Finanzgericht Hamburg Beschluss, 16. März 2017 - 2 V 55/17

bei uns veröffentlicht am16.03.2017

Tatbestand

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungen nach erfolgter Außenprüfung.

2

In den Streitjahren 2012 bis 2014 vertrieb der Antragsteller als Einzelunternehmer auf diversen Wochen- und Flohmärkten in Hamburg und ... sowie zur Weihnachtszeit auf Hamburger Weihnachtsmärkten im Rahmen eines Reisegewerbes Textilien. Seinen Gewinn ermittelte der Antragsteller gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Ein Kassenbuch über seine täglichen Bareinnahmen führte er ebenso wenig wie Kassenberichte oder ähnliche Aufzeichnungen. Der Steuerberater des Antragstellers erfasste die Bareinnahmen als "Sammelbuchungen" jeweils zum Monatsende (2012), zum Jahresende (2013) bzw. zum 30. Juni, 30. September und 31. Dezember (2014). Der Antragsteller führte für die Streitjahre sogenannte Umsatzsteuerhefte gemäß § 22 Abs. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), in denen er unter Abschnitt 1 unter dem jeweiligen Tagesdatum seine Umsatzerlöse notierte und in Abteilung 2 die von ihm bezogenen Eingangsleistungen aufführte. Für die Streitjahre ermittelte der Antragsteller folgenden Gewinn aus Gewerbebetrieb, welchen er auch seinen Erklärungen zur Einkommenssteuer, zur Gewerbesteuer und zur Umsatzsteuer zugrunde legte:

3
        

 2012

 2013

 2014

Einnahmen (netto)

... €

... €

... €

Wareneinkauf (netto)

.. €

... €

... €

Gewinn

... €

... €

... €

4

Der Antragsgegner führte beim Antragsteller für die Streitjahre eine Außenprüfung durch. Die Prüferin forderte dabei den Antragsteller unter anderem zur Vorlage von in den Streitjahren verwendeten Preislisten auf. Diesem kam der Antragsteller mit dem Hinweis nicht nach, solche Preislisten seien nicht vorhanden. Preise würden vielmehr tagesaktuell unter Berücksichtigung der Preise der Konkurrenz festgesetzt. Oftmals sei Ware zum Einkaufspreis abgegeben worden. Zudem sei Ware durch Beschädigung unverkäuflich geworden.

5

In ihrem Prüfungsbericht vertrat die Prüferin die Auffassung, dass mangels täglicher Kassenaufzeichnung im Sinne eines retrograden Kassenberichtes die Buchführung des Antragstellers nicht ordnungsgemäß und daher der Gewinn aus Gewerbebetrieb zu schätzen sei. Die Schätzung nahm die Prüferin mithilfe externer Vergleichszahlen vor. Dazu ermittelte sie zunächst anhand des Wareneinkaufs des Antragstellers für 2014 die von ihm bezogenen einzelnen Produkte nach Art, Menge und Einkaufspreis. Zu Ermittlung möglicher Verkaufspreise besuchte sie am 28. September 2016 den Wochenmarkt in Hamburg-A. Unter Sichtung des Textilangebots der dort vertretenen Händler ermittelte sie die möglichen Verkaufspreise für die einzelnen Produktgruppen. Ergab sich eine Spanne möglicher Verkaufspreise, setzt die Prüferin den Mittelwert an. Durch Multiplikation dieser Verkaufspreise mit dem Wareneinsatz des Antragstellers gelangte sie zu einem möglichen Bruttoumsatz. Nach Abzug der Umsatzsteuer sowie des Materialeinsatzes ermittelte sie Rohgewinn und Rohgewinnaufschlagssatz (RGAS). Der RGAS betrug abgerundet 300 %. Durch Übertragung dieses Satzes auch auf die Streitjahre 2012 und 2013 gelangte die Prüferin zu folgenden geschätzten Nettoumsätzen und Gewinnen aus Gewerbebetrieb:

6
        

 2012

 2013

 2014

Wareneikauf (netto)

... €

... €

... €

Umsatz (netto mit RGAS von 300 %)

... €

... €

... €

Gewinn aus Gewerbebetrieb

... €

... €

... €

7

Der Antragsteller widersprach den Prüfungsfeststellungen mit Schreiben vom 24. Oktober 2016. Am 1. Dezember 2016 fand eine Schlussbesprechung statt, in welcher die Prüferin insbesondere ihre Schätzungsgrundlagen erläuterte.

8

Am 13. bzw. 14. Dezember 2016 erließ der Antragsgegner auf Grundlage der Ergebnisse der Betriebsprüfung geänderte Bescheide für die Streitjahre über Einkommen- und Umsatzsteuer und erließ zudem erstmalig Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für die Streitjahre sowie über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für Zwecke der Vorauszahlungen für 2016 und ab 2017.

9

Mit Schreiben vom 10. Januar 2017 legte der Antragsteller gegen diese Bescheide Einspruch ein, über welchen bisher nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte er die Aussetzung der Vollziehung (AdV), welche der Antragsgegner mit zwei Bescheiden vom 26. Januar 2017 ablehnte.

10

Am 13. Februar 2017 hat der Antragsteller einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt, welchen er wie folgt begründet:

11

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden ernstliche Zweifel. Der Antragsgegner sei nicht zu Schätzung befugt gewesen und verkenne die Reichweite der Aufzeichnungspflichten. Er, der Antragsteller, der seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittle, sei nicht gehalten, ein Kassenbuch zu führen. Zwar habe ein Unternehmer, der seinen Gewinn mittels EÜR ermittele, auch die Aufzeichnungspflichten des § 22 des UStG i. V. m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) zu erfüllen. Aus diesen Vorschriften ergebe sich allerdings keine Pflicht, vereinnahmtes Barentgelt in einem Kassenbuch aufzuzeichnen. Bei der EÜR gebe es keine Bestandskonten, mithin auch kein Kassenkonto. Vereinnahmtes Geld werde sofort Privatvermögen. Die Feststellung eines Kassenbestandes sei anders als bei der Gewinnermittlung nach Bestandsvergleich im Rahmen der EÜR nicht erforderlich.

12

Gemäß § 146 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 der Abgabenordnung (AO) müssten die Aufzeichnungen lediglich so geführt werden, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck entsprächen. Dafür sei auch bei einer EÜR erforderlich, dass die Bareinnahmen und Ausgaben täglich durch den Steuerpflichtigen selbst zu erfassen seien. Als Einzelhändler, der Waren an der Person nach unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufe, habe er im Wege der gebotenen Vereinfachung täglich nur den Saldo der getätigten Geschäftsvorfälle festhalten müssen. Die Einnahmenermittlung müsse in solch einem Fall nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Dies könne z. B. mithilfe eines Kassenberichts erfolgen, in dem Bareinnahmen mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt würden, wobei der geschäftliche Bargeldbestand zu Ermittlung der Tageslosung auszuzählen sei. Eben dieser Verpflichtung sei er, der Antragsteller, durch die Führung seines Umsatzsteuerheftes in vollem Umfang nachgekommen. Das Umsatzsteuerheft gelte dabei für alle Steuerarten.

13

Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Anstatt sich auf die erzielbaren Rohgewinnaufschlagsätze im Bereich der Richtsätze für Textilwaren zu beziehen, habe der Antragsgegner eigene statistische Erhebungen angestrengt. Diese könnten keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellen. Auch habe der Antragsgegner den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da die Schätzungsgrundlagen trotz mehrfacher Anforderung ihm, dem Antragsteller, nicht übersandt worden sein.

14

Der Antragsgegner könne auch nicht darauf verweisen, dass ihm weder Preislisten vorgelegt noch Standzeiten mitgeteilt worden seien. Diese Angaben seien für die Ermittlung der jeweiligen Steuer nicht aussagekräftig. Er habe den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass Preislisten nicht existierten, die Preiskalkulation täglich in Ansehung des jeweiligen Marktplatzes sowie der Konkurrenz individuell festgelegt worden sei und die Ware mit schlichten Pappschildern ausgezeichnet worden seien.

15

Im Übrigen sei ihm, dem Antragsteller, Vertrauensschutz zu gewähren. Über Jahre hinweg hätten die Finanzbehörden bei ihm und anderen Marktbeschickern die Erfüllung der Aufzeichnungspflichten über ein Umsatzsteuerheft nicht beanstandet. Auf diese gesicherte Rechtsauffassung habe er vertrauen dürfen. Erstmals im Jahr 2016 sei er zur Führung eines Kassenbuchs aufgefordert worden.

16

Im Hinblick auf die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide wäre die AdV mit Sicherheitsleistung im Übrigen unverhältnismäßig.

17

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide für 2012, 2013 und 2014 über Einkommensteuer, Umsatzsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 13. Dezember 2016 sowie die Vollziehung der Bescheide für 2016 und ab 2017 über den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen vom 14. Dezember 2016 ohne Sicherheitsleistungen auszusetzen.

18

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

19

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden nicht. Eine Schätzungsbefugnis sei dem Grunde nach gegeben. Bereits der nach § 22 Abs. 5 UStG bestehenden Verpflichtung zur Führung eines Umsatzsteuerheftes sei der Antragsteller unzureichend nachgekommen. Das Umsatzsteuerheft habe in der Prüfung nicht lückenlos vorgelegen. Geschäftsvorfälle seien zum Teil lediglich als Sammelbuchungen zum Monatsende (für 2012) bzw. zum Jahresende (2013) bzw. quartalsweise (2014) verbucht worden. Im Übrigen habe es der Antragsteller versäumt, in seinem Umsatzsteuerheft sämtliche Eingangsumsätze einzeln zu erfassen, um eine Nachprüfung zu ermöglichen. Im Übrigen blieben die weitergehenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, wie sie sich z.B. aus den §§ 140 ff. AO, dem Handelsgesetzbuch sowie den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie dem Datenzugriff ergäben, von § 22 Abs. 5 UStG unberührt.

20

Der Antragsteller habe seine Verkäufe mittels einer "offenen Ladenkasse" abgewickelt. Bei einer offenen Ladenkasse bzw. bei Bareinnahmen, die ähnlich einer offenen Ladenkasse erfasst werden, seien die Einnahmen zeitnah mittels eines täglichen Kassenberichts aufzuzeichnen. Dabei sei es nicht ausreichend, lediglich die jeweiligen Tageseinnahmen in einer Summe zu erfassen, ohne die Überprüfung dieser Summe zu ermöglichen. Zu fordern sei vielmehr ein Kassenbericht, welcher jederzeit einen Kassensturz ermögliche und die systematisch richtige Ermittlung der täglichen Bareinnahmen nachvollziehbar mache. Notwendig sei dafür die tägliche Auszählung des Barbestandes. Unter Addition bzw. Subtraktion der betrieblichen Barausgaben bzw. der Barentnahmen bzw. Bareinlagen und des Kassenbestandes des Vortages sei der Barumsatz des Tages zu ermitteln. Solch qualifizierte Kassenaufzeichnungen habe der Antragsteller weder geführt noch vorgelegt.

21

Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Trotz mehrfacher Aufforderung habe der Antragsteller seine Verkaufspreise, etwa durch Vorlage von Preislisten, nicht offengelegt. Die Hinzuschätzung sei daher anhand eines äußeren Betriebsvergleichs vorgenommen worden, indem Verkaufspreise anderer Händler zugrunde gelegt worden seien. Der so ermittelte RGAS habe ca. 300 % betragen. Auf die Versagung rechtlichen Gehörs könne sich der Antragsteller nicht berufen. Es habe eine Schlussbesprechung stattgefunden. Zudem sei der Antragsteller durch zahlreiche Schreiben zur Vorlage der erforderlichen Nachweise bzw. Unterlagen für eine Schätzungsgrundlage aufgefordert worden.

...

Entscheidungsgründe

II.

22

Der Antrag hat keinen Erfolg.

23

1. Der Antrag ist unzulässig, soweit die AdV der Gewerbesteuerbescheide begehrt wird. Der Antragsteller erhebt keine gegen die Gewerbesteuer als solche gerichteten Einwendungen, sondern wendet sich inhaltlich nur gegen die Hinzuschätzung von Erlösen dem Grunde und der Höhe nach. Soweit er sich jedoch gegen die Höhe der Gewerbesteuer als Folge der geänderten Grundlagenbescheide über den Gewerbesteuermessbetrag wendet, ist der Antrag auf AdV mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Als Folgebescheide sind die Gewerbesteuerbescheide nicht selbständig aussetzungsfähig, vielmehr ist ihre Vollziehung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von Gesetzes wegen auszusetzen, soweit die Vollziehung des Grundlagenbescheids ausgesetzt wird (vgl. Seer in Tipke/Kruse FGO § 69 Rn. 27, 36; Bundesfinanzhof (BFH)-Beschluss vom 20. Mai 1998 III B 9/98, BStBl II 1998, 721).

24

2. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

25

a) Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20. März 2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch im Aussetzungsverfahren.

26

b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen daran gemessen nicht. Nach Würdigung der präsenten Beweismittel und der Aktenlage dürfte die Hinzuschätzung rechtmäßig sein.

27

aa) Bei summarischer Prüfung geht der Antragsgegner zutreffend davon aus, dass die Buchführung des Antragstellers in den Streitjahren derart fehlerbehaftet war, dass sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte und deshalb eine Hinzuschätzung geboten war.

28

(1) Nach § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen (§ 162 Abs. 2 AO).

29

Der Antragsteller war im Rahmen der von ihm nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Auch die EÜR setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Die allgemeinen Ordnungsvorschriften in den §§ 145 ff. AO gelten nicht nur für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 ff. AO. Insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft jegliche zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderten Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Steuergesetze, wie z. B. § 22 des UStG i. V. m. §§ 63 bis 68 UStDV verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Diese Aufzeichnungspflicht nach dem Umsatzsteuergesetz wirkt, sofern dieses Gesetz keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine Beschränkung aus der Natur der Sache nicht ergibt, unmittelbar auch für andere Steuergesetze (BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599 m. w. N.).

30

Gemäß § 145 Abs. 1 AO muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann; Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Daraus folgt, dass Betriebseinnahmen grundsätzlich einzeln aufzuzeichnen sind. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität besteht die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedoch nicht für Einzelhändler (und vergleichbare Berufsgruppen), die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen (grundlegend BFH-Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BStBl III 1966, 371).

31

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht zwar grundsätzlich keine Pflicht zum Führen eines Kassenbuchs, denn es gibt keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto (Finanzgericht (FG) Saarland, Urteil vom 21. Juni 2012 1 K 1124/10, EFG 2012, 1816; FG Hamburg, Urteil vom 16. November 2016, 2 K 110/15, juris). Trotzdem müssen Geschäftsvorfälle fortlaufend, vollständig und richtig verzeichnet werden. Insbesondere bei bargeldintensiven Betrieben, bei denen die Bareinnahmen mittels einer offenen Ladenkasse erfasst werden, sind dafür detaillierte Aufzeichnungen ähnlich einem Kassenkonto oder einem Kassenbericht notwendig (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2016 X B 41/16, BFH/NV 2017, 310; Sächsisches FG vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772). Zwar ist es nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in ein Kassenbuch oder Ähnliches eingetragen werden. Der Steuerpflichtige muss dann jedoch das Zustandekommen der Summe nachweisen können. Der Nachweis wiederum kann erbracht werden durch Aufbewahrung angefallener Kassenstreifen, Kassenzettel oder Bons oder durch mit einem Kassenbericht vergleichbare Aufzeichnungen (BFH-Urteile vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12; vom 25. März 2015 X R 20/13, BStBl II 2015, 743).

32

Für die Anfertigung eines Kassenberichts ist der geschäftliche Bargeldendbestand auszuzählen, weil hier die Feststellung des Kassenbestandes eine unentbehrliche Grundlage für die Berechnung der Tageslosung bildet. Der Kassenbestand ist sodann rechnerisch um die belegmäßig festgehaltenen Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen und um die ebenfalls dokumentierten Einlagen zu mindern, so dass sich die Einnahme ergibt (vgl. Sächsischen FG, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772; FG Münster, Urteil vom 23. Juni 2010 12 K 2714/06 E, U, juris). Nur mithilfe solch retrograder Kassenberichte ist sichergestellt, dass jederzeit ein Kassensturz möglich ist (vgl. FG Münster, Urteil vom 23. Juni 2010 12 K 2714/06 E, U Rn. 41, juris).

33

(2) Daran gemessen hat der Antragsteller bei summarischer Prüfung seine Bareinnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Ihm ist zwar zuzugestehen, dass er als Händler auf Wochenmärkten nicht zur Aufzeichnung eines jeden einzelnen Umsatzes verpflichtet war. Auch konnte er für Umsatzsteuerzwecke seine Barumsätze täglich lediglich in einer Summe erfassen und diese in das von ihm gemäß § 22 Abs. 5 UStG geführte Umsatzsteuerheft übertragen. Diese Angaben enthalten allerdings weder eine Tageslosung hinsichtlich des täglich ausgezählten Bargeldbestandes, noch eine rechnerische bzw. belegmäßige Korrektur um die Barausgaben bzw. Bareinlagen und Barentnahmen. Eine retrograde Überprüfung des täglichen Bargeldbestandes im Sinne einer Kassensturzfähigkeit ist mithin auf Grundlage der vom Antragsteller vorgelegten Aufzeichnungen nicht möglich. Da der Antragsteller nahezu ausschließlich Bargeschäfte tätigte, nehmen diese Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit und berechtigen zur Schätzung (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921; vom 25. März 2015 X R 20/13, BStBl II 2015, 743).

34

bb) Die Schätzung ist bei summarischer Prüfung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das Gericht hat im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hinzugeschätzten Einnahmen. Es folgt im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 FGO i. V. m. § 162 AO) der Hinzuschätzung des Antragsgegners und sieht sie als maßvoll und sachgerecht an.

35

(1) Die Wahl der Schätzungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und des Finanzgerichts, wenn es - wie hier - seine eigene Schätzungsbefugnis aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO ausübt. Es ist eine Schätzungsmethode zu wählen, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen (vgl. Seer in Tipke/ Kruse, AO/ FGO, § 162 AO Rn. 52 m. w. N.). Die Wahl der Schätzungsmethode richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles (vgl. z. B. FG Bremen, Urteil vom 17. Januar 2007 2 K 229/04, EFG 2008, 8). Ziel jeder Schätzung muss es sein, Besteuerungsgrundlagen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Schätzergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ergebnis einer Schätzung von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung muss sich allerdings in dem durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen halten (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BStBl II 1993, 259).

36

(2) Auf dieser Grundlage ist die Nachkalkulation des Antragsgegners im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden. Der Ansatz eines RGAS i. H. v. 300 % begegnet keinen Bedenken. Der Antragsgegner hat diesen Wert durch Rückgriff auf Kennzahlen des Antragstellers sowie von vergleichbaren Unternehmen plausibel und arithmetisch nachvollziehbar ermittelt. Insbesondere hat der Antragsgegner durch den Besuch eines Wochenmarktes und der Analyse der Verkaufspreise der dortigen Textilienhändler seinen Betriebsvergleich auf Kennzahlen gleichartiger und gleichwertiger und damit vergleichbarer Betriebe gestützt. Detailliert für viele einzelne Warengruppen hat der Antragsgegner dabei die möglichen Verkaufspreise für Textilien auf Wochenmärkten ermittelt und unter Berücksichtigung des Wareneinsatzes und der Einkaufspreise des Antragstellers den erzielbaren Umsatz und RGAS errechnet. Soweit sich für einzelne Textiliengruppen Preisspannen bei den Verkaufspreisen ergaben, hat er zu Gunsten des Antragstellers den Mittelwert angesetzt. Zudem hat er vom Ansatz eines Sicherheitszuschlages abgesehen. Bei summarischer Prüfung wird damit aus Sicht des Gerichts in ausreichendem Maße der Umstand berücksichtigt, dass der Antragsgegner den RGAS für 2014 anhand von Verkaufspreisen für das Jahr 2016 ermittelte, diesen zudem auf die Jahre 2012 und 2013 ohne Abzug übertrug, obwohl möglicherweise die Verkaufspreise in den Streitjahren geringer gewesen sein könnten. Die so ermittelten Gewinne aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. ... € (2012), ... € (2013) bzw. ... € (2014) sind darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich.

37

Der Antragsgegner hat entgegen seiner Ansicht keinen Anspruch darauf, dass Schätzungen zwingend mittels eines äußeren Betriebsvergleichs auf Grundlage der der sogenannten Richtsatzsammlung durchgeführt und die dort angegebenen Richtsätze angewandt werden. Gegenüber der in der Richtsatzsammlung recht allgemein gehaltenen Gewerbeklasse "Textilwaren verschiedene Art und Oberbekleidung, Einzelhandel" zeichnet sich der vom Antragsgegner durchgeführte Betriebsvergleich durch eine deutlich höhere Homogenität von Vergleichsbetrieben mit dem Betrieb des Antragstellers aus. Dürften in die Gewerbeklasse der Richtsatzsammlung vor allem Kennzahlen von stationären Einzelhandelsbetrieben eingeflossen sein, berücksichtigt der Betriebsvergleich des Antragsgegners gerade die besondere Situation von Marktbeschickern. Im Übrigen hat der Antragsteller selbst vorgetragen, sich bei der Gestaltung seiner Verkaufspreise an den jeweiligen Konkurrenten auf den Märkten orientiert zu haben. Der Ansatz des Antragsgegners zur Ermittlung möglicher Verkaufspreise ist auch vor diesem Hintergrund folgerichtig.

38

cc) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schätzungsbescheide ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben oder des Vertrauensschutzes.

39

Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (z. B. BFH-Urteile vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, 95; vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BStBl II 1991, 610). Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich dabei regelmäßig nicht bereits aus einem "Verwaltungsunterlassen". Es reicht nicht aus, dass die Finanzbehörden im Rahmen des Erlasses von Steuerbescheiden oder von Außenprüfungen bestimmte Vorgänge in der Vergangenheit nicht beanstandet haben. Denn nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung ergibt sich allein aus der früheren, auch aufgrund von Außenprüfungen vorgenommenen Beurteilung eines Sachverhalts keine Bindung für die Zukunft. Die Finanzbehörden haben vielmehr in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung müssen sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (vgl. BFH-Urteile vom 13. April 1967 V 235/64, BStBl III 1967, 442, m. w. N.; vom 28. Februar 1990 I R 120/86, BStBl II 1990, 553; BFH-Beschlüsse vom 29. Mai 2007 III B 37/06, BFH/NV 2007, 1865; vom 12. Juli 2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028, m. w. N.). Dies gilt sogar dann, wenn die Auffassung im Prüfungsbericht niedergelegt wurde (BFH-Urteil vom 16. Juli 1964 V 92/61 S, BStBl III 1964, 634) oder wenn die Finanzbehörden über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BStBl II 1971, 749).

40

Vor diesem Hintergrund kann sich der Antragsteller allein aufgrund der Tatsache, dass der Antragsgegner im Rahmen der Steuerfestsetzung seine Steuererklärungen und implizit seine Buchführung nicht beanstandet und in den gesetzlich vorgegebenen Zeitabständen dessen Umsatzsteuerheft mit einem Vorlagevermerk versehen hat, nicht auf Grundsätze des Vertrauensschutzes berufen.

41

dd) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit ergeben sich auch nicht vor dem Hintergrund der Verweigerung rechtlichen Gehörs. Bereits im Rahmen der Außenprüfung hatte der Antragsteller zahlreiche Möglichkeiten, tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte vorzutragen und Einwendungen gegen die Prüfungsergebnisse zu machen. Ausweislich der Akten erörterten die Beteiligten auch spätestens in der Schlussbesprechung am 1. Dezember 2016 die Grundlagen der Hinzuschätzung.

42

3. Die angefochtenen Bescheide sind auch nicht deshalb auszusetzen, weil die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO zur Folge hätte. Der Antragsteller hat Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht dargelegt. Auch aus den Akten ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte.

43

4. Der Antragsteller hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 22 Aufzeichnungspflichten


(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch f

Abgabenordnung - AO 1977 | § 158 Beweiskraft der Buchführung


(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen. (2) Absatz 1 gilt nicht,1.soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 63 Aufzeichnungspflichten


(1) Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten und die Grundlagen fü

Abgabenordnung - AO 1977 | § 145 Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen


(1) Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer

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Finanzgericht Hamburg Beschluss, 16. März 2017 - 2 V 55/17 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Finanzgericht Hamburg Beschluss, 16. März 2017 - 2 V 55/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Dez. 2016 - X B 41/16

bei uns veröffentlicht am 16.12.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11. November 2015  12 K 791/11 aufgehoben.

Finanzgericht Hamburg Urteil, 16. Nov. 2016 - 2 K 110/15

bei uns veröffentlicht am 16.11.2016

Tatbestand 1 Streitig sind Steuerbescheide, die zum Teil auf Schätzungen gewerblicher Einkünfte beruhen, die die Klägerin in den Streitjahren 2007 bis 2011 aus der Eigenprostitution in sog. Laufhäusern erzielte. 2 Im Zuge von Ermittlungen des

Bundesfinanzhof Urteil, 25. März 2015 - X R 20/13

bei uns veröffentlicht am 25.03.2015

Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26. Juli 2012  4 K 2071/09 E,U aufgehoben.

Bundesfinanzhof Urteil, 14. Dez. 2011 - XI R 5/10

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Dienstgebäude der Behörde X in Berlin eine Kantine. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 des
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Hamburg Beschluss, 16. März 2017 - 2 V 55/17.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Beschluss, 02. Feb. 2018 - 4 V 150/17

bei uns veröffentlicht am 02.02.2018

Tenor Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Die Beschwerde wird nicht zugelassen. Gründe 1 Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Umsatzsteuerbe

Referenzen

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch für Personen, die nicht Unternehmer sind, in den Fällen des § 18k auch für den im Auftrag handelnden Vertreter und in den Fällen des § 21a für die gestellende Person. Ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Absatz 3 als gesondert geführter Betrieb zu behandeln, hat der Unternehmer Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen. In den Fällen des § 18 Absatz 4c und 4d sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage des Bundeszentralamtes für Steuern auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen des § 18 Absatz 4e sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der für das Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen der §§ 18i, 18j, 18k und 21a sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz oder Geschäftsvorgang bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für das besondere Besteuerungsverfahren oder für die Sonderregelung zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.

(2) Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:

1.
die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Dies gilt entsprechend für die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4, wenn Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b, sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a sowie des § 10 Abs. 5 ausgeführt werden. Aus den Aufzeichnungen muss außerdem hervorgehen, welche Umsätze der Unternehmer nach § 9 als steuerpflichtig behandelt. Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) treten an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 hat der Unternehmer, der die auf die Minderung des Entgelts entfallende Steuer an das Finanzamt entrichtet, den Betrag der Entgeltsminderung gesondert aufzuzeichnen;
2.
die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte und Teilentgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen.Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend;
3.
die Bemessungsgrundlage für Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und für sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1. Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
4.
die wegen unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 und wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 geschuldeten Steuerbeträge;
5.
die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte und Teilentgelte, soweit für diese Umsätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 die Steuer entsteht, sowie die auf die Entgelte und Teilentgelte entfallenden Steuerbeträge;
6.
die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden sind, sowie die dafür entstandene Einfuhrumsatzsteuer;
7.
die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
8.
in den Fällen des § 13b Absatz 1 bis 5 beim Leistungsempfänger die Angaben entsprechend den Nummern 1 und 2. Der Leistende hat die Angaben nach den Nummern 1 und 2 gesondert aufzuzeichnen;
9.
die Bemessungsgrundlage für Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
10.
in den Fällen des § 21a Namen und Anschriften der Versender und der Sendungsempfänger, die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die hierzu von den Versendern, Sendungsempfängern und Dritten erhaltenen Informationen, sowie die Sendungen, die im abgelaufenen Kalendermonat an die jeweiligen Sendungsempfänger ausgeliefert wurden, die je Sendung vereinnahmten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer, die Sendungen, die noch nicht ausgeliefert werden konnten und sich noch in der Verfügungsgewalt der gestellenden Person befinden, sowie die Sendungen, die wiederausgeführt oder unter zollamtlicher Überwachung zerstört oder anderweitig verwertet wurden.

(3) Die Aufzeichnungspflichten nach Absatz 2 Nr. 5 und 6 entfallen, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 und 3). Ist der Unternehmer nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Außerdem hat der Unternehmer in diesen Fällen die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze, die nach § 15 Abs. 2 und 3 den Vorsteuerabzug ausschließen, getrennt von den Bemessungsgrundlagen der übrigen Umsätze, ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe, aufzuzeichnen. Die Verpflichtung zur Trennung der Bemessungsgrundlagen nach Absatz 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) In den Fällen des § 15a hat der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist.

(4a) Gegenstände, die der Unternehmer zu seiner Verfügung vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringt, müssen aufgezeichnet werden, wenn

1.
an den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet Arbeiten ausgeführt werden,
2.
es sich um eine vorübergehende Verwendung handelt, mit den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet sonstige Leistungen ausgeführt werden und der Unternehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Zweigniederlassung hat oder
3.
es sich um eine vorübergehende Verwendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet handelt und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet vollständig steuerfrei wäre.

(4b) Gegenstände, die der Unternehmer von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Ausführung einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c erhält, müssen aufgezeichnet werden.

(4c) Der Lagerhalter, der ein Umsatzsteuerlager im Sinne des § 4 Nr. 4a betreibt, hat Bestandsaufzeichnungen über die eingelagerten Gegenstände und Aufzeichnungen über Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b Satz 1 zu führen. Bei der Auslagerung eines Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager muss der Lagerhalter Name, Anschrift und die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen.

(4d) Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer (§ 13c) hat

1.
der leistende Unternehmer den Namen und die Anschrift des Abtretungsempfängers sowie die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung aufzuzeichnen;
2.
der Abtretungsempfänger den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie die Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge aufzuzeichnen. Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.
Satz 1 gilt entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger.

(4e) Wer in den Fällen des § 13c Zahlungen nach § 48 der Abgabenordnung leistet, hat Aufzeichnungen über die entrichteten Beträge zu führen. Dabei sind auch Name, Anschrift und die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer aufzuzeichnen.

(4f) Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5;
2.
den Abgangsmitgliedstaat;
3.
den Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat;
5.
die von dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
6.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt;
7.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat;
8.
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Dritten als Lagerhalter;
9.
die Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände;
10.
den Tag der Lieferung im Sinne des § 6b Absatz 2;
11.
das Entgelt für die Lieferung nach Nummer 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
12.
die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nummer 10 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
13.
das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens im Sinne des § 6b Absatz 3;
14.
die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Absatz 4 Nummer 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung.

(4g) Der Unternehmer, an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
die von dem Unternehmer im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
2.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände;
3.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
5.
den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Sinne des § 6b Absatz 2 Nummer 2;
6.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 aus dem Lager entnommenen Gegenstände;
7.
die handelsübliche Bezeichnung der im Sinne des § 6b Absatz 6 Satz 4 zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde.
Wenn der Inhaber des Lagers, in das der Gegenstand im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 befördert oder versendet wird, nicht mit dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5 identisch ist, ist der Unternehmer von den Aufzeichnungen nach Satz 1 Nummer 3, 6 und 7 entbunden.

(5) Ein Unternehmer, der ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Steuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung

1.
nähere Bestimmungen darüber treffen, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind und in welchen Fällen Erleichterungen bei der Erfüllung dieser Pflichten gewährt werden können, sowie
2.
Unternehmer im Sinne des Absatzes 5 von der Führung des Steuerhefts befreien, sofern sich die Grundlagen der Besteuerung aus anderen Unterlagen ergeben, und diese Befreiung an Auflagen knüpfen.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch für Personen, die nicht Unternehmer sind, in den Fällen des § 18k auch für den im Auftrag handelnden Vertreter und in den Fällen des § 21a für die gestellende Person. Ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Absatz 3 als gesondert geführter Betrieb zu behandeln, hat der Unternehmer Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen. In den Fällen des § 18 Absatz 4c und 4d sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage des Bundeszentralamtes für Steuern auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen des § 18 Absatz 4e sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der für das Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen der §§ 18i, 18j, 18k und 21a sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz oder Geschäftsvorgang bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für das besondere Besteuerungsverfahren oder für die Sonderregelung zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.

