Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Beschluss, 02. Feb. 2018 - 4 V 150/17

ECLI:ECLI:DE:FGSH:2018:0202.4V150.17.00
bei uns veröffentlicht am02.02.2018

Tenor

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011, jeweils vom 4. Januar 2017, hat keinen Erfolg.

I.

2

Das Gericht der Hauptsache soll auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO). Im Streitfall mangelt es sowohl am Vorliegen ernstlicher Zweifel (dazu 1.), als auch am Vorliegen einer unbilligen Härte (dazu 2.).

3

1.) Ernstliche Zweifel

a)

4

Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 FGO liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 5. März 1979, GrS 5/77, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1979, 570). Da das Aussetzungsverfahren wegen seiner Eilbedürftigkeit und seines vorläufigen Charakters ein summarisches Verfahren ist, beschränkt sich die Überprüfung des Prozessstoffes auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen (insbesondere die Akten der Finanzbehörde) sowie auf die präsenten Beweismittel. Weitergehende Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht sind nicht erforderlich (BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 1994, IX B 78/94, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1995, 116; vom 2. November 2015, VII B 68/15, BFH/NV 2016, 173). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Glaubhaftmachung ist eine Beweisführung, die dem Richter nicht die volle Überzeugung, sondern nur einen geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln soll. Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch für das Aussetzungsverfahren (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 8. Aufl. 2015, § 69 Rz. 196 m.w.N.). Die Tat- und Rechtsfragen brauchen nicht abschließend geprüft zu werden. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt jedoch nicht. Andererseits ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschlüsse vom 7. September 2011, I B 157/10, BStBl II 2012, 590; vom 12. Februar 2015, V B 160/14, BFH/NV 2015, 861).

b)

5

Nach diesen Grundsätzen liegen keine ernstlichen Zweifel vor. Denn bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung lagen die Voraussetzungen für eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor. Grundsätzlich unterliegen die Umsätze, die ein Unternehmer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, dem Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG). Die Vorschriften über die Anwendungen des ermäßigten Steuersatzes (§ 12 Abs. 2 UStG) sind dagegen als Ausnahmeregelungen eng auszulegen und kommen nur unter den vom Gesetz bestimmten Voraussetzungen in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 1990, V B 130/89, BFH/NV 1990, 535). Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 UStG nicht erfüllt; insbesondere erbrachte die Antragstellerin bei summarischer Prüfung keine Leistungen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

c)

6

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer für Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände. Gemäß Anlage 2 lfd. Nr. 49 fallen darunter Bücher, Zeitungen und andere Erzeugnisse des grafischen Gewerbes mit Ausnahme der Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien bzw. Hinweispflichten nach § 15 Abs. 1 - 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie der Veröffentlichung, die überwiegend Werbezwecken (einschließlich Reisewerbung) dienen und zwar a) Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in Teilheften, losen Bogen oder Blättern, zum Broschieren, Kartonieren oder Binden bestimmt, sowie Zeitungen und andere periodische Druckschriften, kartoniert, gebunden oder in Sammlungen mit mehr als einer Nummer in gemeinsamem Umschlag (ausgenommen solche, die überwiegend Werbung enthalten),b) (…).

7

aa) Die allein auf Lieferungen (bzw. auf hier offenkundig nicht vorliegende die Einfuhren / innergemeinschaftliche Erwerbe) anwendbare Vorschrift greift – ungeachtet der Frage, wie die von der Antragstellerin ausgehändigten Werke bei isolierter Betrachtung zu qualifizieren sind – bereits deshalb nicht, weil die Antragstellerin nach dem dem Gericht unterbreiteten Sachverhalt ihren Kunden gegenüber jeweils ein Bündel von Leistungen erbrachte, welches sich als einheitliche (sonstige) Leistung sui generis (§ 3 Abs. 9 UStG) und nicht als Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) darstellte.

8

bb) Nach dem vorliegenden Sachverhalt stellten sich die von der Antragstellerin erbrachten Leistungen so dar, dass die Hauptkunden der Antragstellerin ihre Kunden zu einem Fotoshooting in eine ihrer Filialen einluden. Das Team der Antragstellerin kam mit entsprechender Ausrüstung zu dieser Einladung hinzu; es frisierte, schminkte und fotografierte die Kunden vor verschiedenen Kulissen und mit unterschiedlicher Beleuchtung. Anschließend wurden die Bilder gemeinsam angeschaut, und die Kunden konnten sich individuell ein Bild oder mehrere Bilder aussuchen, welches oder welche sofort vor Ort ausgedruckt wurde(n). Die Fotos wurden sodann als Einzelbild oder als „Fotobuch“ (mit einer Klemmlasche verbundene, jederzeit herausnehmbare Bilder) und/oder in Dateiform an die Kunden gegen Entgelt übergeben. Die Tätigkeit der Antragstellerin richtete sich dabei an die Endverbraucher. Die Leistungen beschränkten sich nicht auf die Lieferung eines Gegenstandes, sondern beinhalteten verschiedene Elemente des Dienstvertrages und des Rechts- bzw. Sachkaufs. Denn die Antragstellerin stellte unter Bereitstellung eines mobilen Fotostudios Bilder her, was grundsätzlich und je nach Ausgestaltung im Einzelfall zunächst das Herrichten der Umgebung für die Fotoaufnahmen und das Gestalten/Positionieren der fotografierten Objekte und Personen in der für die Fotografie geeigneten Weise beinhaltete. Hinzu kamen die Tätigkeiten der Maskenbildner/innen sowie – als Kernbestandteil fotografischer Dienstleistungen – das „Einfangen“ des jeweiligen Bildes unter Verwendung entsprechender Beleuchtung bzw. unter Verwendung licht- und situationsangepasster Kameras bzw. Kameraeinstellungen. Schließlich umfasste sie die Leistung der Sichtbarmachung der Bilder vor Ort sowie die gemeinsame Durchsicht mit den Kunden zur Ermöglichung einer selektiven Auswahl der vom Kunden präferierten Bilder. Neben diesen Elementen beinhaltete die Tätigkeit zudem Elemente des Sachkaufs sowie des Rechtskaufs, soweit Urheberrechte mitübertragen wurden.

9

Dem insoweit von der Betriebsprüfung bzw. Umsatzsteuer-Sonderprüfung festgestellten Sachverhalt ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Zwar legt sie dar, dass die Leistungen, wie Schminken, Frisieren und Positionieren der Kunden vor verschiedenen Kulissen etc. kein großes Gewicht hätten; diese würdigende Einschätzung stellt jedoch den von der Prüfung festgestellten tatsächlichen Ablauf der Leistungserbringung nicht substantiiert in Abrede.

10

cc) Die von der Antragstellerin in Summe erbrachten Leistungsbestandteile stellen sich als einheitliche sonstige Leistung sui generis und nicht als eine Lieferung dar. Gemäß § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers Leistungen, durch die er den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über den Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen bzw. Dienstleistungen dagegen sind gemäß § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.

11

Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Mehrzahl einzelner Leistungsbestandteile aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht als eine Gesamtleistung zu behandeln ist, gelten folgende Grundsätze: Jeder Umsatz ist in der Regel als eine eigene, selbstständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbstständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung und ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Hauptzweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige für den Verbraucher zwei oder mehrere Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen/Dienstleistungen (BFH-Urteile vom 15. Januar 2009 V R 91/07, BFHE 224, 172; vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712 m. w. N.; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Juli 2017, 4 K 64/16, juris; Finanzgericht Münster, Urteil vom 18. August 2009, 15 K 3176/05 U, EFG 2009, 1979).

12

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin gegenüber ihren Kunden mehrere Handlungen vorgenommen und Leistungselemente erbracht, die umsatzsteuerlich als eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG anzusehen sind. Denn bei den von der Antragstellerin erbrachten Leistungen handelte es sich um einen im Wesentlichen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang, dessen Wesen und wirtschaftlicher Gehalt aus den als Leistungsbündel verknüpften verschiedenen Dienstleistungs- und Kaufelementen zur Erbringung des fotografischen Endproduktes sowie aus der Übergabe der (zusammengeklemmten) Fotos, gegebenenfalls Datenträgern, zur privaten Verwendung bestand. Diese Leistungsbestandteile waren so eng miteinander verknüpft, dass sie aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eine einzige einheitliche Leistung sonstiger Art bildeten. Denn sie waren, den Gesamtzweck verfolgend, derart aufeinander abgestimmt und miteinander verknüpft, dass sie sich gegenseitig dienten und bedingten, so dass das Herauslösen einzelner Bestandteile aus dem Leistungsverbund wirklichkeitsfremd erschiene. Sinn und Zweck der gegenüber den Kunden erbrachten Leistung war es, durch die verschiedenen und situationsangepassten Handlungen der Antragstellerin, unter Zuhilfenahme der erforderlichen Ausrüstung, einschließlich des Herrichtens etwaiger Kulissen, Schminken etc. sowie unter Benutzung des fotografischen Materials und der fotografischen Fähigkeiten ein Endprodukt zu erstellen, welches dem Kunden zur privaten Verfügung diente. Es wäre wirklichkeitsfremd, in diesem Zusammenhang einzelne Bestandteile der Leistung herauszulösen und einer individualisierten umsatzsteuerlichen Behandlung zugänglich zu machen.

13

Der Schwerpunkt dieser einheitlichen Leistung lag dabei nicht in der Lieferung einer Sache (eines Fotobuchs). Vielmehr stellte das einheitliche Leistungsbündel eine Leistung eigener Art dar, in welcher die unterschiedlichen Elemente als unselbständige Bestandteile aufgingen und deren prägender Charakter darin bestand, für den Kunden unter Zuhilfenahme eines mobilen Fotostudios Bilder zu erstellen, ihm eines oder mehrere dieser Bilder zu verschaffen und dadurch die private Nutzung zu ermöglichen. Die Erstellung des Fotos einschließlich sämtlicher damit beschriebener verbundener Dienstleistungen stellte dabei den Ausgangspunkt der Gesamtleistung der Antragstellerin dar, welcher den maßgeblichen Einsatz der Arbeitskraft und Fähigkeiten der Mitarbeiter sowie den maßgeblichen Einsatz der Arbeitsmaterialien erforderte und damit einen Schwerpunkt der einheitlichen Leistung bildete. Dass das Endprodukt dieses Vorgangs zur Verwendung des Kunden erstellt wurde und es ihm daher in (verbundener) Papierform (gegebenenfalls auch in Datenträgerform) übergeben wurde, war integraler Bestandteil der Gesamtleistung, was jedoch nicht die Annahme begründet, dass allein die Lieferung des Bildes maßgeblicher prägender Bestandteil des Leistungsbündels war. Zwar ist davon auszugehen, dass die Kunden den Herstellungsvorgang nicht gewünscht hätten, wenn sie nicht auch ein oder mehrere Fotos hätten mitnehmen dürfen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass insbesondere die Erstellung des Produktes einschließlich sämtlicher benannter Dienstleistungen als prägender Prozess einen maßgeblichen Bestandteil des Umsatzes bildete und ohne die gewünschte Erstellung des Produktes das Interesse der Kunden an einem etwaigen Foto nicht hätte begründet werden können. Die Hergabe des Fotos stellte letztlich den letzten Akt eines einheitlichen Dienstleistungs- und Übertragungsprozesses in Gestalt einer sonstigen Leistung dar (zur Einheitlichkeit fotografischer Leistungen sui generis vgl. auch Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Juli 2017, 4 K 64/16, juris; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Februar 2017, 5 K 5052/15, EFG 2017, 958; die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen, s. BFH-Beschluss vom 12. September 2017, V B 45/17, juris, nicht weiter dokumentiert). Eine umsatzsteuerliche Begünstigung aufgrund der Lieferung von in der Anlage 2 bezeichneten Gegenständen kommt somit nicht in Betracht.

d)

14

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem BMF-Schreiben vom 20. April 2016 (BStBl. I 2016, 483). In diesem Schreiben nimmt das BMF Bezug auf die Zuweisung von Fotobüchern zum KN-Code 4911 91 00 und stellt zugleich klar, dass es für vor dem 1. Januar 2017 ausgeführte Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Fotobüchern nicht beanstandet wird, wenn der Unternehmer die Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterwirft.

15

Es ist bereits fraglich, ob die von der Antragstellerin erstellten Waren Fotobücher im Sinne dieses BMF-Schreibens sind. Nach der Merkmalbeschreibung im BMF-Schreiben geht das Ministerium davon aus, dass Fotobücher in diesem Sinne vom Leistungsempfänger individuell gestaltete Werke sind. Gemeint sein dürften damit also solche Werke, bei denen der Kunde (maßgeblich eigene) Bilder durch eine eigene Gestaltung mittels eines Computerprogramms in die Form eines (zunächst digitalen) Buches transferiert. Die Leistung des Herstellers liegt sodann darin,  dass dieser das vom Kunden so gestaltete Werk durch einen drucktechnischen Prozess in ein zum Broschieren, Kartonieren oder Binden bestimmtes Druckerzeugnis überführt und dieses sodann ausliefert. Angesichts dieses Verständnisses ist zweifelhaft, ob das Finanzamt verpflichtet ist, auch einen Verbund mittels Klemmlasche von einzelnen, kurz zuvor erstellten und ausgedruckten Bildern als Fotobuch im Sinne des BMF-Schreibens anzusehen (zur teilweisen Auslegungshoheit von Verwaltungsanweisungen durch die Finanzbehörden vgl. Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Beschluss vom 23. Dezember 2013, 3 V 101/12, juris). Letztlich kann diese Frage aber auch dahinstehen, da im Streitfall aus den o.g. Gründen keine Lieferung sondern eine sonstige Leistung vorliegt und das BMF-Schreiben bereits aus diesem Grunde nicht anwendbar ist.

e)

16

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht daraus, dass die Finanzbehörden in mindestens zwei anderen Fällen den ermäßigten Steuersatz angewandt bzw. die entsprechende Steuerschuld erlassen haben. Soweit sich die Antragstellerin auf ein Erlassbegehren stützt, ist vorab darauf hinzuweisen, dass ein solches Begehren im Hauptsacheverfahren im Verpflichtungswege zu verfolgen ist. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes wäre ein solches Begehren daher nur durch entsprechend gestellte und begründete Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) zu verfolgen gewesen.

17

Darüber hinaus führt die Berufung auf eine begünstigende Behandlung anderer (Konkurrenz-)Firmen aber auch in der Sache nicht zum Erfolg. Denn soweit einzelne Konkurrenten tatsächlich trotz gleicher Sachverhalte anders (günstiger) behandelt worden sein sollten, wäre darin eine gesetzeswidrige (teilweise) Nichtbesteuerung zu sehen, auf deren entsprechende Anwendung die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung von § 85 AO und Art. 3 GG keinen Anspruch hätte („keine Gleichheit im Unrecht“, vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. Juni 1989, VIII R 82/86, BStBl. II 1989, 836; BFH-Beschluss vom 18.7.2002, V B 112/01, BStBl. II 2003, 675; BFH-Urteil vom 11. Januar 2006, II R 12/04, BStBl. II 2006, 615; BFH-Beschluss vom 13. Februar 2007, II B 32/06, BFH/NV 2007, 966; BFH-Beschluss vom 26.9.2007, V B 8/06, BStBl. II 2008, 405). Verwaltung und Gerichte sind auch dann nicht befugt, ein Gesetz allgemein oder im Einzelfall falsch anzuwenden, wenn eine Norm in zahlreichen Fällen („massenhaft“) und über einen längeren Zeitraum hinweg nicht richtig befolgt wird. Damit ist die Verwaltung unter keinen Umständen berechtigt, ein verfassungsrechtlich wirksames formelles Gesetz nicht in der gebotenen Weise anzuwenden. Würde man einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis den Vorrang vor dem Grundsatz der Gesetzesbindung der vollziehenden Gewalt einräumen, so käme dies einer Auflösung des Rechtsstaats gleich (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juni 1989, VIII R 82/86, BStBl. II 1989, 836; vom 5. Dezember 1963, IV 375/60 U, BStBl. III 1964, 146 m.w.N.). Eine fehlerhafte Rechtsanwendung bei anderen Steuerpflichtigen begründet damit keinen grundsätzlichen Anspruch auf eine entsprechende rechtswidrige Anwendung in eigener Sache.

18

Ein Vertrauensschutz lässt sich auch nicht aus dem Grundsatz ableiten, wonach allgemeine Übergangsregelungen oder Anpassungsregelungen ergehen müssen, um einen Steuerpflichtigen, der im Vertrauen auf eine bisherige Rechtslage Dispositionen getätigt hat, nicht zu enttäuschen, wenn sich die bisherige Rechtsprechung verschärft hat oder eine höchstrichterliche Entscheidung von einer bisher allgemein geübten Verwaltungsauffassung abweicht (vgl. BFH-Beschluss vom 26. September 2007, V B 8/06, BStBl. II 2008, 405, m.w.N.). Denn dabei liegt ein entsprechend schützenswertes Vertrauen nur dann vor, wenn als Vertrauensgrundlage eine gesicherte, für die Meinung des Steuerpflichtigen sprechende Rechtsauffassung bestand und die Rechtslage nicht zweifelhaft schien. Eine zugunsten des Steuerpflichtigen bestehende, gesicherte Rechtsauffassung lag dabei insbesondere dann nicht vor, wenn die maßgebliche Rechtsfrage nicht durch die Rechtsprechung des BFH geklärt war bzw. keine eindeutige Verwaltungsregelung, sondern lediglich schlichtes Verwaltungshandeln vorlag (vgl. im Einzelnen BFH-Beschluss vom 26. September 2007, V B 8/06, BStBl. II 2008, 405). Nach diesen Grundsätzen kann sich die Antragstellerin nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil für die Frage, in welcher Form die konkreten Leistungen zu besteuern sind, keine klare und eindeutige Rechtsprechung / Verwaltungsregelung zu ihren Gunsten bestand. Im Gegenteil fußt die zu ihren Lasten ergehende Entscheidung auf Rechtsgrundsätzen (s. oben, I. 1. a), b) c)), die bereits vor den Streitjahren durch die Rechtsprechung aufgestellt wurden. Ein bloßes – sei es auch vermehrt auftretendes – Verwaltungshandeln, welches (zu Unrecht) andere Steuerpflichtige begünstigte, begründet eine solche gesicherte und zweifelsfreie Rechtsauffassung nicht.

f)

19

Ein Vertrauensschutz der Antragstellerin lässt sich auch nicht im Hinblick auf ein ihr gegenüber geübtes Verwaltungshandeln begründen.

20

Die Finanzbehörden haben grundsätzlich in jedem Jahr die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen (erneut) zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Auffassung müssen sie grundsätzlich aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (vgl. etwa FG Hamburg, Beschluss vom 16. März 2017, 2 V 55/17 - juris m.w.N.). Zu einer Bindung des Finanzamts an eine frühere (fehlerhafte) Auffassung kann es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nur in besonders gelagerten Fällen kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsempfinden in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass demgegenüber der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten muss. Denn der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setzt, auf das der andere vertraut und aufgrund dessen er unwiderruflich disponiert hat (BFH-Urteil vom 7.  Juli 2004, X R 24/03, BStBl. II 2004, 975). Die Bindung setzt dabei voraus, dass dem Steuerpflichtigen eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung zugesagt worden ist oder das Finanzamt durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BFH-Urteile vom 29. April 2008, VIII R 75/05, BStBl. II 2008, 817; vom 14. Januar 2010, IV R 86/06, BFH/NV 2010, 1096). Zum Setzen eines Vertrauenstatbestandes reichen jedoch bspw. Äußerungen eines Prüfers in der Schlussbesprechung, eine unzutreffende Beurteilung im Prüfungsbericht oder eine aufgrund einer Außenprüfung ergangene Steuerfestsetzung nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 1990, X R 100/89, BFH/NV 1991, 217). Dies gilt sogar dann, wenn eine für den Kläger günstige Auffassung in einem Prüfungsbericht niedergelegt wurde und das Finanzamt die günstige frühere Steuerfestsetzung aufgrund dieses Berichtes vorgenommen hatte (BFH-Urteil vom 16. Juli 1964, V 92/61 S, BStBl. III 1964, 634). Zudem reicht es nicht aus, wenn die Finanzbehörde eine für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung eine längere Zeitspanne vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971, VIII 23/65, BStBl. II 1971, 749).

