitung der Beschäftigten in diese Entgeltordnung wird durch den ebenfalls neu eingeführten § 26b TVÜ-AVH geregelt, der in der ausgeschriebenen Fassung auszugsweise – soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Relevanz – wie folgt lautet:
- 5
Überleitung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst in Kindertagesstätten bei Mitgliedern der AVH in die Anlage C - Kitas zu § 101 BT-V und weitere Regelungen:
- 6
(1) 1 Die unter den Anhang zur Anlage C - Kitas zu § 101 BT-V fallenden Beschäftigten (§ 1 Abs. 1 und 2) werden am 1. November 2009 in die Entgeltgruppe, in der sie nach dem Anhang zur Anlage C-Kitas eingruppiert sind, übergeleitet. 2 Die Stufenzuordnung in der neuen Entgeltgruppe bestimmt sich nach Absatz 2, das der/dem Beschäftigten in der neuen Entgeltgruppe und Stufe zustehende Entgelt nach den Absätzen 3 und 4. 3 Die Absätze 5 bis 10 bleiben unberührt.
- 7
(2) 1 Die Beschäftigten werden wie folgt einer Stufe und innerhalb dieser Stufe dem Jahr der Stufenlaufzeit ihrer Entgeltgruppe, in der sie gemäß dem Anhang einer der in Absatz 1 genannten Anlagen C-Kitas eingruppiert sind, zugeordnet:
(...)
- 8
(3) 1 Es wird ein Vergleichsentgelt gebildet, das sich aus dem am 31. Oktober 2009 zustehenden Tabellenentgelt oder dem Entgelt einer individuellen Endstufe einschließlich eines nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TV-AVH gegebenenfalls zustehenden Garantiebetrags sowie einer am 31. Oktober 2009 nach § 9 oder § 17 Abs. 5 Satz 2 zustehenden Besitzstandszulage zusammensetzt. (...)
- 9
(4) 1 Ist das Vergleichsentgelt niedriger als das Tabellenentgelt der sich nach Absatz 2 ergebenden Stufe der Entgeltgruppe, in der die/der Beschäftigte am 01. November 2009 eingruppiert ist, erhält die/der Beschäftigte das entsprechende Tabellenentgelt ihrer/seiner Entgeltgruppe. 2 Übersteigt das Vergleichsentgelt das Tabellenentgelt der sich nach Absatz 2 ergebenden Stufe, erhält die/der Beschäftigte solange das Vergleichsentgelt, bis das Tabellenentgelt unter Berücksichtigung der Stufenlaufzeiten nach § 1 Abs. 2 Satz 6 bis 8 der Anlage zu § 101 BT-V das Vergleichsentgelt erreicht bzw. übersteigt. 3 Liegt das Vergleichsentgelt über der höchsten Stufe der Entgeltgruppe, in der die/der Beschäftigte nach dem Anhang zur Anlage C-Kitas zu § 101 BT-V eingruppiert ist, wird die/der Beschäftigte einer dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet. (...) 7 Das Vergleichsentgelt verändert sich um denselben Vomhundertsatz bzw. in demselben Umfang wie die nächst höhere Stufe; eine individuelle Endstufe nach Satz 3 und 6 verändert sich um denselben Vomhundertsatz bzw. in demselben Umfang wie die höchste Stufe der jeweiligen Entgeltgruppe.
- 10
(5) (...)
- 11
(6) Das Vergleichsentgelt steht dem Tabellenentgelt im Sinne des § 15 Abs. 1 TV-AVH gleich.
(...)
- 12
§ 15 Abs. 1 TV-AVH [Tabellenentgelt] lautet wie folgt:
- 13
1 Die/Der Beschäftigte erhält monatlich ein Tabellenentgelt. 2 Die Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe.
- 14
Zum 01. November 2009 leitete die Beklagte die Klägerin nach § 26b Abs. 1 TVÜ-AVH in die Entgeltgruppe S 4 Anlage zu § 1 Abs. 1 der Anlage zu § 101 Abs. 1 TV-AVH - BT-V /Anlage C Kitas über (die im Folgenden genannten Entgeltgruppen ohne nähere Bezeichnung sind solche der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Anlage zu § 101 Abs. 1 TV-AVH - BT-V /Anlage C Kitas). Da das Tabellenentgelt in der der Klägerin zugeordneten Stufe 4 das ihr zustehende Vergleichsentgelt übersteigt, erhält sie ein Vergleichsentgelt in der individuellen Zwischenstufe 4+. Dieses betrug im Dezember 2015 2.238,58 € brutto und lag damit unterhalb des Tabellenentgelts der Entgeltgruppe 4 / Stufe 6 der Entgelttabelle (3.030,34 € brutto).
- 15
Die allgemeinen Tariferhöhungen zum 01. März 2016 iHv 2,4 % und zum 01. Februar 2017 iHv 2,35 % gab die Beklagte nach Maßgabe des § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH an die Klägerin weiter, indem sie das Vergleichsentgelt um denselben Prozentsatz bzw. in demselben Umfang erhöhte wie die nächsthöhere Stufe 5 der Entgeltgruppe 4.
- 16
Zum 01. November 2016 traten aufgrund des Änderungstarifvertrags Nr. 20 zum TV-AVH - BT-V (Anlage K 4, Bl. 10 bis 24 d. A.) u.a. eine Änderung der Anlage zu § 101 TV-AVH/ BT-V, der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Anlage zu § 101 Anlage C-Kitas und des Anhangs zur Anlage C-Kitas in Kraft. Diese beinhalten u.a. den Wegfall der Entgeltgruppen S 5 und S 6 und die Aufspaltung der Entgeltgruppen S 8 und S 11. Darüber hinaus sind die Definitionen für die Entgeltgruppen und die Stufenaufstiegsregelungen teils verändert. Die Entgeltgruppe S 4, in die die Klägerin eingruppiert ist, bleibt – allerdings mit erhöhten Tabellenwerten in den Stufen 1 bis 6 - unverändert bestehen. Im Einzelnen erhöhten sich die Tabellenwerte der Entgeltgruppe S 4 zum 01. Januar 2016 wie folgt (Beträge in €):
- 17
Bis zum 31. Dezember 2015:
- 18
Entgeltgruppe
Grundentgelt
Entwicklungsstufen
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
Stufe 6
S 4
2.154,84
2.433,58
2.578,52
2.701,18
2.779,22
2.879,57
- 19
Ab 01. Januar 2016:
- 20
Entgeltgruppe
Grundentgelt
Entwicklungsstufen
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
Stufe 6
S 4
2.260,76
2.511,63
2.667,73
2.773,65
2.874,00
3.030,34
- 21
Durch den gleichfalls zum 01. November 2016 in Kraft getretenen Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH vom 05. November 2015 (Anlage K 8, Bl. 30 bis 38 d. A.) wird unter § 1 geregelt, wie die Veränderungen des Änderungstarifvertrages Nr. 20 zum TV-AVH/ BT-V auf die übergeleiteten Beschäftigten anzuwenden sind. Zu diesem Zweck wird nach § 27 a TVÜ-AVH § 27b TVÜ-AVH eingeführt, der in der ausgeschriebenen Fassung auszugsweise wie folgt lautet:
- 22
§ 27b Besondere Regelungen für am 31. Dezember 2015 nach dem Anhang zur Anlage C zu § 101 BT-V eingruppierte Beschäftigte und weitere Regelungen
- 23
(1) Beschäftigte, die nach dem Anhang zur Anlage C zu § 101 BT-V am 31. Dezember 2015 in einer der folgenden Entgeltgruppen eingruppiert sind und am 01. Januar 2016 in einer der folgenden Entgeltgruppen eingruppiert sind:
- 24
Entgeltgruppe
am 31. Dezember 2015Entgeltgruppe
am 1. Januar 2016S 8
S 8b
S 11
S 11b
- 25
werden stufengleich unter Beibehaltung der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die am 1. Januar 2016 maßgebliche Entgeltgruppe übergeleitet.