(2) Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:

1.
die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Dies gilt entsprechend für die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4, wenn Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b, sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a sowie des § 10 Abs. 5 ausgeführt werden. Aus den Aufzeichnungen muss außerdem hervorgehen, welche Umsätze der Unternehmer nach § 9 als steuerpflichtig behandelt. Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) treten an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 hat der Unternehmer, der die auf die Minderung des Entgelts entfallende Steuer an das Finanzamt entrichtet, den Betrag der Entgeltsminderung gesondert aufzuzeichnen;
2.
die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte und Teilentgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen.Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend;
3.
die Bemessungsgrundlage für Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und für sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1. Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
4.
die wegen unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 und wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 geschuldeten Steuerbeträge;
5.
die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte und Teilentgelte, soweit für diese Umsätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 die Steuer entsteht, sowie die auf die Entgelte und Teilentgelte entfallenden Steuerbeträge;
6.
die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden sind, sowie die dafür entstandene Einfuhrumsatzsteuer;
7.
die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
8.
in den Fällen des § 13b Absatz 1 bis 5 beim Leistungsempfänger die Angaben entsprechend den Nummern 1 und 2. Der Leistende hat die Angaben nach den Nummern 1 und 2 gesondert aufzuzeichnen;
9.
die Bemessungsgrundlage für Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
10.
in den Fällen des § 21a Namen und Anschriften der Versender und der Sendungsempfänger, die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die hierzu von den Versendern, Sendungsempfängern und Dritten erhaltenen Informationen, sowie die Sendungen, die im abgelaufenen Kalendermonat an die jeweiligen Sendungsempfänger ausgeliefert wurden, die je Sendung vereinnahmten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer, die Sendungen, die noch nicht ausgeliefert werden konnten und sich noch in der Verfügungsgewalt der gestellenden Person befinden, sowie die Sendungen, die wiederausgeführt oder unter zollamtlicher Überwachung zerstört oder anderweitig verwertet wurden.

(3) Die Aufzeichnungspflichten nach Absatz 2 Nr. 5 und 6 entfallen, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 und 3). Ist der Unternehmer nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Außerdem hat der Unternehmer in diesen Fällen die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze, die nach § 15 Abs. 2 und 3 den Vorsteuerabzug ausschließen, getrennt von den Bemessungsgrundlagen der übrigen Umsätze, ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe, aufzuzeichnen. Die Verpflichtung zur Trennung der Bemessungsgrundlagen nach Absatz 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) In den Fällen des § 15a hat der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist.

(4a) Gegenstände, die der Unternehmer zu seiner Verfügung vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringt, müssen aufgezeichnet werden, wenn

1.
an den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet Arbeiten ausgeführt werden,
2.
es sich um eine vorübergehende Verwendung handelt, mit den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet sonstige Leistungen ausgeführt werden und der Unternehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Zweigniederlassung hat oder
3.
es sich um eine vorübergehende Verwendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet handelt und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet vollständig steuerfrei wäre.

(4b) Gegenstände, die der Unternehmer von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Ausführung einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c erhält, müssen aufgezeichnet werden.

(4c) Der Lagerhalter, der ein Umsatzsteuerlager im Sinne des § 4 Nr. 4a betreibt, hat Bestandsaufzeichnungen über die eingelagerten Gegenstände und Aufzeichnungen über Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b Satz 1 zu führen. Bei der Auslagerung eines Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager muss der Lagerhalter Name, Anschrift und die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen.

(4d) Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer (§ 13c) hat

1.
der leistende Unternehmer den Namen und die Anschrift des Abtretungsempfängers sowie die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung aufzuzeichnen;
2.
der Abtretungsempfänger den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie die Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge aufzuzeichnen. Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.
Satz 1 gilt entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger.

(4e) Wer in den Fällen des § 13c Zahlungen nach § 48 der Abgabenordnung leistet, hat Aufzeichnungen über die entrichteten Beträge zu führen. Dabei sind auch Name, Anschrift und die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer aufzuzeichnen.

(4f) Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5;
2.
den Abgangsmitgliedstaat;
3.
den Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat;
5.
die von dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
6.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt;
7.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat;
8.
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Dritten als Lagerhalter;
9.
die Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände;
10.
den Tag der Lieferung im Sinne des § 6b Absatz 2;
11.
das Entgelt für die Lieferung nach Nummer 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
12.
die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nummer 10 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
13.
das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens im Sinne des § 6b Absatz 3;
14.
die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Absatz 4 Nummer 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung.

(4g) Der Unternehmer, an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
die von dem Unternehmer im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
2.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände;
3.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
5.
den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Sinne des § 6b Absatz 2 Nummer 2;
6.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 aus dem Lager entnommenen Gegenstände;
7.
die handelsübliche Bezeichnung der im Sinne des § 6b Absatz 6 Satz 4 zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde.
Wenn der Inhaber des Lagers, in das der Gegenstand im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 befördert oder versendet wird, nicht mit dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5 identisch ist, ist der Unternehmer von den Aufzeichnungen nach Satz 1 Nummer 3, 6 und 7 entbunden.

(5) Ein Unternehmer, der ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Steuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung

1.
nähere Bestimmungen darüber treffen, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind und in welchen Fällen Erleichterungen bei der Erfüllung dieser Pflichten gewährt werden können, sowie
2.
Unternehmer im Sinne des Absatzes 5 von der Führung des Steuerhefts befreien, sofern sich die Grundlagen der Besteuerung aus anderen Unterlagen ergeben, und diese Befreiung an Auflagen knüpfen.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

(2) Absatz 1 gilt nicht,

1.
soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden oder
2.
soweit die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen des § 41 Absatz 1 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 4 Absatz 2a der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, des § 146a oder des § 147b in Verbindung mit der jeweiligen Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird.

(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch für Personen, die nicht Unternehmer sind, in den Fällen des § 18k auch für den im Auftrag handelnden Vertreter und in den Fällen des § 21a für die gestellende Person. Ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Absatz 3 als gesondert geführter Betrieb zu behandeln, hat der Unternehmer Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen. In den Fällen des § 18 Absatz 4c und 4d sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage des Bundeszentralamtes für Steuern auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen des § 18 Absatz 4e sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der für das Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen der §§ 18i, 18j, 18k und 21a sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz oder Geschäftsvorgang bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für das besondere Besteuerungsverfahren oder für die Sonderregelung zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.

(2) Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:

1.
die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Dies gilt entsprechend für die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4, wenn Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b, sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a sowie des § 10 Abs. 5 ausgeführt werden. Aus den Aufzeichnungen muss außerdem hervorgehen, welche Umsätze der Unternehmer nach § 9 als steuerpflichtig behandelt. Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) treten an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 hat der Unternehmer, der die auf die Minderung des Entgelts entfallende Steuer an das Finanzamt entrichtet, den Betrag der Entgeltsminderung gesondert aufzuzeichnen;
2.
die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte und Teilentgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen.Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend;
3.
die Bemessungsgrundlage für Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und für sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1. Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
4.
die wegen unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 und wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 geschuldeten Steuerbeträge;
5.
die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte und Teilentgelte, soweit für diese Umsätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 die Steuer entsteht, sowie die auf die Entgelte und Teilentgelte entfallenden Steuerbeträge;
6.
die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden sind, sowie die dafür entstandene Einfuhrumsatzsteuer;
7.
die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
8.
in den Fällen des § 13b Absatz 1 bis 5 beim Leistungsempfänger die Angaben entsprechend den Nummern 1 und 2. Der Leistende hat die Angaben nach den Nummern 1 und 2 gesondert aufzuzeichnen;
9.
die Bemessungsgrundlage für Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
10.
in den Fällen des § 21a Namen und Anschriften der Versender und der Sendungsempfänger, die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die hierzu von den Versendern, Sendungsempfängern und Dritten erhaltenen Informationen, sowie die Sendungen, die im abgelaufenen Kalendermonat an die jeweiligen Sendungsempfänger ausgeliefert wurden, die je Sendung vereinnahmten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer, die Sendungen, die noch nicht ausgeliefert werden konnten und sich noch in der Verfügungsgewalt der gestellenden Person befinden, sowie die Sendungen, die wiederausgeführt oder unter zollamtlicher Überwachung zerstört oder anderweitig verwertet wurden.

(3) Die Aufzeichnungspflichten nach Absatz 2 Nr. 5 und 6 entfallen, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 und 3). Ist der Unternehmer nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Außerdem hat der Unternehmer in diesen Fällen die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze, die nach § 15 Abs. 2 und 3 den Vorsteuerabzug ausschließen, getrennt von den Bemessungsgrundlagen der übrigen Umsätze, ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe, aufzuzeichnen. Die Verpflichtung zur Trennung der Bemessungsgrundlagen nach Absatz 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) In den Fällen des § 15a hat der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist.

(4a) Gegenstände, die der Unternehmer zu seiner Verfügung vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringt, müssen aufgezeichnet werden, wenn

1.
an den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet Arbeiten ausgeführt werden,
2.
es sich um eine vorübergehende Verwendung handelt, mit den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet sonstige Leistungen ausgeführt werden und der Unternehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Zweigniederlassung hat oder
3.
es sich um eine vorübergehende Verwendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet handelt und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet vollständig steuerfrei wäre.

(4b) Gegenstände, die der Unternehmer von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Ausführung einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c erhält, müssen aufgezeichnet werden.

(4c) Der Lagerhalter, der ein Umsatzsteuerlager im Sinne des § 4 Nr. 4a betreibt, hat Bestandsaufzeichnungen über die eingelagerten Gegenstände und Aufzeichnungen über Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b Satz 1 zu führen. Bei der Auslagerung eines Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager muss der Lagerhalter Name, Anschrift und die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen.

(4d) Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer (§ 13c) hat

1.
der leistende Unternehmer den Namen und die Anschrift des Abtretungsempfängers sowie die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung aufzuzeichnen;
2.
der Abtretungsempfänger den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie die Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge aufzuzeichnen. Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.
Satz 1 gilt entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger.

(4e) Wer in den Fällen des § 13c Zahlungen nach § 48 der Abgabenordnung leistet, hat Aufzeichnungen über die entrichteten Beträge zu führen. Dabei sind auch Name, Anschrift und die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer aufzuzeichnen.

(4f) Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5;
2.
den Abgangsmitgliedstaat;
3.
den Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat;
5.
die von dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
6.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt;
7.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat;
8.
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Dritten als Lagerhalter;
9.
die Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände;
10.
den Tag der Lieferung im Sinne des § 6b Absatz 2;
11.
das Entgelt für die Lieferung nach Nummer 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
12.
die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nummer 10 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
13.
das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens im Sinne des § 6b Absatz 3;
14.
die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Absatz 4 Nummer 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung.

(4g) Der Unternehmer, an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
die von dem Unternehmer im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
2.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände;
3.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
5.
den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Sinne des § 6b Absatz 2 Nummer 2;
6.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 aus dem Lager entnommenen Gegenstände;
7.
die handelsübliche Bezeichnung der im Sinne des § 6b Absatz 6 Satz 4 zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde.
Wenn der Inhaber des Lagers, in das der Gegenstand im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 befördert oder versendet wird, nicht mit dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5 identisch ist, ist der Unternehmer von den Aufzeichnungen nach Satz 1 Nummer 3, 6 und 7 entbunden.

(5) Ein Unternehmer, der ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Steuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung

1.
nähere Bestimmungen darüber treffen, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind und in welchen Fällen Erleichterungen bei der Erfüllung dieser Pflichten gewährt werden können, sowie
2.
Unternehmer im Sinne des Absatzes 5 von der Führung des Steuerhefts befreien, sofern sich die Grundlagen der Besteuerung aus anderen Unterlagen ergeben, und diese Befreiung an Auflagen knüpfen.

(1) Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Streitig sind Steuerbescheide, die zum Teil auf Schätzungen gewerblicher Einkünfte beruhen, die die Klägerin in den Streitjahren 2007 bis 2011 aus der Eigenprostitution in sog. Laufhäusern erzielte.

2

Im Zuge von Ermittlungen des Finanzamtes für Prüfungsdienste und Strafsachen -Steuerfahndungsstelle- im Jahr 2013 wurde festgestellt, dass die Klägerin seit 2007 in den Laufhäusern A und B eine selbständige Tätigkeit als Prostituierte ausgeübt und im Verlaufe des Jahres 2011 eine nichtselbständige Arbeit aufgenommen hatte. Aufgrund dieser Erkenntnisse erließ der Beklagte unter dem 15. Mai 2013 Schätzungsbescheide für die bis dahin steuerlich nicht geführte Klägerin über Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer der Streitjahre. Dabei legte der Beklagte -u. a. unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Senats - folgende Parameter zugrunde:

3

2007 

2008 

2009 

2010 

2011 

Betriebseinnahmen 

geschätzte Anzahl Arbeitstage pro Monat

20

20

20

20

20

geschätzte Anzahl Arbeitsmonate pro Jahr

 11

 11

 11

 11

 11

Anzahl Arbeitstage pro Veranlagungszeitraum

220

220

220

220

220

geschätzte Anzahl Kunden pro Arbeitstag

3

3

3

3

3

geschätzte Einnahme pro Kunde

160 €

160 €

160 €

160 €

160 €

Summe der Einnahme pro Arbeitstag

480 €

480 €

480 €

480 €

480 €

geschätzte Betriebseinnahmen pro Jahr

   105.600 €

   105.600 €

   105.600 €

   105.600 €

   105.600 €

Betriebsausgaben

geschätzte Zimmermiete (120 € / Tag)

26.400 €

26.400 €

26.400 €

26.400 €

26.400 €

geschätzte sonst. betriebl. Kosten (pauschal)

 5.000 €

 5.000 €

 5.000 €

 5.000 €

 5.000 €

geschätzte Betriebsausgaben pro Jahr

31.400 €

31.400 €

31.400 €

31.400 €

31.400 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)

74.200 €

74.200 €

74.200 €

74.200 €

74.200 €

4

Umsatzsteuerberechnung 

 2007

 2008

 2009

 2010

 2011

 Summe

Steuersatz in %

19

 19

 19

 19

 19

(Netto-)Umsatz vor Prüfung

0 €

0 €

 0 €

 0 €

  0 €

(Netto-)Umsatz nach Prüfung

88.739 €

 88.739 €

 88.739 €

 88.739 €

88.739 €

Vorsteuer (entfällt mangels Nachweis)

      0 €

       0 €

       0 €

      0 €

      0 €

Umsatzsteuer nach Prüfung

16.861 €

16.861 €

16.861 €

 16.861 €

 16.861 €

84.303 €

5

Hiergegen richtet sich der Einspruch vom 6. Juni 2013, mit dem die Klägerin vornehmlich die Höhe der Schätzung beanstandete. In den Jahren 2007 und 2008 habe sie nur an den Wochenenden gearbeitet, mithin ergäben sich nur 11 Tage in jeweils 10 Monaten. Die zugrunde gelegte Anzahl von drei Kunden pro Tag sei zu hoch; völlig überhöht sei jedoch der Ansatz von 160 € pro Kunde. Demgegenüber sei der berücksichtigte Zimmerpreis von 120 € pro Tag zu niedrig, richtig seien 140 €. Auf dieser Basis ergäben sich in den Streitjahren 2007 und 2008 Einkünfte aus Gewebebetrieb in Höhe von 6.000 € und in 2009, 2010 und 2011 von jeweils 17.000 €. Am 3. September 2013 übersandte die Klägerin Gewinnermittlungen sowie Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2007 bis 2010, sowie am 9. Oktober 2013 die Umsatzsteuererklärung für 2011. Damit erklärt sie einen Gewerbeertrag von

6

  4.999 €

in 2007

10.110 €

in 2008

19.800 €

in 2009

13.780 €

in 2010

7

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2015 half der Beklagte dem Einspruch zum Teil ab und setzte die Steuer niedriger fest. Dabei hielt er an der Berechtigung zur Schätzung fest, weil die Klägerin keine Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben vorgelegt habe und ging nunmehr von folgenden Grundannahmen aus:

8

2007 

2008 

2009 

2010 

2011 

Betriebseinnahmen 

geschätzte Anzahl Arbeitstage pro Monat

11

11

20

20

20

geschätzte Anzahl Arbeitsmonate pro Jahr

       10

       10

        11

       11

       10

Anzahl Arbeitstage pro Veranlagungszeitraum

110 

110 

220 

220 

200 

geschätzte Anzahl Kunden pro Arbeitstag

geschätzte Einnahme pro Kunde

130 € 

130 € 

160 € 

160 € 

160 € 

Summe der Einnahmen pro Arbeitstag

650 € 

650 € 

480 € 

480 € 

480 € 

geschätzte Betriebseinnahmen pro Jahr

 71.500 €

71.500 €

105.600 €

105.600 €

96.000 €

Betriebsausgaben 

Zimmermiete pro Tag

120 €

120 €

140 €

140 €

140 €

Zimmermiete pro Jahr

13.200 €

13.200 €

30.800 €

30.800 €

28.000 €

geschätzte sonst. betriebl. Kosten (pauschal)

  5.000 €

  5.000 €

  5.000 €

  5.000 €

  5.000 €

geschätzte Betriebsausgaben pro Jahr

18.200 €

18.200 €

35.800 €

35.800 €

33.000 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)

53.300 €

53.300 €

69.800 €

69.800 €

63.000 €

Umsatzsteuerberechnung

Steuersatz in %

19

 19 

 19 

19 

19 

(Netto-)Umsatz

60.084 €

60.084 €

88.739 €

88.739 €

80.672 €

Vorsteuer (entfällt mangels Nachweis)

  0 €

 0 €

 0 € 

 0 € 

0 € 

Festzusetzende Umsatzsteuer

11.416 €

11.416 €

16.861 €

16.861 €

 15.328 €

9

Am 26. Mai 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hält auch die geänderte Schätzung für überhöht. In 2007 und 2008 habe sie nur an den Wochenenden gearbeitet. Drei Gäste pro Tag seien zu hoch angesetzt, ebenso wie der Umsatz von 160 € pro Kunde. Unberücksichtigt bleibe, dass eine Konkurrenzsituation mit sog. Flatrates-Betrieben wie C oder D bestanden habe, die die Preise beeinflusst habe. Eine sexuelle Dienstleistung könne schon für 30 € bis 50 € erbracht werden (Beweis: Zeugnis E und F). Der Beklagte berufe sich insoweit undifferenziert auf pauschale Angaben eines Milieubeamten. Die Tagesmiete habe ausweislich einer Bestätigung des damaligen Geschäftsführers der Laufhauses in den Jahren 2007 bis 2010 tatsächlich 140 € betragen (eidesstattliche Versicherung des G).

10

Anders als in den von dem Beklagten herangezogenen Streitfällen habe sie, die Klägerin, ein Kassenbuch geführt und Quittungen über ihre Mietzahlungen vorgelegt. Die Kassenbuchaufzeichnungen und die Mietbelege seien auch nicht erst im Klageverfahren übersandt worden, sondern bereits mit den Gewinnermittlungen verschickt worden. Den Zugang der Unterlagen räume der Beklagte in der Einspruchsentscheidung (...) selbst ein. Entgegen der Unterstellung des Beklagten handele es sich bei dem Kassenbuch auch nicht um ein nachträglich erstelltes Phantasieprodukt, sondern um eine zeitnahe Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle. Es beruhe auf Notizen über die Anzahl der Freier im Handy, die jeweils am Monatsende übertragen worden seien.

11

In umsatzsteuerlicher Hinsicht beruft sich die Klägerin auf die Kleinunternehmerregelung.

12

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide für 2007 bis 2011 über Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag, jeweils vom 15. Mai 2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass ein Gewinn aus Gewerbebetrieb wie erklärt zugrunde gelegt wird, sowie die Bescheide für 2007 bis 2011 über Umsatzsteuer, jeweils vom 15. Mai 2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2015 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Die Voraussetzungen für eine Schätzung seien gegeben. Die Kopien des Kassenbuches seien erst während des Klageverfahrens eingereicht worden und erfüllten auch nicht die Anforderungen an ordnungsgemäß zu führende Aufzeichnungen im Sinne von §§ 140 ff. der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 22 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und könnten der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Es sei zudem zweifelhaft, ob es sich überhaupt um die zeitnahe Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen handele, wahrscheinlicher sei, dass es ein nachträglich verfasstes Phantasieprodukt sei, das keinerlei Beleg für die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Streitzeitraum erbringe. Dafür spreche auch die Vorlage erst im Klageverfahren, nachdem in der Einspruchsentscheidung die Berechtigung zur Schätzung im Wesentlichen auf das Fehlen eines Kassenbuchs gestützt worden war.

15

Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Er, der Beklagte, habe die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten genutzt und die Einwendungen der Klägerin soweit sie plausibel gewesen seien, beachtet, um ein möglichst individuelles Schätzungsergebnis zu erhalten.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften über den Erörterungstermin vom 11. November 2015 sowie die Senatssitzung vom 16. November 2016 Bezug genommen.

...

Entscheidungsgründe

I.

17

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

18

Die angegriffenen Steuerbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte war befugt zu schätzen (dazu 1.), die Schätzung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (dazu 2.).

19

1. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) sind Besteuerungsgrundlagen durch das Gericht - wie durch die Finanzbehörde - zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies ist dann der Fall, wenn die Buchführung den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entspricht oder im Einzelfall ein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit anzuzweifeln.

20

a) Die Klägerin hat in den Streitjahren -unstreitig- gewerbliche Einkünfte erzielt und ihren Gewinn entsprechend den während des Einspruchs- und -betreffend den Veranlagungszeitraum 2011- während des Klageverfahrens eingereichten Gewinnermittlungen durch Einnahme-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Klägerin war im Rahmen dieser von ihr zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung ergibt sich für Unternehmen aus § 22 UStG i. V. m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Zwar sind umsatzsteuerrechtliche Aufzeichnungen keine Aufzeichnungen "nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen" i. S. des § 140 AO. Die Aufzeichnungsverpflichtung aus einem Steuergesetz wirkt aber, sofern dieses Gesetz keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine Beschränkung aus der Natur der Sache nicht ergibt, unmittelbar auch für andere Steuergesetze, also auch für das Einkommensteuergesetz (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) - Urteil vom 2. März 1982 VIII R 225/80, BStBl II 1984, 504). Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind u. a. auch die vereinnahmten Entgelte aufzuzeichnen. Nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen die Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmens und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten.

21

Betriebseinnahmen sind danach einzeln aufzuzeichnen. Dem Grundsatz nach gilt das auch für Bareinnahmen. Der Umstand der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Grundsätzlich bedeutet dies nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens oder der Firma und der Anschrift des Vertragspartners (vgl. Bundesministerium der Finanzen (BMF) Schreiben vom 5. April 2004, BStBl I 2004, 419; BFH Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BStBl III 1966, 371). Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung in bestimmten Grenzen entbunden (BMF-Schreiben am a. a. O.; Seiler in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. D 76).

22

Nach § 147 Abs. 1 AO müssen überdies die Unterlagen geordnet aufbewahrt werden. Diese Aufbewahrungspflicht ist akzessorisch und setzt eine Aufzeichnungspflicht voraus (vgl. BFH Urteil vom 26. Februar 2004, XI R 25/02, BStBl II 2004, 599 m. w. N.). Die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen ist dann nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729). Den Steuerpflichtigen trifft auch eine allgemeine Obliegenheit, die geltend gemachten Betriebsausgaben, aber auch die Vollständigkeit der Gewinne und die Zuordnung der einzelnen Wirtschaftsgüter nachvollziehbar darzulegen und durch die entsprechenden Belege vollständig und geordnet vorzulegen (BFH Urteil vom 15. April 1999 IV R 68/98, BStBl II 1999, 481; z. B. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 35. Aufl., 2016, § 4 Rz. 374 f.).

23

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin gegen ihre Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten verstoßen.

24

aa) Die Klägerin hatte ihre Einnahmen aufzuzeichnen. Auf die Befreiung von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung im Einzelhandel kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn die Situation bei Einzelhandelsunternehmen ist mit der bei Ausübung der Prostitution nicht vergleichbar. Anders als im Einzelhandel erbringt eine Prostituierte nicht Leistungen an eine Vielzahl nicht bekannter oder auch nicht feststellbarer Personen. Der Kreis der Dienstleistungsempfänger eines Arbeitstages ist vielmehr begrenzt und individuell bestimmt. Auch wenn die branchenspezifischen Besonderheiten dieses Gewerbes eine individuelle Quittierung der erbrachten Leistungen und deren Entlohnung sowie die namentliche Erfassung des Freiers in der Praxis möglicherweise als schwer praktikabel erscheinen lassen, rechtfertigen sie es nicht, die einzelnen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen mit der Benennung jedenfalls der Art der Tätigkeit bzw. der erbrachten Leistung und der Aufzeichnung der Bareinnahme. Hierdurch kann den sich aus der Einzelaufzeichnungspflicht ergebenden Mindestanforderungen genügt werden (vgl. hierzu z. B. BFH-Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BStBl III 1966, 371, 373 betreffend Nachweise durch Schichtzettel im Taxigewerbe). Ob darüber auch zu verlangen ist, die Identität des Kunden festzuhalten, kann im Streitfall auf sich beruhen, weil die Klägerin -unter Zugrundelegung der zweifelhaften Aufzeichnungen in den Kassenbuchseiten- schon nicht die Mindestanforderungen an die Aufzeichnung der einzelnen Leistungen und der individuellen Bareinnahmen erfüllt hat.

25

bb) Ursprungsbelege fehlen -wie dargestellt- für die Streitjahre 2007 bis 2010 vollständig. Als Ursprungsaufzeichnungen waren nur die Notizen über die Anzahl der Freier im Handy vorhanden, die später gelöscht worden sind. Im Übrigen liegen nur die als Kassenbuch bezeichneten Kopien von einzelnen Seiten eines Kassenbuchvordrucks vor (...) vor, in die die Klägerin, wie sie im Erörterungstermin erläutert hat, auf Basis ihrer Handy-Eingaben die Anzahl der Gäste mit einem Gesamtpreis eingetragen hat.

26

Abgesehen davon, dass diese Aufzeichnungen angesichts des gleichförmigen Schriftbildes und des durchgehend offensichtlich identisches Schreibgerätes die Annahme nahelegen, dass sie nicht authentisch und zeitnah, sondern in einem "Arbeitsgang" nachträglich für das gerichtliche Verfahren erstellt worden sind, genügen sie -wie vorstehend dargestellt- nicht den Anforderungen an eine Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle. Sie enthalten lediglich verdichtete Zahlen über die Anzahl der Gäste mit dem Gesamtentgelt. Zudem fehlen jegliche Angaben zu den Betriebsausgaben.

27

Die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen war auch nicht deshalb entbehrlich, weil ausgezählte Tageskassenergebnisse in ein Kassenbuch übertragen worden wären. Die Klägerin hat keine einheitliche Tageskasse geführt, deren Ergebnis nach Auszählung unmittelbar in ein Kassenbuch hätte übernommen werden können. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestand für die Klägerin allerdings keine Verpflichtung, ein Kassenbuch zu führen, sodass es auf den Streit, ob zu irgendeinem Zeitpunkt ein gebundenes Kassenbuch vorhanden war und dem Beklagten bereits vor dem Klageverfahrens übermittelt wurde, nicht ankommt. Insbesondere kann eine solche Verpflichtung nicht auf die Vorschrift des § 4 Abs. 3 EStG gestützt werden, da diese lediglich die Art der Gewinnermittlung bestimmt (BFH-Urteil vom 11. August 1992 VII R 90/91, BFH/NV 1993, 346). Aus ihr ergibt sich nur eine Verpflichtung zur Führung eines Verzeichnisses über die Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens (§ 4 Abs. 3 Satz 5 EStG). Auch die §§ 145, 146 AO können eine dahin gehende Verpflichtung nicht begründen, da die Anwendung dieser Vorschriften gerade eine ausdrückliche gesetzliche Aufzeichnungsverpflichtung zur Voraussetzung hat (BFH-Urteil vom 11. August 1992 VII R 90/91, BFH/NV 1993, 346).

28

Eine Regelung, dass vereinnahmte Barentgelte gesondert in einem Kassenbuch aufzuzeichnen sind, enthält weder § 22 UStG noch die UStDV. Zwar sind bei den Aufzeichnungen nach § 22 UStG die §§ 145 und 146 AO zu beachten (Weber-Grellet in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, a. a. O., § 4 Rz. D 52). Bei der Einnahmenüberschussrechnung gibt es jedoch keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto. Vereinnahmtes Geld wird sofort Privatvermögen (BFH-Urteil vom 22. Februar 1973 IV R 69/69, BStBl II 1973, 480). Die Feststellung eines Kassenbestands, für den ein Kassenbuch bei einer Gewinnermittlung nach dem Bestandsvergleich aufgrund ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich ist, kommt nicht in Betracht. Demzufolge hat der BFH erkannt, dass Steuerpflichtige, die ihren Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, nicht verpflichtet sind, ein Kassenbuch zu führen (BFH-Urteil vom 10. März 1983 IV R 236/81, nv.). Dies ändert aber, wie bereits dargestellt, nichts daran, dass die Einnahmen und Ausgaben einzeln aufzuzeichnen sind.

29

cc) Lediglich für das Streitjahr 2011 liegen neben den Kassenbuchseiten noch Belege über Betriebsausgaben vor, und zwar Rechnungen der H GmbH über die Zimmermiete in dem Laufhaus B vor, die allerdings im Ergebnis auch nicht zu einer Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung für 2011 führen.

30

dd) Darüber hinaus besteht auch Anlass, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen anzuzweifeln. Soweit eine konkrete Überprüfungsmöglichkeit besteht, widerlegt sie die Behauptungen der Klägerin. Möglich ist eine derartige Überprüfung nur im Streitjahr 2011, in dem neben den handschriftlichen Listen auch die Rechnungen über die Tagesmieten für die Monate Januar sowie März bis Oktober vorliegen. In allen Monaten hat die Klägerin für mehr Tage das Zimmer ... bzw. ab März das Zimmer ... angemietet, als sie Arbeitstage in ihren Listen aufführt. In ihren Listen unterscheidet die Klägerin zwischen Tagen mit Gästen, Tagen ohne Gäste und Tagen ohne Angaben, die ersichtlich solche Tage betreffen sollen, in denen die Klägerin ihre Dienste nicht angeboten haben will. Beispielsweise im Januar hat die Klägerin 20 Tagesmieten à 150 € sowie 4 Tagesmieten à 50 € (Sonntage) gezahlt. Lt. ihrer Liste hat sie aber nur an 17 Tagen Gäste empfangen und verzeichnet 4 Tage ohne Gäste. Alle vier Sonntage des Januars werden als "Nichtarbeitstage" verzeichnet, gleichwohl ist in diesem Monat viermal die ermäßigte Sonntagsmiete gezahlt worden.

31

Ähnliche Abweichungen ergeben sich auch in den anderen Monaten. Von April bis Oktober -mit Ausnahme des Monats Mai, in den 12 Urlaubstage fallen- ist das Zimmer jeweils für 26 Tage zzgl. 4 Sonntage gemietet worden, mithin 30 bzw. im Juli und Oktober 31 Tage. Dafür, dass die Klägerin die hohe Tagesmiete zahlt, ohne die Räumlichkeiten für das Anbieten ihrer Dienste zu nutzen, spricht nichts. Zudem haben auch die Betreiber eines Laufhauses mutmaßlich ein hohes Interesse daran, dass die Räume für das Anbieten sexueller Leistungen genutzt werden und nicht verwaist sind, weil gerade das Angebot einer größeren Auswahl von Prostituierten Teil des Konzeptes eines Laufhauses ist.

32

Die Voraussetzungen für eine Schätzung sind danach erfüllt.

33

2. Die Schätzung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich ihr insoweit an, als er gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes an einer Verböserung gehindert ist.

34

Im Einzelnen gilt folgendes:

35

a) Der Beklagte hat in den Streitjahren 2007 und 2008 nur jeweils 11 Arbeitstage zugrunde gelegt und entspricht damit den eigenen Angaben der Klägerin im Einspruchsverfahren. Die in den Folgejahren 2009 bis 2011 angesetzten 20 Arbeitstage decken sich ebenfalls im Wesentlichen mit den von der Klägerin angegebenen 20 Tagen. Zweifel an einer nur auf die Wochentage beschränkten Tätigkeit bestehen allerdings deshalb, weil die Wochenenden nach den eigenen Angaben der Klägerin ertragreicher sind, weil an den Wochenenden Touristen die Etablissements aufsuchen. Zudem hat die Klägerin in dem Jahr, in dem als einzigem Belege vorliegen, und zwar Jahr 2011, durchgehend auch am Wochenende ein Zimmer angemietet.

36

Die Anzahl der zugrunde gelegten Monate dürfte ebenfalls an der untersten Grenze des Schätzungsrahmens liegen. Für 2007 und 2008 hat der Beklagte nur jeweils 10 Monate berücksichtigt, obwohl dem Umstand des behaupteten zögerlichen Beginns der Prostitutionstätigkeit bereits durch die geringe Tagezahl Rechnung getragen worden ist. Auch für die Folgejahre sind lediglich 11 bzw. im letzten Jahr 2011 wiederum nur 10 Monate (bis Oktober) angesetzt worden. Angesichts der Mietabrechnungen aus 2011 dürfte die Klägerin tatsächlich aber wohl nicht in jedem Jahr einen vierwöchigen Urlaub gemacht haben, vielmehr ergaben sich für 2011 nur 12 Urlaubstage.