21

Nach diesen Grundsätzen ist ein Verhalten der Behörde, welches einen Vertrauensschutz der Antragstellerin begründen könnte, nicht ersichtlich. Nach Aktenlage hat die Klägerin bis einschließlich 2009 die von ihr erbrachten Leistungen in vollem Umfang zum Regelsteuersatz erklärt. Die in den Jahren 2010 und 2011 abweichende Praxis wurde im Rahmen der Betriebsprüfungen aufgegriffen und entsprechend der aktuellen Bescheidlage umgesetzt.

g)

22

Eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt im Streitfall auch nicht im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG in Betracht. Denn, wie oben dargelegt, erbrachte die Klägerin bei den streitgegenständlichen Umsätzen jeweils ein Bündel an Leistungen, welches sich als einheitliche sonstige Leistung sui generis darstellte, deren Schwerpunkt nicht in der Übertragung von Urheberrechten lag (vgl. dazu auch ausführlich Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Juli 2017, 4 K 64/16, juris; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Februar 2017, EFG 2017, 958; die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde als unbegründet zurückgewiesen, siehe BFH-Beschluss vom 12. September 2017, V B 45/17, juris, nicht weiter dokumentiert).

2.)

23

Eine Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unbilligen Härte zu gewähren.

a)

24

Eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte liegt vor, wenn durch die Vollziehung der angefochtenen Bescheide wirtschaftliche Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung der eingezogenen Beträge nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz führen würde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, kommt eine Aussetzung der Vollziehung auch bei unbilliger Härte jedoch nur in Betracht, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht ausgeschlossen werden können (BFH-Beschluss vom 2. Juni 2005, III S 12/05, BFH/NV 2005, 1834).

b)

25

Nach diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung der Vollziehung bereits deshalb nicht in Betracht, weil aus den unter 1.) benannten Gründen keine Anhaltspunkte für etwaige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide bestehen.

26

Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgebracht, welche die Annahme einer unbilligen Härte rechtfertigen würde. Soweit in der Antragsschrift dargetan ist, dass der Rückgriff auf die Steuerjahre 2010 und 2011 die wirtschaftliche Existenz der A GmbH und damit der Gesellschafter gefährde, ist dies nicht weiter substantiiert und glaubhaft gemacht worden. Das Gleiche gilt für den im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens erfolgten Vortrag zu drohenden „nachhaltigen und irreparablen Schäden am Geschäftsbetrieb“. Letztlich kommt es darauf in Ermangelung entsprechender Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide jedoch auch nicht an.

II.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

28

Gründe, die Beschwerde zuzulassen, §§ 128 Abs. 2, 115 Abs. 2 FGO, sind nicht ersichtlich.


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Tatbestand 1 I. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Aussetzung der Vollziehung (AdV) streitig, ob und in welcher Höhe die Antragstelle
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Finanzgericht Nürnberg Urteil, 03. Mai 2018 - 6 K 1031/17

bei uns veröffentlicht am 03.05.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen. Tatbestand Streitig ist, ob bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mehraufwendungen für Verpflegung

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 03. Mai 2018 - 6 K 1218/17

bei uns veröffentlicht am 03.05.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Tatbestand Streitig ist, ob bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbun

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 03. Mai 2018 - 6 K 1033/17

bei uns veröffentlicht am 03.05.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger. Tatbestand Streitig ist, ob bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbu

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. April 2015  1 V 1026/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war Geschäftsführer einer GmbH, die im Februar 2014 auf eine Ltd. & Co. KG verschmolzen wurde. Nach Austritt des vorletzten Gesellschafters wuchs das Vermögen der Ltd. & Co. KG gemäß § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im März 2014 ihrer Komplementärin an. Diese wurde am 10. März 2015 aus dem Handelsregister gelöscht.

2

Ohne die Vorgaben des § 37a Abs. 1 und 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) zu erfüllen, brachte die GmbH fossilen Dieselkraftstoff in den Verkehr. Daraufhin setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) gegenüber der GmbH eine Ausgleichsabgabe nach §§ 37a und 37c BImSchG fest, die bis auf einen Betrag in Höhe von 3.210.726,25 € von der GmbH und ihrer Rechtsnachfolgerin gezahlt wurde. Für die Ausgleichsabgabe für das Jahr 2012 nahm das HZA in Höhe dieses Betrags zzgl. Säumniszuschlägen den Antragsteller mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 gemäß § 191 i.V.m. § 34 Abs. 1 und § 69 der Abgabenordnung (AO) als Haftungsschuldner in Anspruch. Zusammen mit dem dagegen eingelegten Einspruch, über den noch nicht entschieden worden ist, beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Haftungsbescheids. Noch vor Eingang der Einspruchsbegründung für das Jahr 2012 lehnte das HZA den Antrag ab, wobei es auf die Antragsbegründung für das Vorjahr 2011 Bezug nahm.

3

Auch das Finanzgericht (FG) hat den bei ihm gestellten AdV-Antrag abgelehnt. Dabei vertrat es die Auffassung, dass ein Grund nach § 83 AO deshalb nicht vorliege, weil das HZA davon hätte ausgehen können, dass der Antragsteller eine ähnliche Begründung vorbringen werde, wie schon zuvor gegen den Haftungsbescheid für 2011, zumal das Einspruchsverfahren für das Streitjahr 2012 bis zur Entscheidung über das Vorjahr ruhend gestellt worden sei. Dass die Ausgleichsabgabe nach § 37c Abs. 2 BImSchG zu einem Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis führe, folge aus dem Verweis auf die Regelungen der AO für Verbrauchsteuern in § 37a Abs. 5 BImSchG. Da die Haftungsvorschriften einschließlich des § 69 AO auch für Verbrauchsteuern gölten, fänden diese Vorschriften auch auf die Ausgleichsabgabe nach § 37c Abs. 2 BImSchG Anwendung. Die Haftungsvoraussetzungen des § 69 AO seien erfüllt. Der Antragsteller habe entgegen seinen steuerlichen Pflichten als Geschäftsführer der GmbH hinsichtlich des im Jahr 2012 in den Verkehr gebrachten Dieselkraftstoffs eine Steueranmeldung erst mit zweimonatiger Verspätung abgegeben. Die schuldhafte Pflichtverletzung sei für den eingetretenen Schaden ursächlich. Zudem habe der Antragsteller seine Pflicht zur Bereithaltung von finanziellen Mitteln verletzt, denn er wäre schon vor Fälligkeit der Ausgleichsabgabe zur Sicherstellung ihrer Zahlung verpflichtet gewesen. Es sei nicht ersichtlich, dass er seine Amtszeit als Geschäftsführer genutzt hätte, um Rücklagen für die Zahlung der Ausgleichsabgabe zu bilden. Einer Festsetzung der Ausgleichsabgabe habe es nicht bedurft. Nicht zu beanstanden seien die Ermessenserwägungen des HZA, insbesondere die Betätigung des Auswahlermessens. Schließlich seien auch die Voraussetzungen des § 219 Satz 1 AO erfüllt, da mit der Löschung der letzten Rechtsnachfolgerin die Vollstreckung aussichtslos geworden sei.

4

Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses des FG und die Gewährung der AdV. Die Ablehnung des AdV-Antrags durch das HZA sei offensichtlich willkürlich und lasse die Befangenheit des HZA erkennen. Für eine Ausgleichsabgabe nach § 37c BImSchG könne kein Haftungsbescheid nach § 69 AO erlassen werden. Der Verweis in § 37c Abs. 5 BImSchG beziehe sich nur auf die auf Verbrauchsteuern anwendbaren Verfahrensvorschriften. Der Regelung in § 62 BImSchG, die Ordnungswidrigkeiten betreffe, hätte es nicht bedurft, wenn sich der Verweis auf die gesamte AO beziehen würde. Da sich die Regelungen der §§ 34, 69 und 191 AO nicht speziell auf Verbrauchsteuern, sondern auf alle Steuerarten beziehen würden, könnten sie auf die Ausgleichsabgabe keine Anwendung finden. Die Entscheidung des FG stehe in Widerspruch zum Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Dezember 2013 III R 25/10 (BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Wenn selbst eine Straftat nicht zu einer Haftung des Geschäftsführers führen könne, so könne die Nichterfüllung der Biokraftstoffquote erst recht keine Grundlage für einen Haftungsbescheid bilden. Ebenso wie die Investitionszulage sei die Ausgleichsabgabe keine Steuer und auch keine steuerliche Nebenleistung; sie stelle vielmehr eine Sanktion dar. Das FG habe eine schuldhafte Pflichtverletzung des Antragstellers nicht hinreichend geprüft und nicht berücksichtigt, dass die Erfüllung der Quotenverpflichtung im Streitfall aufgrund der Marktlage nicht möglich gewesen sei. Zudem könne die Ausgleichsabgabe aufgrund ihrer Höhe allein durch Rücklagen aus dem laufenden Betrieb nicht angespart werden. Ermessensfehlerhaft habe das HZA lediglich den Antragsteller und nicht auch dessen Vorgänger im Amt in Anspruch genommen.

5

Aus verfassungsrechtlicher Sicht erweise sich die Ausgleichsabgabe als unverhältnismäßige und erdrosselnd wirkende Vorteilsabschöpfungsabgabe. Ihre Höhe stehe erkennbar nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen, die sich bei einer Nichterfüllung der Quote ergeben würden. Im Streitfall habe die GmbH keinen Wettbewerbsvorteil erhalten. Aus wirtschaftlichen Gründen habe keine Quote hinzugekauft werden können. Im Übrigen habe der Marktpreis für den Quotenhandel im Jahr 2014 bei nur etwa einem Zehntel der im gleichen Jahr festgesetzten Ausgleichsabgabe gelegen. Dies belege den Verstoß gegen das Übermaßverbot. Da eine Vollstreckung gegen die GmbH noch nicht erfolgt sei, seien die Voraussetzungen des § 219 AO nicht erfüllt. Auch habe das HZA eine Vollstreckung bei der Nachfolgegesellschaft unterlassen. Schließlich habe das HZA die Entscheidung über den AdV-Antrag rechtswidrig vorweggenommen. Die Inbezugnahme paralleler Verfahren sei hierfür keine Rechtfertigung. Schließlich habe das FG unter Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht die Vermögensverhältnisse des Antragstellers nur unzureichend geprüft.

6

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Entgegen der Ansicht des Antragstellers beziehe sich die Verweisung in § 37c Abs. 5 BImSchG nicht nur auf Verfahrensvorschriften der AO, so dass § 69 AO auch auf die Ausgleichsabgabe Anwendung finde. Aufgrund des nur summarischen Verfahrens habe der AdV-Antrag unter Bezugnahme auf die bereits vorliegende Begründung zum Antrag auf AdV des Haftungsbescheids für das Streitjahr 2011 beschieden werden können. Hinsichtlich der behaupteten Unverhältnismäßigkeit der Ausgleichsabgabe seien die auf die Fehlmenge bezogenen Berechnungen des Antragstellers irreführend. Tatsächlich betrage die durch die Ausgleichsabgabe herbeigeführte Erhöhung pro Liter Dieselkraftstoff ca. 0,043 €, so dass keine Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung vorliegen würden.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids bestehen nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel, so dass der Antrag auf AdV abzulehnen ist.

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1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen.

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2. Solche gewichtigen Gründe sind für den Senat nicht ersichtlich. Bei summarischer Betrachtung begegnet die haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Antragstellers keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen dessen Ansicht finden die haftungsrechtlichen Vorschriften der §§ 69 und 191 AO auf die Ausgleichsabgabe Anwendung. Auch die gegen die Primärschuld vorgebrachten Einwände führen nicht zum Erfolg der Beschwerde. Insbesondere greifen die Bemessung und Erhebung der Ausgleichsabgabe nicht in verfassungswidriger Weise in die von Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützten Rechtspositionen der von der Abgabe betroffenen Unternehmen ein.

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a) Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz) vom 18. Dezember 2006 hat die Bundesregierung die Mineralölwirtschaft ab dem 1. Januar 2007 ordnungsrechtlich verpflichtet, Otto- und Dieselkraftstoffen einen Mindestanteil an Biokraftstoffen beizumischen. Sofern die Verpflichteten den in § 37a Abs. 1 BImSchG festgelegten Pflichten nicht nachkommen, ist für die nach dem Energiegehalt berechnete Fehlmenge nach § 37c Abs. 2 Satz 1 BImSchG eine Ausgleichsabgabe festzusetzen. Die an § 18 Abs. 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes angelehnte Sanktionsregelung soll nach der Gesetzesbegründung gewährleisten, dass es aus wirtschaftlicher Sicht für die Quotenverpflichteten günstiger ist, die Quotenverpflichtung einzuhalten, als dagegen zu verstoßen, wobei die Höhe der Sanktion so festgesetzt wird, dass sie die Mehrkosten, die mit der Herstellung von Biokraftstoff im Vergleich zur Herstellung von Diesel- bzw. Ottokraftstoff verbunden sind, abdeckt (BTDrucks 16/2709, S. 23). Nach § 37c Abs. 5 Satz 1 BImSchG finden hinsichtlich der Absätze 1 bis 4 die für die Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der AO entsprechende Anwendung. Mitteilungen nach § 37c Abs. 1 und 4 BImSchG gelten als Steueranmeldungen im Sinne der AO37c Abs. 5 Satz 2 BImSchG).

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Durch die Anordnung der sinngemäßen Anwendung der für Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der AO hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Ausgleichsabgabe im Ergebnis sämtlichen Regelungen unterstellt werden soll, die auch für Verbrauchsteuern gelten. Obwohl sie den Charakter einer Sanktion hat, soll die Ausgleichsabgabe wie eine Steuer behandelt werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber nicht angeordnet. Lediglich hinsichtlich der Festsetzungsverjährung hat er den Hinweis für erforderlich erachtet, dass § 170 Abs. 2 Satz 1 AO --der grundsätzlich nicht für Verbrauchsteuern gilt-- wie bei der Energiesteuer auf Erdgas und bei der Stromsteuer Anwendung findet. Da sich den Regelungen in § 37c Abs. 5 BImSchG Einschränkungen nicht entnehmen lassen, finden auf die Ausgleichsabgabe auch die haftungsrechtlichen Vorschriften der AO (insbesondere §§ 69 ff., §§ 191 und 219 AO) Anwendung, deren Geltung für die Verbrauchsteuern außer Frage steht (vgl. zur Haftung nach § 69 AO für entstandene Mineralölsteuer Senatsentscheidungen vom 18. Mai 1993 VII B 228/92, BFH/NV 1994, 128, und vom 20. Oktober 1987 VII R 6/84, BFH/NV 1988, 428).

12

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht daraus, dass der Gesetzgeber in § 62 Abs. 1 Nr. 9 und 10 BImSchG besondere Ordnungswidrigkeitstatbestände für die Fälle einer unvollständigen, nicht rechtzeitigen oder unterlassenen Mitteilung von geforderten Angaben festgelegt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es herkömmlicher Gesetzgebungspraxis entspricht, in den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen selbst Bußgeldvorschriften aufzunehmen (vgl. § 64 des Energiesteuergesetzes) und dass § 381 AO nur dann Anwendung finden kann, wenn in den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen ausdrücklich für einen bestimmten Tatbestand auf diese Vorschrift verwiesen wird (vgl. § 30 des Biersteuergesetzes und § 158 des Gesetzes über das Branntweinmonopol). Daher kann der Beschwerde nicht darin gefolgt werden, dass die Regelungen in § 62 BImSchG überflüssig und sinnlos wären, wenn § 37c Abs. 5 BImSchG ein umfassender Verweis auf die für Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der AO entnommen werden könnte.

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Dem zu § 37c Abs. 5 BImSchG gefundenen Auslegungsergebnis steht die BFH-Entscheidung in BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119 nicht entgegen, vielmehr wird es durch dieses Urteil gestützt. Aufgrund der in § 7 Abs. 1 Satz 1 des Investitionszulagengesetzes 1993 enthaltenen (allgemeinen) Verweisung, nach der die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind, hat der BFH geschlossen, dass auch die Haftungsvorschriften der §§ 69 ff. AO auf die Investitionszulage entsprechend anwendbar sind. Lediglich für die Fälle des Betrugs bzw. Subventionsbetrugs durch das Erschleichen einer Investitionszulage hat er § 71 AO, der sich nach seinem Wortlaut lediglich auf Fälle von Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei bezieht, nicht für sinngemäß anwendbar erachtet. Eine vergleichbare Problemstellung ergibt sich jedoch bei den Tatbestandsmerkmalen des § 69 AO nicht. Wie das FG ausgeführt hat, hat der Antragsteller seine steuerlichen Pflichten dadurch schuldhaft verletzt, dass er die Abgabe einer Steueranmeldung, die Entrichtung des danach geschuldeten Abgabenbetrags und das Bereithalten von finanziellen Mitteln unterließ. Diese Pflichtverletzungen werden nach ständiger BFH-Rechtsprechung vom Anwendungsbereich des § 69 AO erfasst.

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b) Soweit der Antragsteller die Verfassungswidrigkeit der in § 37c BImSchG festgelegten Ausgleichsabgabe geltend macht, kann auch dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

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aa) Zur Begründung der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit behauptet der Antragsteller lediglich, dass die starr ausgestaltete Abgabe in Höhe von ca. 62 Cent pro Liter nicht beigemischtem Biodiesel nicht nur die tatsächlich entstandenen Vorteile abschöpfe, sondern eine erdrosselnde Wirkung entfalte und sich daher als unverhältnismäßig erweise, denn der Unterschied zwischen einem Liter Diesel und einem Liter Biodiesel liege lediglich bei ca. 20 Cent. Warum die Abgabe, die nach § 37c Abs. 2 BImSchG 19 € pro Gigajoule beträgt, zu einer Zusatzbelastung von 62 Cent pro Liter der Fehlmenge führen soll, legt die Beschwerde nicht schlüssig dar. Zutreffend hat das HZA darauf hingewiesen, dass sich die Ausgleichsabgabe auf die Gesamtmenge des durch den Verpflichteten in Verkehr gebrachten Kraftstoffs bezieht. Ausweislich des Bescheids, mit dem gegen die GmbH die Ausgleichsabgabe und damit die Primärschuld festgesetzt worden ist, hat die GmbH insgesamt 94 052 076 Liter Dieselkraftstoff in den Verkehr gebracht. Hierfür wurde eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 4.020.726,25 € festgesetzt. Dies ergibt eine zusätzliche Belastung in Höhe von ca. 4 Cent pro Liter in den Verkehr gebrachten Dieselkraftstoff. Bei diesem Befund kann der Beschwerde nicht darin gefolgt werden, dass die Ausgleichsabgabe das Dreifache dessen abschöpft, was mit der Einführung der Ausgleichsabgabe ursprünglich geplant gewesen sei, so dass sich die Abgabenbelastung nicht als unverhältnismäßig erweist.

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bb) Im Übrigen stellt die Erhebung der Ausgleichsabgabe auch in einer zutreffend berechneten Belastungshöhe keinen Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit dar. Abgabenrechtliche Vorschriften sind an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie in engem Zusammenhang zur Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen. Deshalb können sie Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich auch dann berühren, wenn sie nicht unmittelbar auf die Berufsfreiheit abzielen, sondern nur in ihrer tatsächlichen Auswirkung geeignet sind, diese zu beeinträchtigen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. November 1989  1 BvR 1402/87, 1528/87, BVerfGE 81, 108). Zwar steht die Erhebung der Ausgleichsabgabe in einem gewissen Zusammenhang mit der Berufsausübung desjenigen, der Kraftstoffe vertreibt, doch beschränkt § 37c BImSchG nicht unmittelbar die Aufnahme und Ausübung dieser Tätigkeit. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Erhebung der Ausgleichsabgabe und ihre Belastungswirkung die Aufgabe der Berufstätigkeit als einzig wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung nahelegen würde, zumal der nach § 37a Abs. 1 Satz 1 BImSchG Verpflichtete seine Inanspruchnahme dadurch vermeiden kann, dass er reine Biokraftstoffe in den Verkehr bringt oder die Verpflichtung auf einen Dritten überträgt. Aber selbst wenn der vom Gesetzgeber angeordnete Beimischungszwang eine berufsausübungsregelnde Tendenz haben sollte, wäre eine solche Einschränkung der von Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit durch Belange des Allgemeinwohls legitimiert. Nach der Intention des Gesetzgebers dient die Förderung von Biokraftstoffen vor dem Hintergrund der Erschöpfung fossiler Brennstoffe der Ressourcenschonung und im Hinblick auf die CO2-Bilanz von Biokraftstoffen dem Umweltschutz (Senatsentscheidung vom 7. Juli 2015 VII R 64/13, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2015, 271).