- 26
Protokollerklärung zu Absatz 1:
- 27
1. 1 Die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe bleibt unberührt. 2 § 26b Abs. 4 Satz 7 findet Anwendung.
- 28
2. 1 Für in Entgeltgruppe S 8 eingruppierte Beschäftigte, die der Entgeltgruppe S 8b zugeordnet werden, gelten folgende abweichende Vorschriften: (...)
- 29
(2) 1 Beschäftigte, für die sich außerhalb von Absatz 1 am 1. Januar 2016 nach dem Anhang zur Anlage C zu § 101 BT-V eine Eingruppierung in einer höheren Entgeltgruppe als am 31. Dezember 2015 ergibt, die sich auch bei einem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages am 1. Juli 2015 ergeben hätte, bleiben in ihrer bisherigen Entgeltgruppe eingruppiert, wenn sie nicht bis zum 31. Dezember 2016 (Ausschlussfrist) ihre Höhergruppierung beantragen. 2 Der Antrag wirkt auf den 1. Juli 2015 zurück. 3 Ruht das Arbeitsverhältnis am 1. Juli 2015, beginnt die Frist von einem Jahr mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; Satz 2 findet Anwendung. 4 Für diese Höhergruppierungen finden § 17 Abs. 4 TV-AVH und § 26b Abs. 5 Satz 1 Anwendung. 5 Fallen am 1. Juli 2015 ein Stufenaufstieg und die Höhergruppierung zusammen, erfolgt erst der Stufenaufstieg und anschließend die Höhergruppierung. 6 Beschäftigte, die einen Antrag nach Satz 1 gestellt haben, haben Anspruch auf die Einmalzahlung nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 9 vom 5. November 2015 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten von Mitgliedern der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. in den TV-AVH und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-AVH) vom 19. September 2005; Anspruch auf Entgelt aus der höheren Entgeltgruppe besteht ab dem 1. Januar 2016
- 30
(3) 1 Werden Beschäftigte zum 1. Januar 2016 aus einer individuellen Endstufe nach Absatz 1 einer höheren Entgeltgruppe zugeordnet oder nach Absatz 2 höhergruppiert, erhalten sie in der höheren Entgeltgruppe ein Entgelt, das dem Entgelt ihrer bisherigen individuellen Endstufe zuzüglich des Zuordnungs- bzw. Höhergruppierungsgewinns, den die Beschäftigten erhalten, die aus der höchsten Stufe ihrer bisherigen Entgeltgruppe der höheren Entgeltgruppe zugeordnet oder in diese höhergruppiert werden, entspricht. 2 Soweit sich zum 1. Januar 2016 allein die Tabellenwerte der Entgeltgruppe der Anlage C zu § 101 BT-V erhöhen, findet § 6 Abs. 4 Satz 4 entsprechende Anwendung.
- 31
(4) Für Beschäftigte der Entgeltgruppe S 9, die am 31. Dezember 2015 den Stufen 1 oder 2 zugeordnet sind, finden für die Dauer des Verbleibs in den Stufen 1 und 2 die Tabellenwerte der Stufen 1 und 2 nach dem Stand vom 31. Dezember 2015 Anwendung.
- 32
(5) 1 Beschäftigte im Sinne des § 26b Abs. 7 Satz 1, die nicht innerhalb der Antragsfrist nach § 26b Abs. 7 Satz 1 ihre Eingruppierung nach dem Anhang zu der Anlage C zu § 101 BT-V B geltend gemacht haben und die weiterhin Entgelt nach der Anlage A zum TV-AVH erhalten, können bis zum 31. August 2016 (Ausschlussfrist) ihre Eingruppierung nach dem Anhang zu der Anlage C zu § 101 BT-V B schriftlich beantragen. 2 Bei Beschäftigten, die von ihrem Antragsrecht nach Satz 1 Gebrauch machen, wird ein Vergleichsentgelt gebildet, das aus dem diesen Beschäftigten am 31. Dezember 2015 zustehenden Tabellenentgelt, gegebenenfalls zuzüglich eines am 31. Dezember 2015 nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TV-AVH zustehenden Garantiebetrages und einer am 31. Dezember 2015 zustehenden Besitzstandszulage nach § 9, besteht. 3 Diese Beschäftigten werden einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Zwischenstufe der Entgeltgruppen S 8b bzw. S 9 zugeordnet. 4 Zum 1. Juli 2017 steigen diese Beschäftigten in die dem Betrag nach nächsthöhere reguläre Stufe ihrer Entgeltgruppe auf. 5 Der weitere Stufenaufstieg richtet sich nach § 1 Abs. 2 der Anlage zu § 101 BT-V. 6 Liegt das Vergleichsentgelt nach Satz 2 über der höchsten Stufe der Entgeltgruppe S 8b bzw. S 9, werden diese Beschäftigten einer dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet. 7 Werden Beschäftigte vor dem 1. Juli 2017 aus einer individuellen Zwischenstufe höhergruppiert, so erhalten sie in der höheren Entgeltgruppe Entgelt nach der regulären Stufe, deren Betrag mindestens der individuellen Zwischenstufe entspricht. 8 Werden Beschäftigte aus einer individuellen Endstufe höhergruppiert, so erhalten sie in der höheren Entgeltgruppe mindestens den Betrag, der ihrer bisherigen individuellen Endstufe entspricht. 9 Die individuelle Zwischen- bzw. Endstufe verändert sich bei allgemeinen Entgeltanpassungen um den von den Tarifvertragsparteien für die Entgeltgruppe S 8b bzw. S 9 festgelegten Vomhundertsatz. 10 § 26b Abs. 10 findet Anwendung. 11 § 26b Abs. 11 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 31. Oktober 2009 der 31. Dezember 2015 und an die Stelle des 1. November 2009 der 1. Januar 2016 tritt.
- 33
(6) 1 Ein am 30. Juni 2015 zustehender Strukturausgleich nach § 12 vermindert sich bei Höhergruppierung nach Absatz 2 um den sich daraus ergebenden Höhergruppierungsgewinn. 2 Dies gilt auch bei Höhergruppierungen aus einer individuellen Endstufe nach Absatz 3.
- 34
§ 6 TVÜ-AVH regelt die Stufenzuordnung der Angestellten aus dem Geltungsbereich des MTV-Angestellte. § 6 Abs. 4 TVÜ-AVH in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung lautet wie folgt:
- 35
1 Liegt das Vergleichsentgelt über der höchsten Stufe der gemäß § 4 bestimmten Entgeltgruppe, werden die Beschäftigten abweichend von Absatz 1 einer dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet. 2 Werden Beschäftigte aus einer individuellen Endstufe höhergruppiert, so erhalten sie in der höheren Entgeltgruppe mindestens den Betrag, der ihrer bisherigen individuellen Endstufe entspricht. 3 Im Übrigen gilt Absatz 2 entsprechend. 4 Die individuelle Endstufe verändert sich um denselben Vomhundertsatz bzw. in demselben Umfang wie die höchste Stufe der jeweiligen Entgeltgruppe.