37

Auch die geschätzte Höhe der Betriebseinnahmen begegnet keinen derartigen Beanstandungen, die eine Herabsetzung rechtfertigen könnten. Die Annahme von jeweils fünf Kunden mit einer Einnahme von 130 € pro Kunde, mithin 650 € pro Tag für die Jahre 2007 und 2008, stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein und ist in sich nachvollziehbar. Gerade wenn die Klägerin nur an wenigen Tagen gearbeitet haben will, liegt es nahe, an diesen Tagen die Zeit möglichst effektiv durch eine größere Anzahl von Freiern zu nutzen. Ein Entgelt von 130 € pro Kunde erscheint ebenfalls nicht überhöht und stellt einen durchschnittlichen Wert dar. Derartige Preise ergeben sich zum Teil auch aus den von der Klägerin erstellten Listen. Für die Folgejahre ist der Beklagte von nur noch drei Freiern pro Tag mit einer -ebenfalls als Durchschnittswert angenommenen- Einnahme von 160 € pro Kunde ausgegangen. Auch diese Annahmen liegen für eine "Vollzeitbeschäftigung" eher im unteren Schätzungsrahmen mit Blick auf die gefestigte Rechtsprechung des Senats (z. B. Urteil vom 20. Februar 2013, 2 K 169/11, EFG 2013, 907).

.

38

Dass die Klägerin unter Beweisantritt behauptet hat, dass sexuelle Dienstleistungen bereits für 30 € bzw. 30 € bis 50 € erbracht werden und es im Falle des Scheiterns des Koberns hierbei bleibt, kann als wahr unterstellt werden. Für den Streitfall können hieraus indes keine Rückschlüsse über die konkrete Einnahmesituation der Klägerin gezogen werden. Auch der allgemeine Hinweis auf die Konkurrenzsituation durch Flatrate-Etablissements rechtfertigt keine andere Schätzung der Einnahmen. Denn das Leistungsangebot eines Laufhauses unterscheidet sich von dem Konzept eben "Geizbetriebe", beide Angebote werden ersichtlich nebeneinander genutzt.

39

Bei den Betriebsausgaben hat der Beklagte für 2009, 2010 und 2011 die zunächst von der Klägerin behauptete Miete von 140 € angesetzt. Eine Tagesmiete von 140 € wird auch durch die eidesstattliche Versicherung von G bestätigt. Soweit der Beklagte für 2007 und 2008 eine geringere Tagesmiete von 120 € angesetzt hat, begegnet dies im Rahmen einer Schätzung ebenfalls keinen Bedenken. G hat in seiner eidesstattlichen Versicherung erklärt, eine Miete von 120 € sei auch möglich gewesen, wenn die Anmietung an umsatzschwachen Tage erfolge. Da die Klägerin nach ihrem Vortrag in diesen Jahren nur vereinzelt an wenigen Tagen gearbeitet haben will, könnte dies die niedrigere Miete rechtfertigen. Weil die Klägerin keinerlei Unterlagen über das Mietverhältnis vorgelegt hat, treffen sie die Folgen der Ungewissheit.

40

Soweit die Klägerin im Klageverfahren die Abrechnungen über die Tagesmieten im B eingereicht hat, wonach eine Tagesmiete von 150 € zu zahlen war, sieht das Gericht davon ab, die Schätzung insoweit zu korrigieren und eine höhere Miete zu berücksichtigen. Denn dann wäre auch die Einnahmeschätzung anhand der in den Rechnungen enthaltenen höheren Anzahl der Miettage zu korrigieren. Dies würde zu einer erheblichen Erhöhung der Schätzung führen. Wie dargestellt, wurde in den Monaten April, Juni bis Oktober das Zimmer für 30 bzw. 31 Tage angemietet. Zudem sind die im Rahmen der Schätzung zugrunde gelegten gesamten Betriebsausgaben von 33.000 € höher als die von der Klägerin in ihrer Gewinnermittlung für 2011 angesetzten Betriebsausgaben von 31.815,12 € (ohne Vorsteuer).

41

Die Schätzung erweist sich nach allem als moderat und bewegt sich eher am untersten Schätzungsrahmen.

42

b) Für die Schätzung der Umsatzsteuer gelten grundsätzlich dieselben Erwägungen, wie vorstehend dargestellt. Allerdings liegen für das Streitjahr 2011 Rechnungen der Vermietungsgesellschaft mit Umsatzsteuerausweis vor, sodass grundsätzlich ein entsprechender Vorsteuerabzug in Höhe von insgesamt 5.412,61 € (Rechnungen für Januar 2011 und März bis Oktober 2011) in Betracht kommt. Allerdings ist dann auch von einem höheren Umsatz auszugehen, weil die Klägerin in dem in Rede stehenden Zeitraum an 68 weiteren Tagen -gegenüber den mit der Schätzung zugrunde gelegten 200 Tagen- ein Zimmer angemietet hatte. Selbst wenn die Klägerin nicht an jedem Tag der Anmietung gearbeitet haben sollte, übersteigt bereits bei Zugrundelegung von 60 weiteren Tagen die Umsatzsteuer auf die zusätzlichen Erlöse (5.472 €) den Vorsteuerbetrag von 5.412,61 €. Unter diesen Umständen kommt eine Herabsetzung der Umsatzsteuer für 2011 nicht in Betracht.

II.

43

Die Kostenentscheidung folgt §§ 135 Abs. 1 FGO.

44

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11. November 2015  12 K 791/11 aufgehoben.  

Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.  

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist in den Streitjahren 1996 bis 2006 mit ihrem Ehemann (E), der bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) ebenfalls als Kläger aufgetreten ist, zur Einkommensteuer zusammenveranlagt worden. Sie erzielte als Inhaberin eines "Sexshops" Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die sie durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. E war bei der Klägerin angestellt; er hatte die Funktion eines Geschäftsleiters.

2

Der Betrieb gliederte sich in die folgenden Bereiche:

-       

Vorführung von Bildträgern (Videokassetten, ab 2000 auch DVDs) in Videokabinen mit Geldeinwurf sowie einem Kinosaal,

-       

Vermietung (von der Klägerin als "Verleih" bezeichnet) von Bildträgern,

-       

Verkauf von Bildträgern, Erotik-Zeitschriften und anderen Erotik-Artikeln,

-       

Verkauf von Getränken.

3

Im Anschluss an eine Außen- und Fahndungsprüfung für die Streitjahre nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) für die drei erstgenannten Bereiche erhebliche Hinzuschätzungen vor, die er mit einer nicht ordnungsgemäßen Kassenführung, insbesondere dem weitestgehenden Fehlen von Grundaufzeichnungen sowie der fehlenden Aufzeichnung von Kassenbeständen, begründete. Das FA ging von einer Steuerhinterziehung aus und wandte auf dieser Grundlage die zehnjährige Festsetzungsfrist an.

4

Der bei Weitem größte Teil der Hinzuschätzungen betraf den Bereich "Verkauf". Die Klägerin hatte hierzu u.a. vorgetragen, soweit Bildträger verkauft worden seien, habe es sich im Wesentlichen um solche gehandelt, die zuvor bereits zur Vorführung in den Videokabinen bzw. dem Kino genutzt worden seien. Derartige Bildträger hätten sich nur mit erheblichen Preisabschlägen überhaupt noch verkaufen lassen; ein großer Teil habe vernichtet werden müssen.

5

Das FA legte seiner Schätzung für den Bereich "Verkauf" zunächst einen einheitlichen Rohgewinnaufschlagsatz von 240 % zugrunde. Dieser Prozentsatz wurde auf den gesamten Wareneinsatz angewendet, unabhängig davon, ob die Waren verkauft oder im Betrieb verbraucht worden waren. Noch während des Einspruchsverfahrens gegen die streitgegenständlichen Änderungsbescheide gewährte das FG insoweit Aussetzung der Vollziehung, als das FA einen höheren Rohgewinnaufschlagsatz als 180 % angesetzt hatte. In der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2011 übernahm das FA diese Beurteilung und minderte die Hinzuschätzungen für den Bereich "Verkauf" auf der Grundlage eines Rohgewinnaufschlagsatzes von 180 %.

6

Das FG holte ein Gutachten der gerichtseigenen Prüferin ein. In der mündlichen Verhandlung vernahm das FG fünf Zeugen. E, der bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung ebenfalls als Kläger aufgetreten war, nahm die Klage --soweit sie von ihm erhoben worden war-- in der mündlichen Verhandlung zurück und wurde anschließend von der Klägerin als Zeuge benannt, vom FG allerdings nicht gehört.

7

Das FG setzte die Hinzuschätzungen weiter herab und wies die Klage im Übrigen ab. Es führte aus, wegen der nicht ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen bestehe eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach. Der Höhe nach sei die Schätzung für die Bereiche "Vorführung" und "Vermietung von Bildträgern" nicht zu beanstanden. Für den Bereich "Verkauf" nahm das FG eine eigene Schätzung vor, die auf den folgenden Grundlagen beruhte:

-       

44 % des gesamten Wareneinkaufs seien auf Bildträger entfallen, von denen aber nur 50 % in den Verkauf gelangt und die übrigen 50 % vernichtet worden seien. Für diejenigen Bildträger, die in den Verkauf gelangt seien, sei ein Rohgewinnaufschlagsatz von 100 % anzusetzen;

-       

die restlichen 56 % des Wareneinkaufs seien mit einem Rohgewinnaufschlagsatz von 240 % verkauft worden;

-       

für das Jahr 1996 sei der Wareneinkauf aufgrund eines Brandschadens für Zwecke der Kalkulation um 42.950 DM zu mindern;

-       

die sich so ergebenden Mehrerlöse seien um einen Sicherheitsabschlag von 10 % zu mindern.

8

Ferner hat das FG sich davon überzeugt gezeigt, dass E den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht habe, so dass --auch in Bezug auf die Klägerin-- die verlängerten Festsetzungsfristen anwendbar seien.

9

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängeln.

10

Das FA ist der Beschwerde entgegen getreten.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist begründet. Es liegt ein von der Klägerin geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Das FG hat gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, indem es den als Zeugen benannten E nicht gehört hat.

13

a) Die vom FG hierfür gegebene Begründung ist nicht geeignet, um von einer Zeugenvernehmung abzusehen.

14

Die Klägerin hatte E zum Beweis der Tatsache benannt, dass die Einnahmen vollständig auf den Tageseinnahmeblättern erfasst und dem Steuerberater vollständig gemeldet worden waren. Das FG hatte das Unterbleiben der Beweisaufnahme damit begründet, es sei gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 (gemeint wohl: Satz 5) FGO nicht an Beweisanträge gebunden. Die Vernehmung des E erscheine dem FG nicht notwendig. Die Überprüfung der Buchführungsunterlagen habe eindeutig ergeben, dass gerade nicht sämtliche Einnahmen erklärt worden seien.

15

Indes bedeutet die in § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO erwähnte fehlende Bindung des FG an Beweisanträge der Beteiligten nicht etwa, dass das Gericht frei entscheiden könnte, ob es beantragte Beweise erhebt oder nicht. Gerade im Gegenteil will diese Vorschrift es dem FG --in ausdrücklicher Abweichung von zivilprozessualen Grundsätzen-- ermöglichen, auch von sich aus solche Beweise zu erheben, die von den Beteiligten nicht angeboten worden sind (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2007 X B 34/07, BFH/NV 2008, 597, unter 2.).

16

Demgegenüber kann das FG auf eine beantragte Beweiserhebung im Regelfall nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann oder das Beweismittel unerreichbar, unzulässig oder untauglich ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Dezember 2009 VI R 58/07, BFHE 227, 365, BStBl II 2010, 531, Rz 11, m.w.N.).

17

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere hat das FG keine --zulässige-- Wahrunterstellung der Tatsache vorgenommen, zu deren Beweis E benannt worden war. Es hat sich vielmehr bereits vom Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache überzeugt gezeigt. Dies stellt jedoch eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. September 2013 XI B 75/12, BFH/NV 2014, 164, Rz 22, und vom 8. Januar 2014 X B 68/13, BFH/NV 2014, 566, Rz 14, beide m.w.N.).

18

b) Der beschließende Senat hat erwogen, ob die Entscheidung des FG, den E nicht zu vernehmen, sich im Ergebnis aus anderen Gründen als verfahrensfehlerfrei darstellt. Dies wäre dann der Fall, wenn das Beweismittel als untauglich anzusehen wäre. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

19

Zwar hat der BFH entschieden, dass die Benennung von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft nicht geeignet ist, um einen Beweis zur Höhe des von der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinns zu führen. Die Höhe des Gewinns sei vielmehr durch eine geordnete Buchführung, nicht aber durch Aussagen der Gesellschafter nachzuweisen (BFH-Beschluss vom 2. Juni 2006 I B 41/05, BFH/NV 2006, 1687, unter 4.b).

20

Vorliegend ist E jedoch nicht lediglich zur Bezeugung der "Höhe des Gewinns" benannt worden. Vielmehr richtete sich der Beweisantrag auf konkrete Tatsachen, wie die vollständige Erfassung der Einnahmen auf den Tageseinnahmeblättern und die vollständige Meldung an den Steuerberater um damit die materielle Richtigkeit der Buchführung zu belegen. Solche Tatsachen sind einem Zeugenbeweis jedenfalls nicht von vornherein unzugänglich.

21

Ob das FG den Aussagen des E --der sowohl Gesamtschuldner der u.a. streitigen Einkommensteuer als auch von dem eingeleiteten Steuerstrafverfahren betroffen ist-- letztlich Glauben schenken wird, ist eine Sache der Beweiswürdigung. Es ist aber nicht zulässig, in derartigen Fällen von vornherein von einer Beweiserhebung abzusehen.

22

2. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

23

Für das Verfahren im zweiten Rechtsgang weist der Senat --ohne Bindungswirkung für das FG-- auf die folgenden Punkte hin:

24

a) Der Senat hat --auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin-- keine Bedenken dagegen, dass das FG dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis wegen der formellen Fehlerhaftigkeit der Buchführung bejaht hat.

25

Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung erfordert bei Bareinnahmen, die ähnlich einer offenen Ladenkasse erfasst werden, einen täglichen Kassenbericht (vgl. § 146 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung --AO-- und Senatsbeschluss vom 13. März 2013 X B 16/12, BFH/NV 2013, 902, Rz 9), der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt worden ist. An derartigen Unterlagen fehlte es im Betrieb der Klägerin nach den Feststellungen des FG offensichtlich.

26

Soweit die vom erkennenden Senat in Rz 27 seines Urteils vom 25. März 2015 X R 20/13 (BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743) gewählte Formulierung in der Praxis teilweise dahingehend missverstanden wird, dass über den Kassenbericht hinaus ein "Zählprotokoll" gefordert werde, in dem die genaue Stückzahl der vorhandenen Geldscheine und -münzen aufgelistet werde, stellt der Senat klar, dass die dortige Formulierung --die im Übrigen den Begriff "Zählprotokoll" nicht enthält-- nicht als Neuorientierung der Rechtsprechung angesehen werden kann. Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens erstellt worden ist.

27

b) Demgegenüber konnte die vom FG vorgenommene eigene Schätzung der Höhe nach (Bl. 25 des FG-Urteils) vom Senat zahlenmäßig nicht nachvollzogen werden.

28

c) Entscheidend für die Höhe der Hinzuschätzung im Bereich "Verkauf" --auf den zugleich der weitaus größte Teil der Gesamt-Hinzuschätzung entfällt-- dürfte der Anteil der Zeitschriften an den Erlösen dieses Geschäftsbereichs sein.

29

Die Klägerin hatte vorgetragen, sie habe einen hohen Anteil an Zeitschriften verkauft; hier seien die Rohgewinnaufschlagsätze aber deutlich geringer als bei anderen Warengruppen. Sie hat während des finanzgerichtlichen Verfahrens im Schriftsatz vom 5. Mai 2015 die Problematik dargestellt, den Zeitschrifteneinkauf des Jahres 1996 detailliert dargelegt und ins Verhältnis zu den sonstigen Wareneinkäufen gesetzt. Diese Datengrundlage könnte dem FG eventuell die Möglichkeit eröffnen, den durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz genauer zu ermitteln als bisher. Jedenfalls nach den von der Klägerin vorgelegten Zahlen über ihre Zeitschrifteneinkäufe --die so substantiiert sind, dass das FG sie überprüfen kann-- war der Anteil dieser Einkäufe am Gesamteinkauf so hoch, dass er auch bei der Ermittlung des durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatzes eine entsprechend hohe Gewichtung erhalten könnte.

30

d) Es spricht Vieles dafür, dass das FG die zahlenmäßigen Schlussfolgerungen, die der Sachverständige (S), der von der Versicherungsgesellschaft mit der Ermittlung der Höhe eines Brandschadens beauftragt worden war, nochmals einer eigenen Prüfung unterziehen sollte.

31

In der entscheidenden --und auch von der Klägerin aufgeworfenen-- Frage, ob S die Videokassetten in die Ermittlung des Aufschlagsatzes und des Wareneinsatzes einbezogen hat, ist das Gutachten nicht ganz eindeutig. Es könnte zur Absicherung dieser Schätzungsgrundlage sinnvoll sein, S um Erläuterung der von ihm gezogenen Schlussfolgerungen zu bitten.

32

Außerdem sind die Aussagen des S zur Höhe des Rohgewinnaufschlagsatzes widersprüchlich. Auf Bl. 4 seines Gutachtens legt er zunächst einen "Aufschlag zwischen 300 und 400 % auf den Einkaufspreis" zugrunde. Daraus zieht er die Schlussfolgerung, es könne "eine durchschnittliche Handelsspanne von 2/3 des Umsatzwertes angenommen werden, sodass der Wareneinsatz etwa 1/3 des Umsatzerlöses ausmacht". Bei einem Wareneinsatz von 1/3 der Erlöse betrüge der Rohgewinnaufschlagsatz aber lediglich 200 % und nicht --wie von S zuvor angenommen-- 300 bis 400 %.

33

Das FA hatte zudem in der Einspruchsentscheidung angenommen, aus dem Gutachten des S ergebe sich, dass ein Anteil von 56 % des Wareneinsatzes direkt dem Warenverkauf diene und ein Anteil von 44 % für die Filmvorführungen verwendet werde. Das FG scheint diese Annahme für seine eigene Schätzung übernommen zu haben. Der Senat weist darauf hin, dass er dem Gutachten des S keine derartige Aussage entnehmen kann. Zwischen den Beteiligten ist die Verteilung des Wareneinsatzes höchst streitig.

34

e) Die vom FG beauftragte Prüferin hat zur weiteren Plausibilisierung der Schätzung ergänzend Belege herangezogen, die für den Zeitraum vor der Durchsuchung sichergestellt worden sind, auch wenn diese nicht unmittelbar den Klagezeitraum betreffen (Tz. 26.1.3 ihres Berichts). Sie hat aus diesen Belegen eine Tagesdurchschnittseinnahme aus dem Kinobetrieb in Höhe von 432 € ermittelt. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Zahlenangabe offensichtlich einen Bruttobetrag darstellen soll. Um die Vergleichbarkeit zu den vom FA genannten Zahlen herzustellen, müsste daher möglicherweise die Umsatzsteuer herausgerechnet werden.

35

f) Dem FG steht es zudem frei, im zweiten Rechtsgang Überlegungen dazu anzustellen, ob die Klägerin tatsächlich als alleinige Betriebsinhaberin anzusehen ist. Nach Aktenlage deutet Vieles darauf hin, dass das betriebliche Geschehen nicht durch die Klägerin, sondern durch E beherrscht und gestaltet worden ist. Eventuell könnte auch eine Mitunternehmerschaft zwischen den Eheleuten in Betracht kommen.

36

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

37

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26. Juli 2012  4 K 2071/09 E,U aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den verbliebenen Streitjahren 2001 und 2003 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger betrieb von 1996 bis zum Frühjahr 2002 und erneut ab dem Frühjahr 2003 eine Schank- und Speisewirtschaft in Räumen, die er von einer Brauerei angemietet hatte. Die Klägerin war im Betrieb angestellt.

2

Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den größten Teil seiner Bareinnahmen rechnete er über eine elektronische Registrierkasse ab. Daneben führte er für die Thekeneinnahmen eine von der Registrierkasse getrennte Barkasse.

3

Im Rahmen einer Außenprüfung beanstandete der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und stützte sich hierbei auf die folgenden Punkte:

-       

Zwar ist für jeden Öffnungstag des Jahres 2001 ein Tagesendsummenbon vorhanden; die fortlaufende Nummerierung dieser Bons weist für die Zeit vom 1. Januar bis 16. März 2001 aber Unterbrechungen auf. Die Bons mit den dazwischenliegenden Nummern haben die Kläger nicht vorgelegt und hierzu vorgetragen, es handele sich um "Leerbons".

-       

Für das Jahr 2003 liegen zwar fortlaufend nummerierte Tagesendsummenbons vor. Allerdings ist auf diesen Bons kein Datum ausgedruckt.

-       

Die Kläger haben weder Programmierprotokolle der Registrierkasse noch die Speisekarte für das Jahr 2001 vorgelegt.

-       

Ausweislich der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) --im Betriebsprüfungsbericht ist dieser Umstand hingegen nicht erwähnt-- wurden für die Thekenkasse keine Kassenberichte erstellt, in denen die sich anhand der Aufzeichnungen ergebenden Soll-Kassenbestände mit den durch Auszählen ermittelten Ist-Beständen abzugleichen gewesen wären. Vielmehr wurden die täglichen Bestände dieser Kasse lediglich rechnerisch durch Gegenüberstellung der aufgezeichneten Einnahmen und Ausgaben ermittelt.

-       

Der Kläger hat die Warenendbestände zum Ende der Streitjahre nicht durch Inventuren, sondern im Wege der Schätzung ermittelt.

-       

Für das Jahr 2003 hat der Prüfer vier Bareinlagen in Höhe von insgesamt 4.164,78 € als ungeklärt angesehen. Hierzu hat das FG allerdings keine Feststellungen getroffen.

4

Der Prüfer erhöhte die vom Kläger erklärten Erlöse um Hinzuschätzungen, für deren Höhe er sich auf einen sog. "Zeitreihenvergleich" stützte. Dabei ging er wie folgt vor:

-       

Aus den Eingangsrechnungen des Klägers ermittelte der Prüfer den Wareneinkauf für jede Kalenderwoche des Prüfungszeitraums. Nach dem --von den Klägern teilweise bestrittenen-- Vortrag des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) habe der Prüfer hierbei das Lieferdatum zugrunde gelegt, sofern ein solches in den Eingangsrechnungen angegeben gewesen sei. Ansonsten habe er das Rechnungsdatum herangezogen. Sofern der Kläger beim jeweiligen Lieferanten weniger als einmal wöchentlich eingekauft habe, habe der Prüfer den Wert des Einkaufs gleichmäßig auf den Zeitraum zwischen den aufeinanderfolgenden Einkäufen verteilt.

-       

Den Wareneinkauf minderte der Prüfer um die sich aus der Buchführung des Klägers --auf der Grundlage der von der Finanzverwaltung hierfür veröffentlichten Pauschbeträge-- ergebenden Werte für Sachentnahmen der Familie der Kläger und für die Beköstigung des Personals. Diese Beträge verteilte er gleichmäßig auf die Kalenderwochen eines Jahres.

-       

Für das Jahr 2003 minderte der Prüfer den Wareneinkauf ferner um den vom Kläger geschätzten Warenendbestand zum 31. Dezember 2003 (10.800 €), der ebenfalls gleichmäßig auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt wurde.

-       

Den sich danach ergebenden wöchentlichen Wareneinsatz verglich der Prüfer mit den vom Kläger für die jeweilige Kalenderwoche erklärten Einnahmen. Aus diesem Vergleich ergab sich für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz.

-       

Anschließend ermittelte der Prüfer für jede Kalenderwoche den Durchschnittswert aus den Rohgewinnaufschlagsätzen dieser Woche und der neun vorangehenden Wochen.

-       

Seiner Schätzung legte der Prüfer den höchsten Zehn-Wochen-Durchschnittswert zugrunde, der sich im jeweiligen Kalenderjahr ergab. Dies waren für das Jahr 2001 die Kalenderwochen 23 bis 32 mit einem Rohgewinnaufschlagsatz (hier: Vergleich der Brutto-Einnahmen mit dem Netto-Wareneinsatz) von 241,54 %, für das Jahr 2003 die Kalenderwochen 28 bis 37 mit einem Brutto/Netto-Rohgewinnaufschlagsatz von 263,42 %.

-       

Diese Rohgewinnaufschlagsätze wendete der Prüfer für das gesamte jeweilige Kalenderjahr auf den tatsächlich vom Kläger erklärten Wareneinsatz an.

5

Auf dieser Grundlage ermittelte der Prüfer die folgenden Hinzuschätzungsbeträge:

Jahr   

2001   

2003   

Wareneinsatz netto

200.244,83 DM

73.368,42 €

höchster RAS brutto/netto

241,54 % 

263,42 %

zum Vergleich: RAS lt. Kläger

228,15 % 

201,09 %

Erlöse brutto lt. Prüfer

683.908,83 DM

266.634,31 €

Erlöse brutto lt. Kläger

657.095,38 DM

220.905,86 €

Mehrerlöse brutto lt. Prüfer

26.813,44 DM

45.728,46 €

Mehrerlöse netto lt. Prüfer

23.115,03 DM

39.421,08 €

Hinzuschätzung netto lt. Prüfer (nach Abrundung auf den nächsten durch 5.000 teilbaren Betrag)

20.000,00 DM

35.000,00 €

6

Für das --im Revisionsverfahren nicht mehr streitbefangene-- Jahr 2002 nahm der Prüfer wegen aus seiner Sicht ungeklärt gebliebener Vermögenszuwächse eine Hinzuschätzung von 40.000 € netto vor.

7

Das FA erließ entsprechend geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Im Einspruchsverfahren legten die Kläger Geldverkehrsrechnungen für die Jahre 2001 und 2002 samt Unterlagen zu ihren außerbetrieblichen Einnahmen sowie zu Vermögensumschichtungen vor. Für das Jahr 2003 beantragten sie, weitere Schuldzinsen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Gegen den Zeitreihenvergleich wandten sie sich mit dem folgenden Vorbringen:

-       

Für die Durchführung des Zeitreihenvergleichs sei die exakte Zuordnung des wöchentlichen Wareneinsatzes zu den Erlösen der jeweiligen Woche von herausragender Bedeutung. Der Schluss vom Wareneinkauf --nur insoweit bestehe eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht-- auf den wöchentlichen Wareneinsatz sei aber wegen des Fehlens einer Verpflichtung zu wöchentlichen Inventuren mit großen Unsicherheiten belastet. Zwar werde durch die Bildung eines Durchschnittswerts über einen Zehn-Wochen-Zeitraum eine gewisse Nivellierung vorgenommen; zufällige Verschiebungen am Anfang oder Ende eines solchen Zehn-Wochen-Zeitraums könnten aber immer noch erhebliche rechnerische Auswirkungen auf den sich ergebenden Rohgewinnaufschlagsatz haben.

-       

Bereits die betriebs- und saisonüblichen Schwankungen in der Lagerhaltung sowie hinsichtlich der Ein- und Verkaufspreise und der Verteilung zwischen den Warenarten würden aufgrund der Systematik des Zeitreihenvergleichs zwingend zu rechnerischen Mehrergebnissen führen.

-       

Es entspreche nicht dem tatsächlichen Ablauf, den Aufbau des zum 31. Dezember 2003 vorhandenen Warenendbestands gleichmäßig auf alle Kalenderwochen des Jahres 2003 zu verteilen.

-       

Am letzten Augustwochenende (34. Kalenderwoche 2001 bzw. 35. Kalenderwoche 2003) finde jeweils das X-Fest statt, das zwar zu erheblich überdurchschnittlichen Wochenumsätzen, nicht aber zu einem entsprechenden Anstieg des Wareneinkaufs in derselben Kalenderwoche führe.

-       

Im Jahr 2003 sei ein gerade kostendeckender Mittagstisch angeboten worden.

-       

Der Warenverderb sei unberücksichtigt geblieben.

8

In seinen Einspruchsentscheidungen setzte das FA die Hinzuschätzung für 2002 auf 15.000 € herab und wies die Einsprüche im Übrigen zurück. Im Klageverfahren legten die Kläger auch für 2003 eine Geldverkehrsrechnung vor und erklärten aus vorhandenen Geldanlagen Zinseinnahmen für 2001 nach, die allerdings unterhalb der damals geltenden Freibeträge lagen.

9

Das FG gab der Klage für 2002 in vollem Umfang statt und berücksichtigte für 2003 zusätzliche Schuldzinsen in Höhe von 3.764 € als Betriebsausgaben. Im Übrigen wies es die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1982). Zur Begründung des klageabweisenden Teils seiner Entscheidung führte es aus, die Buchführung des Klägers sei in den Jahren 2001 und 2003 formell nicht ordnungsgemäß gewesen. Diese formellen Mängel seien wegen der entscheidenden Bedeutung der Bareinnahmen für den Betrieb des Klägers auch Anlass, die sachliche Richtigkeit der Buchführung anzuzweifeln, da es wegen der nur rechnerischen Führung der Kasse (gemeint wohl: Thekenkasse) an der Kassensturzfähigkeit fehle.

10

Der Zeitreihenvergleich stelle im Streitfall eine geeignete Schätzungsmethode dar. Die Wahl der Schätzungsmethode stehe im Ermessen des FA bzw. des FG; Unschärfen gingen zu Lasten des Steuerpflichtigen. Die von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte Methode des Zeitreihenvergleichs basiere darauf, dass es in der Praxis kaum möglich sei, über kurze Zeiträume genau denjenigen Wareneinkauf zu verschweigen, mit dem nicht verbuchte Erlöse erzielt würden. Im Betrieb des Klägers habe es in den Streitjahren keine wesentlichen Änderungen in der Betriebsführung oder -struktur gegeben, die einem Zeitreihenvergleich entgegenstehen könnten. Saisonale oder jahreszeitliche Schwankungen des Geschäfts seien nicht erkennbar, weil die wochenweise ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze nicht in Abhängigkeit von der Jahreszeit, sondern auch innerhalb einer Jahreszeit unterschiedlich seien. Das X-Fest könne sich nicht ausgewirkt haben, da es nur im Jahr 2003, nicht aber im Jahr 2001 in den vom FA herangezogenen Zehn-Wochen-Zeitraum falle, und auch für das Jahr 2003 der höchste Rohgewinnaufschlagsatz des Zehn-Wochen-Zeitraums gerade nicht in die Woche des X-Fests falle. Der Warenendbestand 2003 sei zu Recht auf das gesamte Jahr verteilt worden, da davon auszugehen sei, dass er während des gesamten Jahres aufgebaut worden sei. Für die Kläger sei dies günstiger als eine Berücksichtigung in einem kurzen Zeitraum, die dann in diesem Zeitraum zu überproportional hohen rechnerischen Wareneinsätzen führen würde. Die vom FA vorgenommene Abrundung gleiche weitere Unschärfen der Schätzung aus. Das Schätzungsergebnis bewege sich im mittleren Bereich der Richtsätze für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften (Netto/Netto-Mittelwert: 213 % bei einer Spanne von 150 bis 317 % für 2001 bzw. 144 bis 317 % für 2003).

11

Die von den Klägern eingereichten Geldverkehrsrechnungen seien als Schätzungsgrundlage nicht geeignet. Ihnen seien die sich aus der Buchführung ergebenden Betriebseinnahmen zugrunde gelegt worden, obwohl die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Für 2001 komme hinzu, dass die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag doppelt angesetzt und die Herkunft der aus dem Ausland stammenden Mittel nicht nachgewiesen worden sei. Ohnehin bestehe kein Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode.

12

Für das Jahr 2002 sei die Klage hingegen begründet. Dem FA stehe insoweit keine Schätzungsbefugnis zu, weil die Buchführung des Klägers keine Mängel aufgewiesen habe. Es seien auch keine ungeklärten Vermögenszuwächse zu verzeichnen, weil die vom FA vorgenommene Geldverkehrsrechnung methodische Mängel aufweise.

13

Mit ihrer Revision wiederholen und vertiefen die Kläger ihre Einwendungen gegen den vom FA durchgeführten Zeitreihenvergleich. Ergänzend führen sie die folgenden Gesichtspunkte an:

-       

Selbst wenn man davon ausgehe, dass die wochenweisen Schwankungen im Einkauf frischer Lebensmittel sich über einen Zehn-Wochen-Zeitraum ausgleichen würden, gelte dies nicht hinsichtlich alkoholischer Getränke, die auf Vorrat gekauft würden.

-       

Dem von einem Zeitreihenvergleich betroffenen Steuerpflichtigen erschließe sich weder der Ablauf noch das Ergebnis dieser Schätzungsmethode. Dies kollidiere sowohl mit dem für Verwaltungsakte geltenden Begründungserfordernis (§ 121 der Abgabenordnung --AO--) als auch mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes --GG--). Es sei dem Steuerpflichtigen nicht möglich, auf die methodischen Mängel des Zeitreihenvergleichs zu reagieren, weil hierfür im Betrieb keine Daten erhoben würden und auch nicht erhoben werden müssten.

-       

Die Anwendung des höchsten sich im jeweiligen Kalenderjahr ergebenden Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatzes widerspreche den Denkgesetzen. Zwar könnten Unterschiede zwischen den wöchentlichen Aufschlagsätzen auf Manipulationen hindeuten; sie könnten aber ebenso auf den methodischen Mängeln des Zeitreihenvergleichs --insbesondere auf betriebsüblichen Schwankungen-- beruhen.