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cc) Auch der Schutzbereich des Art. 14 GG, der das Ergebnis einer beruflichen Betätigung schützt, wird durch die Erhebung der Ausgleichsabgabe grundsätzlich nicht betroffen. Die Pflicht zur Entrichtung der Abgabe trifft den Verpflichteten in seiner Eigenschaft als Unternehmer, nicht in seiner Eigenschaft als Eigentümer eines Unternehmens. Die Ausübung von Eigentümerbefugnissen wird von § 37c BImSchG nicht geregelt. Ein direkter Zugriff auf das sachliche Substrat des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs findet somit nicht statt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 16. März 1971  1 BvR 52/66, 665/66, 667/66, 754/66, BVerfGE 30, 292, 335, zur Erdölbevorratungsabgabe). Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Ausgleichsabgabe eine erdrosselnde Wirkung entfaltet und sich daher als übermäßig erweist (vgl. zum Übermaßverbot Entscheidung des BVerfG vom 18. Januar 2006  2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97).

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3. Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass die Voraussetzungen des § 219 Satz 1 AO nicht erfüllt sind, legt er keine Umstände dar, die darauf schließen lassen, dass eine Vollstreckung bei der Rechtsnachfolgerin der GmbH tatsächlich Aussicht auf Erfolg hätte. Die GmbH wurde auf eine Ltd. & Co. KG verschmolzen. Deren Vermögen wuchs der Komplementärin der KG an, die inzwischen ebenfalls aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht ist. Somit sind sowohl der ursprüngliche Abgabenschuldner als auch die Rechtsnachfolger nicht mehr existent. Bei dieser Sachlage ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners aussichtslos sein würde, so dass die Voraussetzungen des § 219 Satz 1 AO im Streitfall erfüllt sind.

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4. Nach summarischer Prüfung ist die Betätigung des Auswahlermessens nicht zu beanstanden. Hierzu hat das HZA im angefochtenen Bescheid ausgeführt, das Vorhandensein weiterer Haftungsschuldner sei nicht ersichtlich und sei vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht worden. Im Haftungszeitraum war der Antragsteller alleiniger Geschäftsführer. Die steuerlichen Pflichten, die er zu erfüllen hatte (Mitteilung nach § 37c Abs. 1 BImSchG bis zum 15. April 2013 und Entrichtung der zum 30. Juli 2013 fälligen Ausgleichsabgabe), entstanden erst während seiner Amtszeit. Diese Pflichten konnte der bis zum ersten Halbjahr 2012 tätige Geschäftsführer nicht erfüllen und folglich auch nicht verletzen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den in § 37a Abs. 1 BImSchG festgelegten Pflichten zur Quotenerfüllung noch nicht um Pflichten handelt, die auf einem Steuerrechtsverhältnis i.S. des § 37 AO beruhen.

20

5. Da es sich um einen wiederholten Antrag handelte, konnte das HZA den Antrag auf AdV für das Jahr 2012 bereits vor Eingang der eigentlichen Antragsbegründung ablehnen. Denn bei im Wesentlichen identischem Sachverhalt hatte der Antragsteller bereits für das Kalenderjahr 2011 einen AdV-Antrag gestellt und diesen ausführlich begründet. Das HZA konnte daher davon ausgehen, dass der Antragsteller seine Argumente vollständig vorgebracht haben würde. Es ist somit nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller durch das Vorgehen des HZA rechtliches Gehör versagt worden ist. Im Übrigen hat er fristgerecht Einspruch gegen den Bescheid vom 9. Januar 2015 eingelegt und diesen ausführlich begründet. Aufgrund der Pflicht der Finanzbehörde, die Sache im Einspruchsverfahren in vollem Umfang zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO), konnte sich der Antragsteller im Einspruchsverfahren rechtliches Gehör verschaffen, wodurch ein etwaiger verfahrensrechtlicher Fehler geheilt wird (BFH-Urteil vom 17. September 1997 II R 15/95, BFH/NV 1998, 416).

21

6. Da erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht bestehen, ist die Gewährung von AdV nicht geboten. Zudem hat das FG ausgeführt, der Antragsteller habe Umstände, die im Falle einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme zu seiner Insolvenz führen könnten, nicht glaubhaft gemacht. Auch im Beschwerdeverfahren hat er lediglich auf die allgemeine Lebenserfahrung und auf die Gewinnmargen in der Mineralölbranche verwiesen, ohne jedoch persönliche Vermögensverhältnisse darzulegen. Diese musste das FG auch nicht von Amts wegen ermitteln. Da es sich vorliegend um ein summarisches Verfahren handelt, sind weitergehende Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht grundsätzlich nicht erforderlich. Im Übrigen ist es Sache des Antragstellers, entscheidungserhebliche Tatsachen glaubhaft zu machen. Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung einer Existenzbedrohung hat er indes nicht wahrgenommen. Zudem setzt die AdV wegen unbilliger Härte nach der BFH-Rechtsprechung voraus, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht ausgeschlossen werden können (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2009 VII B 186/08, BFH/NV 2009, 942, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

22

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Aussetzung der Vollziehung (AdV) streitig, ob und in welcher Höhe die Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Antragstellerin) für den Abzug von Einkommensteuer auf an den Antragsteller und Beschwerdeführer zu 2. (Antragsteller) gezahlte Vergütungen nach der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung des § 50a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) haftet.

2

Die Antragstellerin hatte mit dem in der Schweiz wohnenden Antragsteller Werbeverträge abgeschlossen, die Gegenstand von Außenprüfungen waren.

3

In einem dieser Werbeverträge verpflichtete sich der Antragsteller für die Laufzeit des Vertrages bei allen öffentlichen Auftritten soweit möglich ihr Logo auf einem Kleidungsstück zu tragen. Zudem verpflichtete sich der Antragsteller in jedem Vertragsjahr für Werbe-, Verkaufsförderungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen oder innerbetriebliche Veranstaltungen oder für die Erstellung von Werbemitteln zur Verfügung zu stehen. Darüber hinaus räumte er der Antragstellerin das Recht ein, seinen Namen, sein Bild, und/oder seinen Namenszug oder seine Unterschrift für die Konzeption und Gestaltung neuer Produkte und Vertriebsunterlagen zu nutzen. Außerdem erhielt die Antragstellerin das Recht, während der Laufzeit des Vertrages Foto-, Ton-, Schrift- und Filmmaterial betreffend den Antragsteller für Verkaufsförderungsmaßnahmen und sonstige Werbemaßnahmen aller Art zu verwenden. Ggf. sollte der Antragsteller der Antragstellerin auch etwaige markenrechtliche Nutzungsrechte einräumen.

4

Für seine vertraglichen Leistungen vereinbarte der Antragsteller mit der Antragstellerin ein jährliches Pauschalhonorar (...) ("Leistungsphase I"), das sich nach Beendigung seiner aktiven Karriere reduzierte ("Leistungsphase II"). In der Leistungsphase II erhöhte sich die Verpflichtung zur persönlichen Präsenz des Antragstellers. Die Umsatzsteuer sollte in beiden Leistungsphasen von der Antragstellerin getragen werden. Die Höhe des Quellensteuerabzugs sollte im Einklang mit der damals aktuellen Rechtsprechung vorgenommen werden, jedoch mit dem Finanzamt abgeklärt werden.

5

In der Zeit des Vertragsschlusses wurde der Antragsteller von der X-GmbH gemanagt, die u.a. die Vermittlung, Aushandlung und Abwicklung von Verträgen mit Werbepartnern übernahm. Im Zuge des Werbevertrages wurde der X-GmbH ein Honorar gezahlt.

6

Zu Beginn des Jahres 2005 wandten sich die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller an den Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), um den Steuerabzug nach Maßgabe eines für vergangene Zeiträume festgelegten Schlüssels zur steuerrechtlichen Aufteilung der einzelnen Teilleistungen vorzunehmen. Mit einer entsprechenden Steueranmeldung für das I. Quartal 2005 wurde ein Vergütungsanteil von 29 % dem Steuerabzug unterworfen. Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein mit dem Begehren, lediglich 15 % der Vergütung als abzugssteuerpflichtig anzusehen. (...)

7

Am 11. Dezember 2009 erließ das FA den streitgegenständlichen Haftungsbescheid wegen Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag. Den Haftungsbetrag errechnete das FA ausgehend von einer Vergütung in Höhe von (...), zu dessen Berechnung es von der Gesamtvergütung den bereits in der Steueranmeldung berücksichtigten Vergütungsanteil abzog. Über den gegen den Haftungsbescheid eingelegten Einspruch ist bislang noch nicht entschieden worden. Nachdem das FA eine AdV abgelehnt hatte, setzte das FG die Vollziehung des Haftungsbescheids hinsichtlich eines Teilbetrags bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung aus und lehnte im Übrigen den Antrag ab.

8

Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde wenden sich die Antragsteller gegen die verwehrte vollständige AdV des Haftungsbescheids.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Es bedarf weiterer Sachaufklärung, in welchem Umfang die an den Antragsteller ausgezahlte Vergütung nach dem Werbevertrag im Inland steuerpflichtig ist und das FA die Antragstellerin über die von ihr angemeldeten Steuern hinaus in Haftung nehmen durfte.

10

1. Die Antragsteller sind beschwerde- und antragsberechtigt. Dies gilt nicht nur für die Antragstellerin, gegen die sich der Haftungsbescheid als Vergütungsschuldnerin richtet, sondern auch für den Antragsteller als Vergütungsgläubiger.

11

Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein beschränkt steuerpflichtiger Vergütungsgläubiger prinzipiell einen Haftungsbescheid, dessen unmittelbarer Adressat der inländische Vergütungsschuldner ist, aus eigenem Recht mit Einspruch und Klage anfechten (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 39/04, BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95). Zugleich können sowohl der Vergütungsschuldner als auch der Vergütungsgläubiger AdV beantragen, weil § 361 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und § 69 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht erkennen lassen, dass die Befugnis zum Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz enger begrenzt sein soll als die in § 350 AO und in § 40 Abs. 2 FGO geregelte Rechtsbehelfsbefugnis (vgl. Senatsbeschluss vom 24. März 1999 I B 113/98, BFH/NV 1999, 1314 zur Abzugsanordnung nach § 50a Abs. 7 EStG 1997; vgl. auch Gosch in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 50a Rz 40; Maßbaum in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 50a EStG Rz 135 für die Steueranmeldung). Daran hält der Senat fest, so dass die Antragsbefugnis des Vergütungsgläubigers im AdV-Verfahren und seine Beschwer im Hauptsacheverfahren regelmäßig einheitlich zu beantworten sind. Auch wenn dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt, so besteht im Streitfall kein Anlass für eine Einschränkung der Antragsbefugnis des Vergütungsgläubigers, wie sie der Senat im Fall der vom Vergütungsgläubiger beantragten AdV gegen eine Abzugsanordnung (§ 50a Abs. 7 EStG 1997) mit dem Ziel der Auszahlung des vom Vergütungsschuldner abgeführten Steuerbetrages an ihn gemacht hat (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1314). Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die für den Fall einer Aufhebung der Vollziehung geltende weitere Einschränkung, dass bei einem Vollzug der Vergütungsgläubiger dem Vergütungsschuldner den angeforderten Steuerbetrag zurückzahlen müsse, in gleicher Weise für die AdV gilt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 1993 I R 48/93, BFH/NV 1994, 549). Denn jedenfalls haben die Antragsteller das Bestehen eines solchen Rückforderungsanspruchs übereinstimmend vorgetragen. Dies hat auch das FA nicht bestritten.

12

2. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; Senatsbeschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 22. März 2005 II B 14/04, BFH/NV 2005, 1379, m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. dazu Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 69 FGO Rz 123, m.w.N.).

13

3. Unter Heranziehung dieser Grundsätze reichen weder die Feststellungen des FG noch der bisherige Vortrag der Beteiligten oder der Akteninhalt für eine abschließende Entscheidung über die Gewährung oder Ablehnung einer AdV aus. Die Sache ist nicht spruchreif. Angesichts des Umfangs der nachzuholenden Sachverhaltsfeststellungen hält es der beschließende Senat für sachgerecht, die Sache an das FG zurückzuverweisen (zur Zurückverweisung im Verfahren auf AdV vgl. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156, m.w.N.).

14

a) Unterliegen Einkünfte des Vergütungsgläubigers im Inland dem Steuerabzug für beschränkt Steuerpflichtige gemäß § 50a Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 EStG 2002, ist der Vergütungsschuldner verpflichtet, den Steuerabzug für Rechnung des Vergütungsgläubigers vorzunehmen und die einbehaltene Steuer an das FA abzuführen (§ 50a Abs. 5 Satz 2 EStG 2002). Wird diese Verpflichtung nur teilweise erfüllt, haftet der Vergütungsschuldner unmittelbar für die einzubehaltende und abzuführende Steu-er (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG 2002, § 219 Satz 2 AO) und kann vom FA durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden (vgl. § 191 AO i.V.m. § 73g Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 2000, § 3 des Solidaritätszuschlagsgesetzes).

15

Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme der Antragstellerin als Vergütungsschuldnerin ist damit das Vorliegen von Einkünften i.S. des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG 2002 des Antragstellers. In welchem Umfang dies der Fall ist, kann der Senat auch bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht entscheiden.

16

b) Nach Auffassung des FG sind 2/3 der im Streitjahr ausgezahlten Vergütung als inländische Einkünfte i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2002 anzusehen, die dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 Nr. 3 EStG 2002 unterliegen. Dabei soll es sich um den Vergütungsanteil handeln, den der Antragsteller für die der Antragstellerin eingeräumten Rechte, seinen Namen, sein Bild und/oder seinen Namenszug/seine Unterschrift zur Produktgestaltung zu nutzen sowie Foto-, Ton-, Schrift- und Filmmaterial für Verkaufsförderungsmaßnahmen und sonstige Werbemaßnahmen aller Art, einschließlich der Werbung in elektronischen Medien und im Fernsehen zu verwenden, erzielt habe. Soweit sich der Antragsteller demgegenüber verpflichtet habe, das Logo der Antragstellerin zu tragen und z.B. an Werbe-, Verkaufsförderungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen teilzunehmen, handelt es sich nach Auffassung des FG bei dem darauf entfallenden Vergütungsanteil von 1/3 der Gesamtvergütung nicht um inländische und dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte.

17

c) Der Senat pflichtet der Ansicht des FG jedenfalls insoweit bei, als die Einkünfte für die vom Antragsteller zu erbringenden Dienstleistungen und die von ihm erfolgte Rechteeinräumung zu unterschiedlichen Einkünften im Sinne der beschränkten Steuerpflicht führen. Demzufolge ist eine Aufteilung des gezahlten Pauschalhonorars erforderlich, sofern den Dienstleistungen gegenüber der Rechteverwertung ein eigenständiger Charakter zukommt und sie nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. Senatsurteile vom 28. Januar 2004 I R 73/02, BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550, und vom 19. Dezember 2007 I R 19/06, BFHE 220, 160, BStBl II 2010, 398). Daran hält der Senat in Kenntnis der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Schätzung eines geeigneten Aufteilungsmaßstabs gemäß § 162 Abs. 1 AO fest. Denn auch wenn die Vertragsparteien von einem einheitlichen Vertragswerk ausgegangen sind, zwingt das nicht zu einer einheitlichen Qualifizierung der auf der Grundlage des Vertrages erzielten Einkünfte. Zum einen steht es ihnen frei, in den Grenzen der §§ 40 ff. AO und ggf. des Fremdvergleichs für verschiedene Einzelleistungen entsprechende Teilentgelte zu vereinbaren. Zum anderen macht es aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) keinen Unterschied, ob die Vertragsparteien über jede Einzelleistung einen gesonderten oder, wie im Streitfall, einen einheitlichen Vertrag abschließen. Der Senat hält im Streitfall die Einzelleistungen auch nicht für untrennbar miteinander verknüpft. Selbst wenn, worauf die Antragsteller hinweisen, die Rechteüberlassung und die aktiven Werbetätigkeiten einheitlich der Verwertung des positiven Images des Antragstellers dienten, folgt daraus keine Untrennbarkeit von Werbedienstleistung und Rechteüberlassung.

18

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die nach dem Werbevertrag in der streitgegenständlichen "Leistungsphase I" zu erbringenden Leistungen wie folgt aufzuteilen:

19

aa) Die Einnahmen, die der Antragsteller durch das Tragen des Logos der Antragstellerin oder durch vergleichbare Verpflichtungen erzielt, begründen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. von § 15 EStG 2002. Diese Einkünfte erfüllen jedoch keinen Tatbestand des § 50a Abs. 4 EStG 2002, der die Antragstellerin zum Steuerabzug verpflichtet und aufgrund derer sie in Haftung genommen werden könnte. Gleiches gilt für die Verpflichtung zur persönlichen Präsenz des Antragstellers bei Maßnahmen der Antragstellerin für Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit, innerbetrieblichen Veranstaltungen oder der Erstellung von Werbemitteln. Auch ist nach Aktenlage der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 2002 jedenfalls im Streitjahr nicht erfüllt (wird ausgeführt). Dies alles ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

20

bb) Soweit dagegen der Antragsteller der Antragstellerin Rechte an seinem Namen, seinem Bild, seinem Namenszug und seiner Unterschrift sowie etwaige markenrechtliche Nutzungsrechte zur Herstellung von Produkten, Vertriebsunterlagen und Werbung einräumt, erzielt er mit den dafür erhaltenen Vergütungen Einkünfte i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002, die --ebenfalls unstreitig-- in der inländischen Betriebsstätte der Antragstellerin verwertet wurden (vgl. zur zeitlich begrenzten Überlassung von Persönlichkeitsrechten Senatsurteil in BFHE 220, 160, BStBl II 2010, 398). Diese Einkünfte begründen die Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 und sind demzufolge geeignet, die Haftung nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG 2002 auszulösen.

21

cc) Gegen eine Aufteilung der Vergütung zur Bestimmung der Höhe des Steuerabzugs können die Antragsteller nicht einwenden, der auf die X-GmbH als inländischem Vertreter (§ 13 AO) entfallende Vergütungsanteil unterliege nicht dem Steuerabzug. Zwar kann, anders als es das FA und das FG meinen, nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller mit der X-GmbH über einen inländischen Vertreter i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Alternative 2 EStG 2002 verfügte, der an dem streitgegenständlichen Vertrag beteiligt war. Dies ergibt sich nach gegenwärtigem Verfahrensstand zum einen aus dem streitgegenständlichen Werbevertrag selbst, der im Zusammenhang mit der Überlassung der Persönlichkeitsrechte eine Mitwirkung der X-GmbH vorsieht. Zum anderen widerspricht es einer lebensnahen Würdigung des Sachverhalts, dass der X-GmbH eine Vergütung (...) aufgrund des Werbevertrages gezahlt wurde, diese aber dafür keine Leistungen erbracht haben soll.

22

Allerdings schließt die Einschaltung eines inländischen Vertreters die Verpflichtung zum Steuerabzug nicht aus. Dem Steuerabzug unterliegen auch die Einkünfte aus der Einschaltung eines inländischen Vertreters, die anteilig der Rechteüberlassung zuzurechnen sind (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002). Soweit § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 u.a. auf § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 Bezug nimmt, folgt daraus, dass es sich bei den jeweiligen Nutzungsentgelten um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handeln muss, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Es bleibt bei der Einkunftsart, deren Inlandsbezug als Grundvoraussetzung zur beschränkten Steuerpflicht führt (vgl. Maßbaum in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 50a EStG Rz 96; Blümich/Wied, § 50a EStG Rz 59). Damit ist der Steuerabzug auch vorzunehmen, wenn die Überlassung im Rahmen einer Betätigung i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002 erfolgt (ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 23. Januar 1996, BStBl I 1996, 89 Tz. 2.4, nunmehr BMF-Schreiben vom 25. November 2010, BStBl I 2010, 1350, Tz. 21 und Tz. 3 zur inländischen Betriebsstätte).

23

d) Indem die an den Antragsteller gezahlten Vergütungen nur teilweise dem Steuerabzug unterliegen, was das FA im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Frage stellt, sind die Vergütungen nach den Verhältnissen im Streitfall schätzweise aufzuteilen (vgl. Senatsurteile in BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550, und in BFHE 220, 160, BStBl II 2010, 398). Indes lassen sich weder dem FG-Beschluss, dem Vorbringen der Beteiligten, dem sonstigen Akteninhalt oder aus präsenten Beweismitteln Anhaltspunkte entnehmen, die selbst nach dem Prüfungsmaßstab im AdV-Verfahren eine nachvollziehbare Bewertung der Verpflichtungen des Antragstellers und damit eine Aufteilung der Gesamtvergütung auf die gesondert zu betrachtenden Einkunftsquellen ermöglichen.