- 36
§ 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 vom 05. November 2005 (Anlage K 8, Bl. 30 bis 38 d. A.) sieht die Gewährung einer Einmalzahlung vor und lautet auszugsweise wie folgt:
- 37
(1) [1]1 Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis in dem Zeitraum von sechs Kalendermonaten vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages bestanden hat oder begründet worden ist, haben im Januar 2016 Anspruch auf eine Einmalzahlung. 2 Die Höhe der Einmalzahlung ergibt sich aus den Anlagen 1 und 2.
(...)
- 38
(2) 1 Teilzeitbeschäftigte erhalten den Teilbetrag der Einmalzahlung, der dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit zu der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten entspricht. 2 Maßgeblich sind die Verhältnisse jeweils am Ersten eines Kalendermonats.
- 39
(3) 1 Die Einmalzahlung wird mit dem Entgelt für den Monat Januar 2016 ausgezahlt.
(...)
- 40
Anlage 2 zu § 101 TV-AVH – BT-V-
- 41
EG/Stufe
EG/Stufe
Einmalzahlung
in EURIm Zeitraum nach § 2 Abs. 1
Unterabs. 1 Satz 1Zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des
TarifvertragsS 4 / 4
S 4 / 4
510,00
- 42
In der von der AVH und ver.di unterzeichneten „Niederschrift über eine Tarifverhandlung im April 2016“ aus April 2016 (Anlage K 7, Bl. 29 d.A.) haben die Tarifvertragsparteien unter Ziffer 1 das Verhandlungsergebnis wie folgt zusammengefasst:
- 43
Die Tarifverhandlungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst wurden am 5. November 2015 beendet und die Redaktion der Tarifvertragsentwürfe zur Umsetzung der Tarifeinigung für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst vom 5. November 2015 am 17. Februar 2016 abgeschlossen.
- 44
In den Tarifverhandlungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst am 20. Oktober 2015 hatte die AVH deutlich gemacht, dass die von diesem Tarifabschluss erfassten Mitglieder aufgrund der Finanzierungsquellen und -ströme und der prospektiven Pflegesätze erhebliche Schwierigkeiten hätten, den Tarifabschluss zu finanzieren. Die AVH hatte vor diesem Hintergrund ein Inkrafttreten der Regelungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst zum 1. Januar 2016 und eine pauschalierte Einmalzahlung im Januar 2016 vorgeschlagen. Zwischen den Tarifvertragsparteien konnte Einvernehmen über eine Einmalzahlung erzielt werden, deren Beträge sich aus den Anlagen 1 und 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 vom 5. November 2015 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten von Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. in den TV-AVH und zur Regelung des Übergangsrechts (TV-AVH) vom 19. September 2005 ergeben. Die Anlagen 1 und 2 zu § 2 des genannten Änderungstarifvertrages weisen allerdings nur Beträge für Einmalzahlungen aus, die sich aus Veränderungen zwischen regulären Stufen der Entgeltgruppen ergeben. Mögliche Veränderungen aus der Tarifeinigung für Beschäftigte, die sich in einer individuellen Zwischenstufe (Vergleichsentgelt) bzw. in einer individuellen Endstufe befinden, sind nicht abgebildet. Auch diese Beschäftigten haben grundsätzlich Anspruch auf eine Einmalzahlung nach Maßgabe der Regelung des § 2 des genannten Änderungstarifvertrages, sofern sie einen Zugewinn aus der Tarifeinigung vom 5. November 2015 haben.
- 45
Mit Schreiben vom 13. Juni 2016 (Anlage K 9, Bl. 39 d. A.) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Erhöhung ihres Vergleichsentgelts von 2.238,58 € brutto um 3,41 % auf 2.314,92 € brutto, rückwirkend zum 01. Januar 2016 geltend; ferner eine „Einmalzahlung entsprechend § 2 TVÜ-AVH“.
- 46
Dieses Begehren verfolgt sie mit ihrer Klage weiter. Auf Grundlage von § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 ÄnderungsTV Nr. 9 i.V.m. Anlage 2 zu § 101 TV-AVH - BT-V beziffert sie die Einmalzahlung unter Zugrundelegung ihrer regelmäßigen individuellen Arbeitszeit von 30 Stunden und einer für einen Vollzeitbeschäftigten unstreitig geltenden Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 397,39 € brutto (= 510,00 € brutto x 30 / 38,5).
- 47
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr Vergleichsentgelt sei zum 01. Januar 2016 um 3.41%, mithin um 73,34 € auf 2.314,92 € zu erhöhen. Dies ergebe sich aus § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH. Sie habe nach dieser Regelung Anspruch auf Erhöhung des gebildeten Vergleichsentgelts in demselben Umfang wie die nächst höhere Stufe 5.
- 48
Die Tarifvertragsparteien wollten mit § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH sicherstellen, dass das Vergleichsentgelt bis zum Erreichen oder Überschreiten des Tabellenentgelts durch einen Stufenaufstieg oder durch Höhergruppierung nicht statisch sei, sondern dynamisch an Tariferhöhungen teilnehme. Auch aus dem für individuelle Endstufen geltenden, entsprechend wortgleichen § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH ergebe sich, dass individuelle Endstufen dynamisch ausgestaltet seien und nicht abschmelzen sollten. Dass eine individuelle Zwischenstufe gebildet worden sei, sei unerheblich, denn ausgehend vom Wortlaut des § 26b Abs. 4 S. 7, 1. HS TVÜ-AVH verändere sich das Vergleichsentgelt als Ganzes.
- 49
§ 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH finde auf ihren Fall keine Anwendung. Diese Regelung betreffe nur den Sonderfall der individuellen Endstufe im Anwendungsbereich der Absätze 1 und 2 des § 27b TVÜ-AVH. Die Tarifvertragsparteien träfen in der Regel bei Änderungen in den Tarifverträgen nur solche Regelungsgegenstände neu, die sich zwingend aus der „Neueinführung“ ergäben. Die anderen Regelungsgehalte und Normen blieben unberührt und fänden weiter Anwendung auf alle geltenden Fallgestaltungen. § 1 Nr. 4 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 beträfe nur Sonderfälle, nicht jedoch den vorliegenden Fall mit einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 4. Diese Entgeltgruppe sei schon in dem Änderungstarifvertrag, mit dem § 26b TVÜ-AVH eingeführt worden sei, geregelt worden. Soweit mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 9 § 26b TVÜ-AVH geändert werde, werde dies ausdrücklich bestimmt.
- 50
Sollte das Gericht der Auffassung sein, dass entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 27b TVÜ-AVH auch die Entgeltgruppe S 4 geregelt werde, sei darauf hinzuweisen, dass in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 27b Abs. 1 Nr. 1 TVÜ-AVH ausdrücklich bestimmt werde, dass die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe unberührt bleibe und dass § 26 b Abs. 4 Satz 7 TVÜ-AVH Anwendung finde.
- 51
Das Ziel der Tarifeinigung sei eine Aufwertung für alle Beschäftigten. Beschäftigte in einer individuellen Zwischenstufe sollten von einem positiven Tarifabschluss nicht ausgeschlossen werden; dieser Sonderfall sei auch in den Verhandlungen besprochen worden; es habe insoweit Einigkeit bestanden, dass das Vergleichsentgelt - unabhängig davon, ob individuelle Zwischen- oder Endstufe - erhöht werde (Beweis: Zeugnis der Frau S.).
- 52
Darüber hinaus habe sie einen Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von 397,39 brutto, die ein Äquivalent zum verzögerten Inkrafttreten gegenüber dem bereits abgeschlossenen TVÖD-VKA sei.