-       

Der Biereinkauf sei gerade in den Wochen ab Ende November 2003 sehr hoch gewesen, so dass ein überproportionaler Teil des Warenendbestands in dieser Zeit aufgebaut worden sei.

-       

Während der Außenprüfung sei beim Kläger nicht der geringste Anhaltspunkt für Schwarzeinkäufe gefunden worden.

14

Die Kläger haben im Revisionsverfahren ausdrücklich zugestanden, dass ihre Buchführung formell nicht ordnungsgemäß war.

15

Nach Ergehen des angefochtenen Urteils hat das FA am 20. Dezember 2012 und am 4. Februar 2013 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2001 erlassen. Der Streitstoff des vorliegenden Verfahrens wird dadurch nicht berührt, weil die Besteuerungsgrundlagen im Bescheid vom 4. Februar 2013 denen entsprechen, die bereits in dem von den Klägern ursprünglich angefochtenen Änderungsbescheid angesetzt worden sind.

16

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist, und den Einkommensteuerbescheid 2003 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2001 und 2003, jeweils vom 17. März 2008 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 15. Mai 2009, sowie den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 4. Februar 2013 dahingehend zu ändern, dass die Hinzuschätzungen zu den Betriebseinnahmen bzw. umsatzsteuerpflichtigen Entgelten in Höhe von 20.000 DM (2001) bzw. 35.000 € (2003) --hinsichtlich der Einkommensteuer unter gegenläufiger Kürzung der Gewerbesteuer-Rückstellung-- rückgängig gemacht werden.

17

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

18

Es trägt vor, die Methode des Zeitreihenvergleichs sei nicht neu, sondern werde von Wirtschaftsprüfern seit Jahrzehnten zur betriebswirtschaftlichen Analyse eingesetzt. Für die Außenprüfung habe sie in den letzten Jahren durch das Datenzugriffsrecht und spezielle Software, die für die Finanzverwaltung entwickelt worden sei, an Bedeutung gewonnen. Sie beruhe darauf, dass sich selbst bei einem Verschweigen sowohl von Wareneinkäufen als auch von Erlösen im Wochenvergleich Auffälligkeiten ergeben würden. Die Methode werde vorzugsweise in Branchen mit eher geringer Lagerhaltung angewendet, bei denen sich die Umsätze relativ gleichmäßig auf das Jahr verteilten (z.B. Gastronomie). Ihr liege die Annahme zugrunde, dass es nicht sinnvoll wäre, bei jederzeit verfügbaren und leicht verderblichen Waren eine nennenswerte Lagerhaltung zu betreiben. Wenn diese Methode zum Ausweis größerer Unterschiede zwischen den wöchentlichen Rohgewinnaufschlagsätzen führe und sich derartige Unterschiede auch nach Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse nicht mit den Besonderheiten des jeweiligen Betriebs erklären ließen, werde vermutet, dass Verkäufe und/oder Einkäufe nicht zutreffend in der Buchführung erfasst worden seien. Weil der Zeitreihenvergleich auf betrieblichen Daten beruhe, sei er einer Richtsatzschätzung grundsätzlich überlegen. Er lasse kaum Raum für Zweifel an der unzutreffenden Verbuchung der Erlöse. Grundlage der Hinzuschätzungen seien aber auch in diesem Fall nicht Schwarzeinkäufe, sondern die fehlende Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.

19

Die Kläger hätten sich auf die Aufzählung möglicher Unsicherheiten dieser Schätzungsmethode beschränkt, aber nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen der bei ihnen konkret durchgeführte Zeitreihenvergleich zu falschen Ergebnissen geführt habe. Die Schätzung sei hinreichend begründet worden; alle Berechnungen seien den Klägern zur Verfügung gestellt worden. Die Verteilung des Warenendbestands sei Gegenstand mehrerer Besprechungen gewesen. Da es sich um betriebliche Daten handele, sei es an den Klägern, etwaige Einwendungen zu substantiieren.

Entscheidungsgründe

20

II.Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

21

Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass wegen vorhandener Mängel in der Buchführung des Klägers dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis besteht (dazu unten 1.). Der Zeitreihenvergleich weist allerdings im Vergleich zu anderen Verprobungs- und Schätzungsmethoden besondere Problembereiche auf (dazu unten 2.), die seine Anwendbarkeit sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Übernahme des sich aus einem Zeitreihenvergleich ergebenden "Mehrergebnisses" als Betrag der Hinzuschätzung der Höhe nach einschränken (unten 3.). Diese Einschränkungen hat das FG im Streitfall nicht in vollem Umfang beachtet (unten 4.), so dass die Sache an die Vorinstanz zurückgehen muss (unten 5.).

22

1. Das FA --und über § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auch das FG-- war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO zur Schätzung befugt, weil die Buchführung des Klägers der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann.

23

a) Das FG hat die folgenden formellen Buchführungsmängel festgestellt, deren Vorliegen mittlerweile zudem zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die allerdings von unterschiedlichem Gewicht sind:

24

aa) Die Unvollständigkeit der Tagesendsummenbons für die Zeit vom 1. Januar bis zum 16. März 2001 ist ein formeller Mangel, der --bezogen auf diesen Zeitraum-- grundsätzlich als gravierend anzusehen ist, da die vollständige Erfassung der Bareinnahmen nicht gesichert ist. Zwar konnten den Klägern konkrete Einnahmenverkürzungen nicht nachgewiesen werden. Sie haben ihre Behauptung, es handele sich um --für das Buchführungsergebnis unbeachtliche-- Leerbons, aber ebenfalls nicht belegen können.

25

bb) Die fehlende Datierung der Tagesendsummenbons des Jahres 2003 ist unter den Umständen des Streitfalls hingegen nur als eher geringfügiger formeller Mangel anzusehen. Die Bons sind lückenlos nummeriert, so dass sich daraus zumindest ihre zeitliche Reihenfolge zwingend ergibt. Der Kläger hat in seinen Aufzeichnungen die aufeinander folgenden Bons den aufeinander folgenden Öffnungstagen des Betriebs im Jahr 2003 zugeordnet. Zweifel an der Richtigkeit dieser Zuordnung hat auch das FA nicht vorgebracht.

26

cc) Auch das Fehlen der Programmierprotokolle der Registrierkasse stellt einen formellen Mangel dar. Anweisungen zur Kassenprogrammierung sowie insbesondere die Programmierprotokolle, die nachträgliche Änderungen dokumentieren, sind nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO als "sonstige Organisationsunterlagen" aufbewahrungspflichtig. Dies hat die Finanzverwaltung schon lange vor den Streitjahren vertreten (z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 7. November 1995, BStBl I 1995, 738, Tz. VI.c, sowie Tz. 6 der diesem BMF-Schreiben beigefügten Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme; BMF-Schreiben vom 9. Januar 1996, BStBl I 1996, 34; zeitlich nach den Streitjahren auch BMF-Schreiben vom 26. November 2010, BStBl I 2010, 1342, und vom 14. November 2014, BStBl I 2014, 1450, Tz 111). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an (ebenso Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 147 AO Rz 9, 26).

27

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte bisher allerdings keine Gelegenheit, sich zu dem Gewicht dieses Mangels zu äußern. Der erkennende Senat vertritt hierzu die Auffassung, dass das Fehlen einer lückenlosen Dokumentation zur Kassenprogrammierung in seinen Auswirkungen auf die Beurteilung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der Eröffnung der Schätzungsbefugnis dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse bzw. dem Fehlen täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse gleichsteht. In allen drei Fällen lässt der formelle Mangel zwar keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu. Gleichwohl gibt es systembedingt keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen, ohne dass eine nachträgliche Ergänzung der Dokumentation bzw. eine anderweitige Heilung des Mangels möglich wäre. Elektronische Kassensysteme sind durch Umprogrammierung in nahezu beliebiger Weise manipulierbar; von derartigen Manipulationsmöglichkeiten machen Teile der betrieblichen Praxis nach dem Erkenntnisstand des Senats durchaus Gebrauch (zu einem solchen Fall z.B. Beschluss des FG Rheinland-Pfalz vom 7. Januar 2015  5 V 2068/14; vgl. zum Ganzen auch Tz. 54 der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BTDrucks 15/2020, 197 f.). Es ist daher von erheblicher Bedeutung, dass ein Betriebsprüfer --und ggf. auch ein FG-- sich davon überzeugen kann, wie die Kasse im Zeitpunkt ihrer Auslieferung und Inbetriebnahme programmiert war, sowie ob bzw. in welchem Umfang nach der Inbetriebnahme der Kasse spätere Programmeingriffe vorgenommen worden sind. Für den Steuerpflichtigen überschreitet der mit der Dokumentation verbundene Aufwand die Grenze des Zumutbaren nicht. Beim Erwerb der Kasse kann er vom Verkäufer die Übergabe von Bedienungsanleitungen und Programmdokumentationen verlangen. Die Dokumentation späterer Umprogrammierungen verursacht jedenfalls einen geringeren Aufwand als die Umprogrammierung selbst.

28

Das Gewicht dieses Mangels tritt allerdings zurück, wenn der Steuerpflichtige für den konkreten Einzelfall darlegt, dass die von ihm verwendete elektronische Kasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet.

29

dd) Keine sichere Grundlage bietet das angefochtene Urteil hingegen für die Beurteilung der Frage, welches Gewicht dem Fehlen von Kassenberichten für die Thekenkasse zukommt. Grundsätzlich ist die nur rechnerische Führung einer offenen Ladenkasse, die keine Kassensturzfähigkeit gewährleistet, als ein gravierender Mangel zu bewerten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12), der schon für sich genommen auch ohne Nachweis einer konkreten materiellen Unrichtigkeit zu Hinzuschätzungen berechtigen würde. Allerdings hat das FG für das Jahr 2002 --in dem hinsichtlich der Thekenkasse dieselben Mängel bestanden wie für die Jahre 2001 und 2003-- auf Bl. 17 des Urteils ausdrücklich das Vorliegen von Buchführungsmängeln verneint und insoweit der Klage stattgegeben (auf Bl. 13 Abs. 2 des Urteils heißt es demgegenüber noch, die Kassenführung genüge "hinsichtlich der Streitjahre 2001 bis 2003" nicht den Anforderungen). Damit bleibt unklar, welche Bedeutung das FG den --vom Betriebsprüfer ohnehin nicht erwähnten-- Mängeln bei der Führung der Thekenkasse zugemessen hat. Revisionsrechtlich ist daher davon auszugehen, dass das FG diesem Gesichtspunkt keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

30

ee) Ob die Speisekarte des Jahres 2001 im Streitfall gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO aufbewahrungspflichtig war, kann anhand der Feststellungen des FG ebenfalls nicht beurteilt werden. Speisekarten sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht generell aufbewahrungspflichtig, sondern nur dann, wenn sie zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (ausführlich hierzu BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921, Rz 26 ff.). Ob diese Voraussetzung im Betrieb des Klägers erfüllt war, hat das FG nicht festgestellt. Letztlich kommt es auf diese Frage im Streitfall aber nicht an, da jedenfalls die übrigen festgestellten formellen Mängel für die Bejahung einer Schätzungsbefugnis ausreichen (dazu noch unten c).

31

b) Konkrete materielle Mängel der Kassenbuchführung, insbesondere der Einnahmenerfassung, hat das FG nicht festgestellt.

32

Zwar stellt die fehlende Inventur für sich genommen einen materiellen Mangel dar, da der in der Buchführung ausgewiesene --offenbar lediglich griffweise geschätzte-- Betrag des Warenendbestands nicht dem tatsächlichen Wert der vorhandenen Waren entspricht und dadurch zugleich der Jahresgewinn verfälscht wird (vgl. zum Gewicht dieses Buchführungsmangels einerseits BFH-Urteil vom 14. Dezember 1966 VI 245/65, BFHE 87, 616, BStBl III 1967, 247; andererseits BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 109/70, BFHE 117, 224, BStBl II 1976, 210). Für die im vorliegenden Verfahren allein entscheidungserhebliche Frage der Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung (Vollständigkeit der Einnahmenerfassung) ist dieser materielle Mangel indes ohne Bedeutung, da die Unrichtigkeit des Warenendbestands keine Wechselwirkung mit der Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen aufweist.

33

c) Aufgrund der festgestellten formellen Mängel entspricht die Buchführung des Klägers nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO, so dass ihr nicht die Beweiskraftwirkung des § 158 AO zukommt. Dies würde nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO bereits zur Schätzung berechtigen.

34

Allerdings berechtigen formelle Buchführungsmängel nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 1.; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, und in BFH/NV 2012, 1921, Rz 22, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Jedenfalls dann, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 34). Dies ist vorliegend der Fall. Das Fehlen der Programmierprotokolle der Registrierkasse ist --wie dargestellt-- als gewichtiger Mangel anzusehen, der den gesamten Streitzeitraum betrifft. Dass die Registrierkasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, hat der Kläger nicht dargelegt. Für einen Teil des Jahres 2001 kommt noch das Fehlen eines Teils der Tagesendsummenbons als ebenfalls gewichtiger Mangel hinzu.

35

2. Zwar waren FA und FG danach im Streitfall zur Schätzung befugt. Die von ihnen gewählte Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs (zur Beschreibung dieser Methode unten a) ist allerdings sowohl unter methodischen Aspekten (dazu unten b) als auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten (unten c) nicht unproblematisch.

36

a) Der Zeitreihenvergleich stellt im Grundsatz eine mathematisch-statistische Verprobungsmethode dar; er ist dem Bereich der Strukturanalysen zuzurechnen (grundlegend zur Nutzung von Strukturanalysen in der Außenprüfung unter besonderer Berücksichtigung des Zeitreihenvergleichs Huber, Steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 2002, 199, 233, 258, 293; Wähnert, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 2774; Rau, Statistisch-mathematische Methoden der steuerlichen Betriebsprüfung und die Strukturanalyse als ergänzende Alternative, Köln 2012; speziell zum Zeitreihenvergleich Högemann, Die Information über Steuer und Wirtschaft 2000, 585; Wiggen, StBp 2008, 168; Vogelsang, BP-Handbuch, München 2008, I Rz 33 ff.; Brinkmann, Schätzungen im Steuerrecht, Berlin 2015, S. 278 ff.).

37

Prinzipiell sind zahlreiche Varianten eines Zeitreihenvergleichs denkbar. Die im vorliegenden Verfahren angewendete Methode stellt jedoch ausweislich der recht großen Zahl der hierzu ergangenen instanzgerichtlichen Entscheidungen die Standardherangehensweise der Finanzverwaltung dar (zu weiteren Varianten des Zeitreihenvergleichs vgl. Schumann/Wähnert, Steuerberatung 2012, 535). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass für jede Woche eines Kalenderjahres sowohl der wöchentliche Wareneinsatz als auch der Betrag der wöchentlichen Einnahmen ermittelt wird. Aus dem Vergleich dieser beiden Größen ergibt sich für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz. Die Finanzverwaltung sieht nun den höchsten Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen beliebigen Zehn-Wochen-Zeitraum des Kalenderjahres ergibt, als maßgebend für das Gesamtjahr an. Da in der Buchhaltung des Steuerpflichtigen in aller Regel keine Daten vorhanden sind, aus denen sich die wöchentlichen Wareneinsätze entnehmen ließen, versucht die Finanzverwaltung, diese Größen im Wege der Schätzung aus einer Verteilung der aus den Eingangsrechnungen ersichtlichen Wareneinkäufe über den Zeitraum bis zum nächsten Einkauf gleichartiger Ware zu gewinnen. Ferner wird der Wareneinkauf um Personalbeköstigungen, Waren-Sachentnahmen und Warenbestandsveränderungen bereinigt.

38

b) Der Zeitreihenvergleich weist gegenüber anderen Verprobungs- und Schätzungsmethoden einige technisch bedingte Besonderheiten auf, die zumindest eine vorsichtige Interpretation seiner Ergebnisse gebieten.

39

aa) Auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen Buchführung führt ein Zeitreihenvergleich denklogisch immer zu einem Mehrergebnis gegenüber der Buchführung, da der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller Zehn-Wochen-Perioden des Jahres auf den Wareneinsatz für das gesamte Jahr angewendet wird. Weil eine absolute Konstanz der wöchentlichen Rohgewinnaufschlagsätze in der Praxis auch bei Betrieben mit relativ geringer Lagerhaltung nicht vorkommt, muss der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller Zehn-Wochen-Perioden eines Jahres denknotwendig über dem durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Gesamtjahres liegen, selbst wenn dieser sich aus einer zutreffenden Buchführung ergibt (ebenso bereits FG Münster, Beschluss vom 19. August 2004  8 V 3055/04 G, EFG 2004, 1810, rechtskräftig). Andere Schätzungsmethoden (z.B. Aufschlagkalkulation, Geldverkehrsrechnung) weisen diese systembedingte Besonderheit nicht auf, da sie das Ergebnis einer zutreffenden Buchführung im Regelfall bestätigen --nicht aber widerlegen-- werden.

40

Daraus folgt, dass die vom FA in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Eignung des Zeitreihenvergleichs zur Feststellung von Doppelverkürzungen sowohl dem Grunde nach als auch zur Ermittlung ihres Umfangs der Höhe nach nicht frei von Zweifeln ist:

41

(1) Übersteigt der höchste Rohgewinnaufschlagsatz einer Zehn-Wochen-Periode den durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres, steht allein mit diesem Befund grundsätzlich noch nicht mit der für eine Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderlichen Sicherheit fest, dass die rechnerische Differenz gerade auf dem Verschweigen von Erlösen beruht. Vielmehr lässt sich bei einem solchen Ergebnis --ohne das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte-- zunächst einmal nicht ausschließen, dass es durch die dargestellte methodische Besonderheit des Zeitreihenvergleichs hervorgerufen sein könnte. Soweit das FA --und sinngemäß wohl auch das FG-- die Auffassung vertritt, ein sich aufgrund eines Zeitreihenvergleichs ergebendes Mehrergebnis lasse "kaum Raum für Zweifel daran, dass Erlöse nicht richtig verbucht seien" (ebenso FG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Februar 2007  16 V 4691/06 A(E,U,F), EFG 2007, 814, rechtskräftig, unter II.2.d, und Urteil vom 20. März 2008  16 K 4689/06 E,U,F, EFG 2008, 1256, rechtskräftig, unter 3.d), kann der Senat dem daher nicht folgen.

42

(2) Auch auf der anderen Seite des Spektrums möglicher Manipulationen dürfte eine Verprobung mittels eines Zeitreihenvergleichs nicht unbesehen geeignet sein, jedenfalls den Einsatz einer technisch fortgeschrittenen Manipulationssoftware aufzudecken. Vielmehr ist eine derartige Software durchaus in der Lage, das Verhältnis zwischen den manipulierten Wareneinkäufen und den Erlösen so zu gestalten, dass die Rohgewinnaufschlagsätze auch im Wochenvergleich nur in einem Rahmen schwanken, der von Betriebsprüfern üblicherweise noch für plausibel gehalten wird.

43

(3) Ein empirischer Nachweis der Eignung dieser Verprobungsmethode zur sicheren Aufdeckung von Steuerverkürzungen --insbesondere der mit anderen Methoden nur schwer aufzudeckenden sog. "Doppelverkürzungen" sowohl der Wareneinkäufe als auch der Erlöse-- ist nach dem Kenntnisstand des Senats bisher nicht geführt worden. Insbesondere ist in den bisher von den Finanzgerichten veröffentlichten Entscheidungen allein aus einer sich mittels eines Zeitreihenvergleichs ergebenden Hinzuschätzung in keinem Fall ausdrücklich darauf geschlossen worden, dass der Steuerpflichtige Doppelverkürzungen begangen hat. Das FA hat in seiner Revisionserwiderung zwar --ohne Angabe von Nachweisen-- angeführt, der Zeitreihenvergleich werde von Wirtschaftsprüfern bereits langjährig zur betriebswirtschaftlichen Analyse eingesetzt. Welchem Ziel diese Analysen dienen sollen und wie die Belastbarkeit ihrer Ergebnisse von den beteiligten Fachkreisen eingeschätzt wird, hat es aber nicht vorgetragen.

44

bb) Zudem werden die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs in erheblichem Umfang durch mathematische "Hebelwirkungen" beeinflusst.

45

(1) Dies verdeutlicht im Streitfall beispielhaft eine Betrachtung der Verhältnisse des Jahres 2001: Hier war für das FA und FG der durchschnittliche Rohgewinnaufschlagsatz der Kalenderwochen 23 bis 32 maßgebend. Dabei ergaben sich vor allem für die beiden am Ende dieser Zehn-Wochen-Periode liegenden Kalenderwochen 31 und 32 sehr hohe rechnerische Rohgewinnaufschlagsätze (412 % bzw. 360 %), die damit zugleich auch den Zehn-Wochen-Durchschnitt in die Höhe trieben. Zöge man stattdessen die Kalenderwochen 21 bis 30 heran, würde sich lediglich ein durchschnittlicher Rohgewinnaufschlagsatz von 209,60 % ergeben (statt der vom FA und FG herangezogenen 241,54 %). Hier hätte also bereits eine Verschiebung des Betrachtungszeitraums um nur zwei Wochen erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Schätzung.

46

(2) Für das Streitjahr 2003 hat sich der Zeitraum von der 28. bis zur 37. Kalenderwoche vor allem wegen der zu Beginn dieses Zeitraums liegenden 28. Kalenderwoche als Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres dargestellt (263,42 %). Für diese 28. Kalenderwoche ergibt sich wegen eines recht geringen Wareneinkaufs ein rechnerischer Rohgewinnaufschlagsatz von 340,68 %. Ordnet man demgegenüber den Wareneinkauf der Vorwoche (27. Kalenderwoche: 1.552,46 €) zu 50 % der 28. Kalenderwoche zu, ergäbe sich die folgende Berechnung:

-       

neuer Wareneinsatz der Kalenderwochen 28 bis 37/2003: 14.030,65 € + 50 % von 1.552,46 € = 14.806,88 €

-       

neuer Rohgewinnaufschlagsatz der Kalenderwochen 28 bis 37/2003: 244,37 %

-       

Brutto-Hinzuschätzung: 31.752,96 € (statt 45.728,46 €; d.h. 31 % weniger als bisher).

47

Dies zeigt, dass bereits eine Veränderung in der Zuordnung der Einkäufe nur einer einzigen Woche erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Zehn-Wochen-Periode hat. Noch größere Auswirkungen würden sich an dieser Stelle zeigen, wenn der außergewöhnlich hohe Wareneinkauf der 26. Kalenderwoche (2.807,88 €) beispielsweise zu 1/3 der 28. Kalenderwoche zugeordnet würde.

48

(3) Nun ist dem Senat durchaus bewusst, dass der Zeitreihenvergleich gerade darauf basiert, das höchste --und nicht etwa das zweit- oder dritthöchste oder ein noch anderes-- Ergebnis aller Zehn-Wochen-Perioden eines Jahres als maßgebend für das Gesamtjahr anzusehen. Die aufgezeigte Hebelwirkung insbesondere hoher rechnerischer Wochen-Rohgewinnaufschlagsätze am Anfang oder Ende des herausgegriffenen Zehn-Wochen-Zeitraums macht aber deutlich, wie wesentlich die sorgfältige Ermittlung der Schätzungsgrundlagen --vor allem des Wareneinkaufs und seiner Verteilung zum Zwecke der Gewinnung des Wareneinsatzes-- gerade am Anfang und am Ende dieses Zeitraums für eine methodisch korrekte Durchführung eines Zeitreihenvergleichs ist (dazu noch unten 3.c; vgl. hierzu auch Beschluss des FG Münster vom 11. Februar 2000  9 V 5542/99 K,U,F, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 549, rechtskräftig). Dabei ist hinsichtlich des systematischen Verständnisses des Zeitreihenvergleichs darauf hinzuweisen, dass der --für diese Schätzungsmethode grundlegende-- Wareneinsatz eben nicht den eigenen Buchführungsdaten des Steuerpflichtigen entnommen wird, sondern diese Größe im Wege der mehr oder weniger ungenauen Schätzung aus einer Verteilung des Wareneinkaufs abgeleitet wird (ebenso bereits zutreffend FG Köln, Urteil vom 27. Januar 2009  6 K 3954/07, EFG 2009, 1092, rechtskräftig, unter II.3.). Anders wäre es nur, wenn der gesamte Warenbestand durch ein ausgefeiltes Warenwirtschaftssystem verwaltet würde, was in den meisten Betrieben der "Bargeldbranche" aber nicht der Fall ist.

49

c) Auch unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs der Steuerpflichtigen auf einen effektiven Rechtsschutz durch die Gerichte (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) ist der Zeitreihenvergleich nicht frei von methodenspezifischen Bedenken. Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung --insbesondere eine Schlüssigkeitsprüfung des zahlenmäßigen Ergebnisses der Schätzung-- möglich ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 24). Dabei müssen sowohl die Kalkulationsgrundlage --und damit auch die spezifischen Daten, auf denen der Zeitreihenvergleich basiert-- als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offengelegt werden (BFH-Urteile vom 31. Juli 1974 I R 216/72, BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96, unter 2.b, und vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 4.c).

50

aa) Für die Steuerpflichtigen, ihre Berater und auch die Finanzgerichte sind die Ergebnisse mathematisch-statistischer Methoden, zu denen auch der Zeitreihenvergleich gehört, wegen der dabei anfallenden umfangreichen Datenmengen nur beschränkt nachprüfbar. So umfasst im Streitfall allein die vom Betriebsprüfer erstellte --und für die Richtigkeit der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs grundlegende-- Aufgliederung der Wareneinkäufe bereits für den relativ kleinen Betrieb des Klägers und nur für das Streitjahr 2001 eine Excel-Tabelle mit ca. 1 100 Zeilen zu je 10 Spalten, d.h. insgesamt ca. 11 000 Eintragungen. Die Nachvollziehbarkeit dieser Datenaufbereitung des Prüfers wird noch dadurch erschwert --bzw. in Teilbereichen sogar ausgeschlossen--, dass die Tabelle weder chronologisch noch nach den einzelnen Lieferanten geordnet ist. Für das Gericht ist daher weder nachprüfbar, ob der Prüfer den Wareneinkauf zutreffend auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt hat, noch ist --hier mit Ausnahme allenfalls des Biereinkaufs-- erkennbar, ob sich bestimmte Einkaufsmuster im Betrieb des Klägers regelmäßig wiederholen oder nicht.

51

Hinzu kommt, dass das FA im Streitfall noch nicht einmal das vollständige Zahlenwerk vorgelegt hat. Insbesondere ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, wie der Prüfer den sich aus den Eingangsrechnungen ergebenden Wareneinkauf auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt hat, obwohl vor allem dieser Punkt zwischen den Beteiligten umstritten ist. Gerade die Verteilung des Wareneinkaufs durch den Prüfer --bzw. durch die eingesetzte Software-- wird im Regelfall aber den Schlüssel zum Verständnis und zur Einordnung der Einzelergebnisse des Zeitreihenvergleichs darstellen. Die Kenntnis der bei diesem Schätzungsschritt vom Prüfer notwendigerweise vorgenommenen Wertungen --Datenmaterial zur wochenweisen Verteilung des Wareneinsatzes existiert im Betrieb in aller Regel nicht, zumal es keine gesetzliche Verpflichtung zur Vornahme entsprechender Aufzeichnungen gibt-- ist für den Steuerpflichtigen von erheblicher Bedeutung, um Fehler oder Unsicherheiten in der vom Prüfer vorgenommenen Verteilung aufzeigen zu können. Derartige Fehler können --insbesondere wenn sie dem Prüfer am Anfang oder Ende der von ihm herausgegriffenen Zehn-Wochen-Periode unterlaufen-- aufgrund des aufgezeigten mathematischen Hebeleffekts das rechnerische Ergebnis des Zeitreihenvergleichs in erheblichem Umfang beeinflussen und verzerren. Auch für das Gericht ist der Einblick in den Verteilungsvorgang wesentlich, um Erkenntnisse über die Größenordnung der im konkreten Fall anzunehmenden Fehlermarge des Zeitreihenvergleichs zu gewinnen.

52

bb) Die Finanzbehörde versetzt sich durch die Anwendung solcher mathematisch-statistischer Methoden aufgrund des ihnen innewohnenden Datenüberschusses daher in eine gewisse technisch-rechnerische Überlegenheit gegenüber dem Steuerpflichtigen. Dieser steht nun --jedenfalls nach Auffassung der Verwaltung-- in der Pflicht, "Auffälligkeiten" in den Ergebnissen des Zahlenwerks zu erklären bzw. zu widerlegen, verfügt aber, ohne dass ihm dies rechtlich vorzuwerfen wäre, möglicherweise gar nicht über das umfangreiche Zahlenmaterial --oder auch über das statistisch-methodische Wissen--, das erforderlich wäre, um eine sachgerechte Analyse der Datenmengen vornehmen zu können.

53

cc) Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass in Fällen der Anwendung eines Zeitreihenvergleichs die Finanzämter häufig schon ihre Darlegungspflichten nicht erfüllen, indem sie den Steuerpflichtigen und Finanzgerichten nicht alle Daten zur Verfügung stellen, die für eine vollständige Überprüfung des Zahlenwerks erforderlich sind. Auf der anderen Seite verbleiben aber selbst bei vollständiger Aufdeckung des Zahlenwerks rechtsstaatliche Bedenken, da die dann gelieferten Datenmengen so groß sind, dass eine grundlegende Überprüfung durch die Gerichte kaum zu leisten sein dürfte.

54

3. Aus diesen Befunden --so sensibel sie unter den aufgezeigten Aspekten der folgerichtigen Methodik und des effektiven Rechtsschutzes sein mögen-- folgt für den Senat auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes allerdings nicht das Ergebnis, die Methode des Zeitreihenvergleichs grundsätzlich zu verwerfen. Vielmehr besteht auf Seiten der Finanzverwaltung ein durchaus nachvollziehbares Bedürfnis, moderne Prüfungsmethoden --zu denen in geeigneten Fällen auch mathematisch-statistische Methoden gehören können-- einzusetzen. Denn auch umgekehrt verschafft sich ein Teil der Steuerpflichtigen durch ausgefeilt geplante Doppelverkürzungen und/oder den Einsatz von Manipulationssoftware, die die Aufdeckungsmöglichkeiten herkömmlicher Prüfungsmethoden minimieren, technische Vorteile gegenüber der Finanzverwaltung (vgl. dazu bereits oben 1.a cc). Hierauf darf und muss die Außenprüfung im Interesse der Wahrung der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) reagieren, und zwar auch im Wege der Entwicklung und Anwendung neuartiger Prüfungsmethoden.

55

Die aufgezeigten Problembereiche lassen allerdings erkennen, dass der Zeitreihenvergleich für bestimmte Betriebstypen oder bestimmte betriebliche Situationen schon dem Grunde nach keine geeignete Schätzungsmethode darstellt (dazu unten a). Sofern der Zeitreihenvergleich dem Grunde nach als geeignete Methode anzusehen ist, sind seine Ergebnisse --in Abhängigkeit vom Grad der Fehlerhaftigkeit der Buchführung des Steuerpflichtigen und vom Umfang der im jeweiligen Einzelfall in Bezug auf die vollständige Erfassung der Erlöse vorliegenden sonstigen Erkenntnisse-- ggf. nur eingeschränkt für die Höhe der Hinzuschätzung zu übernehmen (unten b). In jedem Fall ist wegen der erheblichen Hebelwirkung methodischer Fehler, die bei der Durchführung des Zeitreihenvergleichs unterlaufen, auf eine besonders sorgfältige Ermittlung der Tatsachengrundlagen zu achten (unten c).

56

a) Bei bestimmten Betriebstypen oder in bestimmten betrieblichen Situationen scheidet der Zeitreihenvergleich schon dem Grunde nach als geeignete Schätzungsmethode aus. So basiert er entscheidend auf der Grundannahme, dass im Betrieb des Steuerpflichtigen das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum --der allerdings nicht notwendig ein volles Kalenderjahr umfassen muss (z.B. bei Saisonbetrieben)-- weitgehend konstant ist. Fehlt es an dieser weitgehenden Konstanz, haben die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs regelmäßig keine hinreichende Aussagekraft.

57

Auch darf es im maßgebenden Zeitraum nicht zu solchen Änderungen in der Betriebsstruktur gekommen sein, die --nicht anderweitig behebbare-- wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringen.

58

Diese Einschränkungen sind --abstrakt gesehen-- weitestgehend unstreitig und werden, soweit für den Senat ersichtlich, von der Finanzverwaltung im Allgemeinen auch schon bisher bei der Anwendung dieser Verprobungsmethode beachtet.

59

b) Sofern der Zeitreihenvergleich dem Grunde nach eine geeignete Verprobungsmethode darstellt, kann er gleichwohl gegenüber anderen Methoden nachrangig sein bzw. können seine Ergebnisse nur unter Beachtung der nachfolgend (unter aa bis cc) dargestellten Abstufungen der Schätzung zugrunde gelegt werden.