24

Der Senat teilt jedenfalls nicht die Würdigung des FG, bereits aus dem Aufbau des Werbevertrages sei eine Gewichtung des Werts der einzelnen Teilleistungen möglich. Ebenso wenig reichen bloße "Vermutungen" des zeitlichen und wirtschaftlichen Gehalts zur Schätzung eines geeigneten Aufteilungsschlüssels aus.

25

Die Bewertung und Aufteilung wird im zweiten Rechtsgang unter Mitwirkung der Antragsteller (§ 90 AO, § 76 Abs. 1 FGO), aus deren Sphäre die für eine Aufteilung notwendigen Sachumstände herrühren, beispielsweise durch Offenlegung der dem Vertrag zugrunde liegenden unterschiedlichen Kalkulationen für die jeweilige Leistungsphase und die Heranziehung von Vergleichswerten, zu klären sein. Eine etwaige Verletzung der Mitwirkungspflicht kann trotz der bei Haftungsbescheiden bestehenden Feststellungslast des FA eine Entscheidung zum Nachteil der Antragsteller rechtfertigen (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. November 2006 I R 103/05, BFH/NV 2007, 1067; BFH-Urteil vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

26

4. Soweit die Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids die bereits durchgeführte Veranlagung des Antragstellers, das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums und einen Verstoß gegen das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (Freizügigkeitsabkommen --FZA--; vgl. Zustimmungsgesetz vom 2. September 2001, BGBl II 2001, 810) geltend machen, haben sie damit keinen Erfolg.

27

a) Der Haftungsinanspruchnahme steht nicht entgegen, dass der Antragsteller mit seinen inländischen Einkünften im Streitjahr zur beschränkten Steuerpflicht veranlagt wurde. Der Haftungsbescheid enthält ebenso wenig wie die vom Vergütungsschuldner abzugebende Steueranmeldung (§ 50a Abs. 4 EStG 2002) eine Steuerfestsetzung gegen den Vergütungsgläubiger. Vielmehr realisiert die Finanzbehörde (nur) die (eigene) Entrichtungsschuld des Vergütungsschuldners auf die Anmeldung und Abführung der Abzugsteuer gemäß § 50a Abs. 4 EStG 2002. Es besteht insoweit keine wechselseitige Bindungswirkung (vgl. Senatsurteil in BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95 zur Frage der notwendigen Beiladung). Im Übrigen erfolgte im Streitfall die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO), so dass die Möglichkeit einer späteren Konkretisierung der (abzugs-)steuerpflichtigen Einnahmen bestand. Dass diese nicht mehr hätte geändert werden können, ist nicht erkennbar (vgl. insoweit zur ermessensfehlerhaften Lohnsteuerhaftung BFH-Urteil vom 9. Oktober 1992 VI R 47/91, BFHE 169, 208, BStBl II 1993, 169). Auch liegen die Ausschlusstatbestände des § 191 Abs. 5 AO nicht vor. Die von den Antragstellern behauptete Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme droht aufgrund der Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG 2002 nicht.

28

b) Der Haftungsinanspruchnahme können die Antragsteller auch einen entschuldbaren Rechtsirrtum nicht entgegenhalten. Soweit in der Rechtsprechung des Senats anerkannt ist, dass eine Haftung des Vergütungsschuldners ermessensfehlerhaft ist, wenn er Steuern infolge eines entschuldbaren Rechtsirrtums nicht einbehalten hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 1988 I R 61/85, BFHE 154, 473, BStBl II 1989, 99, unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 18. September 1981 VI R 44/77, BFHE 134, 149, BStBl II 1981, 801; zur Einordnung als Ermessensfehler vgl. Senatsurteil vom 13. September 2000 I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67), liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Dazu müsste das FA die Antragstellerin aufgrund einer Auskunft, einer Außenprüfung oder einer anderen Sachbehandlung in den Glauben versetzt haben, sie brauche für einen bestimmten Tatbestand keine Steuer einzubehalten (vgl. für die Lohnsteuerhaftung BFH-Urteil in BFHE 134, 149, BStBl II 1981, 801). Es ist im Streitfall nicht erkennbar, dass das FA für die streitgegenständliche Vergütung einer bestimmten Sachbehandlung zugestimmt und damit einen Irrtum bei der Einbehaltung und Abführung der Steuern bei der Antragstellerin hervorgerufen hat. Auch konnte die Antragstellerin nicht aus dem Umstand, dass das FA die beantragte Aufhebung der Vollziehung ihrer Steueranmeldung angeordnet hat, aufgrund der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung den Schluss ziehen, es halte einen über die Steueranmeldung hinausgehenden Betrag für nicht steuerabzugsverpflichtet. Für die Antragstellerin war erkennbar der Umfang der dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte im Streit, wie dies ihre vorsorgliche Kontaktaufnahme mit dem FA vor Auszahlung der Vergütung angesichts des Vertragsschlusses mit Blick auf das damals aktuelle BFH-Urteil in BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550 und der von ihr gegen die Steueranmeldung eingelegte Einspruch belegen. Auch der Werbevertrag sah eine Abklärung der Höhe des Quellensteuerabzugs vor. Aus dem Unterlassen des FA, die Antragstellerin zur Abgabe geänderter Steueranmeldungen mit höheren Beträgen aufzufordern, konnte sie ebenfalls nicht schließen, der anzumeldende Steuerbetrag sei nur geringer, würde aber keinesfalls höher ausfallen, oder das FA sehe von einer etwaigen Haftungsinanspruchnahme ab.

29

c) Schließlich steht der Haftungsinanspruchnahme auch das Freizügigkeitsabkommen nicht entgegen. Dass das Abzugsverfahren bei Zahlungen an einen in der Schweiz ansässigen Vergütungsgläubiger anwendbar ist, wird von den Antragstellern zu Recht nicht in Frage gestellt. Es bestehen allerdings auch keine ernsthaften rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Betriebsausgaben bei der Bestimmung der Steuer, für die die Antragstellerin haften soll, unberücksichtigt geblieben sind.

30

aa) Nach § 50a Abs. 4 Satz 3 EStG 2002 ist ein Abzug von Betriebsausgaben nicht zulässig. Dieses Abzugsverbot gilt trotz des Freizügigkeitsabkommens und der dort geregelten Dienstleistungsfreiheit (Art. 5).

31

Zutreffend weisen die Antragsteller im Grundsatz darauf hin, dass das gemäß Art. 300 ff., Art. 310 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung mit den Änderungen durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (EG; im Streitjahr in der Fassung mit den Änderungen durch den Vertrag von Nizza; nunmehr Art. 216 f. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- in der Fassung des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01) geschlossene Freizügigkeitsabkommen Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung ist und die Handlung eines Gemeinschaftsorgans darstellt (vgl. zum Assoziationsabkommen mit Ungarn Senatsurteil vom 23. Juni 2010 I R 37/09, BFHE 230, 156, BStBl II 2010, 895). Damit nimmt der Abkommensinhalt, der für die Organe der Gemeinschaft (Union) und die Mitgliedstaaten verbindlich ist (Art. 300 Abs. 7 EG; Art. 216 Abs. 2 AEUV), am Vorrang des EG-Rechts gegenüber nationalem Recht teil und bewirkt im Fall einer abkommenswidrigen innerstaatlichen Vorschrift deren Nichtanwendbarkeit. Über die Auslegung des Abkommens ist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), im Vorabentscheidungsverfahren zuständig (vgl. EuGH-Urteile vom 30. April 1974 C-181/73 "Haegeman", Slg. 1974, 449; vom 30. September 1987 C-12/86 "Demirel", Slg. 1987, 3719; Cordewener, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 536, 538).

32

Jedoch rechtfertigt das Freizügigkeitsabkommen nicht die Minderung des Haftungsbetrages um die anteiligen Steuern, die sich aus der Versagung des Abzugs von Betriebsausgaben ergeben. Dabei kann offenbleiben, ob die im Freizügigkeitsabkommen geregelte Dienstleistungsfreiheit so umfassend gewährt wird, wie es nach Art. 49 EG (Art. 56 AEUV) der Fall ist (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010 C-70/09, Informationsbrief Ausländerrecht --InfAuslR-- 2010, 317; Söffing/Bron, Recht der Internationalen Wirtschaft 2009, 358, 361; Weigell, IStR 2006, 190, 194; Kälin, Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik 4/2002, 123, 126; Kahil-Wolff/Mosters, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2001, 5, 8; kritisch zum EuGH-Urteil in InfAuslR 2010, 317: Epiney, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht 2011, 64). Denn auch wenn der EuGH und ihm folgend der Senat entschieden haben, dass das Steuerabzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen und die damit einhergehende Haftung des Vergütungsschuldners grundsätzlich mit EU-Recht, insbesondere den Art. 49, Art. 50 EG (Art. 56, Art. 57 AEUV), vereinbar ist, sofern im Steuerabzugsverfahren die im unmittelbaren Zusammenhang mit der inländischen Tätigkeit stehenden Betriebsausgaben des beschränkt steuerpflichtigen EU-Vergütungsgläubigers, die er dem Vergütungsschuldner mitgeteilt hat, geltend gemacht werden können (vgl. EuGH-Urteil vom 3. Oktober 2006 C-290/04 "Scorpio", Slg. 2006, I-9461; Senatsurteile in BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95, sowie vom 5. Mai 2010 I R 104/08, BFH/NV 2010, 1814, und vom 5. Mai 2010 I R 105/08, BFH/NV 2010, 2043), so ist diese Rechtsprechung jedenfalls wegen Art. 16 Abs. 2 FZA im Streitfall nicht anwendbar.

33

Nach Art. 16 Abs. 2 FZA wird, soweit für die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, nur die Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens, dem 21. Juni 1999, berücksichtigt. Über nach diesem Datum ergangene Rechtsprechung wird die Schweiz unterrichtet. Um das ordnungsgemäße Funktionieren des Freizügigkeitsabkommens sicherzustellen, stellt der Gemischte Ausschuss (Art. 14 FZA) auf Antrag einer Vertragspartei die Auswirkungen dieser Rechtsprechung fest. Somit ist nach dieser --besonderen-- vertraglichen Auslegungsregel (vgl. Imhof, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht --ZESAR-- 2010, 425, 433 und in ZESAR 2007, 155, 161 ff.) grundsätzlich die Gleichwertigkeit der wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Freizügigkeitsabkommen auf der Basis der anzuwendenden Begriffe des Gemeinschaftsrechts, zu denen die Dienstleistungsfreiheit gehört, unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens zu beurteilen. Danach ergangene Entscheidungen des EuGH zu inhaltsgleichen Bestimmungen können wegen dieses statischen Verweises (vgl. Kokott in Festschrift Steinberger, 2002, S. 771, 785; Lang/Lüdicke/Reich, IStR 2008, 709, 714, unter Hinweis auf Reich/König, Europäisches Steuerrecht, 2006, 47) dagegen nicht zur Auslegung des Freizügigkeitsabkommens herangezogen werden, soweit der Gemischte Ausschuss dies --wie im Streitfall-- nicht beschlossen hat. Infolgedessen gibt das Freizügigkeitsabkommen eine qualitativ-zeitliche Begrenzung zur Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung vor. Auch wenn die Begrenzung für lediglich präzisierende Rechtsprechung nicht gelten sollte (vgl. auch Pärli, ZESAR 2008, 377, 385), so ist für den beschließenden Senat entgegen der Auffassung der Antragsteller bei summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass sich die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Betriebsausgaben im Steuerabzugsverfahren bereits zuvor hinreichend konkret abgezeichnet hätte.

34

Der Senat teilt weiterhin nicht die Auffassung der Antragsteller, die Vorschrift entfalte für die EU-Staaten nicht die gleiche Bedeutung wie für die Schweiz. Zwar begünstigt die Vorschrift die einseitige Anpassung der Schweiz an die Rechtsprechung des EuGH (vgl. Kokott in Festschrift Steinberger, a.a.O., S. 771, 787), allerdings lässt sich ihrem Wortlaut nicht entnehmen, dass ihre Schutzfunktion ausschließlich gegenüber der Schweiz wirkt, mit der Folge, dass in Deutschland die nach dem 21. Juni 1999 ergangene Rechtsprechung des EuGH im Verhältnis zur Schweiz uneingeschränkt zugunsten der Antragsteller zu berücksichtigen wäre und dies nur für das Schweizer (Steuer-)Recht nicht der Fall sei.

35

bb) Indem die Abzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 4 EStG 2002 an die beschränkte Steuerpflicht und nicht an die Staatsangehörigkeit anknüpft, werden auch die allgemeinen Diskriminierungsverbote nach Art. 2 FZA und nach Art. 25 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen nicht verletzt.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Medien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3 Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen als Trägermedien nicht

1.
einem Kind oder einer jugendlichen Person angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden,
2.
an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten pflegen, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
4.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
5.
im Wege des Versandhandels eingeführt werden,
6.
öffentlich an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Träger- oder Telemedien außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten, angekündigt oder angepriesen werden,
7.
hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder eingeführt werden, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 6 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(1a) Medien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Absatz 3 Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen als Telemedien nicht an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, vorgeführt werden.

(2) Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, schwer jugendgefährdende Trägermedien, die

1.
einen der in § 86, § 130, § 130a, § 131, § 184, § 184a, 184b oder § 184c des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalte haben,
2.
den Krieg verherrlichen,
3.
Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt,
3a.
besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen,
4.
Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder
5.
offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.

(3) Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen auch, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, Trägermedien, die mit einem Medium, dessen Aufnahme in die Liste bekannt gemacht ist, ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind.

(4) Die Liste der jugendgefährdenden Medien darf nicht zum Zweck der geschäftlichen Werbung abgedruckt oder veröffentlicht werden.

(5) Bei geschäftlicher Werbung für Trägermedien darf nicht darauf hingewiesen werden, dass ein Verfahren zur Aufnahme des Mediums oder eines inhaltsgleichen Mediums in die Liste anhängig ist oder gewesen ist.

(6) Soweit die Lieferung erfolgen darf, haben Gewerbetreibende vor Abgabe an den Handel die Händler auf die Vertriebsbeschränkungen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 6 hinzuweisen.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Tenor

Die Vollziehung der mit den geänderten Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 vom 13. April 2012 verbundenen Bescheide über die Aufhebung der Bescheide über das Absehen der Besteuerung des Arbeitslohns des Antragstellers in Höhe von ... € für 2008 und von ... € für 2009 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung oder sonstigen Erledigung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens ausgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob in den Veranlagungszeiträumen 2008 und 2009 vom Antragsteller erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit der inländischen Besteuerung unterliegen oder auf Grundlage des Erlasses über die steuerliche Behandlung von Arbeitnehmereinkünften bei Auslandstätigkeiten vom 31. Oktober 1983, Bundessteuerblatt (BStBl) I 1983, 470 (Auslandstätigkeitserlass; im Folgenden: ATE), von der inländischen Besteuerung freizustellen sind.

2

Der Antragsteller steht als Flugzeugelektroniker in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur ... (im Folgenden: Arbeitgeberin oder X). Im Jahr 2006 schloss die X mit einem Vertragspartner in Angola, der Fa. A, einen Vertrag über ein Projekt in B (Angola). Die Fa. A betreibt Passagierflugzeuge und bietet mit diesen Lufttransportleistungen an. Der benannte Vertrag umfasste unstreitig u.a. die technische Begleitung und Wartung der von der A betriebenen Flugzeuge, und zwar sowohl auf dem Luftstützpunkt in B als auch in der Luft sowie auf anderen Flughäfen, auf denen die Maschinen vorübergehend landeten. Die konkreten Inhalte und die konkrete Durchführung des Vertrags in den Streitjahren, insbesondere im Hinblick auf die vom Antragsteller vorgenommenen Tätigkeiten sind im Einzelnen streitig. In einem als „Kurzbeschreibung“ überschriebenen Schriftstück der X vom Oktober 2010 wird die auf Grundlage des Vertrags für die A durchgeführte Tätigkeit u.a. wie folgt beschrieben:

3

Die Station in B betreut derzeit zwei Flugzeuge (…). In diesem Fall setzt sich die Betreuung der Luftfahrtzeuge aus zwei Säulen zusammen 1. Stationsleitung 2. mitfliegende Mechaniker. Die Stationsleitung besteht aus zwei Mitarbeitern, die im Wechsel in B anwesend sind. (…). Zu den Aufgaben der Stationsleitung gehören neben der Sicherstellung der TOP-Voraussetzungen (…) auch die Aufgabe, den Kontakt zum Operator mit Bezug auf die Luftfahrzeugwartung herzustellen. Die Gruppe der mitfliegenden Mechaniker besteht zurzeit aus sechs Mitarbeitern. (…). Diese Tage teilen sich wie folgt auf, 70 % der Anwesenheit werden im Durchschnitt außerhalb der Station Angola abgeleistet. Diese 70 % werden in der Regel im reinen Flugbetrieb erbracht, wobei ein Schwerpunkt der Operation der asiatische Raum darstellt. (…). Grundsätzlich tragen die mitfliegenden Mechaniker die Verantwortung für eine technisch einwandfreie Flugdurchführung (…). Übergreifend besteht die Aufgabe aller Mitarbeiter darin, dieses für den Kunden A neue Flugmuster einzuführen und den sicheren Betrieb sicherzustellen.

4

Zur weiteren Konkretisierung der Vertragsdurchführung existiert ein als „Projektbeschreibung“ bezeichnetes Papier der X vom Dezember 2011, in dem es u. a. heißt:

5

Die aus dem Jahr 2006 resultierende Beauftragung zwischen A und X liegt darin, die neuen Luftfahrzeugmuster der A für den Kunden zu betreuen, dieser Punkt umfasst sowohl die Inbetriebnahme, Instandsetzung und alle notwendigen Wartungsmaßnahmen der betroffenen Luftfahrzeuge. Als Wartung bezeichnet man in diesem Zusammenhang z. B. Tätigkeiten an einem Luftfahrzeug, die als feste Prüfpunkte von einem Luftfahrzeughersteller herausgegeben werden. (…). Des Weiteren wird erwartet, dass die Mitarbeiter auch bei den Einsätzen der Luftfahrzeuge mitfliegen, um auch an fremden Flughäfen den vollen Einsatzumfang der Luftfahrzeuge zu gewährleisten. Eine weitere Anforderung ist der zentrale Ansprechpartner (Teamleiter) der als dauerhafter Ansprechpartner zur Verfügung steht. Zudem galt es, die Station in B dahingehend aufzubauen und zu entwickeln, dass sowohl kleine Wartungsereignisse als auch auf Wunsch des Kunden A-Checks mit kleineren Modifikationen (Luftfahrzeugsysteme) durchgeführt werden können. (…). Für den Anbau und die Entwicklung der Station sind die TOP (Technische-Organisatorische-Personelle) Voraussetzungen zu erfüllen. (…). Die Aufgabe der Mitarbeiter lässt sich in so einem Umfeld nicht auf das Luftfahrzeug reduzieren sondern ist aufgrund der komplexen Schnittstellen viel umfassender als beispielsweise eine Tätigkeit auf dem Werftgelände in Deutschland. (...). Im Einzelnen besteht die Aufgabe der anwesenden Teamleiter und mitfliegenden Mechaniker darin, die Luftfahrzeuge und die Station in einem auditfähigen Zustand zu halten. Hierzu gehören die notwendigen Wartungsarbeiten an den Luftfahrzeugen sowie alle Tätigkeiten, die zum Erhalt und zur Verbesserung der TOP’s führen. (…). Auditfähigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Luftfahrtbehörde ... und das Luftfahrtbundesamt jederzeit die Möglichkeit hat, die Station zu kontrollieren und die beschriebene Abarbeitung der Instandhaltungs- und Wartungsmaßnahmen, Lagerung von Werkzeugen und Ersatzteilen als auch die Betriebseinrichtungen zu überprüfen. (…).

6

Am 21. Juli 2008 schloss der Antragsteller mit der X einen „Auslandsabordnungsvertrag“, welcher mit Vertrag vom 19. August 2009 verlängert wurde. Auf Grundlage dieses Vertrages wurde der Antragsteller zeitlich befristet zur vorbenannten Station nach Angola abgeordnet. In dem Abordnungsvertrag heißt es u. a.:

7

Der Mitarbeiter wird in B in Arbeitsblöcken von vier Wochen eingesetzt. Nach jedem Arbeitsblock erhält der Mitarbeiter einen Freizeitblock von vier Wochen. Auf den Freizeitblock wird der anteilige Jahresurlaub (von Arbeits- und Freizeitblock) angerechnet. Mit dem Freizeitblock und der Vergütung nach den Ziffern 5 und 7 ist sämtliche Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit (insbesondere Arbeit an deutschen oder Feiertagen in K) abgegolten.