- 53
Schließlich stehe ihr ein Verzugsschaden in Höhe von je 40,00 € für die Monate Januar 2016 bis einschließlich April 2017 (=16 Monate), insgesamt 640,00 € netto, zu.
- 54
Mit ihrer am 06. Juni 2017 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage hat die Klägerin beantragt,
- 55
1. festzustellen, dass sich das Grundentgelt der Klägerin ab dem 01. Januar 2016 um 3,41 % erhöht hat;
- 56
2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 397,39 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2016 zu zahlen;
- 57
3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 640,00 € netto als Verzugsschaden gem. § 288 Abs. 5 BGB zu zahlen.
- 58
Die Beklagte hat beantragt,
- 59
die Klage abzuweisen.
- 60
Die Beklagte hat vorgetragen, § 26b TVÜ-AVH gelte nur bei allgemeinen Tariferhöhungen, wie sie zum 01. März 2016 und zum 01. Februar 2017 erfolgt seien, nicht jedoch bei strukturellen Veränderungen, wie sie mit der Tarifeinigung vom 05. November 2015 beschlossen worden seien. Zu Veränderungen aufgrund der Neustrukturierung komme es nur dort, wo dies ausdrücklich in der Systemanpassung, d.h. in § 27b TVÜ-AVH, geregelt werde. Eine Regelung über eine Erhöhung bestehe nach § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH nur für individuelle Endstufen und nicht für individuelle Zwischenstufen. Solange sich das Vergleichsentgelt innerhalb der Entgeltgruppe bewege, verändere es sich nicht. Nur wenn das Vergleichsentgelt höher sei als die höchste Stufe der Entgeltgruppe, sei es anzupassen. Da die Klägerin keine Entgeltgruppenerhöhung erfahren habe, habe sie nach § 2 Abs. 1 S. 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 zum TVÜ-AVH vom 05. November 2015 i.V.m. § 27b Abs. 2 TVÜ-AVH auch keinen Anspruch auf eine Einmalzahlung.
- 61
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 30. November 2017 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH finde vorliegend keine Anwendung. Vielmehr werde diese Regelung verdrängt durch die spezielle Regelung des § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH.
- 62
§ 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH gehöre zu den Regelungen, die der Überleitung von Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst in Kindertagesstätten bei Mitgliedern der AVH in die Anlage C-Kitas zum 01. November 2009 dienten. Hierzu gebe es in § 27b TVÜ-AVH besondere Regelungen für am 31. Dezember 2015 nach dem Anhang zur Anlage C zu § 101 BT-V eingruppierte Beschäftigte, zu denen auch die Klägerin gehöre.
- 63
Dabei enthalte § 27b Abs. 1 TVÜ-AVH Regelungen für die Überleitung von Beschäftigten der früheren Entgeltgruppen S 8 und S 11. § 27b Abs. 2 TVÜ-AVH enthalte Regelungen für sonstige Beschäftigte, die zum 01. Januar 2016 eine Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe als am 31. Dezember 2015 erhielten. Beide Regelungen fänden unstreitig auf die Klägerin keine Anwendung. § 27b Abs. 3 TVÜ-AVH enthalte in dessen Satz 1 Regelungen für Beschäftigte, die zum 01. Januar 2016 entweder aus einer individuellen Endstufe nach Abs. 1 in der höheren Entgeltgruppe zugeordnet oder nach Abs. 2 höhergruppiert würden. Auch diese Regelungen beträfen die Klägerin nicht.
- 64
§ 27b Abs. 3 Satz 2 TVÜ-AVH hingegen betreffe den Fall der Klägerin. Diese Regelung gelte nach dem eindeutigen Wortlaut für Fälle, in denen sich zum 01. Januar 2016 allein die Tabellenwerte der Entgeltgruppe erhöhten. Dies sei bei der Klägerin der Fall: Die Klägerin bleibe zum 01. Januar 2016 in die Entgeltgruppe S 4 eingeordnet, deren Tabellenwerte sich zu diesem Zeitpunkt jedoch erhöhten.
- 65
Dass die Änderung des Tarifvertrages zum 01.Januar 2016 eine generelle Anhebung der Bezüge zum Inhalt habe, wie die Klägerin meint, könne die Kammer nicht nachvollziehen, weil es auch Entgeltgruppen gebe, die keine Veränderung erführen (z.B. S 7, S 13). Ungeachtet dessen sei auch nicht ersichtlich, welche Schlussfolgerungen ein solcher Umstand für Beschäftigte habe, die nicht nach der Tabelle vergütet würden, sondern eine individuelle Zwischenstufe bezögen.
- 66
Soweit es – wie die Klägerin meint - Ziel der Tarifbewegung gewesen sei, eine Aufwertung für alle Beschäftigten zu erhalten, so sei dieses Ziel jedenfalls aufgrund der oben beispielhaft aufgeführten nicht veränderten Entgeltgruppen nicht durchgängig erreicht worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich aus dieser nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Behauptung Schlussfolgerungen ziehen ließen, die zu einer anderen Bewertung der Sache führten.
- 67
Es sei somit festzuhalten, dass für die Klägerin die Rechtsfolgen der Tarifänderung aus § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH abzuleiten seien. Dieser verweise auf § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH. Nach dessen Regelung erhöhte sich nur eine individuelle Endstufe, eine Regelung für eine Erhöhung einer individuellen Zwischenstufe finde sich dort hingegen nicht, sodass der Klägerin im Ergebnis für ihr Begehren keine Anspruchsgrundlage zur Verfügung stehe.
- 68
Da die Klägerin damit nicht zu denjenigen Beschäftigten gehöre, für die sich nach dem Änderungstarifvertrag Nr. 9 eine Entgeltgruppenerhöhung ergebe, stehe ihr auch die Einmalzahlung nicht zu. In § 2 Abs. 1 S. 2 des „Änderungstarifvertrages Nr. 9" vom 05. November 2015 in Verbindung mit §27 b Abs. 2 TVÜ - AVH sei ausdrücklich geregelt, dass nur die Beschäftigten einen Anspruch auf die Einmalzahlung haben, die auch eine Entgeltgruppenerhöhung erführen.
- 69
Da die Beklagte der Klägerin die mit den Anträgen zu 1. und 2. begehrten Zahlungen nicht zu leisten habe, komme auch die Zahlung eines Verzugsschadens (Antrag zu 3.) nicht in Betracht.
- 70
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
- 71
Gegen dieses am 04. Dezember 2017 (Bl. 139 d. A.) ihr zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 28. Dezember 2017 (Bl.141 f. d. A.) beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 31. Januar 2018 (Bl.172 ff. d. A.) beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangen.
- 72
Die Klägerin hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend und trägt vor, das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH durch § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH verdrängt werde. Im Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH sei unter § 1 Abs. 4 ein neuer § 27b TVÜ-AVH eingeführt worden, der nur für die dort getroffenen Fallgestaltungen Geltung entfalte. § 27 b Abs. 1 und Abs. 2 TVÜ-AVH fänden unstreitig – auch nach Auffassung des Arbeitsgerichts – auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts betreffe auch § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH nicht ihr Arbeitsverhältnis. Dies ergebe sich aus Satz 1, welcher sich wiederum auf Beschäftigte aus einer individuellen Endstufe nach Abs. 1 sowie auf Beschäftigte nach Abs. 2 beziehe. Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, dass mit Satz 2 alle weiteren Entgeltgruppen der Anlage C zu § 101 BT-V geregelt werden sollten, sei nicht folgerichtig, denn dies widerspreche Satz 1, wonach sich der 3. Absatz des § 27b TVÜ-AVH auf die in § 27b Absatz 1 und Absatz 2 TVÜ-AVH genannten Beschäftigten beziehe. Wenn die Tarifvertragsparteien für alle übrigen Entgeltgruppen eine Regelung hätten treffen wollen, so wäre hierfür ein eigenständiger Absatz bzw. eine eigenständige ausdrückliche Regelung zu treffen gewesen. Der Verweis auf § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH, der sich auch nur auf individuelle Endstufen beziehe, ergebe auch nur bei dieser Betrachtungsweise Sinn.