60

Rechtliche Grundlage dieser Einschränkungen ist die Vorschrift des § 5 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Wahlfreiheit des FA bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethoden nach den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geltenden Grundsätzen eingeschränkt ist und dabei auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu beachten sind. Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 2. Februar 1982 VIII R 65/80, BFHE 135, 158, BStBl II 1982, 409, unter 1.c). Die Auswahl zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des FA bzw. FG (vgl. BFH-Beschluss vom 3. September 1998 XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290, unter II.2.b). Ermessensleitend ist dabei das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, unter 2.). Kommt eine bestimmte Schätzungsmethode diesem Ziel voraussichtlich näher als eine andere, ist die erstgenannte unter Ermessensgesichtspunkten vorzugswürdig.

61

Darin liegt keine Abweichung von der --vom FA angeführten-- Rechtsprechung, wonach der Steuerpflichtige grundsätzlich keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode hat (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 1. März 2005 X B 158/04, BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a, und vom 27. Januar 2009 X B 28/08, BFH/NV 2009, 717, unter 3.b). Denn dies lässt die Geltung der Grundsätze für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unberührt. Im Übrigen betrafen diese Entscheidungen Fälle, in denen der Steuerpflichtige begehrte, das Ergebnis einer ordnungsgemäß angewendeten Schätzungsmethode durch Anwendung einer anderen, jedoch nicht vorrangigen oder besser geeigneten Methode zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 290, unter II.2.b, und in BFH/NV 2009, 717, unter 3.b: keine Überprüfung einer Aufschlagkalkulation durch eine Geldverkehrs- bzw. Vermögenszuwachsrechnung erforderlich; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a: keine Überprüfung einer Geldverkehrsrechnung durch eine Nachkalkulation erforderlich). Darum geht es vorliegend indes nicht.

62

aa) Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder --wie in dem Fall, der dem Urteil des FG Köln in EFG 2009, 1092 zugrunde lag-- nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann grundsätzlich nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs der Nachweis der materiellen Unrichtigkeit geführt werden. Diese Einschränkung ist notwendige Folge des Befunds, dass ein Zeitreihenvergleich auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen Buchführung stets zu einem rechnerischen "Mehrergebnis" führen wird, ein solches rechnerisches Mehrergebnis allein also kein hinreichendes Indiz für eine unvollständige Erfassung von Einnahmen darstellen kann (dazu oben 2.b aa). Schon die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung ist von dem Grundsatz ausgegangen, dass die Richtigkeitsvermutung einer formell ordnungsmäßigen Buchführung nur entkräftet ist, wenn das FA nachweist, dass das Buchführungsergebnis sachlich schlechterdings nicht zutreffen kann; an die Methodik einer solchen Schätzung sind wesentlich strengere Anforderungen zu stellen als in Fällen, in denen wegen festgestellter Buchführungsmängel ohnehin eine Schätzung der Einnahmen durchgeführt werden muss (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719, unter 2. vor a).

63

bb) Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen --so ist der Streitfall nach den Feststellungen des FG gelagert--, ist das FA gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zwar dem Grunde nach zur Vornahme von Hinzuschätzungen berechtigt, weil die Richtigkeitsvermutung des § 158 AO nicht gilt. Allein die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs lassen aufgrund der dieser Verprobungsmethode innewohnenden methodenbedingten Unsicherheiten aber noch keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen und den Umfang auch materieller Unrichtigkeiten der Buchführung zu.

64

In diesen Fällen sind andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen oder in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigen (z.B. Vermögenszuwachs- oder Geldverkehrsrechnung, Aufschlagkalkulation) grundsätzlich vorrangig heranzuziehen. Nur wenn solche Schätzungsmethoden --etwa wegen fehlender Mitwirkung des Steuerpflichtigen oder eines zu hohen Grades an Komplexität seiner betrieblichen oder sonstigen finanziellen Verhältnisse-- nicht sinnvoll einsetzbar sind, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs einen Anhaltspunkt für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung bilden.

65

Diese Ergebnisse sind vom FA und FG aber --auch von Amts wegen-- stets auf ihre Plausibilität anhand der besonderen betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu überprüfen, soweit diese bekannt sind (ebenso Schuster in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 158 AO Rz 17). Bei verbleibenden Zweifeln können Sicherheitsabschläge in einem Umfang geboten sein, der über eine bloße Abrundung des "Mehrergebnisses" hinausgeht, das sich rechnerisch bei Anwendung des höchsten Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatzes darstellt.

66

cc) Steht hingegen bereits aus anderen Gründen fest, dass die Buchführung nicht nur formell, sondern auch materiell unrichtig ist (z.B. nicht gebuchte Wareneinkäufe, nachweislich unversteuerte Betriebseinnahmen, rechnerische Kassenfehlbeträge usw.), und übersteigt die nachgewiesene materielle Unrichtigkeit der Buchführung eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist.

67

c) Hinsichtlich seiner technischen Durchführung setzt der Zeitreihenvergleich als mathematisch-statistische Methode eine besonders sorgfältige Ermittlung der Tatsachengrundlagen (Ausgangsparameter) voraus, zumal schon nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für sie von Bedeutung sind. Jedenfalls die Übernahme der vorhandenen Buchhaltungsdaten durch den Prüfer muss frei von Fehlern sein. Zwar gehen auch bei dieser Schätzungsmethode Unsicherheiten, die auf unzureichenden Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen beruhen, zu dessen Lasten (allgemein hierzu BFH-Urteil in BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, unter 2.). Da solche Unsicherheiten aber aufgrund der dem Zeitreihenvergleich innewohnenden Hebelwirkung erheblich verstärkt auf das Schätzungsergebnis "durchschlagen", ist in derartigen Fällen auch dann, wenn die Unsicherheiten auf einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen beruhen, jedenfalls eine Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs vorzunehmen, die sich nicht allein auf einen summarischen Vergleich mit den amtlichen Richtsätzen beschränken darf.

68

Ferner wird das Zahlenwerk des Prüfers im Regelfall die Umschlaghäufigkeit der einzelnen Waren bzw. Warengruppen erkennen lassen müssen. Dies ist erforderlich, um eine hinreichend tragfähige Einschätzung zu gewinnen, ob die Grundvoraussetzung für die sinnvolle Durchführung eines Zeitreihenvergleichs --eine zu vernachlässigende bzw. zumindest hinreichend konstante Lagerhaltung-- erfüllt ist. Auch muss der vorhandene Warenbestand in sachgerechter Weise, die vor allem die Besonderheiten des geprüften Betriebs berücksichtigt, in die Betrachtung einbezogen werden.

69

Sollten die vorstehenden Anforderungen im Einzelfall nicht beachtet werden können, ist zumindest eine Vergleichsrechnung (Sensitivitätsanalyse) anzustellen. Diese muss verdeutlichen, welche Auswirkungen die nicht behebbaren Unsicherheiten bei einzelnen Parametern --vor allem solche Unsicherheiten, die darauf beruhen, dass der Zeitreihenvergleich auf einem Vergleich der wöchentlichen Wareneinsätze beruht, zu deren exakter Ermittlung der Steuerpflichtige aber von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist-- auf die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs haben können. Eine solche Sensitivitätsanalyse gehört dann, wenn sie durch vorhandene Unsicherheiten geboten ist, bereits zu den formellen Anforderungen, die an die technisch korrekte Durchführung des Zeitreihenvergleichs zu stellen sind. Sie ist daher vom FA von Amts wegen durchzuführen und vorzulegen, damit der Steuerpflichtige, sein Berater, das FG, aber auch das FA selbst den Umfang der im Einzelfall möglichen Fehlermarge einschätzen können. Allerdings ist das FA --in Abhängigkeit vom Gewicht der formellen und der schon ohne den Zeitreihenvergleich zutage tretenden materiellen Mängel der Buchführung des Steuerpflichtigen-- nicht gehalten, sein Schätzungsergebnis stets an der zugunsten des Steuerpflichtigen äußersten Grenze der Fehlermarge zu orientieren.

70

4. Im Streitfall hat das FG bei seiner Entscheidung nicht alle rechtlichen Anforderungen beachtet, die an die Anwendung und Durchführung eines Zeitreihenvergleichs zu stellen sind.

71

a) Das FG hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die (erneute) Eröffnung des Betriebs des Klägers im Jahr 2003 als Änderung in der Betriebsstruktur anzusehen ist, die wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringt (vgl. die Ausführungen oben 3.a).

72

aa) Insbesondere der Umstand, dass im Zeitpunkt der Betriebseröffnung ausweislich der vom Betriebsprüfer zugrunde gelegten Zahlen kein Warenbestand vorhanden war, hätte Anlass geben müssen, die Eignung des Zeitreihenvergleichs im konkreten Fall --zumindest aber die vom FA vorgenommene gleichmäßige Verteilung des Aufbaus des zum ersten folgenden Bilanzstichtag vorgefundenen Warenendbestands auf sämtliche Kalenderwochen zwischen der Betriebseröffnung und dem Jahresende-- einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Dass die Art und Weise der Verteilung des Warenbestandsaufbaus von erheblicher Bedeutung für das Ergebnis des Zeitreihenvergleichs ist, folgt schon aus dem Umstand, dass der (geschätzte) Warenendbestand von 10.800 € sich auf immerhin 13 % des gesamten Wareneinsatzes von 84.858,93 € beläuft. Ein Unsicherheitsfaktor im Umfang von 13 % des Wareneinsatzes kann aufgrund der erheblichen Hebelwirkung dieses Berechnungsfaktors aber zu Schwankungsbreiten der einzelnen Wochenwerte führen, die die Verwertbarkeit der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs insgesamt in Frage stellen.

73

Zwar ist die unterbliebene Inventur als eine Verletzung von Mitwirkungspflichten anzusehen, aus der der Kläger grundsätzlich keine Vorteile ziehen darf. Hinsichtlich der Verteilung des Warenbestandsaufbaus auf die einzelnen Wochen des Jahres gibt es jedoch keine besonderen Aufzeichnungs- oder sonstige Mitwirkungspflichten. FA und FG sind daher auch im Falle des pflichtwidrigen Unterlassens einer Inventur gehalten, den in der Bilanz ausgewiesenen Warenendbestand im Rahmen der Durchführung eines Zeitreihenvergleichs nach sachgerechten Kriterien auf die einzelnen Wochen des Jahres zu verteilen.

74

bb) Bei Betrachtung des --vom FG festgestellten und daher für den erkennenden Senat revisionsrechtlich in vollem Umfang verwertbaren-- Zahlenwerks des vom FA durchgeführten Zeitreihenvergleichs springt ins Auge, dass die vom Betriebsprüfer ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze für die ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung sehr niedrig sind. Dies deutet darauf hin, dass bereits in diesen Wochen ein erheblicher Teil des Warenbestands aufgebaut wurde. Eine solche Annahme erscheint auch in tatsächlicher Hinsicht als durchaus plausibel, zumal die vom FA und FG zugrunde gelegte abweichende Auffassung, der Warenbestand sei während des Jahres gleichmäßig bis zum Erreichen des in der Bilanz ausgewiesenen Endbestands angewachsen, für die ersten Wochen nach Betriebseröffnung zu Ergebnissen führen würde, die nicht realitätsgerecht erscheinen. So hätte der Kläger z.B. in der ersten Woche nach der Betriebseröffnung mit einem Warenbestand im Wert von lediglich 245 € wirtschaften und auskommen müssen, was --insbesondere angesichts der von der Kundschaft eines Gastronomiebetriebs dieser Art erwarteten Auswahl zwischen verschiedenen Alkoholika-- auszuschließen sein dürfte. Wird aber ein größerer Teil des Warenbestandsaufbaus als bisher den ersten Wochen nach der Betriebseröffnung zugeordnet, würden die --sehr niedrigen-- vom Prüfer für diesen Zeitraum errechneten Rohgewinnaufschlagsätze steigen. Korrespondierend dazu würden sich die Rohgewinnaufschlagsätze sämtlicher Folgewochen --darunter auch die Werte in den vom FA herangezogenen Kalenderwochen 28 bis 37-- entsprechend mindern, was einen unmittelbaren und erheblichen Einfluss auf das Schätzungsergebnis hätte.

75

cc) Werden nun beispielsweise 70 % des gesamten Warenbestandsaufbaus den ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung zugeordnet und die verbleibenden 30 % des Bestandsaufbaus gleichmäßig auf die restlichen Wochen des Jahres 2003 verteilt --was zwar ebenfalls eine Sachverhaltsunterstellung und damit eine Schätzung darstellt, die aber deutlich realitätsnäher sein dürfte als die vom FA und FG vorgenommene Verteilung--, ergibt sich die folgende Neuberechnung:

76

(1) Der Betriebsprüfer hat für die ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung (Kalenderwochen 10 bis 19/2003) einen Wareneinsatz von 19.536,01 € zugrunde gelegt. Im Wege des Vergleichs mit den in diesen Wochen erzielten Einnahmen (45.019,02 €) hat er einen Zehn-Wochen-Durchschnitts-Rohgewinnaufschlagsatz von 130,44 % ermittelt (45.019,02 € ÷ 19.536,01 € ./. 100 %). Bei Ermittlung des genannten Wareneinsatzes hat der Prüfer einen Warenbestandsaufbau im Umfang von 10 x 245,45 € (insgesamt 2.454,50 €) mindernd berücksichtigt. Ohne Minderung um den verteilten Warenendbestand hätte sich der Wareneinsatz der Kalenderwochen 10 bis 19/2003 daher auf 21.990,51 € belaufen.

77

(2) Für den Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz (Kalenderwochen 28 bis 37/2003) hat der Prüfer einen Wareneinsatz von 14.030,65 € sowie Einnahmen von 50.990,05 € ermittelt. Daraus ergab sich der für das Gesamtjahr zugrunde gelegte höchste Rohgewinnaufschlagsatz von 263,42 %. Ohne Minderung um den gleichmäßig auf alle Wochen des Jahres verteilten Warenendbestand (2.454,50 €) hätte der Wareneinsatz sich auf 16.485,15 € belaufen.

78

(3) Werden nun 70 % des gesamten Warenbestandsaufbaus des Jahres auf die ersten zehn Kalenderwochen verteilt, ist insoweit ein Betrag von 7.560 € zu berücksichtigen (70 % von 10.800 €). Der Wareneinsatz dieser Periode würde sich auf 14.430,51 € belaufen (21.990,51 € unbereinigter Wareneinsatz ./. 7.560 € Warenbestandsaufbau). Angesichts der aufgezeichneten Einnahmen von 45.019,02 € ergibt sich ein Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatz von 211,97 %. Dieser Wert erscheint erheblich plausibler als der vom Prüfer ermittelte --im Jahresvergleich äußerst geringe-- Wert von 130,44 %, für den weder das FA noch das FG eine Erklärung angeführt haben.

79

(4) Die verbleibenden 30 % (3.240 €) des Warenbestandsaufbaus sind nun auf die Kalenderwochen 20 bis 53/2003 zu verteilen (34 Wochen, d.h. 95,29 € pro Woche). Der Wareneinsatz für die Kalenderwochen 28 bis 37/2003 beläuft sich danach auf 15.532,25 € (16.485,15 € unbereinigter Wareneinsatz ./. 10 x 95,29 € Warenbestandsaufbau). Bei Einnahmen von 50.990,05 € ergibt sich ein Rohgewinnaufschlagsatz von 228,29 %. Dieser Wert stellt zwar immer noch den höchsten aller Zehn-Wochen-Perioden des Jahres 2003 dar, liegt aber deutlich unterhalb des vom FA und FG angenommenen Wertes von 263,42 %.

80

(5) Der Betrag des rechnerischen Brutto-"Mehrergebnisses" für das Jahr 2003 würde sich damit schon allein aufgrund dieser einzelnen Korrektur von 45.728,46 € auf 19.955,32 € --also um über 56 %-- mindern.

81

b) Das FG hat ferner offensichtliche Fehler im Zahlenwerk des Betriebsprüfers unbeanstandet gelassen, obwohl die Durchführung des Zeitreihenvergleichs zwingend eine fehlerfreie Übernahme der vorhandenen Buchhaltungsdaten erfordert (vgl. dazu oben 3.c).

82

aa) So hat der Prüfer in seiner zusammenfassenden Berechnung für das Jahr 2001 vom Kläger erklärte Einnahmen in Höhe von 657.095,38 DM angesetzt (dies entspricht den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werten ohne die Konten "Erlöse" und "Gutscheine" sowie ohne Sachentnahmen). Im Rahmen des Zeitreihenvergleichs hat er hingegen nur einen Gesamt-Einnahmenbetrag von 656.231,89 DM auf die einzelnen Kalenderwochen des Jahres 2001 verteilt. Bei korrekter Durchführung des Zeitreihenvergleichs müssen diese beiden Werte aber zwingend identisch sein.

83

Dieselbe Auffälligkeit ergibt sich für das Jahr 2003: Der Prüfer geht in der zusammenfassenden Berechnung von erklärten Erlösen in Höhe von 220.905,86 € aus (was mit den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werten --ohne Sachentnahmen-- übereinstimmt), setzt im Zeitreihenvergleich aber nur Erlöse von 220.447,93 € an.

84

Diese vom FA nicht erläuterten Differenzbeträge --die nicht mehr mit bloßen Rundungsdifferenzen zu erklären sind-- deuten darauf hin, dass dem Prüfer bei der Erfassung der vom Kläger erklärten Erlöse oder bei ihrer Verteilung auf die einzelnen Kalenderwochen Fehler unterlaufen sind. Diese Fehler sind aufklärungsbedürftig; der erkennende Senat ist mangels Vorlage des vollständigen Rechenwerks durch das FA aber nicht in der Lage, die Fehlerursache selbst näher zu ergründen. Zwar sind die Differenzbeträge nicht allzu hoch. Sollten sie aber gerade die Zehn-Wochen-Zeiträume mit den jeweils höchsten Rohgewinnaufschlagsätzen der beiden Streitjahre betreffen, könnten sie aufgrund der dem Zeitreihenvergleich innewohnenden rechnerischen Hebelwirkung gleichwohl erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Schätzung haben.

85

bb) Für das Jahr 2001 geht der Prüfer im Rahmen seines Zeitreihenvergleichs von einem Wareneinkauf (vor Korrektur um den Eigen- und Personalverbrauch) von 225.525,55 DM aus. In der Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers ist hierfür allerdings ein Betrag von 227.614,05 DM ausgewiesen. Wäre dieser höhere Betrag im Rahmen des Zeitreihenvergleichs angesetzt worden, hätte sich zugunsten der Kläger ein geringerer Rohgewinnaufschlagsatz ergeben.

86

Gleiches gilt für das Jahr 2003: Der Prüfer hat einen Wareneinkauf von 94.347,15 € angesetzt, während sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung (ohne Bestandsveränderung) ein Wert von 95.658,93 € ergibt.

87

cc) Für das Jahr 2001 ist die Vorgehensweise des Prüfers zudem insoweit inkonsequent, als er zwar in seiner zusammenfassenden Berechnung die zwischen dem Jahresanfang und dem Jahresende eingetretene Veränderung des Warenbestands berücksichtigt hat, nicht aber im wochenweisen Zahlenwerk des Zeitreihenvergleichs.

88

Zwar ist die betragsmäßige Auswirkung dieses Fehlers angesichts der nur geringen im Laufe des Jahres 2001 eingetretenen Bestandsveränderung nicht allzu bedeutsam. Die in mehrfacher Hinsicht erkennbar fehlende innere Konsistenz des Zahlenwerks des Prüfers hätte dem FG aber Anlass geben müssen, dieses insgesamt genauer zu überprüfen.

89

c) Ferner hat das FG die Berücksichtigung der vorgelegten Geldverkehrsrechnungen im Wesentlichen mit der Erwägung abgelehnt, ihnen lägen die sich aus der Buchführung ergebenden Betriebseinnahmen zugrunde, die aber wegen der fehlenden Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht angesetzt werden dürften.

90

Diese Argumentation ist nicht frei von Denkfehlern. Wäre sie richtig, dann verbliebe für die --von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte-- Methode der Geldverkehrsrechnung praktisch kein Anwendungsbereich mehr, da diese typischerweise gerade dann zum Einsatz kommt, wenn zumindest ein Anfangsverdacht der unvollständigen Erklärung der Erlöse besteht. Die Geldverkehrsrechnung dient in solchen Fällen gerade dem Nachweis, dass der im Prüfungszeitraum zu beobachtende Geldverkehr mit den erklärten (geringen) betrieblichen Erlösen nicht in Einklang zu bringen ist.

91

Wenn das FG aufgrund des Zeitreihenvergleichs davon überzeugt war, dass der Kläger tatsächlich höhere Betriebseinnahmen erzielt hatte als er in den Steuererklärungen und den von ihm vorgelegten Geldverkehrsrechnungen angegeben hatte, wären diese höheren Einnahmen --zur Vermeidung von Widersprüchen bei der Anwendung verschiedener Schätzungsmethoden-- auch in den Geldverkehrsrechnungen anzusetzen gewesen. Damit wären die frei verfügbaren Beträge aber noch deutlich höher ausgefallen als bereits in den von den Klägern vorgelegten Geldverkehrsrechnungen, was sich bei Zugrundelegung dieser Schätzungsmethode zugunsten der Kläger ausgewirkt hätte. Der Umstand, dass das FG vom Vorhandensein zusätzlicher Betriebseinnahmen überzeugt war, reicht daher allein noch nicht zur vollständigen Verwerfung der Geldverkehrsrechnung aus. Vielmehr hätte dieser Umstand es nahegelegt, die vorhandenen Geldverkehrsrechnungen anhand der eigenen Erkenntnisse des FG zur Höhe der Einnahmen des Klägers zu überarbeiten.

92

Hinzu kommt, dass in der Konstellation des Streitfalls --formelle Ordnungsmängel von einigem Gewicht, aber kein anderweitiger Nachweis konkreter materieller Mängel der Einnahmenerfassung-- Schätzungsmethoden wie die Geldverkehrsrechnung grundsätzlich vorrangig vor einem Zeitreihenvergleich heranzuziehen sind (dazu ausführlich oben 3.b bb). Dies gilt im Streitfall umso mehr, als sowohl die Kläger als auch das FA jeweils Geldverkehrsrechnungen samt dazugehöriger Unterlagen vorgelegt haben, die dem FG möglicherweise als Ausgangspunkt und Erkenntnismaterial für eine eigene Schätzung hätten dienen können.

93

5. Für das weitere Verfahren weist der Senat --ohne die Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO-- auf die folgenden Punkte hin:

94

a) Es bietet sich an, ergänzende Feststellungen dazu zu treffen, ob der Betrieb des Klägers von seiner Struktur her für die Durchführung eines aussagekräftigen Zeitreihenvergleichs geeignet ist. Insoweit ist aus den vom FA vorgelegten Unterlagen bisher lediglich erkennbar, dass der wichtigste Teil des Wareneinkaufs --der Getränkebezug von der Brauerei, an die der Kläger vertraglich gebunden war-- wöchentlich vorgenommen wurde, was auf die erforderliche Geringfügigkeit bzw. Konstanz der Lagerhaltung bei dieser Warengruppe hindeutet. Zum Einkaufsverhalten des Klägers in Bezug auf die anderen Warengruppen hat das FA bisher jedoch keine brauchbaren Unterlagen vorgelegt (vgl. dazu auch oben 3.c); entsprechend hat das FG hierzu keine Feststellungen treffen können.

95

b) Das FG kann prüfen, ob im Streitfall eine Geldverkehrsrechnung durchführbar erscheint.

96

aa) Hierfür könnte sprechen, dass sowohl die Kläger für sämtliche Streitjahre (sie haben zur Untermauerung ihres Vorbringens zudem zahlreiche Unterlagen vorgelegt) als auch das FA (wohl beschränkt auf das damalige weitere Streitjahr 2002) Geldverkehrsrechnungen durchgeführt und dem FG vorgelegt haben. Dies könnte darauf hindeuten, dass beide Beteiligten grundsätzlich von der Eignung dieser Verprobungs- und Schätzungsmethode für die sachgerechte Beurteilung des Streitfalls ausgehen.

97

bb) Dreh- und Angelpunkt einer Geldverkehrsrechnung wird die Finanzierung der im Jahr 2001 für 365.000 DM (zuzüglich der üblichen Nebenkosten) erworbenen selbstgenutzten Immobilie der Kläger sein. Die Kläger haben hierzu im Laufe des Verfahrens die folgenden Finanzierungselemente nachgewiesen:

-       

Bankdarlehen: 140.000 DM

-       

Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag: 79.794 DM

-       

Banküberweisung der im Ausland lebenden Schwester des Klägers (Gleichstellungsgeld im Rahmen einer Vermögensübertragung von der Mutter an die Schwester des Klägers): 90.813,26 DM

98

Damit ist ein Betrag von gut 310.000 DM abgedeckt. Zur Herkunft des Differenzbetrags haben die Kläger bisher keine Unterlagen vorgelegt, sondern sich auf die "Lebensversicherung" berufen. Diese ist aber bereits in der obigen Finanzierungsrechnung enthalten und kann daher nicht nochmals angesetzt werden. Dass es sich um eine Auszahlung aus einem weiteren, bisher nicht bekannten Lebensversicherungsvertrag handeln könnte, haben die Kläger weder selbst vorgetragen noch nachgewiesen.

99

Die Kläger haben nachgewiesen, dass der Betrag von 90.813,26 DM vom Bankkonto der im Ausland lebenden Schwester des Klägers überwiesen wurde. Das FG scheint indes weiterhin daran zu zweifeln, dass es sich tatsächlich um einen Mittelzufluss "von außen" handelt. In einem solchen Fall muss es den Steuerpflichtigen, der einen solchen Mittelzufluss durch Vorlage von Bankbelegen nachgewiesen hat, vor einer ihm nachteiligen Entscheidung, die auf die verbleibenden Zweifel des FG gestützt wird, allerdings konkret auffordern, weitergehend auch z.B. nachzuweisen, wie derjenige, der dem Steuerpflichtigen den Geldbetrag überwiesen hat, zu diesen Mitteln gekommen ist (vgl. zu ähnlichen Sachverhalten Senatsbeschluss vom 12. Juni 2013 X B 191/12, BFH/NV 2013, 1622, Rz 16, m.w.N.). Eine solche Aufforderung ist bisher nicht ausdrücklich ergangen. Da der Mittelzufluss nach dem Vorbringen der Kläger im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung von der Mutter auf die Schwester des Klägers gestanden haben soll und bei Grundstücksübertragungen erfahrungsgemäß auch nach längerer Zeit noch Unterlagen aufbewahrt werden, erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass die Kläger auf eine im zweiten Rechtsgang noch konkret zu stellende Anfrage des FG Unterlagen aus dem Privatbereich der ausländischen Verwandten des Klägers werden vorlegen können, sofern das FG seine diesbezüglichen Zweifel aufrecht erhalten sollte.

100

cc) Da die Kläger sich und ihre Familie --wie die von ihnen aufgezeichneten Sachentnahmen zeigen-- in erheblichem Umfang aus der Gastwirtschaft des Klägers verpflegen, wären die von der Finanzverwaltung üblicherweise herangezogenen Beträge aus den Tabellen für die Lebenshaltungskosten durchschnittlicher Haushalte um diejenigen Positionen zu mindern, die im Fall der Kläger bereits durch Sachentnahmen abgedeckt sind.

101

dd) Sollte die Durchführung einer Geldverkehrsrechnung im Streitfall zum jetzigen Zeitpunkt an ihre Grenzen stoßen, weil die Vorgänge zu lange zurückliegen --die Kläger haben bereits im Jahr 2001 erhebliche Mittel für den Erwerb der von ihnen selbstgenutzten Wohnung verwendet; die Unterlagen, mit denen die Kläger das Vorhandensein von Eigenmitteln für den Immobilienerwerb zu belegen versucht haben, stammen sogar aus dem Jahr 2000--, hätte das FG zu erwägen, welche Folgen sich daraus ergäben. Nach den bereits dargelegten Grundsätzen (oben 3.b bb) könnte in einem solchen Fall die Heranziehung der Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs zulässig sein; von ihnen wären aber nennenswerte Abschläge vorzunehmen.

102

c) Während die allgemeinen methodischen Einwendungen der Kläger gegen den Zeitreihenvergleich im Ansatz berechtigt sind --und zu den vom Senat formulierten Anforderungen an die Wahl und die korrekte Durchführung dieser Verprobungs- und Schätzungsmethode geführt haben--, ist ihr Vorbringen zu den vermeintlichen Besonderheiten des konkreten Falles teils bereits rechtlich nicht erheblich und teils zu wenig substantiiert.

103

aa) Die Behauptung, der übliche Verderb eingekaufter Waren sei bisher nicht berücksichtigt worden, stellt schon im Ausgangspunkt keine geeignete Einwendung dar, weil auch verdorbene Ware im Wareneinkauf enthalten ist und --mangels Vornahme einer Korrektur-- in den Wareneinsatz eingeht. Dies gilt im Übrigen auch für die Ermittlung der amtlichen Richtsätze. Außerdem würde die Berücksichtigung des Warenverderbs zu deutlich höheren Rohgewinnaufschlagsätzen führen, weil der in der Buchhaltung ausgewiesene Wareneinkauf um den Wert der verdorbenen Waren zu mindern wäre und dadurch der Wareneinsatz sinken würde, was rechnerisch unmittelbar eine Erhöhung des Rohgewinnaufschlagsatzes bewirken würde.

104

bb) Die Kläger haben ihre Behauptung, in den letzten Wochen des Jahres 2003 sei ein besonders hoher Bierbestand aufgebaut worden, nicht anhand der --ihnen vorliegenden-- Buchhaltungszahlen zum Biereinkauf und den Biererlösen der letzten Wochen des Jahres substantiiert. Für das FG besteht daher derzeit kein Anlass, dieser Behauptung nachzugehen.

105

cc) Ferner haben die Kläger bisher nicht vermocht, konkrete Auswirkungen des X-Fests auf die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs darzulegen. Im Jahr 2001 lag das X-Fest nicht in dem vom FA herangezogenen Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz. Im Jahr 2003 lag es zwar in diesem Zehn-Wochen-Zeitraum; die entsprechende Woche weist auch die höchsten Erlöse des gesamten Jahres auf. Da das X-Fest aber weder am Anfang noch am Ende des Zehn-Wochen-Zeitraums lag, dürften sich wochenweise Verschiebungen zwischen dem besonderen Wareneinkauf für Zwecke des X-Fests und den zusätzlichen Erlösen ausgeglichen haben. Jedenfalls haben die Kläger über den bloßen Verweis auf das Stattfinden des X-Fests hinaus insoweit keine substantiierten Einwendungen gegen den Zeitreihenvergleich vorgebracht.

106

dd) Ebenso wenig substantiiert ist die Einwendung, im Streitjahr 2003 sei ein gerade kostendeckendes Mittagsgericht angeboten worden. Die Kläger haben weder eine Speisekarte vorgelegt, aus der sich ein besonders preiswertes Mittagsgericht ergäbe, noch haben sie dem FG eine Kalkulation zur Verfügung gestellt, die ihre Behauptung stützen würde, ein Gericht sei gerade kostendeckend gewesen. Ohnehin ist unklar, was die Kläger mit diesem Einwand bezwecken wollen, da der Zeitreihenvergleich --so er denn technisch korrekt durchgeführt wird-- hinsichtlich der Erlöse die eigenen Daten aus der Buchhaltung des Steuerpflichtigen zugrunde legt, sich also eine Betriebsführung mit tatsächlich sehr geringen Rohgewinnaufschlagsätzen auch in den Ergebnissen des Zeitreihenvergleichs widerspiegeln würde.

107

ee) Preisschwankungen beim Ein- und Verkauf sowie saisonale Schwankungen in der Zusammensetzung der Ein- und Verkäufe können zwar erhebliche verzerrende Wirkungen auf die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs haben. Über ihren --zutreffenden-- Hinweis auf derartige allgemeine Wirkmechanismen hinaus haben die Kläger aber nichts dazu vorgetragen, ob bzw. in welchem Umfang im konkreten Fall derartige Schwankungen eingetreten und daher zu berücksichtigen sind.

108

d) Hinsichtlich der Aussetzungszinsen, die das FG zusätzlich zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen hat, hat es im Tatbestand seiner Entscheidung ausgeführt, die Aussetzungszinsen seien für "Umsatzsteuernachzahlungen für 2001 und 2003" (d.h. die Streitjahre) entstanden. Nicht festgestellt ist, wann der Zinslauf begonnen hat. Nach Lage der Dinge dürfte der Zinslauf erst mit dem Einlegen eines Rechtsbehelfs --also nach Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide im Jahr 2008-- begonnen haben (vgl. § 237 Abs. 2 AO). Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang noch Feststellungen dazu treffen, ob es überhaupt denkbar ist, dass die Aussetzungszinsen wirtschaftlich bereits im Streitjahr 2003 verursacht sein können (zur wirtschaftlichen Verursachung von Steuerzinsen erst ab Beginn des Zinslaufs siehe auch BFH-Urteil vom 22. Dezember 2010 I R 110/09, BFHE 232, 415, BStBl II 2014, 119, Rz 29).