8

Auf Grundlage des Auslandsabordnungsvertrages war der Antragsteller in den Streitjahren in B, Angola tätig. Dabei wechselten sich wie in dem Auslandsabordnungsvertrag vorgesehen, die Tätigkeitsblöcke sowie die Freizeitblöcke, welche der Antragsteller in Deutschland verbrachte, ab. Nach den im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 28. Oktober 2013 ausdrücklich angesprochenen und vom Antragsteller nicht angegriffenen Feststellungen der Steuerfahndung war der Antragsteller in zeitlicher Hinsicht wie folgt in Angola tätig:

9

Anreisetag

Abreisetag

Einsatzzeit in Tagen

04.08.2008

06.09.2008

34    

30.09.2008

31.10.2008

32    

30.11.2008

30.12.2008

31    

                          

Anreisetag

Abreisetag

Einsatzzeit in Tagen

01.02.2009

03.03.2009

31    

04.04.2009

05.05.2009

32    

31.05.2009

01.07.2009

32    

26.07.2009

27.08.2009

33    

21.09.2009

20.10.2009

30    

15.11.2009

15.12.2009

31    

10

Die X unterwarf die Arbeitsentgelte für die Tätigkeit in den Streitjahren der Lohnsteuer. Ende Februar 2010 fertigte der Steuerberater des Antragstellers die Einkommensteuererklärungen 2008 und 2009 an, welche Anfang März beim Finanzamt eingingen. Auf der Anlage N der Einkommensteuererklärung 2008 erklärte der Antragsteller einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn in Höhe von ... € sowie in Zeile 22 einen steuerfreien Arbeitslohn nach dem ATE für den Staat Angola in Höhe von ... €. In einer als „Aufteilung Bruttoarbeitslohn 2008“ bezeichneten Anlage heißt es wörtlich: „Auslandsaufenthalt Angola ab 04.08.2008 - 31.12.2009“. Im Weiteren werden sodann die Monate Januar bis Dezember 2008 aufgeführt und dabei den Monaten Januar bis Juli ein „Bruttoarbeitslohn“ und den Monaten August bis Dezember je ein Lohnbetrag mit der Bezeichnung „steuerfrei/Progress“ zugeordnet. Zudem war der Erklärung der Auslandsabordnungsvertrag beigefügt sowie ein mit „Erläuterung zum steuerfreien Arbeitslohn 2008“ überschriebenes Papier, in dem es heißt:

11

„Tätigkeit in Angola vom 04.08.2008 - 31.12.2008

        

Art der Tätigkeit: Planung/Beratung bei der Inbetriebnahme und Instandsetzung des ...flugzeuges und beratende Tätigkeit beim Aufbau eines Hangars.

        

Anwendung des Auslandstätigkeitserlasses vom 31. Oktober 1983:

        

Für die Tätigkeit im Jahre 2008 sind die einzelnen Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses erfüllt:

        
                 

1.    

Die Art der Tätigkeit fällt unter die begünstigten Tätigkeiten lt. I. des Erlasses.

2.    

Die Tätigkeitsdauer beträgt abzüglich des Urlaubs länger als drei Monate und die Tätigkeit wird in einem Staat ausgeübt, mit dem kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Die Voraussetzungen lt. II. des Erlasses sind somit ebenfalls erfüllt.

        

Das Gehalt wurde in 2008 nicht bereits vom Arbeitgeber steuerfrei gestellt, so dass nunmehr - wie im Auslandstätigkeitserlass unter VI. Nr. 2 vorgesehen - beantragt wird, das Gehalt in Höhe von ... € bei der Veranlagung zur Einkommensteuer steuerfrei zu stellen.“

12

Beigefügt war zudem eine von einem Mitarbeiter der X unterschriebene „Tätigkeitsbeschreibung für das Jahr 2008“ in der es u. a. heißt:

„(…) hiermit bestätigen wir Ihnen im Jahr 2008 in B für unseren Kunden bei der Inbetriebnahme und Instandsetzung des Flugzeuges unterstützt und beraten zu haben. Zudem wurde für die weitere Entwicklung der Station B (Aufbau und der Ausstattung eines Hangars) eine beratende Tätigkeit ausgeführt.“

13

In der Einkommensteuererklärung 2009 erklärte der Antragsteller in der Anlage N einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 0,00 € und in Zeile 22 einen steuerfreien Arbeitslohn nach dem ATE für den Staat Angola in Höhe von ... €. Beigefügt waren der Erklärung eine „Erläuterung zum steuerfreien Arbeitslohn 2009“ , welche der vorbenannten „Erläuterung zum steuerfreien Arbeitslohn 2008“ inhaltlich entspricht und mit dem Hinweis versehen war, dass der bereits für 2008 eingereichte Auslands-Abordnungsvertrag weiterhin gültig und der Zeitraum der Abordnung verlängert worden sei. Hierzu wurde der Verlängerungsvertrag beigelegt.

14

Mit Einkommensteuerbescheiden für 2008 und 2009, jeweils vom 09. August 2010 folgte das Finanzamt den Angaben des Antragstellers und berücksichtigte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von ... € (2008) bzw. in Höhe von 0,00 € (2009). Die ausländischen Einkünfte in Höhe von ... € (2008) und ... € (2009) wurden jeweils in die Berechnung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) einbezogen. Im Ergebnis erlangte der Antragsteller aufgrund des durch seinen Arbeitgeber erfolgten Lohnsteuerabzugs Steuererstattungen in Höhe von ... € zuzüglich Zinsen und Solidaritätszuschlag (2008) bzw. in Höhe von ... € zuzüglich Solidaritätszuschlag (2009).

15

Im Hinblick auf bis zum Dezember 2010 an mehrere Mitarbeiter der X ausgezahlte Steuererstattungen, welchen ähnliche Sachverhalte zugrunde lagen, sah sich das Finanzamt ... zu einer Prüfung dieser Erstattungsfälle veranlasst. Dabei erhielt es auf Anfrage vom Finanzamt für Großunternehmen in ... die Auskunft, dass die in diesen Fällen eingereichten „Tätigkeitsbeschreibungen“ – welche der vom Antragsteller eingereichten Beschreibung entsprachen – zweifelhaft zu sein scheinen, da sie üblicherweise vom Personaldienst der X erteilt würden, was hier jedoch nicht der Fall sei. Aufgrund dieser Auskunft wurden die Vorgänge an die Bußgeld- und Strafsachenstelle abgegeben und am 05. Januar 2011 an die Gemeinsame Steuerfahndungsstelle weitergeleitet. In diesem Zusammenhang wurde auch der Vorgang des beim Antragsgegner steuerlich geführten Antragstellers bekannt und aufgrund des Sachzusammenhangs durch die Steuerfahndungsstelle aufgegriffen. Im Laufe der Ermittlungen gelangte die Steuerfahndung zur Überzeugung, dass die Voraussetzungen einer begünstigten Tätigkeit nach dem ATE nicht vorlägen. Aus diesem Grund teilte die Steuerfahndungsstelle dem Antragsgegner mit Schreiben vom 15. März 2012 mit, dass der bislang als steuerfrei behandelte Lohn durch geänderte Festsetzungen voll der Besteuerung im Inland zu unterwerfen sei; wegen der weiteren Einzelheiten des Ermittlungsergebnisses wird auf den mittlerweile vorliegenden Fahndungsbericht vom 18. März 2013 Bezug genommen.

16

Der Antragsgegner änderte die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden  Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 mit Bescheiden vom 13. April 2012. Auf den Bescheiden ist jeweils vermerkt, dass der Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert sei und dass die Änderung auf der Feststellung basiere, dass die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dem inländischen Steuerabzug unterlägen und nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen seien.

17

Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit Schreiben vom 03. Mai 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf AdV ab; eine Einspruchsentscheidung ist bislang nicht ergangen.

18

Mit seinem am 15. August 2012 bei Gericht eingegangenen Antrag auf AdV verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Es liege sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht eine begünstigte Tätigkeit im Sinne des ATE vor; zudem habe es für den Erlass der angegriffenen Bescheide an einer Änderungsbefugnis gemangelt.

19

Nach der einschlägigen Rechtsprechung sei zur Beurteilung einer Tätigkeit in sachlicher Hinsicht auf das Gesamtbild abzustellen, namentlich darauf, ob die Tätigkeit des Antragstellers unter Berücksichtigung des vollständigen Betätigungsfeldes der X in B vom ATE privilegiert sei. Danach sei die Tätigkeit unzweifelhaft begünstigt, da der Antragsteller entsprechend der Aufgabenstellung des zwischen der X und der A vereinbarten Projekts eingesetzt worden sei. Gegenstand des Projekts sei es gewesen, den Aufbau des von der A neu zu schaffenden Flugstützpunktes beratend zu begleiten und die anzuschaffenden Flugzeugmodelle zu betreuen. Hierzu hätten bspw. auch der Erwerb, das Aufstellen und die Inbetriebnahme der für den Stützpunkt und die dort vorgesehene Wartung erforderlichen Werkzeuge und Tools gehört. Ebenso sei die Einweisung des Personals in die Bedienung aller Geräte erforderlich gewesen sowie entsprechende Schulungen, die Teilnahme an der Abnahme der Anlage durch die angolesische Luftfahrtbehörde und – für eine Übergangszeit – die Inbetriebnahme, Instandsetzung und Wartung der betroffenen Luftfahrzeuge. Langfristig habe die A in die Lage versetzt werden sollen, aufgrund des gelieferten Materials und des übertragenen Know-hows die erforderliche Wartung selbst durchzuführen. Konkret habe die Aufgabe des Antragstellers in der Inbetriebnahme, Instandsetzung und Wartung der Luftverkehrsmaschinen bestanden. Soweit der Kunde die Arbeiten durch eigene Mitarbeiter ausführen ließ, habe er hierbei beraten und insbesondere die Einhaltung der von den Luftaufsichtsbehörden vorgegebenen Sicherheitsstandards überwacht. Auch habe er Planungs- und Beratungsleistungen im Hinblick auf die technische Ausstattung des Luftstützpunktes mit Wirtschaftsgütern durchgeführt und – etwa im Hinblick auf das Materiallager – das Personal des Aufraggebers ausgebildet und eingewiesen. Damit habe er letztlich genau die Tätigkeit ausgeführt, die ihm von seinem Vorgesetzten in der mit der Einkommensteuererklärung eingereichten Tätigkeitsbeschreibung bescheinigt worden sei. Dass er 70 % seiner Abordnungszeit außerhalb der Station geleistet habe und somit lediglich 30 % der erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit der Einrichtung des Bauwerks (Station), Waren- und Werkzeuglagers, sowie der Wartung und Instandsetzung der Flugzeuge direkt auf dem Luftstützstandort gestanden hätten, sei für die Anwendung des ATE unerheblich. Ziel des Vertrages sei insgesamt eine privilegierte Tätigkeit und nicht bloß die „Durchführung des laufenden Flugbetriebes“. Zur Glaubhaftmachung beruft sich der Antragsteller insbesondere auf den Abordnungsvertrag nebst Verlängerungsvereinbarung, die „Kurzbeschreibung“ der X vom Oktober 2010, die „Projektbeschreibung“ aus dem Jahre 2011, seine eidesstattliche Versicherung, die Übersetzung der Ziff. 45.1 der Anlage 4 zur Projektbeschreibung, die mit der Einkommensteuererklärung eingereichte „Tätigkeitsbeschreibung für das Jahr 2008“ des Vorgesetzten Herrn ... und fotografische Aufnahmen des Luftstützpunktes insbesondere der neu errichteten Werkzeughalle und des Helikopterhangars.

20

Es liege auch in zeitlicher Hinsicht eine Tätigkeit im Sinne des ATE vor, weil die jeweiligen Unterbrechungen durch den so genannten „Freizeitblock“ unschädlich seien. Der Zweck des ATE solle ermöglichen, die finanzielle Motivation von Arbeitnehmern für eine oftmals langfristige Auslandstätigkeit zu steigern. Dabei bezeichne der ATE selbst die Unterbrechungen durch Krankheit und Urlaub als unschädlich. Beides habe seine Grundlage jeweils in der persönlichen Lebensgestaltung des Arbeitnehmers. Im Streitfall sei es so, dass die jeweiligen Unterbrechungen durch die „Freizeitblöcke“ nicht aus betrieblichen sondern aus persönlichen Gründen erfolgt seien. Freizeitausgleich sei nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts bezahlte Freizeit, sodass auch im Streitfall Urlaub im Sinne des ATE vorliege. Entgegen der Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts (Beschluss vom 22. Oktober 2012, 4 V 181/12) sei nicht der Entgeltcharakter des Freizeitblocks entscheidend.

21

Ungeachtet dessen seien die Änderungsbescheide auch deshalb rechtswidrig, weil der Behörde mangels nachträglich bekannt gewordener Tatsachen keine Änderungsbefugnis gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugestanden habe. Die mit der Einkommensteuererklärung 2008 eingereichte „Tätigkeitsbeschreibung“ sei eine echte Urkunde, zu deren Erstellung der Aussteller ausweislich einer Stellungnahme der Personalabteilung der X berechtigt gewesen sei und die inhaltlich zutreffe. Im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf habe das Finanzamt aufgrund der Vorlage der Abordnungsverträge Kenntnis von den vertraglich vereinbarten „Freizeitblöcken“ und damit von allen relevanten Umständen gehabt. Außerdem habe in der den Einkommensteuererklärungen beigefügten Erläuterungen ausdrücklich gestanden, dass die Tätigkeit „abzüglich des Urlaubs“ länger als drei Monate gedauert habe. Dass der Steuerberater bei der Ausstellung dieser Erläuterungen die Freizeitblöcke als Urlaub im Sinne des ATE gewertet habe, sei legitim.

22

Er beantragt wörtlich,

        
                 
        

1.    

die Vollziehung der mit Einsprüchen vom 27. April 2012 angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheide des Antragsgegners für die Streitjahre 2008 und 2009 vom 13. April 2012 bis zu einer Entscheidung im Einspruchsverfahren ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, respektive, soweit diese schon vollzogen sind, die Vollziehung aufzuheben.

                          
        

2.    

die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen,

                          
        

3.    

für den Fall der vollen oder teilweisen Ablehnung des Antrags die Beschwerde zuzulassen.

23

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

24

Der Antragsteller habe sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht keine Tätigkeit im Sinne des ATE ausgeübt; zudem seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt.

25

Aus den Ermittlungen der Steuerfahndung ergebe sich, dass Gegenstand des streitigen Projekts in B lediglich die Durchführung des laufenden Flugbetriebes in Gestalt eines Wartungsbetriebes gewesen sei. Dies folge etwa aus Tz. 41 des Vertrags zwischen der X und der A) sowie aus dem Umstand, dass der Antragsteller als mitfliegender Mechaniker tätig gewesen sei und dabei 70 % seiner Arbeitszeit in der Luft verbracht habe. Eine Konkretisierung hinsichtlich zu erbringender Aufbauleistungen sei im Vertrag nicht zu finden, wenngleich es sich zumindest zu Beginn der Auslandstätigkeit um eine Beschaffungsstudie hinsichtlich des benötigten Materials, der Werkzeuge und der Bodenausrüstung gehandelt habe. Es habe auch keine vor Ort ausgehändigten Aufgabenlisten oder konkrete Weisungen hinsichtlich eines bestimmten Projekts gegeben. Bzgl. der vom Antragsteller behaupteten Beratungsleistung im Zusammenhang mit einem Hangar sei darauf hinzuweisen, dass eine Anfrage bei der zuständigen Abteilung der X ergeben habe, dass man „nichts von einer Beratungsleistung an einem Hangar“ wisse. Vielmehr sei der Projektauftrag im Laufe der Ausführung verändert und der Auftrag hinsichtlich des Hangars offenbar einem anderen Unternehmen übertragen worden (Schreiben der Steuerreferentin der X). Daher habe die Entwicklung der Station nur in der Ausstattung eines Teils eines vorhandenen Gebäudes, des Helikopterhangars als Waren- und Werkzeuglager bestanden. Soweit darin zwar eine begünstigte Tätigkeit im Sinne des ATE gesehen werden könne, sei diese jedoch nicht vom Antragsteller durchgeführt worden. Auch die X sei nicht vom Vorliegen einer Tätigkeit im Sinne des ATE ausgegangen. Das zeige sich insbesondere darin, dass sie die Einkünfte dem Lohnsteuerabzug unterworfen und den Reisegrund für die Abordnungen des Antragstellers lediglich als „Wartungsunterstützung A“ bezeichnet habe. Außerdem sei die der Einkommensteuererklärung beigefügte „Tätigkeitsbeschreibung“ des Antragstellers nicht von der dafür normalerweise zuständigen Abteilung der X ausgestellt worden. Und schließlich habe auch der von der Steuerfahndung ausgewertete E-Mail-Verkehr ergeben, dass auch den Mitarbeitern der X bewusst gewesen sei, dass eine steuerlich begünstigte Tätigkeit nicht in Betracht komme und sich das Projekt in B vielmehr als Verwaltung der Station und als Begleitung des laufenden Flugverkehrs darstelle. So habe etwa der Aussteller der „Tätigkeitsbeschreibung“, Herr M, in einer E-Mail bestätigt, dass die Formulierung in der Tätigkeitsbeschreibung „sehr unglücklich“ gewesen sei. Unter dem Begriff „Beratungsleistung“ habe Herr M offensichtlich alles subsumiert, was außerhalb der vertraglichen Grundlagen besprochen worden sei. Insgesamt habe der Antragsteller keinen Beweis für eine in sachlicher Hinsicht begünstigte Tätigkeit im Sinne des ATE erbracht.

26

Es liege auch in zeitlicher Hinsicht keine privilegierte Tätigkeit vor, weil die Freizeitblocks keinen begünstigten Urlaub im Sinne der Ziff. II. des ATE darstellten. Zur Begründung hierzu werde auf den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 22. Oktober 2012 (4 V 181/12) verwiesen.

27

Und schließlich liege auch eine Änderungsbefugnis vor, weil in mehrerlei Hinsicht relevante Tatsachen oder Beweismittel im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nachträglich bekannt geworden seien. So sei das Finanzamt davon ausgegangen, es habe sich bei der „Tätigkeitsbeschreibung“ um eine „offizielle Bestätigung“ des Arbeitgebers gehandelt. Im Laufe der Prüfung habe man jedoch festgestellt, dass eine solch offizielle Bestätigung nicht vorgelegen habe (mit Verweis auf die Zeugenaussagen der Zeugen .... , sowie auf das undatierte Schreiben des Personalmanagements der X). Da eine „offizielle Bestätigung“ jedoch erforderlich sei, sei bereits aus diesem Grund eine Änderung zulässig gewesen. Zudem habe das Finanzamt erst nachträglich Kenntnis davon erhalten, dass die in der Tätigkeitsbeschreibung dargestellten Arbeiten nicht durchgeführt worden seien sondern der Antragsteller vielmehr eine – nicht begünstigte –  Tätigkeit als „Mitflieger“ im Rahmen eines bloßen Wartungsbetriebs ausgeübt habe. Und schließlich habe der Antragsteller mit seiner Einkommensteuererklärung den Eindruck erweckt, dass es sich bei seiner Abordnung nach B um einen ununterbrochenen Aufenthalt gehandelt habe, was jedoch angesichts der Freizeitblöcke nicht zutreffe.

Entscheidungsgründe

28

II. Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).

29

1.)
Der erkennende Senat geht davon aus, dass das ursprüngliche Absehen von der Besteuerung der streitgegenständlichen Einkünfte in 2008 und 2009 durch jeweils eigenständige – von der Steuerfestsetzung zu unterscheidende und mit ihr verbundene (§ 163 Satz 3 AO) – Verwaltungsakte (Grundlagenbescheide) erfolgte (a), dass der Antragsgegner mit seinen Bescheiden vom 13. April 2012 sowohl die auf die Regelungen des ATE gestützten Billigkeitsmaßnahmen aufgehoben, als auch die damit verbundenen Steuerfestsetzungen (Folgebescheide) geändert hat (b), und dass in Ansehung dessen das Ersuchen des Antragstellers bei Gericht als zulässiger Antrag auf Aussetzung derjenigen Verwaltungsakte zu verstehen ist, mit welchen die ursprünglichen Billigkeitsmaßnahmen aufgehoben wurden (c).