- 73
Mit § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH habe klargestellt werden sollen, dass auch die Beschäftigten (der neuen Entgeltgruppen S 8b und S 11b), die sich aufgrund der neuen Regelung in einer individuellen Endstufe befänden, allerdings bereits ein höheres Entgelt bezögen, ebenfalls von einer allgemeinen Tariflohnerhöhung profitieren sollten. Dies betreffe beispielsweise den Fall einer Arbeitnehmerin X, die in der Entgeltgruppe S 8, Stufe 6 eingruppiert sei und in einer individuellen Endstufe ein Entgelt von 3.600,00 € erhalte; diese werde zum 01. Januar 2016 in die Entgeltgruppe S 8b, Stufe 6 eingruppiert. Da diese nur ein Entgelt von 3.530,00 € vorsehe, finde für sie § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH Anwendung. Dieser sichere ihr eine Erhöhung um denselben Vomhundertsatz wie die höchste Stufe der jeweiligen Entgeltgruppe.
- 74
Das Arbeitsgericht habe auch die Tarifsystematik nicht berücksichtigt. Die Tarifvertragsparteien träfen in der Regel bei Änderungen in den Tarifverträgen nur solche Regelungen, die sich zwingend aus der „Neueinführung“ ergäben. Andere Regelungsgegenstände und Normen blieben unberührt und fänden weiter auf alle geltenden Fallgestaltungen Anwendung.
- 75
Für die von ihr vertretene Auffassung spreche auch die Tarifhistorie: Die Tarifvertragsparteien lehnten sich bei der Überarbeitung der Entgeltordnung im Jahr 2015 an die Verhandlungen und das Verhandlungsergebnis des bundesweit für kommunale Arbeitgeber Anwendung findenden TVÖD-VKA an. Es sei bundesweit – und auch in dem hier vorliegenden Fall – eine Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes herbeigeführt worden. Allein der Umstand, dass einige wenige Entgeltgruppen hierbei nicht von der allgemeinen Erhöhung profitieren könnten, weise nicht darauf hin, dass eine generelle Anhebung der Bezüge seitens der Tarifvertragsparteien nicht maßgeblicher Inhalt habe sein sollen, wie das Arbeitsgericht zu Unrecht angenommen habe. Das Ziel der Tarifbewegung sei eine Aufwertung für die Beschäftigten. Das Ziel der Einmalzahlung nach § 2 TVÜ-AVH sei ein Äquivalent zum verzögerten Inkrafttreten gegenüber dem bereits abgeschlossenen TVÖD-VKA.
- 76
Dass mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH nichts an § 26b TVÜ-AVH habe geändert werden sollen, ergebe sich unmittelbar aus dem Änderungstarifvertrag, der ausdrücklich regele, inwieweit Änderungen eintreten sollten, z.B. an § 26a Abs. 8 TVÜ-AVH und § 26 b Abs. 8 TVÜ-AVH. In § 1 Nr. 4 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 zum TVÜ-AVH werde vielmehr ausdrücklich bestimmt, dass die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe unberührt bleibe und das § 26 b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH Anwendung finde. Hätten die Tarifvertragsparteien eine neue Regelung der Zwischenstufen treffen wollen, wäre es ein Einfaches gewesen, dieses deutlich im Tarifvertragstext zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere hätte dies in § 1 Nr. 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 9 zum TVÜ-AVH, der ausdrücklich Änderungen an § 26b TVÜ-AVH regele, aufgenommen werden müssen.
- 77
Beschäftigte in einer individuellen Zwischenstufe sollten von einem positiven Tarifabschluss nicht ausgeschlossen werden. Dieser Sonderfall sei auch in den Verhandlungen besprochen worden; es habe insoweit Einigkeit bestanden, dass das Vergleichsentgelt – unabhängig davon, ob individuelle Zwischen- oder Endstufe – erhöht werde (Beweis: Zeugnis der bei den Tarifverhandlungen anwesenden Frau S.).
- 78
Da sie einen Zugewinn aus der Tarifeinigung habe, stehe ihr auch die geltend gemachte Einmalzahlung zu.
- 79
Die Klägerin beantragt zuletzt,
- 80
das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2017, Aktenzeichen 7 Ca 236/17, abzuändern und
- 81
1. festzustellen, dass sich das der Klägerin am 01. Januar 2016 zustehende Vergleichsentgelt von 2.238,56 € brutto ab dem 01. Januar 2016 um 3,41 % erhöht hat;
- 82
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 397,39 € brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2016 zu zahlen.
- 83
Die Beklagte beantragt,
- 84
die Berufung zurückzuweisen.
- 85
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und erwidert auf die Berufungsbegründung, in dem Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH werde geregelt, wie mit den neuerlichen Tabellenentgeltveränderungen, die sich aus dem Änderungstarifvertrag Nr. 20 zum TV-AVH - BT-V ergäben, verfahren werden solle. Die klägerische Entgeltgruppe S 4 werde von der Regelung in dem neu eingeführten § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH erfasst, da lediglich deren Tabellenwerte erhöht würden. Damit gebe es in der Neuregelung eine spezielle Regelung, wie in diesem Fällen anlässlich der Tabellenveränderung der aktuellen Tarifrunde zu verfahren sei. Diese spezielle Regelung verdränge § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH. Aus dem Verweis auf § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH ergebe sich eindeutig, dass von der reinen Tabellenwerterhöhung lediglich die individuellen Endstufen, nicht jedoch die individuellen Zwischenstufen, einen Vorteil haben sollten. Die Mitarbeiter der individuellen Zwischenstufen sollten also durch die Tabellenwerterhöhung ein Stück mehr in das Tarifgefüge hineinwachsen und keine eigene Erhöhung erfahren.
- 86
Entgegen der Auffassung der Klägerin habe – ausgehend vom insoweit eindeutigen Wortlaut - § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH keinen Bezug zu § 27b Abs. 3 S. 1 TVÜ-AVH, sondern regele ausdrücklich einen eigenen Fall. § 27b TVÜ-AVH sei eine in sich abschließende Regelung aller Entgeltveränderungen, die mit den Tabellenveränderungen einhergingen. Er regele die Fälle der Gruppenaufspaltung, der Höhergruppierung und der reinen Tabellenwerterhöhung. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH auf die Fälle der individuellen Endgruppen sei dem Tatbestand gerade nicht zu entnehmen.
- 87
Entgegen der Auffassung der Klägerin habe es auch keine generelle Anhebung der Bezüge gegeben; unstreitig gebe es Tarifgruppen, die keinerlei Erhöhung erführen. Soweit die Klägerin behauptet, es sei der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, auch die individuellen Zwischenstufen zu erhöhen, so werde dieser Vortrag mit Nichtwissen bestritten. Letztlich sei aber entscheidend, dass ein solcher Wille in der schriftlich niedergelegten Einigung keine Berücksichtigung gefunden habe.
- 88
Der Verweis auf § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH in der Protokollerklärung Ziff. 1 zu § 1 Nr. 4 Abs. 1 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 zum TVÜ-AVH - BT-V betreffe ausdrücklich nur die Entgeltgruppen S 8 und S 11.