109

e) Sollte es im zweiten Rechtsgang zu einem (Teil-)Erfolg der Klage kommen, wäre die Gewerbesteuerrückstellung gegenläufig anzupassen. Dies hat das FG in seinem für das Streitjahr 2003 teilweise klagestattgebenden Urteil im ersten Rechtsgang übersehen.

110

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch für Personen, die nicht Unternehmer sind, in den Fällen des § 18k auch für den im Auftrag handelnden Vertreter und in den Fällen des § 21a für die gestellende Person. Ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Absatz 3 als gesondert geführter Betrieb zu behandeln, hat der Unternehmer Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen. In den Fällen des § 18 Absatz 4c und 4d sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage des Bundeszentralamtes für Steuern auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen des § 18 Absatz 4e sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der für das Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen der §§ 18i, 18j, 18k und 21a sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz oder Geschäftsvorgang bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für das besondere Besteuerungsverfahren oder für die Sonderregelung zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.

(2) Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:

1.
die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Dies gilt entsprechend für die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4, wenn Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b, sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a sowie des § 10 Abs. 5 ausgeführt werden. Aus den Aufzeichnungen muss außerdem hervorgehen, welche Umsätze der Unternehmer nach § 9 als steuerpflichtig behandelt. Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) treten an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 hat der Unternehmer, der die auf die Minderung des Entgelts entfallende Steuer an das Finanzamt entrichtet, den Betrag der Entgeltsminderung gesondert aufzuzeichnen;
2.
die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte und Teilentgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen.Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend;
3.
die Bemessungsgrundlage für Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und für sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1. Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend;
4.
die wegen unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 und wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 geschuldeten Steuerbeträge;
5.
die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte und Teilentgelte, soweit für diese Umsätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 die Steuer entsteht, sowie die auf die Entgelte und Teilentgelte entfallenden Steuerbeträge;
6.
die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden sind, sowie die dafür entstandene Einfuhrumsatzsteuer;
7.
die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
8.
in den Fällen des § 13b Absatz 1 bis 5 beim Leistungsempfänger die Angaben entsprechend den Nummern 1 und 2. Der Leistende hat die Angaben nach den Nummern 1 und 2 gesondert aufzuzeichnen;
9.
die Bemessungsgrundlage für Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge;
10.
in den Fällen des § 21a Namen und Anschriften der Versender und der Sendungsempfänger, die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die hierzu von den Versendern, Sendungsempfängern und Dritten erhaltenen Informationen, sowie die Sendungen, die im abgelaufenen Kalendermonat an die jeweiligen Sendungsempfänger ausgeliefert wurden, die je Sendung vereinnahmten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer, die Sendungen, die noch nicht ausgeliefert werden konnten und sich noch in der Verfügungsgewalt der gestellenden Person befinden, sowie die Sendungen, die wiederausgeführt oder unter zollamtlicher Überwachung zerstört oder anderweitig verwertet wurden.

(3) Die Aufzeichnungspflichten nach Absatz 2 Nr. 5 und 6 entfallen, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 und 3). Ist der Unternehmer nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Außerdem hat der Unternehmer in diesen Fällen die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze, die nach § 15 Abs. 2 und 3 den Vorsteuerabzug ausschließen, getrennt von den Bemessungsgrundlagen der übrigen Umsätze, ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe, aufzuzeichnen. Die Verpflichtung zur Trennung der Bemessungsgrundlagen nach Absatz 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) In den Fällen des § 15a hat der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist.

(4a) Gegenstände, die der Unternehmer zu seiner Verfügung vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringt, müssen aufgezeichnet werden, wenn

1.
an den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet Arbeiten ausgeführt werden,
2.
es sich um eine vorübergehende Verwendung handelt, mit den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet sonstige Leistungen ausgeführt werden und der Unternehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Zweigniederlassung hat oder
3.
es sich um eine vorübergehende Verwendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet handelt und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet vollständig steuerfrei wäre.

(4b) Gegenstände, die der Unternehmer von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Ausführung einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c erhält, müssen aufgezeichnet werden.

(4c) Der Lagerhalter, der ein Umsatzsteuerlager im Sinne des § 4 Nr. 4a betreibt, hat Bestandsaufzeichnungen über die eingelagerten Gegenstände und Aufzeichnungen über Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b Satz 1 zu führen. Bei der Auslagerung eines Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager muss der Lagerhalter Name, Anschrift und die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen.

(4d) Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer (§ 13c) hat

1.
der leistende Unternehmer den Namen und die Anschrift des Abtretungsempfängers sowie die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung aufzuzeichnen;
2.
der Abtretungsempfänger den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie die Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge aufzuzeichnen. Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.
Satz 1 gilt entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger.

(4e) Wer in den Fällen des § 13c Zahlungen nach § 48 der Abgabenordnung leistet, hat Aufzeichnungen über die entrichteten Beträge zu führen. Dabei sind auch Name, Anschrift und die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer aufzuzeichnen.

(4f) Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5;
2.
den Abgangsmitgliedstaat;
3.
den Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat;
5.
die von dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
6.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt;
7.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat;
8.
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Dritten als Lagerhalter;
9.
die Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände;
10.
den Tag der Lieferung im Sinne des § 6b Absatz 2;
11.
das Entgelt für die Lieferung nach Nummer 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
12.
die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nummer 10 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
13.
das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens im Sinne des § 6b Absatz 3;
14.
die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Absatz 4 Nummer 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung.

(4g) Der Unternehmer, an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

1.
die von dem Unternehmer im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
2.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände;
3.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat;
4.
das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;
5.
den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Sinne des § 6b Absatz 2 Nummer 2;
6.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 aus dem Lager entnommenen Gegenstände;
7.
die handelsübliche Bezeichnung der im Sinne des § 6b Absatz 6 Satz 4 zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde.
Wenn der Inhaber des Lagers, in das der Gegenstand im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 befördert oder versendet wird, nicht mit dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5 identisch ist, ist der Unternehmer von den Aufzeichnungen nach Satz 1 Nummer 3, 6 und 7 entbunden.

(5) Ein Unternehmer, der ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Steuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung

1.
nähere Bestimmungen darüber treffen, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind und in welchen Fällen Erleichterungen bei der Erfüllung dieser Pflichten gewährt werden können, sowie
2.
Unternehmer im Sinne des Absatzes 5 von der Führung des Steuerhefts befreien, sofern sich die Grundlagen der Besteuerung aus anderen Unterlagen ergeben, und diese Befreiung an Auflagen knüpfen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Dienstgebäude der Behörde X in Berlin eine Kantine. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes. Von den im Streitjahr 2001 ausgeführten Umsätzen bezeichnete er einen Anteil von 53,19 % als zum ermäßigten Steuersatz zu besteuernde "Außer-Haus-Verkäufe".

2

Im Jahr 2003 führte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Im Bericht vom 14. Oktober 2003 führte die Prüferin unter Tz. 5 zur steuerlichen Beurteilung der Buchführung aus:

3

"Die Prüfung ergab Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen.

4

Die Ergebnisse der Buchführung können unter Berücksichtigung der in den nachfolgenden Textziffern behandelten Änderungen der Besteuerung zugrunde gelegt werden."

5

Unter Tz. 6 werden als Mängel der Buchführung angeführt:

6

"In der jährlichen Bestandsaufnahme wurde nicht das Verpackungsmaterial (Pappteller, Pappschalen, Einschlagpapier usw.) erfasst.

7

Desweiteren wurden keine Speise- und Getränkekarten vorgelegt."

8

Weitere Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen, enthält der Bericht nicht. Unter Tz. 14 nahm die Prüferin "nach Zusammenstellung des betrieblichen Datenmaterials ... eine Umverteilung der 7%igen und der 16%igen USt-Erlöse für Speisen und Getränke" vor. Bei durchschnittlich 361 Gästen täglich an 260 Arbeitstagen und einem täglichen Durchschnittsverzehr von 5,11 DM, hätten --ausgehend von dem vom Kläger genannten Anteil der ermäßigt zu versteuernden Umsätze von 53,19 %-- 49 920 "Außer-Haus-Verkäufe" im Kalenderjahr stattfinden müssen. Das im Jahr 2001 eingekaufte Verpackungsmaterial habe aber weit unter dem gelegen, was für so viele Verkäufe benötigt worden wäre.

9

Das FA ging daraufhin in dem geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 5. Februar 2004 von einem Anteil von 27 % der "Außer-Haus-Verkäufe" aus. Der dagegen eingelegte Einspruch, in dem der Kläger u.a. vortrug, der erklärte Anteil der "Außer-Haus-Verkäufe" entspreche dem der Vorpächter der Kantine, hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2005 wird u.a. ausgeführt, die Übertragung der Kassenbons in das Kassenbuch sei "nicht identisch" erfolgt. Zum Beispiel seien am 2. und 3. Januar 2001 auf den Kassenbons sämtliche Umsätze als "Im-Haus" registriert worden, während im Kassenbuch eine Aufteilung in "Außer-Haus" und "Im-Haus"-Umsätze erfolgt sei. Am 30. Oktober 2001 seien nach der Registrierkasse Umsätze zu 7 % in Höhe von 373,70 DM und zu 16 % in Höhe von 1.908,70 DM getätigt worden. Im Kassenbuch seien vom Kläger für diesen Tag Umsätze zu 7 % in Höhe von 1.100 DM und zu 16 % in Höhe von 1.182,10 DM erklärt worden.

10

Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens trug das FA in der Klageerwiderung vom 11. August 2005 u.a. vor, derartige Abweichungen bei der Gegenüberstellung der Kassenbons mit den jeweiligen Eintragungen im Kassenbuch habe es an 25 Arbeitstagen gegeben. Weiter machte das FA geltend, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Bei einer täglichen Abgleichung des Soll-Ist-Kassenbestands wäre aufgefallen, dass die zu vergleichenden Kassenbestände voneinander abwichen.

11

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es ließ offen, ob die Buchführung des Klägers formell nicht ordnungsgemäß sei, weil er das Verpackungsmaterial nicht in den jährlichen Bestandsaufnahmen erfasst und die Speise- und Getränkekarten nicht aufbewahrt habe. Denn selbst eine formelle Ordnungswidrigkeit der Buchführung würde das FA noch nicht zur Durchführung einer Schätzung berechtigen. Eine solche erfordere stets Anzeichen für eine sachliche Fehlerhaftigkeit der Buchführung. Hierzu habe das FA aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Grundlagen der anhand des Verpackungsmaterials vorgenommenen Schätzung des FA seien nicht hinreichend substantiiert und vom Kläger in nachvollziehbarer Weise angegriffen worden.

12

Mit seiner Revision trägt das FA vor, die Vorentscheidung verstoße gegen die §§ 162 und 146 der Abgabenordnung (AO). Neben der fehlenden jährlichen Bestandsaufnahme des Verpackungsmaterials und der Nichtvorlage der Speise- und Getränkekarten habe das FA in der Einspruchsentscheidung und im Klageabweisungsantrag vom 11. August 2005 auf die nicht identische Übertragung von mehreren Kassenbons in das Kassenbuch und auf die nicht im zeitlichen Ablauf erfassten Barausgaben hingewiesen sowie auf die mangelnde Kassensturzfähigkeit. Dies begründe auch Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Das FG hätte unter Zugrundelegung des Akteninhalts die Missstände in der Buchführung feststellen und die Buchführung als weder formell noch sachlich ordnungsgemäß verwerfen müssen.

13

Außerdem habe das FG verkannt, dass die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr auf dem Gelände auf Grund des räumlichen Zusammenhangs eine Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darstelle, die als sonstige Dienstleistung nicht dem nur für bestimmte Lieferungen geltenden ermäßigten Steuersatz unterfallen könne.

14

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Der nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger verweist auf seine bereits früher gegenüber dem FA und dem FG abgegebenen Stellungnahmen.

Entscheidungsgründe

16

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat nicht beachtet, dass es sich von dem Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) bilden musste. Es hat ferner den Vortrag des FA nicht berücksichtigt, dass Barausgaben nicht im zeitlichen Ablauf erfasst und Kassenbons nicht identisch in das Kassenbuch übertragen worden seien und die Kassensturzfähigkeit nicht gewährleistet gewesen sei.

17

1. Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO).

18

a) Nach § 158 AO sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Eine formell ordnungsmäßige Buchführung hat die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719; BFH-Beschluss vom 13. Juli 2010 V B 121/09, BFH/NV 2010, 2015, unter 1.a).

19

Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BFHE 158, 301, BStBl II 1990, 109, unter 1., m.w.N.). Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung, zumal wenn der Steuerpflichtige nach der Art seines Unternehmens vorwiegend Bargeschäfte tätigt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12).

20

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Dabei ist u.a. ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

21

b) Ergibt die Würdigung des Sachverhalts, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, so kann das Ergebnis dieser Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFH 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 1.a).

22

c) Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend (vgl. z.B. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 158 AO, Rz 13). Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH-Urteile vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430; vom 26. Oktober 1994 X R 114/92, BFH/NV 1995, 373, und vom 7. Juni 2000 III R 82/97, BFH/NV 2000, 1462; BFH-Beschluss vom 9. Januar 2008 X B 144/07, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R645; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 23, m.w.N.). Ob ggf. nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 158 AO Rz 3).

23

d) Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die nötigen Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51).

24

e) Die Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 162 Rz 53; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 96, m.w.N.; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 162 Rz 167; wohl auch Söhn in HHSp, § 121 AO Rz 93, m.w.N.). Eine vom FA vorgenommene Schätzung wird vom FG in vollem Umfang überprüft und ggf. durch eine eigene Schätzung ersetzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 143/84, BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412, unter 2.).

25

2. Nach diesen Grundsätzen durfte es das FG nicht offenlassen, ob die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ganz oder teilweise aus den vom FA geltend gemachten Gründen zu verneinen ist.

26

a) Soweit das FA vorträgt, der Kläger habe entgegen der aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgenden Aufbewahrungspflicht keine Speise- und Getränkekarten aufbewahrt, ist allerdings zu beachten, dass der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO grundsätzlich durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht begrenzt wird.

27

aa) Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs. 1 AO ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

28

bb) Dies gilt auch für § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, wonach sonstige Unterlagen aufzubewahren sind, "soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind".

29

Zwar lässt der weite Wortlaut der Vorschrift die Deutung zu, dass nach ihr ohne Rücksicht auf eine Aufzeichnungpflicht sämtliche für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen aufzubewahren sind. Dementsprechend hat das FG München im Urteil vom 29. Oktober 2009  15 K 219/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 10) ohne nähere Begründung im dortigen Streitfall angenommen, durch die Nichtaufbewahrung von Speisekarten habe der Kläger gegen § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO verstoßen.

30

§ 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist aber unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

31

b) Zutreffend rügt das FA, dass das FG wesentlichen, bereits in der vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung und im Schriftsatz vom 11. August 2005 vorgetragenen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen und damit gegen seine Pflicht verstoßen habe, sein Urteil auf das Gesamtergebnis des Verfahrens zu stützen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

32

aa) Das FA hat in der Einspruchsentscheidung sowie in der Klageerwiderung auf die "nicht identische" Übertragung mehrerer Kassenbons in das Kassenbuch durch den Kläger und darauf hingewiesen, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Mit diesem für die Frage der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung maßgeblichen Vortrag hat sich das FG nicht erkennbar auseinandergesetzt, denn es hat sich in den Entscheidungsgründen weder mit der Verbuchung der Bareinnahmen noch mit der Führung des Kassenbuchs befasst.

33

bb) Zwar ist das FG nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2003 X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209; vom 1. April 2008 X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116, unter II.3., m.w.N.). Zumindest die wesentlichen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachen und Rechtsausführungen müssen jedoch in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 10a).

34

Zu diesen wesentlichen Umständen gehört im Streitfall insbesondere auch die Feststellung, ob der Kläger seiner Pflicht, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen und die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten, nachgekommen ist. Zumal wenn --wie hier-- vorwiegend Bargeschäfte getätigt worden sind, können Mängel in der Kassenbuchführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1990 X R 54/87, BFH/NV 1990, 683). Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, in dem die Aufzeichnungen zugleich dazu dienten, die Umsätze entsprechend § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nach unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen.

35

3. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang den Einwänden des FA gegen die Kassenaufzeichnungen des Klägers nachgehen und prüfen, inwieweit die Speise- und Getränkekarten zum Verständnis und zur Überprüfung der für die zutreffende Umsatzbesteuerung in § 22 UStG vorgeschriebenen Aufzeichnung zur Trennung der Umsätze nach Steuerarten im Einzelfall von Bedeutung sind.

36

a) Ob die danach ggf. festzustellenden Mängel der Buchführung und die fehlerhafte Nichtaufnahme des noch vorhandenen Verpackungsmaterials bei der jährlichen Bestandsaufnahme (§ 146 AO) zur Feststellung der formellen Ordnungswidrigkeit führen, ist in erster Linie eine Tatfrage und deshalb zunächst vom FG zu entscheiden, zumal bei der Beurteilung eines Buchführungsfehlers nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1462 unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 31. Juli 1969 IV R 57/67, BFHE 97, 246, BStBl II 1970, 125; vom 15. März 1972 I R 60/70, BFHE 105, 138, BStBl II 1972, 488, und vom 12. Dezember 1972 VIII R 112/69, BFHE 109, 167, BStBl II 1973, 555; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 13, m.w.N.).

37

b) Das FG muss sich vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung bilden. Dies ergibt sich aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, wonach das Gericht "nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung" entscheidet. Deshalb muss das FG den vom FA gegen die Richtigkeit der Buchführung des Klägers vorgebrachten Umständen nachgehen. Das FG wird ggf. von der ihm gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO zustehenden eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch zu machen haben (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412, unter 2.).

38

c) Das FG wird hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf die vom Kläger erbrachten Leistungen die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. März 2011 in den verbundenen Rechtssachen C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 --Bog u.a.-- (Deutsches Steuerrecht 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau 2011, 272) und die dazu ergangenen BFH-Urteile (vom 8. Juni 2011 XI R 33/08, BFH/NV 2011, 1927 und XI R 37/08, BFHE 234, 443, BFH/NV 2011, 1976, sowie vom 30. Juni 2011 V R 35/08, BFHE 234, 491, BFH/NV 2011, 1811 und V R 3/07, BFHE 234, 484, BFH/NV 2011, 2186) berücksichtigen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26. Juli 2012  4 K 2071/09 E,U aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den verbliebenen Streitjahren 2001 und 2003 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger betrieb von 1996 bis zum Frühjahr 2002 und erneut ab dem Frühjahr 2003 eine Schank- und Speisewirtschaft in Räumen, die er von einer Brauerei angemietet hatte. Die Klägerin war im Betrieb angestellt.

2

Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den größten Teil seiner Bareinnahmen rechnete er über eine elektronische Registrierkasse ab. Daneben führte er für die Thekeneinnahmen eine von der Registrierkasse getrennte Barkasse.

3

Im Rahmen einer Außenprüfung beanstandete der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und stützte sich hierbei auf die folgenden Punkte:

-       

Zwar ist für jeden Öffnungstag des Jahres 2001 ein Tagesendsummenbon vorhanden; die fortlaufende Nummerierung dieser Bons weist für die Zeit vom 1. Januar bis 16. März 2001 aber Unterbrechungen auf. Die Bons mit den dazwischenliegenden Nummern haben die Kläger nicht vorgelegt und hierzu vorgetragen, es handele sich um "Leerbons".

-       

Für das Jahr 2003 liegen zwar fortlaufend nummerierte Tagesendsummenbons vor. Allerdings ist auf diesen Bons kein Datum ausgedruckt.

-       

Die Kläger haben weder Programmierprotokolle der Registrierkasse noch die Speisekarte für das Jahr 2001 vorgelegt.

-       

Ausweislich der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) --im Betriebsprüfungsbericht ist dieser Umstand hingegen nicht erwähnt-- wurden für die Thekenkasse keine Kassenberichte erstellt, in denen die sich anhand der Aufzeichnungen ergebenden Soll-Kassenbestände mit den durch Auszählen ermittelten Ist-Beständen abzugleichen gewesen wären. Vielmehr wurden die täglichen Bestände dieser Kasse lediglich rechnerisch durch Gegenüberstellung der aufgezeichneten Einnahmen und Ausgaben ermittelt.

-       

Der Kläger hat die Warenendbestände zum Ende der Streitjahre nicht durch Inventuren, sondern im Wege der Schätzung ermittelt.

-       

Für das Jahr 2003 hat der Prüfer vier Bareinlagen in Höhe von insgesamt 4.164,78 € als ungeklärt angesehen. Hierzu hat das FG allerdings keine Feststellungen getroffen.

4

Der Prüfer erhöhte die vom Kläger erklärten Erlöse um Hinzuschätzungen, für deren Höhe er sich auf einen sog. "Zeitreihenvergleich" stützte. Dabei ging er wie folgt vor:

-       

Aus den Eingangsrechnungen des Klägers ermittelte der Prüfer den Wareneinkauf für jede Kalenderwoche des Prüfungszeitraums. Nach dem --von den Klägern teilweise bestrittenen-- Vortrag des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) habe der Prüfer hierbei das Lieferdatum zugrunde gelegt, sofern ein solches in den Eingangsrechnungen angegeben gewesen sei. Ansonsten habe er das Rechnungsdatum herangezogen. Sofern der Kläger beim jeweiligen Lieferanten weniger als einmal wöchentlich eingekauft habe, habe der Prüfer den Wert des Einkaufs gleichmäßig auf den Zeitraum zwischen den aufeinanderfolgenden Einkäufen verteilt.

-       

Den Wareneinkauf minderte der Prüfer um die sich aus der Buchführung des Klägers --auf der Grundlage der von der Finanzverwaltung hierfür veröffentlichten Pauschbeträge-- ergebenden Werte für Sachentnahmen der Familie der Kläger und für die Beköstigung des Personals. Diese Beträge verteilte er gleichmäßig auf die Kalenderwochen eines Jahres.

-       

Für das Jahr 2003 minderte der Prüfer den Wareneinkauf ferner um den vom Kläger geschätzten Warenendbestand zum 31. Dezember 2003 (10.800 €), der ebenfalls gleichmäßig auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt wurde.

-       

Den sich danach ergebenden wöchentlichen Wareneinsatz verglich der Prüfer mit den vom Kläger für die jeweilige Kalenderwoche erklärten Einnahmen. Aus diesem Vergleich ergab sich für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz.

-       

Anschließend ermittelte der Prüfer für jede Kalenderwoche den Durchschnittswert aus den Rohgewinnaufschlagsätzen dieser Woche und der neun vorangehenden Wochen.

-       

Seiner Schätzung legte der Prüfer den höchsten Zehn-Wochen-Durchschnittswert zugrunde, der sich im jeweiligen Kalenderjahr ergab. Dies waren für das Jahr 2001 die Kalenderwochen 23 bis 32 mit einem Rohgewinnaufschlagsatz (hier: Vergleich der Brutto-Einnahmen mit dem Netto-Wareneinsatz) von 241,54 %, für das Jahr 2003 die Kalenderwochen 28 bis 37 mit einem Brutto/Netto-Rohgewinnaufschlagsatz von 263,42 %.

-       

Diese Rohgewinnaufschlagsätze wendete der Prüfer für das gesamte jeweilige Kalenderjahr auf den tatsächlich vom Kläger erklärten Wareneinsatz an.

5

Auf dieser Grundlage ermittelte der Prüfer die folgenden Hinzuschätzungsbeträge:

Jahr   

2001   

2003   

Wareneinsatz netto

200.244,83 DM

73.368,42 €

höchster RAS brutto/netto

241,54 % 

263,42 %

zum Vergleich: RAS lt. Kläger

228,15 % 

201,09 %

Erlöse brutto lt. Prüfer

683.908,83 DM

266.634,31 €

Erlöse brutto lt. Kläger

657.095,38 DM

220.905,86 €

Mehrerlöse brutto lt. Prüfer

26.813,44 DM

45.728,46 €

Mehrerlöse netto lt. Prüfer

23.115,03 DM

39.421,08 €

Hinzuschätzung netto lt. Prüfer (nach Abrundung auf den nächsten durch 5.000 teilbaren Betrag)

20.000,00 DM

35.000,00 €

6

Für das --im Revisionsverfahren nicht mehr streitbefangene-- Jahr 2002 nahm der Prüfer wegen aus seiner Sicht ungeklärt gebliebener Vermögenszuwächse eine Hinzuschätzung von 40.000 € netto vor.

7

Das FA erließ entsprechend geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Im Einspruchsverfahren legten die Kläger Geldverkehrsrechnungen für die Jahre 2001 und 2002 samt Unterlagen zu ihren außerbetrieblichen Einnahmen sowie zu Vermögensumschichtungen vor. Für das Jahr 2003 beantragten sie, weitere Schuldzinsen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Gegen den Zeitreihenvergleich wandten sie sich mit dem folgenden Vorbringen:

-       

Für die Durchführung des Zeitreihenvergleichs sei die exakte Zuordnung des wöchentlichen Wareneinsatzes zu den Erlösen der jeweiligen Woche von herausragender Bedeutung. Der Schluss vom Wareneinkauf --nur insoweit bestehe eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht-- auf den wöchentlichen Wareneinsatz sei aber wegen des Fehlens einer Verpflichtung zu wöchentlichen Inventuren mit großen Unsicherheiten belastet. Zwar werde durch die Bildung eines Durchschnittswerts über einen Zehn-Wochen-Zeitraum eine gewisse Nivellierung vorgenommen; zufällige Verschiebungen am Anfang oder Ende eines solchen Zehn-Wochen-Zeitraums könnten aber immer noch erhebliche rechnerische Auswirkungen auf den sich ergebenden Rohgewinnaufschlagsatz haben.

-       

Bereits die betriebs- und saisonüblichen Schwankungen in der Lagerhaltung sowie hinsichtlich der Ein- und Verkaufspreise und der Verteilung zwischen den Warenarten würden aufgrund der Systematik des Zeitreihenvergleichs zwingend zu rechnerischen Mehrergebnissen führen.

-       

Es entspreche nicht dem tatsächlichen Ablauf, den Aufbau des zum 31. Dezember 2003 vorhandenen Warenendbestands gleichmäßig auf alle Kalenderwochen des Jahres 2003 zu verteilen.

-       

Am letzten Augustwochenende (34. Kalenderwoche 2001 bzw. 35. Kalenderwoche 2003) finde jeweils das X-Fest statt, das zwar zu erheblich überdurchschnittlichen Wochenumsätzen, nicht aber zu einem entsprechenden Anstieg des Wareneinkaufs in derselben Kalenderwoche führe.

-       

Im Jahr 2003 sei ein gerade kostendeckender Mittagstisch angeboten worden.

-       

Der Warenverderb sei unberücksichtigt geblieben.

8

In seinen Einspruchsentscheidungen setzte das FA die Hinzuschätzung für 2002 auf 15.000 € herab und wies die Einsprüche im Übrigen zurück. Im Klageverfahren legten die Kläger auch für 2003 eine Geldverkehrsrechnung vor und erklärten aus vorhandenen Geldanlagen Zinseinnahmen für 2001 nach, die allerdings unterhalb der damals geltenden Freibeträge lagen.

9

Das FG gab der Klage für 2002 in vollem Umfang statt und berücksichtigte für 2003 zusätzliche Schuldzinsen in Höhe von 3.764 € als Betriebsausgaben. Im Übrigen wies es die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1982). Zur Begründung des klageabweisenden Teils seiner Entscheidung führte es aus, die Buchführung des Klägers sei in den Jahren 2001 und 2003 formell nicht ordnungsgemäß gewesen. Diese formellen Mängel seien wegen der entscheidenden Bedeutung der Bareinnahmen für den Betrieb des Klägers auch Anlass, die sachliche Richtigkeit der Buchführung anzuzweifeln, da es wegen der nur rechnerischen Führung der Kasse (gemeint wohl: Thekenkasse) an der Kassensturzfähigkeit fehle.

10

Der Zeitreihenvergleich stelle im Streitfall eine geeignete Schätzungsmethode dar. Die Wahl der Schätzungsmethode stehe im Ermessen des FA bzw. des FG; Unschärfen gingen zu Lasten des Steuerpflichtigen. Die von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte Methode des Zeitreihenvergleichs basiere darauf, dass es in der Praxis kaum möglich sei, über kurze Zeiträume genau denjenigen Wareneinkauf zu verschweigen, mit dem nicht verbuchte Erlöse erzielt würden. Im Betrieb des Klägers habe es in den Streitjahren keine wesentlichen Änderungen in der Betriebsführung oder -struktur gegeben, die einem Zeitreihenvergleich entgegenstehen könnten. Saisonale oder jahreszeitliche Schwankungen des Geschäfts seien nicht erkennbar, weil die wochenweise ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze nicht in Abhängigkeit von der Jahreszeit, sondern auch innerhalb einer Jahreszeit unterschiedlich seien. Das X-Fest könne sich nicht ausgewirkt haben, da es nur im Jahr 2003, nicht aber im Jahr 2001 in den vom FA herangezogenen Zehn-Wochen-Zeitraum falle, und auch für das Jahr 2003 der höchste Rohgewinnaufschlagsatz des Zehn-Wochen-Zeitraums gerade nicht in die Woche des X-Fests falle. Der Warenendbestand 2003 sei zu Recht auf das gesamte Jahr verteilt worden, da davon auszugehen sei, dass er während des gesamten Jahres aufgebaut worden sei. Für die Kläger sei dies günstiger als eine Berücksichtigung in einem kurzen Zeitraum, die dann in diesem Zeitraum zu überproportional hohen rechnerischen Wareneinsätzen führen würde. Die vom FA vorgenommene Abrundung gleiche weitere Unschärfen der Schätzung aus. Das Schätzungsergebnis bewege sich im mittleren Bereich der Richtsätze für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften (Netto/Netto-Mittelwert: 213 % bei einer Spanne von 150 bis 317 % für 2001 bzw. 144 bis 317 % für 2003).

11

Die von den Klägern eingereichten Geldverkehrsrechnungen seien als Schätzungsgrundlage nicht geeignet. Ihnen seien die sich aus der Buchführung ergebenden Betriebseinnahmen zugrunde gelegt worden, obwohl die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Für 2001 komme hinzu, dass die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag doppelt angesetzt und die Herkunft der aus dem Ausland stammenden Mittel nicht nachgewiesen worden sei. Ohnehin bestehe kein Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode.

12

Für das Jahr 2002 sei die Klage hingegen begründet. Dem FA stehe insoweit keine Schätzungsbefugnis zu, weil die Buchführung des Klägers keine Mängel aufgewiesen habe. Es seien auch keine ungeklärten Vermögenszuwächse zu verzeichnen, weil die vom FA vorgenommene Geldverkehrsrechnung methodische Mängel aufweise.

13

Mit ihrer Revision wiederholen und vertiefen die Kläger ihre Einwendungen gegen den vom FA durchgeführten Zeitreihenvergleich. Ergänzend führen sie die folgenden Gesichtspunkte an:

-       

Selbst wenn man davon ausgehe, dass die wochenweisen Schwankungen im Einkauf frischer Lebensmittel sich über einen Zehn-Wochen-Zeitraum ausgleichen würden, gelte dies nicht hinsichtlich alkoholischer Getränke, die auf Vorrat gekauft würden.

-       

Dem von einem Zeitreihenvergleich betroffenen Steuerpflichtigen erschließe sich weder der Ablauf noch das Ergebnis dieser Schätzungsmethode. Dies kollidiere sowohl mit dem für Verwaltungsakte geltenden Begründungserfordernis (§ 121 der Abgabenordnung --AO--) als auch mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes --GG--). Es sei dem Steuerpflichtigen nicht möglich, auf die methodischen Mängel des Zeitreihenvergleichs zu reagieren, weil hierfür im Betrieb keine Daten erhoben würden und auch nicht erhoben werden müssten.

-       

Die Anwendung des höchsten sich im jeweiligen Kalenderjahr ergebenden Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatzes widerspreche den Denkgesetzen. Zwar könnten Unterschiede zwischen den wöchentlichen Aufschlagsätzen auf Manipulationen hindeuten; sie könnten aber ebenso auf den methodischen Mängeln des Zeitreihenvergleichs --insbesondere auf betriebsüblichen Schwankungen-- beruhen.

-       

Der Biereinkauf sei gerade in den Wochen ab Ende November 2003 sehr hoch gewesen, so dass ein überproportionaler Teil des Warenendbestands in dieser Zeit aufgebaut worden sei.

-       

Während der Außenprüfung sei beim Kläger nicht der geringste Anhaltspunkt für Schwarzeinkäufe gefunden worden.

14

Die Kläger haben im Revisionsverfahren ausdrücklich zugestanden, dass ihre Buchführung formell nicht ordnungsgemäß war.

15

Nach Ergehen des angefochtenen Urteils hat das FA am 20. Dezember 2012 und am 4. Februar 2013 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2001 erlassen. Der Streitstoff des vorliegenden Verfahrens wird dadurch nicht berührt, weil die Besteuerungsgrundlagen im Bescheid vom 4. Februar 2013 denen entsprechen, die bereits in dem von den Klägern ursprünglich angefochtenen Änderungsbescheid angesetzt worden sind.