30

a)
aa) Ob von der Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 34c Abs. 5 Einkommen-steuergesetz (EStG) i.V.m. dem ATE Gebrauch gemacht wird, ist nicht im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern durch einen eigenständigen Bescheid zu entscheiden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 24. April 2001, I R 80/97, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2001, 1541; Gosch in: Kirchhof, EStG, 12. Aufl. 2013, § 34c Rn. 35; Wagner in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34c EStG, Rn. 116; Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 34c EStG, Anm. 174; vgl. auch – bezogen auf die Billigkeitsmaßnahme nach R14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2005 – BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012, I R 32/11, BFH/NV 2012, 1853). Eine solche eigenständige Ermessens- und Billigkeitsentscheidung stellt einen Grundlagenbescheid dar (Gosch, a.a.O.; vgl. auch BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012, a.a.O.), dessen Bindungswirkung im Rahmen der Steuerfestsetzung gegebenenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO umzusetzen ist. Die Aufhebung und der Widerruf der Billigkeitsmaßnahme richten sich nach den §§ 130, 131 AO; die Regelungen über die Änderung und Aufhebung von Steuerfestsetzungen (§§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2, 172 ff. AO) finden insoweit keine Anwendung (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012, a.a.O. m.w.N.).

31

bb) Der Senat folgt dabei nicht der Gegenansicht, welche insbesondere unter Berufung auf die Materialien zum Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 - StÄndG 1992; BT-Drucksache 12/1108) und unter Hinweis darauf, dass Entscheidungen nach § 34c Abs. 5 EStG gebundene Ermessensentscheidungen seien, davon ausgeht, dass die Billigkeitsmaßnahme ein unselbstständiger und damit nicht selbstständig anfechtbarer Teil der Steuerfestsetzung ist (vgl. Lüdicke in: Flick/Wassermeier/Baumhoff/ Schönfeld, Außensteuerrecht, § 34c EStG, Rn. 462). Diese Ansicht führte im Ergebnis dazu, dass sich etwaige Änderungen/Aufhebungen solcher Billigkeitsmaßnahmen nach den Vorschriften der §§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2, 172 ff. AO richteten (so auch im Ergebnis Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 22. Oktober 2010, 4 V 181/12 - Juris; Finanzgericht Münster, Urteil vom 25. Februar 2003, 6 K 5165/00 E, EFG 2003, 897; vgl. auch Prokisch in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 34c, Rn. E12, wonach die Billigkeitsmaßnahme sowohl als selbstständiger als auch als unselbstständiger Teil des Veranlagungsverfahrens möglich sein soll). Zunächst ist nicht ersichtlich, warum eine etwaige bloße Vorprägung oder Bindung des Ermessens notwendig dazu führt, dass eine Billigkeitsentscheidung ihre von der Steuerfestsetzung getrennte Eigenständigkeit verliert. Auch der Gesetzesbegründung zum Steueränderungsgesetz 1992 ist dies nicht zu entnehmen. Mit diesem Gesetz wurde § 34c Abs. 5 EStG dahingehend modifiziert, dass nach den Worten „die obersten Finanzbehörden der Länder“ die Worte „oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden“ eingefügt wurden. Soweit dazu in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 12/1108, Seite 61) ausgeführt wird, die Billigkeitsmaßnahmen nach § 34c Abs. 5 EStG „sollten nicht als selbstständig anfechtbare Steuerfestsetzung gelten“, stellt dies lediglich eine – nicht zwingende – Idealvorstellung des Gesetzgebers zur Verfahrensvereinfachung dar. Zudem kann ein etwaig aus den Gesetzesmaterialien hervorgehender Wille bei der Interpretation von Gesetzen ohnehin nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. Bundesverfassungsgericht-Urteil vom 16. Februar 1983, II BvE 1, 2, 3, 4/83, BVerfGE 62, 1; VG Stuttgart, Urteil vom 24. Juni 2013, 11 K 763/13, Juris). Die mit dem Steueränderungsgesetz eingeführte bloße Zuständigkeitserweiterung gibt jedoch keinen objektiven Hinweis darauf, dass dadurch die eigenständige Ermessensentscheidung gem. § 34c Abs. 5 EStG als unselbstständiger Bestandteil des Veranlagungsverfahrens inkorporiert wurde.

32

cc) Es sind im Streitfall auch entsprechende Billigkeitsentscheidungen des Finanzamts nach § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE getroffen und mit der Steuerfestsetzung gem. § 163 Satz 3 AO verbunden worden. Das ergibt eine sachgerechte Auslegung der gegenüber dem Antragsteller ergangenen Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 vom 9. August 2010. Bei der Auslegung von Verwaltungsakten sind die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechend anzuwenden. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. Brockmeier/Ratschow in: Klein, AO, 11. Aufl., § 119 Rn. 5 m.w.N.). Einer Billigkeitsentscheidung des Finanzamts muss danach zu entnehmen sein, ob und in welchem Umfang von der an sich gesetzlich vorgesehenen Steuerfestsetzung abgesehen worden ist.

33

Nach diesen Grundsätzen waren den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 jeweils mit der Steuerfestsetzung verbundene, positive Entscheidungen über eine gesonderte Billigkeitsmaßnahme hinsichtlich des streitgegenständlichen Arbeitslohns zu entnehmen. Der Antragsteller hatte mit seinen Steuererklärungen ausdrücklich Anträge auf Gewährung einer Maßnahme nach dem ATE eingereicht. Dass die Steuer unter Berücksichtigung der beantragten Begünstigung erklärungsgemäß festgesetzt und die ausländischen Einkünfte in die Berechnung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) einbezogen wurden, zeigt, dass das Finanzamt in Ansehung dieser Anträge über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE befunden hat. Eines ausdrücklichen Hinweises auf den Billigkeitserweis bedurfte es insoweit nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012, I R 32/11, BFHE 237, 307 m.w.N.). Unschädlich ist dabei, dass die Behörde offenbar davon ausging, dass solche Entscheidungen unselbstständiger Teil der Steuerfestsetzung seien. Denn die subjektive verfahrensrechtliche Einordnung der Billigkeitsentscheidung hat keinen Einfluss auf den unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu ermittelnden objektiven Erklärungsinhalt. Ferner ist unschädlich, dass der Antragsgegner die Steuer vor und nach der Billigkeitsmaßnahme nicht gesondert ausgewiesen hat. Denn einer solchen Angabe bedarf es in der Situation des § 163 Satz 3 AO grundsätzlich nicht; es genügte vielmehr, dass sich die abweichende Steuerfestsetzung aus der Höhe der festgesetzten Steuer ermitteln ließ (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012, I R 32/11, BFHE 237, 307).

34

b)
Bei sachgerechter Auslegung der angegriffenen Bescheide vom 13. April 2012 hat der Antragsgegner jeweils zwei Verwaltungsakte erlassen, indem er sowohl die Bewilligung der Billigkeitsmaßnahme (Grundlagenbescheid) aufgehoben, als auch – infolgedessen – die Steuerfestsetzung (Folgebescheid) geändert hat.

35

Bereits aus den in den Bescheiden benannten Beträgen – namentlich in der Hinzurechnung des streitgegenständlichen Arbeitslohns zum zu versteuernden Einkommen – ergibt sich, dass die Finanzbehörde die ursprünglich gewährte Billigkeitsmaßnahme nach dem ATE nicht mehr aufrecht erhalten wollte. Zudem enthalten die Bescheide den ausdrücklichen Hinweis, dass die Einkünfte „aus nichtselbstständiger Arbeit dem inländischen Steuerabzug unterliegen und nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen sind“. Mit diesem Hinweis werden die Rechtsfolgen des ATE ausdrücklich erwähnt und ausgeschlossen. Dass der Antragsgegner dabei die Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO anführt und nicht gesonderte Vorschriften für die Aufhebung des Grundlagenbescheids einerseits (§§ 130, 131 AO) und für die Änderung des Folgebescheids andererseits (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO), führt der Senat ebenfalls auf das Verständnis des Antragsgegners zurück, wonach die Billigkeitsentscheidung unselbstständiger Teil des Veranlagungsverfahrens ist. Dies begründet jedoch keinen Zweifel daran, dass die Finanzbehörde mit den Bescheiden vom 13. April 2012 die ursprünglich gewährte Billigkeitsmaßnahme nicht mehr aufrecht erhalten und die steuerlichen Konsequenzen daraus ziehen wollte.

36

c)
Der bei Gericht gestellte AdV-Antrag ist zulässig. Zwar sind Anträge auf AdV von Folgebescheiden hinsichtlich der in einem ergangenen Grundlagenbescheid verbindlich getroffenen Entscheidungen grundsätzlich mangels Beschwer oder mangels allgemeinen Rechtschutzinteresses unzulässig (vgl. Koch in: Gräber, FGO, 7. Aufl., § 69 Rn. 55 „Folgebescheide“ m.w.N.). Jedoch deutet der Senat das vom Antragsteller verfolgte Begehren auch nicht als – insoweit unzulässigen – Antrag auf AdV der geänderten Steuerfestsetzungen, sondern als zulässigen Antrag auf Aussetzung der mit diesen verbundenen Bescheiden über die Aufhebung der Billigkeitsmaßnahmen.

37

Verfahrenshandlungen sind nach den allgemeinen Regelungen der §§ 133, 157 BGB auszulegen. Es ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen, wobei dies auf Grundlage des äußeren Erscheinungsbildes der Erklärung und mit Rücksicht auf die Verständnismöglichkeit des Erklärungsempfängers zu geschehen hat. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert aus Empfängersicht (vgl. von Groll in: Gräber, FGO, 7. Aufl., Vor § 33, Rn. 14 m.w.N.). Daran gemessen versteht der Senat den Antrag vom 14. August 2012 als Antrag auf Aussetzung der Bescheide, mit welchen die Grundlagenbescheide aufgehoben wurden. Denn der Antragsteller hat in dem von ihm dargelegten Sachverhalt sowie seinen rechtlichen Erwägungen erkennen lassen, dass sein Begehren ausschließlich darauf gerichtet ist, die ursprünglich beantragte und zunächst gewährte Begünstigung der ausländischen Einkünfte nach dem ATE wieder zu erlangen. Dass er dabei ausdrücklich die Worte „Einkommensteuerbescheide“ verwendet, steht dem nicht entgegen. Die Verwendung dieser Worte fußt, wie dargelegt, darauf, dass die Beteiligten davon ausgingen, dass die Billigkeitsentscheidung unselbstständig ist. Gleichwohl ist aber der an den einschlägigen Gesetzesvorschriften zu messende objektive Erklärungswert aus Empfängersicht – Rechtsschutz gewährend – dahingehend zu verstehen, dass der Antragsteller in seinem Antrag die Aufhebung der Billigkeitsmaßnahme in Bezug nahm und insoweit das zulässige Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes eingelegt hat (vgl. auch BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002, VIII B 72/02, BFH/NV 2002, 1445). Dieser Antrag ist auch hinreichend, da im Obsiegensfall die Aussetzung – bzw. gegebenenfalls teilweise Aufhebung – der Vollziehung der Folgebescheide von Amts wegen durch die Finanzbehörde zu erfolgen hat (§ 69 Abs. 2 Satz 4 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

38

2.)
Der Antrag ist auch begründet.

39

Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides auf Antrag ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 FGO liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. März 1979, GrS 5/77, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570). Da das Aussetzungsverfahren wegen seiner Eilbedürftigkeit und seines vorläufigen Charakters ein summarisches Verfahren ist, beschränkt sich die Überprüfung des Prozessstoffes auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen (insbesondere die Akten der Finanzbehörde) sowie auf die präsenten Beweismittel. Weitergehende Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht sind nicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994, IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Glaubhaftmachung ist eine Beweisführung, die dem Richter nicht die volle Überzeugung, sondern nur einen geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln soll. Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch für das Aussetzungsverfahren (vgl. Gräber/Koch, FGO, 7. Aufl. 2010, § 69 Rz. 121 m.w.N.). Die Tat- und Rechtsfragen brauchen nicht abschließend geprüft zu werden. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt jedoch nicht. Andererseits ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschlüsse vom 20. Mai 1997, VIII B 108/96, BFHE 183, 174, BFH/NV BFH/R 1997, 462 und vom 23. August 2004, IV S 7/04, BFH/NV 2005, 9).

40

Nach diesen Grundsätzen liegen ernstliche Zweifel vor. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der begünstigenden Billigkeitsmaßnahmen kommen die Vorschriften des § 130 Abs. 2 Nrn. 2, 3 oder 4 AO in Betracht. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (begünstigender Verwaltungsakt), nur dann zurückgenommen werden, wenn zudem die Voraussetzungen einer der vorbenannten Nrn. erfüllt sind. Es ist bereits ernstlich zweifelhaft, ob die begünstigenden Entscheidungen rechtswidrig waren (a); insoweit kann dahinstehen, ob auch ernstliche Zweifel am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nrn. 2, 3 oder 4 AO bestehen, oder ob die Aufhebung der Begünstigung ermessenfehlerhaft war (b).

41

a)
Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn das im Zeitpunkt seines Erlasses geltende Recht unrichtig angewendet wird oder bei der Entscheidung von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist (Rüsken in: Klein, AO, 11. Aufl., § 130, Rn. 20). Dabei kommt es für die Frage der Rechtswidrigkeit entscheidend darauf an, ob objektiv ein relevanter Sachverhalt nicht stattgefunden hat und deshalb die in den für den Bescheiderlass relevanten Vorschriften bestimmten Voraussetzungen nicht erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2006, I R 42/05, BFH/NV 2007, 404). Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Billigkeitsentscheidungen, weil bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen summarischen Prüfung hinreichend Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Voraussetzungen des § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE erfüllt waren.

42

Gemäß § 34c Abs 5 EStG können die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn dies aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Auf der Ermächtigungsgrundlage des § 34c Abs. 5 EStG basiert der ATE. Dieser stellt eine Verwaltungsanweisung dar, durch welche die Finanzverwaltung ihr Ermessen gebunden hat; soweit daher die Voraussetzungen des ATE vorliegen, kann der Steuerpflichtige auf den Erlass der Billigkeitsmaßnahme vertrauen („Ermessensreduzierung auf Null“; vgl. Prokisch in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 34c Tz. E10 m.w.N.). Bei der Anwendung des ATE ist jedoch zu beachten, dass Verwaltungsanweisungen nicht wie Gesetze auslegbar sind. Ist objektiv zweifelhaft, ob ein bestimmter Fall unter die Verwaltungsanweisung fällt, so ist es Sache der Verwaltungsbehörden zu entscheiden, ob die Regelung anzuwenden ist oder nicht (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999, I R 68/98, BFH/NV 2000, 891; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Januar 2013, 4 K 1779/10, EFG 2013, 1555). Damit können die Finanzgerichte die Verwaltungsbehörden nicht zwingen, eine Verwaltungsanweisung auch auf einen Fall anzuwenden, bei dem objektive Zweifel bestehen und bei dem die Behörde ohne Willkür von der Anwendung der Anweisung Abstand nahm (BFH-Urteil vom 26. Januar 1968, VI R 224/66, BStBl II 1968, 362; BFH-Urteil vom 05. Oktober 1977, I R 250/75, BStBl II 1978, 50); eine erweiternde oder analoge Anwendung des ATE kommt nicht in Betracht (Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. Mai 1998, 2 K 183/96 - Juris).

43

Es liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die streitgegenständliche Tätigkeit des Antragstellers in personeller und sachlicher Hinsicht begünstigt i.S.d. Ziff. I. des ATE war (aa), und dass auch die zeitlichen Voraussetzungen nach Ziff. II. des ATE (bb), sowie die übrigen Voraussetzungen nach Ziff. III ff. des ATE erfüllt sind (cc).

44

aa) Gemäß Ziff. I. des ATE ist u. a. begünstigt die Auslandstätigkeit eines Arbeitnehmers für einen inländischen Lieferanten, Hersteller, Auftragnehmer im Zusammenhang mit

        
                 
         1. der Planung, Errichtung, Einrichtung, Inbetriebnahme, Erweiterung, Instandsetzung, Modernisierung, Überwachung oder Wartung von Fabriken, Bauwerken, ortsgebundenen großen Maschinen oder ähnlichen Anlagen sowie dem Einbau, der Aufstellung oder Instandsetzung sonstiger Wirtschaftsgüter; außerdem ist das Betreiben der Anlagen bis zur Übergabe an den Auftraggeber begünstigt, (…)

         3. der Beratung (Consulting) ausländischer Auftraggeber oder Organisationen im Hinblick auf Vorhaben im Sinne der Nr. 1.         

45

Ziffer I. des ATE enthält eine weite Begriffsfassung, da in ihr keine enumerative Aufzählung begünstigter Tätigkeiten enthalten, sondern allgemein von Auslandstätigkeit „im Zusammenhang mit“ die Rede ist. Damit werden alle Personaleinsätze erfasst, soweit sie im weitesten Sinne mit den angegebenen Oberbegriffen im Zusammenhang stehen. Privilegiert sind beispielsweise auch Tätigkeiten bei der Entsendung von Ärzten, Baustellenkaufleuten, sonstigen Bürokräften, Lehrern, Köchen, und anderen denkbaren Berufsgruppen, wenn sie zu einem begünstigten Auslandsprojekt eingesetzt werden (vgl. Flick/Wassermeier/Baumhoff/Schönfeldt, Außensteuerrecht, Anhang zu § 34c Abs. 5 EStG, Anm. 48). Dieses weite Verständnis steht nach Auffassung des Senats im Einklang mit der Rechtsprechung zum grundsätzlichen Auslegungsmonopol der Behörden (vgl. dazu bereits oben sowie zur Anwendung und Auslegung des Montageerlasses BFH-Urteil vom 05. Oktober 1977, I R 250/75, BStBl II 1978, 50-52). Denn durch ein vertraglich vereinbartes Gesamtprojekt wird die – in Ziff. I. benannte und begünstigte – (Haupt-) Tätigkeit mit sämtlichen zum Projekt gehörenden Vorbereitungs-, Hilfs-, Folge- und/oder Nachbereitungstätigkeiten dergestalt verknüpft, dass grundsätzlich jede dieser Tätigkeiten im Sinne einer unmittelbaren oder mittelbaren Mitwirkung am Gesamtprojekt und daher objektiv „im Zusammenhang“ mit diesem erfolgt (zu Ausnahmen vgl. Ziff. I. vorletzter und letzter Satz des ATE). Das kann bspw. dazu führen, dass eine – isoliert betrachtet nicht begünstigte – Tätigkeit als Pilot begünstigt wird, wenn sie nicht nur im laufenden Flugbetrieb, sondern im Rahmen eines Gesamtprojekts zum Aufbau / zur Erweiterung eines begünstigten Flugbetriebs ausgeführt wird (so wohl i.E. auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2011, 10 K 3251/09, EFG 2011, 1162).

46

Die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des ATE trifft zwar grundsätzlich den Steuerpflichtigen, im Streitfall jedoch – für das Nichtvorliegen der Voraussetzungen – grundsätzlich das Finanzamt, weil nicht die erstmalige Beantragung einer für den Steuerpflichtigen günstigen Erlassentscheidung im Streit steht, sondern das Vorliegen der Rücknahmevoraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO (zur Feststellungslast im Rahmen des § 130 vgl. BFH-Urteil vom 28. Mai 2009, III R 84/06, BStBl II 2009, 949; Finanzgericht München, Urteil vom 08. März 2010, 2 K 2569/08 - Juris). Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Denn im Rahmen des § 130 Abs. 2 AO gelten – wie im Rahmen des § 173 AO – für die Sachaufklärung und Mitwirkung die allgemeinen Regeln einschließlich der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten gem. § 90 Abs. 2 AO. Ist der Sachverhalt mittels einer reduzierten Ermittlungspflicht der Finanzbehörde wegen der unzureichenden Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht aufzuklären, kann sich die Behörde mit einem geringeren Grad an Überzeugung begnügen (so zu § 173 AO, BFH-Beschluss vom 22. November 2006, II B 6/06, BFH/NV 2007, 395; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Februar 1992, I R 155/90, BFH/NV 1992, 581).

47

Nach diesen Grundsätzen ist ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt das Vorliegen einer sachlich begünstigten Tätigkeit zu Recht abgelehnt hat.