- 89
Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 31. Januar 2018 (Bl.172 bis 191 d. A.) und auf die Berufungsbeantwortung vom 06. April 2018 (Bl.209 bis 215 d. A.) verwiesen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die Änderungstarifverträge Nr. 9 zum TV-AVH (Anlage K 8, Bl. 30 bis 38 d.A.) und Nr. 20 zum TV-AVH - BT-V (Anlage K 4, Bl. 10 bis 24 d. A.), einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).
Entscheidungsgründe
A.
- 90
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
I.
- 91
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II.
- 92
Die Berufung ist unbegründet, weil die zulässige Klage unbegründet ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erhöhung des ihr am 01. Januar 2016 zustehenden Tabellenentgelts von 2.238,56 € brutto um 3,41 % (Antrag zu Ziffer 1). Da sie aus der Tarifeinigung vom 05. November 2015 keinen Zugewinn hat, hat sie auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Einmalzahlung von 397,39 € brutto (Antrag zu Ziffer2.).
- 93
Dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das weitere Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
- 94
1. Der unter Ziffer 1. gestellte Feststellungsantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.
- 95
a. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). An die Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die eines Leistungsantrags. Wenn ein Arbeitnehmer die Feststellung begehrt, dass ihm eine höhere Vergütung zusteht, muss er im Antrag den Ausgangswert der begehrten höheren Vergütung angeben. Die Angabe des Ausgangswertes ist erforderlich, damit das festgestellte materielle Rechtsverhältnis zur Grundlage eines vollstreckbaren Leistungsanspruchs gemacht werden kann (BAG, Urteil vom 25. Januar 2017 - 4 AZR 520/15 -, juris Rn. 22).
- 96
b. Diesen Anforderungen wird der Antrag der Klägerin gerecht, weil sie in ihm den Ausgangswert - das Vergleichsentgelt iHv 2.238,56 € brutto - benennt, auf den sie die tarifliche Erhöhung von 3,41 % zum 01. Januar 2016 begehrt.
- 97
c. Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist gegeben, weil durch die begehrte Feststellung die zwischen den Parteien streitige Frage abschließend und für die Zukunft geklärt werden kann, ob die Klägerin zum 01. Januar 2016 eine 3,4-prozentige Erhöhung nach Maßgabe des § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH auf das ihr zustehende Tarifgehalt von 2.238,56 € brutto nach der Entgeltgruppe S 4/4+ beanspruchen kann. Es ist zu erwarten, dass die Beklagte einer rechtskräftigen Feststellung Folge leisten wird, so dass es einer, auch auf zukünftige Leistung gerichteten Leistungsklage nicht bedarf.
- 98
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte 3,4-prozentige Erhöhung, weil § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH nicht anwendbar ist. Die Tarifvertragsparteien haben mit § 27b TVÜ-AVH eine umfassende und abschließende Regelung zur Umsetzung der sich aus dem Änderungstarifvertrag Nr. 20 zum TV-AVH - BT-V ergebenden geänderten Entgeltordnung vorgenommen.
- 99
a. Die Bestimmungen des TV-AVH - BT-V und des TVÜ-AVH vom 19. September 2005 sind in ihrer jeweils geltenden Fassung aufgrund beiderseitiger Mitgliedschaft der Parteien in den tarifschließenden Verbänden – ver.di auf der einen Seite und der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. auf der anderen Seite – auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbar (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG).
- 100
b. Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG, Urteil vom 25. April 2017 – 3 AZR 668/15 –, juris Rn. 24 m.w.N.).
- 101
c. Unter Zugrundelegung dieser Auslegungsgrundsätze beinhaltet § 27b TVÜ-AVH eine umfassende und abschließende Regelung zur Umsetzung der Tarifeinigung vom 05. November 2015, die der Anwendbarkeit des § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH entgegensteht.
- 102
aa. Dem Wortlaut nach bezieht sich § 27b Abs. 3S. 2 TVÜ-AVH uneingeschränkt auf alle Beschäftigte, bei denen sich zum 01. Januar 2006 allein die Tabellenwerte der Entgeltgruppe der Anlage C zu § 101 BT-V ändern. Bei diesen Beschäftigten soll § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH anwendbar sein. § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH sieht jedoch nur für individuelle Endstufen eine Erhöhung vor. Ein Verweis auf § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH, der auch für das Vergleichsentgelt in einer individuellen Zwischenstufe eine Erhöhung vorsieht, erfolgt gerade nicht. Die Auffassung der Klägerin, § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH gelte – wie auch § 27b Abs. 3 S. 1 TVÜ-AVH – nur für die in individuellen Endstufen befindlichen Beschäftigten, die unter § 27b Abs. 1 und Abs. 2 TVÜ-AVH fielen, findet jedenfalls im Wortlaut der Bestimmung keine Stütze; dem steht bereits das Adverb „allein“ entgegen. Denn bei den von § 27b Abs. 1 und Abs. 2 TVÜ-AVH erfassten Beschäftigten ändern sich gerade nicht allein die Tabellenwerte, sondern auch die Entgeltgruppen.
- 103
bb. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH auf die unter § 27b Abs. 1 und Abs. 2 TVÜ-AVH fallenden Beschäftigtenoder auf alle in einer individuellen Endstufe befindlichen Beschäftigten ist auch in systematischer Hinsicht nicht nachvollziehbar.
- 104
(1) Der Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH regelt speziell, wie die sich aus der Tarifreinigung vom 05. November 2015 ergebenden Änderungen der Entgeltordnung umzusetzen sind. Der Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH beinhaltet zum einen in § 1 Ziff. 4 die Einführung des § 27b in den TV-AVH, der
- 105
„besondere Regelungen für am 31. Dezember 2015 nach dem Anhang zur Anlage C zu § 101 BT-V eingruppierte Beschäftigte und weitere Regelungen“
- 106
enthält und zum anderen in § 2 die Regelung einer Einmalzahlung.
- 107
§ 27b TVÜ-AVH regelt die Umsetzung der sich aus der Tarifeinigung ergebenden Änderungen umfassend und abschließend:
- 108
(a) § 27bAbs. 1 TVÜ-AVH betrifft die Beschäftigten der Entgeltgruppen S 8 und S 11, die zum 01. Januar 2016 unmittelbar und ohne Antragserfordernis einer höheren Entgeltgruppe zugeordnet werden. Die Zuordnung in der höheren Entgeltgruppe erfolgt grundsätzlich stufengleich unter Beibehaltung der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit. Ausweislich der Protokollerklärung Ziffer 1 zu § 27b Abs. 1 bleibt die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe unberührt; § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH findet für diese Beschäftigten Anwendung. Soweit die Klägerin aus dieser Protokollerklärung die Anwendbarkeit des § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH herzuleiten versucht, ist festzustellen, dass der Verweis für sie nicht gilt, da sie nicht in den Anwendungsbereich des § 27b Abs. 1 TVÜ-AVH fällt.
- 109
(b) § 27bAbs. 2 TVÜ-AVH betrifft Beschäftigte, die nicht bereits unter Abs. 1 fallen, aber ebenfalls aufgrund des Tarifergebnisses vom 05. November 2015 höhergruppiert werden könnten. Da die Höhergruppierung in diesem Fall nicht stufengleich und deshalb im Einzelfall nicht lohnend sein kann, ist vereinbart, dass die Höhergruppierung nur auf Antrag erfolgt.