16

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist, und den Einkommensteuerbescheid 2003 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2001 und 2003, jeweils vom 17. März 2008 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 15. Mai 2009, sowie den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 4. Februar 2013 dahingehend zu ändern, dass die Hinzuschätzungen zu den Betriebseinnahmen bzw. umsatzsteuerpflichtigen Entgelten in Höhe von 20.000 DM (2001) bzw. 35.000 € (2003) --hinsichtlich der Einkommensteuer unter gegenläufiger Kürzung der Gewerbesteuer-Rückstellung-- rückgängig gemacht werden.

17

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

18

Es trägt vor, die Methode des Zeitreihenvergleichs sei nicht neu, sondern werde von Wirtschaftsprüfern seit Jahrzehnten zur betriebswirtschaftlichen Analyse eingesetzt. Für die Außenprüfung habe sie in den letzten Jahren durch das Datenzugriffsrecht und spezielle Software, die für die Finanzverwaltung entwickelt worden sei, an Bedeutung gewonnen. Sie beruhe darauf, dass sich selbst bei einem Verschweigen sowohl von Wareneinkäufen als auch von Erlösen im Wochenvergleich Auffälligkeiten ergeben würden. Die Methode werde vorzugsweise in Branchen mit eher geringer Lagerhaltung angewendet, bei denen sich die Umsätze relativ gleichmäßig auf das Jahr verteilten (z.B. Gastronomie). Ihr liege die Annahme zugrunde, dass es nicht sinnvoll wäre, bei jederzeit verfügbaren und leicht verderblichen Waren eine nennenswerte Lagerhaltung zu betreiben. Wenn diese Methode zum Ausweis größerer Unterschiede zwischen den wöchentlichen Rohgewinnaufschlagsätzen führe und sich derartige Unterschiede auch nach Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse nicht mit den Besonderheiten des jeweiligen Betriebs erklären ließen, werde vermutet, dass Verkäufe und/oder Einkäufe nicht zutreffend in der Buchführung erfasst worden seien. Weil der Zeitreihenvergleich auf betrieblichen Daten beruhe, sei er einer Richtsatzschätzung grundsätzlich überlegen. Er lasse kaum Raum für Zweifel an der unzutreffenden Verbuchung der Erlöse. Grundlage der Hinzuschätzungen seien aber auch in diesem Fall nicht Schwarzeinkäufe, sondern die fehlende Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.

19

Die Kläger hätten sich auf die Aufzählung möglicher Unsicherheiten dieser Schätzungsmethode beschränkt, aber nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen der bei ihnen konkret durchgeführte Zeitreihenvergleich zu falschen Ergebnissen geführt habe. Die Schätzung sei hinreichend begründet worden; alle Berechnungen seien den Klägern zur Verfügung gestellt worden. Die Verteilung des Warenendbestands sei Gegenstand mehrerer Besprechungen gewesen. Da es sich um betriebliche Daten handele, sei es an den Klägern, etwaige Einwendungen zu substantiieren.

Entscheidungsgründe

20

II.Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

21

Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass wegen vorhandener Mängel in der Buchführung des Klägers dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis besteht (dazu unten 1.). Der Zeitreihenvergleich weist allerdings im Vergleich zu anderen Verprobungs- und Schätzungsmethoden besondere Problembereiche auf (dazu unten 2.), die seine Anwendbarkeit sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Übernahme des sich aus einem Zeitreihenvergleich ergebenden "Mehrergebnisses" als Betrag der Hinzuschätzung der Höhe nach einschränken (unten 3.). Diese Einschränkungen hat das FG im Streitfall nicht in vollem Umfang beachtet (unten 4.), so dass die Sache an die Vorinstanz zurückgehen muss (unten 5.).

22

1. Das FA --und über § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auch das FG-- war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO zur Schätzung befugt, weil die Buchführung des Klägers der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann.

23

a) Das FG hat die folgenden formellen Buchführungsmängel festgestellt, deren Vorliegen mittlerweile zudem zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die allerdings von unterschiedlichem Gewicht sind:

24

aa) Die Unvollständigkeit der Tagesendsummenbons für die Zeit vom 1. Januar bis zum 16. März 2001 ist ein formeller Mangel, der --bezogen auf diesen Zeitraum-- grundsätzlich als gravierend anzusehen ist, da die vollständige Erfassung der Bareinnahmen nicht gesichert ist. Zwar konnten den Klägern konkrete Einnahmenverkürzungen nicht nachgewiesen werden. Sie haben ihre Behauptung, es handele sich um --für das Buchführungsergebnis unbeachtliche-- Leerbons, aber ebenfalls nicht belegen können.

25

bb) Die fehlende Datierung der Tagesendsummenbons des Jahres 2003 ist unter den Umständen des Streitfalls hingegen nur als eher geringfügiger formeller Mangel anzusehen. Die Bons sind lückenlos nummeriert, so dass sich daraus zumindest ihre zeitliche Reihenfolge zwingend ergibt. Der Kläger hat in seinen Aufzeichnungen die aufeinander folgenden Bons den aufeinander folgenden Öffnungstagen des Betriebs im Jahr 2003 zugeordnet. Zweifel an der Richtigkeit dieser Zuordnung hat auch das FA nicht vorgebracht.

26

cc) Auch das Fehlen der Programmierprotokolle der Registrierkasse stellt einen formellen Mangel dar. Anweisungen zur Kassenprogrammierung sowie insbesondere die Programmierprotokolle, die nachträgliche Änderungen dokumentieren, sind nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO als "sonstige Organisationsunterlagen" aufbewahrungspflichtig. Dies hat die Finanzverwaltung schon lange vor den Streitjahren vertreten (z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 7. November 1995, BStBl I 1995, 738, Tz. VI.c, sowie Tz. 6 der diesem BMF-Schreiben beigefügten Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme; BMF-Schreiben vom 9. Januar 1996, BStBl I 1996, 34; zeitlich nach den Streitjahren auch BMF-Schreiben vom 26. November 2010, BStBl I 2010, 1342, und vom 14. November 2014, BStBl I 2014, 1450, Tz 111). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an (ebenso Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 147 AO Rz 9, 26).

27

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte bisher allerdings keine Gelegenheit, sich zu dem Gewicht dieses Mangels zu äußern. Der erkennende Senat vertritt hierzu die Auffassung, dass das Fehlen einer lückenlosen Dokumentation zur Kassenprogrammierung in seinen Auswirkungen auf die Beurteilung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der Eröffnung der Schätzungsbefugnis dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse bzw. dem Fehlen täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse gleichsteht. In allen drei Fällen lässt der formelle Mangel zwar keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu. Gleichwohl gibt es systembedingt keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen, ohne dass eine nachträgliche Ergänzung der Dokumentation bzw. eine anderweitige Heilung des Mangels möglich wäre. Elektronische Kassensysteme sind durch Umprogrammierung in nahezu beliebiger Weise manipulierbar; von derartigen Manipulationsmöglichkeiten machen Teile der betrieblichen Praxis nach dem Erkenntnisstand des Senats durchaus Gebrauch (zu einem solchen Fall z.B. Beschluss des FG Rheinland-Pfalz vom 7. Januar 2015  5 V 2068/14; vgl. zum Ganzen auch Tz. 54 der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs 2003 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BTDrucks 15/2020, 197 f.). Es ist daher von erheblicher Bedeutung, dass ein Betriebsprüfer --und ggf. auch ein FG-- sich davon überzeugen kann, wie die Kasse im Zeitpunkt ihrer Auslieferung und Inbetriebnahme programmiert war, sowie ob bzw. in welchem Umfang nach der Inbetriebnahme der Kasse spätere Programmeingriffe vorgenommen worden sind. Für den Steuerpflichtigen überschreitet der mit der Dokumentation verbundene Aufwand die Grenze des Zumutbaren nicht. Beim Erwerb der Kasse kann er vom Verkäufer die Übergabe von Bedienungsanleitungen und Programmdokumentationen verlangen. Die Dokumentation späterer Umprogrammierungen verursacht jedenfalls einen geringeren Aufwand als die Umprogrammierung selbst.

28

Das Gewicht dieses Mangels tritt allerdings zurück, wenn der Steuerpflichtige für den konkreten Einzelfall darlegt, dass die von ihm verwendete elektronische Kasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet.

29

dd) Keine sichere Grundlage bietet das angefochtene Urteil hingegen für die Beurteilung der Frage, welches Gewicht dem Fehlen von Kassenberichten für die Thekenkasse zukommt. Grundsätzlich ist die nur rechnerische Führung einer offenen Ladenkasse, die keine Kassensturzfähigkeit gewährleistet, als ein gravierender Mangel zu bewerten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12), der schon für sich genommen auch ohne Nachweis einer konkreten materiellen Unrichtigkeit zu Hinzuschätzungen berechtigen würde. Allerdings hat das FG für das Jahr 2002 --in dem hinsichtlich der Thekenkasse dieselben Mängel bestanden wie für die Jahre 2001 und 2003-- auf Bl. 17 des Urteils ausdrücklich das Vorliegen von Buchführungsmängeln verneint und insoweit der Klage stattgegeben (auf Bl. 13 Abs. 2 des Urteils heißt es demgegenüber noch, die Kassenführung genüge "hinsichtlich der Streitjahre 2001 bis 2003" nicht den Anforderungen). Damit bleibt unklar, welche Bedeutung das FG den --vom Betriebsprüfer ohnehin nicht erwähnten-- Mängeln bei der Führung der Thekenkasse zugemessen hat. Revisionsrechtlich ist daher davon auszugehen, dass das FG diesem Gesichtspunkt keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

30

ee) Ob die Speisekarte des Jahres 2001 im Streitfall gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO aufbewahrungspflichtig war, kann anhand der Feststellungen des FG ebenfalls nicht beurteilt werden. Speisekarten sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht generell aufbewahrungspflichtig, sondern nur dann, wenn sie zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (ausführlich hierzu BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921, Rz 26 ff.). Ob diese Voraussetzung im Betrieb des Klägers erfüllt war, hat das FG nicht festgestellt. Letztlich kommt es auf diese Frage im Streitfall aber nicht an, da jedenfalls die übrigen festgestellten formellen Mängel für die Bejahung einer Schätzungsbefugnis ausreichen (dazu noch unten c).

31

b) Konkrete materielle Mängel der Kassenbuchführung, insbesondere der Einnahmenerfassung, hat das FG nicht festgestellt.

32

Zwar stellt die fehlende Inventur für sich genommen einen materiellen Mangel dar, da der in der Buchführung ausgewiesene --offenbar lediglich griffweise geschätzte-- Betrag des Warenendbestands nicht dem tatsächlichen Wert der vorhandenen Waren entspricht und dadurch zugleich der Jahresgewinn verfälscht wird (vgl. zum Gewicht dieses Buchführungsmangels einerseits BFH-Urteil vom 14. Dezember 1966 VI 245/65, BFHE 87, 616, BStBl III 1967, 247; andererseits BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 109/70, BFHE 117, 224, BStBl II 1976, 210). Für die im vorliegenden Verfahren allein entscheidungserhebliche Frage der Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung (Vollständigkeit der Einnahmenerfassung) ist dieser materielle Mangel indes ohne Bedeutung, da die Unrichtigkeit des Warenendbestands keine Wechselwirkung mit der Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen aufweist.

33

c) Aufgrund der festgestellten formellen Mängel entspricht die Buchführung des Klägers nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO, so dass ihr nicht die Beweiskraftwirkung des § 158 AO zukommt. Dies würde nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO bereits zur Schätzung berechtigen.

34

Allerdings berechtigen formelle Buchführungsmängel nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (BFH-Entscheidungen vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 1.; vom 25. Januar 1990 IV B 140/88, BFH/NV 1990, 484, und in BFH/NV 2012, 1921, Rz 22, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Jedenfalls dann, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung aber der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 34). Dies ist vorliegend der Fall. Das Fehlen der Programmierprotokolle der Registrierkasse ist --wie dargestellt-- als gewichtiger Mangel anzusehen, der den gesamten Streitzeitraum betrifft. Dass die Registrierkasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, hat der Kläger nicht dargelegt. Für einen Teil des Jahres 2001 kommt noch das Fehlen eines Teils der Tagesendsummenbons als ebenfalls gewichtiger Mangel hinzu.

35

2. Zwar waren FA und FG danach im Streitfall zur Schätzung befugt. Die von ihnen gewählte Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs (zur Beschreibung dieser Methode unten a) ist allerdings sowohl unter methodischen Aspekten (dazu unten b) als auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten (unten c) nicht unproblematisch.

36

a) Der Zeitreihenvergleich stellt im Grundsatz eine mathematisch-statistische Verprobungsmethode dar; er ist dem Bereich der Strukturanalysen zuzurechnen (grundlegend zur Nutzung von Strukturanalysen in der Außenprüfung unter besonderer Berücksichtigung des Zeitreihenvergleichs Huber, Steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 2002, 199, 233, 258, 293; Wähnert, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 2774; Rau, Statistisch-mathematische Methoden der steuerlichen Betriebsprüfung und die Strukturanalyse als ergänzende Alternative, Köln 2012; speziell zum Zeitreihenvergleich Högemann, Die Information über Steuer und Wirtschaft 2000, 585; Wiggen, StBp 2008, 168; Vogelsang, BP-Handbuch, München 2008, I Rz 33 ff.; Brinkmann, Schätzungen im Steuerrecht, Berlin 2015, S. 278 ff.).

37

Prinzipiell sind zahlreiche Varianten eines Zeitreihenvergleichs denkbar. Die im vorliegenden Verfahren angewendete Methode stellt jedoch ausweislich der recht großen Zahl der hierzu ergangenen instanzgerichtlichen Entscheidungen die Standardherangehensweise der Finanzverwaltung dar (zu weiteren Varianten des Zeitreihenvergleichs vgl. Schumann/Wähnert, Steuerberatung 2012, 535). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass für jede Woche eines Kalenderjahres sowohl der wöchentliche Wareneinsatz als auch der Betrag der wöchentlichen Einnahmen ermittelt wird. Aus dem Vergleich dieser beiden Größen ergibt sich für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz. Die Finanzverwaltung sieht nun den höchsten Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen beliebigen Zehn-Wochen-Zeitraum des Kalenderjahres ergibt, als maßgebend für das Gesamtjahr an. Da in der Buchhaltung des Steuerpflichtigen in aller Regel keine Daten vorhanden sind, aus denen sich die wöchentlichen Wareneinsätze entnehmen ließen, versucht die Finanzverwaltung, diese Größen im Wege der Schätzung aus einer Verteilung der aus den Eingangsrechnungen ersichtlichen Wareneinkäufe über den Zeitraum bis zum nächsten Einkauf gleichartiger Ware zu gewinnen. Ferner wird der Wareneinkauf um Personalbeköstigungen, Waren-Sachentnahmen und Warenbestandsveränderungen bereinigt.

38

b) Der Zeitreihenvergleich weist gegenüber anderen Verprobungs- und Schätzungsmethoden einige technisch bedingte Besonderheiten auf, die zumindest eine vorsichtige Interpretation seiner Ergebnisse gebieten.

39

aa) Auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen Buchführung führt ein Zeitreihenvergleich denklogisch immer zu einem Mehrergebnis gegenüber der Buchführung, da der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller Zehn-Wochen-Perioden des Jahres auf den Wareneinsatz für das gesamte Jahr angewendet wird. Weil eine absolute Konstanz der wöchentlichen Rohgewinnaufschlagsätze in der Praxis auch bei Betrieben mit relativ geringer Lagerhaltung nicht vorkommt, muss der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller Zehn-Wochen-Perioden eines Jahres denknotwendig über dem durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Gesamtjahres liegen, selbst wenn dieser sich aus einer zutreffenden Buchführung ergibt (ebenso bereits FG Münster, Beschluss vom 19. August 2004  8 V 3055/04 G, EFG 2004, 1810, rechtskräftig). Andere Schätzungsmethoden (z.B. Aufschlagkalkulation, Geldverkehrsrechnung) weisen diese systembedingte Besonderheit nicht auf, da sie das Ergebnis einer zutreffenden Buchführung im Regelfall bestätigen --nicht aber widerlegen-- werden.

40

Daraus folgt, dass die vom FA in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Eignung des Zeitreihenvergleichs zur Feststellung von Doppelverkürzungen sowohl dem Grunde nach als auch zur Ermittlung ihres Umfangs der Höhe nach nicht frei von Zweifeln ist:

41

(1) Übersteigt der höchste Rohgewinnaufschlagsatz einer Zehn-Wochen-Periode den durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres, steht allein mit diesem Befund grundsätzlich noch nicht mit der für eine Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderlichen Sicherheit fest, dass die rechnerische Differenz gerade auf dem Verschweigen von Erlösen beruht. Vielmehr lässt sich bei einem solchen Ergebnis --ohne das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte-- zunächst einmal nicht ausschließen, dass es durch die dargestellte methodische Besonderheit des Zeitreihenvergleichs hervorgerufen sein könnte. Soweit das FA --und sinngemäß wohl auch das FG-- die Auffassung vertritt, ein sich aufgrund eines Zeitreihenvergleichs ergebendes Mehrergebnis lasse "kaum Raum für Zweifel daran, dass Erlöse nicht richtig verbucht seien" (ebenso FG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Februar 2007  16 V 4691/06 A(E,U,F), EFG 2007, 814, rechtskräftig, unter II.2.d, und Urteil vom 20. März 2008  16 K 4689/06 E,U,F, EFG 2008, 1256, rechtskräftig, unter 3.d), kann der Senat dem daher nicht folgen.

42

(2) Auch auf der anderen Seite des Spektrums möglicher Manipulationen dürfte eine Verprobung mittels eines Zeitreihenvergleichs nicht unbesehen geeignet sein, jedenfalls den Einsatz einer technisch fortgeschrittenen Manipulationssoftware aufzudecken. Vielmehr ist eine derartige Software durchaus in der Lage, das Verhältnis zwischen den manipulierten Wareneinkäufen und den Erlösen so zu gestalten, dass die Rohgewinnaufschlagsätze auch im Wochenvergleich nur in einem Rahmen schwanken, der von Betriebsprüfern üblicherweise noch für plausibel gehalten wird.

43

(3) Ein empirischer Nachweis der Eignung dieser Verprobungsmethode zur sicheren Aufdeckung von Steuerverkürzungen --insbesondere der mit anderen Methoden nur schwer aufzudeckenden sog. "Doppelverkürzungen" sowohl der Wareneinkäufe als auch der Erlöse-- ist nach dem Kenntnisstand des Senats bisher nicht geführt worden. Insbesondere ist in den bisher von den Finanzgerichten veröffentlichten Entscheidungen allein aus einer sich mittels eines Zeitreihenvergleichs ergebenden Hinzuschätzung in keinem Fall ausdrücklich darauf geschlossen worden, dass der Steuerpflichtige Doppelverkürzungen begangen hat. Das FA hat in seiner Revisionserwiderung zwar --ohne Angabe von Nachweisen-- angeführt, der Zeitreihenvergleich werde von Wirtschaftsprüfern bereits langjährig zur betriebswirtschaftlichen Analyse eingesetzt. Welchem Ziel diese Analysen dienen sollen und wie die Belastbarkeit ihrer Ergebnisse von den beteiligten Fachkreisen eingeschätzt wird, hat es aber nicht vorgetragen.

44

bb) Zudem werden die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs in erheblichem Umfang durch mathematische "Hebelwirkungen" beeinflusst.

45

(1) Dies verdeutlicht im Streitfall beispielhaft eine Betrachtung der Verhältnisse des Jahres 2001: Hier war für das FA und FG der durchschnittliche Rohgewinnaufschlagsatz der Kalenderwochen 23 bis 32 maßgebend. Dabei ergaben sich vor allem für die beiden am Ende dieser Zehn-Wochen-Periode liegenden Kalenderwochen 31 und 32 sehr hohe rechnerische Rohgewinnaufschlagsätze (412 % bzw. 360 %), die damit zugleich auch den Zehn-Wochen-Durchschnitt in die Höhe trieben. Zöge man stattdessen die Kalenderwochen 21 bis 30 heran, würde sich lediglich ein durchschnittlicher Rohgewinnaufschlagsatz von 209,60 % ergeben (statt der vom FA und FG herangezogenen 241,54 %). Hier hätte also bereits eine Verschiebung des Betrachtungszeitraums um nur zwei Wochen erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Schätzung.

46

(2) Für das Streitjahr 2003 hat sich der Zeitraum von der 28. bis zur 37. Kalenderwoche vor allem wegen der zu Beginn dieses Zeitraums liegenden 28. Kalenderwoche als Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz des Jahres dargestellt (263,42 %). Für diese 28. Kalenderwoche ergibt sich wegen eines recht geringen Wareneinkaufs ein rechnerischer Rohgewinnaufschlagsatz von 340,68 %. Ordnet man demgegenüber den Wareneinkauf der Vorwoche (27. Kalenderwoche: 1.552,46 €) zu 50 % der 28. Kalenderwoche zu, ergäbe sich die folgende Berechnung:

-       

neuer Wareneinsatz der Kalenderwochen 28 bis 37/2003: 14.030,65 € + 50 % von 1.552,46 € = 14.806,88 €

-       

neuer Rohgewinnaufschlagsatz der Kalenderwochen 28 bis 37/2003: 244,37 %

-       

Brutto-Hinzuschätzung: 31.752,96 € (statt 45.728,46 €; d.h. 31 % weniger als bisher).

47

Dies zeigt, dass bereits eine Veränderung in der Zuordnung der Einkäufe nur einer einzigen Woche erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Zehn-Wochen-Periode hat. Noch größere Auswirkungen würden sich an dieser Stelle zeigen, wenn der außergewöhnlich hohe Wareneinkauf der 26. Kalenderwoche (2.807,88 €) beispielsweise zu 1/3 der 28. Kalenderwoche zugeordnet würde.

48

(3) Nun ist dem Senat durchaus bewusst, dass der Zeitreihenvergleich gerade darauf basiert, das höchste --und nicht etwa das zweit- oder dritthöchste oder ein noch anderes-- Ergebnis aller Zehn-Wochen-Perioden eines Jahres als maßgebend für das Gesamtjahr anzusehen. Die aufgezeigte Hebelwirkung insbesondere hoher rechnerischer Wochen-Rohgewinnaufschlagsätze am Anfang oder Ende des herausgegriffenen Zehn-Wochen-Zeitraums macht aber deutlich, wie wesentlich die sorgfältige Ermittlung der Schätzungsgrundlagen --vor allem des Wareneinkaufs und seiner Verteilung zum Zwecke der Gewinnung des Wareneinsatzes-- gerade am Anfang und am Ende dieses Zeitraums für eine methodisch korrekte Durchführung eines Zeitreihenvergleichs ist (dazu noch unten 3.c; vgl. hierzu auch Beschluss des FG Münster vom 11. Februar 2000  9 V 5542/99 K,U,F, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 549, rechtskräftig). Dabei ist hinsichtlich des systematischen Verständnisses des Zeitreihenvergleichs darauf hinzuweisen, dass der --für diese Schätzungsmethode grundlegende-- Wareneinsatz eben nicht den eigenen Buchführungsdaten des Steuerpflichtigen entnommen wird, sondern diese Größe im Wege der mehr oder weniger ungenauen Schätzung aus einer Verteilung des Wareneinkaufs abgeleitet wird (ebenso bereits zutreffend FG Köln, Urteil vom 27. Januar 2009  6 K 3954/07, EFG 2009, 1092, rechtskräftig, unter II.3.). Anders wäre es nur, wenn der gesamte Warenbestand durch ein ausgefeiltes Warenwirtschaftssystem verwaltet würde, was in den meisten Betrieben der "Bargeldbranche" aber nicht der Fall ist.

49

c) Auch unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs der Steuerpflichtigen auf einen effektiven Rechtsschutz durch die Gerichte (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) ist der Zeitreihenvergleich nicht frei von methodenspezifischen Bedenken. Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung --insbesondere eine Schlüssigkeitsprüfung des zahlenmäßigen Ergebnisses der Schätzung-- möglich ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1921, Rz 24). Dabei müssen sowohl die Kalkulationsgrundlage --und damit auch die spezifischen Daten, auf denen der Zeitreihenvergleich basiert-- als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offengelegt werden (BFH-Urteile vom 31. Juli 1974 I R 216/72, BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96, unter 2.b, und vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 4.c).

50

aa) Für die Steuerpflichtigen, ihre Berater und auch die Finanzgerichte sind die Ergebnisse mathematisch-statistischer Methoden, zu denen auch der Zeitreihenvergleich gehört, wegen der dabei anfallenden umfangreichen Datenmengen nur beschränkt nachprüfbar. So umfasst im Streitfall allein die vom Betriebsprüfer erstellte --und für die Richtigkeit der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs grundlegende-- Aufgliederung der Wareneinkäufe bereits für den relativ kleinen Betrieb des Klägers und nur für das Streitjahr 2001 eine Excel-Tabelle mit ca. 1 100 Zeilen zu je 10 Spalten, d.h. insgesamt ca. 11 000 Eintragungen. Die Nachvollziehbarkeit dieser Datenaufbereitung des Prüfers wird noch dadurch erschwert --bzw. in Teilbereichen sogar ausgeschlossen--, dass die Tabelle weder chronologisch noch nach den einzelnen Lieferanten geordnet ist. Für das Gericht ist daher weder nachprüfbar, ob der Prüfer den Wareneinkauf zutreffend auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt hat, noch ist --hier mit Ausnahme allenfalls des Biereinkaufs-- erkennbar, ob sich bestimmte Einkaufsmuster im Betrieb des Klägers regelmäßig wiederholen oder nicht.

51

Hinzu kommt, dass das FA im Streitfall noch nicht einmal das vollständige Zahlenwerk vorgelegt hat. Insbesondere ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, wie der Prüfer den sich aus den Eingangsrechnungen ergebenden Wareneinkauf auf die einzelnen Kalenderwochen verteilt hat, obwohl vor allem dieser Punkt zwischen den Beteiligten umstritten ist. Gerade die Verteilung des Wareneinkaufs durch den Prüfer --bzw. durch die eingesetzte Software-- wird im Regelfall aber den Schlüssel zum Verständnis und zur Einordnung der Einzelergebnisse des Zeitreihenvergleichs darstellen. Die Kenntnis der bei diesem Schätzungsschritt vom Prüfer notwendigerweise vorgenommenen Wertungen --Datenmaterial zur wochenweisen Verteilung des Wareneinsatzes existiert im Betrieb in aller Regel nicht, zumal es keine gesetzliche Verpflichtung zur Vornahme entsprechender Aufzeichnungen gibt-- ist für den Steuerpflichtigen von erheblicher Bedeutung, um Fehler oder Unsicherheiten in der vom Prüfer vorgenommenen Verteilung aufzeigen zu können. Derartige Fehler können --insbesondere wenn sie dem Prüfer am Anfang oder Ende der von ihm herausgegriffenen Zehn-Wochen-Periode unterlaufen-- aufgrund des aufgezeigten mathematischen Hebeleffekts das rechnerische Ergebnis des Zeitreihenvergleichs in erheblichem Umfang beeinflussen und verzerren. Auch für das Gericht ist der Einblick in den Verteilungsvorgang wesentlich, um Erkenntnisse über die Größenordnung der im konkreten Fall anzunehmenden Fehlermarge des Zeitreihenvergleichs zu gewinnen.

52

bb) Die Finanzbehörde versetzt sich durch die Anwendung solcher mathematisch-statistischer Methoden aufgrund des ihnen innewohnenden Datenüberschusses daher in eine gewisse technisch-rechnerische Überlegenheit gegenüber dem Steuerpflichtigen. Dieser steht nun --jedenfalls nach Auffassung der Verwaltung-- in der Pflicht, "Auffälligkeiten" in den Ergebnissen des Zahlenwerks zu erklären bzw. zu widerlegen, verfügt aber, ohne dass ihm dies rechtlich vorzuwerfen wäre, möglicherweise gar nicht über das umfangreiche Zahlenmaterial --oder auch über das statistisch-methodische Wissen--, das erforderlich wäre, um eine sachgerechte Analyse der Datenmengen vornehmen zu können.

53

cc) Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass in Fällen der Anwendung eines Zeitreihenvergleichs die Finanzämter häufig schon ihre Darlegungspflichten nicht erfüllen, indem sie den Steuerpflichtigen und Finanzgerichten nicht alle Daten zur Verfügung stellen, die für eine vollständige Überprüfung des Zahlenwerks erforderlich sind. Auf der anderen Seite verbleiben aber selbst bei vollständiger Aufdeckung des Zahlenwerks rechtsstaatliche Bedenken, da die dann gelieferten Datenmengen so groß sind, dass eine grundlegende Überprüfung durch die Gerichte kaum zu leisten sein dürfte.

54

3. Aus diesen Befunden --so sensibel sie unter den aufgezeigten Aspekten der folgerichtigen Methodik und des effektiven Rechtsschutzes sein mögen-- folgt für den Senat auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes allerdings nicht das Ergebnis, die Methode des Zeitreihenvergleichs grundsätzlich zu verwerfen. Vielmehr besteht auf Seiten der Finanzverwaltung ein durchaus nachvollziehbares Bedürfnis, moderne Prüfungsmethoden --zu denen in geeigneten Fällen auch mathematisch-statistische Methoden gehören können-- einzusetzen. Denn auch umgekehrt verschafft sich ein Teil der Steuerpflichtigen durch ausgefeilt geplante Doppelverkürzungen und/oder den Einsatz von Manipulationssoftware, die die Aufdeckungsmöglichkeiten herkömmlicher Prüfungsmethoden minimieren, technische Vorteile gegenüber der Finanzverwaltung (vgl. dazu bereits oben 1.a cc). Hierauf darf und muss die Außenprüfung im Interesse der Wahrung der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) reagieren, und zwar auch im Wege der Entwicklung und Anwendung neuartiger Prüfungsmethoden.

55

Die aufgezeigten Problembereiche lassen allerdings erkennen, dass der Zeitreihenvergleich für bestimmte Betriebstypen oder bestimmte betriebliche Situationen schon dem Grunde nach keine geeignete Schätzungsmethode darstellt (dazu unten a). Sofern der Zeitreihenvergleich dem Grunde nach als geeignete Methode anzusehen ist, sind seine Ergebnisse --in Abhängigkeit vom Grad der Fehlerhaftigkeit der Buchführung des Steuerpflichtigen und vom Umfang der im jeweiligen Einzelfall in Bezug auf die vollständige Erfassung der Erlöse vorliegenden sonstigen Erkenntnisse-- ggf. nur eingeschränkt für die Höhe der Hinzuschätzung zu übernehmen (unten b). In jedem Fall ist wegen der erheblichen Hebelwirkung methodischer Fehler, die bei der Durchführung des Zeitreihenvergleichs unterlaufen, auf eine besonders sorgfältige Ermittlung der Tatsachengrundlagen zu achten (unten c).

56

a) Bei bestimmten Betriebstypen oder in bestimmten betrieblichen Situationen scheidet der Zeitreihenvergleich schon dem Grunde nach als geeignete Schätzungsmethode aus. So basiert er entscheidend auf der Grundannahme, dass im Betrieb des Steuerpflichtigen das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum --der allerdings nicht notwendig ein volles Kalenderjahr umfassen muss (z.B. bei Saisonbetrieben)-- weitgehend konstant ist. Fehlt es an dieser weitgehenden Konstanz, haben die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs regelmäßig keine hinreichende Aussagekraft.

57

Auch darf es im maßgebenden Zeitraum nicht zu solchen Änderungen in der Betriebsstruktur gekommen sein, die --nicht anderweitig behebbare-- wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringen.

58

Diese Einschränkungen sind --abstrakt gesehen-- weitestgehend unstreitig und werden, soweit für den Senat ersichtlich, von der Finanzverwaltung im Allgemeinen auch schon bisher bei der Anwendung dieser Verprobungsmethode beachtet.

59

b) Sofern der Zeitreihenvergleich dem Grunde nach eine geeignete Verprobungsmethode darstellt, kann er gleichwohl gegenüber anderen Methoden nachrangig sein bzw. können seine Ergebnisse nur unter Beachtung der nachfolgend (unter aa bis cc) dargestellten Abstufungen der Schätzung zugrunde gelegt werden.

60

Rechtliche Grundlage dieser Einschränkungen ist die Vorschrift des § 5 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Wahlfreiheit des FA bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethoden nach den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geltenden Grundsätzen eingeschränkt ist und dabei auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu beachten sind. Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 2. Februar 1982 VIII R 65/80, BFHE 135, 158, BStBl II 1982, 409, unter 1.c). Die Auswahl zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des FA bzw. FG (vgl. BFH-Beschluss vom 3. September 1998 XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290, unter II.2.b). Ermessensleitend ist dabei das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, unter 2.). Kommt eine bestimmte Schätzungsmethode diesem Ziel voraussichtlich näher als eine andere, ist die erstgenannte unter Ermessensgesichtspunkten vorzugswürdig.