48

Noch keinen Hinweis für eine begünstigte Tätigkeit geben jedoch die vom Antragsteller zu den Gerichtsakten gereichten Aussagen der Zeugen ..., ..., ... und ... . Denn keiner der Zeugen vermochte differenzierte Informationen über die Tätigkeit und das Projekt in Angola zu geben. Auch ist festzustellen, dass jedenfalls Teile des Vertrages zwischen der X und A gegen die Annahme einer begünstigten Tätigkeit sprechen. Dies trifft insbesondere auf Ziff. 45 der Anlage zur Projektbeschreibung des Vertrages zu, in welcher es ausdrücklich heißt, dass die X A´s Wartungsbetrieb unterstütze. Damit ist maßgeblich die Wartung von Flugzeugen gemeint, welche jedoch keine „ortsgebundenen großen Maschinen oder ähnliche Anlagen“, sondern lediglich „sonstige Wirtschaftsgüter“ im Sinne der Ziff. I. 1. des ATE darstellen. Eine bloße Wartung „sonstiger Wirtschaftsgüter“ ist jedoch im ATE ausdrücklich nicht begünstigt. Auch die „Kurzbeschreibung“ enthält Anhaltspunkte für das Vorliegen nicht begünstigter Tätigkeiten. Denn danach tragen die mitfliegenden Mechaniker die Verantwortung für die Flugdurchführung. Dies legt bei isolierter Betrachtung die Annahme nahe, dass neben der nichtbegünstigten Wartung beweglicher Wirtschaftsgüter lediglich die Begleitung des reinen Flugbetriebs erfolgte, welche ebenfalls nicht begünstigt wäre (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2011, 10 K 3251/09, EFG 2011, 1162). Ähnliche Ansätze finden sich auch in der „Projektbeschreibung“, in welcher u.a. von der bloßen Betreuung der Luftfahrtmuster und einem Wartungsbetrieb die Rede ist. Soweit der Antragsteller neben der Tätigkeit als mitfliegender Mechaniker von ihm erbrachte Arbeiten im Zusammenhang mit einem Hangar behauptet, ist dem entgegen zu halten, dass sich die X in der Tat dahingehend äußerte, dass man von einer solchen Tätigkeit „nichts wisse“. Die Summe dieser Hinweise sowie die lange Zeit (wohl seit 2006), welche die X mit ihren Mitarbeitern vor Ort in B tätig war, legt die Vermutung nahe, dass sich das „Projekt“ – jedenfalls im Laufe der Zeit – zu einem bloßen laufenden Flugbetrieb einschließlich erforderlicher Wartungsleistungen an den Flugzeugen entwickelt hat. Hinzu tritt, dass die Ausführungen des Antragstellers keine zur abschließenden Überzeugung führende Klarheit über den genauen Inhalt und Umfang des Projekts und seine eigene Tätigkeit zu schaffen vermochte.

49

Auf der anderen Seite sprechen auch Aspekte für eine privilegierte Tätigkeit. So ist der Vortrag des Antragstellers, dass er bei der Beratung des Aufbaus und der Inbetriebnahme eines Lagersystems tätig war, nachvollziehbar. Denn zunächst ist offenbar unstreitig, dass es einen – wenngleich nicht neu errichteten – Hangar gab, welcher für die Erweiterung des Flugbetriebs auf der Station mit einem neuartigen und technisch komplexen Lagersystem ausgestattet werden musste. Eine solche Tätigkeit stellt die maschinelle Einrichtung bzw. Modernisierung von Bauwerken bzw. ortsfesten Anlagen im Sinne des ATE dar. Der Antragsteller hat dazu im Erörterungstermin plausibel ausgeführt, dass die Ausstattung des Luftstützpunktes in B auf den Erwerb der neuen Flugzeuge nicht eingerichtet war. Auch erscheint es glaubhaft, dass die Mitarbeiter der X das örtliche Personal instruierten und insoweit beratend tätig waren. So wird beispielsweise im E-Mail-Verkehr von der „Schulung von Locals“ gesprochen. Dies steht auch im Einklang mit der „Kurzbeschreibung“, soweit diese ausführt, dass es Aufgabe gewesen sei, das neue Flugmuster „einzuführen“ und den Betrieb sicherzustellen. Die „Projektbeschreibung“ ergänzt dazu, dass es galt, neben der Inbetriebnahme und Instandsetzung der betroffenen Luftfahrzeuge auch „die Station in B aufzubauen und zu entwickeln“. Und schließlich ist ein über den bloßen Flug- bzw. Wartungsbetrieb hinausgehender Umfang des Projektes auch nach den z.T. in übersetzter Form beigefügten Vertragsunterlagen durchaus möglich. So könnte mit der „Unterstützung des Wartungsbetriebs“ auch der Aufbau von für die Wartung erforderlichen Anlagen gemeint sein. Darüber hinaus könnte damit die Unterstützung nicht nur bei der Wartung sondern auch bei der – in Art und Umfang über die bloße Wartung hinausgehenden – Instandsetzung gemeint gewesen sein. Hinzu kommt, dass beispielsweise Ziff. 41 des Vertrags zwischen der X und A davon spricht, dass u. a. auch die „Empfehlung des Materials“ Vertragsgegenstand gewesen ist, was wiederum auf die Ausstattung des Stützpunktes selbst bezogen sein konnte.

50

Nach alldem ist unklar, ob und inwieweit die Tätigkeit des Antragstellers eine über die bloße Wartung hinausgehende begünstigte Instandsetzung von Flugzeugen umfasste. Ferner ist unklar, inwieweit der Antragsteller neue Flugzeuge bis zu ihrem erfolgreichen Testlauf begleitet hat und damit u.U. an der begünstigten Inbetriebnahme sonstiger Wirtschaftsgüter mitgewirkt hat. Daneben ist unter Berücksichtigung der weiten Auslegung des ATE unklar, ob die Tätigkeit des Antragstellers aufgrund ihrer Einbindung in das Gesamtprojekt begünstigt war. So gibt es Anhaltspunkte dafür, dass das Gesamtprojekt nicht nur die Durchführung des laufenden Flug- und Wartungsbetriebs zum Gegenstand hatte, sondern auch den begünstigten Aufbau und die Erweiterung des Luftfahrtstützpunktes einschließlich des dazugehörigen Luftverkehrs. Sollte Letzteres der Fall sein, wäre wiederum unklar, ob und gegebenenfalls wann sich der Gegenstand des Projektes nach Vollendung einer u.U. nur anfänglich vorgenommenen Erweiterung und Modernisierung möglicherweise wieder auf die bloße – nicht mehr begünstigte – Durchführung eines Flug- und Wartungsbetriebs reduziert hätte. Und schließlich würde dies wiederum die Frage aufwerfen, ob dann die bloße Durchführung des Flug- und Wartungsbetriebs möglicherweise dennoch begünstigt bleiben konnte, weil der Betrieb nach der Erweiterung nur vorübergehend „bis zur Übergabe an den Auftraggeber“ erfolgen sollte. Aufschluss zu diesen Fragen könnten möglicherweise weitere Zeugen der X, etwa die Aussteller der „Kurzbeschreibung“ oder „Projektbeschreibung“, geben.

51

bb) Nach Ziff. II. des ATE muss die Auslandstätigkeit mindestens drei Monate ununterbrochen in Staaten ausgeübt werden, mit denen kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, in das die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit einbezogen sind. Die Tätigkeit beginnt mit Antritt der Reise ins Ausland und endet mit der endgültigen Rückkehr ins Inland. Eine Unterbrechung der Tätigkeit im Falle eines Urlaubs oder einer Krankheit ist unschädlich, unabhängig davon, wo sich der Arbeitnehmer während der Unterbrechung aufhält. Zeiten der unschädlichen Unterbrechung sind bei der Dreimonatsfrist nicht mitzurechnen.

52

Mit Angola besteht kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, in das die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit einbezogen sind. Zudem ist zweifelhaft, ob die so genannten Freizeitblöcke bei summarischer Prüfung als schädliche Unterbrechung anzusehen sind. Der ATE definiert den Begriff des Urlaubs nicht. Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub (§ 1 BUrlG). Der Urlaub ist gem. § 7 Abs. 2 BUrlG grundsätzlich zusammenhängend und unter Zahlung eines sich nach dem vorangegangenen Verdienst bemessenden Urlaubsentgelts (§ 11 BUrlG) zu gewähren. Es handelt sich demgemäß um bezahlte Freizeit.

53

Gemessen daran spricht für das Vorliegen von Urlaub, dass der Antragsteller seine Dienste während der jeweils – mehrere Wochen zusammenhängenden – Freizeitblöcke bei Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses und damit bei Fortbestehen seiner grundsätzlichen Dienstleistungspflicht nicht zu erbringen hatte. Die Grundvergütung war dabei gem. Ziff. 5 des Abordnungsvertrags (zuzüglich weiterer Entgelte) fortzuzahlen, wobei sich deren Höhe an der bisherigen Grundvergütung orientierte. Dabei teilt der Senat zwar die Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts (Beschluss vom 22. Oktober 2012, 4 V 181/12 - Juris), wonach der Freizeitblock – neben der der erhöhten Vergütung – auch zur Abgeltung der erhöhten Arbeitszeit in B diente (Ziff. 1 des Abordnungsvertrags). Dieser Umstand spricht jedoch nicht notwendig gegen die Annahme von Urlaub i.S.d. ATE. Denn es ist der Urlaubszeit immanent, dass durch sie Erholung nach erbrachten Diensten gewährt wird. Sonach ist es für die Charakterisierung von gewährter Freizeit als Urlaub auch nicht zwingend abträglich, wenn als Entgegenkommen für besonders umfangreich erbrachte Dienste auch eine besonders umfangreiche Erholungszeit vereinbart wird. So trägt selbst der ATE ausdrücklich dem Umstand Rechnung, dass für besondere Auslandsdienste ein besonderer Umfang an freier Zeit gewährt werden kann. Denn Ziff. III. 3. des ATE sieht vor, dass der auf einen „angemessenen Sonderurlaub“ entfallende Arbeitslohn zum begünstigten Arbeitslohn gehört. Wenngleich diese Regelung lediglich Anordnungen über den Umfang der begünstigten Entgelte – und nicht über die Qualifikation gewährter Freizeit – trifft, so zeigt sie doch, dass das Vorliegen eines über den üblichen Urlaubsanspruch hinausgehenden und durch die Auslandstätigkeit erdienten Freizeitanspruchs grundsätzlich als begünstigungswürdig erachtet wird. Entsprechend dazu enthält Ziff. II. des ATE auch keine ausdrückliche zeitliche Einschränkung im Hinblick auf die Länge des unschädlichen Urlaubs oder der unschädlichen Krankheitszeit.

54

Andererseits wird arbeitsrechtlich zwischen Urlaub und – gegebenenfalls institutionalisiertem – Freizeitausgleich bzw. bezahlter Freistellung, z.B. bei geleisteter Feiertagsarbeit oder wegen geleisteter Überstunden, differenziert. Denkbar ist daher auch, dass die Freizeitblöcke im Streitfall – jedenfalls arbeitsrechtlich – auch anders qualifiziert werden könnten. Zudem haben die Vertragsparteien bei den Freizeitblöcken nicht den Begriff des Urlaubs verwandt, sondern im Gegenteil aufgrund der im Vertrag vorgesehenen Anrechnung ausdrücklich zwischen Freizeitblock und Urlaub differenziert. Dabei ist allerdings zweifelhaft, ob eine solche Unterscheidung für die Anwendung des ATE überhaupt relevant ist, oder ob – da sich der ATE zu einer solchen arbeitsrechtlichen Differenzierung nicht verhält – als Urlaub grundsätzlich jede bezahlte Freizeit zu verstehen ist. Ferner dienten die Freizeitblöcke – anders als z.B. bezahlte Freistellungen nach geleisteten Überstunden – wohl nicht zu der sich an der konkreten Mehrarbeit orientierenden Arbeitszeitverminderung. Dies scheint jedenfalls deswegen zweifelhaft, weil nicht erkennbar ist, dass der Umfang der konkreten Mehrarbeit in B – so er überhaupt ermittelbar war – als Maßstab für die Bemessung der Blöcke diente. Es erscheint vielmehr nahe liegend, dass der Arbeitgeber mit dem Freizeitausgleich als eine Form des (Sonder-)Urlaubs zwar einerseits einen Ausgleich für Mehrarbeit schaffen wollte, dass damit aber auch ein Anreiz geschaffen und den besonderen (klimatischen, persönlichen, familiären) Herausforderungen sowie einem erhöhten Erholungsbedürfnis wegen der Auslandstätigkeit Rechnung getragen werden sollte.

55

Letztlich erkennt der Senat damit zwar, dass sich die Freizeitblöcke in ihrem Umfang, ihrer Begründung, ihrer zeitlichen Einbindung in den Arbeitsablauf und in ihrer von den Parteien gewählten Bezeichnung von dem in Arbeitsverträgen typischerweise gewährten Urlaub unterscheiden. Auch sieht der Senat, dass jedenfalls in arbeitsrechtlicher Hinsicht auch eine andere Beurteilung der Freizeitblöcke in Betracht kommen könnte. Ob diese Umstände jedoch dazu führen, dass das Finanzamt ohne Willkür den Schluss ziehen durfte, die Freizeitblöcke stellten keinen Urlaub i.S.d. ATE dar, ist nach Auffassung des Senats bei summarischer Prüfung dennoch ernstlich zweifelhaft. Dabei brauchen die gegen die Auffassung des Finanzamts sprechenden und die Zweifel begründenden Gesichtspunkte allerdings nicht zu überwiegen – über die Frage, ob in der Hauptsache entsprechend zu erkennen wäre, ist im AdV-Verfahren nicht zu befinden (BFH-Urteil vom 17. Februar 1970, II B 58/69, BStBl II 1970, 333).

56

Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit des Antragstellers die Voraussetzungen der Ziff. II. des ATE nicht erfüllt, liegen bei summarischer Prüfung nicht vor. Zwar ist unstreitig, dass der Antragsteller seine Tätigkeit zu einem Großteil im Flugverkehr und teilweise auch an fremden Flughäfen ausübte. Es sind bislang jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass damit Aufenthalte im Inland oder in einem Staat, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bestand, verbunden waren, die die schädliche Gesamtaufenthaltsdauer von 10 vollen Kalendertagen (vgl. Ziff. II. Abs. 2 ATE) innerhalb der Mindestfrist überschritten.

57

cc) Die weiteren Voraussetzungen des ATE liegen bei summarischer Prüfung ebenfalls vor. Insbesondere sind keine Gründe vorgetragen oder sonst erkennbar, dass der streitgegenständliche Arbeitslohn in seinem Umfang nicht voll privilegiert i.S.d. Ziff. III. des ATE ist. Auch die verfahrensrechtlichen Einwände des Antragsgegners, wonach die Begünstigung einer „offiziellen Bescheinigung“ bedurft hätte, greifen nicht durch. Die Wahrung der innerbetrieblichen Zuständigkeit für die Erteilung von Tätigkeitsbeschreibungen ist kein Tatbestandsmerkmal der Begünstigung, soweit ein Arbeitnehmer den Verzicht auf die Besteuerung nach dem ATE gem. Ziff VI. 2 des ATE bei seinem Wohnsitzfinanzamt beantragt (vgl. auch FG Münster, Urteil vom 25. Februar 2003, 6 K 5165/00 E, EFG 2003, 897)

58

b)
Es kann daher offen bleiben, ob darüber hinaus auch Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen der Ziffern 2-4 des § 130 Abs. 2 AO bestehen. Dabei weist der Senat jedoch in Ansehung des streitigen Schriftverkehrs und den Regelungen des § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO darauf hin, dass der Antragsteller mit der bloßen Übersendung der Auslandsabordnungsverträge im Hinblick auf den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit nicht notwendig alle Angaben korrekt und vollständig gemacht haben dürfte. Zwar hat der Antragsteller dadurch die Vertragslage offen gelegt; er hat jedoch bei seinen Erläuterungen zum steuerfreien Arbeitslohn ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Tätigkeitsdauer abzüglich des Urlaubs die begünstigte Dauer von drei Monaten übersteigt. Stellte sich in der Hauptsache heraus, dass der Freizeitblock vom Antragsgegner zu Recht nicht als Urlaub angesehen wurde, so dürften auch die Angaben des Antragstellers – trotz Beifügung der vertraglichen Vereinbarungen – insoweit objektiv unrichtig gewesen sein, als durch die Erläuterungen der Eindruck erweckt wurde, dass die Tätigkeit tatsächlich nur durch Urlaub – und nicht auch durch Freizeitblocks – unterbrochen wurde.

59

Und schließlich kann der Senat dahinstehen lassen, ob ernstliche Zweifel deshalb bestehen, weil die Finanzbehörde das von § 130 AO eingeräumte Ermessen nicht erkannt und daher auch nicht ausgeübt hat. Dafür spricht, dass sich der Antragsgegner in den Änderungsbescheiden allein auf die Änderungsvorschrift des § 173 AO stützte, welche ihrerseits kein Ermessen eröffnet. Andererseits ließe sich jedoch erwägen, dass das Ermessen bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung des § 130 Abs. 2 AO im Interesse von Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung derart intendiert wäre, dass in diesem Falle die Rücknahme der rechtswidrigen Begünstigung eine nicht begründungsbedürftige Rechtsfolge und eine abwägende Stellungnahme der Behörde damit entbehrlich gewesen wäre (vgl. so zu § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO das BFH-Urteil vom 26. Juni 2007, VII R 35/06, BStBl II 2007, 742).

60

3.)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

61

Die Beschwerde war gemäß § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 22. Oktober 2012, 4 V 181/12, zuzulassen.


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungen nach erfolgter Außenprüfung.

2

In den Streitjahren 2012 bis 2014 vertrieb der Antragsteller als Einzelunternehmer auf diversen Wochen- und Flohmärkten in Hamburg und ... sowie zur Weihnachtszeit auf Hamburger Weihnachtsmärkten im Rahmen eines Reisegewerbes Textilien. Seinen Gewinn ermittelte der Antragsteller gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Ein Kassenbuch über seine täglichen Bareinnahmen führte er ebenso wenig wie Kassenberichte oder ähnliche Aufzeichnungen. Der Steuerberater des Antragstellers erfasste die Bareinnahmen als "Sammelbuchungen" jeweils zum Monatsende (2012), zum Jahresende (2013) bzw. zum 30. Juni, 30. September und 31. Dezember (2014). Der Antragsteller führte für die Streitjahre sogenannte Umsatzsteuerhefte gemäß § 22 Abs. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), in denen er unter Abschnitt 1 unter dem jeweiligen Tagesdatum seine Umsatzerlöse notierte und in Abteilung 2 die von ihm bezogenen Eingangsleistungen aufführte. Für die Streitjahre ermittelte der Antragsteller folgenden Gewinn aus Gewerbebetrieb, welchen er auch seinen Erklärungen zur Einkommenssteuer, zur Gewerbesteuer und zur Umsatzsteuer zugrunde legte:

3
        

 2012

 2013

 2014

Einnahmen (netto)

... €

... €

... €

Wareneinkauf (netto)

.. €

... €

... €

Gewinn

... €

... €

... €

4

Der Antragsgegner führte beim Antragsteller für die Streitjahre eine Außenprüfung durch. Die Prüferin forderte dabei den Antragsteller unter anderem zur Vorlage von in den Streitjahren verwendeten Preislisten auf. Diesem kam der Antragsteller mit dem Hinweis nicht nach, solche Preislisten seien nicht vorhanden. Preise würden vielmehr tagesaktuell unter Berücksichtigung der Preise der Konkurrenz festgesetzt. Oftmals sei Ware zum Einkaufspreis abgegeben worden. Zudem sei Ware durch Beschädigung unverkäuflich geworden.

5

In ihrem Prüfungsbericht vertrat die Prüferin die Auffassung, dass mangels täglicher Kassenaufzeichnung im Sinne eines retrograden Kassenberichtes die Buchführung des Antragstellers nicht ordnungsgemäß und daher der Gewinn aus Gewerbebetrieb zu schätzen sei. Die Schätzung nahm die Prüferin mithilfe externer Vergleichszahlen vor. Dazu ermittelte sie zunächst anhand des Wareneinkaufs des Antragstellers für 2014 die von ihm bezogenen einzelnen Produkte nach Art, Menge und Einkaufspreis. Zu Ermittlung möglicher Verkaufspreise besuchte sie am 28. September 2016 den Wochenmarkt in Hamburg-A. Unter Sichtung des Textilangebots der dort vertretenen Händler ermittelte sie die möglichen Verkaufspreise für die einzelnen Produktgruppen. Ergab sich eine Spanne möglicher Verkaufspreise, setzt die Prüferin den Mittelwert an. Durch Multiplikation dieser Verkaufspreise mit dem Wareneinsatz des Antragstellers gelangte sie zu einem möglichen Bruttoumsatz. Nach Abzug der Umsatzsteuer sowie des Materialeinsatzes ermittelte sie Rohgewinn und Rohgewinnaufschlagssatz (RGAS). Der RGAS betrug abgerundet 300 %. Durch Übertragung dieses Satzes auch auf die Streitjahre 2012 und 2013 gelangte die Prüferin zu folgenden geschätzten Nettoumsätzen und Gewinnen aus Gewerbebetrieb:

6
        

 2012

 2013

 2014

Wareneikauf (netto)

... €

... €

... €

Umsatz (netto mit RGAS von 300 %)

... €

... €

... €

Gewinn aus Gewerbebetrieb

... €

... €

... €

7

Der Antragsteller widersprach den Prüfungsfeststellungen mit Schreiben vom 24. Oktober 2016. Am 1. Dezember 2016 fand eine Schlussbesprechung statt, in welcher die Prüferin insbesondere ihre Schätzungsgrundlagen erläuterte.