- 110
(c) § 27bAbs. 3 S. 1 TVÜ-AVH betrifft ausdrücklich die unter Absatz 1 oder Absatz 2 fallenden Beschäftigten, wenn sie sich in einer individuellen Endstufe befinden. Sie erhalten im Fall der höheren Zuordnung (Absatz 1) oder Höhergruppierung (Absatz 2) in der höheren Entgeltgruppe ein Entgelt, das dem Entgelt ihrer bisherigen individuellen Endstufe zuzüglich des Zuordnungs- bzw. Höhergruppierungsgewinns, den die Beschäftigten erhalten, die aus der Stufe 6 ihrer bisherigen Entgeltgruppe der höheren Entgeltgruppe zugeordnet oder in diese höhergruppiert werden, entspricht. Dies betrifft beispielsweise den von der Klägerin zitierten Fall einer Arbeitnehmerin X, die bislang in der Entgeltgruppe S 8 in einer individuellen Endstufe 6+ und einem Entgelt von 3.600,00 € eingruppiert war. Das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 / Stufe 6 betrug bis zum 31. Dezember 2015 3.318,92 € brutto; das Tabellenentgelt der (neuen) Entgeltgruppe 8b / Stufe 6 betrug seit dem 01. Januar 2016 3.530,00 € brutto, mithin 211,08 € mehr. Diesen Zuordnungsgewinn von 211,08 € brutto erhält die Arbeitsnehmerin zusätzlich zu dem Entgelt ihrer individuellen Endstufe von 3.600,00 € brutto. Diese Beschäftigten sollen also einen Entgeltzuwachs erhalten wie die in ihrer Entgeltgruppe in der Stufe 6 eingruppierte Beschäftigten (vgl. Breier in Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrink, TVÖD, Bd. 3 3, TVÜ-VKA § 28b Erl. 4.2 Rn. 39 zu § 28b TVÜ-VKA). Dieser Fall wird - entgegen der Auffassung der Klägerin - von § 27b Abs. 3 S. 1 TVÜ-AVH - und nicht von dessen Satz 2 - erfasst.
- 111
(d) § 27bAbs. 3 S. 2 TVÜ-AVH betrifft demgegenüber alle Beschäftigte, bei denen sich – wie im Fall der Klägerin und deren Entgeltgruppe S 4 – allein die Tabellenwerte ändern, ohne dass eine Zuordnung zu einer höheren Entgeltgruppe nach § 27b Abs. 1 TVÜ-AVH oder eine Höhergruppierung nach § 27b Abs. 2 TVÜ-AVH erfolgen. In diesen Fällen erhöht sich aufgrund des Verweises auf § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH lediglich die individuelle Endstufe um denselben Vomhundertsatz bzw. in denselben Umfang wie die höchste Stufe der jeweiligen Entgeltgruppe, nicht jedoch das Vergleichsentgelt einer individuellen Zwischenstufe. Soweit zum 01. Januar 2016 noch ein Vergleichsentgelt in einer individuellen Zwischenstufe nach § 26 b Abs. 3 TVÜ-AVH gezahlt wird, findet keine Erhöhung dieses Vergleichsentgelts statt. In diesem Fall ist lediglich zu prüfen, ob das dem Beschäftigten zustehende reguläre Tabellenentgelt das individuell zustehende Vergleichsentgelt erreicht oder überschreitet (§ 26 b Abs. 4 S. 2 TVÜ-AVH, vgl. Breier in Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrink, TVÖD, Bd. 3, TVÜ-VKA § 28b Erl. 4.1 Rn. 34). Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall; ihr Vergleichsentgelt von 2.238,58 € brutto liegt zum 01. Januar 2016 oberhalb des Entgelts der Entgeltgruppe 4 / Stufe 4 (bei 30 Stunden: 2.161,28 € = 2.773,65 € x 0,7792) und unterhalb des Entgelts der Entgeltgruppe 4 / Stufe 5 (bei 30 Stunden: 2.239,42 € = 2.874,00 € x 0,7792).
- 112
(e) Wenn die Tarifvertragsparteien gleichermaßen eine Erhöhung des Vergleichsentgelts in einer individuellen Zwischenstufe und in einer individuellen Endstufe hätten regeln wollen, hätte ein Verweis auf § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH erfolgen müssen.
- 113
(f) Die Auffassung der Klägerin, ein solcher Verweis sei nicht erforderlich, weil die Tarifvertragsparteien bei Änderungen nur solche Regelungen träfen, die sich zwingend aus der „Neueinführung“ ergäben, rechtfertigt keine andere Bewertung. Wenn man – wie die Klägerin es tut – die Tarifreform vom 05. November 2015 (auch) als „allgemeine Entgelterhöhung“ iSd § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH auslegte, wäre § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH in der Tat anwendbar, soweit er nicht ausdrücklich aufgehoben bzw. seine Anwendbarkeit ausgeschlossen wird. Gegen diese Auffassung spricht jedoch die Regelung des § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH und der in ihr enthaltene Verweis auf § 6 Abs. 4 S. 4 TVÜ-AVH. Dieses Verweises für die in den individuellen Endstufen befindlichen Beschäftigten hätte es in diesem Fall aufgrund der Anwendbarkeit des § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH, der auch für individuelle Endstufen gilt, nicht bedurft.
- 114
(g) Auch der Verweis auf § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH in Ziff. 1 der Protokollerklärung zu § 27b Abs. 1 TVÜ-AVH spricht gegen das von der Klägerin vertretene Normverständnis. Auch dieses Verweises für die unter Abs. 1 fallenden Beschäftigten der Entgeltgruppen S8 und S11hätte es nicht bedurft, wenn die Tarifreform vom 05. November 2015 eine „allgemeine Entgelterhöhung“ iSd § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH wäre.
- 115
(h) Auch die „Niederschrift über eine Tarifverhandlung im April 2016“ (Anlage K 7) spricht für die hier vertretene Auslegung. Aus der Niederschrift ergibt sich zum einen, dass sich die Tarifvertragsparteien der Unterscheidung zwischen Beschäftigten, die sich in einer individuellen Zwischenstufe befinden und den Beschäftigtem die sich in einer individuellen Endstufe befinden, bewusst waren. Bezogen auf die Einmalzahlung haben sie in der Niederschrift ausdrücklich erklärt, dass auch die in einer individuellen Zwischenstufe befindlichen Beschäftigten einen Anspruch auf die Einmalzahlung nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 9 zum TVÜ-AVH haben. Eine derartige Erklärung findet sich in § 1 des Änderungsvertrages – bezogen auf die Erhöhung der Tabellenwerte - jedoch nicht. Zum anderen haben die Tarifvertragsparteien in der Niederschrift zum Ausdruck gebracht, dass nicht alle Beschäftigten einen Zugewinn aus der Tarifeinigung haben; dies kommt in der Formulierung
- 116
„Auch diese Beschäftigten haben grundsätzlich Anspruch auf eine Einmalzahlung nach Maßgabe der Regelung des § 2 des genannten Änderungstarifvertrages,sofern sie einen Zugewinn aus der Tarifeinigung vom 5. November 2015 haben.“ [Hervorhebung durch Verf.]
- 117
zum Ausdruck.