61

Darin liegt keine Abweichung von der --vom FA angeführten-- Rechtsprechung, wonach der Steuerpflichtige grundsätzlich keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode hat (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 1. März 2005 X B 158/04, BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a, und vom 27. Januar 2009 X B 28/08, BFH/NV 2009, 717, unter 3.b). Denn dies lässt die Geltung der Grundsätze für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unberührt. Im Übrigen betrafen diese Entscheidungen Fälle, in denen der Steuerpflichtige begehrte, das Ergebnis einer ordnungsgemäß angewendeten Schätzungsmethode durch Anwendung einer anderen, jedoch nicht vorrangigen oder besser geeigneten Methode zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 290, unter II.2.b, und in BFH/NV 2009, 717, unter 3.b: keine Überprüfung einer Aufschlagkalkulation durch eine Geldverkehrs- bzw. Vermögenszuwachsrechnung erforderlich; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1014, unter 2.a: keine Überprüfung einer Geldverkehrsrechnung durch eine Nachkalkulation erforderlich). Darum geht es vorliegend indes nicht.

62

aa) Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder --wie in dem Fall, der dem Urteil des FG Köln in EFG 2009, 1092 zugrunde lag-- nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann grundsätzlich nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs der Nachweis der materiellen Unrichtigkeit geführt werden. Diese Einschränkung ist notwendige Folge des Befunds, dass ein Zeitreihenvergleich auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen Buchführung stets zu einem rechnerischen "Mehrergebnis" führen wird, ein solches rechnerisches Mehrergebnis allein also kein hinreichendes Indiz für eine unvollständige Erfassung von Einnahmen darstellen kann (dazu oben 2.b aa). Schon die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung ist von dem Grundsatz ausgegangen, dass die Richtigkeitsvermutung einer formell ordnungsmäßigen Buchführung nur entkräftet ist, wenn das FA nachweist, dass das Buchführungsergebnis sachlich schlechterdings nicht zutreffen kann; an die Methodik einer solchen Schätzung sind wesentlich strengere Anforderungen zu stellen als in Fällen, in denen wegen festgestellter Buchführungsmängel ohnehin eine Schätzung der Einnahmen durchgeführt werden muss (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719, unter 2. vor a).

63

bb) Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen --so ist der Streitfall nach den Feststellungen des FG gelagert--, ist das FA gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zwar dem Grunde nach zur Vornahme von Hinzuschätzungen berechtigt, weil die Richtigkeitsvermutung des § 158 AO nicht gilt. Allein die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs lassen aufgrund der dieser Verprobungsmethode innewohnenden methodenbedingten Unsicherheiten aber noch keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen und den Umfang auch materieller Unrichtigkeiten der Buchführung zu.

64

In diesen Fällen sind andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen oder in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigen (z.B. Vermögenszuwachs- oder Geldverkehrsrechnung, Aufschlagkalkulation) grundsätzlich vorrangig heranzuziehen. Nur wenn solche Schätzungsmethoden --etwa wegen fehlender Mitwirkung des Steuerpflichtigen oder eines zu hohen Grades an Komplexität seiner betrieblichen oder sonstigen finanziellen Verhältnisse-- nicht sinnvoll einsetzbar sind, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs einen Anhaltspunkt für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung bilden.

65

Diese Ergebnisse sind vom FA und FG aber --auch von Amts wegen-- stets auf ihre Plausibilität anhand der besonderen betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu überprüfen, soweit diese bekannt sind (ebenso Schuster in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 158 AO Rz 17). Bei verbleibenden Zweifeln können Sicherheitsabschläge in einem Umfang geboten sein, der über eine bloße Abrundung des "Mehrergebnisses" hinausgeht, das sich rechnerisch bei Anwendung des höchsten Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatzes darstellt.

66

cc) Steht hingegen bereits aus anderen Gründen fest, dass die Buchführung nicht nur formell, sondern auch materiell unrichtig ist (z.B. nicht gebuchte Wareneinkäufe, nachweislich unversteuerte Betriebseinnahmen, rechnerische Kassenfehlbeträge usw.), und übersteigt die nachgewiesene materielle Unrichtigkeit der Buchführung eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist.

67

c) Hinsichtlich seiner technischen Durchführung setzt der Zeitreihenvergleich als mathematisch-statistische Methode eine besonders sorgfältige Ermittlung der Tatsachengrundlagen (Ausgangsparameter) voraus, zumal schon nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für sie von Bedeutung sind. Jedenfalls die Übernahme der vorhandenen Buchhaltungsdaten durch den Prüfer muss frei von Fehlern sein. Zwar gehen auch bei dieser Schätzungsmethode Unsicherheiten, die auf unzureichenden Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen beruhen, zu dessen Lasten (allgemein hierzu BFH-Urteil in BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, unter 2.). Da solche Unsicherheiten aber aufgrund der dem Zeitreihenvergleich innewohnenden Hebelwirkung erheblich verstärkt auf das Schätzungsergebnis "durchschlagen", ist in derartigen Fällen auch dann, wenn die Unsicherheiten auf einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen beruhen, jedenfalls eine Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs vorzunehmen, die sich nicht allein auf einen summarischen Vergleich mit den amtlichen Richtsätzen beschränken darf.

68

Ferner wird das Zahlenwerk des Prüfers im Regelfall die Umschlaghäufigkeit der einzelnen Waren bzw. Warengruppen erkennen lassen müssen. Dies ist erforderlich, um eine hinreichend tragfähige Einschätzung zu gewinnen, ob die Grundvoraussetzung für die sinnvolle Durchführung eines Zeitreihenvergleichs --eine zu vernachlässigende bzw. zumindest hinreichend konstante Lagerhaltung-- erfüllt ist. Auch muss der vorhandene Warenbestand in sachgerechter Weise, die vor allem die Besonderheiten des geprüften Betriebs berücksichtigt, in die Betrachtung einbezogen werden.

69

Sollten die vorstehenden Anforderungen im Einzelfall nicht beachtet werden können, ist zumindest eine Vergleichsrechnung (Sensitivitätsanalyse) anzustellen. Diese muss verdeutlichen, welche Auswirkungen die nicht behebbaren Unsicherheiten bei einzelnen Parametern --vor allem solche Unsicherheiten, die darauf beruhen, dass der Zeitreihenvergleich auf einem Vergleich der wöchentlichen Wareneinsätze beruht, zu deren exakter Ermittlung der Steuerpflichtige aber von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist-- auf die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs haben können. Eine solche Sensitivitätsanalyse gehört dann, wenn sie durch vorhandene Unsicherheiten geboten ist, bereits zu den formellen Anforderungen, die an die technisch korrekte Durchführung des Zeitreihenvergleichs zu stellen sind. Sie ist daher vom FA von Amts wegen durchzuführen und vorzulegen, damit der Steuerpflichtige, sein Berater, das FG, aber auch das FA selbst den Umfang der im Einzelfall möglichen Fehlermarge einschätzen können. Allerdings ist das FA --in Abhängigkeit vom Gewicht der formellen und der schon ohne den Zeitreihenvergleich zutage tretenden materiellen Mängel der Buchführung des Steuerpflichtigen-- nicht gehalten, sein Schätzungsergebnis stets an der zugunsten des Steuerpflichtigen äußersten Grenze der Fehlermarge zu orientieren.

70

4. Im Streitfall hat das FG bei seiner Entscheidung nicht alle rechtlichen Anforderungen beachtet, die an die Anwendung und Durchführung eines Zeitreihenvergleichs zu stellen sind.

71

a) Das FG hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die (erneute) Eröffnung des Betriebs des Klägers im Jahr 2003 als Änderung in der Betriebsstruktur anzusehen ist, die wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringt (vgl. die Ausführungen oben 3.a).

72

aa) Insbesondere der Umstand, dass im Zeitpunkt der Betriebseröffnung ausweislich der vom Betriebsprüfer zugrunde gelegten Zahlen kein Warenbestand vorhanden war, hätte Anlass geben müssen, die Eignung des Zeitreihenvergleichs im konkreten Fall --zumindest aber die vom FA vorgenommene gleichmäßige Verteilung des Aufbaus des zum ersten folgenden Bilanzstichtag vorgefundenen Warenendbestands auf sämtliche Kalenderwochen zwischen der Betriebseröffnung und dem Jahresende-- einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Dass die Art und Weise der Verteilung des Warenbestandsaufbaus von erheblicher Bedeutung für das Ergebnis des Zeitreihenvergleichs ist, folgt schon aus dem Umstand, dass der (geschätzte) Warenendbestand von 10.800 € sich auf immerhin 13 % des gesamten Wareneinsatzes von 84.858,93 € beläuft. Ein Unsicherheitsfaktor im Umfang von 13 % des Wareneinsatzes kann aufgrund der erheblichen Hebelwirkung dieses Berechnungsfaktors aber zu Schwankungsbreiten der einzelnen Wochenwerte führen, die die Verwertbarkeit der Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs insgesamt in Frage stellen.

73

Zwar ist die unterbliebene Inventur als eine Verletzung von Mitwirkungspflichten anzusehen, aus der der Kläger grundsätzlich keine Vorteile ziehen darf. Hinsichtlich der Verteilung des Warenbestandsaufbaus auf die einzelnen Wochen des Jahres gibt es jedoch keine besonderen Aufzeichnungs- oder sonstige Mitwirkungspflichten. FA und FG sind daher auch im Falle des pflichtwidrigen Unterlassens einer Inventur gehalten, den in der Bilanz ausgewiesenen Warenendbestand im Rahmen der Durchführung eines Zeitreihenvergleichs nach sachgerechten Kriterien auf die einzelnen Wochen des Jahres zu verteilen.

74

bb) Bei Betrachtung des --vom FG festgestellten und daher für den erkennenden Senat revisionsrechtlich in vollem Umfang verwertbaren-- Zahlenwerks des vom FA durchgeführten Zeitreihenvergleichs springt ins Auge, dass die vom Betriebsprüfer ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze für die ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung sehr niedrig sind. Dies deutet darauf hin, dass bereits in diesen Wochen ein erheblicher Teil des Warenbestands aufgebaut wurde. Eine solche Annahme erscheint auch in tatsächlicher Hinsicht als durchaus plausibel, zumal die vom FA und FG zugrunde gelegte abweichende Auffassung, der Warenbestand sei während des Jahres gleichmäßig bis zum Erreichen des in der Bilanz ausgewiesenen Endbestands angewachsen, für die ersten Wochen nach Betriebseröffnung zu Ergebnissen führen würde, die nicht realitätsgerecht erscheinen. So hätte der Kläger z.B. in der ersten Woche nach der Betriebseröffnung mit einem Warenbestand im Wert von lediglich 245 € wirtschaften und auskommen müssen, was --insbesondere angesichts der von der Kundschaft eines Gastronomiebetriebs dieser Art erwarteten Auswahl zwischen verschiedenen Alkoholika-- auszuschließen sein dürfte. Wird aber ein größerer Teil des Warenbestandsaufbaus als bisher den ersten Wochen nach der Betriebseröffnung zugeordnet, würden die --sehr niedrigen-- vom Prüfer für diesen Zeitraum errechneten Rohgewinnaufschlagsätze steigen. Korrespondierend dazu würden sich die Rohgewinnaufschlagsätze sämtlicher Folgewochen --darunter auch die Werte in den vom FA herangezogenen Kalenderwochen 28 bis 37-- entsprechend mindern, was einen unmittelbaren und erheblichen Einfluss auf das Schätzungsergebnis hätte.

75

cc) Werden nun beispielsweise 70 % des gesamten Warenbestandsaufbaus den ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung zugeordnet und die verbleibenden 30 % des Bestandsaufbaus gleichmäßig auf die restlichen Wochen des Jahres 2003 verteilt --was zwar ebenfalls eine Sachverhaltsunterstellung und damit eine Schätzung darstellt, die aber deutlich realitätsnäher sein dürfte als die vom FA und FG vorgenommene Verteilung--, ergibt sich die folgende Neuberechnung:

76

(1) Der Betriebsprüfer hat für die ersten zehn Wochen nach der Betriebseröffnung (Kalenderwochen 10 bis 19/2003) einen Wareneinsatz von 19.536,01 € zugrunde gelegt. Im Wege des Vergleichs mit den in diesen Wochen erzielten Einnahmen (45.019,02 €) hat er einen Zehn-Wochen-Durchschnitts-Rohgewinnaufschlagsatz von 130,44 % ermittelt (45.019,02 € ÷ 19.536,01 € ./. 100 %). Bei Ermittlung des genannten Wareneinsatzes hat der Prüfer einen Warenbestandsaufbau im Umfang von 10 x 245,45 € (insgesamt 2.454,50 €) mindernd berücksichtigt. Ohne Minderung um den verteilten Warenendbestand hätte sich der Wareneinsatz der Kalenderwochen 10 bis 19/2003 daher auf 21.990,51 € belaufen.

77

(2) Für den Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz (Kalenderwochen 28 bis 37/2003) hat der Prüfer einen Wareneinsatz von 14.030,65 € sowie Einnahmen von 50.990,05 € ermittelt. Daraus ergab sich der für das Gesamtjahr zugrunde gelegte höchste Rohgewinnaufschlagsatz von 263,42 %. Ohne Minderung um den gleichmäßig auf alle Wochen des Jahres verteilten Warenendbestand (2.454,50 €) hätte der Wareneinsatz sich auf 16.485,15 € belaufen.

78

(3) Werden nun 70 % des gesamten Warenbestandsaufbaus des Jahres auf die ersten zehn Kalenderwochen verteilt, ist insoweit ein Betrag von 7.560 € zu berücksichtigen (70 % von 10.800 €). Der Wareneinsatz dieser Periode würde sich auf 14.430,51 € belaufen (21.990,51 € unbereinigter Wareneinsatz ./. 7.560 € Warenbestandsaufbau). Angesichts der aufgezeichneten Einnahmen von 45.019,02 € ergibt sich ein Zehn-Wochen-Rohgewinnaufschlagsatz von 211,97 %. Dieser Wert erscheint erheblich plausibler als der vom Prüfer ermittelte --im Jahresvergleich äußerst geringe-- Wert von 130,44 %, für den weder das FA noch das FG eine Erklärung angeführt haben.

79

(4) Die verbleibenden 30 % (3.240 €) des Warenbestandsaufbaus sind nun auf die Kalenderwochen 20 bis 53/2003 zu verteilen (34 Wochen, d.h. 95,29 € pro Woche). Der Wareneinsatz für die Kalenderwochen 28 bis 37/2003 beläuft sich danach auf 15.532,25 € (16.485,15 € unbereinigter Wareneinsatz ./. 10 x 95,29 € Warenbestandsaufbau). Bei Einnahmen von 50.990,05 € ergibt sich ein Rohgewinnaufschlagsatz von 228,29 %. Dieser Wert stellt zwar immer noch den höchsten aller Zehn-Wochen-Perioden des Jahres 2003 dar, liegt aber deutlich unterhalb des vom FA und FG angenommenen Wertes von 263,42 %.

80

(5) Der Betrag des rechnerischen Brutto-"Mehrergebnisses" für das Jahr 2003 würde sich damit schon allein aufgrund dieser einzelnen Korrektur von 45.728,46 € auf 19.955,32 € --also um über 56 %-- mindern.

81

b) Das FG hat ferner offensichtliche Fehler im Zahlenwerk des Betriebsprüfers unbeanstandet gelassen, obwohl die Durchführung des Zeitreihenvergleichs zwingend eine fehlerfreie Übernahme der vorhandenen Buchhaltungsdaten erfordert (vgl. dazu oben 3.c).

82

aa) So hat der Prüfer in seiner zusammenfassenden Berechnung für das Jahr 2001 vom Kläger erklärte Einnahmen in Höhe von 657.095,38 DM angesetzt (dies entspricht den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werten ohne die Konten "Erlöse" und "Gutscheine" sowie ohne Sachentnahmen). Im Rahmen des Zeitreihenvergleichs hat er hingegen nur einen Gesamt-Einnahmenbetrag von 656.231,89 DM auf die einzelnen Kalenderwochen des Jahres 2001 verteilt. Bei korrekter Durchführung des Zeitreihenvergleichs müssen diese beiden Werte aber zwingend identisch sein.

83

Dieselbe Auffälligkeit ergibt sich für das Jahr 2003: Der Prüfer geht in der zusammenfassenden Berechnung von erklärten Erlösen in Höhe von 220.905,86 € aus (was mit den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werten --ohne Sachentnahmen-- übereinstimmt), setzt im Zeitreihenvergleich aber nur Erlöse von 220.447,93 € an.

84

Diese vom FA nicht erläuterten Differenzbeträge --die nicht mehr mit bloßen Rundungsdifferenzen zu erklären sind-- deuten darauf hin, dass dem Prüfer bei der Erfassung der vom Kläger erklärten Erlöse oder bei ihrer Verteilung auf die einzelnen Kalenderwochen Fehler unterlaufen sind. Diese Fehler sind aufklärungsbedürftig; der erkennende Senat ist mangels Vorlage des vollständigen Rechenwerks durch das FA aber nicht in der Lage, die Fehlerursache selbst näher zu ergründen. Zwar sind die Differenzbeträge nicht allzu hoch. Sollten sie aber gerade die Zehn-Wochen-Zeiträume mit den jeweils höchsten Rohgewinnaufschlagsätzen der beiden Streitjahre betreffen, könnten sie aufgrund der dem Zeitreihenvergleich innewohnenden rechnerischen Hebelwirkung gleichwohl erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Schätzung haben.

85

bb) Für das Jahr 2001 geht der Prüfer im Rahmen seines Zeitreihenvergleichs von einem Wareneinkauf (vor Korrektur um den Eigen- und Personalverbrauch) von 225.525,55 DM aus. In der Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers ist hierfür allerdings ein Betrag von 227.614,05 DM ausgewiesen. Wäre dieser höhere Betrag im Rahmen des Zeitreihenvergleichs angesetzt worden, hätte sich zugunsten der Kläger ein geringerer Rohgewinnaufschlagsatz ergeben.

86

Gleiches gilt für das Jahr 2003: Der Prüfer hat einen Wareneinkauf von 94.347,15 € angesetzt, während sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung (ohne Bestandsveränderung) ein Wert von 95.658,93 € ergibt.

87

cc) Für das Jahr 2001 ist die Vorgehensweise des Prüfers zudem insoweit inkonsequent, als er zwar in seiner zusammenfassenden Berechnung die zwischen dem Jahresanfang und dem Jahresende eingetretene Veränderung des Warenbestands berücksichtigt hat, nicht aber im wochenweisen Zahlenwerk des Zeitreihenvergleichs.

88

Zwar ist die betragsmäßige Auswirkung dieses Fehlers angesichts der nur geringen im Laufe des Jahres 2001 eingetretenen Bestandsveränderung nicht allzu bedeutsam. Die in mehrfacher Hinsicht erkennbar fehlende innere Konsistenz des Zahlenwerks des Prüfers hätte dem FG aber Anlass geben müssen, dieses insgesamt genauer zu überprüfen.

89

c) Ferner hat das FG die Berücksichtigung der vorgelegten Geldverkehrsrechnungen im Wesentlichen mit der Erwägung abgelehnt, ihnen lägen die sich aus der Buchführung ergebenden Betriebseinnahmen zugrunde, die aber wegen der fehlenden Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht angesetzt werden dürften.

90

Diese Argumentation ist nicht frei von Denkfehlern. Wäre sie richtig, dann verbliebe für die --von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte-- Methode der Geldverkehrsrechnung praktisch kein Anwendungsbereich mehr, da diese typischerweise gerade dann zum Einsatz kommt, wenn zumindest ein Anfangsverdacht der unvollständigen Erklärung der Erlöse besteht. Die Geldverkehrsrechnung dient in solchen Fällen gerade dem Nachweis, dass der im Prüfungszeitraum zu beobachtende Geldverkehr mit den erklärten (geringen) betrieblichen Erlösen nicht in Einklang zu bringen ist.

91

Wenn das FG aufgrund des Zeitreihenvergleichs davon überzeugt war, dass der Kläger tatsächlich höhere Betriebseinnahmen erzielt hatte als er in den Steuererklärungen und den von ihm vorgelegten Geldverkehrsrechnungen angegeben hatte, wären diese höheren Einnahmen --zur Vermeidung von Widersprüchen bei der Anwendung verschiedener Schätzungsmethoden-- auch in den Geldverkehrsrechnungen anzusetzen gewesen. Damit wären die frei verfügbaren Beträge aber noch deutlich höher ausgefallen als bereits in den von den Klägern vorgelegten Geldverkehrsrechnungen, was sich bei Zugrundelegung dieser Schätzungsmethode zugunsten der Kläger ausgewirkt hätte. Der Umstand, dass das FG vom Vorhandensein zusätzlicher Betriebseinnahmen überzeugt war, reicht daher allein noch nicht zur vollständigen Verwerfung der Geldverkehrsrechnung aus. Vielmehr hätte dieser Umstand es nahegelegt, die vorhandenen Geldverkehrsrechnungen anhand der eigenen Erkenntnisse des FG zur Höhe der Einnahmen des Klägers zu überarbeiten.

92

Hinzu kommt, dass in der Konstellation des Streitfalls --formelle Ordnungsmängel von einigem Gewicht, aber kein anderweitiger Nachweis konkreter materieller Mängel der Einnahmenerfassung-- Schätzungsmethoden wie die Geldverkehrsrechnung grundsätzlich vorrangig vor einem Zeitreihenvergleich heranzuziehen sind (dazu ausführlich oben 3.b bb). Dies gilt im Streitfall umso mehr, als sowohl die Kläger als auch das FA jeweils Geldverkehrsrechnungen samt dazugehöriger Unterlagen vorgelegt haben, die dem FG möglicherweise als Ausgangspunkt und Erkenntnismaterial für eine eigene Schätzung hätten dienen können.

93

5. Für das weitere Verfahren weist der Senat --ohne die Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO-- auf die folgenden Punkte hin:

94

a) Es bietet sich an, ergänzende Feststellungen dazu zu treffen, ob der Betrieb des Klägers von seiner Struktur her für die Durchführung eines aussagekräftigen Zeitreihenvergleichs geeignet ist. Insoweit ist aus den vom FA vorgelegten Unterlagen bisher lediglich erkennbar, dass der wichtigste Teil des Wareneinkaufs --der Getränkebezug von der Brauerei, an die der Kläger vertraglich gebunden war-- wöchentlich vorgenommen wurde, was auf die erforderliche Geringfügigkeit bzw. Konstanz der Lagerhaltung bei dieser Warengruppe hindeutet. Zum Einkaufsverhalten des Klägers in Bezug auf die anderen Warengruppen hat das FA bisher jedoch keine brauchbaren Unterlagen vorgelegt (vgl. dazu auch oben 3.c); entsprechend hat das FG hierzu keine Feststellungen treffen können.

95

b) Das FG kann prüfen, ob im Streitfall eine Geldverkehrsrechnung durchführbar erscheint.

96

aa) Hierfür könnte sprechen, dass sowohl die Kläger für sämtliche Streitjahre (sie haben zur Untermauerung ihres Vorbringens zudem zahlreiche Unterlagen vorgelegt) als auch das FA (wohl beschränkt auf das damalige weitere Streitjahr 2002) Geldverkehrsrechnungen durchgeführt und dem FG vorgelegt haben. Dies könnte darauf hindeuten, dass beide Beteiligten grundsätzlich von der Eignung dieser Verprobungs- und Schätzungsmethode für die sachgerechte Beurteilung des Streitfalls ausgehen.

97

bb) Dreh- und Angelpunkt einer Geldverkehrsrechnung wird die Finanzierung der im Jahr 2001 für 365.000 DM (zuzüglich der üblichen Nebenkosten) erworbenen selbstgenutzten Immobilie der Kläger sein. Die Kläger haben hierzu im Laufe des Verfahrens die folgenden Finanzierungselemente nachgewiesen:

-       

Bankdarlehen: 140.000 DM

-       

Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag: 79.794 DM

-       

Banküberweisung der im Ausland lebenden Schwester des Klägers (Gleichstellungsgeld im Rahmen einer Vermögensübertragung von der Mutter an die Schwester des Klägers): 90.813,26 DM

98

Damit ist ein Betrag von gut 310.000 DM abgedeckt. Zur Herkunft des Differenzbetrags haben die Kläger bisher keine Unterlagen vorgelegt, sondern sich auf die "Lebensversicherung" berufen. Diese ist aber bereits in der obigen Finanzierungsrechnung enthalten und kann daher nicht nochmals angesetzt werden. Dass es sich um eine Auszahlung aus einem weiteren, bisher nicht bekannten Lebensversicherungsvertrag handeln könnte, haben die Kläger weder selbst vorgetragen noch nachgewiesen.

99

Die Kläger haben nachgewiesen, dass der Betrag von 90.813,26 DM vom Bankkonto der im Ausland lebenden Schwester des Klägers überwiesen wurde. Das FG scheint indes weiterhin daran zu zweifeln, dass es sich tatsächlich um einen Mittelzufluss "von außen" handelt. In einem solchen Fall muss es den Steuerpflichtigen, der einen solchen Mittelzufluss durch Vorlage von Bankbelegen nachgewiesen hat, vor einer ihm nachteiligen Entscheidung, die auf die verbleibenden Zweifel des FG gestützt wird, allerdings konkret auffordern, weitergehend auch z.B. nachzuweisen, wie derjenige, der dem Steuerpflichtigen den Geldbetrag überwiesen hat, zu diesen Mitteln gekommen ist (vgl. zu ähnlichen Sachverhalten Senatsbeschluss vom 12. Juni 2013 X B 191/12, BFH/NV 2013, 1622, Rz 16, m.w.N.). Eine solche Aufforderung ist bisher nicht ausdrücklich ergangen. Da der Mittelzufluss nach dem Vorbringen der Kläger im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung von der Mutter auf die Schwester des Klägers gestanden haben soll und bei Grundstücksübertragungen erfahrungsgemäß auch nach längerer Zeit noch Unterlagen aufbewahrt werden, erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass die Kläger auf eine im zweiten Rechtsgang noch konkret zu stellende Anfrage des FG Unterlagen aus dem Privatbereich der ausländischen Verwandten des Klägers werden vorlegen können, sofern das FG seine diesbezüglichen Zweifel aufrecht erhalten sollte.

100

cc) Da die Kläger sich und ihre Familie --wie die von ihnen aufgezeichneten Sachentnahmen zeigen-- in erheblichem Umfang aus der Gastwirtschaft des Klägers verpflegen, wären die von der Finanzverwaltung üblicherweise herangezogenen Beträge aus den Tabellen für die Lebenshaltungskosten durchschnittlicher Haushalte um diejenigen Positionen zu mindern, die im Fall der Kläger bereits durch Sachentnahmen abgedeckt sind.

101

dd) Sollte die Durchführung einer Geldverkehrsrechnung im Streitfall zum jetzigen Zeitpunkt an ihre Grenzen stoßen, weil die Vorgänge zu lange zurückliegen --die Kläger haben bereits im Jahr 2001 erhebliche Mittel für den Erwerb der von ihnen selbstgenutzten Wohnung verwendet; die Unterlagen, mit denen die Kläger das Vorhandensein von Eigenmitteln für den Immobilienerwerb zu belegen versucht haben, stammen sogar aus dem Jahr 2000--, hätte das FG zu erwägen, welche Folgen sich daraus ergäben. Nach den bereits dargelegten Grundsätzen (oben 3.b bb) könnte in einem solchen Fall die Heranziehung der Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs zulässig sein; von ihnen wären aber nennenswerte Abschläge vorzunehmen.

102

c) Während die allgemeinen methodischen Einwendungen der Kläger gegen den Zeitreihenvergleich im Ansatz berechtigt sind --und zu den vom Senat formulierten Anforderungen an die Wahl und die korrekte Durchführung dieser Verprobungs- und Schätzungsmethode geführt haben--, ist ihr Vorbringen zu den vermeintlichen Besonderheiten des konkreten Falles teils bereits rechtlich nicht erheblich und teils zu wenig substantiiert.

103

aa) Die Behauptung, der übliche Verderb eingekaufter Waren sei bisher nicht berücksichtigt worden, stellt schon im Ausgangspunkt keine geeignete Einwendung dar, weil auch verdorbene Ware im Wareneinkauf enthalten ist und --mangels Vornahme einer Korrektur-- in den Wareneinsatz eingeht. Dies gilt im Übrigen auch für die Ermittlung der amtlichen Richtsätze. Außerdem würde die Berücksichtigung des Warenverderbs zu deutlich höheren Rohgewinnaufschlagsätzen führen, weil der in der Buchhaltung ausgewiesene Wareneinkauf um den Wert der verdorbenen Waren zu mindern wäre und dadurch der Wareneinsatz sinken würde, was rechnerisch unmittelbar eine Erhöhung des Rohgewinnaufschlagsatzes bewirken würde.

104

bb) Die Kläger haben ihre Behauptung, in den letzten Wochen des Jahres 2003 sei ein besonders hoher Bierbestand aufgebaut worden, nicht anhand der --ihnen vorliegenden-- Buchhaltungszahlen zum Biereinkauf und den Biererlösen der letzten Wochen des Jahres substantiiert. Für das FG besteht daher derzeit kein Anlass, dieser Behauptung nachzugehen.

105

cc) Ferner haben die Kläger bisher nicht vermocht, konkrete Auswirkungen des X-Fests auf die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs darzulegen. Im Jahr 2001 lag das X-Fest nicht in dem vom FA herangezogenen Zehn-Wochen-Zeitraum mit dem höchsten Rohgewinnaufschlagsatz. Im Jahr 2003 lag es zwar in diesem Zehn-Wochen-Zeitraum; die entsprechende Woche weist auch die höchsten Erlöse des gesamten Jahres auf. Da das X-Fest aber weder am Anfang noch am Ende des Zehn-Wochen-Zeitraums lag, dürften sich wochenweise Verschiebungen zwischen dem besonderen Wareneinkauf für Zwecke des X-Fests und den zusätzlichen Erlösen ausgeglichen haben. Jedenfalls haben die Kläger über den bloßen Verweis auf das Stattfinden des X-Fests hinaus insoweit keine substantiierten Einwendungen gegen den Zeitreihenvergleich vorgebracht.

106

dd) Ebenso wenig substantiiert ist die Einwendung, im Streitjahr 2003 sei ein gerade kostendeckendes Mittagsgericht angeboten worden. Die Kläger haben weder eine Speisekarte vorgelegt, aus der sich ein besonders preiswertes Mittagsgericht ergäbe, noch haben sie dem FG eine Kalkulation zur Verfügung gestellt, die ihre Behauptung stützen würde, ein Gericht sei gerade kostendeckend gewesen. Ohnehin ist unklar, was die Kläger mit diesem Einwand bezwecken wollen, da der Zeitreihenvergleich --so er denn technisch korrekt durchgeführt wird-- hinsichtlich der Erlöse die eigenen Daten aus der Buchhaltung des Steuerpflichtigen zugrunde legt, sich also eine Betriebsführung mit tatsächlich sehr geringen Rohgewinnaufschlagsätzen auch in den Ergebnissen des Zeitreihenvergleichs widerspiegeln würde.

107

ee) Preisschwankungen beim Ein- und Verkauf sowie saisonale Schwankungen in der Zusammensetzung der Ein- und Verkäufe können zwar erhebliche verzerrende Wirkungen auf die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs haben. Über ihren --zutreffenden-- Hinweis auf derartige allgemeine Wirkmechanismen hinaus haben die Kläger aber nichts dazu vorgetragen, ob bzw. in welchem Umfang im konkreten Fall derartige Schwankungen eingetreten und daher zu berücksichtigen sind.

108

d) Hinsichtlich der Aussetzungszinsen, die das FG zusätzlich zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen hat, hat es im Tatbestand seiner Entscheidung ausgeführt, die Aussetzungszinsen seien für "Umsatzsteuernachzahlungen für 2001 und 2003" (d.h. die Streitjahre) entstanden. Nicht festgestellt ist, wann der Zinslauf begonnen hat. Nach Lage der Dinge dürfte der Zinslauf erst mit dem Einlegen eines Rechtsbehelfs --also nach Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide im Jahr 2008-- begonnen haben (vgl. § 237 Abs. 2 AO). Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang noch Feststellungen dazu treffen, ob es überhaupt denkbar ist, dass die Aussetzungszinsen wirtschaftlich bereits im Streitjahr 2003 verursacht sein können (zur wirtschaftlichen Verursachung von Steuerzinsen erst ab Beginn des Zinslaufs siehe auch BFH-Urteil vom 22. Dezember 2010 I R 110/09, BFHE 232, 415, BStBl II 2014, 119, Rz 29).

109

e) Sollte es im zweiten Rechtsgang zu einem (Teil-)Erfolg der Klage kommen, wäre die Gewerbesteuerrückstellung gegenläufig anzupassen. Dies hat das FG in seinem für das Streitjahr 2003 teilweise klagestattgebenden Urteil im ersten Rechtsgang übersehen.

110

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.