8

Am 13. bzw. 14. Dezember 2016 erließ der Antragsgegner auf Grundlage der Ergebnisse der Betriebsprüfung geänderte Bescheide für die Streitjahre über Einkommen- und Umsatzsteuer und erließ zudem erstmalig Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für die Streitjahre sowie über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für Zwecke der Vorauszahlungen für 2016 und ab 2017.

9

Mit Schreiben vom 10. Januar 2017 legte der Antragsteller gegen diese Bescheide Einspruch ein, über welchen bisher nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte er die Aussetzung der Vollziehung (AdV), welche der Antragsgegner mit zwei Bescheiden vom 26. Januar 2017 ablehnte.

10

Am 13. Februar 2017 hat der Antragsteller einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt, welchen er wie folgt begründet:

11

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden ernstliche Zweifel. Der Antragsgegner sei nicht zu Schätzung befugt gewesen und verkenne die Reichweite der Aufzeichnungspflichten. Er, der Antragsteller, der seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittle, sei nicht gehalten, ein Kassenbuch zu führen. Zwar habe ein Unternehmer, der seinen Gewinn mittels EÜR ermittele, auch die Aufzeichnungspflichten des § 22 des UStG i. V. m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) zu erfüllen. Aus diesen Vorschriften ergebe sich allerdings keine Pflicht, vereinnahmtes Barentgelt in einem Kassenbuch aufzuzeichnen. Bei der EÜR gebe es keine Bestandskonten, mithin auch kein Kassenkonto. Vereinnahmtes Geld werde sofort Privatvermögen. Die Feststellung eines Kassenbestandes sei anders als bei der Gewinnermittlung nach Bestandsvergleich im Rahmen der EÜR nicht erforderlich.

12

Gemäß § 146 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 der Abgabenordnung (AO) müssten die Aufzeichnungen lediglich so geführt werden, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck entsprächen. Dafür sei auch bei einer EÜR erforderlich, dass die Bareinnahmen und Ausgaben täglich durch den Steuerpflichtigen selbst zu erfassen seien. Als Einzelhändler, der Waren an der Person nach unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufe, habe er im Wege der gebotenen Vereinfachung täglich nur den Saldo der getätigten Geschäftsvorfälle festhalten müssen. Die Einnahmenermittlung müsse in solch einem Fall nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Dies könne z. B. mithilfe eines Kassenberichts erfolgen, in dem Bareinnahmen mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt würden, wobei der geschäftliche Bargeldbestand zu Ermittlung der Tageslosung auszuzählen sei. Eben dieser Verpflichtung sei er, der Antragsteller, durch die Führung seines Umsatzsteuerheftes in vollem Umfang nachgekommen. Das Umsatzsteuerheft gelte dabei für alle Steuerarten.

13

Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Anstatt sich auf die erzielbaren Rohgewinnaufschlagsätze im Bereich der Richtsätze für Textilwaren zu beziehen, habe der Antragsgegner eigene statistische Erhebungen angestrengt. Diese könnten keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellen. Auch habe der Antragsgegner den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da die Schätzungsgrundlagen trotz mehrfacher Anforderung ihm, dem Antragsteller, nicht übersandt worden sein.

14

Der Antragsgegner könne auch nicht darauf verweisen, dass ihm weder Preislisten vorgelegt noch Standzeiten mitgeteilt worden seien. Diese Angaben seien für die Ermittlung der jeweiligen Steuer nicht aussagekräftig. Er habe den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass Preislisten nicht existierten, die Preiskalkulation täglich in Ansehung des jeweiligen Marktplatzes sowie der Konkurrenz individuell festgelegt worden sei und die Ware mit schlichten Pappschildern ausgezeichnet worden seien.

15

Im Übrigen sei ihm, dem Antragsteller, Vertrauensschutz zu gewähren. Über Jahre hinweg hätten die Finanzbehörden bei ihm und anderen Marktbeschickern die Erfüllung der Aufzeichnungspflichten über ein Umsatzsteuerheft nicht beanstandet. Auf diese gesicherte Rechtsauffassung habe er vertrauen dürfen. Erstmals im Jahr 2016 sei er zur Führung eines Kassenbuchs aufgefordert worden.

16

Im Hinblick auf die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide wäre die AdV mit Sicherheitsleistung im Übrigen unverhältnismäßig.

17

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide für 2012, 2013 und 2014 über Einkommensteuer, Umsatzsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 13. Dezember 2016 sowie die Vollziehung der Bescheide für 2016 und ab 2017 über den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen vom 14. Dezember 2016 ohne Sicherheitsleistungen auszusetzen.

18

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

19

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden nicht. Eine Schätzungsbefugnis sei dem Grunde nach gegeben. Bereits der nach § 22 Abs. 5 UStG bestehenden Verpflichtung zur Führung eines Umsatzsteuerheftes sei der Antragsteller unzureichend nachgekommen. Das Umsatzsteuerheft habe in der Prüfung nicht lückenlos vorgelegen. Geschäftsvorfälle seien zum Teil lediglich als Sammelbuchungen zum Monatsende (für 2012) bzw. zum Jahresende (2013) bzw. quartalsweise (2014) verbucht worden. Im Übrigen habe es der Antragsteller versäumt, in seinem Umsatzsteuerheft sämtliche Eingangsumsätze einzeln zu erfassen, um eine Nachprüfung zu ermöglichen. Im Übrigen blieben die weitergehenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, wie sie sich z.B. aus den §§ 140 ff. AO, dem Handelsgesetzbuch sowie den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie dem Datenzugriff ergäben, von § 22 Abs. 5 UStG unberührt.

20

Der Antragsteller habe seine Verkäufe mittels einer "offenen Ladenkasse" abgewickelt. Bei einer offenen Ladenkasse bzw. bei Bareinnahmen, die ähnlich einer offenen Ladenkasse erfasst werden, seien die Einnahmen zeitnah mittels eines täglichen Kassenberichts aufzuzeichnen. Dabei sei es nicht ausreichend, lediglich die jeweiligen Tageseinnahmen in einer Summe zu erfassen, ohne die Überprüfung dieser Summe zu ermöglichen. Zu fordern sei vielmehr ein Kassenbericht, welcher jederzeit einen Kassensturz ermögliche und die systematisch richtige Ermittlung der täglichen Bareinnahmen nachvollziehbar mache. Notwendig sei dafür die tägliche Auszählung des Barbestandes. Unter Addition bzw. Subtraktion der betrieblichen Barausgaben bzw. der Barentnahmen bzw. Bareinlagen und des Kassenbestandes des Vortages sei der Barumsatz des Tages zu ermitteln. Solch qualifizierte Kassenaufzeichnungen habe der Antragsteller weder geführt noch vorgelegt.

21

Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Trotz mehrfacher Aufforderung habe der Antragsteller seine Verkaufspreise, etwa durch Vorlage von Preislisten, nicht offengelegt. Die Hinzuschätzung sei daher anhand eines äußeren Betriebsvergleichs vorgenommen worden, indem Verkaufspreise anderer Händler zugrunde gelegt worden seien. Der so ermittelte RGAS habe ca. 300 % betragen. Auf die Versagung rechtlichen Gehörs könne sich der Antragsteller nicht berufen. Es habe eine Schlussbesprechung stattgefunden. Zudem sei der Antragsteller durch zahlreiche Schreiben zur Vorlage der erforderlichen Nachweise bzw. Unterlagen für eine Schätzungsgrundlage aufgefordert worden.

...

Entscheidungsgründe

II.

22

Der Antrag hat keinen Erfolg.

23

1. Der Antrag ist unzulässig, soweit die AdV der Gewerbesteuerbescheide begehrt wird. Der Antragsteller erhebt keine gegen die Gewerbesteuer als solche gerichteten Einwendungen, sondern wendet sich inhaltlich nur gegen die Hinzuschätzung von Erlösen dem Grunde und der Höhe nach. Soweit er sich jedoch gegen die Höhe der Gewerbesteuer als Folge der geänderten Grundlagenbescheide über den Gewerbesteuermessbetrag wendet, ist der Antrag auf AdV mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Als Folgebescheide sind die Gewerbesteuerbescheide nicht selbständig aussetzungsfähig, vielmehr ist ihre Vollziehung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von Gesetzes wegen auszusetzen, soweit die Vollziehung des Grundlagenbescheids ausgesetzt wird (vgl. Seer in Tipke/Kruse FGO § 69 Rn. 27, 36; Bundesfinanzhof (BFH)-Beschluss vom 20. Mai 1998 III B 9/98, BStBl II 1998, 721).

24

2. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

25

a) Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20. März 2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch im Aussetzungsverfahren.

26

b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen daran gemessen nicht. Nach Würdigung der präsenten Beweismittel und der Aktenlage dürfte die Hinzuschätzung rechtmäßig sein.

27

aa) Bei summarischer Prüfung geht der Antragsgegner zutreffend davon aus, dass die Buchführung des Antragstellers in den Streitjahren derart fehlerbehaftet war, dass sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte und deshalb eine Hinzuschätzung geboten war.

28

(1) Nach § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen (§ 162 Abs. 2 AO).

29

Der Antragsteller war im Rahmen der von ihm nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Auch die EÜR setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Die allgemeinen Ordnungsvorschriften in den §§ 145 ff. AO gelten nicht nur für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 ff. AO. Insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft jegliche zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderten Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Steuergesetze, wie z. B. § 22 des UStG i. V. m. §§ 63 bis 68 UStDV verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Diese Aufzeichnungspflicht nach dem Umsatzsteuergesetz wirkt, sofern dieses Gesetz keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine Beschränkung aus der Natur der Sache nicht ergibt, unmittelbar auch für andere Steuergesetze (BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599 m. w. N.).

30

Gemäß § 145 Abs. 1 AO muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann; Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Daraus folgt, dass Betriebseinnahmen grundsätzlich einzeln aufzuzeichnen sind. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität besteht die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedoch nicht für Einzelhändler (und vergleichbare Berufsgruppen), die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen (grundlegend BFH-Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BStBl III 1966, 371).

31

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht zwar grundsätzlich keine Pflicht zum Führen eines Kassenbuchs, denn es gibt keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto (Finanzgericht (FG) Saarland, Urteil vom 21. Juni 2012 1 K 1124/10, EFG 2012, 1816; FG Hamburg, Urteil vom 16. November 2016, 2 K 110/15, juris). Trotzdem müssen Geschäftsvorfälle fortlaufend, vollständig und richtig verzeichnet werden. Insbesondere bei bargeldintensiven Betrieben, bei denen die Bareinnahmen mittels einer offenen Ladenkasse erfasst werden, sind dafür detaillierte Aufzeichnungen ähnlich einem Kassenkonto oder einem Kassenbericht notwendig (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2016 X B 41/16, BFH/NV 2017, 310; Sächsisches FG vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772). Zwar ist es nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in ein Kassenbuch oder Ähnliches eingetragen werden. Der Steuerpflichtige muss dann jedoch das Zustandekommen der Summe nachweisen können. Der Nachweis wiederum kann erbracht werden durch Aufbewahrung angefallener Kassenstreifen, Kassenzettel oder Bons oder durch mit einem Kassenbericht vergleichbare Aufzeichnungen (BFH-Urteile vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12; vom 25. März 2015 X R 20/13, BStBl II 2015, 743).

32

Für die Anfertigung eines Kassenberichts ist der geschäftliche Bargeldendbestand auszuzählen, weil hier die Feststellung des Kassenbestandes eine unentbehrliche Grundlage für die Berechnung der Tageslosung bildet. Der Kassenbestand ist sodann rechnerisch um die belegmäßig festgehaltenen Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen und um die ebenfalls dokumentierten Einlagen zu mindern, so dass sich die Einnahme ergibt (vgl. Sächsischen FG, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772; FG Münster, Urteil vom 23. Juni 2010 12 K 2714/06 E, U, juris). Nur mithilfe solch retrograder Kassenberichte ist sichergestellt, dass jederzeit ein Kassensturz möglich ist (vgl. FG Münster, Urteil vom 23. Juni 2010 12 K 2714/06 E, U Rn. 41, juris).

33

(2) Daran gemessen hat der Antragsteller bei summarischer Prüfung seine Bareinnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Ihm ist zwar zuzugestehen, dass er als Händler auf Wochenmärkten nicht zur Aufzeichnung eines jeden einzelnen Umsatzes verpflichtet war. Auch konnte er für Umsatzsteuerzwecke seine Barumsätze täglich lediglich in einer Summe erfassen und diese in das von ihm gemäß § 22 Abs. 5 UStG geführte Umsatzsteuerheft übertragen. Diese Angaben enthalten allerdings weder eine Tageslosung hinsichtlich des täglich ausgezählten Bargeldbestandes, noch eine rechnerische bzw. belegmäßige Korrektur um die Barausgaben bzw. Bareinlagen und Barentnahmen. Eine retrograde Überprüfung des täglichen Bargeldbestandes im Sinne einer Kassensturzfähigkeit ist mithin auf Grundlage der vom Antragsteller vorgelegten Aufzeichnungen nicht möglich. Da der Antragsteller nahezu ausschließlich Bargeschäfte tätigte, nehmen diese Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit und berechtigen zur Schätzung (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921; vom 25. März 2015 X R 20/13, BStBl II 2015, 743).

34

bb) Die Schätzung ist bei summarischer Prüfung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das Gericht hat im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hinzugeschätzten Einnahmen. Es folgt im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 FGO i. V. m. § 162 AO) der Hinzuschätzung des Antragsgegners und sieht sie als maßvoll und sachgerecht an.

35

(1) Die Wahl der Schätzungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und des Finanzgerichts, wenn es - wie hier - seine eigene Schätzungsbefugnis aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO ausübt. Es ist eine Schätzungsmethode zu wählen, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen (vgl. Seer in Tipke/ Kruse, AO/ FGO, § 162 AO Rn. 52 m. w. N.). Die Wahl der Schätzungsmethode richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles (vgl. z. B. FG Bremen, Urteil vom 17. Januar 2007 2 K 229/04, EFG 2008, 8). Ziel jeder Schätzung muss es sein, Besteuerungsgrundlagen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Schätzergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ergebnis einer Schätzung von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung muss sich allerdings in dem durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen halten (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BStBl II 1993, 259).

36

(2) Auf dieser Grundlage ist die Nachkalkulation des Antragsgegners im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden. Der Ansatz eines RGAS i. H. v. 300 % begegnet keinen Bedenken. Der Antragsgegner hat diesen Wert durch Rückgriff auf Kennzahlen des Antragstellers sowie von vergleichbaren Unternehmen plausibel und arithmetisch nachvollziehbar ermittelt. Insbesondere hat der Antragsgegner durch den Besuch eines Wochenmarktes und der Analyse der Verkaufspreise der dortigen Textilienhändler seinen Betriebsvergleich auf Kennzahlen gleichartiger und gleichwertiger und damit vergleichbarer Betriebe gestützt. Detailliert für viele einzelne Warengruppen hat der Antragsgegner dabei die möglichen Verkaufspreise für Textilien auf Wochenmärkten ermittelt und unter Berücksichtigung des Wareneinsatzes und der Einkaufspreise des Antragstellers den erzielbaren Umsatz und RGAS errechnet. Soweit sich für einzelne Textiliengruppen Preisspannen bei den Verkaufspreisen ergaben, hat er zu Gunsten des Antragstellers den Mittelwert angesetzt. Zudem hat er vom Ansatz eines Sicherheitszuschlages abgesehen. Bei summarischer Prüfung wird damit aus Sicht des Gerichts in ausreichendem Maße der Umstand berücksichtigt, dass der Antragsgegner den RGAS für 2014 anhand von Verkaufspreisen für das Jahr 2016 ermittelte, diesen zudem auf die Jahre 2012 und 2013 ohne Abzug übertrug, obwohl möglicherweise die Verkaufspreise in den Streitjahren geringer gewesen sein könnten. Die so ermittelten Gewinne aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. ... € (2012), ... € (2013) bzw. ... € (2014) sind darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich.

37

Der Antragsgegner hat entgegen seiner Ansicht keinen Anspruch darauf, dass Schätzungen zwingend mittels eines äußeren Betriebsvergleichs auf Grundlage der der sogenannten Richtsatzsammlung durchgeführt und die dort angegebenen Richtsätze angewandt werden. Gegenüber der in der Richtsatzsammlung recht allgemein gehaltenen Gewerbeklasse "Textilwaren verschiedene Art und Oberbekleidung, Einzelhandel" zeichnet sich der vom Antragsgegner durchgeführte Betriebsvergleich durch eine deutlich höhere Homogenität von Vergleichsbetrieben mit dem Betrieb des Antragstellers aus. Dürften in die Gewerbeklasse der Richtsatzsammlung vor allem Kennzahlen von stationären Einzelhandelsbetrieben eingeflossen sein, berücksichtigt der Betriebsvergleich des Antragsgegners gerade die besondere Situation von Marktbeschickern. Im Übrigen hat der Antragsteller selbst vorgetragen, sich bei der Gestaltung seiner Verkaufspreise an den jeweiligen Konkurrenten auf den Märkten orientiert zu haben. Der Ansatz des Antragsgegners zur Ermittlung möglicher Verkaufspreise ist auch vor diesem Hintergrund folgerichtig.

38

cc) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schätzungsbescheide ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben oder des Vertrauensschutzes.

39

Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (z. B. BFH-Urteile vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, 95; vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BStBl II 1991, 610). Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich dabei regelmäßig nicht bereits aus einem "Verwaltungsunterlassen". Es reicht nicht aus, dass die Finanzbehörden im Rahmen des Erlasses von Steuerbescheiden oder von Außenprüfungen bestimmte Vorgänge in der Vergangenheit nicht beanstandet haben. Denn nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung ergibt sich allein aus der früheren, auch aufgrund von Außenprüfungen vorgenommenen Beurteilung eines Sachverhalts keine Bindung für die Zukunft. Die Finanzbehörden haben vielmehr in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung müssen sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (vgl. BFH-Urteile vom 13. April 1967 V 235/64, BStBl III 1967, 442, m. w. N.; vom 28. Februar 1990 I R 120/86, BStBl II 1990, 553; BFH-Beschlüsse vom 29. Mai 2007 III B 37/06, BFH/NV 2007, 1865; vom 12. Juli 2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028, m. w. N.). Dies gilt sogar dann, wenn die Auffassung im Prüfungsbericht niedergelegt wurde (BFH-Urteil vom 16. Juli 1964 V 92/61 S, BStBl III 1964, 634) oder wenn die Finanzbehörden über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BStBl II 1971, 749).

40

Vor diesem Hintergrund kann sich der Antragsteller allein aufgrund der Tatsache, dass der Antragsgegner im Rahmen der Steuerfestsetzung seine Steuererklärungen und implizit seine Buchführung nicht beanstandet und in den gesetzlich vorgegebenen Zeitabständen dessen Umsatzsteuerheft mit einem Vorlagevermerk versehen hat, nicht auf Grundsätze des Vertrauensschutzes berufen.

41

dd) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit ergeben sich auch nicht vor dem Hintergrund der Verweigerung rechtlichen Gehörs. Bereits im Rahmen der Außenprüfung hatte der Antragsteller zahlreiche Möglichkeiten, tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte vorzutragen und Einwendungen gegen die Prüfungsergebnisse zu machen. Ausweislich der Akten erörterten die Beteiligten auch spätestens in der Schlussbesprechung am 1. Dezember 2016 die Grundlagen der Hinzuschätzung.

42

3. Die angefochtenen Bescheide sind auch nicht deshalb auszusetzen, weil die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO zur Folge hätte. Der Antragsteller hat Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht dargelegt. Auch aus den Akten ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte.

43

4. Der Antragsteller hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.