- 118
(i) Der Einwand der Klägerin - mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 9 zum TVÜ-AVH habe § 26b TVÜ-AVH nur insoweit geändert werden sollen als dies ausdrücklich geregelt sei, z.B. in 26 b Abs. 8 TVÜ-AVH - rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Kammer geht mit der Klägerin davon aus, dass § 26b TVÜ-AVH anwendbar bleibt, soweit er nicht ausdrücklich durch § 27b TVÜ-AVH abgeändert wird. Bezogen auf § 26b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH bedeutet dies, dass das Vergleichsentgelt der Klägerin weiterhin an allgemeinen Entgelterhöhungen teilnimmt. Auch § 26b Abs. 4 S. 2 TVÜ-AVH bleibt, wie ausgeführt, anwendbar und ermöglicht einen Aufstieg in die reguläre Stufe, wenn das Vergleichsentgelt das Entgelt der regulären Stufe erreicht oder überschreitet. Die Tarifreform vom 05. November 2015 ist jedoch keine allgemeine Entgelterhöhung iSd § 26 b Abs. 4 S. 7 TVÜ-AVH, sondern eine Änderung der Entgeltordnung, die durch § 27 b TVÜ-AVH abschließend und umfassend geregelt wird.
- 119
(j) Dass die Tarifvertragsparteien den Fall der alleinigen Erhöhung der Tabellenwerte nicht in einem eigenem Absatz geregelt haben, mag dem Umstand geschuldet sein, dass er sich nahtlos - auch sprachlich („Soweit...“) - an die vorstehende, in § 27b Abs. 3 S. 1 TVÜ-AVH stehende Sonderregelung der Endstufen im Anwendungsbereich der Absätze 1 und 2 des § 27b TVÜ-AVH anschließt. Hieraus kann im Hinblick auf die obigen Ausführungen jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH nur für die in individuellen Endstufen befindlichen Beschäftigten eine Regelung enthält.
- 120
cc. Der Sinn und Zweck der Tarifregelung steht dem vorstehenden Auslegungsergebnis nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann dem Tarifwerk nicht der Wille der Tarifvertragsparteien entnommen werden, die Beschäftigten in individuellen Zwischenstufen und individuellen Endstufen stets gleich zu behandeln. Dies kommt beispielsweise in § 27b Abs. 5 S. 3 und S. 4 TVÜ-AVH zum Ausdruck. Die unter den Anwendungsbereich dieser Norm fallenden Arbeitnehmer werden zunächst einer individuellen Zwischenstufe zugeordnet; zum 01. Juli 2017 steigen sie ohne weiteres in die dem Betrag nach nächst höhere reguläre Stufe ihrer Entgeltgruppe auf. Die Beschäftigten, deren Vergleichsentgelt über dem Entgelt der höchsten Stufe der Entgeltgruppe S8b und S 9 liegt, verbleiben demgegenüber in ihrer individuellen Endstufe. Die unterschiedliche Behandlung von individuellen Zwischen- und Endstufen kann dem Willen der Tarifvertragsparteien geschuldet sein, die in individuellen Zwischenstufen befindlichen Beschäftigten möglichst schnell in die regulären Stufen der Entgeltordnung zu überführen. Dies ist bei Beschäftigten, deren Entgelt das der höchsten Stufe ihrer Entgeltgruppe übersteigt, naturgemäß nicht möglich ohne Aufgabe der Besitzstandswahrung. Dementsprechend trägt die Beklagte vor, der Zweck der unterschiedlichen Behandlung der individuellen Zwischen- und Endstufen sei es, die Mitarbeiter der individuellen Zwischenstufen durch die Erhöhung der Tabellenwerte ein Stück mehr in das Tarifgefüge hineinwachsen und keine eigene Erhöhung [ihrer Zwischenstufe] erfahren zu lassen.
- 121
dd. Der Vortrag der Klägerin - das Ziel der Tarifeinigung sei eine Aufwertung für alle Beschäftigten gewesen; Beschäftigte in einer individuellen Zwischenstufe sollten von einem positiven Tarifabschluss nicht ausgeschlossen werden; dieser Sonderfall sei auch in den Verhandlungen besprochen worden; es habe insoweit Einigkeit bestanden, dass das Vergleichsentgelt - unabhängig davon, ob individuelle Zwischen- oder Endstufe- erhöht werde (Beweis: Zeugnis der Frau S.) – rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Für die Auslegung eines Tarifvertrags können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags und ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen, wenn Wortlaut und tarifvertraglicher Gesamtzusammenhang zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zulassen (BAG vom 25. April 2017, a.a.O., Rn. 36). An solchen Zweifeln fehlt es hier, so dass es eines Rückgriffs auf die Tarifgeschichte bzw. der Vernehmung von Personen, die bei der Tarifverhandlung zugegen waren, nicht bedarf. § 27b Abs. 3 S. 2 TVÜ-AVH gilt ausweislich seines Wortlauts eindeutig für alle Beschäftigten, bei denen sich durch die Tarifreform lediglich die Tabellenwerte der Entgeltgruppen erhöhen; in diesen Fällen nehmen lediglich die individuellen Endstufen an der Erhöhung teil. Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang steht dem vorstehenden Auslegungsergebnis nicht entgegen. Ein etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, auch die in individuellen Zwischenstufen befindlichen Beschäftigten an der Erhöhung teilhaben zu lassen, hat in dem schriftlichen Tarifwerk keinen Niederschlag gefunden. Wenn eine Teilhabe der in individuellen Zwischenstufen befindlichen Beschäftigten an der Tariferhöhung im Tariftext versehentlich zunächst nicht mit aufgenommen worden, aber diskutiert worden wäre, hätte ein entsprechend übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien auch schriftlich seinen Niederschlag gefunden, entweder in einer Protokollerklärung oder in einer schriftlichen Niederschrift wie der Anlage K 7 betreffend die Einmalzahlung.
- 122
ee. Angesichts dieses durch Auslegung ermittelten eindeutigen Norminhalts kam auch die Einholung einer Tarifauskunft durch die Kammer nicht in Betracht. Eine Tarifauskunft darf nicht auf die Beantwortung der prozessentscheidenden Rechtsfrage gerichtet sein; die Auslegung von Tarifverträgen und tariflichen Begriffen ist vielmehr Sache der Gerichte für Arbeitssachen (BAG, Urteil vom 08. November 2017 - 10 AZR 501/16 -, juris Rn. 27).
- 123
ff. Die unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten in individuellen Zwischenstufen und individuellen Endstufen führt auch nicht zu einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss der in individuellen Zwischenstufen befindlichen Beschäftigten gegenüber den in individuellen Endstufen befindlichen Beschäftigten (Art. 3 Abs. 1 GG).
- 124
(1) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (BAG, Urteil vom 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 -, juris Rn. 15).
- 125
(2) Unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien obliegenden Gestaltungsspielraums liegt keine sachwidrige Ungleichbehandlung vor. Selbst wenn insofern vergleichbare Sachverhalte gegeben wären, wäre die unterschiedliche Behandlung der in Zwischen- und Endstufen befindlichen Beschäftigten angesichts des legitimen Zwecks, die in individuellen Zwischenstufen befindlichen Beschäftigten in die regulären Stufen hineinwachsen zu lassen, gerechtfertigt.
- 126
3. Der zulässige Leistungs-/ Zahlungsantrag unter Ziff. 2 ist vor diesem Hintergrund unbegründet. Die Einmalzahlung nach § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 9 zum TVÜ-AVH ist ein Ausgleich für das Inkrafttreten der Regelungen der Tarifreform (erst) zum 01. Januar 2016. Folglich haben ausweislich der Niederschrift (Anlage K 7) nur die Beschäftigten einen Anspruch auf die Einmalzahlung, die einen Zugewinn aus der Tarifeinigung vom 05. November 2015 haben. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.
B.
I.
- 127
Die Kosten ihrer ohne Erfolg eingelegten Berufung hat die Klägerin zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 525 Satz 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG).
II.
- 128
Gegen dieses Urteil ist die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, weil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
moreResultsText
Annotations
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.